Wir hätten Hilfe gebraucht ...
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 07. Juni 2013 07:27
Im Verlags-Nachwort vernimmt man auch die Angabe:

„Die Autorin Hanna Schmaldienst (Pseudonym-Name) ist seit dreißig Jahren frei von den „Zeugen Jehovas". Dennoch leidet sie unter den Folgen der achtzehn Jahre in der Sekte. Es ist ihr ein Anliegen, anderen durch ihr Buch zu helfen, so schmerzlos wie möglich aus der Sekte auszusteigen."

Und um mehr das Ende von der Geschichte zu zitieren, sei auch noch diese Passage zitiert. Auch sie hatte sich letztendlich eine der ZJ-typischen Komitee-Sitzungen eingehandelt. Deren Ergebnis wird von ihr mit den Worten beschrieben:

„Die Autorin Hanna Schmaldienst (Pseudonym-Name) ist seit dreißig Jahren frei von den „Zeugen Jehovas". Dennoch leidet sie unter den Folgen der achtzehn Jahre in der Sekte. Es ist ihr ein Anliegen, anderen durch ihr Buch zu helfen, so schmerzlos wie möglich aus der Sekte auszusteigen."

 „Und tatsächlich rief mich drei Tage später der zweite Älteste an, Bruder Gebauer. „Wir erwarten von dir in den nächsten Tagen einen Brief, teilte er mir mit, „in dem du schreibst, dass du nicht mehr zur Gemeinschaft der Zeugen Jehovas gehören möchtest. Wenn du das nicht tust, müssen wir dich ausschließen. Also schicke besser diesen Brief an Bruder Thurn."
Ich war empört. Da wollten diese Geier mich ausschließen, ohne dass ich vor dem wahren Gott schuldig geworden war, verlangten einen Brief von mir, in dem ich bekannte, eine reuelose Sünderin und etwas ganz Abscheuliches zu sein, und das, nachdem ich achtzehn Jahre lang von ihnen vereinnahmt, indoktriniert, ja regelrecht einer Gehirnwäsche unterzogen worden war, - nur weil ich etwas ganz Normales und sogar Liebevolles getan hatte: mit einem Freund unverheiratet zusammen zu leben. Nicht einen einzigen Gefallen wollte ich denen tun!
Ich schrieb wohl einen Brief. Aber ich schrieb nicht den gewünschten Text, sondern wie armselig ich sie fand.
„Ihr habt mich achtzehn Jahre lang in vollkommener Abhängigkeit von euch gehalten, nun müsst ihr mit mir zurechtkommen, wie ich eben bin!".

Auch diese Passage noch. Ein eher privates Gespräch (also nicht die vorgenannte Komiteesitzung) wird von der Autorin mit den Sätzen wieder gegeben:

„Dann sagte ich einen Satz, der Sabine wie mit kaltem Wasser übergoss:
„Mir ist irgendwann aufgefallen, dass ich gar nicht in einem Paradies leben möchte, in dem es nur noch Zeugen Jehovas gibt!"
„Aber Hanna", hauchte Sabine entsetzt, „du willst nicht in der Neuen Ordnung leben?".
„Ich will nicht in einem Paradies leben, und sei es auch noch so schön, das nur von Zeugen Jehovas bewohnt wird. Ich will keine Zeugin mehr sein."

Das war dann quasi die Quintessenz eines voran gegangenen Leidensweges.

Er begann mit ihrem siebten Lebensjahr, als sie und ihr Bruder durch Besuch von Zeugen Jehovas, deren Indoktrination ausgesetzt wurden. Den Zeugen gelang es, auch und besonders bei diesen Kindern, eines ihres sogenannten „Heimbibelstudien" einzurichten.
Jenes Heimbibelstudium setzte sich dann in verschiedenen Phasen und auch Personen fort. Unter anderen der Phase einer Zeugin Jehovas, die später noch in das WTG-Zweigbüro in Wien eintrat. Über letztere vernimmt man auch die Episode (und zu dieser Zeugin Jehovas hatte die Autorin ein eigentlich positives Verhältnis; im Gegensatz zu dem Verhältnis zur leiblichen Mutter):

„Dann sagte ich einen Satz, der Sabine wie mit kaltem Wasser übergoss:
„Mir ist irgendwann aufgefallen, dass ich gar nicht in einem Paradies leben möchte, in dem es nur noch Zeugen Jehovas gibt!"
„Aber Hanna", hauchte Sabine entsetzt, „du willst nicht in der Neuen Ordnung leben?".
„Ich will nicht in einem Paradies leben, und sei es auch noch so schön, das nur von Zeugen Jehovas bewohnt wird. Ich will keine Zeugin mehr sein."

„Bis einmal meine verehrte Bibellehrerin Lore G ... unser Lieblingsspielzeug entdeckte. Sie schrie entsetzt auf: „Das sind ja hässliche, dämonische Figuren - ganz schrecklich, zum Fürchten - die müsst ihr sofort verbrennen!". Es war das erste Mal, dass sie mir nicht gefiel. Was hatte sie gegen unsere lustigen Trolle?
Lore G ... Welt war ganz durchsetzt von Dämonengläubigkeit und immerwährenden übersinnlichen Gefahren. Sie hatte größte Mühe, sich davon fernzuhalten. Jede Kirche, ja sogar jedes Bild von einer Kirche flößte ihr mit Angst vermischte Gruselgefühle ein, welche sie auf uns Kinder übertrug."

Besagte Lore G ... war es dann auch, welche unsere Autorin mit elf Jahren in den ZJ-Predigtdienst einführte.
Um noch einen Augenblick bei jener „Lore G ..." zu verbleiben. Selbige auch verheiratet. Nun kommt es aber. Ihr tatsächliches Eheleben war wohl kaum von Liebe geprägt. Und da lernte jene „Lore G ..." als Verheiratete, noch einen anderen Zeugen Jehovas kennen, zudem sie sich tatsächlich hingezogen fühlte.
Der sich anbahnende Ehebruch wurde auch anderen ZJ-Kreisen bewusst. Und in diesem Falle wurde durch adminstrative Anordnungen von Versetzungen von oben, die sich anbahnende Entwicklung, gestoppt.
Zurückkehrend zur Autorin Hanna Schmaldienst.
Die Familienverhältnisse jener Kinder sind eher als desaströs zu bezeichnen. Von einer „glücklichen" Ehe der Eltern kann nicht geredet werden, eher vom glatten Gegenteil.
Nun über den Hebel der Kinder (im besonderen), gelang es der WTG-Organisation in dieser desaströsen Familie Fuß zu fassen. Der Vater im besonderen erwies sich dann auch der WTG-Indoktrination zugänglich.

„Unser Familienleben war die Hölle. Mutter und Vater waren wie zwei geifernde Hunde, die nur auf den Moment warteten, aufeinander zuzustürzen und sich gegenseitig zu zerfleischen. Sie umschlichen einander und konnten zueinander kaum ein Wort sagen, das nicht die schlimmste Schreierei ausgelöst hätte. Was auch der Grund sein mochte, immer brach sofort der Krieg aus."

Wurde diese Ehe durch die Konvertierung zu den Zeugen Jehovas nun „heil"? Wer das Buch von Frau Schmaldienst gelesen hat, wird feststellen. Vielerlei mag in der Folge eingetreten sein. Nur eben keine „heile" Ehe.
Selbige wäre unter anderen Umständen eher ein Paradebeispiel für den Scheidungsgrund seelischer Grausamkeit. Das dies nicht eintrat mag man lediglich dem Umstand zuschreiben, dass die Mutter über keine eigene abgeschlossene berufliche Ausbildung verfügte. Ergo eine gewisse wirtschaftliche Zwangs-Abhängigkeit bestand. Diese Gemengelage änderte sich auch nicht durch den Umstand, dass nun der Vater mit im Sog der WTG-Beeinflussung war. Die Zeugen-Umwelt interessierten die desaströsen Ehebedingungen eher wenig bis überhaupt nicht, dieweil die ja schon vor der Phase ihrer Einflussnahme bestanden.

„Einmal war sie so weit gegangen, die Bibel, mit der er sie quälte, ins Feuer zu werfen. Wenn so etwas in einem Haushalt von Zeugen Jehovas vorfiel, so hatte niemand Mitgefühl mit der Frau, sondern der arme, bibeltreue Mann wurde von allen Versammlungsmitgliedern aufs heftigste bedauert, so als wäre er der Leidtragende."

Der Zeugen-Umwelt interessierte nur, ob sich der Vater auch im WTG-geforderten Sinne ausbeuten lasse (sprich Predigtdienst, und auch Aufgabe des Brauches des Rauchens). Genau das war dann auch der Fall. Dafür steht die beobachtende Anmerkung der Autorin:

„Seltsamerweise hatte mein Vater den Predigtdienst sehr gern. Er fühlte sich gut und wichtig, wenn er an den Türen läutete und die Menschen vor Gottes Krieg warnte."

Und auch dieser Bericht:

„Mein Vater, der mit ganzer Seele Zeuge Jehovas war, sperrte sich für eine Woche im Schlafzimmer ein, wo er sich das Rauchen mit Gewalt abgewöhnte (und dabei wohl die Wände hoch ging), aber meine Mutter, die damals auch schon getaufte Zeugin Jehovas war, schaffte den Rauchentzug in keiner Weise. Sie versuchte es ehrlich, aber sie war nie diese überzeugte Zeugin Jehovas gewesen, wie mein Vater es war. Und sie liebte ihre Zigaretten so sehr. Wenn sie rauchen konnte, war sie glücklich. Andererseits war der Ausschluss etwas, das sie natürlich gern vermieden hätte."

Genau aber der Gemeinschafts-Entzug wegen Nicht-Aufgabe des Rauchens, trat in ihrem Falle ein.

Das Verhältnis Mutter zur Tochter (wie gesagt schon in der Vor-ZJ-Phase so bestehend) wird von der Autorin unter anderem so beschrieben:

„Warum musste mich meine Mutter immer „Ziege" nennen? Ich war sehr gekränkt darüber, aber das nahm sie nicht ernst. Wenn sie meine langen Haare bürstete und zu einem Pferdeschwanz zusammenband, murmelte sie immer den Sing-Sang: „Mit meiner Ziege hab' ich Freude, sie ist ein wunderschönes Tier. Haare hat sie wie aus Seide, Hörner hat sie wie ein Stier.". Ich ärgerte mich, denn „Ziege" galt unter uns Mädchen als ein Schimpfwort von besonderer Gemeinheit."

Auch ihrem Vater bescheinigt sie:

„Aber mein Vater war noch ärger, was er sagte tat noch mehr weh, vor allem weil er es nicht aus bloßer Gereiztheit heraus sagte wie meine Mutter, sondern mit gewollter Bosheit, um uns Kinder leiden zu machen. Aus irgendeinem finsteren Grund schien er das zu brauchen."

Und weiter:

„Er (der Vater) erniedrigte uns, wo er nur konnte."

Kinder werden auch älter, und damit kommt die Frage des späteren beruflichen Werdegangs immer näher. In völliger Mißachtung der tatsächlichen Talente und Interessen, wurde im Falle dieser Familie nun eine dogmatische Entscheidung getroffen, bei der wiederum der ZJ-Einfluss Pate stand.

„Nur die Gartenbauschule fiel ihm (dem Vater) ein, damit ich im künftigen Paradies die schönsten Gärten schaffen könnte - wie gerne würde mein Vater selbst diese Schule machen - ich solle ihm dankbar sein für seinen Hinweis auf einen Beruf, der so nützlich fürs Paradies sein würde."

Die Praxis bewies indes, das dies ein unkluger Rat war. Die Autorin stolperte in der Folge dann auch noch von einer beruflichen Krise in die andere hinein. Darin auch Phasen von Halbtagsbeschäftigungen, in denen seitens der Zeugen Jehovas dann massiver Druck ausgeübt wurde, die dann doch bitte schön noch mit Pionier-Predigtdienst zu ergänzen.
Nur, im Gegensatz zum Vater fühlte sich die Tochter zu diesem Predigtdienst kaum „hingezogen" - eher hingeprügelt!
Weiter in den diesbezüglichen Zitaten:

„Niemand half mir, etwas zu finden, das möglich gewesen wäre. Ein anständiger Beruf, für den ich geeignet war.
Ich war sechzehn und hatte keinen Schimmer, was ich eigentlich machen sollte."

Oder auch dieses:

„Meine Mutter: bar jeglicher Vorstellung eines Weges für mich, da sie selbst nie eine Ausbildung genossen oder einen Beruf erlernt hatte. Sie arbeitete stundenweise als Putzfrau - darin allerdings war sie richtig gut. Aber das war für mich verständlicherweise auch keine Alternative."

Über ihren Bruder notiert sie:

„Bernd ging es etwas besser als mir. Er war nach der Hauptschule in die Höhere Technische Lehranstalt gegangen, wo er sich gut zurechtfand und relativ mühelos mit dem Lehrstoff zurechtkam. Auch machten ihm die ewigen Streitereien nach wie vor weniger aus als mir. Dann er zog sich in sein Zimmer zurück, machte die Tür zu und war bei sich."

Auch dieses Zitat ist noch der Rubrik beachtlich zuzuordnen:

„Letztlich waren es die immer heftiger werdenden Streitereien zwischen unseren Eltern, gepaart mit dem Druck der Religionsgemeinschaft (man stelle sich vor, wir mussten die ganze Strecke zum Versammlungslokal zu Fuß zurücklegen, eine ganze Stunde wandern, dort zwei Stunden sitzen und zuhören, wieder eine Stunde zu Fuß heimgehen, bis wir uns nach zweiundzwanzig Uhr todmüde schlafen legen konnten) es war dieser ganze ungeheure Druck, der Bernd schließlich ebenso fertig machte wie mich. Wir waren beide völlig ausgelaugt. Wir hätten Hilfe gebraucht, Unterstützung, um wieder stärker und fröhlicher zu werden. Aber uns wurde keine Hilfe geboten, am wenigsten von den Zeugen Jehovas."

Summa summarum: Wieder ein Bericht vom Typus:

Die Unheile Welt der Zeugen Jehovas

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