Der Fall Jacob Dilgard
geschrieben von:  Drahbeck 
Datum: 22. Januar 2015 00:10

Vor fünfzig Jahren
Aus den USA meint „Erwachet!" (22. 1. 1965) über einen eher fragwürdigen Erfolg im WTG-Sinne, vor Gericht, berichten zu sollen.
Demnach hätte ein erwachsener Zeuge Jehovas namens Jacob Dilgard, die Annahme einer Bluttransfusion verweigert. Der Fall kam sogar vor das Oberste Gericht des Staates New York (USA). Erfreut registriert „Erwachet!", der dort mit diesem Fall befasste Richter namens Bernard S. Meyer, habe letztendlich im WTG-Sinne entschieden.
Da davon auszugehen ist, es bestand Anwaltszwang in dem Verfahren, wird auch jener Anwalt zitiert, den die Gegenseite da aufgeboten hat. Letzterer argumentierte:

„Das Strafgesetz sagt, daß sich niemand das Leben nehmen dürfe. Mir scheint jedoch, daß Jacob sen. (Dilgard) gerade im Begriff ist, das zu tun, weil er beschlossen hat, sich kein Blut übertragen zu lassen, nachdem man ihm erklärt hat, daß eine Blutübertragung erforderlich sei."

Erfreut konstatiert „Erwachet!" weiter:

„Richter Meyer ließ sich jedoch durch diese Worte, mit denen der Anwalt an sein Gefühl appellierte, nicht beeinflussen, sondern entschied:
'Ich bin nicht der Meinung, daß Ihre letzte Analogie auf diesen Fall paßt, weil bei einem solchen Fall immer die Frage offen ist, ob der Arzt richtig geurteilt hat oder nicht ... Niemand wird bezweifeln, daß dieser Mann völlig zurechnungsfähig war, als man ihm die Sache zur Entscheidung vorlegte und als er entschied. Da dem so ist, verfüge ich nicht, daß ihm Blut übertragen werde. In anderen Worten, ich lehne dieses Gesuch ab."

Der Fall erreichte sogar den Status eines Präzendenzfalles, wenn man dem Umstand berücksichtigt, dass er in einer englischsprachigen Dissertation aus dem Jahre 1987, zusammen mit anderen thematischen Fällen, Erwähnung findet.

Joel Stephen Williams' Ph.D. Dissertation 
Baylor University, 1987 
Dr. Daniel McGee, major professor 
Ethical Issues in Compulsory Medical Treatment: 
A Study of Jehovah's Witnesses and Blood Transfusion

http://www.afn.org/~afn52344/dissertation

Siehe
Dort insbesondere das dritte Kapitel
http://www.afn.org/~afn52344/dissertation3.html

Ausgehend vom Stand der Sachlage wie sie denn in Westeuropa besteht, ist der Fall eher als ungewöhnlich zu bezeichnen. Hierzulande hat die WTG sich ja das fragwürdige Recht erkämpft, für ihre Blutdoktrin, in der Folge auch (faktische) Selbstmorde in Kauf zu nehmen. Sofern es sich um volljährige Erwachsene handelt, dürfte ein solcher Fall, hierzulande, kaum vor den Schranken eines Gerichtes landen. Offenbar war das in den 1960er Jahren in den USA noch anders.
Bemerkenswerterweise indes hüllt der genannte „Erwachet!"-Artikel sich in völliges Schweigen darüber, wie es denn mit besagtem Jacob Dilgard so weiter ging. 
Fälle, wo Patienten trotz Ablehnung der Bluttransfusion überlebten, wurden ja von der WTG mit dem Tenor des Triumphgeheules schon mal herausgestellt, um zu suggerieren, Bluttransfusionen seien doch eigentlich „überflüssig". Es gehe „erfolgreich" auch ohne sie.
Ein solches WTG-Triumphgeheul indes ist im Falle Dilgard nicht zu registrieren. Er bekam somit sein fragwürdiges Recht, WTG-indoktriniert, faktischen Selbstmord begehen zu können!

Indes mit der Erwähnung des Fall Dilgard in jenem „Erwachet!"-Artikel wähnt die „Erwachet!"-Redaktion ihre Munition noch nicht restlos verschossen zu haben. Es werden noch weitere kontrastierende Fälle erwähnt.
So wird beispielhaft ein Richter namens J. Skelly Wright vom Kreisberufungsgericht in Washington D. C. namentlich attackiert, der da angeordnet haben soll, im September 1963, das einer Frau J. Jones gegen ihren Will Blut übertragen werde.
Dito ein Fall der vor dem Obersten Gerichtshof des Staates New Yersey landete, welcher ebenfalls entschied, daß man (einer) Frau W. Anderson gegen ihren Willen Blut übertrage.
Somit war wohl - in genannten Zeitraum - der Fall Dilgard eher die Ausnahme von der Regel, dem durchaus anders akzentuierte Fälle gegenüberstanden.
Zu letzterer Wertung kann man durchaus gelangen, wenn man die weitere Diktion jenes „Erwachet!"-Artikels berücksichtigt.
Da schlägt die WTG - unterhalb der Gürtellinie - wild um sich, und attackiert in unsachlicher Form die USA-Justiz, dieweil die ihr wohl nicht so gefügig war, wie sie es denn gerne hätte.
Zu den von der WTG in jenem Artikel weiter mit angeführten Events gehören auch die nachfolgenden, wobei WTG-seitig die Frage unbeantwortet bleibt, was denn die nachstehenden WTG-Vorhalte im engeren Sinne mit den Bluttransfusionsfällen zu tun haben sollen.
Die WTG meint der USA-Justiz in diesem Artikel weiter vorhalten zu sollen:

„Leider sind viele Richter politische Söldlinge. Das Amt eines Richters wird als Anerkennung oder Belohnung für die Treue zu einer Partei vergeben oder in Aussicht gestellt, um Stimmen zu erhalten; dabei wird jedoch wenig Wert darauf gelegt, ob sich derjenige, dem das Amt übertragen wird, auch dafür eignet. Das hat zur Folge, daß es viele mittelmäßige Richter gibt und der Gerechtigkeit oft Gewalt angetan wird."

Oder auch der Vorhalt:

„Im Jahre 1959 stellte eine parlamentarische Kommission des Staates Kalifornien fest, daß einige Richter sehr lange Urlaub nahmen, nur wenige Stunden arbeiteten, bestimmte Fälle, die ihnen nicht zusagten oder die ihnen langweilig erschienen, ablehnten, zu Gerichtsverhandlungen die sie hätten führen sollen, gar nicht erschienen und sogar zu Gericht saßen, während sie offensichtlich unter dem Einfluß des Alkohols standen. Man stellte sogar fest, daß einem Richter, der im Laufe von zwei Jahren nur an neun Vormittagen seines Amtes gewaltet hatte, mehr als 33000 Dollar Gehalt ausbezahlt worden war. Dennoch mußten sich in Kalifornien im Laufe von fast hundert Jahren nur zwei Richter wegen Amtsmißbrauch vor Gericht verantworten."

Weiter hält „Erwachet! weiteren Richtern „Habgier, Korruption, Bestechlickeit" vor. Auch Rassenvorurteile werden in der weiteren Aufzählung ihres Sündenkataloges genannt.

Was indes Fälle anbelangt, von minderjährigen Kindern, wo aus ärztlicher Sicht eine Bluttransfusion unausweichlich sei, da gab es in den USA einen Präzendenzfall, von dem man auf dem ersten Blick nicht unbedingt vermuten würde, er würde seine Anwendung auch bei dieser Thematik finden.
Laut der Zeitschrift „Gewissen und Freiheit" (Nr. 8 (1977) S. 69f.) spielte sich der zugrunde liegende Fall so ab:

„Anfang 1940 stand eine Frau Prince, Zeugin Jehovas, mit ihren drei kleinen Kindern an einer Straßenecke. Alle vier, Mutter und Kinder versuchten, den Passanten religiöse Schriften zu verkaufen. Frau Prince wurde auf der Stelle verhaftet und angeklagt, das Gesetz über Kinderarbeit verletzt zu haben. 
Sie rief deshalb den Obersten Gerichtshof an und machte geltend, daß das Verteilen von Broschüren von ihrer Religion gefordert werde."

Besagtes Gericht mußte sich nun mit dem Argument auseinandersetzen, dass besagte Frau Prince der Meinung war, ihre Handlungsweise sei durch das Recht der Religionsfreiheit abgesichert. In seiner Entscheidung aus dem Jahre 1944

„stellte der Oberste Gerichtshof die Religionsfreiheit dem Abschnitt in der Präambel gegenüber, in dem es um das „Allgemeinwohl" geht, und entschied wiederum für die Präambel.
„Das Recht, seine Religion frei zu praktizieren", heißt es - in einer Urteilsbegründung, die inhaltlich weit über die Verletzung der Kinderarbeitsgesetze hinausgeht -, „beinhaltet nicht die Freiheit, die Gemeinschaft oder das Kind einer Ansteckungsgefahr oder letzteres Krankheit und Tod auszusetzen ... Der Staat verfügt über einen weiten Aktionsradius, um die Freiheit der Eltern einzuschränken, wenn es um die Sicherheit des Kindes geht und ... das gilt in gewissem Maße auch für Gewissensprobleme und religiöse Überzeugungen."

Fortan fand jenes Gerichtsurteil als Begründung auch in den Fällen seine Anwendung, wo etwa Bluttransfusionen an Minderjährigen Kinder, im Gegensatz zur ablehnenden Haltung der Eltern, durchgeführt werden sollten.
WTG-seitig wird vorgenannte 1944er Entscheidung zwar nicht zitiert. Unbekannt indes dürfte sie ihr wohl kaum sein. Und mit diesem Urteil erlitt ja der WTG-Machtanspruch auf einem Teilgebiet, einen spürbaren Dämpfer.

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