Weitere Details dazu teilt er aber nicht mit. Unterstellt, es gab Zeugen
jenes Vorfalles, fragt man sich doch. Und gab es noch eine justiziable
Auswertung dieses Vorfalles?
Sollte es sie gegeben haben, hätte man sich doch ein paar nähere Erläuterungen
dazu gewünscht.
Man kann sich schwerlich vorstellen.
Da wird einer in einer öffentlichen U-Bahn-Station Krankenhausreif
zusammengeschlagen. Und die Justiz soll all das "nicht interessiert" haben???
Unfraglich war das ein weiteres traumatisches Erlebnis des am 25. 12. 1926
geborenen Henryk Dornik.
Davor gab es schon einige von ähnlicher "Güte"
Geboren in einer Geschichtsbewegten Gegend (Oberschlesien) von der nur drei
Namen größerer Städte (deutsche Variante) genannt seien.
Kattowitz
Gleiwitz
Oppeln.
Die Wikipedia notiert dazu:
"Gaben 53% der Oberschlesier Polnisch als Erstsprache an."
Der erste Weltkrieg, und der im folgende Versailler Vertrag, hatte für jene
Gegend auch Auswirkungen von geschichtlicher Dimension.
Dazu wieder die Wikipedia:
"Am Abstimmungstag, dem 20. März 1921, stimmten - bei einer
Wahlbeteiligung von 97,5 Prozent, die das Ausmaß der Polarisierung in der
Bevölkerung widerspiegelt - 707.045 Oberschlesier (59,4 Prozent) für
Deutschland und 479.232 (40,6 Prozent) für Polen. ...
Aufgrund der angespannten Situation in Oberschlesien, sowie zwischen
deutschem und polnischem Staat trug das Ergebnis zunächst mehr zur
Verschärfung der Fronten als zur Klärung der Lage bei. Auf
deutschsprachiger Seite wurde es zumeist propagandistisch als deutscher
"Sieg" und "Rettung Oberschlesiens" gefeiert ...
Von polnischer Seite her kam es als Reaktion auf das als ungünstig
erachtete Abstimmungsergebnis und auf den englisch-italienischen
Teilungsvorschlag hin im Mai zum dritten Aufstand in Oberschlesien und
damit zur militärischen Eroberung derjenigen Gebietsteile, die einen hohen
Stimmenanteil für Polen aufzuweisen hatten."
Faktisch entwickelte sich damit eine Teilungssituation, in einer
geschichtlich zusammen hängenden Gegend.
Etwa vergleichbar der Teilung zwischen Ostberlin und Westberlin zu
kommunistischen Zeiten (als Beispiel).
Die nächste relevante Zäsur war dann der Einmarsch der Nazis ab September
1939.
Über deren Konsequenzen an dieser Stelle viel Worte zu verlieren, ist wohl
müßig.
Dann sei noch kurz die Zeit nach 1945 gestreift, und dazu der Satz aus der
Wikipedia:
"Die restliche zurückgebliebene Bevölkerung Oberschlesiens, sowohl die
Deutsch- wie die Polnischsprachige, musste ab 1945 Diskriminierungen von
Seiten des polnischen Staates erdulden. Der polnische Staat machte es sich
zum Ziel die Oberschlesier, die er zu "germanisierten Polen" erklärte, zu
"repolonisieren". So wurde der Gebrauch der deutschen Sprache sowohl im
öffentlichen Leben, in Kirchen und Schulen, als auch im Privatleben
verboten. ..."
Damit wäre wohl ausreichend die politische Gemengelage jener Gegend
verdeutlicht, wo denn Herr Dornik geboren wurde.
In religiöser Beziehung war jene Gegend stark katholisch geprägt. Sie wird mit
95 % der Gesamtreligiösen Szene dort, beziffert.
Im Zuge der Politik "am amerikanischen Wesen soll die Welt genesen", erfolgte
dann auch der "Einfall" der WTG-Missionare in jene Gegend.
Vor der Annexion durch Nazideutschland, hielten sich aber deren Erfolge in
Grenzen.
Dafür mag die Zahl stehen:
Vor dem Krieg betrug ihre Zahl 1.039 (ohne die Freie Stadt Danzig).
Allerdings, stieg ihre Zahl dort, während der Naziherrschaft auf 2.880 noch
an.
Und nach deren Ende, konnte die WTG dort im Jahre 1947 schon rund 7.700 Hörige
für sich verzeichnen.
Im Januar 1937 erhielten nun die Eltern des Henry Dornik, erstmals
missionarischen Besuch von seiten der Zeugen Jehovas. Und sie fanden offenbar
einen relativ aufnahmebereiten Boden vor.
Als ein Schlaglicht diesbezüglich mag der Satz aus dem Dornik-Bericht gelten:
"Als ein schwer arbeitender Bergmann sah er (der Vater) mit
Trauer, dass die Geistlichkeit mit den Kohlegrubenbesitzern zuungunsten
der Bergleute zusammenarbeitete. Die Kohlegrubeneigner waren die größten
Machthaber in Oberschlesien.
Die Geistlichen sammelten Informationen und beobachteten, wer die Kirche
besuchte, wer zur Beichte ging und wer das nicht tat. Die
'Nicht-Linientreuen' ließen sie dann, auf Grund dieser Informationen, von
der Arbeit entlassen. Es war eine harte Strafe für die Bergleute, denn es
war sehr schwierig, Arbeit zu finden."
Dornik wirft diesen katholischen Geistlichen - nach der Naziinvasion - dann
noch vor:
"Früher - vor dem Ausbruch des Krieges - hatten dieselben
Priester für Polen und den Feldmarschall Rydz Smigly gebetet. Es wurden
von ihnen auch die Gewehre geweiht, die von der polnischen Nation
gespendet wurden. So taten es auch die Geistlichen der örtlichen
Pfarrgemeinde."
Die Zeugen hatten Erfolg bei der Familie Dornik, denn der Vater lies sich
schon 1938 taufen.
Seine Frau war zwar Anfangs entschieden gegnerisch eingestellt, gab dann aber
in späteren Jahren auch diese Gegnerschaft noch auf.
Und auch ihre Kinder, unter ihnen eben der Berichterstattende Henryk, folgten
im Jahre 1940 dann noch, indem sie sich ebenfalls taufen ließen.
Das wiederum sollte nicht folgenlos bleiben, wofür dann die Sätze stehen:
"Wir alle wurden einer Feuerprobe der Verfolgung unterzogen, die 1942
zunahm. Ich war damals etwas über 15 Jahre alt. Es fing damit an, dass
meine Eltern das Angebot abschlugen, die Volksliste zu unterschreiben, was
den Anfang der Verfolgung nach sich zog. Für die NS-Behörden waren meine
Eltern deutschstämmig, denn beide hatten deutsche Schulen besucht und
Schlesien war übrigens bis 1921 deutsch.
Sie wollten die Liste nicht unterschreiben, denn damit hing eine
Loyalitätserklärung Hitler und dem Dritten Reich gegenüber zusammen
Diese Liste, obwohl für viele unzugänglich, war unter den Einwohnern
Schlesiens sehr begehrt. Doch die Bemühungen, uns zum Unterzeichnen zu
bewegen, blieben ohne Erfolg. Nationalsozialisten waren insbesondere an
uns jungen Leuten interessiert."
Der Nazistaat fackelte dann auch nicht lange angesichts dieser
Verweigerungshaltung:
"Ende 1943 wurde die Verfolgung zur frontalen Attacke. Von der Gestapo
wurde ein Antrag gestellt, nach dem meinen Eltern das Sorgerecht entzogen
werden sollte. In Folge dessen wurden ihnen alle Kinder weggenommen."
Einige Details der Torturen, die auch diese Familie erleiden musste, seien
jetzt übersprungen. Sie sind ja nicht untypisch und lassen sich vielfach auch
in anderen Zeugen Jehovas-Biographien aus dieser Zeit nachweisen.
Jedenfalls landete Henryk Dornik selbst, nach Zwischenstationen im
Nazi-Konzentrationslager Groß-Rosen.
Dafür steht der Satz:
"Am 31. August 1944 griff die Gestapo Kattowitz steuernd in
das Geschehen ein und forderte uns letztmalig zur Abkehr von unserem
Glauben und zum Aufnahmeantrag in die "Deutsche Volksliste" auf. Wir
lehnten das ausdrücklich ab, woraufhin die Gestapo die Einweisung nach
Moringen verwarf - die Gründe sind aufgrund der Quellenlage nicht
verifizierbar - und die Deportation in andere Konzentrationslager
verfügte."
Auf das leidvolle Schicksal das solche ins KZ eingewiesene erwartete, muss
nicht unbedingt im Detail eingegangen werden. Aber doch noch ein Zitat aus dem
Dornik-Bericht:
"Ein paar Tage später, genau am 1. und 2. April 1945
bombardiert eine ganze Anzahl von Staffeln der Bombenflugzeuge der
Alliierten die Kasernen der Waffen-SS und - zu unserem Schrecken - auch
unsere Lager.
Ohne Antwort bleibt die Frage: Warum? Wie konnte es zu solch einem
Missverständnis kommen, in Folge dessen über 90% der 16.000 Lagerhäftlinge
ums Leben kamen? Wie konnte es zu solch eine Tragödie kommen und das durch
die Hände der vermeintlichen Retter am Vortag der Befreiung? ..."
Dornik selbst - allen auch reichlich mit erlebten Widrigkeiten zum Trotz,
hatte wohl noch Glück im Unglück, dass er nicht auch zu den genannten 90% mit
gehörte.
Aber "ungeschoren" kam auch er sicherlich nicht davon. Dafür steht dann auch
der Satz:
"Die Wucht der Explosion ließ mein Trommelfell platzen.
Drei Monate lang blieb ich völlig taub. Die Welt, in der ich lebte, war
vollkommen still, obwohl der Krieg weiter ging, denn es wurde geschossen,
und fielen Bomben. In den Ohrgängen steckten viele scharfe Steinsplitter.
Erst drei Monate später wurden sie im Krankenhaus entfernt. Noch Jahre
danach litt ich an Ohrenentzündungen. Ich bin jedoch froh, das ich mich
doch so gut erholte, was ich wahrscheinlich meinem damals jungen Alter
verdanke. ...
Ich kurierte mich lange von den Wunden und Verletzungen aus. Meine Rippen
waren gebrochen und ich trug innere Verletzungen davon. Der bestialische
Überfall hatte sich erst vor wenigen Tagen zugetragen, und nach dem Typhus
war ich sowieso geschwächt....
Endlich kam ich nach langem Kampf mit dem Tod langsam zu Kräften."
Das wäre also der Biographieteil die Nazizeit betreffend.
Selbige wurde noch von einer kommunistischen Phase abgelöst.
Im Sog der WTG war er allemal auch nach 1945.
Das hatte dann schon im Jahre 1948 erste Konsequenzen für ihn:
Dazu schreibt er:
"Ich war auch zwei Jahre lang, vom Januar 1948 bis Januar
1950, im Gefängnis, weil ich mich weigert, in die Armee einzutreten."
Damit war aber noch keineswegs das "Ende der Fahnenstange" auf seinem
Leidensweg erreicht. Es folgte dann noch diese Episode:
"Im Januar 1952 wurde ich von der Sicherheitsbehörde in
Kattowitz vernommen. Man klagte mich der Spionage zugunsten der
Vereinigten Staaten an. Man schloss meinen Fall dem im Land berühmten Fall
tatsächlicher Spione an, die in Polen ein Agentennetz aufbauten. Meine
Lage war äußerst schwierig, denn an der Spitze dieses Netzes stand mein
direkter Vorgesetzter der Firma, bei der ich soeben angefangen hatte zu
arbeiten. Es zeigte sich, dass er amerikanischer Resident war, ein
Offizier des Geheimdienstes."
Einen Satz aus dem Dornik-Bericht möchte ich dann meinerseits unkommentiert
lassen. Würde ich ihn kommentieren wollen, könnte ich einfach nicht der
Versuchung widerstehen, da in der Tendenz mit gnadenlosem Zynismus zu
kommentieren.
Ich mag dem Mann das lieber ersparen. Ergo zitiere ich diesen Satz nur
unkommentiert.
"Eine große Hilfe waren mir (Dornik) die Publikationen der
Gesellschaft. Außer den Artikeln aus dem Wachtturm waren mir auch folgende
Bücher eine Hilfe: Die Harfe Gottes, Die Regierung, Das Leben, Die
Schöpfung, Die Rettung, Die Rechtfertigung (wir haben dieses Buch in
deutscher Sprache bekommen); später auch das Buch Kinder...."
Auf einen direkten Kommentar verzichte ich ja. Auf einen indirekten
allerdings nicht.
Und zwar den: Da fällt mir fast wieder jenes Bild ein:
Oder auch dieses:
Nun denn, die schweren Jahre sollten auch für Dornik mal ein Ende haben. Und
so findet man in seinem mit diversen Bildern angereicherten Buch, auch eines,
dass ihn zusammen mit seiner Frau, in Wien des Jahres 1981 zeigt (Besuch eines
ZJ-Kongresses) (S. 119).
1981 war aber noch die kommunistische Phase in Polen.
Indes die erwähnte Reise zeigt, welche Liberalisierungen der Zeugen
Jehovas-Politik dort zu jenem Zeitpunkt es schon gab (ein Umstand, von dem die
Ostdeutschen Zeugen Jehovas zu der Zeit, bestenfalls nur träumen konnten).
Wie bereits erwähnt, verschlug es dann Herrn Dornik, nach der Legalisierung in
Polen, noch in's dortige WTG-Zweigbüro.
Und betrachtet man sein Bildmaterial dann näher, kann man wohl auch sagen.
Über mangelndes herumreichen auf WTG-"Standhaft"-Veranstaltungen, brauchte er
sich wohl auch nicht zu beklagen.
Selbstredend hat seine Biographie einen Marktwert für die WTG. Und das lässt
sie sich auch schon mal was kosten, indem sie Herrn Dornik zum halben
Weltreisenden auf der letzten Etappe seiner Lebensreise (auf WTG-Kosten) noch
befördert.
Für meine Person indes kann ich dazu nur sagen.
Auf diese Art von Gnadenbrot gerne zu verzichten.
Herr Dornik gab seinem 2007 zuerst in Polnisch (und nun auch in deutscher
Sprache vorliegendem Buch) den Titel: "Gerettet durch Gottes Gnade".
Für meine Person indes kann ich zum Abschluss doch nicht auf den zynischen
Kommentar verzichten..
Diesen Buchtitel zu variieren.
Und zwar so.
Ein Einfaltspinsel berichtet wie er noch Glück im Unglück hatte!
Siehe zum Thema auch:
Parsimony.24379