Vom Weltmenschen, Kriegsdienst und "was macht ein Christ zum Christ".


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Jochen am 26. Januar 2008 20:45:

Weltmensch....
... ein nicht unbekannter Begriff, womit mancher JZ einen Andersgläubigen zu definieren mag. Obwohl diese Bezeichnung bar jeglicher biblischer Grundlage entspringt, kann man schon zurecht behaupten, das dieses Wort, speziell in dieser Bedeutung des "Nicht-JZ-seins", eine intern geprägte Sache der Wachtturmgesellschaft (WTG) ist, welche diesen Begriff selber zu gebrauchen pflegt, wie z.B. in den folgenden Veröffentlichungen, was an sich schon bezeugt, wie sehr sich diese Organisation erdreistet, sich über dem Bibelwort hinaus zu interagieren. Doch hier zunächst die Zitate:

Wachturm (WT) 15.10.89 "Begebt euchg nicht in ein Joch mit Ungläubigen":
"...Niemandem schien es aufzufallen, daß ich geistig immer schwächer wurde. Als mich daher ein Weltmensch, den ich von der Arbeit her kannte, einlud, mit ihm essen zu gehen, tat ich es ..."

WT 15.10.96 "Ein wachstumsförderndes Klima in Äquatorialguinea"
"... Haben Sie ein Unterredungs-Buch für mich? Ich bin es leid, ein Weltmensch zu sein. Ich würde gern ein Zeuge Jehovas werden.....“

WT 1.3.94 "Lesen wir doch, ehe wir spotten":
"... Ich staune über mich selbst, über meine neuen Empfindungen gegenüber diesem Gott, Jehova, den ich als ausgesprochener Weltmensch jahrelang verhöhnt habe...."

WT 15.2.89 "Fragen von Lesern":
".... Da er nicht ausgeschlossen worden ist, sollte er wie ein Weltmensch behandelt werden, der er ja auch ist. ......Im Grunde genommen ist er jetzt ein Weltmensch und kann entsprechend behandelt werden...... Wenn die Ältesten feststellen, daß ein solcher Weltmensch für Glieder der Versammlung eine Gefahr bedeutet, können sie die Betreffenden privat warnend darauf hinweisen und ihnen Rat erteilen...."

WT 15.11.88 "Anderen helfen, Gott anzubeten":
"...In beiden Fällen ist es angebracht, daß das Versammlungsdienstkomitee zu einer passenden Zeit eine einfache Bekanntmachung mit folgendem Wortlaut geben läßt: „. . . ist kein Verkündiger der guten Botschaft mehr.“ 18 Wie wird der Betreffende danach von Jehovas Zeugen betrachtet? Nun, anfangs war er ein „Ungläubiger“, der die Zusammenkünfte besuchte. Er hatte dann den Wunsch, ein Verkündiger der guten Botschaft zu sein, und erfüllte auch die Voraussetzungen dafür. Das ist nun nicht mehr der Fall. Daher ist er wieder ein Weltmensch.... "

WT 15.9.87 "Die 'Luft' der Welt einzuatmen ist totbringend":
".... Sie erweckten den Anschein, als hätten sie etwas dagegen, jedoch taten sie das auf derart halbherzige Weise, daß der Weltmensch sich ermuntert fühlte weiterzumachen...."

Wt 15.7.84 "Hochzeitsfeiern in einem freudigen, doch würdigen Rahmen":
"... Wäre es daher in deinem Sinne, daß ein Weltmensch — der weder dein geistiger Bruder noch ein Familienangehöriger ist — zu deinen Gästen spricht oder im Mittelpunkt steht?...."

Kurioserweise verwenden die Publikationen der WTG diesen Begriff eher selten - doch in der Praxis im alltäglichen Leben weiß ich selber, das dieser tagtäglich von irgendeinen JZ verwendet wird, und sei es nur in seinen Gedanken oder wenn er seine Kinder bezüglich "richtigeren Umgang" hinweisen möchte. Es hat sich geradezu zu einem Schlagwort manifestiert, welches gleich einem Stempel dient und welchen nach dem "biblisch geschultem (WTG-komformen)-Gewissen" nunmehr das "schwarz-weiß-Denken" ungemein erleichtert, um nicht zu sagen, als Schmierstoff dient, welcher das Öffnen der gedanklich pragmatischeren Schubladen zu einem reibungsloseren Ablauf verhilft:

Nur wir sind wahre Christen - alles andere sind Weltmenschen!
Nur wir beten Gott in Wahrheit an - alles andere sind Weltmenschen!!
Wir verwenden Gottes Namen - alles andere sind Weltmenschen!!!
Wir erkennen den Sklaven an - alles andere sind Weltmenschen!!!!
Wir verkünden das Königreich - alles andere sind Weltmenschen!!!!!

usw. usw.... der Reigen einer Anmaßungskette welches Seinesgleichen sucht.

Was mich persönlich stört, ist, was an den entsprechenden Stellen aus der Bibel gemacht wird: Ein Werkzeug in eigener Sache. Den Zweck des Bibelwortes missachtend. Die Botschaft einer Aussage verfehlend.
Ich startete mit "Welt"-Mensch - worüber die Bibel nichts sagt: wohl aber andere Dinge was die "Welt" betrifft, was ebenso eine nähere Betrachtung verdient:

Johannes 18:36: Jesus antwortete (zu Pilatus): „Mein Königreich ist kein Teil dieser Welt. Wäre mein Königreich ein Teil dieser Welt, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königreich nicht von daher.“

Man beachte hier den Interpretationsfreiraum der allein aus den Wörtern "dieser Welt" entsteht. Einige sagen das Jesus als König im Himmel regiert; andere sagen er wird in Zukunft irgendwann mal ebenso mal auf Erden als König regieren; manche sagen beides wird der Fall sein - soll hier jetzt auch nicht wirklich das Thema sein.
Denn für Jesus war hier eigentlich nur eines wichtig: Das P.Pilatus erfährt, das dieser zu den damaligen Zeitpunkt nichts zu befürchten hätte - weder ihn als konkurierenden König gegen das römische Joch, noch das Volk über das er als König herrschen wolle, welches um seinen König kämpfen würde - um mehr ging es aber auch nicht. Es ging also Jesus damals darum, das niemand eine neue Nation auf Erden zu erwarten oder gar zu befürchten hätte, was bekanntlich ja auch nicht der Fall war.
Bestenfalls könnte man in diese Worte hineininterpretieren, das niemand für das Königreich Gottes eine Waffe in die Hand nehmen sollte - doch was "den Dienst an der Waffe" an sich angeht, in Verbindung für tatsächlich vorhandene Regierungen betrifft, sagt Jesus in diesen Versen nichts darüber.
An anderer Stelle sagte Jesus wohl das warnend hinweisende Wort: "Stecke das Schwert wieder an seinen Platz, denn jeder der zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen."
Man beachte mit dieser Warnung allerdings, das Jesus mit diesen Wortena seinen damaligen übereifrigen Jünger zurechtwies, ohne hierbei ein Dogma als Hintergedanken hinterlassen zu wollen, den man hineininterpretiert, das Christen kein Soldaten sein dürften.
Statt dessen wird sogar in der Bibel an manchen Stellen von gläubigen Militärbefehlshabern gesprochen, wie Jesus einmal einen Sklaven von einen solchen heilte (Lukas 7:1-10), oder wie ein Apostel das gesammte Haus eines Offizieres zum Glauben brachte (Apostelgeschichte 10:1-10) - ganz ohne Vorurteile bezüglich ihrer Loyalität, für wen sie das Schwert erhoben haben mögen.
Bitte nicht falsch verstehn: Krieg ist eine furchtbare Sache. Die Bibel verurteilt das Morden berechtigterweise. Und auch ich würde mich kaum aufgrund der schlauen Köpfe dieses Landes in den Graben werfen wollen. Ich will einfach nur darauf hinweisen wie die Bibel solche Militärköpfe (in beiden Fällen Offiziere) auch voruteilslos erwähnt, ohne schlechtzumachen was sie damals nun mal waren, vielmehr ihren Glauben an Jesus hervorhebend.
Die Bibel hinterlässt hier letztlich ein Bild, das man selber entscheidet sollte ob man einen Dienst an der Waffe durchführt oder nicht. Lediglich für Gottes Königreich sollte keine Waffe in die Hand genommen werden, was gemäß der Bibel das Hauptanliegen Jesu aus seinen obenstehenden Worten war.
Selbst neuere Publikationen des Wachtturms lenken ein, das man jeweils seinem biblisch geschultem Gewissen folgen sollte. (siehe Wachtturm 1.5.1996 Seite 5. "Zahlt Cäsers Dinge Cäser zurück")
Sollte sich ein bekennender Christ dazu entschließen den Wehrdienst zu absolvieren, dann sollte das ein Ding zwischen ihm und Gott bleiben. "Denn jeder hat seine eigene Last zu tragen" (Galater 6:5)

Doch wenn gemäß der Bibel der Dienst an der Waffe etwas ist, was Gott nicht direkt verurteilt, was unterscheidet denn dann einen Christen von einem Ungläubigen?
Ich frage hier nicht was in den Augen eines JZ einen Weltmenschen ausmacht, sondern ich möchte an dieser Stelle klar hervorheben, was gemäß der Bibel einen Christen zu einem Christen machen sollte, was nämlich was Anderes ist, was der allgemeine Jehovas Zeuge als "hast-du-zu-Glauben" vorgesetzt bekommt.
Mehrere Bibelstellen gehen da durch den Sinn, doch folgendes betrachtete ich bei einer Gelegenheit vor kurzem etwas eingehender:

(Epheser 4:20-23) Ihr aber habt den Christus nicht so kennengelernt, 21 sofern ihr ihn überhaupt gehört habt und durch ihn belehrt worden seid, so wie [die] Wahrheit in Jesus ist, 22 daß ihr die alte Persönlichkeit ablegen sollt, die eurem früheren Wandel entspricht und die gemäß ihren trügerischen Begierden verdorben wird; 23 daß ihr aber erneuert werden sollt in der Kraft, die euren Sinn antreibt, 24 und die neue Persönlichkeit anziehen sollt, die nach Gottes Willen in wahrer Gerechtigkeit und Loyalität geschaffen worden ist."

Nicht nur in JZ Kreisen altbekannte Worte, doch diese Treffen es ziemlich gut, da es verdeutlicht was einen wahren Christen von anderen Menschen unterscheidet, hier im Vers 23, wo von der Erneuerung einer Antriebskraft die Rede ist, welche unseren Sinn antreibt.
Der Apostel redet also von einer inneren Motivation: Es ist der Wunsch an sich, welcher uns antreiben sollte gemäß Gottes Willen zu leben (Vers 24).

DAS tun eben nicht nur Jehovas Zeugen, diesen Wunsch entwickelnd gottgefällig zu Leben, auch wenn diese es gerne Glauben wollen - denn dazwischen steht ihnen ihre eigene Organisation im Wege, welche ihnen glauben macht, das nur durch Etablierung mit der WTG ein gottgefälliger Lebensweg möglich wäre - wovon Epheser hier allerdings nichts gesagt hat.
Doch genau dieses Annehmen dieser vorgespielten Tatsache, macht sie blind für die Mühen anderer gläubigen Leutchens, welche ihren Herzenswunsch, Gott zu dienen, eben nur anders ausleben.
Weltmenschen eben...
...jetzt bin ich tatsächlich wieder beim Weltmensch gelandet. Dazu passt bekanntlich ja folgendes Bibelwort aus 1.Johannes 2:15-19:

"Liebt nicht die Welt noch die Dinge in der Welt. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; 16 denn alles in der Welt — die Begierde des Fleisches und die Begierde der Augen und die auffällige Zurschaustellung der Mittel, die jemand zum Leben hat — stammt nicht vom Vater, sondern stammt von der Welt. 17 Überdies, die Welt vergeht und ebenso ihre Begierde, wer aber den Willen Gottes tut, bleibt immerdar. 18 Kindlein, es ist die letzte Stunde, und so, wie ihr gehört habt, daß [der] Antichrist kommt, so sind jetzt auch viele zu Antichristen geworden; aus dieser Tatsache erkennen wir, daß es die letzte Stunde ist. 19 Sie sind von uns ausgegangen, aber sie sind nicht von unserer Art gewesen; denn wenn sie von unserer Art gewesen wären, so wären sie bei uns geblieben. Aber [sie sind weggegangen,] damit offenbar gemacht werde, daß nicht alle von unserer Art sind."

Zunächst einmal möchte ich auf das Wort Begierde eingehen - sie ist gewissermaßen die Antriebskraft (oder das, was sich derjenige wünscht) oder das was man in Epheser mit dem Wunsch gleichstellen könnte. Begierde des Fleisches hier also als das Synonym für das was im Wiederspruch zu Gottes Willen steht.
Sicherlich ist es nicht verkehrt Dinge zu besitzen, auch nicht verkehrt reich zu sein. Vielmehr spricht der Apostel hier von Dingen die einen dazu veranlasst haben, Gott außen vor zu lassen, weil der Wunsch nach diesen Dingen größer war, als Gott zu gefallen. Ein Antichrist eben, der sich nicht für Jesu Leben und Wirken interessiert und seines Weges geht.

Ich las letztens was von "Schlimmer als ein Weltmensch" - das ist etwas, was ich mir ebenso von einst guten Freunden anhören musste. Meine ehemaligen JZ-Freunde glauben nunmehr, das ich jetzt nunmehr lieber ein sündigeres Leben führen möchte. Meine Eltern nannten mich gar einen Teil von Babylon der Großen.
So mag es vielen gehen.
Doch spätestens an dieser Stelle hier müsste die Schublader eines JZ ganz gewaltig quietschen, denn seine Priorität wird nicht mehr von der Bibel gelenkt.
Denn:
Ein sündiges Leben führe icht nicht, nur weil ich kein Mitglied der Jehovas Zeugen mehr bin.
Auch habe ich Gott nicht verlassen, nur weil ich kein JZ mehr bin.
Mein Wunsch, Gott zu dienen, ist immer noch vorhanden, auch wenn ich kein JZ mehr bin.
In den Augen meiner einstigen Mitstreiter habe ich nur den Fehler gemacht:
kein Mitglied einer Organisation mehr sein zu wollen.

Das macht mich zum Sünder!
das macht mich zum Gottlosen!!
das macht mich zum Antichristen!!!
Das macht mich zum Weltmenschen, ja schlimmer noch!!!!

Gott weiß, das dem nicht so ist.
Ich weiß es
und das reicht mir

Euer Jochen


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