Re: Im Zeitspiegel


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 07. Oktober 2007 06:58:08:

Als Antwort auf: Re: Im Zeitspiegel geschrieben von Drahbeck am 06. Oktober 2007 00:50:58:

Was haben die „Bundeszentrale für politische Bildung" und die Führungs-Crew der Zeugen Jehovas (jetzt auf Deutschland beschränkt) gemeinsam? Auf den ersten Blick, nicht sonderlich viel. Politische Bildung - ist und wahr für die Wahlverweigerer-Organisation noch nie ein erstrebenswertes Ziel gewesen. Sollte zudem ein Zeuge Jehovas damit liebäugeln, sich für eine bestimmte politische Partei näher zu interessieren, oder ihr gar beizutreten, muss er sich wohl entscheiden. Bleibt er bei dieser Absicht, sind seine Tage bei den Zeugen Jehovas gezählt. Sei es, dass er von selber geht, oder sollte dieses absolut nicht der Fall sein, wird man ihm in aller Form bescheinigen, er sei nun kein anerkannter Zeuge Jehovas mehr, inklusive fallweise eintretende Folgewirkungen.
Aber auch das „zuführen" von Bürgern zu politischen Parteien, gehört im weiteren Sinne, wohl auch zu den Intentionen, die einer Einrichtung, wie der „Bundeszentrale für politische Bildung" obliegen.

Auch diese Sachlage verdeutlicht, da bestehen zwischen beiden Genannten, wohl nicht zu unterschätzende Gräben. Gibt es mal eine fallweise Zusammenarbeit zwischen beiden, ist das doch wohl eher dem Bereich „exotischer Ausnahmefall" zuzuordnen. Im Jahre 1997 gab es offenbar solch einen Fall, worüber die Zeitung „Neue Westfälische" in ihrer Ausgabe vom 7. 10. 1997 berichtete. Natürlich interessiert und thematisiert, genannte Bundeszentrale fallweise auch die Nazizeit. Und so ergab es sich wohl, dass seitens der Zeugen Jehovas, für ihre „Standhaft"-Veranstaltung, 1997 in der Wewelsburg, auch eine Vertreterin jener Bundeszentrale mit eingeladen wurde. Und wer dominierte jene Veranstaltung? Auch darüber kann es wohl keinen Zweifel geben, die Zeugen Jehovas.

Es ist ja eine menschlich verständliche Eigenschaft, einen Hang zur Selbstbeweihräucherung zu haben. Nur wenige sind wohl stark genug, dieser Versuchung zu widerstehen. Besonders ausgeprägt ist das auch bei den Zeugen Jehovas. Und wehe dem, der es wagt, auf ihren Veranstaltungen, etwas Salz in die vermeintlich süße Suppe zu streuen. Das musste dann wohl auch Frau Ukrike Puvogel, von genannter Bundeszentrale erfahren. In dem diesbezüglichen Zeitungsbericht las man:

„ Auf einen schmalen Grat begab sich am Samstag die Bundeszentrale für politische Bildung als Mitveranstalter einer Tagung zum Schicksal der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus. Bereits im Vorfeld war Kritik an der Veranstaltung im Burgsaal der Wewelsburg laut geworden.
Der mit Historikern, Religionswissenschaftlern, Kritikern und Mitgliedern der Zeugen Jehovas besetzte Teilnehmerkreis könne der Religionsgemeinschaft als Plattform zur Werbung für ihren Glauben zur Verbesserung ihres Ansehens in der Gesellschaft dienen, hieß es.

Andererseits setzte sich die Vertreterin der Bundeszentrale, Ulrike Puvogel, mit ihrer These, die Verweigerungshaltung der Zeugen Jehovas gegenüber Naziorganisationen und dem Kriegsdienst sei kein Widerstand im politischen Sinne gewesen, der Kritik von Zeitzeugen aus, die ihr vorwarfen, sie schränke den Respekt vor den Opfern ein.
Wie heikel das Thema ist, zeigt die Forschungslage, die im Mittelpunkt der abschließenden Podiumsdiskussion stand. Bis in die 80er Jahre wurde die Diskriminierung und Verfolgung der damals noch als "Bibelforscher" auftretenden Zeugen Jehovas weitgehend tabuisiert.
In der 1993 erschienenen Studie "Zwischen Widerstand und Martyrium: Die Zeugen Jehovas im 'Dritten Reich" führt Autor Detlef G. diese Vernachlässigung auch auf das Verhalten der Wachtturmgesellschaft zurück. Den heutigen offenen Umgang der Zeugen Jehovas mit ihrer Vergangenheit betrachtet G. vor dem Hintergrund des Strebens der Religionsgemeinschaft nach der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts und nach einer Imageverbesserung.

G., der in einem schriftlichen Beitrag zum Tagesthema Stellung bezog, betonte jedoch, daß Forschungsberichte nicht durch die Öffentlichkeitsarbeit der Wachtturm-Gesellschaft falsch würden.
25.000 Bibelforscher lebten 1933 in Deutschland, 2.000 mußten ins Konzentrationslager, 1.200 kamen zu Tode. Für einige der 10.000 während der Naziherrschaft verhafteten Zeugen Jehovas begann der Leidensweg im Lager Niederhagen bei Wewelsburg. Daher wollte Landrat Reinhold Stücke die Tagung auch als einen Beitrag verstanden wissen, deren Schicksal bewußt zu machen. Beispiele für solche Einzelschicksale fanden Besucher in der Ausstellung "Standhaft trotz Verfolgung", die im Burgsaal gezeigt wurden.

James Pellechia von der Watchtower Society in New York warnte, die Auslöser des Hasses lägen auch heute in vielen Teilen der Welt in der Luft. Von der Tagung erwartete Pellechia, auf der Basis der historischen Analyse festzustellen, ob die Zeugen Jehovas an den von ihnen propagierten moralischen Grundsätzen festgehalten hätten.
Verstärkt kamen Zeugen Jehovas jedoch erst am Sonntag bei einer zweiten Tagung unter dem Titel "Geschichte und Gegenwart - Zeugen Jehovas in Deutschland" zu Wort, die vom Regionalen Informationsdienst der Zeugen Jehovas in Kooperation mit dem Kreismuseum Wewelsburg ausgerichtet wurde. Den unbedingten Pazifismus der Bibelforscher, der ihnen unter den NS-Opfern eine besondere Rolle zuweise, hob Daniel Strauß vom Fritz-Bauer- Institut hervor. Das Frankfurter Institut trat neben dem Kreismuseum und der Bundeszentrale für politische Bildung als dritter Veranstalter der Samstagstagung, die unter dem Titel "Widerstand aus christlicher Überzeugung" stand, auf.

Ulrike Puvogel verteidigte die Teilnahme der Bundeszentrale für politische Bildung mit dem
Argument, die Warnung vor einer Instrumentalisierung der Bundeszentrale rechtfertige nicht, auf eine Auseinandersetzung mit dem Thema zu verzichten. Die Standhaftigkeit aller Zeugen Jehovas während der Naziherrschaft verdiene höchsten Respekt und eine Würdigung, unabhängig davon, wie man die Motive beurteile.

Allerdings müsse man berücksichtigen, daß die "Bibelforscher" nicht für die Freiheit aller gestritten hätten, sondern nur für die eigene uneingeschränkte Religionsausübung eingetreten seien, erklärte Ulrike Puvogel. Dies brachte ihr in der Diskussion den Vorwurf ein, die Zeugen Jehovas zu "Opfern zweiter Klasse" zu machen."

Hatte Frau Puvogel nun was Falsches gesagt, wenn sie auch rekapitulierte
„daß die "Bibelforscher" nicht für die Freiheit aller gestritten hätten, sondern nur für die eigene uneingeschränkte Religionsausübung eingetreten seien?"
Wohl kaum. Aber es entsprach eben nicht dem Bedürfnis nach einer „weihevollen Stimmung", dass da vorherrschte.
Die Opfersituation der Zeugen Jehovas im Naziregime zu beschreiben, ist das eine. Das andere indes ist sehr wohl, auch ihren ideologischen Hintergrund auszuleuchten, und kritische Rückfragen an diesen Hintergrund, nicht schon von vornherein zu tabuisieren, so wie es den Pellechia und Co offenbar vorschwebt.

Die Zeugen mögen denn in ihren eigenen vier Wänden, in „ihrem eigenen Saft schmoren". Daran kann sie niemand hindern. Indem Moment wo sie auch Außenstehenden aktiven Zutritt zu ihrer „Käseglocke" gewähren, ist ein frischer Luftzug, und nicht nur das konservieren des eigenen Miefs, das Gebot der Stunde. Aufgrund aktiver Lobbyarbeit der Zeugen hat man da allerdings nicht selten den Eindruck. Es findet da das Rezept statt. „Wessen Brot gegessen, dessen Lied wird gesungen".
Y., B. und noch einige mehr von der „Güte", würde ich so charakterisieren. Gibt es mal eine Ausnahme von dieser traurigen Regel, ist das in der Tat bemerkenswert.


ZurIndexseite