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Geschrieben von + am 06. Dezember 2007 00:03: Als Antwort auf: Re: Tagebuch eines Toten - Feldgeistliche geschrieben von + am 05. Dezember 2007 00:00: Liebste Melanie! Hätt ich Flügel wie ein Vogel flöge ich weit weg mit Dir Da Ihr so sehr durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogen worden seid, indem alle
Männer vom Hof zum Militärdienst eingezogen wurden und nun die ganze Arbeitslast auf
Euch die Ihr zurückgeblieben seid, liegt, seid versichert, dass ich in allen Euren
Anliegen herzlich Anteil nehme. Liebstes Vögelchen! Wenn ich Fronturlaub bekomme möchte ich um Deine Hand anhalten.
Zum dritten Male durfte ich durch des Herrn Gnade Deinen lieben Brief mit dem Schreiben
An die Brüder im Felde empfangen.
Wie notwendig für einen jungen Kreuzsoldaten die gute Belehrung und Ermahnung ist, um
im Kampfe wider die Sünde, das Fleisch und die Listen der Welt und des Satans
festzustehen und nicht von seinem Platze zu weichen, darf ich besonders wertschätzen.
Die Franzosen beschießen uns mit schweren Minen.
Vormittags ziemlich ruhig. Nachmittags begannen die Franzosen die Stellungen und Laufgräben mit Schrapnells abzutasten. In der Nacht schanzte wieder ein Zug, während der Rest der Kompanie Material nach der vorderen Linie trug. Natürlich fehlt auch der Geruch des Krieges nicht.
Gehen wieder in Stellung. Wir beschießen mit Erfolg franz. Sappen und legen abends Sperrfeuer vor die feindlichen Gräben. Es ist in der Stellung jetzt erträglicher wie früher. Wir erhalten auf unsere Gräben wenig Artilleriefeuer.
Vielen, vielen Dank für die Zusendung der beiden Wachttürme Mai und Juni.
Rücken in Reservestellung nach der alten deutschen Stellung bei Cuisy. Hier tragen wir nachts Munition nach vorn.
Unser Stoßtrupp streift heute mal in der näheren Umgebung herum; Tilla-Wald, Orne-Grund, Amel-See bis zu den Dörfchen Amel und Senon. Im Feldlazarett zu Amel besuchen wir einige verwundete Kameraden. Auf dem Rückweg nehmen wir im Amel-See herrliche Schwimmbäder. Später haben wir bei Durchquerung eines Waldes Gelegenheit, eine in guter Deckung stehende schwere Batterie in Tätigkeit zu sehen. Diese soll die Aufgabe haben, die vom Feinde besetzten Forts Souville und Tavannes zu beschießen. - In wenigen Minuten ist der Granatenkoloß in das Rohr geschoben, die Zielrichtung genommen, und auf den Befehl Feuer dröhnt die Erde zu unseren Füßen. Die Kanoniere machen beim Abschuß den Mund auf und halten sich die Ohren zu, damit das Trommelfell nicht platzt. Wir tun das gleiche. Mit einem unheimlich fauchenden Todesgesange, fährt das Geschoß, wie einige Sekunden sichtbar und hörbar, am Himmel dahin. Die Einschläge aber gehen im Getöse der Verdun-Schlacht unter.
Nachts geht es in Ruhestellung ins Waldlager, wo wir Wege bauen.
Am heutigen Sonntagmorgen marschiert unser II. Btl. unter Major Schönian nach dem Städtchen Étain, wo ich vor einigen Kameraden Gottesdienst abhalten kann. Bei dem Feldgottesdienst wirkt eine richtige Militärkapelle mit. Da es heute abend wieder in Stellung geht, so schreiben wir noch schnell einen Gruß nach der lieben Heimat. Am schönen Sonntagnachmittage wird noch ein kleiner Spaziergang in dem nahen Wald gemacht. Denn wer weiß ob wir diese herrliche grünende Natur mit dem munteren Vogelgezwitscher einmal wiedersehen können. Denn da vorn ist ja nur alles Schlamm und Trichter. Auch in einer Kantine wird noch eingekehrt. Hier erfrischen wir unsere Kehlen noch mal mit gutem Bier. Den ganzen Tag über fand starkes Artillerieduell statt. Abends ging ein Zug vor und
begann 200 m hinter der vorderen Linie einen neuen Reservegraben anzulegen.
Während am Vormittag schönes Wetter herrschte, setzte zum Nachmittag Regen ein. So wie tags zuvor fand wieder eine Beschießung der Stellung und des rückwärtigen Geländes durch Schrapnelle statt. Nachts um 00.30 wurde unsere Ablösung durch die 9. Kompanie bewerkstelligt. Ohne Verluste kam die Kompanie zurück und traf bei Tagesanbruch im Waldlager 3 bei Brieulles ein. Gerne und immer gedenke ich Eurer im Gebet mit Flehen zu unserem Vater im Himmel, dass
er durch Eure schwache Kraft mächtig wirken und Eure Arbeit reich segnen möge. In herzlichster Liebe seit tausendmal gegrüßt Du meine Liebste und alle Lieben daheim.
========================================================= Wachtturm Februar 1915
Seite 18
Mit Gottes Hilfe gegen die Feinde Deutschlands.
Wachtturm 1. 7.1976 Seite 396
Sie kamen an die Front, um unsere Waffen zu segnen, und gebrauchten die Kanzeln als Werbezentren für die Armee. Am Ende des Krieges wechselten sie den Kurs. Das, was sie zuvor unterstützt hatten, verurteilten sie nun, um bei der Siegerseite gut angeschrieben zu sein. Für mich war diese schamlose Heuchelei mit wahrem Christentum nicht zu vereinbaren.
Gewidmet einer kleinen Prinzessin am Wegesrand |