Köhlerglaube und Wehrdienstverweigerung

Europa der Diktaturen (II) #
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 19. Januar 2014 01:24
„Im „Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Zurückkehrend zu den Aussagen des Jahres 1929.
Dann gab es ja noch die Konkurrenz-Religionen, welche da schon ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hatten, als der relative Newcomer WTG-Religion zu der Zeit. Auch dazu ist zu sagen. Die WTG-Religion partizipierte damals allenfalls von der „Gnade der späten Geburt". Ihre „Unschuld" hat sie begonnen allerspätestens dann zu verlieren, wenn der Weg der Institutionalisierung beschritten wird. Man sehe sich nur mal an, wie oft im heutigen WTG-Schrifttum der Begriff Organisation als Fetisch hervorgehoben wird, und man kann wissen, was „die Glocke geschlagen hat".

Wer Organisation, Institutionalisierung zum hehren Ziel erklärt, der heult auch mit den Wölfen, wenn es sein muss, auch mit den allerschlimmsten ihrer Sorte. Alles weitere ist dann lediglich eine Frage von Zeit und Umständen.

In der Herrberger-Datei sind auch Voten adventistischer Funktionäre aus dem ersten Weltkrieg zitiert. Die Minderheit die es auch da gab (noch heute als sogenannte Reformationsbewegung ein mehr schlecht als rechtes Dasein fristend), blieb eine Minderheit. Um ihrer materiellen Interessen willen, haben damals die Mehrheits-Funktionäre der Adventisten, Wehrdienstgegnerische Grundsätze verraten. Und diese Geschichte wird sich immer wiederholen, wenn Religionsfunktionäre Materielles echt zu verlieren haben (im Fall der Fälle).
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,174531,174531#msg-174531
Die Gnade der späten Geburt, erweist sich auch für die WTG-Funktionäre, als ein trügerische Gnade.

Noch eins. Deutscher Redakteur des „Goldenen Zeitalters" war zu der Zeit bekanntlich Herr Balzereit. Auch Herr Balzereit hat dann noch in der Nazizeit, als Privatperson, den vormaligen Wehrdienstgegnerischen Grundsatz verleugnet. Sicherlich nicht aus „Freude" am verleugnen. Das kann man ja wohl kaum unterstellen. Aber entscheidend ist ja das tatsächliche Handeln.

Und in diesem Kontext bewerte man, das zeigen mit dem Finger auf andere.
In der Magdeburger Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 15. 1. 1929 konnte man auch nachfolgenden Bericht lesen:

„Unter der Überschrift 'Der Krieg' findet sich in Nummer 2 des in Wien erscheinenden Blattes zur Vorbereitung der katholischen Volksmission in Wien, 'der Friedensengel' herausgegeben November und Dezember 1928, ein Artikel, der an Auf-den-Kopf-Stellen der Wahrheit und Verdrehung von Tatsachen derartig Erstaunliches leistet, daß man sich fragen muß: worüber soll man sich mehr wundern, über die Dreistigkeit, mit der dem Volke solche Dinge aufgetischt werden, oder darüber, daß es auf der Erde immer noch Menschen gibt, die sich solch ein systematisches Zumbestenhalten und Verdummenwollen gefallen lassen. Der Artikel lautet:

„Daß die Geistlichen den Krieg nicht hätten verhindern können, sehen jetzt freilich die meisten ein; daß der Papst soviel wie gar niemand getan hat, um einen baldigen Frieden herbeizuführen, ist durch die verschiedenen Enthüllungen der Diplomatie sonnenklar machgewiesen worden. Aber noch immer heißt es. Die Geistlichen haben die Waffen gesegnet! Kardinal Pilli hat die Waffen gesegnet! konnte man vor Jahren an den Plakatsäulen Wiens lesen. Darum fort von einer solchen Religion! - Ist wieder sehr schlau erdacht. Wenn mir der Krieg den lieben Gatten genommen, oder den Vater oder den Bräutigam oder den lieben Sohn, die Stütze meiner alten Tage, und die Priester gleichsam ihren Segen zum Morden gegeben haben, dann packt mich Groll und Erbitterung auch gegen die Priester -

Aber was ist die Wahrheit?
Schreiber dieser Zeilen hat viele Feldkuraten gefragt. Haben Sie die Waffen gesegnet? Und einer nach dem anderen. 'Ich Nicht!' Aber zwei mußten bekennen 'Ich habe die Waffen gesegnet!' 'Mich hat der Kommandant darum gebeten', erklärte der eine, und der andere. 'Mich hat die Mannschaft darum ersucht, bevor wir einen Sturmangriff unternahmen!' Hat aber zum Beispiel Kardinal Pilli die Waffen gesegnet? Wann ist ein 30,5-Mörser bei seiner Wohnung vorgefahren, daß er ihn segne? Oder wann ging er ins Arsenal, um ihm vor dem Wegfahren zu segnen? Das hätte man doch sehen müssen! -

Diese Nachricht war also von A bis Z erfunden und ersonnen, um gegen die Religion Stimmung zu machen. Aber wir Priester pflegen derlei Verleumdungen ruhig hinzunehmen, solange uns nicht der Beruf geradezu zwingt, dagegen aufzutreten. -

Und wenn Feldkuraten die Waffen gesegnet haben, war das ein Verbrechen? Wie mußte er beten? Hier das Gebet, das er dabei sprach:

'Wir bitten dich o Herr, sende deinen Segen herab auf diese Waffen und auf den, der sie trägt zum Schutze der Wahrheit und Gerechtigkeit, auf daß er vor allem Unglück an Seele und Leib bewahrt bleibe. Durch Christus, unsren Herrn!'

Wer in der Welt möchte ein solches Gebet zum Verbrechen stempeln! -
Und wenn das ein Verbrechen wäre, könnte man nicht mit einem berühmten Wiener fragen. Wer hat dann das größte Verbrechen begangen, der Feldkurat, der die bereits vorhandenen Geschütze gesegnet hat, oder der Waffenfabrik-Arbeiter, der Geschütze, die noch nicht vorhanden waren, hergestellt hat! Denn daß sie nicht zum Spielen hergestellt würden, hast jeder gewußt.'
Kein Mensch hat den Metallarbeitern, unter denen so viele brave und friedliebende Männer waren, daraus einen Vorwurf gemacht: noch weniger verdient ihn der Priester!'"

Nach dieser Zitierung kommentiert das „Goldene Zeitalter" seinerseits dazu:
„Also jetzt wissen es die Arbeiter, die die Waffen fabriziert haben, daß sie viel schuldiger sind als diejenigen, die die Waffen gesegnet haben!
Das ist in der Tat eine sonderbare Theorie, und zwar darum, weil sie von Männern ausgeht, welche für sich beanspruchen, Führer des Volkes zu sein, von Männern, die sich gerne als Hirten, Seelenpfleger, Volkserzieher usw. Selbst die Ehre anmaßten. Schöne Volkserzieher, die nur solange die Verantwortung tragen wollen, wie es gilt „Bücklinge" vor ihnen zu machen und sie Ehrwürden und Hochehrwürden zu nennen und die dann, wenn sich bei den Menschen eine falsche Geisteseinstellung zeigte und auch noch zeigt, weil die geistigen Väter die religiösen Erzieher und Unterweiser des Volkes sie durch ihre falsche Beinflussung erzeugten, sich einfach zurückziehen und sagen: „Ja, da trifft mich keine Schuld". Das ist genauso als wenn ein Vater einen Buben unglücklich aufzog, so daß er ein Taugenichts wurde, und der dann, wenn man ihn für die Streiche des von ihm erzogenen Knaben zur Verantwortung ziehen will, einfach sagt: „Der Knabe ist der Schuldige, denn er hat's getan, nicht ich".

Der Schreiber dieses listig erdachten und berechneten obigen Artikels weiß ganz genau, daß die Arbeiter, die bei Kriegsanbruch Waffen fabrizieren mußten, mit denen unter Umständen ihre eigenen Väter, ihre eigenen Söhne ihren Untergang eindonnerten, alles andere lieber getan hätten als Waffen zu fabrizieren, wenn nicht eine grausame, rücksichtslose Gesetzesmaschine sie dazu gezwungen hätte. Und wer war es denn, der für die Aufstellung dieser grausamen Gesetze verantwortlich war, die Arbeiter oder jene Herren, die sie aufstellten und dann später - wie hier dieser Jesuit im „Friedensengel" - ihre Hände in Unschuld waschen möchten, die - wenn ihnen ihr Verbrechen am Volkswohl vorgehalten wird - dann mit Redensarten um sich werfen und sagen, daß der böse Feind mit seinen Helfershelfern eine neue Liest ersonnen habe?

Vielleicht interessieren diesen Herrn auch die nachstehenden Aussprüche katholischer Theologen und Religionsvertreter:
Dr. Michael von Faulhaber, damals Bischof von Speyer, suchte den Krieg zu verteidigen und - um mit seinen eigenen Worten zu reden - „friedlichen Ausgleich zwischen Evangelium und Krieg" zu schaffen mit den Worten:

„Man darf auch nicht um des Friedens willen geführten Krieg verfluchen."

(Siehe „Kraft aus der Höhe", Seite 50/51 von Professor Heinrich Finke Verlag Jos. Kösel, München.) Seite 55 will er die rechtliche Seite des Krieges mit dem Matthäus-Evangelium verteidigen, und auf Seite 59 nennt er den Glauben an Gott einen „Armeebefehl zu mutvoller Tat" - im Umbringen von Menschen, und schließt seine Kriegsverherrlichung mit den Worten:

„Die Feuertage des Krieges werden zu Feiertagen des Glaubens."

In demselben Buch verherrlicht Dr. Aug. Bludau, damaliger Bischof von Ermland, den Krieg, indem er den Tod auf dem Schlachtfelde als den „christlichen Tod" besingt, und weiß doch genau, daß Jesus nicht gebot, das Schwert zu ziehen, sondern in die Scheide zu stecken.

Der katholische Pfarrer Georg Müller, Bellinhausen:

„Ist nicht das Kriegshandwerk so rauh, so unerbittlich rauh? - Nein, es ist ein heiliger Krieg, der die gerechte Sache nur verfechten will. Heiligt ihn nur als Gottesstreiter. Kriegsdienst ist Gottesdienst ... Auf Maria vertrauet, auf ihre Hilfe bauet. Maria vom Siege wird helfen." -

Aus „Maria vom Siege", Süddeutsche Verlagsanstalt Ulm e. G. m. b. H., Ulm, Donau.

Es ist ein Jammer, daß im Namen der Religion ein solch großes Unrecht verübt wurde, und daß das Christentum - anstatt zur Erziehung eines Geistes der Liebe - zum Hervorrufen eines Zustandes grenzenloser Erbitterung benutzt wurde und zwar durch solche, welche die Grundsätze Jesu Christi hätten vertreten sollen. Aber es ist noch viel bedauernswerter und schmerzlicher, daß man nicht einmal ein ehrliches Wort des Bekenntnisses findet, sondern heute noch den Schuldlosen spielen und die Schuld auf andere schieben will. Wahrlich ein trostloses Schauspiel, wenn der Verführer die Schuld auf den Verführten schiebt! Aber das Volk weiß selbst ganz genau, wo die Schuld liegt, und mit solchen Spiegelfechtereien, wie sie jener „Friedensengel" da vorangeht, gibt man nur nach außen hin ein Zeugnis von der Tatsache, daß man nicht aufrichtig genug ist, die Dinge zu nennen, wie sie wirklich waren, und darum nun ganz einfach die Wahrheit auf den Kopf stellt. Aber, daß solches im „Friedensengel" geschehen kann? „Fauler Friede das, lieber Engel", so könnte man jenen Leuten in Wien zurufen. Aber es scheint so auch so, als ob ihr „Friede" dadurch etwas gestört wurde, daß die Menschheit erwacht. Denn sie müssen doch schon ziemlich angegriffen sein, daß sie sich so verzweifelt wehren ..."

Einen thematischen „Nachschlag", wiederum einen Pressebericht als Ausgangsbasis nutzend, gab es dann noch in der Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 1. 4. 1935.
Dort konnte man nachfolgendes lesen:

"Hat die Kirche die Waffen gesegnet?"
(Aus einer katholischen Elsässerzeitung)
Die Frage behandelt in ausführlicher Weise Nummer 2 der hochinteressanten Alsatia-Flugblätter.
Die Gegner der katholischen Kirche verfehlen keine Gelegenheit, um gegen deren Lehre und Institutionen zu hetzen und so Verwirrung in die Volksmassen hineinzuwerfen.
An allem Unglück, das über die arme Welt hereinbricht, muß nach der Doktrine der Feinde des Glaubens die Kirche in erster Linie schuld sein. So wird sie in erster Linie für die himmelschreienden Auswüchse des Kapitalismus und die Krise verantwortlich gemacht.

Auch am Weltkriege soll, nach Ansicht dieser Leute, die katholische Kirche die Hauptverantwortliche sein. Ja diese Leute gehen sogar so weit und behaupten, daß das Menschenmorden von ihr gutgeheißen worden sei. Die Kirche habe sogar die Waffen gesegnet!
Die Feldgeistlichen, welche oft mit den armen, geplagten Soldaten tage- ja wochenlang in den vordersten Schützengräben lagen und mit diesen gar manches Leid teilten, sie, die gar manchem Krieger beistanden, der fern von der Heimat einen schrecklichen Tod erleiden mußte, ausgerechnet sie werden heute mit den niedrigsten Vorwürfen überhäuft. Heute behaupten die Feinde der Religion:

"Die Feldgeistlichen verfolgten nur ein Ziel, sie hatten die Aufgabe die Soldaten zum Morden aufzufordern und sie anzuspornen. Aus diesem Grunde und zu diesem Zwecke wurden sogar die Kriegswaffen gesegnet." —

Die Kirche habe somit die Menschen aufgefordert sich gegenseitig niederzuschlagen und zu ermorden.

Wie steht es mit diesem Vorwurfe?
Tatsache ist, daß die Diener der Kirche, Soldaten, die an die Front zogen, segneten. Damit wollten sie auf diese Soldaten Gottes Schutz und Gnade herbeiflehen. In diesem Sinne auch lauteten die Gebete, welche die Priester über ihre Mitbrüder sprachen.
Segnungen von Waffen haben aber im Kriege niemals stattgefunden.
Dies beweist schon eine Rundfrage bei den Armeegeistlichen, sämtlicher am Weltkriege beteiligter Staaten. Alle erklären einmütig, daß nie im Laufe des Weltkrieges im Auftrage oder mit Erlaubnis der Kirche eine Segnung der Waffen stattgefunden hat.

Die Friedensaktion der Päpste ist ein weiteres Dementi der verleumderischen Anklage, die Kirche sei eine Freundin des Völkermordens.
Erinnern wir hier nur an den heiligen Vater Pius X., der sein heiligmäßiges Leben aushauchte, weil er anno 1914 das furchtbare Verbrechen an der Menschheit nicht verhindern konnte.
Und sein Nachfolger Papst Benedikt XV. schrieb im Jahre 1915:

„Gesegnet sei, der zuerst den Ölzweig des Friedens emporhebt und dem Feinde zuerst die Hand zum Frieden entgegenstreckt."

Viele Vermittlungsvorschläge des Vatikans an die kriegführenden Staaten wurden abgewiesen. Blinder, konfessioneller Haß, sowie gehässiges Freidenkertum verschlossen den Politikern die Augen. Sie wiesen die rettende Hand zurück!

Es steht heute fest, daß es sich bei diesem Vorwurfe an die Kirche, um eine absichtlich ausgestreute Verleumdung handelt.
Dies beweist in unumstößlicher Weise das oben zitierte Flugblatt des Alsatia-Verlages.
Allen, welche diese Frage interessiert, empfehlen wir eindringlich die Lektüre dieser Schrift. Sie enthält in gedrängter, aber klarer Form schlagende Beweise, daß dieser Vorwurf eine gemeine Verleumdung der Feinde der katholischen Kirche ist.

"Wir wollen einmal sehen", so schreibt der Autor des Flugblattes zum Schlüsse seiner Schrift, "ob man nicht in ein paar Jahren der Kirche gerade den entgegengesetzten Vorwurf macht. Daß sie nämlich zu viel an den Frieden gedacht und zu laut davon gesprochen habe. Anstatt das Starksein zu predigen und die Rüstungen zu empfehlen, weil die Welt gar nicht in einem ewigen Frieden leben könne.

Bei der Mentalität der Gegner ist dies sehr gut möglich! Sie können in einem Atemzug der Kirche vorwerfen, daß sie den Krieg gesegnet habe, und dann wieder, daß sie zu sehr für den Frieden gewesen sei, und nicht genügend an die "Stärke und die Ehre des Vaterlandes" gedacht habe.
Daraus erkennt man, daß die Verleumdungen der Gegner nicht auf Tatsachen, sondern lediglich auf bösem Willen beruhen. Die Kirche kann das kalt lassen! Sie weiß, daß sie der höchsten und der schönsten Aufgabe dient, die es geben kann.
Ihre Parole war und bleibt immer jene der Engel auf Bethlehems Gefilden:
"Friede den Menschen auf Erden."
Die Flugblätter sind zu beziehen durch den Alsatia-Verlag, Colmar, Bartholdistraße 10.

Und zu vorstehendem merkt das „Goldene Zeitalter" seinerseits redaktionell an:
„Als Kommentar hierzu möge ein aus dem Bayerischen Feld-Gebet-Gesangbuch von Dr. M. Buchberger entnommenes "Kriegsgebet" dienen, das von dem gegen die Hitlerregierung so streitbaren Bischof von München Dr. M. von Faulhaber verfaßt worden ist:

"Herr, der Heerscharen, du Schirmherr der gerechten Sache, wir bitten dich im Namen deines Sohnes, unseres Herrn und Heilandes, du wollest unsere Truppen im Felde mit Deiner Kraft umgürten, unsere Feldherrn mit Deinem Geiste erleuchten, unsere Kriegsschiffe mit dem Panzer deiner Allmacht umgeben, unsere Luftfahrer im Schatten deiner Fittiche behüten..." usw.
mit zum Segen von allen Feldgeistlichen erhobenen Händen beschlossen: —
"Laß unser Vertrauen nicht zuschanden werden! Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen."

In solcher Weise wurde nicht nur der göttliche Segen über die Mordinstrumente herabgefleht, sondern Gott selbst zur Mithilfe angefleht. — Nein, die Kirche hat die Waffen nicht gesegnet, sondern sie segnet sie noch! —

Weiter ergänzend, bietet es sich an, auch die Rubrik „Fragekasten" des Magdeburger „Goldenen Zeitalters" vom 1. 2. 1929 (Schweizer Ausgabe erst am 1. 3. 1929) in diesem Zusammenhang mit im Blick zu haben. Da wird in der Tat zu der Frage „Darf ein Christ am Kriege teilnehmen?" weiter Stellung genommen. Gezeichnet ist jener Artikel mit dem Kürzel „P. Gd.", was in Auflösung wohl „Paul Gehrhard" heißen soll. (In der Schweizer Ausgabe wurde das Namenskürzel weggelassen). Erwiesenermaßen, handelt es sich bei diesem Pseudonym um niemand anderem, als Balzereit selbst. Und Vollmundig findet man im Impressum des GZ, in der Rubrik „Redaktions-Mitarbeiter" auch den Namen:
„Schriftsteller Paul Gehrhard".
Ergo sieht sich Balzereit seit seinem „Die größte Geheimmacht der Welt", auch als „Schriftsteller".
Und just dieser „Schriftsteller" nimmt nun, im Jahre 1929, zu dieser delikaten Frage Stellung.
Sieht man sich seine Ausführungen dazu im Detail an, wird man wohl sagen müssen. Er vermeidet etwaige Konfrontationen.

Man findet darin auch den Satz:
„Es ist selbstverständlich, daß hiermit mit keinem Wort etwas gegen Schutzmaßnahmen gesagt werden soll..."

Allenfalls kann man diesen Balzereit'schen Ausführungen noch zubilligen, pazifistische Positionen zu begünstigen.
Nur, wie es in der Kriegsfrage dann tatsächlich wieder ernst wurde, setzte sich die offizielle WTG von pazifistischen Positionen ausdrücklich ab. Man würde kämpfen - nur eben nicht für jene Zielstellungen, welche weltliche Nationen in ihren Kriegen vorgäben. Der berühmt-berüchtigte „Neutralitäts"-Wachtturm vom 1. 12. 1939, belegt dies auch. Siehe dazu 19392Argumentation

Noch nach 1945 gab es dann „Wachtturm"-Ausführungen, die ausdrücklich betonten, man sei nicht Pazifist als solches.
Siehe dazu: 19512Pazifisten

In dieser Konsequenz hat offenbar derselbe „Schriftsteller", wie in der Herrberger-Datei dokumentiert, ursprünglich etwas Kriegsgegnerische Aussagen, etwa in dem WTG-Buch „Die Harfe Gottes", wieder „entschärft".

Auch Balzereits Ausführungen im GZ vom 1. 2. 1929, erweisen sich bei Licht besehen, als nichts anderes als wie eine „Entschärfung" dieser Thematik.

Nachstehend seien diese Balzereit'schen Ausführungen noch im Detail dokumentiert. Er schreibt zur genannten Fragestellung:
„Die Antwort auf diese Frage kann nur richtig verstanden werden, wenn völlig verstanden wird, wer in Wahrheit ein Christ ist und wer nicht. Millionen Menschen nennen sich heute „Christ" und sind es doch nicht; denn ein wahrer Christ ist nur der, der sich durch Christum völlig Gott weihte und bereit ist, für die Sache Jehovas einzustehen und zu kämpfen, treu bis in den Tod, wie es Jesus auch tat. Christ sein bedeutet also, so zu tun, wie Christus tat, der den Namen seines Vaters vor jedem Mißbrauch verteidigte, wie es in jener Zeit besonders durch die Politik und Menschenkult treibende Geistlichkeit jener Tage geübt wurde. Aber, von solchen bekennenden Kämpfen für Gott wissen doch durchschnittlich die Millionen derer, die sich heute mit dem Namen „Christ" bezeichnen, meistens nichts. Die meisten dieser „Christen", die mit schwer verborgener Überlegenheit oder sogar leichtem Gespött gelegentlich kirchlichen Veranstaltungen beiwohnen, bekennen auch freimütig, daß sie nicht aus wirklicher Glaubensüberzeugung Mitglied irgendeiner Kirche sind, sondern nur um des guten Tones - also um der Mode - willen. Wenn irgend jemand der so eingestellten Menschen an einem Kriege teilnehmen will, wer möchte das wohl überhaupt gerne?), so ist dies natürlich seine eigene Sache. Nur sollte er nicht den erhabenen Namen Jehovas in ein Trauerspiel organisierter Menschenmörderei hineinziehen. Jehova verbietet dies und sagt, daß er Gebete oder Anrufung seines Namens in Stunden allgemeinen Blutvergießens nicht erhört, wie wir lesen in Jesaja 1: 15-17, wo der Prophet sagt:

„Wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch; selbst wenn ihr des Betens viel macht, höre ich nicht; eure Hände sind voll Blutes. Waschet euch, reinigt euch; schaffet die Schlechtigkeit eurer Handlungen mir aus den Augen, lasset ab vom Übeltun! Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, leitet den Bedrückten; schaffet Recht der Waise, führet der Witwe Sache!"

Ein wahrer Christ ist Gott geweiht mit dem Vorsatz, unter allen Umständen den Willen Gottes zu tun, was das Halten der Gebote Gottes in sich schließt. Eines dieser Gebote heißt: „Du sollst nicht töten!" Nirgendwo in der Heiligen Schrift, der Bibel, ist irgend etwas zu finden, das Ausnahmefälle für den Fortfall dieses Gebotes rechtfertigen würde. Zwar sagen einige: „Ja, die Juden haben auch Kriege geführt", aber, wir antworten: Unsre Frage heißt ja auch nicht: darf ein Jude am Kriege teilnehmen? Und darum ist hier ohne Bedeutung, was die Juden einmal taten oder nicht taten. Außerdem waren die von ihnen geführten Kriege - wie z. B. Josua in der Vernichtung der Amoriter bei Gibeon usw. - Vorbilder. - 1. Korinther 10:11.

Eine jede Zeit ist immer nur nach dem Maße ihrer Erfahrung und daraus resultierender Erkenntnis verantwortlich. Das Volk Israel war in den Tagen der Gesetzgebung auf dem Wege der Erfahrung mit dem Bösen noch nicht so weit, daß bei ihm Würdigung des Grundsatzes Jesu - sogar Feinde zu lieben - erwartet werden konnte. Darum auch stellte Jehova dem Volke Israel damals nur die auf nackte Gerechtigkeit fußende Forderung auf „Auge um Auge, Zahn um Zahn". Als jedoch Jesus auf Erden wandelte, war offenbar die Zeit gekommen, ein höheres ethisches Empfinden bei einzelnen Menschen vorauszusetzen, und daher wurden für den Christen auch höhere - oben schon angedeutete - ethische Forderungen aufgestellt.

Wenn heute jedoch irgend jemand noch auf Kannibalenstufe des Gedankens lebt, Nasen blutig boxen, Schädel einschlagen und Bajonett in die Rippen bohren sei schön, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn er Gelegenheiten, seinen Neigungen zu huldigen, suchen wird. Daß aber ein, zu höherem Denken erhobener, ein wahrer Christ, der schon erkennt, daß Güte, Vergebung, Nachsicht und Hilfsbereitschaft viel schöner sind als Rachsucht, Wut, Grausamkeit und Haß, solche Gelegenheiten nicht suchen wird, muß jedem klar sein, der denken kann. Der wahre Christ würde damit eine Sünde wider besseres Wissen begehen und vor Gott strafbar werden. Einem natürlichen Menschen mag es natürlich vorkommen, an Kriegen teilzunehmen und andere Mitmenschen zu töten. Einem Christen würde dies unnatürlich, wider die Natur vorkommen, und er würde sich weigern, gegen Gottes Gebot: „Du sollst nicht töten" zu sündigen.


Es ist selbstverständlich, daß hiermit mit keinem Wort etwas gegen Schutzmaßnahmen gesagt werden soll, welche die dafür in Frage kommenden Stellen der Regierung eines Landes zur Bewahrung der Grenzen oder Aufrechterhaltung von Ordnung ergreifen. Noch besteht Ungerechtigkeit in der Welt, und eine „Welt ohne Gott" benötigt zweifellos solche Schutzmittel. Der wahre Christ wird seine Hoffnung nicht auf Armeen, sondern auf Jehova setzen, und wenn alle Welt dies einmal gelernt haben wird, braucht man auch zum angeblichen Schutz des Friedens keine Armeen und Kriege mehr, sondern dann wird Jehova der Erde Frieden zuwenden wie einen Strom. - Jesaja 66:12.

Darum also streite ein jeder da, wo er hingehört. Ein irdischer Mensch mag streiten in irdischem Kriege als irdischer Soldat, ein geweihter Christ aber wird dies nicht tun, sondern wird Zeit und Kraft bereitstellen als Soldat Gottes, im großen Streite Gottes gegen alle Böse, damit den Menschen Gutes getan werde; damit werde
"Friede auf Erden und an den Menschen ein Wohlgefallen".
P. Gd.

Man beachte auch die Einlassung „Schutzmaßnahmen gegen ungerechte Kriege" nicht zu verdammen. Das ist dann der berüchtigte Streit um des „Kaisers Bart" Was sei ein gerechter Verteidigungskrieg, und was nicht.
Nach 1945 meinte sogar der deutsche Bundesgerichtshof. Es stünde dem einzelnen nicht zu, Entscheidungen zu treffen, die von der offiziellen Staatsdoktrin abwichen. Täte er es dennoch, sei das halt sein „Privatvergnügen" aber kein entschädigungspflichtiger Bestand für einen Rechtsstaat. Der deutsche BGH schloß in diese Doktrin auch ausdrücklich die Hitler'schen Kriege mit ein. Seine sinnige Begründung auch. Die Entscheidung, sei nun ein Krieg ein gerechter oder ein ungerechter, stünde erst vielen, vielen späteren Generationen zu, nicht jedoch der zeitgenössischen.
Siehe etwa:
Das famose Urteil des Deutschen Bundesgerichtshofes
Es ist daher klar, wer dieser „Logik" des BGH nicht zu folgen vermag, tut es auf eigenes Risiko.
Die zum Wegwerfen des eigenen Lebens bereiten, haben dabei dann wohl noch die „besten" aber zugleich auch die fragwürdigsten Chancen dazu.

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