Köhlerglaube und Wehrdienstverweigerung
Wer Organisation, Institutionalisierung zum hehren Ziel erklärt, der heult
auch mit den Wölfen, wenn es sein muss, auch mit den allerschlimmsten ihrer
Sorte. Alles weitere ist dann lediglich eine Frage von Zeit und Umständen.
In der
Herrberger-Datei sind auch Voten adventistischer Funktionäre aus dem
ersten Weltkrieg zitiert. Die Minderheit die es auch da gab (noch heute als
sogenannte Reformationsbewegung ein mehr schlecht als rechtes Dasein
fristend), blieb eine Minderheit. Um ihrer materiellen Interessen willen,
haben damals die Mehrheits-Funktionäre der Adventisten, Wehrdienstgegnerische
Grundsätze verraten. Und diese Geschichte wird sich immer wiederholen, wenn
Religionsfunktionäre Materielles echt zu verlieren haben (im Fall der Fälle).
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,174531,174531#msg-174531
Die Gnade der späten Geburt, erweist sich auch für die WTG-Funktionäre, als
ein trügerische Gnade.
Noch eins. Deutscher Redakteur des „Goldenen Zeitalters" war zu der Zeit
bekanntlich Herr Balzereit. Auch Herr Balzereit hat dann noch in der Nazizeit,
als Privatperson, den vormaligen Wehrdienstgegnerischen Grundsatz verleugnet.
Sicherlich nicht aus „Freude" am verleugnen. Das kann man ja wohl kaum
unterstellen. Aber entscheidend ist ja das tatsächliche Handeln.
Und in diesem Kontext bewerte man, das zeigen mit dem Finger auf andere.
In der Magdeburger Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 15. 1. 1929 konnte
man auch nachfolgenden Bericht lesen:
„Unter der Überschrift 'Der Krieg' findet sich in Nummer 2 des in Wien erscheinenden Blattes zur Vorbereitung der katholischen Volksmission in Wien, 'der Friedensengel' herausgegeben November und Dezember 1928, ein Artikel, der an Auf-den-Kopf-Stellen der Wahrheit und Verdrehung von Tatsachen derartig Erstaunliches leistet, daß man sich fragen muß: worüber soll man sich mehr wundern, über die Dreistigkeit, mit der dem Volke solche Dinge aufgetischt werden, oder darüber, daß es auf der Erde immer noch Menschen gibt, die sich solch ein systematisches Zumbestenhalten und Verdummenwollen gefallen lassen. Der Artikel lautet:
„Daß die Geistlichen den Krieg nicht hätten
verhindern können, sehen jetzt freilich die meisten ein; daß der Papst soviel
wie gar niemand getan hat, um einen baldigen Frieden herbeizuführen, ist durch
die verschiedenen Enthüllungen der Diplomatie sonnenklar machgewiesen worden.
Aber noch immer heißt es. Die Geistlichen haben die Waffen gesegnet! Kardinal
Pilli hat die Waffen gesegnet! konnte man vor Jahren an den Plakatsäulen Wiens
lesen. Darum fort von einer solchen Religion! - Ist wieder sehr schlau
erdacht. Wenn mir der Krieg den lieben Gatten genommen, oder den Vater oder
den Bräutigam oder den lieben Sohn, die Stütze meiner alten Tage, und die
Priester gleichsam ihren Segen zum Morden gegeben haben, dann packt mich Groll
und Erbitterung auch gegen die Priester -
Aber was ist die Wahrheit?
Schreiber dieser Zeilen hat viele Feldkuraten gefragt. Haben Sie die Waffen
gesegnet? Und einer nach dem anderen. 'Ich Nicht!' Aber zwei mußten bekennen
'Ich habe die Waffen gesegnet!' 'Mich hat der Kommandant darum gebeten',
erklärte der eine, und der andere. 'Mich hat die Mannschaft darum ersucht,
bevor wir einen Sturmangriff unternahmen!' Hat aber zum Beispiel Kardinal
Pilli die Waffen gesegnet? Wann ist ein 30,5-Mörser bei seiner Wohnung
vorgefahren, daß er ihn segne? Oder wann ging er ins Arsenal, um ihm vor dem
Wegfahren zu segnen? Das hätte man doch sehen müssen! -
Diese Nachricht war also von A bis Z erfunden und ersonnen, um gegen die
Religion Stimmung zu machen. Aber wir Priester pflegen derlei Verleumdungen
ruhig hinzunehmen, solange uns nicht der Beruf geradezu zwingt, dagegen
aufzutreten. -
Und wenn Feldkuraten die Waffen gesegnet haben, war das ein Verbrechen? Wie
mußte er beten? Hier das Gebet, das er dabei sprach:
'Wir bitten dich o Herr, sende deinen Segen herab auf diese Waffen und auf den, der sie trägt zum Schutze der Wahrheit und Gerechtigkeit, auf daß er vor allem Unglück an Seele und Leib bewahrt bleibe. Durch Christus, unsren Herrn!'
Wer in der Welt möchte ein solches Gebet zum
Verbrechen stempeln! -
Und wenn das ein Verbrechen wäre, könnte man nicht mit einem berühmten Wiener
fragen. Wer hat dann das größte Verbrechen begangen, der Feldkurat, der die
bereits vorhandenen Geschütze gesegnet hat, oder der Waffenfabrik-Arbeiter,
der Geschütze, die noch nicht vorhanden waren, hergestellt hat! Denn daß sie
nicht zum Spielen hergestellt würden, hast jeder gewußt.'
Kein Mensch hat den Metallarbeitern, unter denen so viele brave und
friedliebende Männer waren, daraus einen Vorwurf gemacht: noch weniger
verdient ihn der Priester!'"
Nach dieser Zitierung kommentiert das „Goldene Zeitalter" seinerseits dazu:
„Also jetzt wissen es die Arbeiter, die die Waffen
fabriziert haben, daß sie viel schuldiger sind als diejenigen, die die Waffen
gesegnet haben!
Das ist in der Tat eine sonderbare Theorie, und zwar darum, weil sie von
Männern ausgeht, welche für sich beanspruchen, Führer des Volkes zu sein, von
Männern, die sich gerne als Hirten, Seelenpfleger, Volkserzieher usw. Selbst
die Ehre anmaßten. Schöne Volkserzieher, die nur solange die Verantwortung
tragen wollen, wie es gilt „Bücklinge" vor ihnen zu machen und sie Ehrwürden
und Hochehrwürden zu nennen und die dann, wenn sich bei den Menschen eine
falsche Geisteseinstellung zeigte und auch noch zeigt, weil die geistigen
Väter die religiösen Erzieher und Unterweiser des Volkes sie durch ihre
falsche Beinflussung erzeugten, sich einfach zurückziehen und sagen: „Ja, da
trifft mich keine Schuld". Das ist genauso als wenn ein Vater einen Buben
unglücklich aufzog, so daß er ein Taugenichts wurde, und der dann, wenn man
ihn für die Streiche des von ihm erzogenen Knaben zur Verantwortung ziehen
will, einfach sagt: „Der Knabe ist der Schuldige, denn er hat's getan, nicht
ich".
Der Schreiber dieses listig erdachten und berechneten obigen Artikels weiß
ganz genau, daß die Arbeiter, die bei Kriegsanbruch Waffen fabrizieren mußten,
mit denen unter Umständen ihre eigenen Väter, ihre eigenen Söhne ihren
Untergang eindonnerten, alles andere lieber getan hätten als Waffen zu
fabrizieren, wenn nicht eine grausame, rücksichtslose Gesetzesmaschine sie
dazu gezwungen hätte. Und wer war es denn, der für die Aufstellung dieser
grausamen Gesetze verantwortlich war, die Arbeiter oder jene Herren, die sie
aufstellten und dann später - wie hier dieser Jesuit im „Friedensengel" - ihre
Hände in Unschuld waschen möchten, die - wenn ihnen ihr Verbrechen am
Volkswohl vorgehalten wird - dann mit Redensarten um sich werfen und sagen,
daß der böse Feind mit seinen Helfershelfern eine neue Liest ersonnen habe?
Vielleicht interessieren diesen Herrn auch die nachstehenden Aussprüche
katholischer Theologen und Religionsvertreter:
Dr. Michael von Faulhaber, damals Bischof von Speyer, suchte den Krieg zu
verteidigen und - um mit seinen eigenen Worten zu reden - „friedlichen
Ausgleich zwischen Evangelium und Krieg" zu schaffen mit den Worten:
„Man darf auch nicht um des Friedens willen geführten Krieg verfluchen."
(Siehe „Kraft aus der Höhe", Seite 50/51 von Professor Heinrich Finke Verlag Jos. Kösel, München.) Seite 55 will er die rechtliche Seite des Krieges mit dem Matthäus-Evangelium verteidigen, und auf Seite 59 nennt er den Glauben an Gott einen „Armeebefehl zu mutvoller Tat" - im Umbringen von Menschen, und schließt seine Kriegsverherrlichung mit den Worten:
„Die Feuertage des Krieges werden zu Feiertagen des Glaubens."
In demselben Buch verherrlicht Dr. Aug. Bludau,
damaliger Bischof von Ermland, den Krieg, indem er den Tod auf dem
Schlachtfelde als den „christlichen Tod" besingt, und weiß doch genau, daß
Jesus nicht gebot, das Schwert zu ziehen, sondern in die Scheide zu stecken.
Der katholische Pfarrer Georg Müller, Bellinhausen:
„Ist nicht das Kriegshandwerk so rauh, so unerbittlich rauh? - Nein, es ist ein heiliger Krieg, der die gerechte Sache nur verfechten will. Heiligt ihn nur als Gottesstreiter. Kriegsdienst ist Gottesdienst ... Auf Maria vertrauet, auf ihre Hilfe bauet. Maria vom Siege wird helfen." -
Aus „Maria vom Siege", Süddeutsche
Verlagsanstalt Ulm e. G. m. b. H., Ulm, Donau.
Es ist ein Jammer, daß im Namen der Religion ein solch großes Unrecht verübt
wurde, und daß das Christentum - anstatt zur Erziehung eines Geistes der Liebe
- zum Hervorrufen eines Zustandes grenzenloser Erbitterung benutzt wurde und
zwar durch solche, welche die Grundsätze Jesu Christi hätten vertreten sollen.
Aber es ist noch viel bedauernswerter und schmerzlicher, daß man nicht einmal
ein ehrliches Wort des Bekenntnisses findet, sondern heute noch den
Schuldlosen spielen und die Schuld auf andere schieben will. Wahrlich ein
trostloses Schauspiel, wenn der Verführer die Schuld auf den Verführten
schiebt! Aber das Volk weiß selbst ganz genau, wo die Schuld liegt, und mit
solchen Spiegelfechtereien, wie sie jener „Friedensengel" da vorangeht, gibt
man nur nach außen hin ein Zeugnis von der Tatsache, daß man nicht aufrichtig
genug ist, die Dinge zu nennen, wie sie wirklich waren, und darum nun ganz
einfach die Wahrheit auf den Kopf stellt. Aber, daß solches im „Friedensengel"
geschehen kann? „Fauler Friede das, lieber Engel", so könnte man jenen Leuten
in Wien zurufen. Aber es scheint so auch so, als ob ihr „Friede" dadurch etwas
gestört wurde, daß die Menschheit erwacht. Denn sie müssen doch schon ziemlich
angegriffen sein, daß sie sich so verzweifelt wehren ..."
Einen thematischen „Nachschlag", wiederum einen Pressebericht als
Ausgangsbasis nutzend, gab es dann noch in der Ausgabe des „Goldenen
Zeitalters" vom 1. 4. 1935.
Dort konnte man nachfolgendes lesen:
"Hat die Kirche die Waffen gesegnet?"
(Aus einer katholischen Elsässerzeitung)
Die Frage behandelt in ausführlicher Weise Nummer 2 der hochinteressanten
Alsatia-Flugblätter.
Die Gegner der katholischen Kirche verfehlen keine Gelegenheit, um gegen deren
Lehre und Institutionen zu hetzen und so Verwirrung in die Volksmassen
hineinzuwerfen.
An allem Unglück, das über die arme Welt hereinbricht, muß nach der Doktrine
der Feinde des Glaubens die Kirche in erster Linie schuld sein. So wird sie in
erster Linie für die himmelschreienden Auswüchse des Kapitalismus und die
Krise verantwortlich gemacht.
Auch am Weltkriege soll, nach Ansicht dieser Leute, die katholische Kirche die
Hauptverantwortliche sein. Ja diese Leute gehen sogar so weit und behaupten,
daß das Menschenmorden von ihr gutgeheißen worden sei. Die Kirche habe sogar
die Waffen gesegnet!
Die Feldgeistlichen, welche oft mit den armen, geplagten Soldaten tage- ja
wochenlang in den vordersten Schützengräben lagen und mit diesen gar manches
Leid teilten, sie, die gar manchem Krieger beistanden, der fern von der Heimat
einen schrecklichen Tod erleiden mußte, ausgerechnet sie werden heute mit den
niedrigsten Vorwürfen überhäuft. Heute behaupten die Feinde der Religion:
"Die Feldgeistlichen verfolgten nur ein Ziel, sie hatten die Aufgabe die Soldaten zum Morden aufzufordern und sie anzuspornen. Aus diesem Grunde und zu diesem Zwecke wurden sogar die Kriegswaffen gesegnet." —
Die Kirche habe somit die Menschen aufgefordert
sich gegenseitig niederzuschlagen und zu ermorden.
Wie steht es mit diesem Vorwurfe?
Tatsache ist, daß die Diener der Kirche, Soldaten, die an die Front zogen,
segneten. Damit wollten sie auf diese Soldaten Gottes Schutz und Gnade
herbeiflehen. In diesem Sinne auch lauteten die Gebete, welche die Priester
über ihre Mitbrüder sprachen.
Segnungen von Waffen haben aber im Kriege niemals stattgefunden.
Dies beweist schon eine Rundfrage bei den Armeegeistlichen, sämtlicher am
Weltkriege beteiligter Staaten. Alle erklären einmütig, daß nie im Laufe des
Weltkrieges im Auftrage oder mit Erlaubnis der Kirche eine Segnung der Waffen
stattgefunden hat.
Die Friedensaktion der Päpste ist ein weiteres Dementi der verleumderischen
Anklage, die Kirche sei eine Freundin des Völkermordens.
Erinnern wir hier nur an den heiligen Vater Pius X., der sein heiligmäßiges
Leben aushauchte, weil er anno 1914 das furchtbare Verbrechen an der
Menschheit nicht verhindern konnte.
Und sein Nachfolger Papst Benedikt XV. schrieb im Jahre 1915:
„Gesegnet sei, der zuerst den Ölzweig des Friedens emporhebt und dem Feinde zuerst die Hand zum Frieden entgegenstreckt."
Viele Vermittlungsvorschläge des Vatikans an
die kriegführenden Staaten wurden abgewiesen. Blinder, konfessioneller Haß,
sowie gehässiges Freidenkertum verschlossen den Politikern die Augen. Sie
wiesen die rettende Hand zurück!
Es steht heute fest, daß es sich bei diesem Vorwurfe an die Kirche, um eine
absichtlich ausgestreute Verleumdung handelt.
Dies beweist in unumstößlicher Weise das oben zitierte Flugblatt des
Alsatia-Verlages.
Allen, welche diese Frage interessiert, empfehlen wir eindringlich die Lektüre
dieser Schrift. Sie enthält in gedrängter, aber klarer Form schlagende
Beweise, daß dieser Vorwurf eine gemeine Verleumdung der Feinde der
katholischen Kirche ist.
"Wir wollen einmal sehen", so schreibt der Autor des Flugblattes zum Schlüsse
seiner Schrift, "ob man nicht in ein paar Jahren der Kirche gerade den
entgegengesetzten Vorwurf macht. Daß sie nämlich zu viel an den Frieden
gedacht und zu laut davon gesprochen habe. Anstatt das Starksein zu predigen
und die Rüstungen zu empfehlen, weil die Welt gar nicht in einem ewigen
Frieden leben könne.
Bei der Mentalität der Gegner ist dies sehr gut möglich! Sie können in einem
Atemzug der Kirche vorwerfen, daß sie den Krieg gesegnet habe, und dann
wieder, daß sie zu sehr für den Frieden gewesen sei, und nicht genügend an die
"Stärke und die Ehre des Vaterlandes" gedacht habe.
Daraus erkennt man, daß die Verleumdungen der Gegner nicht auf Tatsachen,
sondern lediglich auf bösem Willen beruhen. Die Kirche kann das kalt lassen!
Sie weiß, daß sie der höchsten und der schönsten Aufgabe dient, die es geben
kann.
Ihre Parole war und bleibt immer jene der Engel auf Bethlehems Gefilden:
"Friede den Menschen auf Erden."
Die Flugblätter sind zu beziehen durch den Alsatia-Verlag, Colmar,
Bartholdistraße 10.
Und zu vorstehendem merkt das „Goldene Zeitalter" seinerseits redaktionell
an:
„Als Kommentar hierzu möge ein aus dem Bayerischen
Feld-Gebet-Gesangbuch von Dr. M. Buchberger entnommenes "Kriegsgebet" dienen,
das von dem gegen die Hitlerregierung so streitbaren Bischof von München Dr.
M. von Faulhaber verfaßt worden ist:
"Herr, der Heerscharen, du Schirmherr der
gerechten Sache, wir bitten dich im Namen deines Sohnes, unseres Herrn und
Heilandes, du wollest unsere Truppen im Felde mit Deiner Kraft umgürten,
unsere Feldherrn mit Deinem Geiste erleuchten, unsere Kriegsschiffe mit dem
Panzer deiner Allmacht umgeben, unsere Luftfahrer im Schatten deiner Fittiche
behüten..." usw.
mit zum Segen von allen Feldgeistlichen erhobenen Händen beschlossen: —
"Laß unser Vertrauen nicht zuschanden werden! Durch Jesum Christum, unsern
Herrn. Amen."
In solcher Weise wurde nicht nur der göttliche Segen über die Mordinstrumente herabgefleht, sondern Gott selbst zur Mithilfe angefleht. — Nein, die Kirche hat die Waffen nicht gesegnet, sondern sie segnet sie noch! —
Weiter ergänzend, bietet es sich an, auch die Rubrik „Fragekasten" des
Magdeburger „Goldenen Zeitalters" vom 1. 2. 1929 (Schweizer Ausgabe erst am 1.
3. 1929) in diesem Zusammenhang mit im Blick zu haben. Da wird in der Tat zu
der Frage „Darf ein Christ am Kriege teilnehmen?" weiter Stellung genommen.
Gezeichnet ist jener Artikel mit dem Kürzel „P. Gd.", was in Auflösung wohl
„Paul Gehrhard" heißen soll. (In der Schweizer Ausgabe wurde das Namenskürzel
weggelassen). Erwiesenermaßen, handelt es sich bei diesem Pseudonym um niemand
anderem, als Balzereit selbst. Und Vollmundig findet man im Impressum des GZ,
in der Rubrik „Redaktions-Mitarbeiter" auch den Namen:
„Schriftsteller Paul Gehrhard".
Ergo sieht sich Balzereit seit seinem „Die größte Geheimmacht der Welt", auch
als „Schriftsteller".
Und just dieser „Schriftsteller" nimmt nun, im Jahre 1929, zu dieser delikaten
Frage Stellung.
Sieht man sich seine Ausführungen dazu im Detail an, wird man wohl sagen
müssen. Er vermeidet etwaige Konfrontationen.
Man findet darin auch den Satz:
„Es ist selbstverständlich, daß hiermit mit keinem
Wort etwas gegen Schutzmaßnahmen gesagt werden soll..."
Allenfalls kann man diesen Balzereit'schen Ausführungen noch zubilligen,
pazifistische Positionen zu begünstigen.
Nur, wie es in der Kriegsfrage dann tatsächlich wieder ernst wurde, setzte
sich die offizielle WTG von pazifistischen Positionen ausdrücklich ab. Man
würde kämpfen - nur eben nicht für jene Zielstellungen, welche weltliche
Nationen in ihren Kriegen vorgäben. Der berühmt-berüchtigte „Neutralitäts"-Wachtturm
vom 1. 12. 1939, belegt dies auch. Siehe dazu
19392Argumentation
Noch nach 1945 gab es dann „Wachtturm"-Ausführungen, die ausdrücklich
betonten, man sei nicht Pazifist als solches.
Siehe dazu:
19512Pazifisten
In dieser Konsequenz hat offenbar derselbe „Schriftsteller", wie in der
Herrberger-Datei dokumentiert, ursprünglich etwas Kriegsgegnerische Aussagen,
etwa in dem WTG-Buch „Die Harfe Gottes", wieder „entschärft".
Auch Balzereits Ausführungen im GZ vom 1. 2. 1929, erweisen sich bei Licht
besehen, als nichts anderes als wie eine „Entschärfung" dieser Thematik.
Nachstehend seien diese Balzereit'schen Ausführungen noch im Detail
dokumentiert. Er schreibt zur genannten Fragestellung:
„Die Antwort auf diese Frage kann nur richtig
verstanden werden, wenn völlig verstanden wird, wer in Wahrheit ein Christ ist
und wer nicht. Millionen Menschen nennen sich heute „Christ" und sind es doch
nicht; denn ein wahrer Christ ist nur der, der sich durch Christum völlig Gott
weihte und bereit ist, für die Sache Jehovas einzustehen und zu kämpfen, treu
bis in den Tod, wie es Jesus auch tat. Christ sein bedeutet also, so zu tun,
wie Christus tat, der den Namen seines Vaters vor jedem Mißbrauch verteidigte,
wie es in jener Zeit besonders durch die Politik und Menschenkult treibende
Geistlichkeit jener Tage geübt wurde. Aber, von solchen bekennenden Kämpfen
für Gott wissen doch durchschnittlich die Millionen derer, die sich heute mit
dem Namen „Christ" bezeichnen, meistens nichts. Die meisten dieser „Christen",
die mit schwer verborgener Überlegenheit oder sogar leichtem Gespött
gelegentlich kirchlichen Veranstaltungen beiwohnen, bekennen auch freimütig,
daß sie nicht aus wirklicher Glaubensüberzeugung Mitglied irgendeiner Kirche
sind, sondern nur um des guten Tones - also um der Mode - willen. Wenn irgend
jemand der so eingestellten Menschen an einem Kriege teilnehmen will, wer
möchte das wohl überhaupt gerne?), so ist dies natürlich seine eigene Sache.
Nur sollte er nicht den erhabenen Namen Jehovas in ein Trauerspiel
organisierter Menschenmörderei hineinziehen. Jehova verbietet dies und sagt,
daß er Gebete oder Anrufung seines Namens in Stunden allgemeinen
Blutvergießens nicht erhört, wie wir lesen in Jesaja 1: 15-17, wo der Prophet
sagt:
„Wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch; selbst
wenn ihr des Betens viel macht, höre ich nicht; eure Hände sind voll Blutes.
Waschet euch, reinigt euch; schaffet die Schlechtigkeit eurer Handlungen mir
aus den Augen, lasset ab vom Übeltun! Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht,
leitet den Bedrückten; schaffet Recht der Waise, führet der Witwe Sache!"
Ein wahrer Christ ist Gott geweiht mit dem Vorsatz, unter allen Umständen den
Willen Gottes zu tun, was das Halten der Gebote Gottes in sich schließt. Eines
dieser Gebote heißt: „Du sollst nicht töten!" Nirgendwo in der Heiligen
Schrift, der Bibel, ist irgend etwas zu finden, das Ausnahmefälle für den
Fortfall dieses Gebotes rechtfertigen würde. Zwar sagen einige: „Ja, die Juden
haben auch Kriege geführt", aber, wir antworten: Unsre Frage heißt ja auch
nicht: darf ein Jude am Kriege teilnehmen? Und darum ist hier ohne Bedeutung,
was die Juden einmal taten oder nicht taten. Außerdem waren die von ihnen
geführten Kriege - wie z. B. Josua in der Vernichtung der Amoriter bei Gibeon
usw. - Vorbilder. - 1. Korinther 10:11.
Eine jede Zeit ist immer nur nach dem Maße ihrer Erfahrung und daraus
resultierender Erkenntnis verantwortlich. Das Volk Israel war in den Tagen der
Gesetzgebung auf dem Wege der Erfahrung mit dem Bösen noch nicht so weit, daß
bei ihm Würdigung des Grundsatzes Jesu - sogar Feinde zu lieben - erwartet
werden konnte. Darum auch stellte Jehova dem Volke Israel damals nur die auf
nackte Gerechtigkeit fußende Forderung auf „Auge um Auge, Zahn um Zahn". Als
jedoch Jesus auf Erden wandelte, war offenbar die Zeit gekommen, ein höheres
ethisches Empfinden bei einzelnen Menschen vorauszusetzen, und daher wurden
für den Christen auch höhere - oben schon angedeutete - ethische Forderungen
aufgestellt.
Wenn heute jedoch irgend jemand noch auf Kannibalenstufe des Gedankens lebt,
Nasen blutig boxen, Schädel einschlagen und Bajonett in die Rippen bohren sei
schön, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn er Gelegenheiten, seinen
Neigungen zu huldigen, suchen wird. Daß aber ein, zu höherem Denken erhobener,
ein wahrer Christ, der schon erkennt, daß Güte, Vergebung, Nachsicht und
Hilfsbereitschaft viel schöner sind als Rachsucht, Wut, Grausamkeit und Haß,
solche Gelegenheiten nicht suchen wird, muß jedem klar sein, der denken kann.
Der wahre Christ würde damit eine Sünde wider besseres Wissen begehen und vor
Gott strafbar werden. Einem natürlichen Menschen mag es natürlich vorkommen,
an Kriegen teilzunehmen und andere Mitmenschen zu töten. Einem Christen würde
dies unnatürlich, wider die Natur vorkommen, und er würde sich weigern, gegen
Gottes Gebot: „Du sollst nicht töten" zu sündigen.
Es ist selbstverständlich, daß hiermit mit
keinem Wort etwas gegen Schutzmaßnahmen gesagt werden soll, welche die dafür
in Frage kommenden Stellen der Regierung eines Landes zur Bewahrung der
Grenzen oder Aufrechterhaltung von Ordnung ergreifen. Noch besteht
Ungerechtigkeit in der Welt, und eine „Welt ohne Gott" benötigt zweifellos
solche Schutzmittel. Der wahre Christ wird seine Hoffnung nicht auf Armeen,
sondern auf Jehova setzen, und wenn alle Welt dies einmal gelernt haben wird,
braucht man auch zum angeblichen Schutz des Friedens keine Armeen und Kriege
mehr, sondern dann wird Jehova der Erde Frieden zuwenden wie einen Strom. -
Jesaja 66:12.
Darum also streite ein jeder da, wo er hingehört. Ein irdischer Mensch mag
streiten in irdischem Kriege als irdischer Soldat, ein geweihter Christ aber
wird dies nicht tun, sondern wird Zeit und Kraft bereitstellen als Soldat
Gottes, im großen Streite Gottes gegen alle Böse, damit den Menschen Gutes
getan werde; damit werde
"Friede auf Erden und an den Menschen ein Wohlgefallen".
P. Gd.
Man beachte auch die Einlassung „Schutzmaßnahmen gegen ungerechte Kriege"
nicht zu verdammen. Das ist dann der berüchtigte Streit um des „Kaisers Bart"
Was sei ein gerechter Verteidigungskrieg, und was nicht.
Nach 1945 meinte sogar der deutsche Bundesgerichtshof. Es stünde dem einzelnen
nicht zu, Entscheidungen zu treffen, die von der offiziellen Staatsdoktrin
abwichen. Täte er es dennoch, sei das halt sein „Privatvergnügen" aber kein
entschädigungspflichtiger Bestand für einen Rechtsstaat. Der deutsche BGH
schloß in diese Doktrin auch ausdrücklich die Hitler'schen Kriege mit ein.
Seine sinnige Begründung auch. Die Entscheidung, sei nun ein Krieg ein
gerechter oder ein ungerechter, stünde erst vielen, vielen späteren
Generationen zu, nicht jedoch der zeitgenössischen.
Siehe etwa:
Das famose Urteil des
Deutschen Bundesgerichtshofes
Es ist daher klar, wer dieser „Logik" des BGH nicht zu folgen vermag, tut es
auf eigenes Risiko.
Die zum Wegwerfen des eigenen Lebens bereiten, haben dabei dann wohl noch die
„besten" aber zugleich auch die fragwürdigsten Chancen dazu.