Ukraine


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 06. September 2002 13:32:24:

Wer die Art und Weise kennt, wie die Wachtturmgesellschaft ihre Art von Geschichtsschreibung betreibt, ist eigentlich nicht sonderlich überrascht. Der Grundsatz auch aus Niederlagen eine "Siegesgeschichte" zu formulieren, offenbart sich auch in ihrem Jahrbuch 2002 mit dem dortigen Bericht über die Ukraine.

Ohne Zweifel hat man zu konstatieren, dass namentlich die Bibelforscher, die schon in den zwanziger Jahren aktiv waren, die auch numerisch größte Gruppe der Zeugen Jehovas in der Sowjetunion; respektive auch in der Nach-Sowjetunion-Zeit darstellen.
Herausgearbeitet wird, was davor schon auch ein Alexander Solschenizyn beim Namen genannt hat; dass es dort mit dem Gulag-System ähnliche Verhältnisse wie im KZ-Staat Hitlerdeutschland gegeben hat.

Beiläufig wird mit erwähnt, dass man in dortigen Zeugen Jehovas-Kreisen glaubte, der Zweite Weltkrieg sei der konkrete Anfang von Harmagedon. Glaubte man das "nur" dort?
Letztere Frage beantwortet die WTG wohlweißlich nicht. Wie sie auch eine ganze Reihe anderer Fragen unbeantwortet lässt.

Festgestellt wird, dass der sowjetische Geheimdienst in späteren Jahren (übrigens wie auch analog in der "DDR") von der Verhaftungsstrategie zur Zersetzungsstrategie umschwenkte. Ihm wird analog wie der DDR ein letztendlicher Misserfolg bescheinigt. In dieser geschönten Siegesgeschichte habe ich allerdings etwas vermisst. Übrigens kann man auch dabei einen Vergleich zur "DDR" herstellen. Zu DDR-Zeiten wurde seitens der WTG nie das Uraniabuch oder die "Christliche Verantwortung" beim Namen genannt. Das blieb erst der Nach-DDR-Zeit vorbehalten, beispielsweise durch den Mund der Damen und Herren Y., H. und Compagnon.

Ich hätte mir eigentlich vorstellen können, dass zumindest andeutungsweise, auch auf die Anti-Zeugen Jehovas-Publizistik in der Sowjetunion eingegangen worden wäre. Fehlanzeige.
Auch die WTG vermerkt, dass große Teile der Ukraine zweisprachig orientiert waren. Mit anderen Worten. Etliche Ukrainer konnten sehr wohl auch russischsprachige Literatur lesen. Gerade das Buchwesen war aber in der gesamten Sowjetunion in den fraglichen Jahren d a s Medium, um Inhalte an die Bevölkerung heranzutragen. Während in westlichen Ländern schon damals das Buchgewerbe, aufgrund der Konkurrenz neuer Medien (Fernsehen usw.) sichtbar an Bedeutung verloren hatte, war es in der Sowjetunion damals noch anders. Es gehörte zur grundsätzlichen sowjetischen Politik, Buchpreise (im Verhältnis zu westlichen Vergleichssituationen) bewusst spottbillig zu halten.

Und so sind denn auch russischsprachige Bücher über die Zeugen Jehovas bekannt (Konik), die in einer Auflage von 100 000 Stück erschienen. Eine astronomische Traumauflage für hiesige Verhältnisse. Selbst speziell ukrainisch geschriebene Bücher zum Thema liegen vor, wie man beispielsweise an Impressumsseiten sehen kann. Nicht der Bruchteil einer Silbe behandelt im WTG-Bericht über die Ukraine, diesen Sachverhalt.

Die WTG hat wieder einmal ein Beispiel ihrer "Schweizer Käselöcher-Geschichtsschreibung" abgeliefert.


ZurIndexseite