Re: Hans-Peter Tjaden


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Thematisch vorangegangen:

Parsimony.23375

Geschrieben von D. am 13. August 2007 19:04:53:

Als Antwort auf: Hans-Peter Tjaden geschrieben von D. am 10. August 2007 13:08:57:

Gerade vorgestellt: Jutta Birlenberg aus Leverkusen, 73 Jahre alt, Gründerin des Vereins "Kinder in destruktiven Sekten", Großmutter von drei Enkeln, die sie nicht mehr sehen darf, denn Tochter und Schwiegersohn gehören zu den Zeugen Jehovas. Das können sich Kommentatorinnen und Kommentatoren des Interviews nicht vorstellen, halten das, was Jutta Birlenberg erlebt hat, für einen Einzelfall. Ist es aber nicht.

"Wir verabscheuen die Schmach, die Babylon die Große und vor allem die Christenheit auf den Namen des wahren und lebendigen Gottes Jehova gebracht hat", heißt es auf Seite 18 des "Wachtturm" vom 15. April 1989.

Diese Abscheu gegenüber der Welt und gegenüber allen anderen christlichen Glaubensgemeinschaften hat Folgen, diese Abscheu gilt auch für Ex-Anhänger.
Richard E. Kelsey, seinerzeit von der amerikanischen Zentrale eingesetzter Zweigaufseher im deutschen Sitz der Zeugen Jehovas, hat es 1990 in einem Interview mit mir so ausgedückt: "Mit ehemaligen Zeugen Jehovas sprechen wir nicht."

Sozialer Tod
Jutta Birlenberg wirft dieser Glaubensgemeinschaft die "Zerstörung von Familien" vor, doch damit steht sie nicht allein, das "Deutsche Ärzteblatt" schreibt am 18. Januar 2002:
"Der Ausschluss aus der Gemeinde der ZJ (Zeugen Jehovas) kommt angesichts der engen Verflechtung privater und religiöser Bezüge häufig dem sozialen Tod gleich. Ein ausgeschlossener Zeuge Jehovas wird zu einer Unperson, selbst alltäglicher Gesprächskontakt mit ihm ist den Gläubigen untersagt. Seine Angehörigen werden über den Verstoß informiert; ein weiterer Kontakt mit ihm wird als ´absolute Gefährdung des Seelenheils´ angesehen. Den Ehepartnern wird von der Gemeindeleitung, den ´Ältesten´, nahe gelegt, sich zu trennen. Die Eheschließung mit dem vom Glauben Abgefallenen gilt als null und nichtig.

In Gegenden mit einem hohen Organisationsgrad, vor allem im angloamerikanischen Raum, bilden die ZJ so genannte Hospital Visitation oder Hospital Liaison Committees, die kranke ZJ in Krankenhäusern besuchen, sie gegebenenfalls gegen ärztliche Ratschläge mobilisieren und mit ´24-Stunden-Sitzwachen´ darauf achten, dass ihnen keine Transfusionen verabreicht werden. In Deutschland nennt sich diese Organisation ´Krankenhaus-Verbindungskomitee´."
Bluttransfusionen sind für den "treuen und verständigen Sklaven" (so nennt sich die Führung selbst) ab 1945 Teufelszeug gewesen, am 15. März 1989 sogar weise, hieß es im "Wachtturm": "Heute erkennen viele - und ihre Zahl nimmt ständig zu - wie weise es ist - Bluttransfusionen abzulehnen."

Doch das habe viele Kranke und Behandlungsbedürftige immer wieder anders gesehen, deswegen teilt die amerikanische Zentrale heute Blut nach "primären" und "sekundären" Bestandteilen auf, eine Transfusion mit einzelnen zellfreien Fraktionen wie etwa Gerinnungsfaktoren ist Zeugen Jehovas neuerdings erlaubt.

Antworten auf die Blutfrage sucht die Association of Jehovass Witnesses for Reform of Blood (AJWRB). Dazu das "Deutsche Ärzteblatt" in der gleichen Ausgabe:
"Ihre Vertreter nehmen unter Pseudonym auch in medizinischen Fachzeitschriften Stellung. Im Internet dokumentieren die AJWRB umfassend die innergemeinschaftlichen Auseinandersetzungen und jeweiligen Positionsveränderungen der Watch Tower Society, die der Basis der ZJ oft nicht bekannt sind. Mittlerweile existieren in den meisten Ländern mit größeren ZJ-Gemeinden ähnliche Initiativen, in Deutschland nennt sich die entsprechende Gruppierung ´Vereinigung der Zeugen Jehovas für eine Reform in der Blutfrage´."

Tote Kinder als Märtyrer
Diese Vereinigung prangert beispielsweise auf ihren Seiten an, dass diese Glaubensgemeinschaft Kinder, die gestorben sind, als Märtyrer einstuft.
In "Erwachet!" vom 22. Mai 1994 heißt es: „In alter Zeit waren Tausende von Jugendlichen bereit zu sterben, weil sie Gott den Vorrang gegeben haben. Heute ist es nicht anders, nur spielt sich das Drama in Krankenhäusern und Gerichtssälen ab - es geht um Bluttransfusionen."

Da bleibt der AJWRB nur eine Hoffnung: "Dass es dem Gewissen jedes einzelnen Zeugen Jehovas überlassen bleibt, ob er/sie verschiedene Blutbestandteile oder auf Blut gestützte Behandlungsformen annehmen oder ablehnen will, und dies, ohne befürchten zu müssen, ausgeschlossen oder gemieden zu werden."

http://www.readers-edition.de/2007/08/13/zeugen-jehovas-schlimme-faelle-keine-einzelfaelle/

Thematische Fortsetzung:

Parsimony.23402


ZurIndexseite