Dillingen


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 04. Juni 2003 17:11:03:

In einer Kurzmeldung in der CV 122 (September 1979) konnte man die doch wohl als ungewöhnlich zu bezeichnende Meldung lesen:
„Aus Dillingen bei Ulm an der Donau, kommt die Nachricht, daß die WTG dort einen eigenen Fernsehsender errichtet. Dieses Projekt soll, soweit bekannt, 156 Millionen Mark kosten. Die Teilhaber sollen ausschließlich Zeugen Jehovas sein. Was ausgestrahlt wird, werde ausschließlich die WTG bestimmen. Man gibt dies auch als Erwachsenen-Bildungs-Programme aus. Vom Bayrischen Staat werden hierfür 'Förderungsmittel' verlangt." Soweit das Zitat. Eine nachprüfbare Quelle dazu wird nicht genannt. Und da das ganze nun schon mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegt, kann man wohl berechtigterweise die Frage stellen: Eine Zeitungsente?

Manchmal haben aber auch Zeitungsenten einen reduzierten Wahrheitskern. Ganz „aus der Luft" gegriffen war diese Meldung wohl nicht. Aber wesentliche Abstriche zu ihr sind wohl schon zu machen.
Abstrich Nr. 1: „die WTG" als Auftraggeber. Schon mal nicht haltbar. Grundlage dessen sind offenbar zwei Presseberichte vom Februar und Juli 1979 in der örtlichen Tageszeitung mit dem Namen „Donau-Zeitung" (19. 2. 79 und 5. 7. 79). Nirgends in den vorliegenden Artikeln ist von der WTG oder von Jehovas Zeugen die Rede. Diese Artikel wurden offenbar in Kopie von jemand weiter vermittelt, der den Umfeld Jehovas Zeugen zuzurechnen ist. Und dieser Übermittler fügte zu seinen Artikeln den Satz hinzu: „Gesellschafter: Nur Angehörige der Zeugen Jehovas".

Nur, leider ist diese, dann doch wohl als wesentlich anzusehende Aussage, in den eigentlichen Zeitungsartikeln nicht mit enthalten. Da ist von einem in Dillingen vorgesehenem Fernsehstudio die Rede. Ein paar Details dazu werden auch genannt. Nur eben nicht jenes, auf das es dann doch eigentlich ankäme.

Man kann daher diese Aussage nicht als „direkt falsch" bezeichnen; wohl aber als nicht genügend belegt. Und zudem. Keiner weiss so recht. Was wurde denn nun im Endeffekt aus diesem Dillingen-Projekt? Vielleicht auch einen sanften oder weniger sanften Tod gestorben, weil es mit den erhofften Fördergeldern nicht so wie gewünscht geklappt hat?

In späteren Jahren habe ich meiner Erinnerung nach, nie mehr etwas in der CV zu diesem Thema gelesen. Vom Herrn Poppenberg und seiner Videofirma weiss man, dass er noch heute in aktiver Geschäftsbeziehung zu den Zeugen steht. Nur Poppenberg's Firma ist in Berlin und nicht in Dillingen ansässig. Falls jemand nähere Einzelheiten mitteilen könnte, wäre das sicherlich interessant. Falls nicht, wird man wohl vom Scheitern dieses Projektes auszugehen haben.

Nachstehend noch, ohne weiteren Kommentar, ein paar Auszüge aus den beiden genannten Presseartikeln:

Kommen Wim und Wum bald aus Dillinger Studios?
Firma „Public Television" will Fernseh- und Tonstudios bauen.
Dillingen. Herbst 1980. In dem 800 Quadratmeter großen Fernsehstudio klatschen die Zuschauer: Finale einer großen ZDF-Show. Die Kameramänner schalten ihre Aufnahmegeräte ab und die Stars verlassen das Studio: Ort der Handlung: die Große Kreisstadt Dillingen an der Donau.
Wenn es nach dem Willen der Audio Video GmbH und ihrer Betriebsgesellschaft der Public Television KG geht, wird Dillingen zu einem Zentrum der audiovisuellen (AV) Medienproduktion in der Bundesrepublik. 20 Millionen Mark „für die Erstausstattung", wie Wolfgang Franz, einer der Geschäftsführer betont, sollen zunächst einmal investiert werden. …
Das Hauptstudio soll mit 800 Quadratmetern auch für Großproduktionen (zum Beispiel Fernseh-Shows) geeignet sein. …

Der Public-Television-Geschäftsführer zeigt sich nicht ohne Selbstbewußtsein. „Wir werden das führende Unternehmen in der Bundesrepublik sein" … und verweist auf einen Planungsvorsprung von eineinhalb Jahren. Für Musikproduktionen gebe es bereits Verhandlungen mit Plattenfirmen in Berlin und Hamburg. Zunächst sollen in der ersten Stufe jedoch reine Produktionen für den AV-Markt getätigt werden. Das technische Rüstzeug wird aber auch für kommerzielles Fernsehen, Kabelfernsehen, lokales Fernsehen und selbst für einen Sender ausreichen. Wenn es soweit ist. Wolfgang Franz: „Wir sind gerüstet."…
Insgesamt sollen Anlagen im Wert von 50 bis 60 Mill. DM entstehen, bestätigt auf Anfrage Geschäftsführer Wolfgang Franz aus Dillingen, der mit dem Ulmer Bauunternehmer Lothar Fenster und dem Freisinger Finanzmakler Heinz Koller die Geschicke der Firmen lenkt. …

Die neue Firma möchte rund 100 neue Arbeitsplätze schaffen. Augenblicklich beschäftigt das Unternehmen 6 Angestellte. Bereits in wenigen Wochen sollen die Baupläne eingerecht und die Grundstücksverhandlungen abgeschlossen sein. Spätestens im Frühjahr 1981 sollen die Produktionen beginnen. Ein Teil der Finanzierung wird über den Beteiligungsmarkt abgewickelt. Außerdem hofft man auf staatliche Zuschüsse.

Und aus der Ausgabe vom 5. 7. 79 sei noch zitiert:
Nach den Berechnungen der Dillinger Medienmacher belaufen sich die vorläufigen Gesamterstellungskosten des von der Public Television geplanten Mammutprojektes auf rund 42 Millionen Mark. Auf einem Areal von 10 000 bis 50 000 Quadratmetern sollen bis Frühjahr 1981 ein Zentrum der Film- und Fernsehproduktion, der Auftragsproduktion von auditiven Medien (Tonproduktionen), Video-Filmen und regulären Filmen für Wirtschaft und Verwaltung, entstanden sein.

Im Büro von Wolfgang Franz, er residiert im dritten Stock des Christa-Hochhauses, hängen die Pläne für die zahlreichen Studios an der Wand. Danach sollen zum Beispiel zwei große Studios mit je rund 800 Quadratmetern, ein großes Hörspielstudio mit 300 Quadratmetern, Musikstudios, Synchronstudio und zahlreiche weitere Gebäude entstehen. Die Produktionskapazitäten der Public Television werden, so Wolfgang Franz, etwa denen des Senders Freies Berlin entsprechen. …
Um noch in diesem Jahr mit Produktionen beginnen zu können, hat die Public Television bereits heute 400 Quadratmeter Kellerräume für Ton- und Synchronisationsstudios in einem Gebäude reservieren lassen, das nahe dem Christa-Hochhaus gebaut werden wird. Investition rund 600 000 Mark. Später soll hier einmal, wenn man in den neu erbauten Gebäudekomplex eingezogen ist, die Verlagsstudios untergebracht werden. …

Die ursprünglich vorgesehene Beteiligungsgesellschaft wird, so Wolfgang Franz, auf ein Minimum reduziert, da eine große deutsche Firma mittels eines Fonds einsteigen will. Die Public Television werde jedenfalls im Rahmen der geplanten Investitionen zu den größten und modernsten Fachunternehmen dieses Bereiches in der Bundesrepublik zählen. Wie ernst die Dillinger Medienmacher denn auch von kompetenter Seite genommen werden, zeigt sich am Terminkalender von Wolfgang Franz. Am heutigen Donnerstag sind die Verantwortlichen der Public Television in München, wo sie ihr Konzept vorstellen sollen. Eingeladen hat das Bayerische Wirtschaftsministerium.


ZurIndexseite