Datum: 30. März 2010 04:24
In einem im Internet lesbaren Interview von ihm vernimmt man
auch den Satz:
"Ich bin gläubiger Christ. Die Bibel ist für mich
nach wie vor das bedeutendste Buch der Literaturgeschichte. Allerdings wurde
im Namen der Religion, auch des christlichen Glaubens, immer wieder viel
Unheil angerichtet. Das berührt mich zutiefst, weshalb auch in meinen Büchern
immer wieder religiöse Fragen reflektiert werden. Einige Religionsvertreter
schneiden in meinen Büchern nicht sonderlich gut ab, andere sind wahre
Helden."
www.phantastik-couch.de/interview-mit-ralf-isau.html
Und weiter in diesem Interview auch; er habe es etwa seit 2002
geschafft, Roman-Schriftstellerei zu seiner Haupt-Berufs-Beschäftigung zu
gestalten.
Ein Faktum das wohl nicht jeder von sich sagen kann, der sich auch mal auf
diesem Sektor versucht.
Nun kann ich für mich persönlich nur sagen. Romane lesen ist nicht "mein
Bier". Da müssen schon besondere Umstände vorliegen, um eine Ausnahme von
dieser Regel zu machen.
Mancher Roman erinnert mich dann auch an "Seifenopern" im Fernsehen, welche
ebenfalls nicht "mein Bier" sind.
Gleichwohl kann man ja nicht verallgemeinern.
Was einem persönlich nicht sonderlich zusagt, mögen andere ganz anders sehen.
Nun, zumindest einen Roman von dem noch zu benennenden Herrn, habe ich mir
doch mal angesehen. Vielleicht auch nur mehr darin geblättert, denn gelesen,
denn 460 Seiten dieses Genres, sind für mich auch ein "Graus". Kommt die
Vokabel "Graus" in dem Interview zwar nicht mit vor, so äußert er etwa selbst
befragt auf die "Harry Potter Romane", ob er die denn alle auch gelesen habe:
"Nein. Ich habe den ersten Band
gelesen und das hat mir genügt."
A ja, dann darf ich das "Kompliment" gleich zurückgeben. Und mir hat sein "Jabbok"-Roman
ebenfalls schon genügt.
Nun hat der zu besprechende Herr Ralf Isau, offenbar noch
andere Kritiker seiner selbst gefunden.
Und einer dieser Kritiker (offenbar aus der katholischen Ecke) äußert auch:
"Ein entscheidender Schlüssel zum religiösen
Hintergrund der Werke Isaus findet sich meines Erachtens bereits in seinem
zweiten Werk, dem mittleren Band der Neshan-Trilogie. Dort heißt es vom
sympathischen Hauslehrer des Jonathan Jabbok:
»Der Lehrer nickte und wandte sich dem guten Dutzend Bücher zu,
indem er seine Hände auf die Knie stützte, um die Aufschriften auf den
Buchrücken besser lesen zu können. Hier und da nahm er einen Band heraus und
blätterte darin. Als er eine Abhandlung mit dem Titel Das vollendete Geheimnis
aufschlug, lächelte er. "Ich kenne dieses Buch. Ich las es in Indien. Anfangs
hat es mich nur interessiert, weil die Vereinigten Staaten und Kanada den
Besitz des Buches im letzten Kriegsjahr vorübergehend verboten hatten. Als ich
dann las, wie darin die Heuchelei der großen Kirchen und vor allem ihrer
Führer verurteilt wurde, war ich wirklich begeistert"« (Neshan II, S.
159)
"Das vollendete Geheimnis" ist ein Buch der Zeugen
Jehovas. Es wird in einem anderen Buch der Zeugen erwähnt, das einen ähnlichen
Titel hat: "Dann ist das Geheimnis Gottes vollendet". Dort heißt es:
"Im Juli 1917 wurde in Englisch das Buch "Das vollendete Geheimnis", der
siebente Band der Schriftstudien, veröffentlicht... Der Kommentar dieses
Buches stellt C. T. Russell als den 'siebenten Sendboten' dar." (C. T. Russell
ist der Gründer der Zeugen Jehovas.)
www.k-l-j.de/Ralf_Isau.htm
Jenes eben gebrachte Zitat ist allerdings nicht in dem
durchgeblätterten "Jabbok"-Roman, sondern in dem wohl Nachfolge-Roman "Das
Geheimnis des siebten Richters" enthalten, den auch noch zu bewerten, mir die
Zeit eigentlich zu schade ist.
Ich möchte mich da eher auf "Die Träume des Jonathan Jabbok. Ein
phantastischer Roman" beschränken, und das auch nicht als "Gesamtbewertung",
sondern nur als Detailnotiz.
Jene katholische Webseite benennt dann noch weitere Details für die Einordnung
des Roman-Schriftstellers Isau in den weiteren Zeugen Jehovas-Kontext, die man
da ja selbst nachlesen kann.
Offenbar schrieb Herr Isau noch mehr. So unter anderem einen mehrbändigen
Roman-Wälzer mit dem Titel "Der Kreis der Dämmerung". Alle Bände von dem
anzutun, ist mir die Zeit doch etwas zu schade. Ergo jetzt wiederum die
Beschränkung auf einen dieser Bände, den zweiten, mit dem Untertitel "Der
Wahrheitssucher". Und da ist für mich der Buchumfang (Taschenbuch-Ausgabe 827
Seiten Umfang, schon mal in den Bereich der Zumutung einsortiert. Wer das
schafft zu "lesen" ist dann wohl ein Held. Ich befürchte eher, viele werden es
ähnlich halten wie ich, und mehr oder weniger nur im Buch blättern; allenfalls
dann einzelne Passagen noch etwas näher sichtend).
Eingebettet in die fiktive Geschichte eines Journalisten, der da
zeitgenössisch so einige "Koryphäen" interviewt, begegnet man wieder mal einer
klassischen Schwarz-weiss-Malerei. Und darf auch nicht verwundert sein, wenn
in diesem Rahmen die zeitgenössischen Bibelforscher, sich auf der Seite der
"Strahlemänner" befinden. Indes der religiösen Konkurrenz eher das
gegenteilige Odium angeheftet wird.
Da erfährt man also bei Isau, das amerikanische "Brooklyn hatte viele
Gesichter.
"Hier gediehen Gangster ebenso wie Heilige."
und zu Unterstreichung dieser These erfährt der Leser weiter,
selbst der amerikanische Obergangster Al Capone, der dann später in Chicago
zum mächtigsten Mann der Unterwelt aufgestiegen war; sei halt in Brooklyn
aufgewachsen.
Um nun Brooklyn nicht zur "nur" Gangster-Enklave verkommen zu lassen, lässt es
sich Isau angelegen sein, dem nun "strahlende Helden" gegenüber zustellen. Das
liest sich dann bei Isau so. Der fiktive Journalist konnte von seinem Fenster
aus "die Bibelforscher beobachten, wie sie
geschniegelt und gestriegelt ihrer Cafeteria entgegenströmten. Gleich in der
Nachbarschaft befand sich das Hauptbüro ihrer People's Pulpit Association.
Wenn diese bibelfesten Männer und Frauen unter den goldgelben Blättern der
Bäume entlangwanderten, lachten und scherzten sie, als hätte Gott längst alle
Scarfaces von der Erde verbannt."
Da hat dann die religiöse Konkurrenz besagter Bibelforscher,
erheblich weniger die Chance, auch in den Augen Isau's Gnade zu finden.
Da in einer Romanhandlung vielerlei möglich ist, eben auch das, dass besagter
Journalist auch einige Koryphäen der katholischen Kirche interviewen konnte,
darf man sich dann aber auch nicht wundern, dass besagter Journalist, besagten
katholischen Koryphäen, ein paar insistierende Fragen unter die Nase reibt. Da
ist vielleicht die Frage auf Seite 225 noch eine der "harmloseren" Art. Da
werden besagte katholische Koryphäen von Isau mit dem Fragesatz "beglückt".
Zitat:
"Mir ist zu Ohren gekommen - nur um ein Beispiel zu
nennen -, daß der Vatikan Beteiligungen an Munitionsfabriken hält."
Das ist dann aber wohl nicht die einzigste insistierende Frage,
welche sich katholische Kreise via des Sprachrohrs Isau und seinem fiktiven
Journalisten gefallen lassen müssen.
Der lässt ein paar Seiten vorher (S. 199f.)
seinem
fiktiven Journalisten beispielsweise die Frage stellen, wie sich die Kirche
zum Machtantritt der Nazis verhalten würde.
Und da meint Isau die Antwort zu vernehmen:
"In einer solchen Situation wären Vorsicht und ein
kühler Kopf oberstes Gebot. Natürlich müsste sich der Heilige Stuhl mit den
Nationalsozialisten auf die eine oder andere Weise arrangieren."
Und da Isau's Journalisten-Gesprächspartner kein geringerer als
der spätere Papst Pius XII. ist, damals eben noch nicht Papst, hat er für
diesen Herrn Pacelli auch noch ein paar ganz spezielle Fragen auf Lager. Und
das gestaltete sich in der Lesart von Isau dann so. Er las dem Herrn Pacelli
einiges aus dem 25. Punkte-Programm der NSDAP vor und ersucht um eine
Stellungnahme dazu.
"Zum Beispiel hier, im Punkt vier heißt es:
"Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein,
wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf die Konfession. Kein Jude kann
daher Volksgenosse sein".
Und von besagten Herrn Pacelli wähnt Isau in seinem Roman,
daraufhin die Antwort zu vernehmen:
"Die Kirche sollte sich nicht in die Angelegenheiten
eines Staates einmischen. Außerdem sind wir nicht berechtigt für die
Angehörigen des jüdischen Glaubens zu sprechen."
Da Isau's fiktiver Journalist, sich so schon mal in Rage
geredet hat, hat er gleich noch ein paar Highlights zum "Nachlegen" mit auf
Lager. Weiter im NSDAP-Programm zitierend liest man bei Isau (S. 201)
"Hier an achtzehnter Stelle ist das Programm ganz
unmissverständlich: "Gemeine Volksverbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit
dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksicht auf Konfession und Rasse." Und so geht
es immer weiter: In Punkt dreiundzwanzig wird die Presse ausgeschaltet.
Nichtvolksgenossen sind aus den Zeitungsredaktionen zu entfernen, und in Punkt
vierundzwanzig verpflichtet sich die Partei den "jüdisch-materialischen Geist
zu bekämpfen" - was immer das heißen soll."
Und als Antwort auf Isau's insistierende Fragen, lässt er
seinem fiktiven Journalisten die Reaktion des Pacelli darauf, wie folgt
vernehmen:
"Monsieur!", warf Pacelli ein. "Es widerstrebt mir,
Sie zu unterbrechen, aber meine Zeit ist zu kostbar, um mir ihre Tiraden gegen
die Nationalsozialisten anzuhören ..."
Nun würde unsereins kommentierend dazu nur noch anmerken. Das
alles geschilderte ist ja zeitlich auf die Zeit vor 1933 geortet. Sicherlich
hat sich da die katholische Kirche (und andere), so wie es Isau darstellt,
kaum mit Ruhm bekleckert. Da hätte - zumindest ich - keinen Dissenz mit Isau.
Nur, und das aber vergisst Isau in seiner Romanhandlung penetrant mit zu
erwähnen. Zu denjenigen, die sich vor 1933 (und selbst noch im Jahre 1933)
ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert haben, gehört auch die deutsche WTG.
Eine Auflistung diesbezüglich zu benennder Zitatstellen, etwa aus dem
zeitgenössischen "Goldenen Zeitalter" der WTG, ist auch in der Datei
Anbiederung mit enthalten.
Dort weiter hinten der Detailabschnitt: "Exkurs: Und das Magdeburger "Goldene
Zeitalter" schwieg".
Ausdrücklich kann Isau es sich indes nicht versagen, anläßlich
des 1933er Zeugen Jehovas Verbot durch die Nazis, diesen (den Zeugen) dann
noch den Glorienschein zu verpassen. Etwa nachlesbar auf den Seiten 459-461.
Plakativ meint er da einen seiner Helden sagen zu lassen (S. 461):
"Nach der Schließung unseres Bethels in Magdeburg
haben sie eine ganze Reihe von unseren Glaubensbrüdern verhaftet. Aber wir
lassen uns davon nicht unterkriegen. Wenn nötig, predigen wir im Untergrund
weiter."
Auch bei dieser pauschalen Aussage, vermisse ich bei Isau
notwendige Differenzierungen. Das 1933er Verbot von Mitte des Jahres,
beinhaltete eben noch nicht umfangreiche Verhaftungswellen. Die stellten sich
erst in der Folge der Mißachtung dieses Verbotes ein. Etwa nach der
Wiederaufnahme, des zeitweilig selbst unterbrochenen sogenannten Predigtdienst
der WTG. Und ein ganz besonderer motivierender Anlass für die Nazis, waren
dann ihre 1933er November"wahlen". Und eben das bewusste registrieren der bei
diesem "Volkszählungsanlaß" zu beobachtenden Nichtwähler.
Diese beiden Elemente. "Predigtdienst" und Nichtwählen, trugen wesentlich zur
Eskalierung der Situation bei. Noch bis Anfang 1935 befanden sich hochrangige
deutsche WTG-Funktionäre (Balzereit und Dollinger) noch unter den Nicht
dauerhaft Verhafteten. Im Gegenteil, sie konnten noch vielfältig mit
Nazibehörden zu verhandeln versuchen.
In seinem Roman "Das Museum der gestohlenen Erinnerungen",
der vom Sujet her hin und her springt. Angefangen von einer polizeilichen
Hausdurchsuchung in der Gegenwart, über Kandidaten für das Amt des Berliner
Kultursenators, über die verschiedenen Museum's auf der Berliner Museumsinsel,
bis zu historischen Rückblicken, etwa auf die faschistische
Pogromveranstaltung "Reichskristallnacht" und anderes mehr, hält Her Isau es
wieder mal für angebracht, auch das Zeugen Jehovas-Thema mit einzuflechten.
Diesmal darf Max Liebster die Rolle der "Knetmasse" für Herrn Isau spielen.
Nun ist unsereins über den Fall Liebster schon vor Herrn Isau informiert
gewesen, zumal es ja bereits zwei einschlägige Bücher (und auch Erwähnungen
andernorts) dazu gibt.
Man kann sich aber erneut des Eindruckes nicht erwehren. Isau betreibt dabei
wieder mal Rosenpickerei.
So lässt er in seinem Roman einen Juden, den er Simon Jisroel benennt,
berichten. Er sei zusammen mit Liebster in demselben Transport gewesen, der
ins KZ führte.
Das liest sich bei Isau dann so (S. 327f.)
"Auf meinem Transport nach Sachsenhausen lernte ich
einen Mann kennen, dessen Leben mich mehr lehrte als meine eigenen
Erfahrungen. Er hieß Max Liebster und war Jude wie ich. Anfangs sah ich ihn
nicht, sondern hörte nur von ihm. Wir waren auf unserer vierzehntägigen Fahrt
in Waggons zusammengepfercht, immer zwei Häftlinge in einem schmalen
Verschlag. Max Liebster saß in dem Kabuff nebenan und bei ihm ein
Bibelforscher."
Und weiter wähnt er zu wissen:
"In Sachsenhausen teilten Max Liebster und ich die
gleiche Baracke."
Das Thema der Abschwörungserklärung, gegen deren Unterzeichnung
ja theoretisch für Zeugen Jehovas eine Freilassung aus dem KZ möglich gewesen
sein soll, verabsäumt Herr Isau auch nicht, noch "kunstvoll" in seinen Bericht
mit einzubauen.
Nicht einbauenswert erachtet er indes dem Umstand, dass die wenigen, die jene
ominöse Erklärung tatsächlich unterschrieben, keineswegs sofort freigelassen
wurden, sondern davor noch einen "Spießrutenlauf" (symbolischer Art) zu
absolvieren hatten.
Und soweit es sich um männliche Kandidaten handelte, war dann diese
"Freilassung" in der Kriegszeit identisch, mit der Eingliederung in der
Strafkompanien der Wehrmacht. Und selbige wurden von der Naziführung besonders
dort eingesetzt, wo schon im voraus abschätzbar war. Die müssen einen
besonders hohen Blutzoll zahlen.
Unter diesen Konstellationen reduzierte sich schon mal in beachtlichem Umfange
der Teil jener, die eventuell bereit waren, die Abschwörungserklärung zu
unterzeichnen.
Und die wenigen tatsächlichen Unterzeichner durften dann auch noch Spießruten
laufen unter ihren Glaubensgenossen, indem die Nazis eben die sofortige
Freilassung verweigerten.
Das hätte auch zu einem abrundenden Bild im Kontext Abschwörungserklärung
dazugehört.
Indes das von Isau dargestellt zu bekommen, wäre und ist wieder einmal, zuviel
erwartet.
Dann erwähnt Isau auch den Fakt, dass Liebster die Leiche
seines eigenen Vaters, im KZ zum Krematorium bringen musste.
Das "würzt" er dann mit der verklärenden Aussage:
"Das hört sich an, als würden Sie von einem Heiligen
sprechen.« »Er selbst hätte diese Bezeichnung bestimmt nicht gemocht. Und doch
hat er nie seine Einstellung aufgegeben."
Da fehlt nur eine Differenzierung.
Liebster wurde als Jude ins KZ eingeliefert, und erlitt dort das Schicksal
auch anderer Juden.
Er kam namentlich mit dem Zeugen Jehovas Ernst Wauer in seinem zweiten KZ, das
war dann Neuengamme (aber eben noch nicht in Sachsenhausen) in dieser Phase
seiner Biographie in Kontakt, und lies sich von dem auch im positiven Sinne
anpredigen.
In Liebsters eigenen Worten, seinen Transport nach Sachsenhausen betreffend.
Er habe dabei schon einen anderen Häftling, einen Zeugen Jehovas getroffen.
"Als ich zu mir kam (das heißt im Zug auf
dem Transport zum KZ),
sah ich einen friedlichen
Mann, der geistige Freude in den Augen hatte. Er sagte mir, daß er Zeuge
Jehovas ist und daß seine Frau im KZ Lager Ravensbrück umgekommen war. Die
Kinder wurden ihm weggenommen und in eine Erziehungsanstalt der Nazis gebracht
Und dennoch zeigte er geistigen Frieden und innere Freude."
Also unfraglich war Liebster seit dieser Begegnung von diesem
Kontakt beeindruckt.
Aber weiter geht es gemäß Liebsters eigener Aussage auch mit den Sätzen:
"Der Zeuge Jehovas, mit dem ich gereist bin von
Pforzheim nach Sachsenhausen, den habe ich niemals wiedergesehen, er ist dort
umgekommen. Ich habe bis heute seinen Namen nicht wiedergefunden.
Ich wurde in das jüdische Quartier gebracht, in einen anderen Bereich, dort
waren schon tausende von Juden."
(Siehe bezüglich dieser Passage das Textbuch zum Poppenberg-Video "Fürchtet
euch nicht ...")
Nun trat der Umstand ein nach der Überstellung nach Neuengamme,
den Liebster mit den Worten beschreibt:
"Der Lagerführer sagte, die 30 Juden können wir in
dieselbe Baracke tun wie Jehovas Zeugen, die glauben ja an denselben Gott."
Und da ergab sich insbesondere der Kontakt zu dem bereits
genannten Zeugen Jehovas Ernst Wauer. Das war aber eben nicht jener Zeuge
Jehovas, von dem er auch berichtete, ihn auf der Bahnfahrt schon kontaktiert
zu haben.
Liebster kam noch in weitere KZ (nicht nur Sachsenhausen und Neuengamme). Auch
dort kam er wiederum in Berührung mit Zeugen Jehovas. Aber am wesentlichen von
allen Teilen seiner Odyssee dürfte der Kontakt zu Wauer während seiner
Neuengamme-Zeit gewesen sein.
Auf jeden Fall kann gesagt werden. Zu der Zeit, wo Liebster, den heute
Medienwirksamen Fakt erlebte, die Leiche seines eigenen Vaters zum Krematorium
tragen zu müssen, war er immer noch "nur Jude".
In dem Liebster-Buch "Hoffnungsstrahl ..." liest man zu dem hier besonders
interessierenden Aspekt:
"In Einzelfällen kam es auch zu Bekehrungen jüdischer
Häftlinge. Max Liebster, der im Oktober 1942 in Das Vernichtungslager
Auschwitz-Birkenau verlegt wurde, Selektionen und die mörderische Arbeit auf
der IG Farben-Baustelle in Monowitz überlebte, ließ sich gemeinsam mit seinem
Kameraden und jüdischen Leidensgefährten Fritz Heikorn noch in Buchenwald kurz
nach der Befreiung aus der KZ-Haft taufen."
Also definitiv wurde er erst im Jahre 1945 als Zeuge Jehovas
getauft.
Mit solchen Details hält sich aber Herr Isau nicht auf.
Er zeichnet nur ein "Strahlemann-Portrait" in dem sich der Fakt, Liebster
musste seinen eigenen toten Vater zum KZ-Krematoriumofen befördern, dann
besonders "wirkungsvoll" ausnimmt.
Das er sich den verklärenden KZ-Bericht von Kupfer-Koberwitz
mit dem dort ebenfalls "Strahlemanngesicht" der Zeugen Jehovas, nicht entgehen
lässt, sei am Rande mit vermerkt. Auch wenn Isau die Quelle Kupfer-Koberwitz
nicht namentlich benennt, bedeutet das ja noch lange nicht, das andere
Sachkenner nicht wüssten, was und wen er da bemüht.
Und zu einer Kritik vom Bericht des Kupfer-Koberwitz siehe auch
Edgar Kupfer-Koberwitz und Max Liebster
Mit einem gewissen Befremden nimmt man es dann zur Kenntnis,
das besagter Herr Isau es offenbar nicht sonderlich schätzt, den Zeugen
Jehovas-Kontext zugeordnet zu werden; und diesen Umstand sogar durch eine
diesbezügliche Gerichtsverhandlung Nachdruck verlieh.
Siehe dazu:
www.buskeismus.de/berichte/bericht_080527_hansolg.htm
www.buskeismus.de/berichte/bericht_070824.htm#Isau_vs._van_Briel
Nun, ob denn Herr Isau je Zeuge Jehovas war oder ist, mag
marginal sein.
Gleichwohl findet man einige denen nahestehende Thesen sehr wohl in seinem
Schrifttum.
Von seinen ersten "Jabbok"-Romanen sei beispielsweise nochmals der Passus
zitiert:
"Heute würde Mister Garson im Religionsunterricht die
Jungen mit seinen Höllengeschichten ängstigen.
Es war Jonathan unbegreiflich, wie so viele Menschen an einen solchen Humbug
glauben konnten. Konnte ein liebender Gott fähig sein, Menschen auf ewig den
fürchterlichsten Qualen auszusetzen? Für ihn war diese Lehre nichts weiter als
ein Trick der Kirche, sich das einfache Volk gefügig zu machen."
(S. 27)
"Es folgte eine Pause. Der Geistliche sammelte sich,
rang nach Fassung machte Atemübungen. Dann erklärte er ruhig, aber drohend;
"Es ist nicht das erste Mal, daß du mit frechen Bemerkungen den
Unterrichtsfluß störst, Jonathan Jabbok. Maßt du dir etwa an, die Auslegung
der Heiligen Schrift, wie sie über Jahrhunderte hinweg von den gelehrten und
ehrwürdigen Kirchenvätern festgelegt wurde, neu zu schreiben?" Er vollzog eine
umfassende Geste, als wolle er jeden seiner Schüler einladen, die Qualen der
Hölle durch einen gläsernen Boden im Klassenzimmer selbst in Augenschein zu
nehmen." (S. 42)
"Willst du etwa wagen, du grüner Knabe", explodierte
er, "mir, der ich acht lange Jahre Theologie studiert habe, die Heilige
Schrift zu erklären?" (S. 43)
Das dürften dann wohl Sätze sein, die auch von erklärten (und
keineswegs nur verkappten) Zeugen Jehovas stammen könnten.
Um doch noch mal auf die von der katholischen Webseite zitierte Seite 159 von
Band II der Isau-Jabbok-Triologie zurückzukommen. Mir scheint, da wird etwas
zu kurz zitiert.
Bei Isau liest man da auch.
Zitat:
"Als er eine Abhandlung mit dem Titel 'Das vollendete
Geheimnis' aufschlug lächelte er: 'Ich kenne dieses Buch. ... Anfangs hatte es
mich nur interessiert, weil die Vereinigten Staaten und Kanada den Besitz des
Buches im letzten Kriegsjahr vorübergehend verboten hatten. Als ich dann las,
wie darin die Heuchelei der großen Kirchen und vor allem ihrer Führer
verurteilt wurde, war ich wirklich begeistert."
Meines Erachtens wird mit dieser Passage ein schiefer Eindruck
vermittelt (was bei Zeugen Jehovas generell, kein ungewöhnlicher Umstand ist).
Jedenfalls räumt die WTG selbst ein, sie habe ihr eigenes Buch dann noch einer
Zensur unterworfen, indem namentlich die in der Erstfassung darin enthaltenen
Kriegsgegnerischen Passagen entfernt wurden.
Was nun die deutschen Ausgaben dieses WTG-Buches anbelangt, muss man in der
Tat unterscheiden zwischen der Ausgabe 1918 und den späteren Auflagen, etwa
der Auflage von 1925.
Abgesehen von den unterschiedlichen Seitenzählungen, bedingt auch durch die
unterschiedlichen Buchformate beider Auflagen, ist es bezeichnend, dass in der
deutschen Ausgabe von 1918, sehr wohl noch jene Kriegsgegnerischen Passagen
mit enthalten sind.
Indes in der Auflage 1925 die zensierte Fassung, ohne diese Kriegsgegnerischen
Passagen, in der Deutschsprachigen Ausgabe Verwendung fand.
Dazu kann man auch vergleichen.
Band 7 Seite 331
Band 7 Seite 332
Seinem Roman "Das Museum der gestohlenen Erinnerungen",
hängt Herr Isau (S. 668f) dann noch ein "Nachwort des Autors" an.
Dessen erster Satz lautet:
"Es gibt Autoren, die schreiben Bücher, wie andere
Leute Holz hacken."
Nun geht besagtes Nachwort aber bis zur Seit 671 weiter. Ich
verzichte aber auf dessen weitere Zitierung.
In seinem eigenen Selbstverständnis sieht sich dann wohl Herr Isau nicht unter
den "Holzhackern". Für mein Empfinden jedoch, abgesehen von der Unmenge von
bedrucktem Papier die zu bewältigen, schon den Rang einer Zumutung einnimmt,
gehört auch Herr Isau zu diesen "Holzhackern".
In besagtem Nachwort, bedankt sich dann Herr Isau auch noch artig, bei Max
Liebster, dass er dessen Geschichte "autorisierte" im Stile von Ralf Isau
darzustellen,
Ob denn Herr Liebster, angesichts seines eigenes eher mageren Buchumfanges von
160 Seiten, da noch überhaupt realisierte, was er da "autorisierte", erscheint
mir so ausgemacht dann doch nicht zu sein. Und diese 160 Seiten brachte Herr
Liebster ja auch nur mit Unterstützung anderer zusammen.
Das soll überhaupt kein Vorwurf sein, solange man den Grundsatz gelten lassen
würde, dass der "Schuster bei seinen Leisten bleibt".
Herr Liebster ist nicht Treiber der Geschichte, wohl aber Getriebener gewesen.
Gleichwohl, das bestreite ich nicht; besitzt auch seine Geschichte
Quellenhistorischen Rang.
Mit Herrn Liebster hätte ich also weniger "ein Hühnchen zu rupfen".
Umso mehr dafür mit den "Holzhackern" im Stile eines Ralf Isau.