Dabei fing die Sache mal ganz anders an. In einer bereits zu den Zeugen
Jehovas gehörenden Familie wurde er geboren. Seine Eltern beschreibt er so,
sie seien zwar WTG-hörig im strengen Sinne, mit standardmäßiger Absolvierung
des vollen WTG-Programmes. Indes doch auch ein gewisses Maß an „Liberalität"
bewahrend, was für Zeugen Jehovas-Verhältnisse eher untypisch ist. Jedenfalls
hatte er als Kind doch gewisse Freiheiten (etwa aktives Fußballspielen und
anderes mehr) die durchaus nicht bei allen Zeugen Jehovas-Familien, namentlich
denen vom Typus Hardliner, selbstverständlich sind.
Jedenfalls beschritt auch er dann den vorgezeichneten WTG-Weg.
Seine Stationen dabei waren.
Mit 13 Jahren getauft, ab seinem 16. Lebensjahr, Pionier, ab dem 19.
Lebensjahr Sonderpionier, im Frühjahr 1974 dann Absolvierung der
WTG-Giledadschule, perspektivisch bringt er es dann auch noch zum Vorsitzenden
eines der WTG-Krankenhausverbindungskomitees.
Da er nun Gilead-Absolvent war, folgte auch eine fünfjährige Tätigkeit für
eines der WTG-Büros. Er lässt durchblicken, dass eine seiner Aufgaben auch im
Schmuggeln von Mikrofilmen in andere Verbotsländer, für die WTG-Interessen
bestand. Vielleicht wäre er weiter im WTG-Büro tätig geblieben, hätte er nicht
1977 die Eheschliessung mit einer Sonderpionierin ins Auge gefasst. Und
namentlich einsetzender Familienzuwachs, beendete dann diese Phase seine
WTG-Karriere.
Da versteht die Manchesterkapitalistische WTG keinen Spass. Wer sich
Familienzuwachs zulegt, hat den „Betheldienst" zu quittieren.
Zu seinen vorangegangenen Kindheitserinnerungen gehörte auch, dass seine
Eltern relative Gastfreundschaft praktizierten. So lernte er dann auch einige
kennen, die KZ-Erfahrungen erdulden mussten. Er lernte aber dabei auch solche
kennen, die ihre eigenen dortigen Leiden, durch ihr eigenes Verhalten, noch
verschärften. Zwar nennt er nicht das Beispiel, der andernorts belegten,
Verweigerung, etwa in der Angorakaninchenpflege tätig sein zu wollen, dieweil
deren Fälle dann später mal in Militäruniformen Verwendung finden könnten.
Aber das Beispiel das er nennt, liegt dann wohl auf ähnlicher Ebene, wenn er
schreibt:
„Zum Beispiel: Durfte man einen Wagen
mit täglichen Verbrauchsgütern beladen, die für Soldaten bestimmt waren?
Sollte man sein Leben dafür einsetzen, Literatur unserer Religion zu
schmuggeln oder abzuschreiben?"
Auch solche Verweigerungshaltungen gab es ja, und auch die Folgen, einer
Verschärfung des ohnehin schon gegebenen Leidensdruckes.
Was seine weitere persönliche Biographie anbelangte, so war ein weiterer
Meilenstein in ihr die „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 11. 1995.
Zu ihr kommentiert er dann:
„Ich konnte es nicht fassen, was ich da
las. Die „Generation", die nicht vergehen sollte bis das Ende der Welt
kam, gab es nicht mehr. Die Art und Weise der Argumentation war unfassbar.
Ich fühlte mich betrogen."
Das war dann ja keine rein abstrakte Feststellung nur, sondern sie
beinhaltet auch praktische Konsequenzen. Bezogen auf sich selbst fasst er
diese so zusammen:
„Mein Schulabbruch nach dem 9.
Schuljahr, keine solide Berufsausbildung, keinerlei Planung und
Vorkehrungen für das Alter - all das geschah mit der Überzeugung, daß wir
in den „letzten Tagen" lebten und das Kommen Christi nahe sei.
Ich fühlte mich betrogen."
Zu seinen weiteren „Damaskuserlebnissen" gehörte auch der Fall der
WTG-Broschüre
„Jehovas Zeugen und
die Schule" aus dem Jahre 1983, welche danach noch WTG-seitig
eingezogen und eingestampft wurde. Sie atmet durchaus den Geist des
WTG-Hardlinertums. Im Zuge des Gierens nach den KdöR-Ambitionen, wurde auch
den WTG-Kreisen dann klar, jene Broschüre „passt nicht mehr in die Landschaft"
und wurde dann durch eine etwas vermeintlich „harmloser" klingende Fassung
ersetzt.
Wie bereits notiert, entstammte der Autor einer für Zeugen
Jehovas-Verhältnisse ungewöhnlich liberalen Familie. Nun nachdem die neue
Broschüre herausgekommen war, jubelte auch er dann. Dann braucht man die
Hardliner-Position, das Kinder an keinen Klassensprecherwahlen teilnehmen
sollen, so ja nicht weiter aufrecht erhalten. Er lies es nicht dabei bewenden,
und praktizierte dann bei seinen eigenen Kindern ebenfalls entsprechende
Liberalität.
Da allerdings, hatte er die „Rechnung ohne den Wirt" gemacht. In der Folge
wurde er auch von seinen Mitältesten diesbezüglich bei der WTG schriftlich
angeschwärzt. Er wähnt zwar die Situation, aufgrund seiner
WTG-Rhetorik-Schulung beherrscht zu haben. Das indes dürfte wohl nur die halbe
von der ganzen Wahrheit sein.
„Die Antwort kam in einem Schreiben an
die gesamte Ältestenschaft unserer Gemeinde mit der Drohung, daß wenn ich
meine Einstellung und Meinung nicht ändern würde, ich meine Vorrechte
innerhalb der Organisation verlieren würde."
Noch eine analoge Feststellung hatte er zu sammeln. Seine eigene Tochter,
der er etwa in Sachen Klassensprecherwahlen ein liberales Verhalten zugestand,
die sollte dann durch unvorsichtige Äußerungen, die sofort weiter kolportiert
wurden, sich als eine erweisen, die mit zu dem „hineinrammen eines Dolches in
seinen Rücken" beitrugen.
„Als ich mich schliesslich von meiner
Religion trennte stellte sie sich gegen mich. Gehorsam und Treue gegenüber
der Organisation waren ihr wichtiger geworden als das Verhältnis zu ihrem
Vater."
Die weitere „Nagelprobe" war dann die, dass auch seine Ehe WTG-bedingt,
nach zwanzig Jahren in die Brüche ging.
Zu seinen späteren Gesamteinsichten gehört auch die:
„Daß ich 45 Jahre alt werden musste, bis
ich mich endlich von meiner Religion trennen konnte? Warum hat es nochmals
mehr als fünfzehn Jahre bis zum Schreiben dieses Buches gedauert?
Sie (die ZJ) leben fremdgesteuert in einer paradiesischen „Glasglocke".
Und weiter:
„Man will gewisse Dinge einfach nicht
wahrhaben
Es ist eine Furcht vor den Konsequenzen die es hat, falls „die Wahrheit"
doch nicht die Wahrheit ist."
Dem 7. Kapitel seines Buches gab er die Überschrift:
„Ich war Opfer und Täter"
, was dann wohl auch als zutreffend zu bezeichnen ist.
Gelesen in:
Peter Porjohn
„Befreiung von religiöser Bevormundung
Warum und wie ich mich nach vierzig Jahren von fundamentalistischer
Denkweise befreite"
- Nur - als elektronischer Text im Amazon.de kindle-Programm erhältlich.
Hinweis, der Besitz eines kindle-Gerätes dazu ist zwar eine Option, aber nicht
zwingend. Man kann jenen Text auch auf den eigenen Rechner, als kindle-Datei
herunterladen. Man ist aber auch dort dann auf den in der Folge bestehenden kindle-Ordner angewiesen.
Etwa anderweitige Optionen in Sachen elektronischer Bücher (etwa pdf-Dateien)
sind nicht gegeben.
Bei Amazon.de auch als gedrucktes Buch erhältlich,
wiederum mit der Einschränkung nur dort, und nicht auch über andere
Buchhändler.
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,180475,180475#msg-180475
Erinnerungen von Jehovas Zeugen