Das diffizile Thema Wehrdienst
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. April 2011 06:10
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Das diffizile Thema Wehrdienst

Im Rahmen der Rubrik Fragenbeantwortung, geht das Schweizer "Goldene Zeitalter" in seiner Ausgabe vom 15. 4. 1926 einer diffizilen Frage nach. Der Frage des Kriegsdienstes.
Auffällig und durchaus hervorhebenswert auch der Umstand, dass in der Magdeburger Ausgabe des GZ diese Ausführungen nicht nachweisbar sind. Die deutsche Ausgabe hielt es also lieber mit dem Grundsatz des Schweigens zu diesem Thema, was dann ja auch ein bezeichnendes Eingeständnis ist!

Auch die genannte Schweizer Ausgabe übt sich in Weitschweifigkeit, im zerreden des Themas. Wer etwa auf der Suche nach einer Antwort ist getreu dem Motto:
"Eure Rede sei ja, ja und nein, nein", der wird die in diesem Artikel jedenfalls nicht vorfinden. Man muss schon genauer hinsehen. Was sagt nun das GZ, was sagt es nicht; und das was es sagt: Wie sagt es das?
Die gestellte Frage lautet dann:

"In l. Petrus 2; 13 ff. ermahnt der Apostel die Christen der Zerstreuung:
,,Seid Untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen."
Was hat heute der Christ zu tun, wenn ihn die menschliche Ordnung, in die er hineingestellt ist, in den Krieg schickt?"

Und weiter fügt der Fragesteller noch an:

"Wenn auch für den Bibelforscher, der weiß, daß 1914 die Zeit der Nationen und damit die Zeit der Zulassung irdischer Herrscherrechte zu Ende ging, die Ermahnung des Apostels nicht mehr gilt, wie soll sich doch derjenige, der nicht auf dem Standpunkt der Bibelforscher steht, diesem schrecklichen Dilemma gegenüber verhalten?"

In seiner weitschweifigen Antwort darauf, zieht das GZ sich dann auf die Linie zurück:

"Die Gebote und Vorschriften Gottes, so mannigfaltig sie sind, bilden doch alle zusammen nur ein Wort Gottes, sind alle ein und demselben göttlichen Prinzip entsprungen. Jesus sagt uns, daß an den zwei Geboten; Liebe Gott und liebe deinen Nächsten - die einander wiederum gegenseitig bedingen. -"

Und weiter heißt es dann in den GZ-Ausführungen:

"Denn wenn die Staatsformen dieser Welt auch keine vollkommene Schöpfungen, sondern bloße Afterbilder des Königreiches Gottes sind, so stellen sie doch verhältnismäßig gute Formen der Organisation der menschlichen Gesellschaft dar, und sind auf alle Fälle wilden anarchistischen Zuständen bei weitem vorzuziehen.
Und wenn Christen auch ihr Bürgertum in den Himmeln haben (Philipper 3 : 20), so verbietet ihnen doch die Rücksicht auf ihre Mitmenschen, diese verhältnismäßig günstigen Ordnungen zu erschüttern, indem sie ein Beispiel des Ungehorsams und der Widersetzlichkeit gegenüber den bestehenden, von Gott zugelassenen Gewalten geben. Selbst der Herr hat jeden unnötigen Anstoß in dieser Hinsicht vermieden (vergl. Matthäus 17 ; 24-27), obwohl er ja nicht kam, Frieden zu bringen, sondern Entzweiung.
Christen sollen wissen, daß es nicht ihre Sache ist, sondern die des Herrn, neue und bessere Zustände für die Menschen herbeizuführen, und daß er es zur bestimmten Zeit (Psalm 102:13) unfehlbar hinausführen wird."

Nochmals wiederholt das Detail aus dieser GZ-Antwort:

"So verbietet ihnen doch die Rücksicht auf ihre Mitmenschen, diese verhältnismäßig günstigen Ordnungen zu erschüttern."

Das ist doch des Pudels Kern! Es ist doch kein Staat in Vergangenheit und Gegenwart bekannt, der im Ernstfall, aktive Wehrdienstverweigerung nicht als "Erschütterung" bewerten würde. Genau die aber schließt das GZ in seiner damaligen Antwort aus!
Folgerichtig kann man aus dieser GZ-Antwort keine Empfehlung zur Wehrdienstverweigerung herauslesen. Auch das damalige GZ stellte sich auf den Standpunkt. Treten solche Nötigungs-Situationen ein, muss ihnen wohl oder übel Folge geleistet werden. In Übereinstimmung mit Russell orientiert man lediglich darauf, dann als Sanitätssoldat oder ähnliches verwendet zu werden.
Als Praxis-Empfehlung kann man dann in diesem GZ-Artikel lesen:

"Wenn ein Christ daher dem Befehl zu militärischen Übungen Gehorsam leistet oder dem Aufgebot zum Kriegsdienst folgt, so sollte er seine Vorgesetzten beharrlich darauf aufmerksam machen, daß er ein ganz nutzloser Soldat sei, indem er niemals von den Waffen Gebrauch machen oder dem ,,Feind" irgendwelchen Schaden zufügen werde. Die Vorgesetzten werden bald einsehen, daß es am besten sei, dem Menschen eine Funktion als Sanitätssoldat zuzuweisen, oder was sich etwa mit seinem Gewissen verträgt. Gegen eine solche Verwendung ist nicht viel einzuwenden."

Da bietet es sich an, an die Ersatzdienst-Option einiger Staaten zu erinnern. Gemäß diesen GZ-Ausführungen (noch vor dem 1929er Rutherford'schen Obrigkeitsschwenk, war das (zu damaliger Zeit) eine Option im Bereich des Akzeptablen.
Und weiter wurden die GZ-Leser belehrt:

"Wir sind ja nicht der Ansicht, dass es unsere Sache sei, den Krieg abzuschaffen oder aktiv zu bekämpfen, welches der Herr sich selbst vorgesetzt hat bei seinem Kommen (Sacharja 9 ; 10; Micha 4:3), indem wir wohl wissen, daß selbst, wenn es gelänge, den Krieg zu beseitigen, den Menschen noch wenig geholfen wäre ohne das Königreich Christi."

Und etwaige Einwände gegen diese "flotte Position" bügelt das GZ dann mit den abschließenden Worten nieder:

"Auch der Einwand, daß durch die Annahme eines Sanitätsdienstes andere frei würden für den Liniendienst, ist nicht stichhaltig, indem ja auch dieser andere nicht gezwungen werden kann, von den Mordwaffen Gebrauch zu machen, wenn er nicht will."

Exkurs: Otto Eissfeldt
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. April 2011 06:21
Die Wikipedia notiert über den später noch das Amt eines Rektors (nach 1945) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hauptsächlich bekannt gewordenen Altttestamentler Otto Eissfeldt, er sei

"einer der profiliertesten Vertreter der literarkritischen Schule, im Gefolge von Julius Wellhausen".

Wie denn die WTG zu Wellhausen Stellung bezog, wurde bereits notiert.
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,97317,98761#msg-98761
15. April 2011 00:55

Nicht die WTG-Polemik in Sachen Wellhausen, soll jetzt wieder im Vordergrund stehen, sondern eine von Eissfeldt im Rahmen der "Religionsgeschichtlichen Volksbücher" im Jahre 1915 publizierte Schrift mit dem kurzen, aber bündigen Titel:
"Krieg und Bibel".
Berücksichtigt man das genannte Erscheinungsjahr (wo eben der Weltkrieg bereits im Gange war; und berücksichtigt man weitere Kriegsergüsse seiner Zunft aus jenen Tagen, etwa die des "Kriegspredigers Walter Küppers", mag man bevor man auch nur eine Zeile der genannten Schrift von Eissfeldt gelesen hat, geneigt sein, die schlimmsten Befürchtungen zu hegen. Wer befürchtet einen weiteren Chauvinismus-Erguss darin serviert zu bekommen, dürfte wohl genötigt sein, - nach der Lektüre - sein Urteil etwas differenzierter auszugestalten.
Mit einem Eissfeldt könnte ich (unter Berücksichtigung von Zeit und Umständen), halbwegs leben. Mit dem Chauvinisten und Kriegsprediger Küppers, der ja weitaus näher dem Umfeld der WTG-Religion zuzuordnen ist, wohl kaum
Und das sei auch noch gesagt. Die religiösen Chauvinisten vom Typus des Küppers, sind keineswegs ausgestorben. Man kann ihnen - beispielsweise in solchen "Jubelsängern" begegnen, welche kriegerische Erfolge des neuzeitlichen Israel bejubeln. Damit ist nicht gesagt, dass dies der einzigste Fall der Art wäre. Sicherlich, es gibt noch ein paar mehr.
Aber auch vorgenannte Istrael-Lobby gehört zu den neuzeitlichen Chauvinisten!.
Weshalb denn diese Nachsichtigkeit gegenüber Eissfeldt, mag man fragen (und die Frage ist sicherlich berechtigt).
Nun zum ersten Eissfeldt bleibt weitgehend sachlich, fast schon objektiv, was man von dem Chauvinisten und mit dem Brett vorm Kopf durch die Weltgeschichte marschierenden Endzeitapostel Küppers kaum sagen kann.
Natürlich formuliert auch Eissfeldt Sätze, die geeignet sind einem den Magen umdrehen zu lassen. Etwa den:

"Der Zeitraum der israelitischen Geschichte, ... ist außerordentlich reich an Kriegen....
http://books.google.de/books?ei=ewStTaeOMczYsgbUyojYDA&ct=result&id=REMXAAAAYAAJ&dq=Otto+Eissfeldt+Krieg&q=Der+Zeitraum+der+israelitischen+Geschichte%2C+...+ist+au%C3%9Ferordentlich+reich+an+Kriegen#search_anchor
Als ein kriegerisches Volk tritt uns Israel auf der Stufe der Entwicklung, die wir eben überblickt haben, entgegen. Die kriegerischen Tugenden, auf die alle jungen und kräftigen Völker stolz sind, waren auch Israels Ruhm. ...
Da seine Kriege zugleich seines Gottes Kriege waren, so erwartete das alte Israel für seine Kriege ganz selbstverständlich den Beistand dieses seines Gottes."
(S. 8, 24, 31)

Dann aber widmet er sein besonderes Augenmerk dem Christentum, welches nicht zwangsläufig, mit Alt-Israelitischet Theorie und Praxis identisch sein muss.
Den Tribut an den Zeitgeist zahlt Eissfeldt dann in der Gestalt, indem er nach der Referierung des Christentums, wiederum auf Alt-Israelitische Zeiten zurückweist.
Namentlich verweist er auf das Bibelbuch Offenbarung des Johannes, und deutet etwa dessen Babylon-Theorien, als gegen das Römische Reich gerichtet. Und besagte Offenbarung atmet dann ja auch einen kriegerischen Geist.
Daran knüpft Eissfeldt dann als Tribut an den Zeitgeist die These:

"Verfolgt man die eben dargelegte Gedankenlinie weiter und setzt sie in Beziehung zum Nationalkrieg, so ergibt sich eine andere Stellungnahme des neutestamentlichen Christentums zum Krieg als es vorhin schien. Von unbedingter Ablehnung jedes Krieges kann dann nicht mehr die Rede sein, vielmehr kann es Kriege geben, die mit der neutestamentlichen Frömmigkeit ganz im Einklang stehen. Der Krieg nämlich gegen eine Macht, die sich zum Hort der Unsittlichkeit und Widergöttlichkeit aufgeworfen, widerspricht nicht der Art der neutestamentlichen Frömmigkeit, sondern wird durch sie gefördert. Gott ein Gott des Rechts - Krieg ums Recht Gottes Krieg, dieser Grundsatz, mit dem die Stellung der alttestamentlichen Prophetismus zum Krieg charakterisiert worden ist, gilt im Grunde auch von der neutestamentlichen Religion." (S. 83)

http://books.google.de/books?ei=ewStTaeOMczYsgbUyojYDA&ct=result&id=REMXAAAAYAAJ&dq=Otto+Eissfeldt+Krieg&q=ergibt+sich+eine+andere+Stellungnahme+des+neutestamentlichen+Christentums+zum+Krieg+als+es+vorhin+schien#search_anchor
Also diese geschraubte Redeweise etwas verkürzend. Unter Hinweis auf die Alt-Israelitische kriegerische Praxis, stellt er die als bedeutsam in der Kriegszeit dar.
Er muss aber auch einräumen, dass die eigentlichen Jesuanischen Aussagen, für dieses politische Ziel, sich weitaus weniger eignen.

Zur Jesuanischen Position etwa, muss er notieren:

"Es liegt ja auf der Hand, an welche Worte Jesu hier gedacht ist: an die Worte Jesu, wie sie uns vor allem in der Bergpredigt überliefert worden sind, die unbedingte Versöhnlichkeit und Nachgiebigkeit fordern;
"Ihr habt gehört, daß gesagt ist, Auge um Auge, Zehn um Zahn. Ich aber sage euch:
Ihr sollt nicht der Bosheit Widerstand entgegensetzen, sondern wenn dich einer auf die rechte Backe schlägt, dem reich auch die andere; und wenn einer mit dir prozessieren und dir deinen Rock nehmen will, so gib ihm auch den Mantel." (Matthäus 5, 38-40)

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: "Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen! Ich aber sage euch:
Liebet eure Feinde und betet für eure Verfolger." (Matthäus 5, 43, 44)
Dürften wir solche Worte ohne weiteres und selbstverständlich auch auf das Zusammenleben der Völker beziehen, so bestände über Jesu Stellung zum Krieg kein Zweifel, so wäre es klar, daß er unter allen Umständen Gegner des Krieges ist und ihn als im Widerspruch mit der Religion stehend beurteilt."

Da Eissfeldt nun mal seine Schrift im Jahre 1915 publizierte, will er vorgenanntes, eher widerwillig eingeräumtes doch nicht so gelten lassen. Daher geht sein Votum dann weiter mit der Aussage:

"Aber diese Worte so verstehen heißt sie mißverstehen, heißt sie unter einem Gesichtspunkte betrachten, den Jesus nicht im Auge gehabt hat. Er hat diese Worte an die einzelnen Menschen gerichtet und mit ihnen das Verhalten der einzelnen Menschen untereinander regeln wollen. Der Gedanke an die staatlichen Gemeinschaften und ihr Verhalten zueinander hat ihm fern gelegen."

Dann arbeitet er im folgenden die prinzipielle Weltfremdheit des Urchristentums (und wohl nicht nur die Sorte "Ur") heraus.
Unter Bezugnahme auf die Paulinische Obrigkeitslehre geht es dann bei ihm weiter mit der Aussage:

"Aber man darf doch nicht zu viel in diesen Worten suchen. Was sie fordern, ist Gehorsam und Ehrerbietung dem Staat gegenüber; von positiver Mitarbeit am Staatsleben oder gar von Vaterlandsliebe ist nicht die Rede, konnte auch unter den damals obwaltenden Umständen nicht die Rede sein.
Es ist mit der Stellung des Paulus zum Staat - und das gilt etwa in derselben Weise vom Neuen Testament überhaupt - ähnlich wie mit seiner Beurteilung der Ehe. Im Grunde - darüber kann kein Zweifel sein - schätzt Paulus die Ehelosigkeit höher als den Stand der Ehe. Trotzdem aber rät er aus Gründen praktischer Besonnenheit den Verheirateten, selbst den in Mischehe, d. h. in einer Ehe, von denen nur der eine der beiden Gatten christlich ist, Lebenden, im Stande der Ehe zu bleiben (vgl. 1. Korinther 7), wie er überhaupt die Losung ausgibt:
"Jeder bleibe in dem Stande, indem er berufen, d. h. Christ geworden ist." (1. Kor. 7, 20) Alle diese Einrichtungen, Ehe, Staat u. dgl. haben relativen Wert. Sie bringen Ordnung und Zucht ins menschliche Gemeinschaftsleben."
(S. 77)

http://books.google.de/books?ei=ewStTaeOMczYsgbUyojYDA&ct=result&id=REMXAAAAYAAJ&dq=Otto+Eissfeldt+Krieg&q=von+positiver+Mitarbeit+am+Staatsleben+oder+gar+von+Vaterlandsliebe+ist+nicht+die+Rede%2C#search_anchor
Und weiter Eissfeldt:

"Aber im Grunde sind das alles: Ehe, Staat usw. Dinge, denen die neutestamentliche Frömmigkeit gleichgültig gegenübersteht. Diese Einrichtungen gehören der diesseitigen Welt an. Diese Welt aber ist dem Ende nahe. Was kümmern da den Christen dieser Welt Ordnungen?
"Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen" (Markus 15), mit diesem Heroldsruf hat Jesus seine Verkündigung begonnen. Die Zeit, die Gott dieser Welt bestimmt hatte, ist abgelaufen; die neue Welt, die Welt des göttlichen Heils, der das Gericht über Sünde vorangeht, ist am Hereinbrechen. "Darum tut Buße und glaubt an die Heilsbotschaft!" (Ebenda).
Jesus hat fest an die unmittelbare Nähe des Endes geglaubt. Er hat der Meinung gelebt, daß seine Generation es noch erleben werde (Mark. 13, 30). Die Jünger würden nicht einmal mit der Missionierungder Städte Israels fertig werden; mitten in ihrer Missionsarbeit sollte sie das Ende überraschen (Matthäus 10, 23). Darum gilt es gerüstet zu sein und wachsam. "Denn der Menschensohn kommt in einer Stunde, da ihr es nicht denkt." (Matthäus 24, 44).
In dieser gespannten Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Endes hat auch Paulus und die ganze neutestamentliche Christenheit gelebt. Ganz nahe steht's bevor. Viele seiner Generation - ist Paulus Überzeugung - werden es noch erleben (1. Korinther 15, 51). Auch er selbst möchte es noch erleben (2. Korinther 5,4). Ja, diese Welt ist schon im vergehen begriffen (1. Korinther 7, 31). Darum ist's Pflicht der Christen, sich nicht fest mit dieser Welt zu verknüpfen, sondern innerlich sich von ihr zu lösen. "Die Frist ist nur noch kurz. Darum sollen die Verheirateten sein wie Unverheiratete."
"Unsere Heimat ist im Himmel" (Philipper 3.20)
"Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir." (Hebräer 13, 14). Hier auf Erden leben die Christen als "Fremdlinge in der Zerstreuung" (1. Petrus 1, 1)
(S. 79)

Also was die Eschatologie betrífft, steht auch Eissfeldt nahe etwa auf den Erkenntnissen, wie sie auch Albert Schweitzer formulierte.
Eissfeldt verpackt sie lediglich mehr in seinem übergeordneten Thema "Bibel und Krieg". Schweitzer scheiterte auch deshalb, obwohl er in der Sache auch nicht viel anderes sagte, dass bei Schweitzer der illusorische Charakter der Christentumsreligion, deutlicher sichtbar wird, selbst "für Blinde mit dem Krückstock". Weil sie zwar blind sind, hindert das diese dann aber nicht daran, mit ihrem Krückstock (wegen ihrer zerstörten Selbstbetrugsillusion) wie wild um sich zu schlagen.
Schweitzer musste ja den Preis dafür selbst bezahlen, mit seinem erpressten Versprechen, bezüglich seiner theologischen Erkenntnisse "stumm wie ein Karpfen zu sein".
Eissfeldt hingegen konnte weitere ungebrochene Karriere machen, und das sogar in beiden deutschen Diktaturen (also nicht blos zu Weimarer Republikzeiten.)
So ist das halt in der Zunft der Jenseitsverkäufer. Das sie Lügner sind, wissen diese Herrschaften am allerbesten selbst. Schafft es aber einer von ihnen, sich Schlangengleich, durch die Zeiten zu mogeln, dann (und nur dann) ist für diese Zunft die Welt "heil".

Exkurs: Pfarrer Bernoulli in der Schweiz zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges

In der Januar-Ausgabe 1943 der Zeitschrift „Evangelischer Kirchenbote für den Kanton Thurgau" (Schweiz) gab es von einem W. Bernoulli (mit der Angabe: Vorsteher des Schweiz. Ref. Diakonenhauses, Greifensee) einen Artikel über die Zeugen Jehovas.

Selbiger beklagt insbesondere den aus kirchlicher Sucht, Hetzcharakter der Zeugen Jehovas-Verkündigung.

In der November-Ausgabe 1943 desgleichen Blattes, gab es dann noch ein Nachwort zu der von dem Verfasser als mehrteilige Serie angelegten Sekten-Artikeln in besagtem Blatt. Darin liest man dann auch die Angabe, seitens der Zeugen Jehovas sei gegenüber der Redaktion, Verwahrung den sie betreffenden Artikel eingelegt worden.

Weniger die Dissenze auf theologischem Gebiet stechen bei diesem Disput hervor. Dafür um so mehr die Bernoullischen Wertungen zum Staatsbürgerlichen Verhalten der Zeugen Jehovas.

Einen empfindlichen Nerv traf Bernoulli wohl dergestalt auch, als er mit formulierte:

„Der 1938 im Europa-Verlag unter dem Titel 'Kreuzzug gegen das Christentum' erschienene Bericht über die furchtbaren Leiden der Zeugen Jehovas im Dritten Reich erbringt einem wirklich aufmerksamen Leser den Beweis, dass im Grunde jede politische Mitarbeit gegenüber jedem Staat verweigert wird. ...

In der Schrift 'Neutralität', abgedruckt im 'Wachtturm' vom 1. Dezember 1939 findet sich folgender Satz:

'Nichts würde also einen wahren Christen rechtfertigen, wenn er in einem Angriffskrieg oder auch nur in einem Verteidigungskrieg einer weltlichen Nation gegen eine andere weltliche Nation im Gehorsam gegen die politischen und religiösen Herrscher zu den Waffen griffe.'

Durch schweizerische Militärgerichte haben von Kriegsausbruch bis zum 23. November 1942 36 Zeugen Jehovas wegen Dienstverweigerung, Dienstverletzung, Befehlsverweigerung, Ungehorsam und Ausreißen verurteilt werden müssen. Das Militärkassasationsgericht verurteilte Franz Zürcher 1943 zu einem Jahr Gefängnis, bedingt zu vollziehen unter Auferlegung einer Probezeit von fünf Jahren. Diese Tatsachen sprechen deutlich genug und verdienen umso mehr festgenagelt zu werden, als sich verantwortliche Vertreter der Sekte im Bedarfsfall auf ihre Legalität und ihre ausschließlich religiöse Zielsetzung zu berufen pflegen."

Siehe auch 19442Bernoulli

In der genannten November-Ausgabe verteidigt sich nun Bernulli gegenüber seinen Kritikern. Dabei formuliert er erneut:

„Wir bringen allerdings der Gerechtigkeit unserer Schweizerischen Militärgerichte mehr Vertrauen entgegen als der Wahrheitsliebe der Zeugen Jehovas, Sie erklären, der Vorwurf maßloser Hetze gegen Kirche und Staat erfolge zu Unrecht. Wir erinnern sie deshalb daran, daß die 2. Strafkammer des Berner Obergerichtes M.C. Harbeck, damals Geschäftsführer der Zweigniederlassung Bern der Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft, und den bereits erwähnten Franz Zürcher wegen Herabwürdigung der Religion verurteilt hat.

Die Urteilsbegründung spricht von "abscheulicher Besudelung und Verspottung der Religion der christlichen Kirchen" Wir müssen es als Hetze bezeichnen, wenn Rutherford in der Broschüre „Freiheit für die Völker" (Seite 24) schreibt:

"Die Könige und Präsidenten der Nationen sind nicht die wirklichen Herrscher. Sie sind gewöhnliche Menschen, die ihre Plätze ausfüllen und lediglich das Symbol der Herrschermacht darstellen. Die herschende Macht hinter dem Sitze der Autorität ist Satan, der Teufel".

Dasselbe "Mundstück Gottes", wie Rutherford von seinen Verehrern genannt wird, wirft in "Licht" (Band I, Seite 332) allen Herrschern der Erde vor, „daß sie den Teufel anbeten."

Wenn in diesem Zitat auch von einem Prozeß „wegen Herabwürdigung der Religion" die Rede war, dann ist damit unfraglich jener von dem berüchtigten Boris Toedtli als nazistischer Handlanger, vor Schweizer Gerichten gegen die Zeugen Jehovas angestrengte Prozeß gemeint.

Herr Bernoulli macht es sich etwas zu einfach, noch in den 1940er Jahren, auf jenen Prozess aus den 1930er Jahren Bezug zu nehmen, ohne im gleichem Atemzug, den Kläger Toedtli etwas näher vorzustellen und zu charakterisieren. Eine objektive Charakterisierung des Toedtli indes, kann kaum zu dessen Gunsten ausfallen.

Es sei nun Herrn Bernoulli nicht unterstellt, dass auch er von faschistischen Verhältnissen träumte, wohl aber sei ihm eine Oberflächtlichkeit attestiert, welche schon mal die ertragbare Schmerzgrenze überschreitet.

Siehe zu Toedtli unter anderem:

19382Toedtli

Parsimony.24148

Parsimony.24911

Weiter gibt es dann im Bernoullischen Novembertext den Passus:

Deshalb wundert es uns nicht, daß Herr Harbeck 1936 insgeheim nach Moskau gereist ist und nach dem Zeugnis eines ehemaligen Mitarbeiters von Seiten der bolschewistischen Machthaber moralische und finanzielle Hilfe zugesichert erhielt für seine Bewegung, die vorzüglich geeignet sei für die Arbeit in "religiös denkenden und fühlenden Landern"!

Auch bei dieser Aussage muß man Bernoulli Oberflächlichkeit attestieren, welche wiederum die zulässige Schmerzgrenze überschreitet.

Siehe dazu auch:

19402Also

Kommentarserie1937

Herr Bernoulli konnte doch wohl im Jahre 1944 schon erkennen, dass die Tage des Naziregimes gezählt sein werden. In dieser Konstellation weiter pro-faschistische Stimmen (wenn auch innerhalb der Schweiz selber) zu bemühen, zeugt nicht unbedingt von sonderlichem Fingerspitzengefühl.

Die Entschuldigung für Bernoulli hatte ich schon mal dergestalt zusammengefasst:

„Bernoulli war ein „Kind seiner Zeit". Wie auch andere - auch in der Gegenwart - nutzte er die ihm zur Verfügung stehenden Quellen. Er konnte zwar ahnen, dass diese Quellen dereinst mal diskreditiert sein würden. Verbindlich wissen indes konnte er es Anfang 1944 noch nicht. Noch war der Zweite Weltkrieg nicht zu Ende. Noch war die Niederlage des Hitlerdeutschland nicht ein geschichtlicher Fakt. Bernoulli hat in seiner Argumentation sehr wohl vom Schweizer Standpunkt aus argumentiert. Diesen als identisch mit dem des Nazideutschland zu erklären, ist eine zu grobe Vereinfachung."

Grobe Vereinfachung identisch mit Oberflächlichkeit.

Nicht nur kirchlichen Kreisen in Deutschland, sondern eben auch in der Schweiz attestierbar.

Der Fall Bernoulli wird hier deshalb zur Veranschaulichung mit angeführt, weil man in ihm auch erkennen kann.

Selbst 1944 stellten Schweizer kirchliche Kreise, den Wehrdienst nicht in Frage; indirekt auch nicht den in Hitlerdeutschland!

Eine Bilanz in Sachen Wehrdienstverweigerung

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