Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 29. Dezember 2009 14:57

Ja ja:
"Die Väter aßen saure Trauben, und den Söhnen wurden die Zahne stumpf", wäre eigentlich nur zu einer weiteren Baden-Württemberg bezüglichen Meldung zu kommentieren.

Wer nicht konsequent ist (nicht sein will) braucht sich auch nicht zu wundern, wird er als Folge seiner Inkonsequenz dann auch mal bei passenden Gelegenheiten "über den Tisch gezogen."
Im übrigen könnten die, die sich da jetzt zu echauffieren gedenken, mal bei ihrem Kollegen Peter Straub (seines Zeichens Präsident des Landtags von Baden-Württemberg) nachfragen, wie der es denn so mit den Zeugen Jehovas hielt.

Und als kleine Gedächtnisstütze.
In einem von Herrn Regin Weinreich (ein Zeuge Jehovas) herausgegebenen Buch findet man auch ein Grußwort an die Zeugen Jehovas (1999), eben von besagtem Herrn Straub.
Selbiges mag sich ja in relativ "neutralen" Dimensionen bewegt haben.
Einer anderen Dame (aus der Schweiz mit Namen Eva Kuhn), dort auch ein Grußwort zum "besten" geben, würde ich allerdings bedenkliche Geschichtsklitterung bescheinigen.
Siehe
Kuhn
Mir ist allerdings nicht zu Ohren gekommen, dass Herr Straub etwa, jener Dame widersprochen hätte.
Die sangen doch eher "beide im Duett" das relative "Loblied" der Zeugen Jehovas, bei diesem 1999er Anlass.
Und nun, was ist zehn Jahre später eigentlich "anders"?

www.bild.de/BILD/regional/stuttgart/dpa/2009/12/29/zeugen-jehovas-sprechen-bei-gedenkfeier-des.html

Ach ja noch ein Exkurs.
In der Zeitschrift „Religion Staat Gesellschaft" (Heft 1/2003) in der sich verschiedentlich schon mal Funktionäre der Zeugen Jehovas wirkungsvoll selbstdarstellen konnten.
Unter anderem der seinerzeitige Funktionär, der besonders für Geschichtsfragen zuständig war, der Herr Johannes Wrobel

(auch wenn er heute nicht mehr im aktiven Dienst der WTG tätig ist, offenbar wurde er von selbiger „hinauskomplementiert".
Das aber kaum wegen ideologischer Differenzen. Das kann man so gut wie ausschließen.
Dem vernehmen nach spielten da wohl eher monitäre Aspekte eine motivierende Rolle, dergestalt, das die Frau von Wrobel zum gesundheitlichen Pflegefall zu werden drohte.
Und da hiess die WTG-Parole an eine örtliche Zeugen Jehovas-Versammlung.
Übernehmen sie.

Das hatte man ja schon beim WTG-Funktionär Erich Frost so praktiziert (um ein anderes Beispiel zu nennen). Auch der durfte sein „Gnadenbrot" nicht mehr auf dem WTG-Gelände „geniessen".
Der wurde auch krass gesprochen - abgeschoben.
Der Fall Wrobel liegt da wohl nicht viel anders.

Jedenfalls zitiert Wrobel (wie er noch im WTG-Dienst stand) in der genannten Zeitschrift die Pressemitteilung Nummer 04/2003 vom 27. 1. 2003 des Landtages von Baden-Württemberg.
Und, was gab es da in selbiger zu lesen?
Schlichtweg eine Laudatio für die Zeugen Jehovas.
Und wo fand sie statt?
Diesmal in Ulm
Und wer war dort der Lobbredner im Sinne der Zeugen Jehovas?
Ach ja, wer noch nicht von selbst darauf gekommen sein sollte; wieder der genannte Herr Peter Straub.
Straub beschränkt sich in seinem Votum primär auf das Leid, das unfraglich dieZeugen Jehovas unter dem Naziregime erleiden mussten.
In der Beschreibung dieses Leides habe ich auch keinen Dissenz.
Den Dissenz sehe ich namentlich in dem Anteil, den man jenseits des großen Teiches, in den WTG-Bürotrakten daran hat (mit hat).
Darüber indes eine Auch-Referierung aus dem Munde der Lobsänger zu erwarten, wäre wohl wieder mal etwas zuviel erwartet.
Und sicherlich gibt es da noch ein paar mehr solcher Lobsänger ...

Re: Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 30. Dezember 2009 01:26

So so, da gibt es also jetzt sogar eine Thematische Verlautbarung des bereits genannten Herrn Straub.
Eines hätte mit dem anderen nichts zu tun, lässt er verlautbaren.
Ich für meine Person kann mich indes nicht eines Kommentarwortes erwehren.
Und dieses lautet:

Doppelzüngig!

Selbst der mit zum Chor der Lobsänger der Zeugen Jehovas gehörende Dr. Detlef Garbe.
Zwischenfrage: Warum lädt man den nicht ein, anstatt eines Funktionärs der Zeugen Jehovas?

Selbst Garbe räumt ein; als "Vorbild" für nachfolgende Generationen, sei das Verhalten der WTG-Organisation in der NS-Zeit, wenig bis nicht geeignet.
Wenn es gälte Vorbilder aus dieser Zeit zu benennen, könnte man - beispielsweise - auf Dietrich Bonhoeffer und ähnliche verweisen.
Die Zeugen-Organisation mit ihrer 1929er Obrigkeitsthese, die voll in der Nazizeit mit durchschlug, sei da wohl kaum als "vorbildlich" zu bezeichnen.

Das Einladen eines Zeugen Jehovas-Funktionär's in den Baden Würrtembergischen Landtag ist ein Affront, ein Schlag ins Gesicht derjenigen, welche nicht umhin kommen die WTG-Religion kritisch zu bewerten.
Und verlautbart sich dann gar noch ein wesentlicher Strippernzieher in scheinheiligen Worten dazu, wird die ganze Sache auch nicht "besser".

www.bild.de/BILD/regional/stuttgart/dpa/2009/12/29/straub-fuer-rechtsstreit-mit-zeugen-jehovas.html

www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=5802218/5b2jfu/

www.swp.de/muensingen/nachrichten/suedwestumschau/art4319,309322

Re: Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 30. Dezember 2009 07:57

Also einer weiteren Meldung ist noch zu entnehmen:
morgenweb.de/nachrichten/politik/20091230_srv0000005230082.html

Ort der Veranstaltung ist Freiburg.
Garbe spricht dort auch.
Als Redner seitens der Zeugen Jehovas ist Slupina benannt.
Also wenn auch nun Garbe mit auf dem Programm steht, der sich in Anwesenheit von Slupina wohl inhaltlich "mehr als zurückhalten wird" (wie gehabt bereits bei frühreren Anlässen) bleibt in der Substanz bestehen.
Eine de facto Aufwertung der WTG.
Die "Vermarktung" zu späteren Zeitpunkten im Sinne der WTG ist vorprogammiert.

So wird Politik gemacht!
So werden Weichen gestellt!
Heuchlerpack mein letztes Wort zu diesem Vorgang!

Re: Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 18. Januar 2010 03:33

Marktwirtschaft nennt man das dann wohl.
Am 28 Januar (ein Donnerstag) will der Baden-Württembergische Landtag, unter den Auspizien des bereits einschlägig bekannten dortigen Landtagspräsidenten, in einer würdevollen Feierstunde der Zeugen Jehovas gedenken, nicht irgendwo, sondern konkret in Freiburg.
Und siehe da, es gibt im Buchhandel eine Vorankündigung für den 26. Januar.

Das Timing ist schon beachtlich.

Es ist nicht überliefert ob denn die Anwesenden jener Feierstunde jenes Buch kaufen können (für 18 Euro) oder ob es ihnen gar bei jenem Anlass so überreicht wird.
Solcherlei Promotion soll ja auch andernorts nicht unbekannt sein.
Jeder macht halt die Geschäfte, die ihm möglich sind.
Und sei es auch nur das Geschäft mit dem Leid der Vergangenheit.

Re: Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 18. Januar 2010 05:08

Da wird der Buch-Herausgeber Hubert Roser sich aber freuen, dass er diesmal offenbar etwas mehr Glück hat.
Im Jahre 2001 jedenfalls schien ihn das Glück etwas verlassen zu haben.
Es war auch für die WTG-nahe Webseite "Standhaft.org", die vor allem durch nicht zu registrierende inhaltliche Aktualisierungen "glänzt", eine Ehrensache, für das 2001er Buch von Roser die Werbetrommel zu rühren

Und in der Tat, auch der Buchhandel kündigte jenes Buch als "demnächst" erscheinend an.
Dieses "demnächst" kann dann ja bald ein zehnjähriges Jubiläum feiern, ähnlich wie beim Fall des zweiten ZJ-bezüglichen Buches von Garbe.

Vielleicht mag der Fall "Roser 2001" aber in Sonderheit darin etwas anders liegen, weil sich dann nämlich auch die Zwangsläufigkeit ergeben hätte, auf die berühmt-berüchtigte Schweizer Wehrdiensterklärung von 1943 mit zu sprechen zu kommen.




Kritiker will einfach der Kommentarsatz nicht entweichen, dass da die WTG sich wohl kaum mit Ruhm bekleckert hatte.
Vielleicht sahen das nicht bloß die Kritiker so.
Aber die Schönredner lieben es halt nicht, ihre eigenen Schönreden desavouiert zu sehen.

Nun mag man ja einwenden (siehe das Beispiel Garbe) wirtschaftliche Überlegungen hätten im letzten Moment "Roser 2001" noch vereitelt.
Die wirtschaftliche Komponente sei keineswegs in Abrede gestellt.
Erinnert sei aber auch daran, dass die Zeugen Jehovas nahe Arnold-Liebster-Stiftung schon mal andere Zeugen Jehovas nahe Bücher bezuschusst hat, um ihr Erscheinen zu gewährleisten.

Für Roser 2001 indes fühlte sich weder jene Stiftung, noch sonstige ZJ-Kreise, noch die WTG zuständig (finanziell)
Ergo dürfte "Roser 2001" eines sanften Todes sterben, was dann ja tief blicken lässt!

Re: Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 18. Januar 2010 05:55

Übrigens, auch der nicht unbekannte Herr Max Wörnhard, soll dem beglaubigtem Vernehmen nach, in jenem "bisher" nicht erschienenen Buch (Roser 2001) mit vertreten sein.
Namentlich und nicht zuletzt auch mit einer Apologie die Schweizer WTG-Wehrdiensterklärung von 1943 betreffend.

Was besagter Herr Wörnhard da so "alles auf dem Kasten hat", kann man auch an einem anderen Beispiel ablesen.
Es war für Wörnhard offenbar eine Ehrensache, in einer in Buchform vorliegenden Festschrift, für den nicht unbekannten Herrn Besier, anläßlich dessen 60. Geburtstag mit vertreten zu sein.

Wörnhard will sich aber als Zeuge Jehovas verstanden wissen, zu deren Praktiken eben auch die (theoretische) Ablehnung von Geburtstagsfeiern gehört.
Macht nichts, sagte sich Wörnhard.
Wenn der ZJ Mickey Spillane mit anrüchrigen Kriminalromanen brutalster Art Furore machen kann (ohne deswegen ausgeschlossen zu werden).
Oder wenn der ZJ "Rickey King" Weihnachtslieder vermarkten darf (ohne disziplinarischer Konssequenzen seitens der Zeugen für letzteren) (und es gäbe da wohl noch einige ähnlich gelagerte Fälle).
Dann gilt auch für Wörnhard.
Es gibt immer ein paar die "gleicher als die anderen Gleichen" sind.
Und diese Rechung ging dann ja auch auf
Ergo darf Herr Wörnhard dem Herrn Besier eben auch zum Geburtstag gratulieren.

Sein eigenes Gewissen (wenn er denn eines hat) beschwichtigt dann Wörnhard in einer Fußnote in der Besier-Festschrift.

Da fällt es wohl nicht schwer zu erraten, wie den so seine Apologie in Sachen Schweizer Wehrdiensterklärung von 1943 auch ausfällt!

Re: Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 26. Januar 2010 01:31

Im Vorfeld der morgigen "salbungsvollen Redeveranstaltung" gibt es also schon mal einen Pressebericht
www.badische-zeitung.de/suedwest-1/keine-hand-fuer-den-deutschen-gruss--26060176.html

In ihm, eher untergeordnet, auch den Detailsatz:
"Um die Opferrolle weiß Garbe genau. Aber auch, dass "die couragierte Haltung der Zeugen Jehovas sich als Leitbild in einer demokratisch verfassten Gesellschaft nur bedingt eignet. Ihr Handlungsmotiv war die Loyalität zur Theokratie, nicht die Wiedererlangung von Freiheit und Demokratie."

Es tut mir leid, meinerseits muss ich da noch etwas deutlicher werden:

Der 27. Januar wird nun schon seit einigen Jahren als Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, in entsprechenden Feierstunden gewürdigt.
Dieser Umstand als solches, sei keineswegs negativ gewertet.
Nun hat man für dieses Jahr insbesondere die Opfergruppe der Zeugen Jehovas, als besonderes Thema auserkoren. Wieder einmal eine Gelegenheit für einige Lobsänger, sich da wirkungsvoll zu produzieren.
Und auch für einige Doppelzüngler der politischen Partei CDU, erneut unter Beweis zu stellen, dass sie eben fallweise mit zwei Zungen zu reden, offenbar überhaupt keine Probleme haben.

In ihren Sonntagsreden dieser CDU-Granden, vernimmt man teilweise zwar, sie hätten Bedenken gegen eine KdöR-Begünstigung der Zeugen Jehovas in Baden-Württemberg.
Diese Sonntagsreden sind dann wohl aber noch nicht einmal das Papier wert, auf dem sie fallweise dann auch gedruckt sind.
Denn in ihrer tatsächlichen Politik befolgen ja diese Doppelzüngler genau das, was sie denn in ihren Sonntagsreden manchmal vorgeben, nicht zu wollen.

Ich werde diesen Umstand nicht abändern können. Darüber bin ich mir auch im klaren. Das könnte allenfalls der Wähler dergestalt tun, diesen Doppelzünglern am Wahltage einen kräftigen Denkzettel zu verpassen.
Diesbezüglichen sonderlichen Optimismus habe ich allerdings nicht.

Auch das muss man dann wohl sagen.
Auch andere Parteien haben sich bei dem Thema keineswegs "mit Ruhm bekleckert", eher mit dem Gegenteil davon. Ich könnte in der Tat keine Partei benennen, die da eine "rühmliche" Ausnahme wäre. Insofern können sich alle Parteien zusammen den Orden an ihr Revers heften. Mächtig zur Politikverdrossenheit selbst beizutragen. Und das keineswegs nur bei den prinzipiellen Nichtwählern, wie den Zeugen; sondern auch bei denen, die vom Prinzip her anerkennen, Nicht-wählen kann nicht "der Weisheit letzter Schluss sein."

Selbst solche Parteien, wo man eventuell meinen könnte, von ihrer Tradition her, könnte es bei ihnen anders aussehen, etwa wie die "Linken", haben sich total desavouiert.
Die Protegierung eines Herrn Besier, durch letztgenannte Partei, erfüllt den Tatbestand die zulässige "Schmerzgrenze" massiv überschritten zu haben.
Insofern wüsste ich wirklich nicht, vor welcher Partei mehr auszukotzen wäre!

Dennoch kann ich es mir nicht ganz versagen, etwas Salz in die Euphoriesuppe mit hineinzustreuen, wie sie ja insbesondere im Kontext genannter Veranstaltung wieder zu registrieren ist.

In den Jahren 1951/52 versuchte sich Margarete Buber-Neumann (bekannt auch durch ihr wesentliches Buch "Als Gefangene unter Stalin und Hitler"), auch als Zeitschriftenherausgeberin.
"Die Aktion. Monatszeitschrift" so der Titel.
In deren Nummer 7 des ersten Jahrganges, gibt es auch einen Zeugen Jehovas bezüglichen Artikel (S. 50f.)
Ein Ben Gunther berichtet da unter der Überschrift "Die Zeugen Jehovas in Wembley" über einen Kongress im Jahre 1951 selbiger in England. Mag man gewisse Aspekte dieses Berichtes auch nicht mittragen wollen und als zeitbedingt einstufen, stellt er dennoch ein aufschlussreiches Dokument dar.
Seine wesentlichen Aussagen, seien im nachfolgenden vorgestellt:

Er leitet ein:
"Am 3. August 1951 sah London einen "Propheten".
Und zwar den "Propheten Nathan H. Knorr der da vor einem andächtigen Gefolge von rund 40.000 Menschen in einem Londonder Stadion dozierte. Jenem Stadion in dem zwei Jahre früher Olympische Spiele ausgetragen wurden.


Sein Kommentar weiter:
"Mr. Nathan Knorr aus New York: das ist der Name des neuen Savonarola, der heute alle christlichen Konfessionen anklagt, den Papst ebenso wie den Erzbischof von Canterbury, weil sie als die Verantwortlichen für das Erbe Christi, es versäumt hätten, das "Königreich Gottes" aufzurichten."

Weiter in der Referierung besagten Herrn Knorr fortfahrend zitiert er ihn mit der (sinngemäßen) Aussage:
"Dieses Reich werde kommen, und allein die Zeugen Jehovas seien auserwählt, in diesem Königreich zu leben."

Angesichts dieser Perspektive so der berichtende Herr Gunther weiter, sei halt ein
"bedingungsloser Glauben" das dazu notwendige Eintrittsbillet.

Und der Berichterstatter kann es sich nicht verkneifen, weiter zu kommentieren:
"Es geschah tatsächlich im aufgeklärten England von heute, daß dieser religiöse Unsinn "prophezeit" werden konnte, und die 40.000 Zuhörer, die von einer sich zusehends steigernden Ekstase befallen wurden, klatschten besinnungslos Beifall, als der "Prophet" das Sündenregister der Kirchen, vom Konkordat mit Hitler bis zu den Reisen des "Roten Dekans" von Canterbury zum "Teufel in Moskau", aufzählte."

Auch Gunther räumt dann weiter ein:
"Manches an der Kritik des "Propheten" mag sogar richtig gewesen sein, aber das Sündenregister der anderen diente ihm schließlich nur zur Reklame für sich selbst und zur fanatischen Aufreizung der Masse, nicht nur gegen die Kirchen, sondern gegen alle bestehenden Organisationen und Bindungen, gegen bestimmte Gesetze und vor allem gegen die militärische Dienstpflicht."

Nun kommt der Punkt, wo ich mit diesem Gunther nicht mehr konform gehe. Man liest weiter bei ihm:
"Die Zeugen Jehovas behaupten, sie hätten kein politisches Programm. Gott werde für sie zur rechten Zeit kämpfen. Indem sie aber gegen jede Aufrüstung und für entschiedene Kriegsdienstverweigerung kämpfen, für Fahnenflüchtige Hilfe und Zuflucht organisieren fördern sie selbst, wenn auch unbewußt, die Interessen der Sowjets und der Kommunisten, nach ihrer Ausdrucksweise also die Interessen des "Roten Teufels in Moskau".

Namentlich die Unterstellung von "Hilfe und Zuflucht für Fahnenflüchtige" entbehrt meines Erachtens jeder beweisbaren Grundlage.
Doktrin der WTG in Sachen Wehrdienst war es von jeher, der Einzelne müsse selbst "Gewissensgeformt" für sich entscheiden.
Der Einzelne habe dann auch die Suppe auszulöffeln, die seine Entscheidung im Gefolge haben mag.

Aber namentlich arbeitet Gunter in seinem Bericht die Massenhysterischen Aspekte mit heraus, wenn er weiter ausführt:
"Man könnte nicht sagen, daß der "Prophet" sein Ziel nicht erreichte: am Schluß seiner Anklage kreischte die Masse: "Praise Jah! Praise Jah! Praise Jah!" ("Heil Jah", wobei dies die Abkürzung für Jehova ist), und sie kreischte es in einem Rhytmus, der eindeutig die vollzogene Massensuggestion bezeugte.

Man kennt diesen Rhytmus und diesen Zustand der Massen, Er erinnerte allzusehr an die Szenen im Berliner Sportpalast oder bei den Nürnberger Parteitagen. Dort wurde durch einen weltanschaulichen Fanatismus die Vernunft des einzelnen ausgeschaltet.

Auch dieser Prophet Nathan Knorr aus New York ist ein nervös-hysterischer Mensch mit starken psychopathischen Zügen, den gleichen, die Hitler und Goebbels aufwiesen. Auch er vermag seine eigene Unruhe und Hysterie suggestiv auf die Massen zu übertragen und die Gemüter erschöpfter und ruhebedürftiger Menschen in unfaßbare Leidenschaften zu versetzen.

Die religiöse Leidenschaft, die der Prophet Knorr entfachte, ist nicht weniger gefährlich als die politische Leidenschaft, die Hitler entfachte. Dieser gewann die Massen der erbitterten Arbeitslosen und entwurzelten Mittelständler, jener entflammte eine Menschenmasse, die ebenso aus Enttäuschten und Verbitterten besteht: englischen Kleinbürgern, Angestellten, Rentnern, die durch die Entwertung des Pfundes arm geworden sind, Frauen, die das Leben und die Liebe enttäuschte, politisch Verbitterten, die nicht verstehen können, daß sechs Jahre nach Kriegsende noch immer keine wirtschaftliche Besserung eingetreten ist."


Und die politische Bedeutung der Zeugen Jehovas sieht er namentlich in seiner Aussage:
"Enttäuschte und Verbitterte: das sind die Menschen, aus denen die Zeugen Jehovas ihre Anhänger gewinnen. Die große Krise, die in Deutschland die Massen Hitler zutrieb, scheint in der englischen Welt ihren Ausdruck in verworrenen und religiös-phantastischen Bekenntnissen zu finden."

Dann leitet er von England ausgehend zu Deutschland über:
"Auch in Deutschland gab es in den Krisenjahren der Weimarer Republik eine Reihe von Wundertätern und "Heiligen", die ungeheuren Zulauf hatten:
Der "Prophet" Weißenberg etwa und die Therese von Konnersreuth.


Zur Neuzeit überleitend ist seine These:
"Das Dasein der Atombombe und die andauernde politische Weltkrise machen es ihnen leicht, die Furcht und Angst der Menschen durch die Orakel des Weltunterganges zu steigern, die in dieser biblischen "Offenbarung", jeder Ausdeutung fähig, zu finden sind, Millionen mögen heute wirklich den Weltuntergang fürchten: auch sie sind es, die zu den Meetings der Zeugen Jehovas eilen und hoffen, dort für ihre geistige Not Trost und Beruhigung zu finden.

Der "Prophet" aber, der so gewissenlos auf die Furcht und Angst seiner Mitmenschen spekuliert, besitzt nichts von jener allumfassenden Menschenliebe, die das Urelement der Lehre Christi ist: er sät nur Haß gegen alle, die nicht in seinem Sinne glauben. Und wie Hitler seinen Anhängern die Zugehörigkeit zu einer auserwählten Herrenrasse vorgaukelte, suggeriert der "Prophet" seiner Anhängerschaft, daß sie die allein von Gott auserwählte Gemeinschaft sei, die den Weltuntergang überleben werde."


Reverenz erweist er ihnen dergestalt, dass auch er einräumt:
"Ihre starre Bibelgläubigkeit widerstand der Nazilehre ... Charaktervolle Menschen verdienen zweifellos die größte Hochachtung, auch diese Bibelforscher, genau unabhängig davon, daß sie religiöse Fanatiker, Wanderer ins nichts sind, genau so wie jene Kommunisten im Hitler-KZ, die Stalin die Treue hielten, obwohl dieser sie längst verraten hatte."

Seine abschließende Klage besteht in der Aussage:
"Trotzdem scheint es unmöglich, den Zeugen Jehovas die Unlogik ihrer Haltung verständlich zu machen. Vernunft überzeugt nicht, wo das Irrationale die entscheidende Rolle spielt.

Die großen Zeitungen Englands haben es nicht der Mühe wert gehalten, über das eigenartige Massenmeeting der Zeugen Jehovas zu berichten. Anscheinend existiert bei vielen Rationalisten, eine Scheu, sich mit den Irrationalen zu beschäftigen, obgleich das Irrationale in unserem aufgeklärtem Jahrhundert schon eine so tragische Rolle in der Politik gespielt hat.

Die Irrationalisten, so lehren englische Psychiater, sind immer da und werden immer da sein - wie die Bakterien. In Krisenzeiten werden sie virulent und gefährlich. So leicht es ist, in normalen Zeiten Wirrköpfe und Schwärmer abzutun: wenn zur politisch-wirtschaftlichen Krise wie heute wieder die geistige Krise hinzu kommt, dann entsteht die Gefahr, daß das Irrationale über die Massen Macht gewinnt."

Re: Wieder mal was aus dem "Ländle" (Baden Württemberg)

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 27. Januar 2010 14:35

Notiert:
Anläßlich der heutigen Gedenkveranstaltungen anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Auschwitz:

"Straub (Präsident des Landtages von Baden-Württemberg)
ging in seiner Rede jedoch nicht gesondert auf die umstrittene Glaubensgemeinschaft (Zeugen Jehovas) ein. Auch zum Streit um die geplante Anerkennung der Zeugen Jehovas als Körperschaft öffentlichen Rechts äußerte sich der Landtagspräsident in seiner Rede nicht. ..."

www.badische-zeitung.de/freiburg/landtag-gedenkt-in-freiburg-der-ns-opfer--26191949.html

Noch ein Artikel dergleichen Zeitung (thematisch ähnlich):

"Mit der Anerkennung einer Religionsgemeinschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts sind Privilegien verbunden: finanzielle Vergünstigungen beispielsweise, die Mitwirkung in Rundfunk- und Medienräten, das Recht zur Erhebung von Steuern oder zur Bildung besonderer Dienstverhältnisse. Der Titel wird von den Ländern vergeben und keineswegs nur von den großen christlichen Konfessionen oder der Jüdischen Religionsgemeinschaft geführt. Im Gegenteil: Es gibt viele kleine, zum Teil durchaus obskure Gruppen, die in dem staatlichen Gütesiegel auch einen Imagevorteil und den Nachweis religiöser Gleichbehandlung erblicken. In keinem Fall wurde der Streit um die Zuerkennung aber so erbittert und ausdauernd geführt wie bei den Zeugen Jehovas. ...
Elf Bundesländer inklusive Bayern haben sie inzwischen anerkannt; in Stuttgart schickt sich zwar die Regierung ins Unvermeidliche, nicht aber das Parlament. Dort gibt es viele trotzige Stimmen, die es auf einen weiteren Prozess ankommen lassen möchten, auch ohne neue Argumente. Andere schlagen eine Änderung des Körperschaftsgesetzes vor, um wenigstens künftigen Aspiranten den Antrag zu erschweren, aber da fürchten die etablierten Kirchen Verschlechterungen."

www.badische-zeitung.de/auschwitz-befreiung-gedenken-an-die-zeugen-jehovas

Jener Zeitungskommentar fragt weiter:
"Und welche Zusatzkriterien will man einführen?"

Die Antwort wäre: Trennung von Staat und Kirche, nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis!

Thematisch siehe auch:
www.badische-zeitung.de/freiburg/lasst-uns-das-tausendmal-gesagte-immer-wieder-sagen--26209121.html

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