Velten

Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 25. April 2006 07:19:03:

104 Zeugen Jehovas soll die Gemeinde Velten (in Brandenburg im Randgebiet von Berlin befindlich), einer früheren Pressemeldung zufolge haben. 104 ist wohl nicht Überdurchschnitt bei einer Einwohnerzahl von 11.930. Da „verlaufen" sich die 104 doch wohl eher.
Immerhin hat Velten für die Zeugen Jehovas auch dergestalt eine besondere Bedeutung indem man dort ein 20.000 m2 Areal verfügt mit einem Kongresszentrum. Zitat aus einem früheren Pressebericht:

„Im Veltener Business- Park betreiben sie seit 1998 ein Schulungszentrum. Das zweite in den
neuen Ländern. Drei große Kongresse finden dort jährlich statt. ... Das Zentrum ist monumental: 1300 Plätze, zwei Cafeterias, auf der Bühne eine weiße Couchgarnitur wie bei amerikanischen Fernsehpredigern. Neben-, Versorgungs-, Konferenzräume, Tiefgarage, Hausmeisterwohnung und ein zweiter Saal mit Taufbecken."

In jenem Kongresszentrum finden unter anderem auch die „Ratsversammlungen" der „Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland" statt. Die wiederum auf „120 Mitglieder" beschränkt ist, wobei man den bereits gewählten Begriff vom „verlaufen" auch ins Verhältnis zu den 165.000 bis 212.000 deutschen Zeugen Jehovas setzen kann, die es da ja wohl geben soll. Welche Zahl denn da tatsächlich zutrifft (165.000 oder 212.000) hängt wohl davon ab, wer gerade „Schichtdienst" bei der Firma hat mit dem Titel „Glaube nur die Zahlen, die ich selbst gefälscht habe".

Quasi als „Untermieter" für die Veltener Zeugen Jehovas (und weil so nicht genügend ausgelastet auch noch für die aus der Nachbargemeinde Hohen Neuendorf mit 80 Zeugen Jehovas) gibt es dort auch noch einen auf 120 Personen zugeschnittenen Königreichssaal.
Was dessen leitenden Ältesten anbelangt, vernimmt man, dass er sich erst seit 1974 den Zeugen Jehovas zugehörig weis.
Trotzdem betreibt man nun eine Art „Traditionspflege" wovon auch der nachfolgende Bericht einer heutigen Zeitung  kündet:

Zeugen Jehovas zeigen Ausstellung über Klara Busse und andere Opfer

 

Es war der lila Winkel, der den Häftlingen der Zeugen Jehovas an die KZ-Kleider geheftet wurde. Als einzige Glaubensgemeinschaft neben den Juden wurden sie von den Nationalsozialisten mit einem eigenen Stoffdreieck gekennzeichnet. Ungefähr 1200 Gläubige der damals 25 000 Menschen zählenden Gemeinde in Deutschland wurden zwischen 1933 und 1945 als so genannte Bibelforscher hingerichtet. Sie brachten das Regime nicht nur durch ihr Glaubensbekenntnis, sondern auch durch ihre Kriegsdienstverweigerung und Ablehnung politischer Rituale, wie des Hitlergrußes, gegen sich auf. Zu den Opfern zählte auch Klara Busse, Glaubensangehörige aus Hennigsdorf. Am Sonntagnachmittag gedachten die Zeugen Jehovas aus Oberhavel ihrer Ermordung und der anderen Opfer ihrer Religion.

"Unser Herz kann dieses ungeheure Unrecht nicht begreifen", eröffnet Heinz Großmann die Gedenkveranstaltung im Veltener Königreichssaal. Bereits zuvor hatten Angehörige der Gemeinde in Oranienburg an der zentralen Gedenkfeier der Befreiung des KZ Sachsenhausen teilgenommen. "Wir dürfen die Geschichte unserer Altvorderen nicht vergessen", appelliert Großmann, Ältester und Sprecher der Gemeinde.

Die Jugendlichen der Gemeinde haben diese Worte in die Tat umgesetzt. Sie fertigten eine Ausstellung über die Hennigsdorfer Zeugen Jehovas zu Zeiten des Nationalsozialismus an, die am Sonntag eröffnet wurde. Augenmerk legten sie auf die Verfolgung von Klara Busse. Sechs Wochen lang haben die Jugendlichen Geschichtliches zusammengetragen, Bilder gemalt, mit alten Fotos, Abschiedsbriefen und Kopien von KZ-Dokumenten Stellwände entworfen. "Man hat jetzt eine viel emotionalere Bindung zu der damaligen Zeit", beschreibt Sarah Fischer ihre Eindrücke während der Recherche. "Man fragt sich auch, wie man selbst reagiert hätte."

Der Anstoß für die Ausstellung sei durch die Stolpersteinaktion gekommen, erklärt die Schülerin Laura Klüßendorff. Am 11. Mai werden in Hennigsdorf neun dieser Gedenksteine vor den letzten Wohnstätten von lokalen NS-Opfern verlegt. Einer dieser Stolpersteine wird auch den Namen Klara Busses tragen. Bis zu ihrer Festnahme am 24. Juli 1940 durch die Gestapo hatte die junge Frau in der Berliner Straße 18 gewohnt. Nach ihrer Inhaftierung im KZ Ravensbrück wurde Busse 1943 nach Auschwitz deportiert und dort am 7. Januar hingerichtet. "Man wollte sie auslöschen, namens- und glaubenslos machen", so Heinz Großmann. Die Ausstellung sei nun Teil der wachzuhaltenden Erinnerung an das Leiden und den Glauben Busses.

Auch der Hennigsdorfer Historiker Helmut F. war zur Eröffnung erschienen. Er hatte die Stolpersteinaktion vor anderthalb Jahren ins Leben gerufen. F. freute sich über die Patenschaft der Gemeinde für den Stolperstein Busses und lobte insbesondere das Engagement der jungen Leute dabei. Bei der Verlegung des Stolpersteins in der Berliner Straße am 11. Mai wollen die Jugendlichen auf jeden Fall dabei sein. Bis dahin ist auch ihre Ausstellung auf Nachfrage öffentlich zugänglich

Nun wird also in dieser Ausstellung das Schicksal der Klara Busse herausgestellt. Soweit ich das beurteilen kann, kam ihr Name etwa in Publikationen zur "Standhaft"-Serie (sei es Printform oder Internet) bislang nicht zur Sprache.
Es ist von Henningsdorf die Rede, wo sie gewohnt. Da hätte ich mir allerdings einen anderen "Publikumswirksameren Namen" vorstellen können, den man der Öffentlichkeit präsentiert.

Zu nennen wäre da vielleicht auch der Fall Addi Klohe. Zusammen mit seinem Vater, Georg Klohe, hatten beide in der Nazizeit eine schon spektakulär zu nennende Produktion von Schallplatten mit WTG-Texten aufgezogen, in Henningsdorf bei Berlin. Während Klohe Senior die Schallplatten besprach, leistete sein damals 12jähriger Sohn technische Assistenzdienste dabei.

Klohe Senior (1985 verstorben) geriet dann mit in die Fänge von nazistischen Zeugen Jehovas-Verhaftungsaktionen und sollte seine Freiheit erst nach 1945 wiedererlangen. Die Frau des Klohe (selbst keine Zeugin Jehovas) ließ sich aber während seiner KZ-Inhaftierungszeit von ihm scheiden.

Diese Rahmenbedingungen führten wohl dazu, dass Klohe Junior, als die Frage des Wehrdienstes für ihn akut wurde, selbigen absolvierte; später in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet. Über seinen "Status" nach 1945 erfährt man indes von WTG-Seite nichts; während Klohe Senior wieder für selbige hauptamtlich tätig wurde.


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