Prohibition

Im „Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Bekanntermaßen hatte sich Rutherford auch in Sachen der amerikanischen Anti-Alkoholgesetzgebung engagiert.
Siehe dazu auch 19302Prohibition

Mag dieses Thema für deutsche Verhältnisse auch nicht so „übergeschwappt" sein (eine WTG-Broschüre zum Thema Prohibition fand daher keine deutsche Übersetzung).
http://wtarchive.svhelden.info/archive/en/publications/1930_JR_Prohibition_League_of_Nations.pdf

So lassen sich entsprechend thematische Berichte, sehr wohl auch im deutschsprachigen „Goldenen Zeitalter" nachweisen. So etwa in der Magdeburger Ausgabe vom 1. 4. 1930.
Einige Auszüge aus dem dortigen Bericht seien nachfolgend einmal etwas näher vorgestellt:

„Amerika ist bekannt als Land der Prohibition. „Prohibi" heißt nach dem gewöhnlichen englischen Wörterbüchern: verbieten, verhindern usw. Jedermann weiß heute, daß sich dieses „prohibi" auf den Genuß von Alkohol jeglicher Art - ausgenommen in medizinischer Form - bezieht, aber nicht bekannt ist, daß dieses Verbot darum eine einzige große Heuchelei darstellt, weil es gar nicht durchführbar ist und trotzdem die Menschheit in dem Glauben gehalten wird, Amerika sei „trocken".

Der Schreiber dieser Zeilen hat es in New York, Chikago und vielen andren Städten Amerikas viele Male gesehen, daß sich die Menschen in den Vergnügungsstätten zwar alle nur Mineralwasser bestellten; aber so, wie wir die Brieftasche aus der hinteren Hosentasche ziehen, zieht der Besucher an diesem Platz die Whiskyflasche hervor und gibt seinem harmlosen Wasser den nötigen „Geist".

Und für einen Fremden erst ist es dort gar nicht schwer, an irgendeinen Platz geführt zu werden, wo er findet, was er wünscht. Mit den Einheimischen ist man vorsichtig, weil man Denunziation fürchtet.

Ich habe in New York und Chikago in einer seiner zahllosen Geheimwirtschaften, in denen man oft mehr Gäste findet als in den Selterwasser-Stätten, das schönste Lagerbier getrunken, ganz abgesehen von der Alkoholfabrikation innerhalb der Haushaltungen.

Alles dieses ist nur möglich, weil das amerikanische Prohibitions-System eine gewollte und bewußte Täuschung ist. Man ist sich einerseits völlig bewußt, daß es nicht nur unausführbar, sondern auch unvereinbar ist mit des Menschen Freiheit - ihm den Genuß dieses oder jenes Genußmittels einfach zu verbieten, möchte aber andrerseits doch nicht den zweifelhaften Ruhm missen, eine scheinbar solidere Bürgerschaft zu besitzen als andere Länder.

Mit Verboten kann man aber den Menschen nicht frei machen. Verbotenes reizt nur; und manche Ausschweifungen haben nur darum zum Untergang der ihnen Verfallenen geführt, weil das Verlangen, die verbotenen Genüsse zu kosten, zu lange gewaltsam unterdrückt wurde und kann - bei der sich bietenden Gelegenheit - den tollen Rausch alles aufgespeicherten Verlangens nach dem Unbekannten zu einer Flut werden ließ, die jede Hemmung fortschwemmte.

Der weitere Kommentar dazu:
„Warum solche Verbote aufstellen? Warum nicht lieber dem Menschen das Unvorteilhafte zeigen und ihn Erfahrungen machen lassen, welche die Wahrheit der Warnung bestätigen? Gewiß, Mißbrauch des Alkohols zum Schaden Dritter sollte verboten und strafbar sein, wie es einige Länder einführten, indem sie den Alkoholverkauf an Betrunkene bestrafen; aber das Verbot persönlichen Alkoholgebrauchs ist lächerlich und freier Menschen unwürdig.

Manche Eltern handeln ähnlich mit ihren Kindern, indem sie ihnen alles und jedes verbieten. Gewiß hat jede Altersgrenze im Leben eines Kindes auch seine Linie, an der das Erlaubte aufhört. Aber diese Linie sollte nie zu eng gezogen werden. ...

Das hat der größte Teil des trockenen Amerikas schon lange eingesehen: aber seine Kirchen fürchten, wenn sie die Prohibition nicht mehr haben, haben sie gar nichts mehr, worauf sie sich als Ruhm berufen können, und darum besteht in Amerika ein Gesetz weiter, das eine Schande für freie Menschen ist.

Es ist da wie hier das gleiche. Dort sind es Prohibition usw. hier sind es jene grausamen Gesetze, welche unglückliche Ehen zu einer nicht mehr zu beseitigenden lebenslänglichen Qual werden lassen, oder die den Arzt bestrafen, der ein armes Menschenkind von einer zur Hölle und zur Schmach werdenden Mutterschaft befreit usw. Und immer sind es - hier wie da - die großen Kirchen, die für die Beibehaltung rückständiger Gesetze kämpfen.

Ich sah noch nie eine Kirche, die „freiwillig" für Fortschritt eintrat. Wo diese - aus dem Mittelalter stammenden - Gebilde einmal ihrer die Menschenbefreiung hindernden Mission entsagten, da nur, weil ihnen das Risiko einer Verneinung zu groß war, oder weil ihnen andere, gleichwertige Vorteile geboten wurden. Diese Einrichtungen leben nicht im Fortschritt, sondern von der Rückständigkeit der Menschen. Je schneller dies allgemein erkannt wird, desto ungehinderter wird die wirkliche Befreiung der Menschen voranschreiten. Man lernt allerdings ziemlich langsam. Man treibt „Koalitionspolitik", wie man das nennt, und sieht nicht, wie der Politiker im Priesterkleid nur auf den Augenblick wartet, wo er seinen Koalitionsgenossen anspießen und alle Macht allein an sich reißen kann. ..."

http://de.wikipedia.org/wiki/Prohibition_in_den_Vereinigten_Staaten

Exkurs:
Zitat aus dem 1930 erschienen Buch von Firmin Roz "Geschichte der Vereinigten Staaten":

"Während die Oststaaten mit ihren Millionen Städten das (Prohibitions) Gesetz nur widerwillig ertragen, suchen es die prohibitionsfreundlichen Süd- und Weststaaten durch Sonderbestimmungen noch mehr auszubauen. So z.B. verbietet Alabama jedes Getränk, das wie Bier aussieht; ahnden Kansas und Michigan Rückfälle bei Prohibitionsvergehen als Verbrechen, die bei der dritten Verurteilung mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft werden müssen.
Kein Wunder, wenn in den Jahren 1920-28 die Verstöße gegen
das Prohibitionsgesetz zu 272.327 Verurteilungen geführt haben!
Alkoholindustrie und Alkoholhandel, früher ehrliche Gewerbe von Steuerzahlern, sind seit der Prohibition zum Tummelplatz verbrecherischer Elemente geworden, die ihrerseits den mit der Bewachung betrauten Beamten und Polizisten durch hohe Bestechungsgelder korrumpieren. Man veranschlagt, daß dreihundert Millionen Dollar jährlich nötig waren, um das Alkoholverbot wirksam durchführen zu können."


Treibender Keil dieser Sachlage, die Religionsindustrie, die damit ihre "moralische Bedeutung" herausstellen wollte.
Die Folgewirkungen hat das Zitat von Roz verdeutlicht!

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