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Geschrieben von Drahbeck am 12. November 2003 15:00:59: Als Antwort auf: Re: Max Liebster geschrieben von D. am 26. Oktober 2003 12:43:09: Kürzlich zitierte in einem Leserbrief an die "Ostsee-Zeitung" der WTG-Funktionär L., als isolierte Passage aus dem KZ-Bericht von Kupfer-Koberwitz, wo ein junger tschechischer Jude sich positiv über die Bibelforscher äußerte. Mittels des jetzt vorliegenden Buches von Max Liebster "Hoffnungsstrahl im Nazisturm" bekommt auch jene Aussage ein differenzierteres Gesicht. Liebster, jüdischer Abkunft, erwischte wie so viele andere Juden, die berüchtigte
Progromnacht, von den Nazis verniedlichend "Reichskrisallnacht" genannt, vom 9.
11. 1938 in "kalter Art". Auch das Geschäft seines Arbeitgebers, bei dem
Liebster beschäftigt, war zerstört und geplündert. Spätestens zu diesem Zeitpunkt
wurde auch ihm zu grauenhaften Gewissheit. Die Chancen überleben zu können im Naziregime
werden zusehends zur Illusion. Liebster stand auch vor der Frage, nachdem der Laden seines Arbeitgebers zerstört, was er jetzt nun tun solle. Er meinte einen "Ausweg" dahingehend zu finden, einen Ortswechsel vorzunehmen. Er hoffte in der neuen Gegend kenne ihn niemand. In seinen Personalpapieren als Jude gekennzeichnet, erwies sich das als Illusion. Und so erwischte Liebster am 11. 9. 1939 die Verhaftung. In der Gefängniszelle lernte er erstmals einen Bibelforscher kennen und äußert sich über ihn positiv. Die nächste Etappe für Liebster hieß KZ Sachsenhausen, mit all seinen Schrecken. Liest man Liebsters Bericht, drängt sich auch der Eindruck auf, die chronische Überbelegung, ein Kennzeichen vieler KZ-Baracken, war zumindest zu diesem Zeitpunkt, nicht in Neuengamme zu registrieren. Die 30 Neuzugänge konnten zu halbwegs annehmbaren Bedingungen, mit in jene Baracke integriert werden. Dort kam Liebster insbesondere mit dem Ernst Wauer seitens der Bibelforscher in nähere Berührung, über den er sich verschiedentlich positiv äußert, und den er in seiner Buchwidmung ausdrücklich namentlich mit erwähnt. Das Verbleiben von Liebster in Neuengamme war kein Dauerzustand. Insgesamt lernte er wohl fünf KZs kennen. Zuletzt Buchenwald. Gerade in den kritischen Tagen des Jahres 1945, mit der überhastet angeordneten Lagerräumung, hatte Liebster es nur einigen glücklichen Umständen zu verdanken, zu überleben. In einem einleitenden Geleitwort von Detlef G. liest man unter anderem: Genau diese Kategorisierung als "nichtpolitische Gruppe" gilt es auch im Falle Liebster zu registrieren. Politische Gegner des Naziregimes, etwa die Kommunisten, waren für die Zeugen Jehovas in den KZs kein Missionsobjekt. Dieweil die eine feste, begründete Meinung hatten. Anders die Schwankenden, die da in der Regel gar nicht immer das tragische Schicksal verstanden, das sie ereilt hatte. Bei denen konnten die Zeugen Jehovas in der Tat "fündig" werden. Nach 1945 sollte Liebster erneut erfahren, dass er in seiner Geburtsheimat nicht erwünscht ist. Einige seiner "lieben Mitbürger" gaben ihm denn auch unmißverständlich zu verstehen. Es wäre doch wohl "besser", wenn er als Jude im KZ verblieben und nie daraus zurückgekehrt wäre. Als Ihnen, den Bundesrepublikanischen Spießbürgern, nun durch seine erneute Anwesenheit, ihr ach so "reines" Gewissen, nicht mehr ganz so rein erscheinen zu lassen. Kleinstadtmief verstärkte diese Tendenz noch. Dies alles lässt es schon verstehen, dass Liebster die Konsequenz zog, sich nunmehr den Zeugen Jehovas mit "Haut und Haaren" zu verschreiben. Jenes unwirtliche Land Deutschland sollte denn auch für ihn nicht mehr länger "Heimat" sein. Er wurde, welch große "Karriere" Druckereiarbeiter der WTG in Brooklyn. Über seinen weiteren Weg empfiehlt sich insbesondere auch noch der Bericht über das Buch seiner Frau: "Allein vor dem Löwen". Am Rande noch mit vermerkt. "Der" Bibelforscher in Buchwald, der letzten KZ-Station von Liebster, war der Willi Töllner, ein charismatisch begabter Redner. Den Fakt, dass Töllner es war, der da diejenigen, die nicht voll auf seiner Linie schwammen, auch exkommunizierte, und das sogar unter den KZ-Bedingungen. Darauf geht Liebster nicht mit ein. Vielleicht hat er es damals auch so noch nicht mitbekommen. Verklärt wird Töllner von ihm mit erwähnt, weil er offenbar, ganz kurze Zeit nach Naziherrschaftsende sein Täufer war. Denn zum Zeugen Jehovas wurde Liebster erst 1945 getauft. Die Biographie von Max Liebster hatte schon einmal in wenig überzeugender Form,
Andreas Müller darzustellen versucht, der da wohl in erster Linie sich selbst dargestellt
hat, aber nicht seinen Biographie"gegenstand". |