Ein Mann mit Durchblick


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 10. November 2005 11:54:06:

Gelesen in dem autobiographischen Buch des KZ-Überlebenden Max Hollweg ("Es ist unmöglich von dem zu schweigen, was ich erlebt habe")

"Relativ schnell bekomme ich eine Lehrstelle als Maurer. Ich soll umgehend im sieben Kilometer entfernten Nastätten antreten. ... Hier beim Bauunternehmer Hehner bin ich sozusagen 'in Kost und Logis'"

Wir auch andere Zeugen Jehovas, landete Hollweg aufgrund der widrigen Bedingungen im Naziregime dann im KZ. Der dortige Weg war für ihn sicherlich alles andere als "leicht". Immerhin verschlug es ihn dabei zeitweise zu einer Art medizinischen Kraft. Wir weit er dabei sich Fertigkeiten aneignete, kann man auch an dem Umstand ablesen, dass selbst der KZ-Kommandant seinen Sohn, der von einem nur operativ entfernbaren Geschwür befallen war, ihm überantworte. Verbunden mit der Drohung. Geht die Operation schief, wird auch Hollweg einen Kopf kürzer gemacht. Da es aber Hollweg sehr wohl möglich war, noch in reiferem Alter seine Memoiren zu Papier zu bringen. Aus diesem Umstand schon kann man schon entnehmen, dass die angekündigte Drohung keine Umsetzung fand.

Nach 1945 stellt sich auch für Hollweg wie auch für viele andere, die Frage des wirtschaftlichen Überlebens. Folgt man seinem Bericht, so war er schon von seiner körperlichen Statur her, alles andere als "prädestiniert" für einen harten Job im Bauwesen. So entfiel wohl weitgehend eine Option in der Richtung. Damit war aber immer noch nicht die Frage des wirtschaftlichen Überlebens für ihn gelöst.

Welche Entscheidung er dabei trifft, kann man auch aus den Sätzen entnehmen:
"Mein körperlicher Zustand ist so, daß man mich zur Zeit als achtzigprozentigen Invaliden einstuft. Ohne Begleitung soll ich nicht reisen. Trotzdem führe ich im Lager eine ambulante Praxis durch. Unser bis dahin tätiger Bürener Lagerarzt Dr. Hagel hat für ambulante Chirurgie einen kleinen Verbands- und Instrumentenvorrat, mit dem ich mir einigermaßen helfen kann. Allgemein gibt es bei den Behandlungen im Flüchtlingslager keine Probleme. Bei der Behandlung von Kindern und Frauen muß ich dazulernen. Bruder August Kaiser aus Sprokhövel ist mir ein guter Lehrmeister. Er ist ein lieber, guter, schon älterer Heilpraktiker."

Vorstehendes bezieht sich auf die Zeit, unmittelbar nach Kriegsende. Aber auch bei Hollweg sollte und musste der "Schornstein weiter rauchen".
Und so vernimmt man denn weiter
"Mittels Postkarte erfahre ich:
Sie wollen Dienstag, den 28. Mai 1946, um 9 Uhr zur Besprechung nach hier kommen.
Gez. Dr. Sander (Medizinalrat).
Staatliches Gesundheitsamt des Kreises Buren.
Letztlich werden meine medizinischen Fähigkeiten geprüft, und aufgrund dessen erhalte ich am 4. November 1946 meine Zulassung als Arzt.
Aber um eine Praxis als Arzt für Naturheilkunde weiterbetreiben zu können, soll ich noch Mitglied der Ärztekammer werden, die allerdings eine Mitgliedschaft ablehnt und ein zweisemestriges Nachstudium fordert - eine Erfüllung dieser Forderung ist mir bei der momentanen Lage der Dinge einfach nicht möglich.
Bei dem Verband der Deutschen Heilpraktiker stoße ich anfänglich ebenfalls auf Ablehnung, mit der Begründung, daß man generell keinen Arzt für Naturheilkunde aufnehmen würde, denn diese haben eben Mitglieder der Ärztekammer zu sein.
Um weiter praktizieren und überleben zu können, komme ich bei den paradoxen Umkehrschlüssen der Kammern und Verbände nicht weiter. Kurzum, bei den endlos scheinenden Wegen einer Anerkennung hier oder da, einer Approbation, wie es im Fachjargon heißt, entscheide ich mich, auf den bereits anerkannten Titel als Arzt für Naturheilkunde zu verzichten. Ich lasse mich als Heilpraktiker prüfen.
Der Verband der Deutschen Heilpraktiker nimmt mich damit auf, und ich komme so beruflich endlich vernünftig voran.
Schließlich geht es um die Sicherung der eigenen Existenz auch der materiellen Überlebensfähigkeit der eigenen Familie.
Bekanntlich lebt niemand von Luft allein.
Letztlich haben sich in der Nachkriegszeit die beruflichen Schwierigkeiten, in der Startphase eines bürgerlichen Berufes, als Lappalien erwiesen. Ich bin in meiner Funktion als Heilpraktiker von Jehova reichlich gesegnet worden."

Den eben genannten "Segen" darf man sehr wohl wörtlich, als auch im materiellen Sinne, interpretieren.

Hollweg ist für das Thema Zeugen Jehovas und Heilpraktiker mit Sicherheit kein Einzelfall. Schon als die WTG nach 1945 sich bemühte, ihren "Laden" in Magdeburg wieder zum laufen zu bringen, griff man auf die Unterstützung (Immobilienmäßig) eines aus dieser "Szene" zurück. Die eigenen Immobilien hatte man anfänglich noch nicht zur tatsächlichen Verfügung.

Die "Heilpraktikerszene und Jehovas Zeugen" schwappte selbst in der DDR-Verbotszeit (vor 1961) auf Ostberliner Zeugen Jehovas über. So ist mir aus meiner Kinderzeit durchaus noch geläufig, wie denn Ostberliner Zeugen Jehovas, die Taschen eines Westberliner Zeugen Jehovas kräftig auffüllten. Man muss die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dabei durchaus mit im Blick haben. Und die besagten. Jener Westberliner Zeuge Jehovas, nahm für seine "Dienstleistungen" eben nur Westgeld an. Dies wiederum bedeutete für die Ostberliner den Geldumtausch eins zu fünf. Angesichts der damaligen gesamtwirtschaftlichen Lage, ein durchaus großes Opfer.
Sein Produkt ein "Wundertee", der so manchen Küchenschrank füllte. Ob er denn wirkliche "Wunder" vollbrachte, sei mehr als dahingestellt. Mit der einen Ausnahme vielleicht. Zur wundersamen Taschenfüllung jenes Teeherstellers, hat es allemal gereicht.

Dieser Fall spielte sich - auch - auf der Ebene der Flüsterpropaganda ab, die denn in der Praxis oftmals weitaus wirksamer als die "offizielle" Propaganda ist.
Auch Frau Margareta Huber berichtet in ihrem Buch über Episoden, wie auch sie und ihresgleichen zur Taschenfüllung von Heilpraktikern beitrugen.

Selbst aus der weiteren DDR-Geschichte, sind noch ähnliche Fälle (wenn auch mit tragischem Ausgang) überliefert.
Zu letzterem kann man auch vergleichen.
Heilpraktikerszene


Ein etwas anderer, aber durchaus in Beziehung zu vorstehendem stehender Aspekt in nachfolgendem:

Der Mann hat Durchblick!

Auch der Medizinmann bei den Indianern vermag manchmal Heilungen zu bewirken. Manchmal auch nicht. Insbesondere dann, sollten psychosomatische Aspekte mit dominierend sein, sind seine Heilungschancen wohl am allergrößten.
Böse Zungen können es sich manchmal nicht verkneifen, die Spezies der Heilpraktiker (oder was auch immer für schillernde Namen sie zu verwenden belieben), in diesem Lande, auch mit den vorgenannten Medizinmännern zu vergleichen.

Nun muss man da wohl differenzieren. Alle über einen Kamm zu scheren, ist sicherlich ungerecht. Der „Erfolg" zählt bekanntlich in diesem Lande. Und dazu gehört dann auch. Vielfach sind solche Angebote in die Rubrik "Selbstzahlermedizin" eingeordnet. Abgesehen davon, dass auch die "Schulmedizin" in diesem Lande auf dem allerbesten Wege ist, zur reinen "Selbstzahlermedizin" zu verkommen. Vielleicht ist es noch nicht ganz so krass. Aber auf dem "besten" Wege dorthin, ist man sicherlich. Wenn also die finanziellen Unterschiede zwischen "Schulmedizin" und "Selbstzahlermedizin" immer mehr verschwinden, dann kann man es schon verstehen, dass der eine oder andere sagt. Wenn ich sowieso zahlen muss, dann nehme ich doch gleich das Angebot, dass mir mental am besten zusagt. Und in bezug auf sich wirkungsvolles verkaufen, mag in der Tat, der eine oder andere der "Heilpraktiker" seinem Schulmediziner-Kollegen einiges voraus haben.

Und es soll unter diesen auch solche geben, die über eine voll abgeschlossene und anerkannte Ausbildung als „Schulmediziner" verfügen. Ob das indes bei „allen" die sich da Heilpraktiker (oder ähnlich nennen) wirklich der Fall ist, wäre doch sehr die Frage. Eher drängt sich der Eindruck auf. Die aus jener Zunft, die auch über eine abgeschlossene und anerkannte Ausbildung als „Schulmediziner" verfügen, sind da wohl in der Minderzahl.

Vielleicht darf man einen dieser „seltenen Vögel" mal beim Namen nennen. Und das aus dem Grunde, weil der Betreffende, einiger seiner Einsichten der Öffentlichkeit auch einmal in Buchform vorgestellt hat.

Die Rede ist von einem Dr. med. Roman Machens und sein Buch: „Ganzheitliches Praxismanagment" (2002) Dasselbe auch schon mal erschienen unter dem Titel „Ganzheitliche Praxisführung".

Weshalb auf ihn eingegangen wird, ist lediglich dem Umstand zuzuschreiben, dass auch die Zeugen Jehovas in seinem Gesichtskreis vorkommen. Einleitend wurde auch der Begriff psychosomatischer Ursachen mit verwandt. Genau diesen Aspekt thematisiert nun auch der Dr. Machens mit. Der „Aufhänger" für ihn ist dabei das sogenannte „Autogene Training".

Dabei sammelte er aber bei seiner den Zeugen Jehovas zugehörigen Klientel eine für ihn bedrückende Erfahrung. In seinen Worten:
„Die Zeugen Jehovas lehnen Meditationen als bibelwidrig ab und verwechseln diese manchmal mit Autogenen Training".

Weiter analysiert er dann, und dieses Votum aus seinem Munde ist durchaus beachtlich:
„Diese Ablehnung ist damit zu erklären, daß Mitgliedschaft bei einer Sekte in der psychologischen Wirkung einer Drogenabhängigkeit gleichkommt. Wegen der Austauschbarkeit von Drogen, Sekten und Meditationen untereinander kann ein Gruppensystem wie die Zeugen Jehovas seine Existenz nur mit scharfer Ablehnung der verwandten Suchtsysteme erhalten. Ich habe mehrfach erlebt, daß mehrere Zeugen Jehovas mich als Naturheiler aufsuchten aber dann gemeinsam wieder in andere Praxen abwanderten, wenn ich Bekehrungsversuche ablehnte und versuchte, die Sektenmitglieder mit ihrer Persönlichkeitsstruktur zu konfrontieren."

Das mit dem abwandern sieht er aber nicht so gern. Kann man schon verstehen; dieweil geschäftsschädigend. Deshalb empfiehlt er seinen Kollegen auch:
„Stellen Sie sich bei diesen Patienten also geduldig auf eine lange Therapiedauer ein - gleich bei welcher Symptomatik -, empfehlen sie Autogenes Training oder Teilübungen daraus erst nach längerem Kontakt und etwas gegenseitigen Vertrauen."

Und als erfahrener Fachmann weis er seine Ausführungen auch noch mit dem Satz zu krönen:
„ Denken Sie daran, daß die Sektenmitglieder engen Kontakt untereinander pflegen und Sie wahrscheinlich (!) nicht zufällig kurz nacheinander aufsuchen."

Tja kann man da wohl nur noch sagen. Der Mann hat Durchblick!


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