Also das Gemälde, welches der Schwarzmaler Russell da aufzeichnet, kann man
(auch wenn er es selbst nicht tut), durchaus in dem Satz zusammenfassen:
„Was der Mensch sät - das wird er auch ernten".
Gibt es also Kritik an hochegoistischer Tagespolitik, und schwant so manchem,
das könne und werde wohl nicht folgenlos bleiben, so ist dieses das Eine.
Das andere wäre die Frage, was das alles mit dem „großen Zampano" zu tun haben
soll. Der ist doch bei diesen Vorgängen so überflüssig wie ein Kropf.
Die eigentliche Frage lautet also nach der Gestaltung einer verantwortlichen
Tagespolitik.
Was nun besagtem „großen Zampano" anbelangt, so deucht es auch Russell, der
ist wieder mal im seinem Tiefschlaf versunken, sofern er denn überhaupt noch
lebt.
Das Hoffen und Harren, welches Russell da ventiliert, ist lediglich eine
zusätzliche Verschärfung und Begünstigung, politischer Fehlentscheidungen.
Und so jammert der politische Waschlappen Russell den weiter:
„Sind wir keineswegs sicher, daß dieses Jahr 1914
einen so radikalen und schnellen Wechsel der Zeitverwaltung bringen wird, wie
wir ihn erwartet haben."
Und das ganze bestückt er dann noch mit der These:
„Wenn es sich später herausstellen sollte, daß die
Herauswahl gegen Ende Oktober 1914 nicht verherrlicht ist, so werden wir uns
mit dem Willen des Herrn zu begnügen suchen, welcher Art der auch immer sein
mag. ... Wenn das Jahr 1915 vorbeigehen sollte, ohne daß die Herauswahl
vollendet ... So möchten darin einige eine Kalamität erblicken. Bei uns würde
dies nicht der Fall sein. ...
Wenn nach der Vorsehung des Herrn die Zeit fünfundzwanzig Jahre später kommen
sollte, so würde der Wille des Herrn auch unser Wille sein."
Ergo geht es ihm primär nur darum, seine Dummheitsverkaufs-Firma weiter am
laufen zu halten. Und ansonsten könne alles so bleiben wie gehabt, oder sich
auch weiter verschlechtern.
In der Tat Waschlappen vom Typus Russell und Co werden einen notwendigen
Politikwechsel nicht befördern, ihn eher blockieren. In Vergangenheit und
Gegenwart!
Russell und Co gleicht eher den Geisslern im Mittelalter, welche durch
Selbstgeisselung wähnten die Pest unter Kontrolle bringen zu können. Genau das
konnten sie eben nicht!
Nur durch Anwendung strikster Hygiene hätte eine reale Chance bestanden.
Genau diese notwendige geistige Hygiene, verhindern Waschlappen vom Typus
Russell und Co auch in der Gegenwart!
Bemerkenswert (als Dokument der Selbstcharakterisierung) auch noch der Passus in jener WT-Ausgabe:
Das alternative Kontrastprogramm (ohne inhaltliche Bewertung)
"Die Aussicht" März
1914
Am Rande notiert.
Über ein (heute weitgehend vergessenes) „kaiserliches Machtwort" berichtet die
„Freiburger Zeitung" vom 16. 3. 1914 unter der Überschrift
„Lindenuntertunnelung in Berlin". Auch die Wikipedia widmet dieser heutigen
technischen Ruine einen Beitrag, nebst nachfolgenden Links.
http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=01&day=16b&year=1914&month=03&project=3&anzahl=4
http://berliner-unterwelten.de/lindentunnel.324.0.html
Noch eine Meldung, die zumindest ich, nicht für „übergehenswert" erachte in
der „Freiburger Zeitung" vom 23. 3. 1914.
Nur etwa ein halbes Jahr vor dieser Meldung, gab es auch die Meldung über die
Neu-Gründung der Deutschen Bücherei in Leipzig.
Die vollzog gegenüber anderen wissenschaftlichen Bibliotheken schon mal den
bedeutenden Unterschied, relative Vollständigkeit, alles deutschsprachigen
Schrifttums, als angestrebtes Sammlungsziel zu definieren.
Die anderen Bibliotheken hingegen praktizieren das Auswahlprinzip. Etliches
was sie als „unwürdig" erachten, sammeln sie auch nicht.
Nun berichtet genannter Artikel der „Freiburger Zeitung" über die Eröffnung
eines Neubaues der Königlichen Bibliothek in Berlin (die schon vordem
bestand). Diese Erweiterung ihrer Räumlichkeiten hätte die Chance geboten,
ebenfalls auf Vollständigkeit (als Zielsetzung) umzustellen. Jene damals von
dem Theologen Adolf Harnack geleitete Bibliothek, nutzte diese Chance aber
nicht.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Zugang zu ihren Beständen keineswegs
(im Kaiserreich) für die allgemeine Öffentlichkeit möglich war. Nur
Honoratioren und sonstigen Begünstigten war (damals) der Zugang möglich. Für
das breite Publikum bestand allenfalls Zugang zu Volksbibliotheken (in Berlin
etwa die Stadtbibliothek).
Die heute Staatsbibliothek gewährte dieses Maß an Öffentlichkeit damals nicht.
Motto von Harnack, als Vertreter seiner Kaste, der Religionsindustrie war
weiterhin der Slogan für die breiten Volksmassen
Bete und arbeite.
Nur wenn die Proleten damit voll ausgelastet waren, war für diese Herrschaften
„die Welt noch in Ordnung". Bildung auch der „unteren Stände"? Doch blos das
nicht. Die „unteren Stände" sollten sich schon mal mit der
Verdummungsindustrie der religiösen Szene, und ihren Angeboten begnügen. Dann
sei weitere Bildung wie von selbst „überflüssig".
http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=02&day=23a1&year=1914&month=03&project=3&anzahl=4
Ebenfalls in der „Freiburger Zeitung" vom 11. 3. 1914 nachfolgendes gelesen:
„Schwere Bestrafung eines Adventisten.
Vor dem Kriegsgericht der 35. Division in Graudenz hatte sich wegen Beharrens
im Ungehorsam mit ausdrücklicher Gehorsamsverweigerung vor versammelter
Mannschaft der Soldat Georg Tonert vom Festungsgefängnis in Graudenz zu
verantworten. Tonert verweigert seit seiner Einstellung beim Infanterie (an)
Samstagen als Adventist den Dienst. Alle Ermahnungen des Geistlichen, der
Richter und seiner Vorgesetzten halfen nichts.
Der Mann beruft sich auf die Bibel, auf Grund dieser der siebente Tag durch
keinen Dienst entheiligt werden dürfe. Das Kriegsgericht im Regiment Nr. 175,
hielt im Oktober 1912 eine strenge Bestrafung für erforderlich und ging in der
Strafzumessung über den Antrag des Anklagevertreters hinaus. Das Urteil
lautete auf zwei Jahre Gefängnis."
http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=02&day=11b&year=1914&month=03&project=3&anzahl=4
Siehe thematisch auch den früheren Bericht desgleichen Blattes ("Freiburger
Zeitung" vom 11. 3. 1911) Zufall oder was? Beide unterschiedlichen Berichte
wurden an einem 11. 3. publiziert. Lediglich in anderen Jahren.
Der Bericht von 1911 notierte:
„Das Reichsmilitärgericht hat gestern über den
Fall des Adventisten Naumann das entscheidende Wort gesprochen. An jedem
Samstag weigerte sich Naumann, militärische Dienste zu verrichten und wurde
deshalb vom Kriegsgericht zu strengen Arrest- und Gefängnisstrafen verurteilt,
die sich schließlich auf insgesamt 5 ½ Jahre Gefängnis beliefen. Er weigert
sich jedoch auch heute noch im Spandauer Festungsgefängnis an jedem Samstag,
Arbeiten zu verrichten. Das Reichsgericht hob das Urteil aus formellen Gründen
insoweit auf, als der Angeklagte zu der Ehrenstrafe der Degradation verurteilt
worden war. Naumann hat also kaum mehr Aussicht, das Gefängnis jemals zu
verlassen."
http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=01&day=11a2&year=1911&month=03&project=3&anzahl=4
Auf den Fall Naumann, kam Johannes Heer in seiner Schrift:
„Wie ich zum Siebentags-Adventismus kam und davon
wieder erlöst wurde" (1925) auch mit zu sprechen, wenn er
darin auch notierte (S. 19):
„Vor dem Kriege haben denn auch viele Adventisten
in Deutschland von ihren Führern angespornt, durch ihre strenge Sabbatfeier
ernsthaft gelitten. Ein A.S.T. namens Naumann hat sogar nacheinander 5 ½ Jahre
Gefängnisstrafe deshalb durchgemacht. Zu meiner Zeit wurde er als ein Vorbild
und Held des Glaubens hingestellt. Keine noch so schwere Strafe vermochte ihn
von seinem Prinzip abzubringen, bis er schließlich zu der innerlichen
Überzeugung kam, daß er unnütz für eine Irrlehre Bedrückung litt."
Der adventistische Autor Johannes Hartlapp, kommt beiläufig in seinem Buch:
„Siebenten-Tags-Adventisten im Nationalsozialismus unter Berücksichtigung der
geschichtlichen und theologischen Entwicklung in Deutschland von 1875 bis
1950" (2008) auch auf Naumann und ähnliche Fälle zu sprechen, wenn er in einer
Fußnote auf einen anderen adventistischen Autor (Padderatz) verweist und
anmerkt:
„Die bekanntesten Fälle von Wehrdienstverweigerung
am Samstag seien (Julius Mügge, Gottlieb Zeglatis, Naumann) vor dem Ersten
Weltkrieg."
Unter Hinweis auf ein Archiv, die
„umfangreiche Zeitschriftenausschnittsammlung der Hamburger Politischen
Polizei" seien etwa 35 ähnliche Fälle belegt.
Allesamt beschränkten ihre Wehrdienstverweigerung auf den Samstag, nicht aber
die übrigen Wochentage.
Der genannte Gerhard Padderatz schreibt in seiner Dissertation „Conradi und
Hamburg" auch (S. 225):
„Nicht alle adventistischen Rekruten verhielten
sich jedoch so entschieden couragiert wie Mügge, Zeglatis, Klepzig und
Naumann. Es kam vor, daß sie zwar zunächst den gleichen Weg einschlugen wie
diese, dann jedoch - etwa durch eine Gerichtsverhandlung - ihren Sinn änderten
und am Sabbat Dienst taten. In einigen Fällen kam es auch vor, daß junge
Adventisten in die Vereinigten Staaten auswanderten, um sich den deutschen
Militärbehörden zu entziehen, oder sich zumindest für einige Jahre dort
aufhielten und erst zurückkehrten, wenn sie aus Altersgründen nicht mehr der
Militärpflicht unterlagen."
Ein Amtsrichter, namens E. Dosenheimer aus Ludwigshafen a. Rh. nahm im
Dezember 1907 unter der Überschrift „Ein Adventist
im Konflikt mit der Militärdienstspflicht"
kommentierend dazu Stellung. Veröffentlicht in einer Zeitschrift mit dem
Titel „Der Dissident". Die wiederum ist als unselbstständige Zeitschrift zu
bewerten, denn sie war eine Beilage zu einer anderen Zeitschrift mit dem Titel
„Das freie Wort".
Inhaltlich sind beide Zeitschriften der frühen deutschen Freidenker-Szene
zuortbar. Sie singen somit nicht generell das „Lob" der Religionsindustrie.
Herr Dosenheimer wiederum beruft sich auf einen Pressebericht der „Frankfurter
Zeitung" vom 2. Oktober 1907.
Darin wurde über ein Kriegsgerichtsverfahren gegen den
„Ersatzreservist August Hanke vor dem Kriegsgericht
der 8. Division zu Halle a. S. wegen Gehorsamsverweigerung und Beharrens im
Ungehorsam" ´berichtet.
Er habe sich als Adventist geweigert an
„einer Übung seines Regiments an den beiden Samstagen des 7. und 14. September
Dienst zu tun, dem Serganten gegenüber, der ihn wiederholt zum Dienst
aufforderte, sich darauf berufend, daß er am Samstag nicht arbeiten dürfe.
Arbeite er am Samstag, dann bringe er sich um die ewige Seligkeit."
Der Bericht geht weiter mit der Aussage. „Der Ankläger meint, wenn Hanke es mit der heiligen Schrift so sehr genau nehme, so müsse er auch den Vers 1 in Kapitel Römer 13 beherzigen, wo geschrieben stehe: 'Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott."
Das indes beeindruckte den Angeklagten in keiner Weise. Er wurde zu drei
Monaten und 15 Tagen Gefängnis verurteilt.
Dosenheimer seinerseits kommentiert dazu im „Dissident":
„Warum werden nur bestimmte Konfessionen
begünstigt, warum wird nicht jedem die freie Ausübung seines Glaubens
zugestanden? Warum darf der Adventist in seinem innersten religiösen
Empfindungen aufs tiefste verletzt werden?
Haben die Protestanten und Katholiken den Nachweis erbracht, daß nur ihr
Glauben begründet ist? Wer beweist uns, daß der Adventist mit seiner
Bibelauslegung sich im Irrtum befindet?"
Die Quintessenz seiner Ausführung besteht dann in der Forderung einer
staatlichen Neutralität gegenüber der Religionsindustrie, die aber weder im
kaiserlichen Deutschland, noch in der Gegenwart gegeben ist.
Wer die Ansichten von Teilen der Religionsindustrie privilegiert, andere Teile
hingegen davon ausnimmt, misst mit zweierlei Maß.
Dosenheimer räumt aber auch ein „das
Regiment war durchaus berechtigt von Hacke den Dienst zu verlangen."
Seiner Meinung nach wäre das Aufeinanderprallen dieser unterschiedlichen
Ansichten und Interessen, nur dann lösbar (und letztlich der staatliche
Anspruch ohne faden Beigeschmack durchsetzbar), wäre der Staat gegenüber der
Religionsindustrie gleich welcher Couleur, wirklich neutral. Dieweil er
letzteres eben nicht ist, anerkennt Dosenheimer nicht den Anspruch des Staates
seine Sicht der Dinge um jeden Preis durchzusetzen.
In Bewertung der Gesamt-Zeitgeschichtlichen Umstände hingegen, war Dosenheimer
ein einsamer Rufer in der Wüste, den keiner erhörte. Es wäre sicherlich auch
eine Fehldeutung zu meinen, hätte Dosenheimer das Sagen gehabt, in seinem
Sinne, wäre den Adventisten „nichts passiert". Er hätte sehr wohl die
staatlichen Interessen in dem Fall vertreten und wohl auch durchgesetzt. Er
nimmt eben an der staatlichen Inkonsequenz Anstoß und an sonst nichts.
Das alles spielte sich in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg ab. Als der dann
ausbrach, wurde von höchster adventistischer Stelle die Wehrdienstverweigerung
am Sabbat revidiert. Das war jetzt möglich, auch um den Preis, damit
organisatorische Absplitterungen zu verursachen, von denen, welche die alte
Position als unwandelbar, fortsetzen wollten. Die so Abgesplitterten indes
blieben eine Minorität, bis in die Gegenwart.
Der Hauptstrom der Adventisten indes „passte sich an."
„Sobald am Freitagabend die Dunkelheit eintritt, setzt er sich mit der militärischen Disziplin in Widerspruch und weigert jede Dienstleistung bis zum Sonnabendabend."
Damit indes, war die Militärbürokratie absolut nicht einverstanden. Die
Folge in mehreren Verfahren handelte sich Naumann dafür immer schärfer
werdende Strafen ein.
Er wurde
„zunächst zu strenger Arreststrafe
verurteilt. Das half nichts. Es folgte dann Gefängnisstrafe, die von Fall
zu Fall empfindlicher wurden, bis sie schließlich die Gesamthöhe von 5
Jahren und 6 Monaten erreichten. Er blieb bei seinem Vorsatze und
verweigert auch heute noch im Spandauer Festungsgefängnis an jedem
Sonnabend den Gehorsam, und unerschütterlich bleibt er bei seiner
Erklärung:
„Ich darf am Sonnabend nicht arbeiten."
Weiter vermerkte der Bericht:
„Auf das Vorhalten, daß es bei seinem hartnäckigen Widerstande
voraussichtlich das ganze Leben hinter Gefängnismauern zubringen müsse,
erwiderte Naumann ruhig, er werde trotzdem den Prinzipien seiner Sekte
treu bleiben."
Auch das wird noch notiert:
„Mit Rücksicht auf die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung für die
Aufrechterhaltung der Disziplin, wohnte der Verhandlung der Präsident des
Reichsmilitärgericht v. Linde bei."
Verschiedene Gutachten, die über Naumann angestellt wurden, liefen darauf
hinaus, ihn als „geistig irre" abzustempeln, um so die Sache „elegant" vom
Tisch zu bekommen, das klappte aber nicht. Der Fall wurde selbst der
Militärgerichtsbarkeit langsam unheimlich. Um dennoch endlich einen
Schlussstrich in der Angelegenheit setzen zu können, wurde im 1911er Verfahren
der Schuldspruch in der Sache zwar aufrecht erhalten aber mit dem Element
gekoppelt:
„Das Reichsmilitärgericht hob lediglich
das Urteil insoweit aus formellen Gründen auf, als der Angeklagte zu der
Ehrenstrafe der Degradation verurteilt wurde."
Das änderte aber nichts an dem Umstand, dass er für sein Verhalten sich
eben, wie ausgeführt, die Gesamtstrafe von 5,5 Jahren Haft eingehandelt hatte.
Auch andere Presseorgane, etwa die „Freiburger Zeitung" nahmen diesen Fall in
ihre Berichterstattung mit auf
Siehe auch
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,89649,95140#msg-95140
07. März 2011 04:07
Letzteres Blatt interpretiert den Aspekt der ausgesprochenen Degradation
allerdings dahingehend:
„zu der Ehrenstrafe der Degradation verurteilt worden war. Naumann hat
also kaum mehr Aussicht, das Gefängnis jemals zu verlassen."
Ergo war das für die Justiz lediglich ein Vehikel, dass sie sagen konnte.
Mit dem Fall werde sie sich nicht mehr befassen müssen. Das Verbleiben in der
weiteren Haft indes, sei völlig unabhängig davon.
Neben dem Fall Naumann, sind noch ähnlich gelagerte Fälle aus der Zeit vor dem
ersten Weltkrieg bekannt geworden. Genannt werden noch die Namen.
Julius Mügge, Gottlieb Zeglatis und August Hanke, die wohl ähnlich abliefen.
Ein Herr Joh(annes) de Heer notierte in seinem Buch:
„Wie ich zum Siebentags-Adventismus kam und davon wieder erlöst wurde" auch
die Sätze:
„ Zu meiner Zeit wurde er (Naumann) als ein Vorbild und Held des Glaubens
hingestellt. Keine noch so schwere Strafe vermochte ihn von seinem Prinzip
abzubringen, bis er schließlich zu der innerlichen Überzeugung kam, daß er
unnütz für eine Irrlehre Bedrückung litt." (S. 19).
Weniger in der nachweisbaren Deutschsprachigen Adventistenliteratur, dafür
aber in der Englischsprachigen, wurde besagter Herr Naumann, zeitgenössisch
auch als Märtyrer gefeiert. Siehe dazu:
http://books.google.de/books?id=dydEAAAAYAAJ&q=Naumann+Adventist&dq=Naumann+Adventist&hl=de&sa=X&ei=_lPyUMP0G8jQtAaR2ICwCg&ved=0CF4Q6AEwCQ
Siehe zum Thema auch:
http://books.google.de/books?id=6OkIAQAAIAAJ&q=Naumann+Adventist&dq=Naumann+Adventist&hl=de&sa=X&ei=_lPyUMP0G8jQtAaR2ICwCg&ved=0CDoQ6AEwAg
Unter Berufung auf einen Bericht der „Frankfurter Zeitung" berichtet ein Herr
Amtsrichter E. Dosenheimer aus Ludwigshafen unter der Überschrift: „Ein
Adventist im Konflikt mit der Militärdienstpflicht" auch über den Fall Hanke
in der Zeitschrift „Der Dissident", Ausgabe vom Dezember 1907. Er wurde von
einem Gericht in Halle/S., wiederum für den Umstand, seine Ausübung des
Militärdienstes, jeweils am „Sabbat" zu unterbrechen, zu einer Strafe von
„drei Monaten und 15 Tagen Gefängnis verurteilt."
Fassen wir zusammen. Nicht der Wehrdienst als solches, wohl aber der
Umstand, den nicht am „Sabbat" unterbrechen zu können, war für die
zeitgenössischen Adventisten, in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, eine
Anfechtung.
Die Konfliktlage erinnert penetrant an die Verweigerung von dem
Wehrersatzdienst durch die Zeugen Jehovas, in den 1960er Jahren, selbst wenn
dieser etwa als Krankenhausdienste und ähnliches, ausgestaltet war.
Wie dann der erste Weltkrieg ausbrach, wurde von höchsten Adventistenkreisen,
diese Position revidiert. In „Friedenszeiten" indes, interessierte diese
Adventistenfunktionäre, die mit der Durchsetzung jener Doktrin verbundenen
Leiden, überhaupt nicht.
Siehe auch:
Parsimony.20109
Jene Revidierung dieser Position zu Beginn des Weltkrieges, lief allerdings
nicht ganz so glatt ab, wie die Adventistenfunktionäre sich das vielleicht
erhofft hatten. Darüber sei ein einem weiteren Exkurse noch etwas mitgeteilt.
Es gibt noch einen nicht unwesentlichen Nachtrag zum Fall Naumann zu machen.
In der Zitierung des Johannes de Heer klang es schon mit an, Naumann habe
seinen Widerstand doch noch aufgegeben; allerdings ohne das de Heer weitere
Details dazu benennt.
Aufschlußreich ist dazu dann ein Beitrag in der September-Ausgabe 1911 der
Zeitschrift „Mitteilungen für die evangelischen Geistlichen der Armee und der
Marine".
Dort verbreitet sich ein Divisionspfarrer namens Otto, just in jenem
Festungsgefängnis in Berlin-Spandau mit tätig, in der auch Naumann einsitzen
musste, auch zu dem Fall.
Nach Otto hätte Nauman am Sonnabend, den 25. März 1911, erstmalig seine
Arbeitsverweigerung an Samstagen aufgegeben, und diese für ihn neue Haltung in
der Folgezeit auch beibehalten.
Eine erneute Gerichtsverhandlung am 21. 7. 1911 wurde dann von der Justiz als
ihr Sieg gefeiert mit der Bermerkung:
„(Er Naumann habe das ) unnütze seines
Standpunktes erkannt und seinen „törichten Widerspruch" deshalb
aufgegeben."
Gegen diese Interpretation wendet sich nun jener Pfarrer Otto und glaubt betonen zu sollen: „Eine solche Beurteilung bleibt zu sehr an der Oberfläche."
Otto meint auch dem Naumann bescheinigen zu können, das er durchaus das
Zeug zum Märtyrer hätte.
Wie auch immer, die eingetretene Wendung ändert nichts an dem bereits
ausgesprochenen Strafmaß.
Vielleicht am aufschlußreichsten im Bericht des Otto, ist die
Charakterisierung der Familienverhältnisse des Naumann.
Danach sei dessen Mutter, auch nach der Korrektur des Naumann weiterhin
Adventistin.
Noch aufschlußreicher dann wohl dieses Detail
"das sein Schwager, ein adventistischer
Prediger in Saarbrücken, ihn (nunmehr) befehdet."
Ergo sollte man bei der Bewertung jenes Falles, genannte familiäre Zwangslage, bei der Bewertung von Ursache und Wirkung, keineswegs außer Acht lassen!
In der Ausgabe vom 16. 8. 1918 der AELKZ, gab es dann noch eine Fortsetzung
in der Angelegenheit.
Man erfährt, dies sei für den
„Adventisten W. Müller in Burg b.
Magdeburg Anlaß (gewesen), uns eine längere Entgegnung mit Berufung auf §
11 des Preßgesetzes zu senden.
Es sind besonders zwei Stellen, die ihn erregten: der Vorwurf der
"Geldmacherei" ..."
Herr Müller verweist in seiner Entgegnung darauf, die Buchführung der
Adventisten, in Sachen ihrer finanziellen Angelegenheiten, werde keinesfalls
als „geheime Verschlusssache" praktiziert, sondern erreicht einen
Öffentlichkeitsgrad, wie er in anderen Teilen der Religionsindustrie,
keinesfalls so gegeben sei. Insoweit wähnt er sich diesem Vorhalt gegenüber,
als weitgehend erhaben.
Nun befand sich die AELKZ in der Zwangslage, ihren Vorhalt weiter belegen zu
müssen.
Die Verteidigung der AELKZ zu genanntem Aspekt sah dann so aus. Sie verwies
darauf:
„Der ehemalige Reiseprediger der
Adventistengemeinschaft von siebenten Tag Carl Müller hat 1910 ein
Büchlein geschrieben: "Was haben wir von den Adventisten zu halten?" (Calw
und Stuttgart, Verlag der Vereinsbuchhandlung, 87 Seiten), darin ein
ganzes Kapitel (VIII): "Das Finanzgenie der Adventisten, ihre Forderung
des Zehnten und die Ausbeutung der Gemeindeglieder."
Er spricht hier geradezu von einem "Ausbeutungssystem", indem sie ihre
Glieder „kraft ihrer Glaubenssätze" verpflichten, den Zehnten ihres
Gesamteinkommens an die Missionsleitung zu geben. Manche bestreiten zwar
die "Verpflichtung", reden nur von einem "freiwilligen" Dankopfer; aber
schon bei der Aufnahme wird an jeden die Frage gestellt, ob er willens sei
"dem Herrn das Seine - damit ist vor allem gemeint: den Zehnten, nebst den
anderen bei ihnen üblichen Gaben und Kollekten - zu geben.
Dazu kommen die ständigen mündlichen und schriftlichen Ermahnungen mit der
Androhung des Fluches Gottes an die, die den Zehnten spärlich geben ("Zionswachter",
1. Novbr, 1904, S. 217). Die übrigen Gelegenheiten aber zum "freiwilligen"
Geben sind bei den Adventisten Legion. Wie groß die "Freiwilligkeit" oft
ist, beschreibt C. Müller mit den drastischen Sätzen:
"Man gibt zum Beispiel dem aufdringlichen Bettler freiwillig, um ihn loß zu werden. Der Überfallene gibt freiwillig seine Börse her, weil er die Pistole auf die Brust gerichtet sieht".
Im Kapitel vorher "Mission und Kolportage der Adventisten" sagt er:
"Ich sehe mich gezwungen, im Interesse der Wahrheit darauf hinzuweisen, daß die Adventisten in ihren Gemeinden ein System zur Anwendung bringen, welches hart an herzlose Ausbeutung grenzt. Ihre Glieder werden ausgesogen bis aufs äußerste."
Besagter Herr Müller aus Burg bei Magdeburg, zog es dann wohl vor, auf
diese Ausführung der AELKZ seinerseits, nicht mehr weiter kommentierend
einzugehen.
Der nächste Hieb der den Adventisten seitens der AELKZ verpasst wurde lautet
dann so:
„Ein anderer Adventist, Ewald Herms,
Redakteur des Blattes "Der letzte Warnungsruf" (Verlag der
Siebenten-Tags-Adventisten Zentrale Bern (Schweiz) (von Nr. 6,1916 an
heißt es statt Adventisten-Zentrale; Geschäftsstelle der Inneren Mission
"Der letzte Warnungaruf", und als Verlag für Deutschland und
Österreich-Ungarn ist Köln-Kalk, Esserstr. 14 genannt) Zürich, Karlstr. 7,
Druck von Julius Hergt, Essen-W. Mülheimer Straße 17) geht noch schärfer
mit seinen Glaubensgenossen ins Gericht.
Im "Warnungsruf" Nr. 5,1916 stellt er die Adventistenleiter in Parallele
zu den israelitischen Priestern nach Maleachi 2, die dem Volk die Gaben
und den Zehnten abnehmen."
Da nun die AELKZ schon mal auf die Ausführungen des vorgenannten
Adventisten Ewald Herms zu sprechen kam, schlachtet sie dessen Ausführungen
gleich noch etwas umfänglicher aus.
Offenbar ist auch dieser Ewald Herms dann in Konflikt geraten mit den
offiziellen deutschen Adventistenfunktionären, und deren Schwenk in Sachen
Wehrdienst, zu Beginn des ersten Weltkrieges. Und besagter Herr Herms „rechnet
daher mit diesen ab".
Zu seinen Abrechnungs-Vorhalten gehören auch die (laut der Zitierung durch die
AELKZ):
"Die Männer, welche uns die Wahrheit
gebracht haben, haben uns nicht gelehrt, der Obrigkeit Untertan zu sein,
sondern haben uns unserem Vaterland mit ihren Schriften und vielen
Bibelstellen zu entfremden gesucht. Jahre hindurch hat man uns gepredigt,
unter allen Umständen den wahren Sabbat zu halten. Kam einer zum Militär,
so erinnerte man ihn noch vorher, daß er unbedingt für die Wahrheit zeugen
solle. Auch sollte man nicht den Fahneneid leisten.
Da kam der Krieg; die Obrigkeit wurde auf die bedenklichen Lehren
aufmerksam, und plötzlich erklärten die Leiter dem Generalkommando in
Dresden, daß sie um des Krieges willen ihren Grundsatz geändert und ihre
Glieder angewiesen hätten, auch am Sabbat Dienst zu tun. Bitter klagt
Herms über diesen "Verrat", wie er es nennt. Denn es ist den Gliedern
Jahrzehnte gelehrt worden, der Sabbat sei Gottes Gebot, und man müsse Gott
mehr gehorchen als den Menschen"
Weiter Herms in seinen Ausführungen: „Manche haben sich deshalb der Militärpflicht entzogen, haben sich und ihre Familien unglücklich gemacht.
"Ihr seid schuld, daß so viele auf der
Flucht sind und sich dem Dienst des Staates entzogen, wodurch manche arme
Schwester in bitterste Not gekommen ist.
Habt ihr euch schon einmal solche Schwester vorgestellt, wie es dort
aussehen mag? Tag und Nacht hat sie keine Ruhe, am Tage muß sie die
kleinen Kinder allein lassen und arbeiten, damit sie zu leben haben. Keine
Ruhe hat sie des Nachts, jedes Geräusch schreckt sie auf, immer denkend,
es ist vielleicht der Mann, welcher sich für ein paar Augenblicke nach
Hause schleicht, um die Seinen zu sehen. So geht es jetzt schon zwei Jahre
(die Kriegsjahre 1914 bis 1916). Wir hoffen, daß bald alles ein Ende hat
und der Herr bald kommen wird. Nehmen wir aber an, es sollte noch länger
dauern, sind dann solche nicht tief unglücklich? Ihr habt es auf dem
Gewissen und müsset am Tag des Gerichts für euren Verrat, welchen ihr
nicht nur an den Gläubigen, sondern auch in unserem irdischen Vaterland
verübt habt, Rechenschaft ablegen. Warum verfolgt ihr uns? Haben wir euch
nicht alles geopfert, was wir hatten? Habt ihr nicht manch alter Schwester
ihr ganzes Vermögen genommen? Und jetzt noch ist es so. Ihr nehmt den
armen Kriegswitwen den Zehnten und Gaben von ihren kargen Unterstützungen.
Ihr nehmt den alten, armen Frauen, welche von der Stadt eine kleine
Armenunterstützung erhalten, auch diese noch ab."
In der Ausgabe vom 11. 9. 1925 kam die "Allgemeine Evangelisch-lutherische
Kirchenzeitung" erneut auf das agieren der deutschen Adventisten zu Zeiten des
ersten Weltkrieges zu sprechen. Erwähnt wird, dass die Opposition aus den
eigenen Reihen, sich ab etwa 1915 auch organisatorisch verfestigte. Damit
setzte sie den Hauptzweig der deutschen Adventisten zugleich in Zugzwang. Jene
Opposition tendierte eher in Richtung Wehrdienstverweigerung. Die offiziellen
Adventisten hingegen hielten es mit dem Anpassungskurs.
Ein Streitthema waren auch dabei die sogenannten Kriegsanleihen. Das heißt die
Finanzierung der Kriegsausgaben durch Spargelder der Zeichner solcher
Einlagen. Die adventistische Opposition polemisierte eher dagegen.
Der Funktionär Conradi vom Hauptzweig der deutschen Adventisten sah sich daher
zu einer Verteidigung diesbezüglich genötigt. Die AELKZ zitiert nun aus seiner
Verteidigung auch die durchaus charakteristischen Sätze (Sp. 672):
"Gerade diese Hetze, gegen die Zeichnung
der Kriegsanleihen von seiten der Gegenbewegung zwang uns in gewissem
Sinne, mehr darin zu tun, als wir sonst getan hätten, nur um unsere Gelder
zu retten weil wir Grund hatten, von den Militärbehörden das Schlimmste zu
befürchten."
Was nun die "Großkirchen" anbelangte, hatten die sicherlich nicht "das
schlimmste zu befürchten". Und Folgerichtig reflektiert jener Artikel der
AELKZ deren Verhalten auch nicht weiter. Aber es war eben von den Adventisten
die Rede, in deren Oppositionszweig, durchaus Kriegsdienstgegnerische
Tendenzen nachweisbar waren.
Wie der Weltkrieg noch tobte, indes waren die von Conradi in wohlgeformten
Worten verpackten adventistischen Stellungnahmen, in der Tonlage, noch etwas
deutlicher vernehmbar.
So etwa in einem von den „Dresdner Neuesten Nachrichten" am 12. 4. 1918
veröffentlichten adventistischen Votum.
Der diesbezügliche Beitrag war überschrieben: „Adventistenprediger und
Vaterland" und stellt eine offiziöse adventistische Stellungnahme zu einer
vorangegangenen Meldung in jenem Blatte dar, welches von „adventistischer
vaterländischer Unzuverlässigkeit" redete.
Dem wurde als Antwort darauf entgegnete. 98 Prozent befolgten den Kurs der
offiziellen Adventisten. Lediglich zwei Prozent, die sich abgespalten hätten,
für die treffe es nicht zu. Aber für die könne man halt nicht haftbar gemacht
werden.
Weiter belehrte diese Stellungnahme:
„Unsere Leitung hat bis heute die
überschüssigen Gelder der Gemeinschaft in Kriegsanleihe angelegt in der
festen Zuversicht, daß Deutschland durch Gottes Hilfe als Sieger aus dem
schweren Kampfe hervorgehen werde. Allenthalben beteiligen sich unsere
Glieder an der selbstverständlichen Pflicht, dem Vaterland die nötigen
Mittel an die Hand zu geben. Die Adventistischen Männer stehen fast alle
im Felde oder im Heeresdienst in treuester Pflichterfüllung und erwarten
als Dank des Vaterlandes eine gerechte Beurteilung und Behandlung."
Über die genannten 2 Prozent findet die eben zitierte Stellungnahme auch
„deutliche Worte". Etwa die:
„Diese unnüchternen Elemente machten
sich selbst zu Predigern und versuchten mit geringem Erfolg, Propaganda
für ihre törichten Ideen zu machen.
Sie nennen sich fälschlicherweise Prediger und Adventisten. Sie sind es
nicht, sie sind Betrüger. Wenn solche Elemente ihr verdientes Schicksal
finden, so tut man uns in der Tat einen Gefallen."
Ergänzend sei vielleicht noch eine Zahl genannt. Für das Jahr 1920
beziffert ein Zeitschriftenaufsatz im Jahrgang 1923 der
„Theologisch-praktische Quartalsschrift" die Finanzeinnahmen der
„Siebenten-Tags-Adventisten" wie folgt:
In einem einzigen Jahre (eben 1920) hätten sie
„die ungeheure Summe von 11.876.040
Dollar (kassiert) wovon der Zehnte allein 7.195.436 Dollar eintrug."
Angesichts solcher Zahlen kann man es schon nachvollziehen, dass die Adventistenfunktionäre einiges zu verlieren hatten, und daher alles daran setzten, dass es nicht dazu kam.
Das Thema Adventisten (Linksammlung in Auswahl)