Re: "Trost" 15. 12. 1946 (Vor sechzig Jahren)


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 17. Dezember 2006 06:43:15:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 8. 12. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Dezember 2006 05:48:09:

Mit der "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1946 ist ein vorläufiger Schlusspunkt in doppelter Hinsicht erreicht.
Zum einen ist dies die letzte Ausgabe, die unter diesem Titel erschien. Ab 1947 erschien diese Zeitschrift weiter dann unter dem Namen "Erwachet!". In Deutschland erschien "Erwachet!" übrigens erst ab 1953. Davor nur in der Schweiz (und als Novum) auch in dem von den alliierten Siegermächten des zweiten Weltkrieges mit besetzten Österreich.

Zur "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1946 noch dies. Offenbar erfolgte mit der Titeländerung, auch eine Änderung des Redakteurs. Redakteur für "Trost" war in den letzten Jahren H. Steinemann. In der übrigen WTG-Literatur personell nicht weiter beschrieben. Vielleicht hat dieses auffällige Schweigen sogar einen tieferen Grund.
Redakteur des "Erwachet!" war dann der schon bekanntere Franz Zürcher. Zürcher war schon verantwortlicher Redakteur des "Goldenen Zeitalters" ("Trost"). In jener Geschichtsphase der 40er Jahre, als die Legimität der WTG auch in der Schweiz "auf der Kippe" stand. Stichwort Einstellung des "Wachtturms" und anderes mehr, wurde offenbar Zürcher aus der vorderen "Frontlinie" zurückgezogen. So erschien schon jene "Trost"-Ausgabe aus dem Jahre 1943 mit der berühmt-berüchtigten Schweizer Wehrdiensterklärung in der Redaktion von Steinemann. Letzterer blieb offennbar auch nach Ende des zweiten Weltkrieges weiter im Amt, bis zu jener Umstellung von "Trost" in jetzt nunmehr "Erwachet!"

Um noch einmal auf Steinemann zurückzukommen. Es war nicht der "erste" und mutmaßlich auch nicht der letzte Fall; dass frühere hochrangige WTG-Funktionäre in Konflikt mit dieser Organisation gerieten. Ein solcher Fall scheint mir auch Steinemann zu sein. Im Bestand der Deutschen Bücherei Leipzig gibt es von einem Hans Steinemann eine Broschüre aus den sechziger Jahren, die liest man sie, den Eindruck vermittelt, der Verfasser liegt auf Bibelforscherlinie. Seine frühere Überzeugung hat er sicherlich nicht aufgegeben. Der Knackpunkt, auch in anderen Fällen, ist doch wohl der: Der Totalitarismus der WTG. Offen bleiben muss derzeit die Frage, ob es sich um den "Trost"-Redakteur Steinmann oder dessen Sohn handelt. Aber man sagt ja nicht umsonst: "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm".

Nachstehend ein paar Auszüge aus der Broschüre: "Zuerst die Beerdigung - dann die Behimmelung" erschienen in einem "Wartverlag" zu Thun (Schweiz); also einem Verlag außerhalb des WTG-Imperiums. Inhaltlich scheint sie mir eine Rückkehr zu Russell's Tagen zu sein. Auch kein "Novum" in etlichen von der WTG unabhängigen Bibelforscherkreisen.
Genannter Autor schreibt:

"Vom Gräberkult und Totenkult. Da ist der Rückfall ins Heidentum deutlich (S. 7).
Weil die Theologen Israel abgeschrieben haben, es nicht mehr zur Geltung kommen lassen wollen, es als Abfallsprodukt göttlicher Mißwirtschaft betrachten, sehen sie für dieses Volk keine Zukunft. Sie sind blind gegenüber dem, was Gott mit Israel noch im Sinn hat. Sie wissen gar nicht, wie arm und einseitig ihre Theologie ohne den Heilsplan Gottes für Israel wird. Sie sagen, dass Gott am Ende der Tage kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten. Sie überspringen und ignorieren einen Zeitabschnitt göttlicher Heilszeit, der gerade für Israel den Höhepunkt seines Weges ausmacht (S. 22).

Einen alten ernsten Bibelforscher hörte ich begeistert vom Seelenschlaf erzählen, gerade so, wie wenn er ihn schon erlebt hätte. Es war rührend, zu hören, wie er die Sache darstellte. Nach seiner Meinung werden die Gläubigen alle, wenn sie gestorben sind, schlafen gelegt. Auch Paulus schläft nach seiner Meinung. Am meisten Freude empfand er ob dem Manöver, das Gott dann am Ende des Seelenschlafes mit den Schläfern durchführen werde. Damit sie nicht trauern über die allzulang verschlafene Zeit - bei Paulus wären es ja bis jetzt rund 1900 Jahre - werde Gott durch ein seltsames Experiment, den Schläfern die Meinung beibringen, sie hätten nur ganz kurze Zeit, nur eine Nacht geschlafen. Das Erwachen nach diesem Blitzschlaf mit Überschallgeschwindigkeit sei großartig. Man merkte dem Manne an, dass er diese Platte vom Seelenschlaf schon oft hatte spielen lassen (S. 39).

Ein lieber Freund und Glaubensbruder, der mich öfter zu Gast geladen hatte, kündigte mir Freundschaft und Bruderschaft und kam auch nicht mehr in meine Bibelstunden. Warum? Einzig aus dem Grund, weil ich wiederholt bezeugt hatte der frohen Hoffnung zu sein, gleich nach meinem Sterben zum Herrn zu kommen. Das war für ihn Irrlehre genug, um sich von mir zu trennen. Er war früher ernster Bibelforscher und hielt fest an der Lehre vom Seelenschlaf (S. 40).

Seltsam genug ist es, dass gerade die Frommen, auch die unserer Tage, die durchaus israelitisch, das heißt also reichsmäßig orientiert sind und somit auf das Reich Gottes warten, doch partout in den Himmel wollen und nicht merken, dass für Israel und alle Reichsgenossen die Erde und zwar das Tausendjahrreich auf der Erde bestimmt ist und nachher die neue Erde. (S. 59).

Im Berner WTG-Verlag erschien unter dem Verfassernamen H. Steinemann im Jahre 1944 unter anderem die Broschüre "Verheißung und Erkenntnis" in der einleitend gesagt wird:
"Bei der Zusammenstellung dieser Broschüre wurden die Werke von J. F. Rutherford herangezogen." Und auch "Fragen der Zukunft biblisch gelöst" mit gleicher inhaltlicher Tendenz.

Bemerkenswert an der "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1946 ist auch der darin lesbare "Eiertanz", der bezüglich der Verschiebung des WTG-Datums von 1872 auf 1972 vorgenommen wurde. An andere Stelle dazu mehr. Siehe dazu (auch):
19462Zahl


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