Adventisten und Zeugen Jehovas


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 29. März 2003 14:35:08:

Der Anfang der 90er Jahre verstorbene vormalige Referent der "Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauuungsfragen", Hans-Diether Reimer, stellte bei seiner Bewertung der Zeugen Jehovas besonders auf den Vergleich mit den Adventisten ab. Beide Gruppen in ihren Anfangstagen und danach stark endzeitlich geprägt, nahmen jedoch was ihre jeweilige "Infrastruktur" anbelangt, einen völlig anderen Weg. Diese Unterschiede sind Reimer besonders ins Auge gefallen und sie nahm er als Einsteigebasis seiner Darstellung der Zeugen Jehovas. Nachstehend mal ein paar Sätze aus der diesbezüglichen Reimer'schen Wertung:

Stellt man einen Vergleich an zwischen der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten und der Wachtturm-Organisation der Zeugen Jehovas, so läßt sich kaum ein größerer Unterschied denken: Bei den Adventisten trifft man Glaubensgemeinden mit einem eigenständigen religiösen Leben, Gottesdienste und sorgfältig ausgebildete Prediger; bei den Zeugen Jehovas dagegen eine streng zentralisierte, missionarisch-aktivistische Organisation mit einem gestuften System von Funktionären. Die Zusammenkünfte sind hier Schulungsstunden für den missionarischen Einsatz. Der sorgfältigen, in gewissen Grenzen auch freien adventistischen Theologie, die eine ernstzunehmende Literatur hervorgebracht hat, steht auf seiten der Zeugen Jehovas eine "Doktrin" gegenüber, die in der Sprache der Ideologie ausgeführt ist. Geht es den Adventisten um Errettung und Menschenliebe, die sie zu großen humanistischen Leistungen befähigt, so trifft man bei den Zeugen Jehovas keine einzige Aktivität in dieser Richtung; vielmehr herrscht hier ein streng apokalyptischer Geist. Weltverachtung und die Vernichtung der Bösen und Widersacher bestimmen hier das Denken.

Und doch hängen beide Bewegungen wurzelhaft zusammen: sie sind beide aus der Adventbewegung des William Miller hervorgegangen. In vielen Punkten zeigt sich diese enge Verwandtschaft: Beide Gruppierungen sind betont freikirchlich, d. h. sie lehnen die kirchliche Großorganisation entschieden ab, die sie als "Babylon" bezeichnen. Beide sind stark missionarisch bestimmt, mit Schwerpunkt auf der Schriftenmission. Beide sind von einem von Laien geprägten Biblizismus geprägt; sie sind apokalyptisch ausgerichtet und rechnen mit der Schlacht von Harmagedon; der Gerichtsgedanke und auch der Satan spielen eine große Rolle. Beiden steht die Wiederaufrichtung des Königreiches Gottes als Ziel vor Augen. "Jehova" Gott (so auch bei E. G. White) ist ein souveräner Herrscher, dem Gehorsam und "Wertschätzung" gebühren.

Man fragt sich natürlich: Woher kommt bei diesen vielen gemeinsamen Elementen der große Unterschied im Charakter und in der Entwicklung der beiden Bewegungen? Eine der möglichen Antworten kann sich aus dem jeweiligen Beginn ableiten. Die Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten ist aus dem Zusammenbruch einer großen apokalyptischen Bewegung entstanden; sie hat aus dem Scheitern ihres ursprünglichen Glaubens die Kraft gewonnen, sich neu auf das Evangelium hinzubewegen, wobei eine Vielzahl geistlicher Führer den Fortgang bestimmten. Die Wachtturm-Organisation dagegen ist in der Atmosphäre einer "Winkelsekte" entstanden. Auch sie ist das Werk eines einzigen Mannes, der überzeugt war, daß Gott ihn dazu erwählt hat, die biblische Wahrheit wiederzuentdecken und der Welt zu verkündigen.

Eine weitere Beobachtung: Die Wachtturm-Gesellschaft hat sich nicht als Glaubensgemeinschaft gebildet, sondern wurde als Geschäftsfirma gegründet: als "Bibel- und Traktatgesellschaft. Diesen Charakter hat sie nicht mehr verloren, auch nicht, als die "Firma" dann ausgeweitet wurde zu einem weltweiten Vertriebs- und Missionsunternehmen und eine starke Kraft entwickelte, die Mitarbeiter zu einer Gemeinschaft zusammenzufassen. Daher die auffallend dynamische, auf Aktivismus und auf uniforme Gleichschaltung der Mitarbeiter abzielende Struktur.

Der hiermit nur kurz angedeutete Grundcharakter der Wachtturm-Organisation ist die Ursache für viele tragische Schicksale: vor allem Familientragödien und Auswirkungen einer fanatischen Glaubenshaltung. Gewiß, man darf diese Erfahrungen nicht isolieren; auch bei anderen extremeren Separationsgruppen sind "Härtefälle" nicht selten. Bei den Zeugen Jehovas jedoch häufen sie sich. So existiert keine einzige positive Schilderung aus dem Leben gläubiger Zeugen Jehovas; aber es gibt eine Vielzahl bedrückender Berichte Ehemaliger. Und die Zahl der Abgesprungenen ist hier weitaus am größten von allen traditionellen Sondergemeinschaften, die wir kennen. Diese Beobachtungen stellen zweifellos einen sehr negativen Eingang in das Kapitel "Zeugen Jehovas" dar. Sie sind aber das deprimierende Ergebnis vieler Untersuchungen. Die Fakten zwingen zu solchem Urteil.


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