Die sieben Nachbarn – sechste Antwort – Punkt fünf: „vollkommen Fehlbar“

Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von + am 23. April 2006 12:45:45:

Als Antwort auf: Die sieben Nachbarn – fünfte Antwort – Punkt vier: „Gesetzeswerke“ geschrieben von + am 22. April 2006 17:07:12:

Es gab hier vor ein paar Tagen einen Beitrag der lautete so ungefähr:
„Jeder benötigt Regeln – selbst dieses Forum…“

Das ist natürlich Richtig.

Nur liefert ein Extrem keine Entschuldigung für ein anderes Extrem.
Dies ist zwar „Wachtturm Dialektik“ aller feinster Güte – trotz allem aber Absurd.

Demnach wäre ja dir Tatsache allein, dass es im Weltall zu kalt ist zu leben, ein Beweis dafür dass man auf der Sonne leben kann.

Die tiefste Temperatur entspricht -273 Grad und ist für Menschen natürlich tödlich.

www.welt.de/data/2003/09/12/167138.html

Diese Temperatur wird aber nicht Lebewesenfreundlicher wenn man sagt das man bei einer Temperatur von 15 Millionen Grad Celsius auf der Sonne nicht leben kann.

www.astronomie.de/sonnensystem/sonne/basis/basis.htm

Unsere heutige Praxis der Kaltinquisition ist Unrecht weil wir diese in der Summe so Aufgestellt haben das wir Unfehlbar sein müssten um sie gerecht (und darum geht es doch – oder?) umsetzen zu können.
Das es ohne Regeln nicht geht ist keine Entschuldigung dafür das wir Menschen suggerieren wir würden sie von Gott trennen können.

• Deswegen komme ich zu Punkt fünf: „fehlbar“

Gestern hat es eine recht hitzige Diskussion gegeben bezüglich der Frage - Gewissensentscheidung oder Gesetz.

Gäbe es nur den Wachtturm Studienartikel von heute könnten wir die Diskussion beenden.
Oder der Artikel vom Wachtturm den 1.Juni.2006 -
„Durch das Anwenden biblischer Grundsätze Zufriedenheit finden“ -
für sich allein begeistert mich maßlos.

Wäre da nicht das Sanktionswerkzeug genannt „Gemeinschaftsentzug“.

Wobei man durchaus sage kann das es heute laut der Wachtturm Gesellschaft eigentlich keinen Grund mehr gibt jemanden die Gemeinschaft zu entziehen.

Ich hör dass mit Freuden jedoch fehlt mir der Glaube.

Das Problem ist die Umsetzung in den Versammlungen.
Und nachfolgendes Beispiel wird es demonstrieren – auch die Menschen in den Betheln sind nicht schuldlos an der Umsetzung der Kaltinquisition.

Was nützen die strengsten Regeln und Sanktionen wenn es an Glauben mangelt?
Was nützt der feierlichste Ehevertrag wenn das Ehepaar sich nicht liebt?

Natürlich brauchen wir Regeln – aber es ist Sinnlos jemanden mit Gewalt an das Wort Gottes zu fesseln.

Wer immer eines der geringsten Gebote des Gesetzes Mose bricht
und die Menschen demgemäß lehrt,
der wird hinsichtlich des Königreiches der Himmel ‚Geringster‘ genannt werden.
Wer immer sie hält und lehrt, dieser wird hinsichtlich des Königreiches der Himmel ‚groß‘ genannt werden.
Wenn unsere Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht WEIT ÜBERTRIFFT,
werden wir keinesfalls in das Königreich der Himmel eingehen.

In Matthäus 5 geht Jesus auf die Paragraphenreiter ein.
Das obige Zitat ist den Versen 19 und 20 entlehnt.

Das wir uns da also nicht falsch verstehen.
Das Gesetz des Christus geht weit über das Gesetz Mose hinaus!

Ein Beispiel:
Wer unter uns hat schon einen Mord begangen?

Hierin ist es für uns eine Kleinigkeit das Gesetz Mose zu erfüllen.

(Matthäus 5:21-22) Ihr habt gehört, dass zu denen, die in alten Zeiten lebten, gesagt wurde:
‚Du sollst nicht morden; wer immer aber einen Mord begeht, wird dem Gerichtshof Rechenschaft geben müssen.‘
Doch ich sage euch, dass jeder, der seinem Bruder fortgesetzt zürnt, dem Gerichtshof Rechenschaft wird geben müssen; wer immer aber ein unaussprechliches Wort der Verachtung an seinen Bruder richtet, wird dem höchsten Gerichtshof Rechenschaft geben müssen, während jeder, der sagt: ‚Du verächtlicher Tor!‘, der feurigen Geh?nna verfallen sein wird.

(Matthäus 5:17-18) Denkt nicht, Jesus sei gekommen, um das GESETZ oder die PROPHETEN zu vernichten.
Nicht um zu vernichten, ist er gekommen, sondern um zu erfüllen;
Wer immer daher eines dieser geringsten Gebote bricht und die Menschen demgemäß lehrt, der wird hinsichtlich des Königreiches der Himmel ‚Geringster‘ genannt werden.

Was war also so neu und gefährlich was Jesus neu eingeführt hatte?

(Matthäus 5:43-48) Ihr habt gehört, daß gesagt wurde: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.‘ Doch ich sage euch: Fahrt fort, eure Feinde zu lieben und für die zu beten, die euch verfolgen, damit ihr euch als Söhne eures Vaters erweist, der in den Himmeln ist, da er seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und es über Gerechte und Ungerechte regnen läßt. Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Steuereinnehmer dasselbe? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr da Besonderes? Handeln nicht auch die Leute von den Nationen ebenso? Ihr sollt demnach vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Die Wachtturm Gesellschaft nimmt sich die Freiheit heraus jemanden zu verurteilen
und von uns zu verlangen dieses Urteil zu vollstrecken.

Wenn aber Jesus sagt wir sollen vollkommen sein.
Was meinte er damit?

(Matthäus 6:1-4) Achtet gut darauf, daß ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen übt, um von ihnen beobachtet zu werden; sonst werdet ihr keinen Lohn bei eurem Vater haben, der in den Himmeln ist. Wenn du also Gaben der Barmherzigkeit spendest, so posaune nicht vor dir her, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Straßen tun, damit sie von den Menschen verherrlicht werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben bereits ihren vollen Lohn. Du aber, wenn du Gaben der Barmherzigkeit spendest, so laß deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut, damit deine Gaben der Barmherzigkeit im Verborgenen seien; dann wird dein Vater, der im Verborgenen zusieht, dir vergelten.

(Matthäus 6:14-15) Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; wenn ihr aber den Menschen ihre Verfehlungen nicht vergebt, wird euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

In dem Wachtturm Studium von diesem Wochenende wird im Absatz 3 Galater 6:2 zitiert.

„Fahrt fort, einander die Bürden zu tragen, und so erfüllt das Gesetz des Christus.“

Zwar geht das Gesetz des Christus weit über das Gesetz Mose hinaus.
Nur gab damit Jesus Menschen keinen größeren Knüppel um noch mehr auf die Schäfchen einzudreschen.

http://br-online.de/bildung/databrd/pet1.htm/pet1g7.jpg

Im Gegenteil!
Erst wenn wir das Gesetz des Christus umsetzen sind wir in der Lage zuerst das Königreich
und seine Gerechtigkeit zu suchen.

Und dies gelingt nur mit einem freiwilligen von herzen kommenden Glauben.
Nicht mit der Angst vor Sanktionen.

Jesus sagt weiter:

(Matthäus 7:1-2) Hört auf zu richten, damit ihr nicht gerichtet werdet; denn mit dem Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit dem Maß, mit dem ihr meßt, wird man euch messen.
Als nun Jesus diese Reden beendet hatte, waren die Volksmengen über seine Art zu lehren höchst erstaunt; 29 denn er lehrte sie wie einer, der Gewalt hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.

Da wir fehlbar sind wäre jedes Regelwerk unvollkommenes Stückwerk.

„Denn wir erkennen teilweise, und wir prophezeien teilweise;“
1. Korinther 13:9

Unsere Spekulationen anzuzweifeln liefern keine Berechtigungen jemanden als Abtrünnigen abzustempeln.

Was Martin Luther zu seinen 70 Richtern sagte könnte heute von mir 1:1 vor einem Komitee gesagt werden:

„Es sei denn, daß ich durch Zeugnisse der Schrift oder klare Vernunftgründe überwunden werde –
denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein,
weil es am Tage ist, da sie zu mehrern Malen geirrt und sich selbst widersprochen haben -,
so bin ich überwunden durch die Stellen der Hl. Schrift, die ich angeführt habe,
und gefangen in meinem Gewissen an dem Wort Gottes.
Deshalb kann und will ich nichts widerrufen,
weil wider das Gewissen zu handeln beschwerlich,
nicht ratsam und gefährlich ist.
Gott helfe mir, Amen."

Heute wird das unbedingte
und sofortige Anerkennen aller Lehränderungen
(die gern als „Neues Licht“ gepriesen werden,
ohne zu verdeutlichen, wer denn für das bisherige falsche „Alte Licht“ verantwortlich war)
als Loyalitätsbeweis erwartet.

So äußert sie sich z.B. der „Erwachet“ vom 22.03.1993 auf Seite 4 bezüglich der Fehlankündigungen von Endzeitterminen in Kleingedruckten, als wenn es etwas Nebensächliches wäre:

„Jehovas Zeugen haben in ihrem Enthusiasmus für Jesu zweites Kommen
auf Daten hingewiesen, die sich als unkorrekt herausgestellt haben.
Aufgrund dessen sind sie von einigen als falsche Propheten bezeichnet worden.
Doch in keinem der Fälle haben sie sich angemaßt,
Vorhersagen 'im Namen Jehovas zu äußern.“

In Ordnung! Wenn keiner im Namen Gottes gesprochen haben will –
wieso verurteilt man dann im Namen Gottes jemanden?

„Erwachet“ fährt dann fort:

Die Tatsache, dass einige Jehovas Geist haben, „bedeutet nicht“,
so der Wachtturm,
dass solche, die jetzt als Jehovas Zeugen dienen, inspiriert sind.
Es bedeutet auch nicht,
dass die Artikel in dieser Zeitschrift, betitelt „Der Wachtturm“,
inspiriert und unfehlbar und fehlerlos sind.“

So weit so Gut – Nur warum dann dieses:

Auch wir sollten uns beruhigen, das heißt uns fügen, wenn...
auf theokratischem Gebiet Korrekturen vorgenommen werden.
Gern nehmen wir die geistige Speise an, die Jehova durch
den „treuen und verständigen Sklaven“ zur Verfügung stellt (Matthäus 241 45-47).
Diese einheitliche Belehrung hilft uns weltweit die Einheit zu bewahren.
Der Wachtturm, 15. Juli 1996, Seite 16 und 17, Absatz 5 und 6

Seien wir daher dankbar für die Wahrheit, die uns der „treue Sklave“ vermittelt hat.
Und seien wir dankbar, dass Jehova uns durch seine Organisation führt.
Der Wachtturm, 15. Juli 1996, Seite 17, Absatz 8

Hier wird der Anspruch deutlich gemacht:
das Wort des „Sklaven“ ist das Wort Jehovas.

Entsprechend sind seine Worte und Anweisungen aufzunehmen.

Der WT vom 15.06.1996 sagt dazu auf S. 21, Abs. 14+15:
„Das Murren und Klagen kann bei ihnen sogar so weit gehen,
dass sie Veröffentlichungen des „treuen Sklaven“ kritisieren.
Doch was wäre, wenn wir eine negative Einstellung entwickeln würden,
die in kritischen Diskussionen im engsten Freundeskreis zum Ausdruck käme?“

Der hohe Anspruch der Wachtturm Gesellschaft wird besonders in dem Wort „sogar“ deutlich.

Eine Gesellschaft deren Haupttätigkeit unter anderem darin besteht,
andere zu kritisieren, dünkt sich selbst über jede Kritik erhaben,
vor allem aus den eigenen Reihen, und sie sucht jede Kritik zu unterbinden,
selbst im engsten Freundeskreis.

Man benutzt z.B. eine Begebenheit aus dem Leben des Propheten Elisa
(Elisa wurde gem. 2. Könige 2 von Jugendlichen beschimpft, von denen 42 durch 2 Bärinnen umkamen)
und nennt dabei Elisa den „Mitteilungskanal Jehovas“,
um heutige Kritik am modernen „Mitteilungskanal“,
als den sich die Wachtturm Gesellschaft versteht,
in die Nähe jenes von Gott missbilligten Ereignisses zu rücken.

Wie hier z.B.: Der Wachtturm, 15. Juni 1996, Seite 13, Absatz 7

Wenn Glaubenszweifel aufkommen

Was aber, wenn trotz allen autoritären Auftretens Glaubenszweifel in bestimmten Lehrmeinungen auftreten;
wenn Dinge behauptet werden, die jemand einfach nicht glauben kann?

Da gibt es Ratschläge:

1. Einfach der Lehre der WTG folgen und ihr nicht vorauseilen, bis Jehova (in Wirklichkeit die durch die Umstände dazu gedrängte Leitende Körperschaft) die Dinge - vielleicht - ändert.
2. Der WT vom 15.07-1996, S. 17, Abs. 7, nennt folgende Schritte:
a) in christlichen Veröffentlichungen nachforschen (gemeint sind die Schriften der WTG, die ja oft erst den Anlass zu solchen Zweifeln geben)
b) Älteste fragen (Diese geben in aller Regel den Rat und die Auskunft unter 2a)
c) Die Sache nicht weiterverfolgen und nicht darüber sprechen, denn das würde als „Zwietracht säen“ ausgelegt.

Was man von Andersgläubigen erwartet,
nämlich das kritische Hinterfragen des eigenen Glaubens,
ist den eigenen Schäfchen untersagt.

Wer aber nicht schweigen kann, weil ihn diese Dinge bewegen
(Lukas 6:45; Apostelgeschichte 4:20),
der muss mit Sanktionen rechnen.
Der Wachtturm 1996 sagt dazu, weiter auf S. 17, in Abs. 10:

„Gerede dieser Art kann zu Uneinigkeit führen.
Ein reueloser Schmäher sollte jedoch ausgeschlossen werden,
damit der Frieden, die Ordnung
und die Einheit in der Versammlung bewahrt bleiben.“

Kein Gedanke mehr an die Vielfalt in der Christenversammlung gemäß 1. Korinther 14:26.

Nein, alles kommt von „oben“.
Entsprechend sagt auch das Ältestenlehrbuch,
„Gebt acht auf Euch selbst und auf die ganze Herde“,
bezüglich Sanktionen gegen Kritiker auf den Seiten 94 und 95:
„Abfall oder Abtrünnigkeit schließt Handlungen ein,
die gegen die Ordnung gerichtet sind, die Jehova seinem Volk gegeben hat.
Personen, die vorsätzlich Lehren verbreiten
(hartnäckig daran festhalten oder darüber reden),
welche in Widerspruch zu der biblischen Wahrheit stehen,
die Jehovas Zeugen lehren, sind Abtrünnige.
Das Verursachen von Spaltungen und das Fördern von Sekten.
Damit ist eine vorsätzliche Handlung gemeint, durch die...
das Vertrauen der Brüder in die Einrichtung Jehovas untergraben wird.“

Hier ist kein Gedanke mehr daran zu finden,
dass der Geist Jehovas Freiheit bedeutet (2. Korinther 3:17).

Drohung, Angst, Verbot!

Das Ergebnis ist:
wenn du schon denkst, was du denkst, dann schweige darüber,
misstraue jedem, und zerstreue selbst Misstrauen durch möglichst großen Eifer.

Bei weitem die Mehrzahl der Ältesten (einige gaben Zahlen von 70 % oder mehr an) haben nicht die Befähigung, als Richter zu dienen.

Mag sein, dass es ein paar Älteste gäbe.
Aber die konkrete Erfahrung zeigt, dass die große Mehrzahl dieser Männer das Hauptaugenmerk auf das Befolgen der Richtlinien der Organisation legt und dass sie durch den Legalismus mit ihren natürlichen Mitleidsempfindungen, die sie vielleicht sonst haben, Probleme bekommen.
Beispielhaft für die Art, in der privates Handeln der Zeugen von „loyalen“ Ältesten Männern, die sich gedrängt fühlen, der „richtigen theokratischen Gesetzessammlung“ Geltung zu verschaffen scharf beobachtet wird, ist der Fall von Rud Persson und seiner Frau aus Schweden.

Persson wurde im Jahre 1959 als Zeuge Jehovas getauft.

Im Januar 1986 stellten er und seine Frau ernsthaftere Überlegungen über den Sinn des Gleichnisses vom „barmherzigen Samariter“ an, als sie das bis dahin getan hatten.

Sie waren besonders von der Hungersituation in Äthiopien bewegt und zahlten einen geringen jährlichen Mitgliedsbeitrag an das Rote Kreuz, um Informationen über verschiedene Nothilfeprojekte zu erhalten und dann vielleicht bei einem davon bescheidene Hilfe zu leisten.
Rud erwartete hierbei keine Probleme.

Seine eigene Mutter, eine unerschütterliche Zeugin, hatte aus dem Behindertendienst des Schwedischen Roten Kreuzes Nutzen gezogen, nachdem sie chronisch krank geworden war.

Einige Monate später, im Mai desselben Jahres,
kam der vorsitzende Aufseher der Ortsversammlung auf Rud zu und fragte ihn,
ob er dem Roten Kreuz beigetreten sei.

Rud erwartete ein Gespräch in Freundschaft.
Doch als er bestätigte, Mitglied geworden zu sein, ließ der Aufseher das Thema fallen
und erkundigte sich nicht weiter.
Erst später fand Rud heraus,
dass schon vor diesem Gespräch eine „Untersuchung“ begonnen hatte.
Ein Ältester, der gerüchteweise von Ruds Mitgliedschaft im Roten Kreuz
gehört hatte, hatte die Sache der Ältestenschaft gemeldet,
und die Ältesten hatten die Angelegenheit erörtert
und sich sogar mit dem für ihr Gebiet zuständigen Kreisaufseher,
Gert Andersson, in Verbindung gesetzt und ihn um Rat gefragt.

Was war der Grund dafür?

Man meinte, Rud habe möglicherweise „die Neutralität verletzt“, was den Krieg angeht

Am 19.Juni 1986 wandten sich die Ältesten mit der Frage an das schwedische Zweigbüro
der Wachtturm-Gesellschaft, ob es ratsam sei,
Rud vor ein Rechtskomitee zu laden, um zu untersuchen,
ob er die Neutralität eines Christen verletzt habe.

Das Zweigbüro gab mit Kopie des Briefes an Kreisaufseher Andersson zur Antwort,
man werde die Angelegenheit untersuchen
und möglicherweise dazu einen Rat von der leitenden Körperschaft in Brooklyn erhalten.
Schließlich sandte man am 15.Oktober 1986 an Mats Nordsund,
den Vorsitzführenden Aufseher der Versammlung, den Brief, der nachfolgend wiedergegeben ist.

Dieser Brief wurde in Schwedisch geschrieben.

Die Wiedergabe ist eine deutsche Übersetzung.
BIBEL-OCH TRAKTATSÄLLSKAPET VAKTTORNET
Box 5, S-732 00 ARBOGA, SWEDEN
SR:SL 1986-10-15 Mats Nordsund Brohuset
1019 Prästmöllan
260 70 LJUNGBYHED

An die Ältestenschaft der Versammlung Perstorp

Liebe Brüder,
wir schreiben Euch hiermit bezüglich der Information,
die Ihr der Gesellschaft gegeben habt, dass Bruder Persson Mitglied des Roten Kreuzes geworden ist.
Wir haben die Frage an die Brüder in Brooklyn weitergeleitet, um ihre Ansicht über die Mitgliedschaft in einer solchen Organisation zu erfahren. Die Brüder wiesen uns darauf hin, dass das Rote Kreuz, selbst wenn es in einem bestimmten Land einen vielleicht notwendigen Dienst leistet, doch nach den Grundsätzen des Internationalen Roten Kreuzes mit Sitz in der Schweiz verfährt. Es wird behauptet, der Zweck der Organisation sei, menschliches Leid und Elend zu lindern; wir müssen aber doch bedenken, dass die Organisation ihren Ursprung auf den Schlachtfeldern hatte. Sie führt einen großen Teil ihres Werkes in direktem oder indirektem Widerspruch zu den in Jesaja 2:4 umrissenen Gedanken durch. Die Organisation ist auch einer der weltgrößten Lieferanten für Transfusionsblut. Sie ist auch in die Politik verwickelt und handelt oft als Vermittler zwischen im Krieg befindlichen Staaten.
So ist es nur richtig, zu bedenken, wofür eine Organisation insgesamt steht, und dies in Beziehung zur christlichen Neutralität zu setzen, die Gottes Volk zeigen muss. Den Missbrauch von Blut können wir ebenfalls nicht unterstützen. Natürlich ist es richtig, menschliches Leid zu lindern zu versuchen, aber dazu müssen wir doch nicht Mitglieder in einer weltlichen Organisation werden! Dies wurde recht ausführlich im Watchtower vom 1.Oktober 1986, Seite 22-24, behandelt.
Der Beweggrund einer Person, sich einer Organisation anzuschließen, spielt ebenfalls eine Rolle. Warum möchte sie einer bestimmten Organisation angehören? Billigt sie die Ziele dieser Organisation? Es kann vorkommen, dass jemand ein passives Mitglied in solch einer Organisation wird, weil das die Bedingung für einen Erste-Hilfe-Kurs ist. Man fordert von dem einzelnen nichts weiter. Ein Christ mag denken, sein Gewissen ließe das zu.
Wenn jemand andererseits sagt, er verteidige alles, wofür die Organisation eintritt, dann wären davon natürlich seine Vorrechte in der Versammlung betroffen. Sollte jemand Mitglied werden und beispielsweise das weltweite Blutprogramm, das ein Kennzeichen des Roten Kreuzes ist, aktiv unterstützen, so könnte das zum Gemeinschaftsentzug führen.
Daher empfehlen wir in Eurem Fall, dass Ihr mit Bruder Persson über diese Dinge sprecht und seinen Beweggrund, dem Roten Kreuz beizutreten, untersucht. Meint er, dass die Ziele dieser Organisation gut und richtig sind? Ist er sich über das Unterstützungsprogramm für Bluttransfusionen im Klaren? Und über die Aktivitäten als Vermittler zwischen Staaten? Wenn Ihr ausgiebig mit ihm darüber geredet und seine Reaktion kennen gelernt habt, setzt Euch bitte wieder mit uns in Verbindung, damit wir uns ein Bild davon machen können, wie er darüber denkt, und auch, ob er weiter Mitglied des Roten Kreuzes bleiben will. Wie ist seine Einstellung zu Schulspeisung, die Blut enthält? Hat er die Lehrer über unsere Haltung dazu informiert? Wie steht es mit Geburtstagsfeiern und ähnlichem in der Schule? Wir erwähnen das, weil Bruder Gert Andersson dazu einmal eine Bemerkung über die Kinder Bruder Rud Perssons machte.
Indem wir mit Euch in der Verbreitung der guten Botschaft vom Königreich vereint sind, senden wir Euch unsere herzlichen Grüße.
Eure Brüder
BIBEL-OCH TRAKTATSÄLLSKAPET VAKTTORNET (Stempel)
Anlage: Auszug aus der World Book Encyclopedia Kopie: Gert Andersson

Während der gesamten Zeit seit dem Vorfall im Mai,
als der Aufseher sich kurz erkundigt hatte, ob Rud dem Roten Kreuz beigetreten sei,
bis zu diesem Zeitpunkt im Oktober war ihm nichts über diese Untersuchung mitgeteilt worden.

Ruds Vater und sein jüngerer Bruder gehörten der Ältestenschaft an,
sagten ihm aber nichts.

Sie meinten zweifellos, die „Vertraulichkeit“ ließe es nicht zu, ihn darüber zu informieren,
dass er vor ein Rechtskomitee geladen werden könnte.

Als die Ältesten jedoch den Brief des Zweigbüros vom 15.Oktober erhielten
und nochmals den Kreisaufseher um Rat fragten, handelten sie rasch.

Am 18.Oktober rief der Vorsitzführende Aufseher bei Rud an und teilte ihm mit,
die Gesellschaft wolle von ihm in Gegenwart zweier Ältester fünf Fragen beantwortet haben.

Er fragte auch noch, ob Ruds Frau Mitglied des Roten Kreuzes geworden sei.

Während der Sitzung forderte man Rud auf, folgende fünf Fragen zu beantworten:

1) Was ist dein Beweggrund für den Beitritt zum Roten Kreuz?
2) Bist du der Meinung, das, wofür das Rote Kreuz eintritt, sei gut und richtig?
3) Bist du dir über das Bluttransfusionsprogramm des Roten Kreuzes im klaren?
4) Bist du dir dessen bewusst, dass das Rote Kreuz sich an Vermittlungsbemühungen zwischen Staaten beteiligt?
5) Hast du die Absicht, weiterhin Mitglied im Roten Kreuz zu bleiben?

Hier seine Antworten im Kern:

1) Sein Beweggrund war, sich über Hilfsprojekte des Roten Kreuzes informieren zu lassen und dafür Spenden zu leisten. Er wies die Ältesten auf einen Artikel in Erwachet!, 8.März 1977 hin, der zwar viel Negatives an karitativen Organisationen nannte, aber auch feststellte, es sei nicht unbedingt verkehrt, ihnen zu spenden. Er sagte auch, die Sache sei analog der Haltung der Gesellschaft in Bezug auf Gewerkschaften und gewisse Arten von Arbeit zu sehen, wo man meinte, die positiven Punkte würden die negativen aufwiegen.

2) Auf die zweite Frage gab er zur Antwort, er sympathisiere mit der unparteiischen Hilfe, die das Rote Kreuz Bedürftigen leiste, und er glaube, sie sei gut und richtig. Dann lenkte er die Aufmerksamkeit der Ältesten auf folgende Aussage in der Ausgabe des Watch Tower vom 1.Juni 1918

„Ein Christ, dem man die verdrehte Ansicht vorgelegt haben mag, das Werk des Roten Kreuzes bestehe allein darin, das Töten, das gegen sein Gewissen verstößt, zu unterstützen, kann dem Roten Kreuz keine Hilfe leisten. Dann sieht er die Sache umfassender und betrachtet das Rote Kreuz als Inbegriff der Hilfe für Hilflose, und er sieht sich fähig und willens, das Rote Kreuz gemäß seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten zu unterstützen.“
Er fügte noch hinzu, er glaube, dieser Wandel von einer „verdrehten Ansicht“ zu einer ‚umfassenderen Sichtweise‘ sei heutzutage noch mehr gerechtfertigt.

3) Bezüglich der Bluttransfusionen wies er darauf hin, dass in den meisten Fällen die eigentlichen Übertragungen in Krankenhäusern vorgenommen würden und er es für unwahrscheinlich halte, dass die Gesellschaft Krankenhäuser boykottiere, in denen in großem Ausmaße Blut verwendet werde. Viele Zeugen würden in Krankenhäusern mit „Blutprogrammen“ arbeiten. Er erinnerte die Ältesten an die Entscheidung der Gesellschaft, ein Arzt, der Zeuge ist, dürfe einem Patienten, der kein Zeuge ist, auf dessen Wunsch hin eine Bluttransfusion verabreichen, ohne dass deshalb gegen ihn Rechtsmaßnahmen ergriffen würden!
Siehe Wachtturm, 15.Januar 1965, Seiten 42, 43.

4) Was die angebliche Vermittlung zwischen Staaten angehe, so bemerkte er, dies sei kein politisches Handeln; die Vermittlerrolle des Roten Kreuzes sei allein auf humanitäre Angelegenheiten beschränkt. Er gebrauchte wiederum die Analogie zu den Gewerkschaften, „weltlichen Organisationen“, denen Tausende von Zeugen angehören. Im Gegensatz zum Roten Kreuz würden sich Gewerkschaften oft politisch betätigen, und doch werde die Mitgliedschaft in ihnen von der Gesellschaft nicht verurteilt.

5) Zu dem Punkt, ob er weiter Mitglied im Roten Kreuz bleiben wolle, sagte er, soweit er erkennen könne, sei das in Übereinstimmung mit den Veröffentlichungen der Gesellschaft.
Er meinte, die Frage sei so lange nicht von Bedeutung, bis gezeigt werde, dass eine solche Mitgliedschaft mit dem Christentum unvereinbar sei. Da er aber diesbezüglich keinen Aufschluss erhalten habe, sähe er hier keinen Interessenkonflikt.

Es ist interessant, woher die Fragen stammten, die man Rud Persson vorhielt.
Sie wurden den Ältesten vom schwedischen Zweigbüro der Wachtturm-Gesellschaft geliefert,
und die Angehörigen des Zweigbüros gaben an,
in der Sache Anweisung von der leitenden Körperschaft in Brooklyn erhalten zu haben.

Man muss davon ausgehen, dass bei der Auskunft, die das Zweigbüro den Ältesten in dem Brief gab,
auf diese Direktive der leitenden Körperschaft zurückgegriffen wurde.

Man sollte auch festhalten, dass die Auskunft voller Falschdarstellungen und Scheingründe war.
Die Ältesten übermittelten dem Zweigbüro Ruds Antwort zusammen mit einem Bericht,
der nachteilige Behauptungen über ihn enthielt,
die selbst noch auf die schulischen Verhältnisse seiner Kinder Bezug nahmen.

Man stellte ihm keine Kopie zur Verfügung,
doch er konnte eine solche in seinen Besitz bekommen
und sandte daraufhin eine detaillierte Widerlegung jeder der Behauptungen an das Zweigbüro.
Monate vergingen ohne eine Reaktion aus dem Zweigbüro.
Schließlich, am 8.April 1987, rief Rud das Zweigbüro an und sprach mit Åke Carlsson und Rune Grahn,
zwei Angehörigen des Zweigkomitees.

Lachend erklärte Carlsson,
‚die Organisation könne den Freunden in einer Sache wie dieser keine Vorschriften machen.‘
(Man vergleiche, wie sich diese Gegenerklärung und die konkrete Aussage in dem Brief,
den das Zweigbüro an die Ältesten geschickt hatte, deutlich voneinander unterscheiden.)
Rune Grahn sagte, man würde nichts gegen Rud unternehmen
und die Weltzentrale in Brooklyn habe erkennen lassen,
dass eine Mitgliedschaft im Roten Kreuz nur Folgen haben könnte,
wenn jemand Ältester oder Dienstamtgehilfe in der Versammlung sei.
Er verglich es damit, wenn sich jemand einen Bart wachsen ließe.

Nachdem Rud noch einen weiteren Monat auf eine Äußerung von Seiten der örtlichen Ältesten gewartet hatte, informierte er seinen Bruder, einen Ältesten, von dem Gespräch mit den Männern im Zweigbüro.
Er erfuhr, dass die Ältesten seiner Versammlung niemals eine Antwort erhalten hatten.

Man muss einigen von ihnen zugute halten,
dass sie sich erleichtert äußerten, als sie hörten, was die Männer im Zweigbüro gesagt hatten.
Rud selbst empfand es als unglaublich,
dass eine angeblich christliche Organisation sich auf eine solche Taktik verlegen konnte
und Menschen nur deshalb diesen Überprüfungen und Befragungen aussetzte,
weil sie sich durch das, was sie in Lukas 10:29-37 lasen,
bewogen fühlten, sich an humanitären Aktionen zu beteiligen.

Nicht viele Zeugen wären dazu in der Lage gewesen,
eine so kompetente Erwiderung zu geben wie dieser Mann aus Schweden.
Und dann wären sie wohl aufgrund der völlig unzutreffenden Behauptung der Organisation,
das Rote Kreuz „führe einen großen Teil [seines] Werkes in direktem
oder indirektem Widerspruch zu den in Jesaja 2:4 umrissenen Gedanken durch“,
ausgeschlossen worden, weil sie die „Neutralität verletzt“ hätten.

Wie dem auch sei – an dem obigen Beispiel kann man sehen dass es nicht damit getan ist zu sagen, das die Umsetzung der Regeln nur an der Ältestenschaft vor Ort hängt.

www.kis.uni-freiburg.de/~ps/SFB/sonne_uv_klein.mpg


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