Re: Manege frei: Für den Zauberzylinder der Endzeitpropheten


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 27. September 2004 17:38:34:

Als Antwort auf: Re: WTC geschrieben von Didi am 26. September 2004 20:17:05:
„Gegner wenden oft ein das gewisse Jahreszahlen sich nicht erfüllt hätten (1975 usw.) was zwar irgendwo richtig ist, sie erwähnen aber jedoch fairerweise oft nicht, dass die Bibel mehrere Textpassagen enthält die auf ein Eingreifen Gottes hinweist (z.B. Daniel 2:44, Mathäus 6:9,10 Kapitel 24, die Paulus und Petrusbriefe usw.)
In seinem Buch "der Gewissenskonflikt", behauptet R. Franz er habe keine Hinweise in den Geschichtsbüchern gefunden dass die Eroberung Jerusalems im Jahre 607 v.u.Z. dokumentiert. Seltsamerweise erwähnt er jedoch nicht (obwohl er bibelkundig ist) dass der Prophet Jeremia auf eine 70jährige jüdische Gefangenschaft hinweist. 537 v.u.Z. (historisch belegt) + 70 Jahre = 607 v.u.Z. Frage Dich doch selbst, warum Franz in seinem Buch "der Gewissenskonflikt", behauptet R. Franz er habe keine Hinweise in den Geschichtsbüchern gefunden dass die Eroberung Jerusalems im Jahre 607 v.u.Z. dokumentiert.

Man muss keineswegs auf Raymond Franz, oder Carl Olof Jonsson verweisen, um bei den „absoluten Daten" der WTG einige Vorbehalte geltend zu machen. Mit Ihrem 607 v. Chr. Datum ist die WTG einsamer „Ausreisser" unter jenen die sich für Datierungen aus diesem Zeitbereich interessieren. Eines von vielen Beispielen. Der Zeittafel-Anhang in der Bibelübersetzung von Hermann Menge; der auch 587 (statt 607) angibt. Eine Liiierung entweder mit Russell oder R. Franz kann man ja dem Bibelübersetzer Menge nun wirklich nicht unterstellen. Insofern repräsentiert er ein neutrales Urteil zum Thema.

Fakt ist aber auch. Russell hat schon sehr frühzeitig sein 1914 Datum ins Gespräch gebracht. Hier wiederum in Absetzung von seinen ideologischen Vorgängern, den Adventisten.
Die hatten ursprünglich Stein und Bein auf ihr Datum 1843/44 geschworen, waren damit aber ideologisch gescheitert. Das scheitern wollte man sich nicht zugestehen und so wurden denn allerlei Ausflüchte konstruiert. Angefangen vom „Untersuchungsgericht im Himmel" das just in jenem Jahre stattgefunden haben soll, und wo die „himmlischen Richter" befanden: Die ungehorsamen Menschenkinder machen ja die Sabbtatheiligumg an einem verkehrten Tage (den von Kaiser Konstantin eingeführten Sonntag). Und wegen dieses „Frevels" müsse eben die irdische Wiederkunft Christi solange verschoben werden, bis es genügend „Auserwählte" auf Erden gebe, welche die Sabbatheiligung am „rechten Tage" (dem Samstag) praktizieren.

Auch die Adventisten haben ihre „Startdaten" auf denen sie bis zum erbrechen herumreiten. Sie sind allerdings von denen der ZJ unterschiedlich. So schreibt etwa der adventistische Autor E. Rühling, in seinem „Am Scheideweg":
„Wenn wir von der großen Zeitweissagung der 2300 Jahre die für die Juden vorgesehenen 490 Jahre abrechnen, bleiben noch 1810 Jahre übrig. Rechnen wir diese vom Jahre 34 n. Chr. weiter, so kommen wir in das Jahr 1844. Oder zählen wir diese 2300 Jahre als Ganzes vom Jahre 457 v. Chr. an, so enden wir ebenfalls im Jahre 1844."

Also kurz gefasst. Startdatum bei den Zeugen 607 v. Chr. Bei den Adventisten 457 v. Chr.
Dauer der berechneten Periode bei den Zeugen 2520 Jahre. Bei den Adventisten 2300 Jahre.


Das war aber nur eine Notnagel-Fraktion. Eine andere billigte der Ursprungsberechnung weitere vierzig Jahre hinzu (1874). Just mit diesen Kreisen kam der frühe Russell in Berührung. Aber auch das Datum 1874 war gescheitert. Erneut das Trauerspiel neuer Notnagelkonstruktionen. Das Datum „müsse stimmen" befand man. Worüber man lediglich diskutieren könne sei, was da geschehen sei. Die fraglichen Kreise, inklusive Russell einigten sich darauf, da habe Christus seine Herrschaft im Himmel angetreten. Russell zu der Zeit noch ein junger Mann, satteltete noch drauf. Dreieinhalb Jahre später, so meinte er zu wissen, würden die „Heiligen" beim Tode (also ab 1878) sofort zu himmlischen Leben erweckt. Diese „Gnade" habe es vordem nicht gegeben. Mehr noch diese „himmlische Regierung" sollte auch irdische Auswirkungen bewerkstelligen. Und das sei dann in dem von Russell propagierten Jahre 1914.

Für die Konstruktion des Jahres 1914 war aber das Datum 607 v. Chr. für Russell unabdingbar. Andernfalls ging diese Rechnung prinzipiell nicht auf. Da Russell zudem meinte, sein 1914 Datum auch aus der Pyramide zu Gizeh herauslesen zu können, duldete er zeitgenössisch keinen Widerspruch dazu. Da ja das auch die Pyramide „bestätige" hatte das ganze für ihn den Rang eines Dogmas.

Oppositionsgruppen, wie etwa die sich in der Schweiz seit 1902 um die Zeitschrift „Die Aussicht" sammelnden Russellaner wagten zwar schon frühzeitig Bedenken zu 1914 in verhaltener Form anzumelden. Letztendlich ordneten sie sich aber doch dem Russell'schen Dogma unter. Als dann die 1914-Berechnung in der Ursprungserwartung in die Binsen gegangen war, da hatten plötzlich auch sie, „es schon immer gewusst", dass diese Rechnung nicht stimme. Dieselben Chamäleons waren allerdings vor 1914, die aktivsten Verfechter der 1914-Doktrin. Das war ihnen aber dann nach 1914, ob ihrer grassierenden Gedächtnisschwäche wieder „entfallen". Jetzt spekulierten sie neu. Das mit dem Datum 607 v. Chr. stimmte doch nicht, „erkannten" sie jetzt „messerscharf". Also wird es dann wohl doch 587 v. Chr. gewesen sein. Akzeptiert man dieses Datum und lässt alle anderen Datenprämissen unverändert, kommt man zum Datum 1933/34 als neuen Spekulationsdatum. Und in der Tat dem fieberte die historische Russellopposition nun in weiten Bereichen zu. Der Weg alles Irdischen - der Sensemann - sorgte aber dafür, dass diese historische Russellopposition nie größere Bedeutung erlangte.

Wesentlich war auch, dass Russells Nachfolger Rutherford in der Frage eigene Wege ging. 1925 war jetzt sein Zauberdatum, dass er dem verblüfften Publikum aus seinem Zauberzylinder hervorgezaubert hatte. Auch für die diesbezügliche Berechnung war ein Startdatum vonnöten. Diesmal 1575 v. Chr. Heute wie so vieles andere auch, dem WTG-Vergessen anheimgestellt.

Eines aber, bei allen Unterschieden in den Berechnungen einte alle Gruppen. Egal ob Adventisten, Russellaner oder ZJ. Sie w o l l e n glauben an die wunderbäre Mär vom „göttlichen Eingreifen". Und da werden eben begierig auch Ersatz-Spekulationen geglaubt, so wie vordem der Schrott von vorgestern geglaubt wurde.

Sie w o l l e n betrogen werden. Egal wie. Und man muss wohl sagen, da sind sie in der WTG-Organisation auch an die richtige Adresse gelangt, die diesem ihrem ureigensten Interesse, voll entspricht.


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