Re: Katholischer Falke


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 26. September 2002 15:59:17:

Als Antwort auf: Re: Katholischer Falke geschrieben von Prometeus am 26. September 2002 11:41:56:

Es wurde zeitgenössisch schon als eine kleine Sensation empfunden, als 1989 die Meldung durch die Ticker ging, dass der seit 1980 in Ostberlin residierende Joachim Meißner, eine Berufung nach Köln erhalten und auch angenommen hatte. Meißner besaß bis zu jenem Zeitpunkt die Staatsbürgerschaft der DDR. Ergo hatten die DDR-Behörden auch ein Wörtchen mitzusprechen, ob er denn nun für ständig, in die alte BRD ausreisen dürfe. Man weiß aus anderen Fällen zur Genüge, dass der DDR-Staat sich auch die Freiheit nahm, einfach "njet" ohne nähere Detailbegründung zu sagen. Nicht so im Falle Meißner.

Schon die Jahre davor hatte der katholische Bischof von Berlin, mit Amtssitz in Ostberlin, eine herausgehobene Sonderstellung. Er war zugleich auch für die Katholiken im Westteil von Berlin zuständig und erhielt in dieser Funktion wohl an die dreißig Ausreisetage nach Westberlin, von den DDR-Behörden zugebilligt.
Dies ist um so bemerkenswerter, als evangelische Bischöfe bereits in den 60-er Jahren zwangsweise für die Alternative gestellt wurden (und das wurde auch durchgesetzt) Wohnsitz entweder in Ostberlin - dann Erlaubnis auch dort tätig sein zu dürfen; oder Westberlin - ohne Erlaubnis in den Ostteil von Berlin einreisen zu dürfen. Der DDR-Staat setzte auf der "evangelischen Linie" seine Zweistaatlichkeitsdoktrin voll durch. Um so mehr sticht das katholische Beispiel davon ab.

Für dieses "Entgegenkommen" war aber auch ein politischer Preis fällig. Ehrhart Neubert, späterer Mitarbeiter der "Gauckbehörde" hat in seinem Buch "Vergebung oder Weißwäscherei" diesen Preis beschrieben. Fast bis zum Toresschluss blieben die Türen der katholischen DDR-Kirchen für die sich in den letzten Jahren formierende Oppositionszene geschlossen. Lediglich die evangelische Kirche gewährte partiell ein Gastrecht. Bei den Katholiken gab es das nicht. Aus der veröffentlichten Literatur ist ersichtlich, dass seitens der DDR-Stasi noch im nachhinein gerühmt wurde, hätten alle kirchlichen Kreise so gehandelt wie die Katholiken, würde der DDR-Staat vielleicht heute noch existieren; dieweil logistische Unterstützung für die Opposition, seitens der katholischen Amtskirche prinzipiell verweigert wurde. Sie traf sich damit auch indirekt mit den Zeugen Jehovas, die sich auch noch nach dem Mauerfall dessen rühmten, die Opposition nicht unterstützt zu haben.

Wie auch andere Kirchen, so wurde auch die katholische von der Stasi infiltriert. In dem diesbezüglichen Buch von Dieter Grande und Bernd Schäfer: "Kirche im Visier. SED, Staatssicherheit und katholische Kirche in der DDR" wird beispielsweise auf S. 15 berichtet, dass genannten Autoren 252 "IM-Vorgänge" auf der sogenannten katholischen Linie des MfS bekannt seien. Herunterspielend werden diese Stasi-IM als "Gesprächsbeauftragte" der katholischen Kirche gegenüber dem MfS dem unkritischen Michel zu verkaufen gesucht. Seitens der evangelischen Kirche kennt man beispielsweise den Fall Manfred Stolpe. Das war dann auch solch ein "Gesprächsbeauftragter". Nur bemerkenswert. Zeitgenössisch und auch danach, hat sich keiner seiner kirchlichen Vorgesetzten dazu durchringen können, eine "Gesprächsbeauftragung" mit genannter DDR-Institution in "Auftrag" gegeben zu haben. Man ließ vielmehr Stolpe dergestalt im "Regen stehen", dass man scheinheilig erklärt, der Stolpe hat sich selbst "beauftragt". Oder anders formuliert, man wollte es zeitgenössisch gar nicht so genau wissen, und dieses nicht wissen wollen, war allerdings sehr bewusst ausgeprägt: Mit wem spricht denn der Stolpe da eigentlich?

Wiederum der Unterschied zur katholischen Kirche. Da waren in der Lesart genannter Autoren, gar die jeweiligen Bischöfe die "Auftraggeber" für die "Gespräche mit der Stasi". Jedenfalls versuchen Grande/Schäfer den keineswegs "überzeugenden" Eindruck zu erwecken, die katholischen Stasi-IM waren allesamt von ihrer Kirche abgedeckt. Es ist nun bemerkenswert dass in diesem Zusammenhang auch dem Herrn Joachim Meißner, zugleich auch Vorsitzender der Berliner Bischofskonferenz katholischer Bischöfe in der DDR. Oder noch anders formuliert, der Ranghöchste katholische DDR-Bischof. Das auch Herr Meißner einen solchen "Gesprächsbeauftragten" "führte". Bei Grande/Schäfer liest sich das auf Seite 44 etwa so:

"Nach dem Ausscheiden von Prälat Dissemond (vom MfS als IMB 'Peter' geführt) als Generalsekretär der B(erliner) B(ischofs) K(onferenz) im Frühjahr 1987 wurde sein Nachfolger Prälat Josef Michelfeit (* 1937) von Kardinal Joachim Meißner, dem Vorsitzenden der BBK, auch mit den Gesprächskontakten zum MfS betraut, welches durch Hans Baethge sowie Werner Sprotte alias 'Grote' mit ihm Gespräche führte und ihn als IMS 'Anton' registrierte."


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