"Der Krieg als Erlebnis"
geschrieben von:
Drahbeck
Datum: 27. Mai 2008 13:56
Friedrich Kunkel in Königsberg
Nach eigener Aussage, war Herr Kunkel in der Frühzeit im deutschen WTG-Büro
tätig.
Offenbar in Folge theologischer Differenzen, beendete er diese Tätigkeit etwa
ums Jahr 1908 und siedelte von Barmen nach Königsberg um.
Dort entfaltete er eine durchaus umfänglich zu nennende Publizistik, über
weite Strecken der vermeintlich „reinen" Russellehre verpflichtet.
Nachweisbar hielt er auch in späteren Jahren Charles T. Russell als sein Idol
hoch.
Besonders hervorgetreten ist Kunkel auch durch seine Zeitschriften-Projekte.
Sein erstes Blatt trug den Titel. „Beiträge zum Schriftverständnis" (später
umbenannt in „Die Neue Zeit"). Ab 1922 gaben Schweizer Bibelforscherkreise,
welche ebenfalls sich den Russell'schen Gedanken verpflichtet fühlten, ihre
Zeitschrift „Die Aussicht" auf, indem sie mit Kunkel's „Neue Zeit"
zusammengelegt wurde.
Ausdrücklich verdient der Umstand Beachtung, dass Kunkel dabei weiterhin der
Chefredakteur des gemeinsamen Blattes war (bis 1940 erscheinend).
Hat man also die Frühzeit der Bibelforscher-Bewegung im Blick, war Kunkel
darin sicherlich nicht „irgendwer" sondern hatte eine behauptete Position
darin inne.
Man kann weiter gehen und sagen. Die Schismatischen Gründe, die auch Kunkel
zur Trennung von der WTG veranlaßten, kamen von außen. Genauer, aus dem fernen
Australien. Dorthin war der Mann von Russell's Stieftochter (Rose Ball), von
Russell als dortiger Statthalter gesandt worden. Herr Henniges war auch
zeitweise - in der Frühzeit - Russell's Statthalter im WTG-Büro Barmen.
Offenbar kannten Kunkel und Henniges sich schon aus dieser Zeit. Just im Jahre
1908 bewirkte jener Henniges eine relative Erschütterung in der frühen
Bibelforscher-Geschichte, indem er theologisches Hinterhofgezänk zum Anlass
nahm, sich selbstständig zu machen, eine eigene Konkurrenz-Organisation zur
WTG aufzuziehen.
Noch 1932 sandte Henniges von Australien 8 Zentner seiner dort ins Deutsche
übersetzten Schriften (unter anderem ein mehr als 300 Seiten umfassendes Buch,
und eine größere Broschüre), zu Kunkel nach Königsberg, zum weiteren Vertrieb.
Was aus diesen Henniges'schen Schriften dann wurde, entzieht sich meiner
näheren Kenntnis. Im wissenschaftlichen Bibliothekswesen sind selbige nicht
nachweisbar. Vieles spricht auch dafür, dass sie Kunkel auch nie einer
wissenschaftlichen Bibliothek zugänglich gemacht hat. Die Ungunst der Stunde
(1933) stand vor der Türe, dürfte wohl für deren Vertrieb auch nicht gerade
„förderlich" gewesen sein.
Mag auch Kunkel theologische Differenzen zur WTG gehabt haben, maßgeblich von
Henniges inspiriert, welchen Russell bei einem frühen Besuch in der Schweiz,
den Anwesenden als seinen „Sohn Timotheus" vorstellte (symbolisch gemeint), so
betrafen diese theologische Differenzen zwar Begriffe wie „Opfer" und „Bund".
Aber eben nicht die Russell'sche Religion in Gesamtheit. Namentlich auch nicht
in der Frage Endzeit-Naherwartung. Da waren „Sohn Timotheus" und Anhang und
WTG auf ziemlich ähnlicher Wellenlänge.
Von der Russell-Religion ist auch bekannt, namentlich in deren „Beröer
Handbuch", dass man in der Kriegsfrage keinen Wehrdienstgegnerischen
Standpunkt vertrat. Das kam dann erst mit Rutherford. Insofern repräsentieren
auch Kunkel'sche Aussagen zum Thema, die Position der frühen Russell-Bewegung.
Anmerkung: Am morgigen Tage komme ich (indirekt) nochmals auf Kunkel mit
zurück.
Für heute noch. Eine kommentarlose Dokumentation einer Aussage von Kunkel,
publiziert von ihm in seiner seinerzeitigen Zeitschrift „Beiträge zum
Schriftverständnis", Ausgabe vom April 1917. Bilde sich jeder sein eigene
Meinung dazu. In selbiger schrieb Kunkel unter der Überschrift „Der Krieg als
Erlebnis":
Diejenigen, welche praktisch am Kriege beteiligt sind, können unendlich viel
erleben. Schon oft bin ich von Brüdern im Felde gefragt worden, wie ich zur
praktischen Beteiligung der Gottgeweihten am Kriege stehe. Zumeist antworte
ich folgendes:
Falls ich Soldat werde, hege ich keine Gewissensbedenken, mich im Gebrauch
scharfer Waffen zu üben und sie auch zu gebrauchen, und zwar aus folgenden
Gründen:
Mein ganzes Leben habe ich Gott geweiht, ich gehöre Ihm auf Leben und Tod
Der Weg in die Kaserne oder in den Schützengraben ist bei einem Gottgeweihten
wohl kein selbstgewählter, wenn ich ihn gehen muß, dann gehe ich ihn mit Gott,
ebenso wie jeden anderen Weg. Jesus, unser Vorbild, hat wohlweislich
verschwiegen, ob wir den Weg gehen sollen oder nicht, folglich hänge ich da
vollkommen von den Umständen ab. Die Tatsache, daß ich ihn gehen muß, daß Gott
es nicht verhühet, zeigt mir, daß es für mich eben Gottes Wille ist.
Wäre es sein Wille nicht, dann würde Er mich davor bewahren; in Seiner Macht
steht solches doch. Tut er es nicht, dann übernimmt Er aber auch die volle
Verantwortung für alles, was ich auf diesem Wege tun muß. Und wenn ich beim
Gebrauch scharfer Waffen jemand töte, ist er für mich verantwortlich. Für mich
ist dann das Töten absolut kein Mord, sondern eine notwendige Pflicht, an der
mein eigenes Empfinden gar keinen Teil hat, da ich meistens ja gar nicht weiß,
auf wen ich schieße. Für mich ist weder der einzelne Franzose noch Russe ein
Feind, ich handele, weil ich muß, weil Gott es nicht verhührte, daß ich den
Weg gehen mußte. Außerdem steht im Kriege Volk gegen Volk, der Einzelne gilt
da nicht.
Alles, was im Kriege geschieht, ist Tat und Lebensäußerung der Völker nicht
des Einzelnen. Der Einzelne muß mit, wenn Gott ihn nicht bewahrt. Derselbe
Gott, welcher dem Volke Israel gebot: Du sollst nicht töten, gebot Josua und
Mose:
Alle Einwohner des Landes Kanaan zu vertilgen (Jos. 9,14, 10,40). Und wenn
Gott heute Völker strafen und vertilgen will und ich persönlich muß an dieser
ernsten Mission mithelfen, dann gehe ich und handele so, wie ich aus den
Umständen Gottes Willen erkenne. Gerade darin kann ich Gott hervorragend
erleben, kann der Krieg mir zum Erlebnis werden. Gewiß wird der Gottgeweihe
die scharfe Waffe nicht mit Freudigkeit führen, aber ohne Gewissensbedenken
kann er sie führen, wenn er doch sieht, Gott hat ihn vor diesem Wege nicht
bewahrt. -
Ob im Schützengraben, in der Krankenpflege oder im anderen Dienst. Überall und
immer kann der Gottgeweihe sich den Krieg als Erlebnis dienen lassen. Gerade
heute, als ich dieses schreibe, wurden in einer Versammlung etwa 10 Briefe
feldgrauer Brüder vorgelesen, die fast alle Schweres erlebt, und jeder Brief
fing mit einer Danksagung gegen Gott an.
Ja, „uns, Herr, schaffst du Frieden." -
R.E.B. Nicholson
geschrieben von:
X ~ mysnip
Datum: 27. Mai 2008 16:16
Zitat:
Drahbeck
Friedrich Kunkel in Königsberg
Dort entfaltete er eine durchaus umfänglich zu nennende Publizistik, über
weite Strecken der vermeintlich „reinen" Russellehre verpflichtet.
Nachweisbar hielt er auch in späteren Jahren Charles T. Russell als sein
Idol hoch.
Man kann weiter gehen und sagen. Die Schismatischen Gründe, die auch Kunkel
zur Trennung von der WTG veranlaßten, kamen von außen. Genauer, aus dem
fernen Australien.
WTG- Buch: Jehovas Zeugen - Verkündiger des Königreiches Gottes S.
624
,,Der Tod von Bruder Russell und die darauffolgenden Entwicklungen waren auch
für R.E.B. Nicholson, den Schriftführer des australischen Zweigbüros, ein
Prüfstein, durch den sich zeigte, was wirklich in seinem Herzen war. Nach dem
Tode Russells schrieb Nicholson:
,Über ein Vierteljahrhundert habe ich ihn nicht nur wegen seiner Arbeit, sondern
auch wegen seines wunderbaren Charakters geschätzt, mich an den Wahrheiten, die
er als ,Speise zur rechten Zeit' verkündet hat, und an seinem Rat erfreut und
seine einfühlsame, freundliche, liebevolle Art bewundert, die auf so großartige
Weise mit einer inneren Kraft und festen Enstchlossenheit gepaart war, alles zu
tun und zu wagen, um das, was er als den göttlichen Willen oder die Offenbarung
Seines Wortes verstand, auszuführen. . . . Zurück bleibt ein Gefühl der
Einsamkeit, wenn einem bewußt wird, daß diese große Stütze nun nicht mehr unter
uns weilt.'
Joseph F. Rutherford, der neue Präsident der Watch Tower Society, war nicht der
Mann, den Nicholson gern in der Aufsichtsstellung gesehen hätte, die Bruder
Russell innegehabt hatte. Nicholson kritisierte ganz offen die Direktheit, mit
der in neuen Bibelstudienhilfsmitteln die falsche Religion verurteilt wurde. . .
."Eine Bilanz in
Sachen Wehrdienstverweigerung
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