Ein Blick über den Gartenzaun


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 05. Mai 2003 11:10:31:

Blick über den Gartenzaun
Eine der geschönten Bezeichnungen für gewisse Herrschaften, die in Selters ihren Lebens- und Arbeitskreis haben lautet: Ordensähnliche Gemeinschaft.
Eine Religionsgemeinschaft die besonders mit "Orden" "gesegnet" ist, ist bekanntlich die katholische. Es geht jetzt keineswegs vordergründig darum sagen zu können. Seht mal, was es da alles so für "Gemeinsamkeiten" gibt. Das ist nicht der Fall. Die Unterschiede dürften mit Sicherheit größer sein. Gleichwohl scheint mir eines wohl sich zu bestätigen. "Neurosen fördernd" ist sowohl das Leben in alten wie neuen Ordensgemeinschaften. Zumindest für die, die da zum "Fußvolk" gehören.

Aus einem von Thomas Busch im Jahre 1981 herausgegebenen Buch Religionen, Kirchen, Weltanschauungen) sei nachstehend einmal auszugsweise ein Bericht zitiert, von einem, den es in einen katholischen Orden verschlug:

Es wird für den Leser nützlich sein, zunächst etwas über den Orden zu erfahren, in dem ich eintrat.
Die Zisterzienser der strengeren Richtung (OCSA), im Volksmund besser unter dem Namen Trappisten bekannt, haben die strengste Lebensweise aller Klosterorden. Dieser Orden hat seine Regeln von St. Benedikt her, der das strenge Einsiedlerleben der Wüstenväter in der Gruppe fortsetzen wollte. Das Trappistenleben ist denn auch sowohl ein Einsiedlerleben wie ein Gemeinschaftsleben. Einsiedlerleben insofern, als man sich von der Außenwelt vollkommen abschließt. Man lebt innerhalb der vier Klostermauern und geht nie heraus, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Man liest keine Zeitung, Radio und Fernsehen gibt es nicht, und alle handwerklichen Arbeiten werden soweit wie möglich im Kloster selbst ausgeführt, um den Kontakt mit der Außenwelt auf ein Minimum zu beschränken. Doch haben die Trappisten im Gegensatz zu den Einsiedlern auch ein Gemeinschaftsleben, ja sogar ein solches Gemeinschaftsleben, wie man es nirgendwo anders antrifft. Man hat keine eigene Zelle, alles ist gemeinsam.

Geschlafen wird in einem großen Schlafsaal, gegessen im Eßraum, studiert im Studierzimmer. Gebetet wird gemeinsam in der Kirche, gemeinsam wird auch gearbeitet. Nie ist man allein, sondern immer zusammen. Das hat freilich seine Vorteile, doch bringt es auf der anderen Seite auch sehr große Schwierigkeiten und Spannungen mit sich. Kann schon das Zusammenleben von zwei Eheleuten, die doch aus Liebe zusammenfanden, auf die Dauer schwierig sein, wieviel mehr erst das Zusammenleben von Mönchen, die nicht aus Liebe zueinander ins Kloster eintraten.

Dazu kommt noch das wichtigste Kennzeichen der Trappisten: ihr fortwährendes Stillschweigen. Man lebt zwar zusammen, aber man darf nicht miteinander sprechen. Dadurch will man den Vorteil des Alleinseins der Einsiedler auch im Klosterleben bewahren. Man i s t dann aber auch einsam, erschreckend einsam, obgleich man inmitten von über hundert Brüdern lebt und nie allein ist. Man ist nur auf den Gesichtsausdruck des anderen angewiesen. Wie leicht aber kann man sich da irren! Die Folgen davon lassen dann auch nicht auf sich warten: Ein enger Horizont, Kleinlichkeit, Mißtrauen, Herrschsucht, Eifersucht, Ehrgeiz usw. sind nur zu oft in traurigem Ausmaß vorhanden.

Man kann über diese Art von Leben sehr gut schreiben. Zweck und Ziel des Mönchslebens sind ja auch zunächst vielversprechend und imposant, aber die Realität, das praktische Erleben ist oft so durch und durch traurig, daß es besser wäre, hierüber zu schweigen, wenn sich nicht soviele durch den Schein trügen ließen.
Die Einfachheit, die doch zum Ziel hat, den Mönch von allen irdischen Dingen zu lösen führt oft zum krampfhaften Festhalten des Bittwenigen, was ihm noch gelassen wird, oder zum suchen nach allerlei Ausgleich für das, was er missen muß.

Die Einfachheit geht auch sehr weit. Brot ißt man ausschließlich trocken, ohne Butter und Belag; Fleisch, Fisch und Eier werden überhaupt nicht gegessen. Das sehr eintönige Mittagessen beginnt jeden Tag mit Buttermilchbrei. Man schläft in voller Kleidung, mit wollener Kutte und wollenem Skapular mit Kapuze. Man rasiert sich nur einmal wöchentlich. Geschlafen wird auf einem Strohsack ohne Betttuch; neue Kissenbezüge gibt es erst, wenn es gar nicht mehr anders geht. Man steht stundenlang zum Beten in der ungeheizten Kirche, bzw. im Sommer ist es in der Kirche erstickend heiß, und man betet, warm eingepackt in seine dicke, wollene Kutte mit Skapular und Kovel (das eigentliche Möchsgewand). Man arbeitet auf dem Land, im Stall oder in der Werkstatt ohne Rücksicht auf Stand und Herkunft, in Kälte und Wärme. Jeden Morgen steht man um 3 Uhr auf und geht um 20 Uhr ins Bett, auch im Sommer.

Für die menschliche Natur gibt es dort wirklich nichts zu genießen. Das zum Leben Notwendige wird auf ein Minimum beschränkt, damit so viel wie möglich Kraft und Zeit übrigbleibt für die geistlichen Übungen. Doch läßt sich die Natur des Menschen nicht verleugnen - besonders, weil die geistlichen Früchte, die man von dieser Einfachheit zu ernten hofft, auf sich warten lassen.

Fünf bis sechs Stunden täglich vcrbringen die Mönche im Chor. Auf den ersten Blick scheint das sehr schön zu sein, doch in Wirklichkeit ist das eine solche übermenschliche Anstrengung, daß allein schon durch die lange Dauer der Mönch gezwungen wird, sich fast nur mit der äußeren Form zu begnügen, während der ermüdete und abgestumpfte Geist in Wachträumen u. a. umherirrt.

Viele haben darum auch schwer an dieser Last zu tragen. Doch man hat sich nun einmal durch das Gelübde gebunden, und man meint, nicht mehr zurückkehren zu können. Viele verkrüppeln dort innerlich und werden zu einer geschundenen Persönlichkeit. Einige halten vielleicht noch tapfer aus und verlieren nicht so schnell den Glauben an ihr Ideal (blind, wie sie leider der Wirklichkeit und den Tatsachen gegenüber sind, die ihnen somit zeigen würden, daß ihre Werkgerechtigkeit eitel ist).

Sehr schwer waren die letzten zwei Jahre im Kloster, seitdem ich um meinen Austritt gebeten hatte. Natürlich muß in der katholischen Kirche so etwas über Rom erfolgen. Aber praktisch ist es das Wichtigste, daß man die Erlaubnis des Abtes bekommt. Wenn dieser nach Rom schreibt, daß ein hinreichender Grund vorliegt, dann ist die Angelegenheit so gut wie erledigt. Es hat noch zwei Jahre gedauert, ehe mein Abt nachgab. Zwei volle Jahre, in denen ich dieses schwere Leben mit Widerwillen ertragen mußte, ohne die Hilfe eines anspornenden Ideals. Das war fast unerträglich.

Ich hatte mich schließlich an einen gelehrten Priester eines anderen Ordens um Rat gewandt, der meinen Fall mit einem Psychiater besprach. Meine Darlegung war mehr als deutlich, ohne daß ich diesen Psychiater je gesehen hatte, lautete das Gutachten, daß ich sobald wie möglich aus dem Kloster weg müßte.

Weder die Priesterweihe meines Bruders noch der Tod meines Vaters noch meine eigene Priesterweihe waren Anlaß genug, daß ich einmal hätte nach Hause fahren dürfen.

Ja, das Suchen nach Zerstreuung und Geselligkeit wurde mir schließlich zur Hauptsache. Es war eine Äußerung meiner Neurose, des Verdrängens meines Gefühlslebens, und da ich nach dem strengen Klosterleben sozusagen die Fesseln auf einmal ganz los war, konnte ich kein Maß halten. Hierin unterschied ich mich also erheblich von meinen Kollegen. Ich kam dann auch in Konflikt mit meinen Vorgesetzten, der meine Schwachheit und Unzulänglichkeit wohl sah, aber absolut kein Verständnis hatte für die Ursachen.

Dann sieht man, was für die meisten von ihnen das Zölibat ist, das sie zwingt, ihrem Gefühlsleben Gewalt anzutun, so daß sie sich keinen Rat wissen. Die Folge davon ist, daß die meisten Priester als Menschen, als Persönlichkeit schief werden. Das ist die Wahrheit, und wenn hier jemandem ein Vorwurf zu machen ist, dann nicht den Opfern, sondern dem System, das solche Opfer schafft: der römisch-katholischen Kirche. Nicht ohne Grund ist praktisch die ganze katholische Kirche in bezug auf das Sexuelle neurotisch!
Die Priester, die Schwierigkeiten haben, sich selbst zu bewahren, nehmen normal-menschlichen Dingen gegenüber eine abwehrende und ängstliche Haltung ein. Ist es da ein Wunder, daß ängstliche Führer auch ängstliche Seelen erziehen? Man braucht nur kurze Zeit als Beichtvater tätig gewesen zu sein, um sich davon zu überzeugen, wie erschreckend schief das Gewissen zahlloser Katholiken ist.
-------------------------------------------------------------------------------------

Vielleicht abschließend noch ein Fallbeispiel aus dem Bereich der Zeugen Jehovas:
Von Gaby L... am Mittwoch, den 30. April, 2003 - 13:00:
Heinz, mein Alter kann da ein Liedchen von singen. Er hat brav eine Ausbildung zum Mechaniker (Mechaniker, Dreher und Maschinenbauer waren damals wohl angeblich darin vereint) gemacht, ist danach ins Bethel, und war 7 Jahre lang dort. Immer wieder erzählte er, dass die "Neuen" prinzipiell erstmal zum Klos putzen angestellt wurden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er tatsächlich die 7 Jahre lag in seinem Beruf eingesetzt wurde. Er hat zwar an der "Emma", der alten Rota, gesessen, aber was hat das bitte mit seinem Lehrberuf zu tun?

Als er dann heiratete, gingen die beiden sofort in Sonderdienst (ohne Krankenversicherung, nur ein winziges Taschengeld, die mussten quasi sparen, damit sie sich das Kranksein erlauben konnten…), auf den Tag genau ein Jahr später trudelte ich ein und "zerstörte" ihnen ihr ach so theokratisches Leben. Schließlich wurde man ja bestens von seinen Glaubensbrüdern versorgt…

Tja, und nu ging die Stellensuche los. Er fand einen Job, als Maschineneinsteller in einer Kuvertfabrik. Für nen Appel und 'n Ei. Er verdiente total wenig. So lange er den Job noch hatte, ging es bei uns zu Hause noch human zu. Spartanisch aber human. Dann wurde zuerst Kurzarbeit eingeführt (weniger arbeiten bei noch weniger Lohn), dann wurde die Firma von einer anderen übernommen und Schluss war mit lustig.

Zum Glück (und da hatte er echt mehr Glück als Verstand) hatte gerade eine Firma für hydraulische Aufzugsteuerungen aufgemacht, und die suchten noch einen Dreher. Wie durch ein Wunder bekam er die Stelle, und beim Vertragsabschluss legte der Chef von sich aus 50 Pf. die Stunde mehr drauf, als ursprünglich ausgemacht. Er bekam damals 16,50 DM die Stunde.

Wenn ichs richtig weiß, dann war Dreher damals schon ein eigener Lehrberuf, so dass er quasi als Dreher eingestellt wurde, obwohl er das offiziell gar nicht gelernt hatte. Was auch nochmal den Preis drückt.

Jedenfalls ist so der Lebenslauf versaut, und er kann von Glück reden, wenn er bis zur Rente in diesem Betrieb arbeiten kann.

Ich selber habe 4 Jahre Lücke im Lebenslauf, denn als ich heiratete, hatte ich brav einen auf Hausfrau zu machen und schön in den Dienst zu gehen. Erklär das mal einem zukünftigen Arbeitgeber. Entweder sie nehmen dich gleich gar nicht, wenn du die Wahrheit sagst, oder du lügst denen irgendwas von "habe kranke Oma gepflegt" oder sowas, und wirst so im Preis gedrückt.

An meiner Oma sehe ich jetzt, zu was es führen kann, wenn man eine Zeitlang nicht voll arbeiten kann. Sie musste, da ihr Mann sie verlassen hatte und keinen Unterhalt zahlte, 17 Jahre lang (!!!!) Teilzeit arbeiten. Nun fehlen ihr diese 17 Jahre an der Rente. Ganz toll.

Okay, letzteres hatte jetzt weniger mit ZJ zu tun, da sie denen zu dem Zeitpunkt schon den Rücken gekehrt hatte, aber ich wollte damit nur mal veranschaulichen, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn du ne längere Lücke im Lebenslauf hast.

Gerade in der jetzigen Zeit suchen die Arbeitgeber doch nur wie die Bekloppten nach irgendeiner Möglichkeit, weniger zahlen zu können.

Da kriegst du dann zu hören, "Sie kriegen nur 8 EUR die Stunde, weil Sie 4 Jahre Lücke im Lebenslauf haben" oder "was wollen Sie denn, 8 EUR die Stunde reicht doch voll und ganz, immerhin sind sie arbeitslos, seien Sie froh, wenn Sie was bekommen" usw. Einfach grässlich, momentan.

Also, irgendwo kann ichs schon nachvollziehen, wenn jemand aus solchen Gründe nicht aussteigen will/kann.

Man vergleiche auch:



ZurIndexseite