Über Erdbeerfelder und noch einiges mehr
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 24. September 2009 01:26
Folgt man gewissen Wahlprognosen, werden in selbigen nicht selten, die Kräfte des Marktliberalismus, als strahlende Sieger gehandelt. Ich meinerseits würde die Zielstellung der "Marktliberalen" etwas anders formulieren.
Und zwar als Zielstellung der "Zeugen Jehovas-Zisierung der Gesamtgesellschaft".
Was das im Einzelnen bedeuten kann, braucht an dieser Stelle nicht unbedingt im Detail ausgeführt zu werden. Auch das Verkaufen von Dummheit, für diejenigen die sich betören lassen, ist ja mit Wesenselement der "Marktliberalen". Je dümmer, umso besser geht es denjenigen am anderen Ende des Spektrums.

Die "Verkaufskünste" bestehen dann wohl insbesondere darin, dass die Käufer der Dummheit noch wähnen, sie hätten das Gegenteil davon erworben.

Das die sich nur von ihrer "Schokoladenseite" zu verkaufen pflegen, darf ja nun wahrlich nicht überraschen.

Indes soll es da wohl auch noch eine "Rückseite der Medaille" geben. Sie lässt sich vielleicht etwas näher greifbar machen, mittels einer Buchbesprechung, welche mir dieser Tage wieder zwischen die Finger geraten ist.
Zwar handelt der Berichtsgegenstand nicht von Deutschland, sondern von den USA. Das aber ist ein Unterschied, der im angesprochenen Kontext eher zweitrangig ist.
Der Verfasser heißt Erich Schlosser ein USA-amerikanischer Journalist, und seinem Buch gab er den Titel:
"Die scheinheilige Gesellschaft", und fügte noch eine "passenden Untertitel" mit bei, der da lautete:
"Sex, Drogen und Schwarzarbeit - die dunkle Seite der USA".
Das Buch erschien in Deutsch schon im Jahre 2004.
In dem Buch-Werbetext liest man auch die Sätze:
Er sei in den USA "durch seine exzellent recherchierten Reportagen ein ebenso bekannter wie gefürchteter Journalist."
Im eigentlichen Buch konnte von ihm auch die nachfolgenden Statements vernehmen:

"Egal, welche gepachteten Felder ich besuche, ich hörte immer wieder die gleiche Geschichte und sah die gleiche Erschöpfung bei den Pächtern. Der einzige, den ich kennen lernte und der nicht verzweifelt war, Pedro war 36, sah aber zehn Jahre älter aus. Acht Jahre lang hatte er Erdbeeren gepflückt, dann fuhr er Lastwagen. Er erzählte mir, eins seiner Felder sei überschwemmt. Damit ist die Ernte für dieses Jahr verloren. Die Erdbeeren auf den verbleibenden 13,6 Hektar, die er gepachtet, trugen vom Regen Schäden davon. Nach sechs Jahren als Pächter war Pedro mit 125.000 Dollar verschuldet. "

Trotz dieses Umstandes vernimmt man von dem Interviewten die Aussage:
"Mich kümmern materielle Dinge nicht mehr" ... "Ich bin ein Zeuge Jehovas."

Und als eine wesentliche USA-bezügliche Aussage arbeitet Schlosser heraus:
"Adam Smith glaubte an einen guten, weisen und allmächtigen Gott. Der große Theoretiker der freien Marktwirtschaft glaubte an die Vorsehung. »Das Glück der Menschheit«, schrieb Smith, »scheint der ursprünglich vom Autor der Natur beabsichtigte Zweck zu sein.« Die Werke des Herrn offenbarten sich nicht nur in der Bibel oder in Wundern, sondern auch im täglichen Marktgeschehen, im Kaufen und Verkaufen. Hinter jedem Kauf stand vielleicht der Wunsch eines Einzelnen, doch hinter allem stand die »unsichtbare Hand«. Diese unsichtbare Hand setzte Preise und Löhne fest. Sie regelte Angebot und Nachfrage. Sie stand für die Summe aller menschlichen Wünsche. Der freie Markt benötigte die Intervention des Menschen nicht, allein durch ihn entwickelten sich Landwirtschaft und Industrie, er schuf überschüssigen Reichtum und gewährleistete, dass die produzierten Güter auch das waren, was die Menschen kaufen wollten.

Laut Smith fehlte den Menschen die Weisheit, die Gesellschaft bewusst zu verbessern oder Fortschritt nach einem ausgeklügelten Plan voranzutreiben. Aber wenn jeder seine eigenen Interessen verfolgte und nur seinen »Leidenschaften« nachging, würde die unsichtbare Hand für das Wohl des Einzelnen aufkommen."
Jenes Schmith'sche Buch "Wealth of Nations "(Wohlstand der Nationen) erschien 1776 und hatte tief reichende Auswirkungen auf das Land..
Es wurde zur Magna Carta der Marktwirtschaft und eben besonders in den USA durchexerziert.
Allerdings auch das gibt es in den USA, und dass beschreibt Schlosser mit der Vokabel "Schattenwirtschaft". Einer Schattenwirtschaft von gigantischem Ausmaß, wozu er dann noch weitere Details nennt.
Auch Schlosser räumt ein, wohl nicht "nur" in den USA. Da gibt es noch etliche andere Staaten wo der Aspekt Schattenwirtschaft, erschreckende Dimensionen angenommen hat.
Die von Schlosser gewählte eher vornehme Vokabel "Schattenwirtschaft", könnte man dann aber auch durch eine andere - weniger vornehme - Vokabel austauschen, und wurde sich dann schlicht und einfach Korruption benennen.
Zwei diesbezügliche begünstigende Epochen nimmt Schlosser diesbezüglich war. Einmal die Epoche der Prohibition in den USA, von 1920 bis 1933.

Und als zweite Epoche meint er ein rasantes Anwachsen der "Schattenwirtschaft" etwa ab den 1960er Jahren wahrzunehmen.

Auch Schlosser räumt ein:

"Die Schattenwirtschaft in der Europäischen Union ist heute womöglich sogar größer als in den USA."
Und auch dieses Votum liest man bei Schlosser:
"In vielerlei Hinsicht bedeutet das Wachstum der Schwarzmärkte in den Industrieländern jedoch einen Rückschritt. Eine expandierende Schattenwirtschaft ist oft mit einem Anstieg der Korruption und einer tieferen Kluft zwischen Arm und Reich verbunden. ...

Sein zusammenfassendes Votum besteht wohl in der Aussage:
"Das politische System der Vereinigten Staaten und das Wirtschaftssystem, das Adam Smith propagierte, sind angeblich der Freiheit gewidmet. Seit 1776 sind Amerikaner immer wieder bereit gewesen, für die Freiheit zu kämpfen und zu sterben. Man muss lange suchen, um einen Amerikaner zu finden, der Freiheit für etwas Schlechtes hält. Doch die Frage, die viel schwieriger zu beantworten ist, lautet: Freiheit für wen?

Soll der Staat die Freiheit der Arbeitnehmer oder der Unternehmer schützen? Die Freiheit der Verbraucher oder der Produzenten? Der Mehrheit, die sich für die eine Lebensweise entschieden hat, oder der Minderheit, die sich für eine andere Lebensweise entschieden hat?

Als abstraktes Gut kann man die Freiheit leicht feiern. Aber das Festhalten an diesem hohen Ideal scheint unmöglich."
Ein Veranschaulichungsbeispiel des gepriesenen Marktliberalismus- aus deutschen Landen dazu, konnte man auch (beispielsweise - Sicherlich gibt es noch andere ähnliche Beispiele) der "Spiegel"-Ausgabe Nr. 34/2009 entnehmen.

wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?titel=Sklaven+am+Wok&id=66436843&top=SPIEGEL&suchbegriff=sklaven+am+wok&quellen=&qcrubrik=geschichte

Man mag zu den "Spiegel"-Ausführungen sagen. Es beträfe ja "nur" Ausländer.
Wirklich "nur"? Beispiele der Art pflegen sich durchaus in einer Art "Steppenbrand" auszuweiten.

Beispiel Nummer zwei
Da träumen einige davon, die Deutsche Bahn in eine Börsennotierte, Gewinnabwerfende Gesellschaft umzufunktionieren. Einen diesbezüglichen "Probelauf" erlebte auch Berlin mit seinem Nahrverkehrsmittel der S-Bahn.
Reguläre Wartungsintervalle kosten halt etwas. Kosten minimieren den Gewinn. Ergo unter auch Druck der Konzernspitze, wurden diese Kosten gewaltsam zurückgefahren.

Zitat aus der "Berliner Zeitung" vom 9. 9. 2009:
"Es habe bei der S-Bahn einen "enormen Abbau" gegeben. Allein von 2005 bis 2008 sei ein Viertel der Stellen weggefallen, während der Gewinn von 9 auf 56 Millionen Euro stieg. Auch Arbeitsinhalte wurden "wegespart" - zu lasten der Sicherheit ..."

Das "Ende vom Lied". Erst platzte ein Rad eines S-Bahnzuges. Glück im Unglück, nicht auf freier Strecke, in einem Bahnhof. Die Passagiere der entgleisten Bahn kamen mit dem Schrecken davon.
Die über der Bahn stehenden Behörden machten selbiger daraufhin Sicherheitstechnische Auflagen. Die wurden aber bewusst mißachtet, denn das kostet ja Geld.
Dann kam der nächste "Hammerschlag". Wegen Mißachtung jener Auflagen, festgestellt bei einer Nachkontrolle, wurde quasi über Nacht, der Bahn bei einem großen Teil ihrer Züge verboten selbige weiter fahren zu lassen.

Nun saß das "Kind im Brunnen". Wegen akuten Zugmangels konnte nur noch ein eingeschränkter Notbetrieb gewährleistet werden.
Zwar verbesserte sich der im Laufe der Zeit, indem freigegebene Fahrzeuge hinzukamen. Aber das volle mal vorhandene Wagenangebot, war bei weitem nicht wieder erreicht.

Dann kam Anfang September 2009 der nächste Schlag. Bei einer technischen Untersuchung wurde festgestellt, vier von acht Bremszylindern einer Wagenreihe, an einem Wagen seien defekt. Auch und nicht zuletzt wegen Mißachtung vorgeschriebener Wartungsarbeiten.
Als "gebrannte Kinder" handelte nunmehr die Bahn selbst, und musste die entsprechende Wagenreihe aus den Betrieb ziehen.

Der immer noch bestehende Notfahrplan, aus vorgenannten Gründen, erwies sich nunmehr vordem als noch geradezu "fürstlich".
In Folge der Bremsengeschichte, reduzierte sich das vorhandene Wagenangebot auf magere 25%.
Ganzen Linien mussten eingestellt werden. Auch diejenige zum Hauptbahnhof, wo viele von Außerhalb Anreisende zuerst ankommen, und dort gestrandet, nicht mehr wissen. Wie nun weiter. Der einzigste der sich dabei vielleicht freuen wird: Die Taxiinnung. Taxis haben dann ja die Möglichkeit "das Geschäft ihres Lebens zu machen".
Etliche Bahnhofe der Stillgelegten Linien wurden als Folge auch geschlossen. Nur, in diesen Bahnhöfen gibt es dann noch Untermieter, seien es Kioske, seien es - teilweise - Gaststätten. Die können sich dann auch über ausbleibende Kundschaft "freuen".

Eine weitere "Nebenfolge" noch.
Der Berliner Senat erklärte daraufhin, seine monatlichen Zahlungen von 20 Millionen Euro für die S-Bahn, für September 2009 auf 5 Millionen zu reduzieren.
Die Träumer der "Gewinnmaximierungsmaschine Bahn", dürften damit ziemlich unsanft aus ihren Träumen erwacht sein.

Wer die Gewinnmaxierung zum alles überragenden Ziel erklärt, dem dürften noch einige andere Überraschungen bevorstehen, die er sich heute vielleicht noch so gar nicht träumen lässt!

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