Herr Wrobel, sind Sie der Fälscher? !


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 26. Juli 2006 16:11:22:

Es muss im Interesse der historischen Wahrheit, einmal eine Unkorrektheit angesprochen werden.

Offenbar im Zusammenhang mit der „Standhaft"-Ausstellung, die vom 27. 1. - 7. 2. 2003 auch im Landtag Nordrhein-Westfalen zu sehen war,
http://www.manfred-gebhard.de/LandtagNRW.jpg
gibt es auch eine 12seitige Druckschrift ohne Impressum. Sie enthält zwei Beiträge. Einmal einen „Erwachet!-Nachdruck („Erwachet! 8. Juli 1998 S. 10 - 14) zu dem es einleitend heißt; „Nachdruck. Mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber der Zeitschrift Erwachet! ..."
Und ab Seite 6f. dann einen „Erklärung" überschriebenen Text, von dem es einleitend heißt: „Die 'Erklärung' wie sie im Jahrbuch 1934 der Zeugen Jehovas erschienen ist."

Besagtes 1934 Jahrbuch heute noch aufzutreiben, ist mehr als schwer. Indes kann ich für meine Person sagen. Ich habe es per Fernleihe aus dem Bestand der Schweizerischen Landesbibliothek in Bern eingesehen (dortige Signatur R. 7651). Dann hat auch noch die Deutsche Bücherei in Leipzig, einen offenbar zeitgenössisches Exemplar dieser „Erklärung" (unter der Signatur: 1933 B 2639).
Was den Abdruck im 1934 Jahrbuch anbelangt, so hat ihn auch Günther Pape in seinem seinerzeitigen Buch „Die Wahrheit über Jehovas Zeugen" (S.141 f) nachgedruckt. Die Pape'sche Edition habe ich im Detail mit der aus dem 1934-Jahrbuch verglichen, und auf dieser Basis in der Datei „Anbiederung" die Seitenangaben des 1934 Jahrbuches verifiziert.
Siehe dazu: Anbiederung

Der eingangs genannte (offenbare WTG) Nachdruck führt solche Seitennachweise schon mal nicht. Darüber kann man hinwegsehen. Nicht hinweg sehen kann man indes über den Umstand, dass im genannten WTG-Nachdruck offenbar eigenmächtige Retuschen vorgenommen wurden, ohne dass diese als solche klar erkenntlich sind.
So fügt schon im einleitenden Satz der WTG-Nachdruck den Teilsatz ein:

„Die viele andere in allen Teilen des Landes vertreten"

Das ist schon mal im Original nicht mit enthalten.
Im „Unsere Literatur" überschriebenen Abschnitt, gibt es (ziemlich am Ende) auch einen Satz:

„Anstatt bei den Leuten Geld zu sammeln und dieses zu verwenden, große Bauten zu errichten, oder einzelnen hohe Gehälter zu zahlen ..."

Der WTG-Nachdruck indes stellt den Teilsatz „hohe Gehälter" wie folgt um:
„Oder für das luxeriöse Leben Einzelner aufzukommen."

Ausweislich des im Bundesarchiv nachweisbaren, an die Reichskanzlei eingesandten Textes, ist dort eindeutig der Terminus "hohe Gehälter" verwandt worden

Diese Verschärfung von „hohe Gehälter" in „luxeriöses Leben" mag man als nicht sonderlich bedeutungsvoll ansehen. Sachlich berechtigt, ist sie allerdings nicht. Indes gibt es noch einen Lapsus der keinesweg" „harmlos" ist.

Sowohl in der Pape-Edition des Jahrbuches 1934 als auch im nachgewiesenen Exemplar der Deutschen Bücherei Leipzig endet der Abschnitt „Unsere Literatur" (vor Beginn des nächsten Abschnitt „Völkerbund") mit der Aussage:

„Man möchte uns gestatten hier darauf aufmerksam zu machen, daß in Amerika, wo unsere Bücher geschrieben wurden, Katholiken als auch Juden sich miteinander verbunden haben in der Beschimpfung der nationalen Regierung in Deutschland und in dem Versuch, Deutschland zu boykottieren wegen der von der nationalsozialistischen Partei verkündigten Grundsätze."

Diesen - durch substanziell zu nennenden Satz lässt der WTG-Nachdruck ersatzlos unter dem Tisch fallen. Ohne kenntlich zu machen das dem so ist!

Ausweislich des von der WTG an die Reichskanzlei eingesandten analogen Textes ist eindeutig festzustellen (Bundesarchiv R 43 II / 179. Nach der Ursprungspaginierung Blatt 134 der ZJ-Texte. Nach der Seitennumerierung der WTG Blatt 9), dass dort jener Passus mit enthalten ist, den man heutzutage wegzensiert.

Zu kritisieren ist weiterhin, dass die WTG zwar ihren apologetischen „Erwachet!"-Artikel in diesem Separatdruck mit nachdruckt. Nicht jedoch das Begleitschreiben an Hitler und andere hohe Funktionäre des Naziregimes, das in untrennbarem inhaltlichem Zusammenhang mit der „Erklärung" steht.

Der retuschierte gekürzte WTG-Text (ohne Hinweis auf diese Kürzung).
http://www.manfred-gebhard.de/LandtagNRW2.jpg

Man vergleiche etwa auch den Repro-Nachdruck von Hans Hesse, der gleichfalls den kompletten Text bietet.

http://www.manfred-gebhard.de/HesseE4.jpg

Verpackt in eine unscheinbare Fußnote seines Aufsatzes in Heft 1/2003 der Zeitschrift „Religion Staat und Gesellschaft" stellt W: es dort so dar, als handele es sich dabei um eine von der Balzereit-Administration in eigenem Ermessen vorgenommene „Einfügung". In besagter Fußnote äußert W::

[27] Die Hinzufügung und die zeitgenössische englische Übersetzung, die die Magdeburger WTG der WBTS in Brooklyn 1933 mitteilte, lauten:

"Man möchte uns gestatten, hier darauf aufmerksam zu machen, daß in Amerika, wo unsere Bücher geschrieben wurden, Katholiken als auch Juden sich miteinander verbunden haben in der Beschimpfung der nationalen Regierung in Deutschland und in dem Versuch, Deutschland zu boykottieren wegen der von der nationalsozialistischen Partei verkündeten Grundsätze."

(At this point it might be allowed to remark that in America, where our books were written, Catholics and Jews have united in insulting the national government in Germany and in the attempt to boycott Germany because of the principles announced by the national-socialist Party.)

Dazu ist zu sagen. Wer denn für diesen Passus hauptverantwortlich ist, und wer denn seine Hände dabei (vermeintlicherweise) in „Unschuld" waschen kann, ist doch unerheblich.

Vor 2003 gab es jedenfalls keine Belege, die das dem Balzereit mit konkreter Detail-Ausführung in die Schuhe schoben. Selbst wenn er der „Übeltäter" sein sollte, bleibt unverändert der Tatbestand bestehen.

Zeitgenössische Exemplare aus Hitlerdeutschland (wie bei Hesse reproduziert, oder im Bestand der Deutschen Bücherei befindlich), lieferten den inkriminierten Textpassus mit.

Eine heutige eigenmächtige Weglassung dessen, weil man glaubt das dem in Ungnade gefallenen Balzereit in die Schuhe schieben zu können, ist weiterhin als

- Fälschung - zu bezeichnen!


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