Re: "GEMEINSCHAFTSENTZUG"


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von X am 15. September 2007 12:21:36:

Als Antwort auf: Re: "GEMEINSCHAFTSENTZUG" geschrieben von X am 13. September 2007 21:00:

Zitate:
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Brücke zum Menschen 1990/I 101/102 S.32,33

III. Das Unverständliche verstehen:

,Gemeinschaftsentzug' und der einzelne ZJ

Wenn Nicht-Zeugen von der ,Exkommunikations' -Praxis der Zeugen Jehovas hören oder lesen und darüber nachdenken, werden sie sich wahrscheinlich die Frage stellen:

Warum handelt ein Zeuge Jehovas so?

Was bringt sie oder ihn dazu, natürliche menschliche und familiäre Gefühle zu unterdrücken?

Ich denke, für die überwiegende Mehrheit der Zeugen gilt:

Auch für sie stellen derartige Forderungen und Situationen einen starken seelischen Druck dar.

Es ist für Zeugen-Eltern sehr schwierig, ihre ,abgefallenen' Kinder nicht mehr besuchen zu dürfen, für Zeuginnen, sich nicht mehr mit ihrem Partner austauschen zu können und oft hilflos mit ansehen zu müssen, wie ihre Beziehung langsam in die Brüche geht, für Freunde, ihre besten Gefährten von einem Tag auf den anderen nicht mehr kennen zu dürfen und grußlos an ihnen vorbeizugehen.

Diese Schriftenreihe trägt den Titel ,Brücke zum Menschen'.

Deshalb soll unser Blick auch zum Menschen, zum einzelnen Zeugen, also ,nach unten' gehen, denn hier muß ausgelebt werden und erlitten werden, was ,oben' entschieden und festgelgt wird.

Der einzelne ZJ ist, obwohl er natürlich wie jeder andere selbst verantwortlich für sein Handeln ist, zunächst und vor allem ein Gebundener.

Er bzw. sie hat sich an ,die Organisation' ausgeliefert, weil Loyalität ihr gegenüber mit Gehorsam gegenüber Gott gleichgesetzt wird.

Indem man also eine Weltbild akzeptiert, das im Kern in der Annahme besteht, Gott handle ausschließlich mit dieser bestimmten Gemeinschaft durch deren Führung, muß man ihr in allem folgen um den Preis der Billigung durch Gott und der Aussicht auf ewiges Leben.

Jede Abweichung führt zur Infragestellung der ganzen Existenz.

Da man (idealtypisch) nur in vollständiger Anpassung (zumindest bewußtseinsmäßig) an die Gebote der Organisation Zeuge Jehovas sein kann, gibt es keinen anderen Weg, als ALLES mitzutragen, auch wenn es gegen die eigenen innersten Empfindungen verstößt, z.B in der Frage des Ausschlusses.

Gerade hier legt die Führung großen Wert auf absolute Loyalität, weil es sich, wie noch darzulegen sein wird, um ein wichtiges Mittel zum Erhalt ihrer Macht handelt.

Deshalb sieht sie ,die Loyalität gegenüber Gott auf die Probe gestellt' (WT vom 15.4.1988, S.28/15).

Ferner wird dem einzelnen vermittelt, der ,Gemeinschaftsentzug' sei grundsätzlich eine gerechte und liebvolle Maßnahme, auch wenn dies nicht nachvollziehbar sein mag.

Wenn Jehova, der liebvolle Gott, dies durch seine Organisation anordnet, muß es einfach gut und richtig sein (vgl. WT vom 15.4.1988, S.27/10, ferner S.29/20 und S.30/25).

Der ZJ kann es um seines (ewigen) Lebens und seines Verhältnisses zu Gott willen kaum anders sehen.

Wir mögen dies für eine bedauerliche religiöse Verirrung halten und Kritik daran üben.

Dennoch ist es wichtig, um dem einzelnen ZJ gerecht zu werden, diese (Zwangs-) Situation zu verstehen:

Solange man dem geschlossenen Lehrsystem der WT-Organisation anhängt, besteht in aller Regel kaum die Möglichkeit eines anderen Verhaltens.

Dies wahrzunehmen bedeutet nicht, den einzelnen aus seiner persönlichen Verantwortung zu entlassen.

Es bedeutet aber, indem wir die Ursachen verstehen, den Blick auf die eigentlich Verantwortlichen zu lenken:

auf die Führung der Zeugen Jehovas, auf ihre ,leitende Körperschaft'.

Teil 8


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