Re: "GEMEINSCHAFTSENTZUG"


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von X am 22. September 2007 22:40:

Als Antwort auf: Re: "GEMEINSCHAFTSENTZUG" geschrieben von X am 21. September 2007 23:28:

Zitate:
___________________________________________________________

Brücke zum Menschen 1990/I 101/102 S.35,36

IV.

Es stehen sich zwei Konzepte christlichen Lebens diametral gegenüber.

Die Sicht der Führung der ZJ zielt auf ein machtförmiges, autoritär-hierarchisches Verständnis des Christentums ab:

,Damit wir uns richtig unterordnen können, müssen wir den Grundsatz der Leitung durch ein Haupt anerkennen.' [6]

Dem steht entgegen, was W.Pannenberg wie folgt beschreibt:

,Das Wesen der Herrschaft Gottes besteht ... somit in gewissem Sinn in der Aufhebung von Herrschaft überhaupt.' [7] Mk. 10,42-45 zeigt dies deutlich.

Im Gegensatz zur Sicht der WTG setzt Egon Spiegel das Paradoxon:

,Gott herrscht herrschaftsfrei' [8], denn ,Gott herrscht ohne Zwang, Gott duldet den Widerspruch und die Abkehr.' [9]

Deshalb ,müßte der Verzicht auf Herrschaft als spezifisch christliches Ideal erkannt werden. Ist Gott allein Herr und gerade deshalb lauter Liebe, dann gibt es (neben ihm) überhaupt keinen Herrn.' [10]

Im Tod Christi wird die Aufhebung aller menschengemachten Unterschiede, Abgrenzungen und Verurteilungen sichbar.

,Sie [= die Kreuzigung] geschah an jenem Rande menschlicher Gesellschaften, wo es gleichgültig ist, ob einer Jude oder Heide, Grieche oder Barbar, Herr oder Knecht, Mann oder Frau ist, weil der Tod diese Unterschiede nicht mehr kennt. Darum kennt auch der Gekreuzigte diese Unterschiede nicht ... Kreuzesverkündigung ist ,Allerweltschristentum' (Blumhardt) und darf keine neuen Unterschiede zwischen Menschen aufrichten: etwa zwischen Christen und Nichtchristen, Frommen und Gottlosen ... Alle sind unterschiedslos Sünder, und alle werden ohne Verdienst durch seine Gnade gerecht, die in Christus Jesus geschehen ist (Röm. 3,24).' [11]

Darum: ,Wird Gottes Sein in der Passion und im Tode Jesu offenbar, so wird er durch Jesu Leiden und Sterben ,für uns' und zu unseren Gunsten durch jenen Glauben erkannt, der Freiheit heißt. Der Gott der Freiheit, der wahre Gott, wird also nicht durch seine Macht und Herrlichkeit in Welt und Weltgeschichte erkannt, sondern durch seine Ohnmacht und sein Sterben am Schandpfahl des Kreuzes Jesu. Die Götter der Macht und des Reichtums in Welt und Weltgeschichte gehören dann auf die andere Seite des Kreuzes, denn in ihrem Namen wurde Jesus gekreuzigt.' [12]

Wenn das Kreuz also das ,Ende aller Götter der Macht' ist, dann ist auch das Konzept der ZJ (und alles machtbestimmende Christentum) am Ende, dann ist die Methode der Ausgrenzung nicht die der Liebe Gottes, wie sie in Jesus offenbar wurde.

Ich höre die Fragen, die nun gestellt werden, gegen diese Sicht.

Ich will an dieser Stelle nur eine aufgreifen:

Wie sollen wir mit Menschen umgehen, die sich ,unakzeptabel' verhalten, die christliche Grundsätze verletzen?

Sollen wir den Hurer aus 1.Kor. 5 ausschließen, sollen wir den Irrlehrer aus 2.Joh. nicht grüßen?

Ich will mich nicht vor der Antwort drücken, obwohl ich weiß, daß sie vielen nicht gefallen wird, ja sogar anstößig sein mag.

Nehmen wir das Beispiel des 2.Johannesbriefes, Verse 9 bis 11, auf :

,Von [der] Mitte [der Bibel] her: Christus ist der Heillosen Heil. Ich muß dann im Glauben auch wagen, von dieser Mitte her alles in ihr zu kritisieren, was dieser Mitte widerspricht, wie etwa die Weisung 2.Joh. 10, Irrlehrer nicht ins Haus aufzunehmen oder nicht zu grüßen.' [13]

Sicher darf man nicht die historische Situation von 2.Joh. 10 verkennen:

Die Johannes-Briefe stehen im Zusammenhang äußerst scharfer Auseinandersetzungen um den rechten christlichen Glauben, der auch mit dem Mittel gegenseitiger Verketzerung geführt wurde (vgl. 3.Joh. 9 und 10).

Deshalb merkt der ,Ökumenische Taschenbuchkommentar' an:

,Daß der Alte dieses Mittel anrät, ist unter seinen historischen Bedingungen in gewisser Weise verständlich. Selbst der Ketzerei verdächtigt, grenzt er sich in derselben scharfen Weise gegen sie [= seine] Gegner ab, wie es die sich herausbildende Großkirche tut.' [14]

Doch es bleibt die Frage:

,Aber bedeutet es nicht auch ein Stück Aufgabe der eigenen Position, wenn aus Besorgnis um sie der praktische Umgang mit dem theologischen Gegner die Form der Unbrüderlichkeit annimmt?' [15]

Teil 14


ZurIndexseite