Re: 15. 1. 1955 (Vor fünfzig Jahren)

Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 15. Januar 2005 06:56:25:

Als Antwort auf: Re: 8. 1. 1955 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 08. Januar 2005 02:15:28:

„Was mag alles geschehen, wenn die 'Besessenen' von Brooklyn ihrer Religion wieder einmal einen neuen 'touch' geben - diesmal vielleicht in Richtung noch militanterer, noch gesellschaftswidriger Lehren und Gebote? Nichts wäre leichter, als dem fanatischen Heer der 'Zeugen Jehovas' mit dem erprobten Geschick abermals neue Verheißungen zu proklamieren und es womöglich zu einer noch extremeren Haltung der Gesellschaft gegenüber zu programmieren. Diese Umfunktionierung muß ja nicht gleich bis zu dem fürchterlichen Lehrsatz 'Ihr sollt Freude am Erschlagen haben' führen. Obwohl: In ihren Aussagen über das Blutbad von Harmagedon, die größte und abscheulichste Massenschlächterei am Ende der Brooklyner Weltgeschichte, wird die Freude am Erschlagen - hier der Feinde Jehovas - auch schon zu einer glaubensmäßigen Selbstverständlichkeit. Nur: die 'Zeugen Jehovas' greifen dabei nicht selbst zur Axt. Das Gemetzel erledigt für sie die himmlische Obrigkeit.

Möge es bei dieser Theologie aus dem Watchtower Wolkenkratzer nur bleiben, denn die Glaubensblindheit vieler starrer Sektierer läßt eine Empfangsbereitschaft für Manipulationsmethoden der Religionshypnose nach vielen Seiten offen. Es gibt kaum eine Möglichkeit, gefährliche religiöse Ausbrüche auch in unserer Zeit der vermeintlichen Vernunft unter Kontrolle zu bringen. Den mit allen modernen Techniken und psychologischen Erfahrungen ausgestatteten religiösen Managern, die nun schon seit hundert Jahren in weiten Teilen der Welt Legionen von Leichtgläubigen, Wankelmütigen und Seelenkranken in eine scheinbare Geborgenheit mit fanatischen Sehnsüchten suggeriert haben, die Glaubenslabile aber auch in Irre und Wahn führen, ist noch mehr zuzutrauen - im Guten wie im Bösen.
Gott bewahre uns vor einem Ausbruch des Bösen in den Hirnen der 'Wachtturm'-Bläser von Brooklyn."

Mit diesen Worten lässt Horst Knaut seinen 1975 erschienenen Bericht ausklingen (S. 225, 226).

Geschrieben zu einer Zeit, wo das Selbstmorddrama der Volkstempelsekte des Jim Jones noch keine Realität gewesen. Geschrieben zu einer Zeit, wo an den islamistischen Anschlag auf das World Trade Center und ähnliches, gleichfalls noch nicht zu denken war.
An anderer Stelle schreibt dergleiche Autor noch:

„'Ach, malen Sie doch den Teufel nicht an die Wand. Das sind doch alles nur harmlose Spinner!' Diese vielverbreitete Meinung über religiöse Außenseiter kann man oft hören. Auch ein Mann hinter einem hohen sozial-liberalen Regierungsschreibtisch sagte mir das. Nun, mag er in dem Glauben bleiben. Glauben ist nicht Wissen. Glauben ist Vertrauenssache.
Der Mann hielt mich wahrscheinlich für verrückt, als ich ihm sagte, daß er in den Augen von hunderttausend 'Zeugen Jehovas' in unserem Lande nichts als ein ganz übler Satansknecht sei. Sein Gesicht blieb dabei unbeweglich überlegen. …

Ministerialblätter sind seit zehn Jahren seine Pflichtlekttüre. Und diese Lektüre ist umfangreich. Hinzu kommen sein Parteiamt und damit sein Mitengagement für ein Kirchenpapier, die Bildungsplanung und dann erst die kulturpolitischen Perspektiven. … Nein, wirklich nein, mit 'Banalitäten' kann man sich daneben nicht auch noch belasten …
So ist in etwa die Situation - nicht nur aus dem Blickwinkel eines Schreibtisches aus gesehen. Religiöse Orientierungen finden nur an den relevanten großen Glaubenspositionen statt. Und daher wird 'draußen' beinahe mit weltlichem Segen von oben bei den 'nicht so relevanten' weiter gepredigt, weiter verkündigt, verdummt, zerfleddert, verhetzt" (S. 220, 221).


Das Beispiel Islam hat gezeigt, wie schnell das „Pendel umschlagen" kann. Sicherlich gibt es im Islam auch breite Schichten, welche Selbstmordattentate und vergleichbares, entschieden ablehnen. Aber es gibt sie auch, jene vermeintlichen „Auswüchse".

Wie soll man in diesem Kontext wohl einen „Wachtturm"-Artikel der Zeugen Jehovas in dessen Ausgabe vom 15. 1. 1955 bewerten, mit der folgenden aussagekräftigen Überschrift?!

Was soll man wohl vom Inhalt dieses Artikels halten, wenn man darin auch Sätze liest wie die:
„Jehova ist kein Pazifist, sondern er hat gemäß seinem eigenen Vorhaben gerechterweise zum Mittel des Krieges gegen die Feinde gegriffen, die gegen ihn und sein Volk Krieg geführt haben. Er hat niemals eine Schlacht verloren; denn seine Kriegführung ist heilig und gerecht."

Wie soll man es wohl werten, wenn in dergleichen WT-Ausgabe, kaum abgeschwächt, diese kriegerischen Grundsätze fortgeschrieben werden, unter der Überschrift.
„Der christliche Krieger".

Im Gegensatz zu Herrn Knaut, der seine Frage einem „hohen sozialliberalen Schreibtischinhaber" stellte, scheint mir. Es wäre auch angebracht, wenn einige „hohe Richterschreibtische", namentlich solche befasst mit „Körperschaft des öffentlichen Rechts"Fragen, sich mit ihr intensiver auseinandersetzen würden. Nur das eine fürchte ich auch, am Ende steht dasselbe Ergebnis, dass schon Knaut prognostizierte, als er davon redete, dass jene Herrschaften zwar ihre „Ministerialblätter-Pflichtlektüre" absolvieren. Und das war es dann!

ZurIndexseite