"Gutachtliche Stellungnahme" / Erster Weltkrieg und die Bibelforscher

geschrieben von:  X ~ mysnip

Datum: 12. März 2010 18:15

DER WACHTTURM 1916
,,Die Österreicher hören den ungeheuren Aufschrei der Opfer, das Seufzen der Verstümmelten und Sterbenden, aber sie können ihrem Elend nicht zu Hilfe kommen; sie müssen ununterbrochen weiterschießen ... wenn sie zu schießen aufhören, dann werden sie ... überrannt und die Schlacht ist verloren."
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,18787,18830#msg-18830

WTG-Buch 1993 JEHOVAS ZEUGEN - VERKÜNDIGER DES KÖNIGREICHES GOTTES S. 191, 192
,Bibelforscher ... schossen ... in die Luft ... "
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,18787,19112#msg-19112

Ist es plausibel, daß Bibelforscher im Krieg "keine Waffen auf andere Menschen" richteten?

Ein Prof. Dr. theol. Dr. phil. und eine Dipl.-Psych., Dipl.-Päd. schließen sich der offiziellen Darstellung der WTG an.

,,ZEUGEN JEHOVAS/WACHTTURM-GESELLSCHAFT: EINE ,VOR-MODERNE' RELIGIÖSE GEMEINSCHAFT IN DER ,MODERNEN' GESELLSCHAFT? - GUTACHTLICHE STELLUNGNAHME" (Teil 1 ... ) von Prof. Dr. theol. Dr.phil. Gerhard Besier und Dipl.-Psych. Renate-Maria Besier vom 22.12.1998 (Anlage 1 zum Schreiben an das Bundesverfassungsgericht vom 28.01.1999
,Während des Ersten Weltkriegs verhielten sich die "Bibelfoscher" - so ihre Selbstbezeichnung - entsprechend ihrem persönlichen Verständnis von christlicher Neutralität und von christlicher Gehorsamspflicht gegenüber der Obrigkeit bei der Einberufung zum Wehrdienst uneinheitlich. Einige nahmen eine streng neutrale Stellung ein und verweigerten völlig jeden Militärdienst, andere entschieden sich, in Sanitätsabteilungen oder in Lazaretten zu dienen, und wieder andere folgten den Dienstbefehlen, richteten jedoch keine Waffen auf andere Menschen."
S. 7
www.jehovaszeugen.de/0/pdf/rec/ues/1998/1998/-12-22-a.pdf

Re: "Gutachtliche Stellungnahme" / Erster Weltkrieg und die Bibelforscher

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 13. März 2010 01:35

Die Vokabel "einige" ist dann wohl ein verfälschender - dehnbarer Begriff.
Es kann als gesicherte Erkenntnis gelten, dass zu Zeiten von Russells Lebenszeit (und der verstarb bekanntlich erst Ende Oktober 1916). bezogen auf Kontinentaleuropa, es keinen Nachweis einer tatsächlichen Wehrdienstverweigerung gab.
Wer das Gegenteil behauptet ist Beweispflichtig.
Er muss seine These belegen. Aktengestützt.
Das hat weder Herrberger noch sonst ein WTG-Apologet in der veröffentlichten Publizistik getan.

Das Thema Wehrdienstverweigerung im ersten Weltkrieg, kam bezogen auf Deutschland, soweit in einschlägiger Publizistik nachweisbar, nur bei den Adventisten auf die Tagesordnung. Und da auch nur dergestalt, dass einige aus ihren Reihen sagten. Am "Sabbath" (Sonnabend) können wir keinen Wehrdienst leisten (an den anderen Tagen aber sehr wohl).
Nur, die verantwortliche Leitung der deutschen Adventisten, unter Conradi, schloss sich dieser Linie nicht an. Es kam dieserhalb auch zum Schisma, in den adventistischen Reihen.

Konrad Algermissen etwa zitiert in seinem Buch
"Christliche Sekten und Kirche Christi
II. und III. neu bearb. und stark vermehrte Auflage
III. bis VIII. Tausend"
Verlag u. Druck Joseph Giesel
Hannover 1925 (S. 255f.)
bezüglich des adventistischen Schismas:

"Der Krieg selber brachte eine schwere Krise über den deutschen Adventismus.
die "Kölnische Zeitung" vom 21. September 1915 schreibt darüber.
"Unter den Anhängern des Adventismus trat nach Ausbruch des Krieges eine Spaltung ein. Die Mehrzahl wollte für die Dauer des Krieges die bestehende Lehre außer Kraft gesetzt sehen, der übrige Teil verlangt dagegen Heilighaltung des Samstag auch während dieser schweren Zeit. Die Gegensätze führte schließlich zum Anschluss des alten Glaubens aus der Gemeinschaft" -

Vor allen aber war es die Stellung zum Kriegsdienst überhaupt, die diese Spaltung verursachte. Bereits am 4. August 1914 hatte die große Mehrzahl der deutschen Adventisten in einer sehr devoten Zuschrift an das Kriegsministerium zu Berlin erklärt:

"Wir halten uns in diesen gegenwärtigen ernsten Kriegszeit dazu verpflichtet, für die Verteidigung des Vaterlandes einzustehen und auch am Sonnabend (Sabbat) unter diesen Umständen die Waffe zu führen."

Eine ähnliche Erklärung erging am 5. März 1915 an das Generalkommando, des von VII Armeekorps.
Unterzeichnet war diese Erklärung von L. A. Conradi, den Vorsteher der europäischen Abteilung der Adventisten, von Schubert dem Vorsteher der ostdeutschen Adventisten-Union, und Drinhaus dem Vorsteher der sächsischen Vereinigung. Das war also eine offizielle Stellungnahme die im Widerspruch stand mit dem auf amerikanischen Konferenzen festgelegten pazifistischen Lehren.

Ein Teil der deutschen Adventisten widerstand deshalb diesen offiziellen Beschluss. Dadurch kam es zu erbitterten Streit. Für die Kriegsadventisten, die den alten Grundsätzen untreu geworden waren, wandten sich in heftigster Weise gegen die Anhänger der alten Lehre.

In einem in den "Dresdner neuesten Nachrichten" unter dem 12. April 1918 veröffentlichen Aufsatz nennen sie dieselben
"unnüchterne Elemente mit törichten Ideen"
und fahren recht lieblos fort:
"Wenn solche Elemente ihr verdientes Schicksal finden, so tut man uns in der Tat einen Gefallen."

Dann zählen sie im Fortgangs des Artikels die eigenen Verdienste ums Vaterland auf. Diese Kampfesart berührt sehr unsympathisch."


Zuletzt auch (wieder) dokumentiert ist dieses Thema auch in einem im Jahre 2008 erschienenen Buch von Johannes Hartlapp

Hartlapp referiert die Nazizeit; die Zeit des ersten Weltkrieges kommt bei ihm nur "am Rande mit vor". Zwar kann man Teile des Buches auch via des Google Bucheinscann-Programmes sichten, gleichwohl wird derjenige, der diesen Weg verfolgt, nicht von sonderlichem "Glück" verfolgt sein.
Ich hatte es erst auch auf diesem Wege versucht; alsbald aber erfahren müssen.
Erstens gibt es nur Teile aus dem Buch.
Zweitens ist die IP des Interessenten dann auch von Google registriert.
Werden in der Sicht von Google "zuviele" Seiten aus dem Buch aufgerufen, setzt der Sperrmechanismus ein, dass selbst Seiten, die zu den zugänglichen gehören, für diesen Interessenten dann eben nicht mehr zugänglich sind (eine Erfahrung die auch ich machen "durfte").

Da mir die 76 Euro regulärer Buchhandelspreis, für dieses Buch dann doch etwas zu happig sind, und mir das Buch doch wichtig genug ist, habe ich mich dann für den Weg der Ausleihe aus einer wissenschaftlichen Bibliothek entschieden, was ich nur allen weiteren Interessenten gleichfalls empfehlen kann.
Wie gesagt, Hartlapp referiert vorrangig die Nazizeit.
Zu letzterer eine charakteristische "Kostprobe" daraus:

http://books.google.de/books?id=IwD9eN4oJ9gC&pg=PA459&dq=Adventisten+Wehrdienst&cd=1#v=onepage&q=Adventisten%20Wehrdienst&f=false

Es muss allerdings auch gesagt werden. Mit Rutherfords Machtantritt, begann sich das Verhalten - dann buchstäblich einzelner - Bibelforscher in der Wehrdienstfrage zu verändern.
Es sind in der Tat für diesen Zeitraum, in der zeitgenössischen einschlägigen Zeitschriftenliteratur, zu nennen ist besonders ein Aufsatz in der "Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychatrie, Originalien", buchstäblich einzelne Fälle, diesbezüglich dokumentiert.
Aber das galt eben ausdrücklich nicht für den Zeitraum von Russell's Lebenszeit

Man vergleiche zum Thema auch zuletzt auch den Disput:
http://forum.sektenausstieg.net/showthread.php?t=11590&page=4
(und weitere Detailpostings in diesem Thread).

Re: Thema Wehrdienst
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 15. Juli 2008 20:21
Noch eine relevante Aussage der zeitgenössischen Bibelforscher in Sachen Wehrdienst.
Und zwar in der in Strehlen (Schlesien) erscheinenden Wochenzeitung „Der Volksbote" Ausgabe vom 20. Februar 1915.

Auch diese Ausgabe enthielt wieder (wie auch die voran gegangenen Ausgaben) Standardmäßig eine Predigt von C. T. Russell.
Selbige wurde wie folgt eingeleitet:


"Was ist ein Christ und welcher Maßstab gilt für ihn? Nach einer Ansprache von C. T. Russell über den Text: „Fast überredest Du mich, ein Christ zu werden" (Apg. 26, 28)".

Einleitend führt Russell darin aus:

„Die Bibel kennt keine christliche Nationen und keine christliche Welt. Sie weist dem Christen eine von der Welt und von allen Nationen abgesonderte Stellung an. Die Christen sind eine Nation oder ein Volk für sich in dem Sinne, in welcher die Juden eine Nation oder ein Volk für sich waren."

Dieser Gedankengang zieht sich auch durch seine weiteren Ausführungen innerhalb dieser Predigt. So verlautbart er im selben Sinne auch weiter noch:

„Nichts in der Bibel läßt darauf schließen, daß unsere Zivilisation eine christliche ist, oder daß Gott je erwartete, daß sie eine christliche sein würde. Gottes Zeit zur Errettung der Welt aus ihrer Sünde und Schwachheit ist noch nicht gekommen. Die gegenwärtige Zeit dient lediglich dazu, die Auserwählten zu berufen, sie zu finden, zu erproben und zu befreien. Die Auserwählten werden nach ihrer Verherrlichung das Messianische Königreich ausmachen, und sie werden mit Christo mit Machtvollkommenheit ausgestattet werden, eine geistige Herrschaft über die ganze Welt auszuüben."

Jedoch hat er dann in dergleichen Predigt auch noch die wörtlichen Sätze mit eingebaut:

„Ein Christ, der seiner Dienstpflicht im Heere oder in der Marine genügt, unterwirft sich damit den obrigkeitlichen Gewalten (Röm. 13:1) und befolgt die Worte des Meisters in Matth. 5,41: „Wer irgend dich zwingen wird, zu gehen."
Möglicherweise könnte es Gott so fügen, daß seinem Gesuch nicht mit der Waffe dienen zu brauchen, sondern als Nichtkämpfer im Lazarettdienst verwendet zu werden, entsprechen würde."


Zu nennen ist auch noch Russells Predigt in der „Volksboten"-Ausgabe vom 31. Oktober 1914. Letztere hatte er unter das Motto gestellt:
„Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit.
„Eine Zeit der Drangsal, desgleichen nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht."
Nach einer Ansprache von C. T. Russell über den Text: „Auf der Erde Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit, bei brausendem Meer und Wasserwogen, in dem die Menschen verschmachten vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen." (Lukas 21, 25-26)."


Und selbige äußert schon in den ersten Sätzen:

„Zu keiner Zeit hat es einen Krieg gleich dem jetzigen gegeben. Es haben sich eigentümliche Verhältnisse gebildet, so wie sie die Weltgeschichte bisher noch nicht gekannt hat."

Er lässt es nicht bei dieser eher allgemeinen Feststellung bewenden, denn nachfolgend betont er ausdrücklich:
„Indem ich meine Bibel mit klarerem Blick denn früher lese, und alles mit so ganz anderen Augen denn ehedem ansehe, empfinde ich große Teilnahme für alle Menschen, die über diesen Gegenstand sich in Verwirrung befinden.
Indem ich die Bibel lese, finde ich, daß Gott eben diesen Krieg vorhergesagt hat, und er hat auf gerade das hingewiesen, was sich heute ereignet.
Wenn Gott diesen Völkerkrieg vorausgesagt hat, so ist es zwecklos, daß wir ihn darum bitten, einem Kriege Einhalt zu tun, von dem er vorhergesagt hat, daß er kommen werde."

Re: Im Zeitspiegel
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 04. Dezember 2009 04:09
Unter dem Eingangsdatum 27. 12. 1918, veröffentlichte in ihrem 45. Band, welcher im Dezember 1919 erschien, die "Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychatrie, Originalien" einen Aufsatz von Adolf Hoppe, welcher der "Pschiatrischen Klinik der Akademie Köln, Militärabteilung Rinteln" zugeordnet ist. Er ist also zeitlich, der Ausläuferzeit des ersten Weltkrieges zuzuordnen, und besagter Herr Hoppe der Militärmedizin zu der Zeit.
Der Aufsatz war überschrieben
(S. 393f.) "Militärischer Ungehorsam aus religiöser Überzeugung".

Als ein Fallbeispiel wird darin der Trainsoldat Reinhold B., im früheren Berufsleben ein Schlosser, geboren 1881, vorgestellt.
Zitat
S. 397f.

"1909 lernte er die Schriften des früheren amerikanischen Pastors Russell kennen und schloß sich der "Vereinigung ernster Bibelforscher" an.
1915 eingezogen, kam selbiger nach 9 Tagen wegen Knieleidens ins Lazarett, wurde dann zum Train versetzt, ließ sich vereidigen, tat Dienst, weil er als Trainsoldat ja nicht eigentlich zur fechtenden Truppe gehörte. Heute erklärt er diese Auskunftsmittel für Feigheit. Hatte bald Bedenken wegen seiner unmittelbaren Teilnahme am Kriege, konnte aber mit ihnen fertig werden, als sein Rittmeister ihm auf seine Bitte gestattete, ohne Waffe Dienst zu tun, und ihn 6 Monate lang als Ordonanz beschäftigte.
Wegen Leistenbruch-Operation 4 Monate im Lazarett; dort entwickelten sich stärkere Skrupel, die sich mit März 1917 steigerten. Führte seinen Entschluß, den Dienst zu verweigern, im Juni 1917 aus, als er in Berlin auf Urlaub war; ging in Zivil aufs Bezirkskommando, stellte sich zur Verfügung.
An die Front geschickt, beharrte er bei seiner Weigerung, wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, das er in Köln verbüßte.

Bat nach seiner Entlassung sofort seinen Hauptmann mündlich und schriftlich, ihn im Sanitätsdienst zu verwenden. Der Hauptmann übergab die Sache dem Gericht. Auf dessen Anordnung vom 26. VIII bis 16. X. 18 zur Beobachtung in der pschiatrischen Klinik".

Nach dieser Sachstandsbeschreibung beginnt also erst der eigentliche Part des Hoppe. Immerhin macht diese Schilderung deutlich.
Erst nach dem Tode des Bibelforschergründers Russell, wurde die Wehrdienstverweigerung ernsthaftes "Thema".
Auslöser in diesem Fall wohl ein Urlaub im Jahre 1917; und während dieser Zeit wohl eben auch der engere Kontakt zur WTG-Orgnisation.

Über seinen eigenen Part schreibt Hoppe dann:

"Hier völlig geordnet, keine Defekte, weder Sinnestäuschungen noch Wahnideen nachweisbar. Sondert sich von anderen Kranken ab, liest seine religiösen Schriften. Sehr bereit, jedem, der es hören will, die Lehren seiner Gemeinschaft zu entwickeln.
Russell habe schon 1886 den Zusammenbruch der Welt für den Oktober 1914 vorhergesagt. Die Menschheit stehe, nachdem sie 6000 Jahre durch die Berührung mit dem Bösen hindurchgegangen sei, am Anfang des siebenten (Sabbats-) Jahrtausend, in dem sie in den adamitischen Urzustand zurückkehren werde.
Gegenwärtig sei eine Zeit der Drangsal, wie sie nie gewesen sei und nie wieder kommen werde. Die Zeiten der Nationen (=Heiden) seien abgelaufen, Gott habe vor, sein Reich aufzurichten, Christus werde in der nächsten Zeit wieder erscheinen. Die Nationen gingen zugrunde, Gott lasse sie zu ihrer eigenen Belehrung sich gegenseitig zerfleischen, damit sie erkennen, wie unsinnig ihr Tun ist; später werde er die Völker segnen.

Seine "Vereinigung" lasse jedem freie Hand, wie er sich zum Kriege stellen wolle.
Trotzdem seien viele der Anhänger ("unsere Angehörigen") im Gefängnis.

Zum Kriegsdienst eingezogen, folgt er dem Rufe, versucht es erst mit einem Kompromiss zwischen seinen militärischen Pflichten und den sich ihm aufdrängenden Gewissensbedenken, bis dieses an neuen Skrupeln scheitert und er eines Tages offen den Dienst verweigert. Die ihm auferlegte Strafe verbüßt er, kaum aber ist er aus dem Festungsgefängnis entlassen, als er seine Weigerung beharrlich fortsetzt. Ist er hier unbelehrbar und unbekehrbar, so ist doch von Wahnideen und Sinnestäuschungen nichts zu spüren. Daß er sich für einen Auserwählten hält, bleibt im Rahmen dessen, was wir bei frommen Leuten, zumal bei Sektierern, gewohnt sind; auch sonst gibt sein Glaube, so wunderlich manche seiner Reden klingen mögen, doch nur das aus Büchern Angezeigte wider und läßt, wenn schon eine Verarbeitung, so doch sicherlich keine wahnhafte erkennen.

B. ist ein Psychopath, wie Lebenslauf, Charakter und Verhalten beweisen, aber kein Geisteskranker. Demgemäß wurde die Anwendbarkeit des § 51 StGB abgelehnt; zu einer Verhandlung ist es wegen der inzwischen ausgebrochenen Revolution nicht mehr gekommen."


Und als eigene Eindrücke notiert Hoppe noch:
"Ich habe auch in den Schriften ihres Begründers Russell, soweit sie mir B. zugänglich macht, nichts staatsgefährliches gefunden.
Die Hartnäckigkeit, mit der unsere Patienten an ihren Überzeugungen festhalten, ihre Unbelehrbarkeit, ihre offen ausgesprochene Sucht nach Aufsehen und Märtyrertum legten den Gedanken nahe, ob man bei ihnen nicht mit Paranoikern zu tun habe, und dementsprechend ihr Glaube als ein religiöses Wahnsystem aufzufassen sei.

Nach meiner (Hoppe's) Ansicht liegt die eigentliche Wurzel der Gehorsamsverweigerung nicht in der so oder so begründeten Stellung zur Religion, sondern im Überdruß am Kriege.

Nicht als ob die In Kolpaten die religiösen Bedenken heuchelten, sie vorschützten oder auch nur übertrieben, um sich dem Dienst im Schützengraben zu entziehen, davon ist keine Rede, aber die Kampfesmüdigkeit liefert den Nährboden, aus dem die Kriegsfeindliche Weltanschauung aufsprießt.

Dafür spricht einmal, daß sich die bekannt gewordenen Fälle mit der Länge der Kriegsdauer häuften, insbesondere aber auch, daß der überwiegende Teil von ihnen sich zunächst ohne irgendwelchen Widerstand hatte einstellen lassen, selbst dann, wenn sie schon vorher Beziehungen zu adventistischen Sekten gehabt hatten; erst während des Dienstes erwacht das Gewissen, setzen die "schweren inneren religiösen Kämpfe" ein."

In dergleichen Zeitschrift, in deren 49. Band (S. 218f.) publizierte ein anderer Verfasser (W. Horstmann) unter der Überschrift "Religiosität oder Wahn?" dann noch einen ähnlichen Artikel. In selbigem nimmt er einleitend schon mal auf die vorzitierten Ausführungen Bezug, um sie offenbar durch einen Fall aus seiner eigenen Praxis zu ergänzen. Zu letzterem (S. 223f.) liest man dann:

"Aus den Akten verdient noch Erwähnung eine Äußerung des S., die er am 6. III d. J.s vor dem Oberkriegsgericht machte dahingehend;

"Ob die Vereinigung der ernsten Bibelforscher auf dem Standpunkt der Verweigerung des Heeresdienstes steht, weiß ich nicht; ich habe mir meine Anschauungen aus eigenen Überzeugungen gegründet";
und ferner die Aussagen des Zeugen S. des Inhaltes:
Er (S.) gehöre seit 5 Jahren der Vereinigung ernster Bibelforscher an. Zu dieser Vereinigung in St. gehörten mehrere Soldaten, die als solche ihre Pflicht tun."

Filmberichte und Mennoniten
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. April 2009 08:44
Gleich zwei Filmberichte, die Religion thematisieren, offeriert die heutige Ausgabe der „Berliner Zeitung"

Der eine davon nimmt Bezug auf den Religionskritischen Streifen „Religulous" aus den USA

www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0402/film/0018/index.html

Der zweite Film redet von den Mennoniten in Mexiko

www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0402/film/0017/index.html

Nun sind was die Mennoniten (jedenfalls in Deutschland) derzeit anbelangt, selbige hier eher zu einer kleinen Gruppe geschrumpft.

Gleichwohl besitzen sie in der Kirchengeschichte hierzulande, dergestalt eine Ausnahmeposition, dass ihnen in Preussen in der Wehrdienstfrage entgegen gekommen wurde.

Das allerdings war lange vor der Zeit, wo an ein Naziregime noch nicht zu denken war.

Noch heute werden sie in Kirchenhistorischen Darstellungen, diesbezüglich als „klassische Friedenskirche" definiert.

Wie aber ging es denn mit ihnen etwa in der Nazizeit weiter?
Das das Naziregime bei Kriegsdienstverweigerern keinen Spass verstand, war offenkundig.
Auch die Führungscrew der Mennoniten musste sich dieser Sachlage stellen.
Haben sie sich nun auch in dieser Zeit „mit Ruhm bekleckert"? Wohl eher nicht.
Man lies es seitens der Mennoniten jedenfalls nicht zur Konfrontration kommen.
Sowohl als Zeitschriftenaufsatz, als auch als Separatdruck (im Bestand der Berliner Staatsbibliothek vorhanden) gibt es dazu ein bemerkenswertes Dokument.
Es bestätigt wieder einmal:
Nichts ist so alt wie der Ruhm von gestern.
Und hat eine Funktionärsschicht (egal ob Religionsfunktionäre oder auch politische) etwas real zu verlieren, sind vielerlei „Purzelbäume" dann möglich.

Einige Auszüge aus diesem Dokument seien dann einmal im nachstehenden etwas näher vorgestellt (kommentarlos):

Grundsätzliches über die deutschen Mennoniten, über ihre Stellung zu Wehrpflicht und Eid und ihr Verhältnis zum Dritten Reich
Sonderdruck aus den "Mennonitischen Blättern" 1937 Nr. 10
S. 2:
Man hat uns amtlich um ein aufklärendes Wort über das Deutsche Mennonitentum gebeten, da über dasselbe vielerorts ganz ungenaue Vorstellungen bestehen, besonders hinsichtlich des Verhältnisses der Mennoniten zum Dritten Reich, zur allgemeinen Wehrpflicht, zum Eid usw.
Wir kommen diesem Wunsch umso lieber nach, da auch in letzter Zeit wieder in Büchern und Zeitschriften falsche Angaben gemacht wurden, die sich mancherorts nachteilig für Mitglieder unserer Gemeinden auswirken mußten. So hat man, um nur ein Beispiel anzuführen, einen Mennoniten, der selbst Frontkämpfer war und mit Auszeichnungen für seine Tapferkeit im Felde geehrt worden ist, vorgehalten, daß die Mennoniten Kriegsdienstverweigerer seien. Da solche Fälle sich leicht wiederholen könnten, geben wir hier die Erklärung bekannt, mit der wir auf jenes Ansuchen geantwortet haben.
Die deutschen Mennoniten stehen in unbedingter Treue zu unserem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler und dem Dritten Reich. Das haben sie von Anfang an in Wort und Tat bekundet. Auf der Tagung der Ost- und Westpreußischen Mennoniten-Gemeinden vom 10. September 1933 haben sie dies feierlich in einem Huldigungs-Telegramm zum Ausdruck gebracht.
S. 3:
Von Anbeginn der national-sozialistischen Bewegung stehen Mennoniten in großer Zahl, darunter alle alte und ältesten Kämpfer, tatkräftig und Opferbereit in vorderster Front. Sehr viele bekleiden innerhalb der Partei verantwortungsvolle Ämter. Wir sind in der Lage, dies mit Namen zu belegen. Allen ist der Dienst für unseren Führer eine hohe Ehrenpflicht, die sie mit Begeisterung erfüllen. Unsere mennonitische Jugend strömte sofort nach der Machtübernahme spontan in die Formationen der NSDAP.
Seit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht haben auch die Mennoniten dieser ihrer vaterländischen Pflicht in einer vom Staate genehmigten Form Genüge geleistet. Die Kabinettsordre von Wilhelm I. vom 3. März 1868 gestattete den Söhnen der älteren Mennonitenfamilien als Krankenwärter, Schreiber oder Trainfahrer zu dienen; aber schon seit Beginn des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 mehrte sich die Zahl der Mennoniten, die für ihre Person freiwillig auf jede Vergünstigung verzichteten.
S. 4:
Im großen Weltkrieg 1914 - 1918 war es nur noch eine kleine Gruppe, zumeist älterer Jahrgänge, die sich auf die Kabinettordre berief; weitaus die meisten dienten mit der Waffe. Ein hoher Prozentsatz wurde zu Offizieren befördert und mit militärischen Ehren ausgezeichnet. Eine große Anzahl ist gefallen, in manchen Gemeinden waren es 6 % der Seelenzahl. Unter den Mennoniten gab es keinen einzigen Kriegsdienstverweigerer!
Heute wird von den deutschen Mennoniten der Heeresdienst ohne jede Einschränkung geleistet. Schon vor Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht meldeten sich viele Mennoniten aus dem Reich und aus den abgetrennten Gebieten als Freiwillige zur Reichswehr. Durch die Verfassung der Deutschen Mennonitengemeinden ist das Prinzip der Wehrlosigkeit völlig aufgegeben.
S. 5:
Elbing, den 23. September 1937
Der Vorsitzende der Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden
Pastor Lic. theol. E. Händiges.
S. 8:
Im Weltkrieg haben sie sich größerenteils den Dienst mit der Waffe gestellt. Nur der kleinere Teil hat von dem Vorrecht Gebrauch gemacht, das in Preußen (Kabinettsordre vom 3. März 1868) und Baden (Erlaß des Kriegsminsteriums vom 15. September 1869) für Söhne alter Mennonitenfamilien galt, statt mit der Waffe durch den Dienst als Krankenwärter oder Fahrer seine Pflicht zu erfüllen. Ohne Waffe wie mit Waffe sind viele für ihr Vaterland gefallen.
Die deutschen Mennoniten erkennen Staat und Kirche als von Gott gegebene, in ihrem Wesen und in ihrer Aufgabe jedoch verschiedene Ordnungen an. Sie suchen beiden Ordnungen durch klare, auf Gottes Wirken und Christi Herrschaft gerichtete Verkündigung des Evangeliums mit Wort und Tat zu dienen. Ihre Gemeindeleben unterhalten sie seit jeher aus eigenen Mitteln, ohne staatliche Zuschüsse zu beanspruchen. Im Deutschen Reiche leben zur Zeit 13000, in der Freien Stadt Danzig rund 6000 und im benachbarten Polen noch rund 1000 Mennoniten.
Re: Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise -
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 14. Oktober 2009 00:40
Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist auch der Ausgabe des Berner GZ vom 1. 10. 1924 entnehmbar , wo zu lesen ist (in Zitierung eines Presseberichtes):

"Man ist in gewissen Kreisen sehr beflissen, die Greuel zu verhüllen, der sich die christliche (!) Geistlichkeit während dem Weltkriege hüben und drüben schuldig machte, und es möchte deshalb angebracht sein, einige dieser Greuel dem Gedächtnis aufzufrischen, damit niemand sich täuschen lasse über das wahre Wesen dieser Kirche.
.. . . Noch einen geistlichen Volksverbrecher liefere ich der öffentlichen Beurteilung aus, einen hochgestellten Kirchenbeamten in Dresden, den Konsistorialrat Dietrich Vorwerk, Pfarrer an der Andreaskirche. Der Gottesmann dichtet auch, man kann unzählige junge Hunde damit vergiften.
Im Weltkrieg schuf er für seine Gemeinde und für das deutsche Volk Kriegsgesänge unter dem harmonischen Doppelruf; "Hurrah und Halleluja". Nun, jeder blamiert sich eben so gut er kann.
In diesem bis in die Kriegslazarette gedrungenen Druckheft, hat der Dresdener Konsistorialrat "das christliche Vater-Unser" gemütsvoll umgedichtet. Nun lautet es also;

Vater unser, aus Himmelshöh'n,
Eile, den Deutschen beizusteh'n,
Hilf uns im heiligen Kriege,
Lass Deinen Namen sternengleich
Uns vorleuten: Dein deutsches Reich,
Führe zum herrlichen Siege,
Wer wird unter den Siegern steh'n?
Wer wird ins dunkle Schwertgrab geh'n?
Herrr Dein Wille geschehe!
Ist auch kärglich des Krieges Brot,
Schaffe nur täglich den Feinden Tod,
Und zehnfältiges Wehe.
In barmherziger Langmut vergib,
Jede Kugel und jeden Hieb,
Die vorbeigesendet.
In die Versuchung führe uns nicht,
Daß unser Zorn Dein Gottesgericht
Allzumilde vollende.
Uns und unsern Bundesfreund
Gib Erlösung vom höllischen Feind
Und seinen Dienern auf Erden.
Dein ist das Reich, das deutsch Land,
Und muß durch Deine gepanzerte Hand,
Kraft und Herrlichkeit werden.
(Aus "Berliner Volkszeitung" vom 28. III.. 1920)"

Es ist sicherlich so dass breite Bereiche der Religionsindustrie "Brotdiener" waren und sind. Exemplarisch auch an entsprechenden Ergüssen zu Zeiten des ersten Weltkrieges belegbar (nicht nur diesem).
Der Knackpunkt tritt dann ein, "haben sie etwas zu verlieren".
Am Beispiel der Adventisten auch belegbar. Deren Funktionäre hatten etwas zu verlieren; ergo heulten sie wie es ernst wurde "mit den Wölfen".

Noch 1933 (oder wenn man so will besonders 1933), meinte "ein" Kirchenvertreter der staatlich besoldeten Art (Theologie-Fakultät, Universität Marburg) nachfolgenden Erguss von sich geben zu sollen:

Dito auch die Bibelforscher zu Zeiten des ersten Weltkrieges.
Der zweite ist insofern anders zu werten, als die Untergrundfunktionäre in Hitlerdeutschland "gehetztes Wild" waren. Ideologisch zudem stark Endzeitlich geprägt. Die glaubten im Stile eines Konrad Franke noch tatsächlich, an die Endzeitthesen.

http://www.metacafe.com/watch/7850012/tagebuch_eines_toten/

Die heutigen Zeugen Jehovas kann man da schon eher ambivalent sehen.
Wie auch in der übrigen Gesellschaft, beobachtet man bei ihnen zwei entgegengesetzte Pole.
Jene, die es eher zum Mittelstand gebracht haben (nicht selten die 2. und 3 Generationen). Und die daher am ehesten in Richtung "Kulturchristentum" tendieren.

Gott ist für die "ein guter Mann". Dieweil sie in diesem Milieu groß geworden, den Wechsel prinzipiell scheuen, suchen sie sich zu arrangieren, mit dem "Wasser nach beiden Seiten tragend".

Endzeitthesen plappern sie zwar wie auch andere "Kulturchristen" treudoof nach.
Wirklich existenziell indes wirken die bei der Mittelstandsklientel kaum.

Anders die "ersten Generationen", nicht selten Personengleich auch "weltlich Gestrandeten" (was ja nicht zwangsläufig Dauerzustand bleiben muss, es aber doch - zunehmend - in einer "Hartz IV-Gesellschaft" ist).

Da ist man doch geneigt an den Schriftsteller Fallada zu erinnern, mit seinem flotten Spruch:
"Wer einmal au dem Blechnapp frass ..."
In dieser skizierten Klientel der "Gescheiterten" kann man in der Tat auch heute noch denjenigen begegnen, für die Endzeitthesen keineswegs nur ein "Lippenbekenntnis" sind.

Sieht man indes zur gleichen Zeit hin was in der Schweiz ablief, kommt man nicht umhin zu konstatieren.
Es ist wohl auch eine Frage, wieweit die staatliche Druckschraube angezogen wird.
KdöR-Kirchen (ohne relevante Ausnahmen) dürfen sich getrost in die Reihe jener einordnen, deren Nagelprobe sich in dem Satz offenbart:
Sie haben etwas zu verlieren, und ob es dabei zu Zuspitzungen kommt (so selten ja nicht), hängt eben vom staatlichen Druck ab. Der mag in den USA und Großbritannien nicht so stark ausgeprägt gewesen sein, wie etwa in Hitlerdeutschland. Man kann also durchaus verschiedene Stufen dieses Druckes registrieren. Und demzufolge auch, verschiedene Stufen des reagierens.
.
Selbst die Mennoniten, vor dem ersten Weltkrieg Sonderrechte in Sachen Wehrdienst sich erkämpft habend, knickten in der Belastungsprobe des ersten, noch mehr des zweiten Weltkrieges, ruhmlos ein.

Soweit es die WTG-Hörigen anbelangt, ist verschiedentlich dokumentiert worden, dass sie im Ersten Weltkrieg den Wehrdienst absolvierten.
Gleiches gilt übrigens auch für die Splittergruppen.
Die in der Schweiz erscheinende "Aussicht" berichtete verschiedentlich davon, dass ihr Redakteur zu (zeitlich befristeten) Wehrübungen eingezogen sei (nicht nur einmal sondern mehrmals). Also auch an der Schweiz ging das kriegerische Geschehen in den Nachbarländern nicht spurlos vorbei.

In Deutschland etwa, hatte Friedrich Bösenberg, einstmals WTG-Hörig ab Juli 1915

eine eigene Zeitschrift gegründet ("Botschafter für den Haushalt des Glaubens").
Sie wurde anfänglich übrigens von demselben Drucker gedruckt (Maximilian Mevius in Strehlen (Schlesien)), welche auch den "Volkboten" herausgab, der zu der Zeit (gegen Money) Russells wöchentliche Predigten in Deutschland publizierte.
In der Ausgabe des "Botschafters" vom 15. November 1916 findet sich auch die nachfolgende Mitteilung:

Laut "Botschafter" Ausgabe Dezember 1916, teilt Bösenberg darin weiter mit, er sei 47 Jahre alt und ein nicht allzu kräftiger Mann. Die Widrigkeiten des Krieges belasteten auch ihn bis an die Grenze seiner Kraft.
Immerhin habe er dahingehend doch noch Glück gehabt, als Offiziersordonanz verwendet zu werden, müsse also nicht aktiv kämpfen. Dieses aber schließt er nicht prinzipiell aus, sofern ein diesbezüglicher "Kelch" auch an ihm nicht vorübergehen würde.

In der Januar-Ausgabe 1917 liest man dann, Bösenberg befinde sich nunmehr als "Leichtkranker" in einem deutschen Lazarett. Seine Erkrankung deutet er als "vom Herrn geleitet ... da ihm dadurch vermehrte Gelegenheit zum Forschen in der Schrift und zum Gebet gegeben ist."

Die Ausgabe des "Botschafters" vom 15. Juni 1917 druckte dann eine ganze Reihe von Voten solcher ab, die mit dem Zusatz gezeichnet sind.
"z(ur) Zeit) im Felde".
Von einem F. Kliegel liest man da beispielsweise auch das Votum:

"Was die Quartiere anbelangt, so geht es mir ebenfalls wie Bruder B(ösenberg). Sogar Granatlöcher haben schon als Lagerstätte dienen müssen."

Solcherlei Angaben sprechen dann wohl für aktive Involvierung in das Kriegsgeschehen (und keinesfalls nur "in Einzelfällen").
Insofern wirkt die WTG-Angabe im 1974 ZJ-Jahrbuch von einem aus dem WTG-Zweigbüro Barmen, der als Soldat zum "Akten sortieren" Verwendung fand, als bewusst bagatelisierend, den tatsächlichen Sachverhalt verfälschend!

Hinweis den 2 und 3. Jg. des "Botschafter für den Haushalt des Glaubens" im Zeitungsformat gedruckt, namentlich an den Falzstellen damit heutzutage äußerst desolat. Das wiederum hätte zur Folge, in wissenschaftlichen Bibliotheken für die Benutzung prinzipiell gesperrt. Dieses Problem stellt sich aber nicht, da auch die Deutsche Bücherei Leipzig über genannte Jahrgänge nicht verfügt. Und selbige ist bezüglich der anderen Jahrgänge so ziemlich der einzigste Bestandsnachweis.
Genannte beiden Jahrgänge - stelle ich zu einem späteren Zeitpunkt noch, Online.soweit technisch möglich.
"Otto Normalverbraucher" wird diese vergilbten Texte eher weniger bis nicht, auch tatsächlich lesen. Wirklich "vom Hocker reißendes" bieten sie ohnehin nicht. Es gilt halt die zerfallenden Papierfetzen wenigstens so noch, soweit möglich zu "konservieren".
Davor möchte ich aber den Fall Bösenberg noch in weiteren Details erst mal selber aufgearbeitet haben. Ein Nachlass-Detail-Erwerb (nicht gerade "billiger" Art) liegt dem dann zugrunde.
Aber es vergeht noch einige Zeit, bis es soweit ist.

Eine weitere dem Splittergruppenbereich zuortbare Zeitschrift war die von Friedrich Kunkel mit dem Titel "Beiträge zum Schriftverständnis" (in späteren Jahren dann noch mit der "Aussicht" zusammengelegt). Auch Kunkel hatte mal eine WTG-Karriere, die er aber alsbald wieder zu beenden vorzog.
In deren Ausgabe vom April 1917 war beispielsweise nachfolgendes zu lesen:

"Der Krieg als Erlebnis
Jesaias 26, 9-21
Diejenigen, welche praktisch am Kriege beteiligt sind, können unendlich viel erleben. Schon oft bin ich von Brüdern im Felde gefragt worden, wie ich zur praktischen Beteiligung der Gottgeweihten am Kriege stehe. Zumeist antworte ich folgendes:
Falls ich Soldat werde, hege ich keine Gewissensbedenken, mich im Gebrauch scharfer Waffen zu üben und sie auch zu gebrauchen, und zwar aus folgenden Gründen:
Mein ganzes Leben habe ich Gott geweiht, ich gehöre Ihm auf Leben und Tod

Der Weg in die Kaserne oder in den Schützengraben ist bei einem Gottgeweihten wohl kein selbstgewählter, wenn ich ihn gehen muß, dann gehe ich ihn mit Gott, ebenso wie jeden anderen Weg. Jesus, unser Vorbild, hat wohlweislich verschwiegen, ob wir den Weg gehen sollen oder nicht, folglich hänge ich da vollkommen von den Umständen ab. Die Tatsache, daß ich ihn gehen muß, daß Gott es nicht verhühet, zeigt mir, daß es für mich eben Gottes Wille ist. Wäre es sein Wille nicht, dann würde Er mich davor bewahren; in Seiner Macht steht solches doch. Tut er es nicht, dann übernimmt Er aber auch die volle Verantwortung für alles, was ich auf diesem Wege tun muß. Und wenn ich beim Gebrauch scharfer Waffen jemand töte, ist er für mich verantwortlich. Für mich ist dann das Töten absolut kein Mord, sondern eine notwendige Pflicht, an der mein eigenes Empfinden gar keinen Teil hat, da ich meistens ja gar nicht weiß, auf wen ich schieße. Für mich ist weder der einzelne Franzose noch Russe ein Feind, ich handele, weil ich muß, weil Gott es nicht verhührte, daß ich den Weg gehen mußte. Außerdem steht im Kriege Volk gegen Volk, der Einzelne gilt da nicht. ..."

Siehe auch die Kommentare zur Herrberger-Schrift

Exkurs:
Der Mennoniten-Funktionär Ernst Crous, hielt auf dem fünften Deutschen Mennonitentag einen Vortrag am 18. Juni 1939 zu Krefeld, welcher sowohl in den "Mennonitischen Geschichtsblätter" als auch zusätzlich als Separat-Abdruck publiziert wurde. Letzterer hatte den Titel: "Wie die Mennoniten in die deutsche Volksgemeinschaft hineinwuchsen."
In selbigem führte Herr Crous unter anderem aus

"Im Grenzgebiet des Staatlichen hatten sie über Eid, öffentliche Ämter und namentlich den Wehrdienst eine eigene Lehre.
Immerhin gab es Beispiele für einen Verzicht auf ursprüngliche Auffassungen.

Wie sehr dieser Rechtsentwicklung eine seelische Umstellung zur Seite gegangen war, mag die Tatsache zeigen, daß derselbe Wilhelm Mannhardt, der 1863 die Wehrfreiheit der altpreußischen Mennoniten nach außen hin geschichtlich begründet hatte, 1868 - 70 in einer Aufsatzreihe zur Wehrfrage nach innen hin die neue Ordnung seinen Glaubensgenossen gerade um ihres geistlichen Lebens willen empfahl. Wie sehr dann zwei Menschenalter später die Gleichstellung nach Pflicht und Recht den Mennoniten in Fleisch und Blut übergegangen war, erwies sich im Jahre 1933, als die Vereinigung der Mennonitengemeinden im Deutschen Reich von sich aus erklärte, im Falle der Wiedereinführung der Wehrpflicht keine besonderen Vorrechte mehr beanspruchen zu wollen.

Und wenn die Mennoniten dankbar ihrer im Weltkrieg gefallenen Brüder gedenken, so verdient es in gegenwärtigem Zusammenhang hervorgehoben zu werden, daß unter diesen der Anteil an Offizieren etwa dreimal so groß ist wie im Reichsdurchschnitt."

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