„Reiste mit dem Interzonenzug nach Berlin und kam nicht wieder zurück"
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 13. November 2012 11:50
Im Zeitspiegel
Datiert vom 13. November 1947 wird WTG-seitig verschiedentlich eine Eidesstaatliche Erklärung des Karl R. A. Wittig zitiert, der da bei einem Wutausbruch des Hitler, die Zeugen Jehovas betreffend dabei gewesen sein will. Eine schillernde Figur dieser Wittig, über welchen mal ein paar weitere Details angeführt seien. Denn in der Überschrift zitierten Satz, konnte man, auf Wittig bezogen in dem Bericht eines Hamburger Politik-Magazins vom 22.04.1964 lesen.

www.spiegel.de/spiegel/print/d-46174505.html

Weiter vernimmt man die Aussage der Ehefrau des Involvierten in der Sache;

"Sonst telephoniert er immer sofort aus Berlin aus seinem Hotel."

Diesmal jedoch blieb das erwartete Telefonat aus. Statt dessen erhielt die Ehefrau zwei anders geartete Meldungen. Die erste davon wird so beschrieben:

„Ein Unbekannter klingelte bei Frau Wittig an: "Kann ich Herrn Wittig sprechen?"
Frau Wittig: "Mein Mann ist verreist."
Der Anrufer: "Da können Sie lange warten, bis er wiederkommt."

Über die zweite Meldung heisst es dann:

„Im September vergangenen Jahres (1963) erhielt Frau Wittig einen Brief: "Ich bin ... hier im Februar in Untersuchungshaft genommen worden und inzwischen wegen Spionage zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden, die ich jetzt verbüße. Es kann sehr lange dauern, bis wir uns wiedersehen."
Auf dem Briefumschlag stand der Absender: "Karl Wittig, Berlin-Lichtenberg 4, Postfach 11a".
Im Ostberliner Lichtenberg steht ein Zuchthaus."

Indes nicht der bereits genannte Karl R. A. Wittig war die Hauptperson der zeitgenössischen Publizistik. Die hörte auf einen anderen Namen, den Namen Otto John, seines Zeichens erster Präsident des westdeutschen Geheimdienstes mit dem eher verharmlosenden Titel „Verfassungsschutz".
Nun konnten die Ostdeutschen Schlapphüte aber den Triumph vermelden, besagter Herr Otto John sei zu ihnen „übergelaufen". „Freiwillig" oder auch unfreiwillig, sei einstweilen dahingestellt.
Fest steht aber, sie versäumten nicht, ihren so geangelten „Fisch" auch Mediengerecht zu vermarkten.

http://www.youtube.com/watch?v=uUbvglArkV0

http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_John

Und Herr John tat, in seiner Ostberliner Zeit, wie von seinen Gastgebern erwartet, und trompete jene Thesen in die Welt hinaus, die selbige gerne hören wollten.
Sieht man sich die einschlägigen Berichte dazu näher an, etwa auch den:

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/287373/,

www.spiegel.de/spiegel/print/d-45138992.html

kann man wohl sagen, zumindest in materieller Hinsicht, meinten die Ostberliner Gastgeber, ihrem Gast ein Standesgemäßes Leben in materieller Beziehung zu kredenzen. Allerdings mit einem „Schönheitsfehler". Auf Schritt und Tritt wurde John von der Stasi observiert. Ein wirklich „freies" Leben, sieht garantiert anders aus.
Diese Umstände bewirkten wohl dann, dass Herr John alsbald danach trachtete, die „Gastfreundschaft" seiner Ostberliner Gastgeber wieder zu beenden.

„Mit Hilfe eines dänischen Journalisten trickst John seine Bewacher am 12. Dezember 1955 aus, lässt sich nach Westberlin fahren und von dort sofort in die Bundesrepublik ausfliegen."

Damit war dann sein am 20. Juli 1954 begonnenes Ostberlin-Abenteuer erst mal beendet.
Nun wieder im Westen zurückgekehrt, befanden die dortigen Herrschaften, in Nachwirkung des Schockes, den ihnen John in der Tat bereitet hatte, für seinen Ostberlin-Trip habe er sich aber noch gerichtlich zu verantworten. Und das dann folgende Gerichtsurteil vom 22. 12. 1956, betrachtete eine Zuchthausstrafe von vier Jahren als angemessen. Allerdings, auf dem Gnadenwege, konnte John bereits am 25. 7. 1958, die Gefängnismauern wieder verlassen.
Ärgerlich für John indes war der Umstand, sein Fall wurde als Landesverrat eingestuft. Und sind ansonsten bei Justizia, im Falle der Fälle durchaus noch Revisionsverhandlungen, bei der nächsthöheren Instanz möglich. So gab es in seinem Falle diese Option nicht. Er war schon von der zuständigen höchsten Instanz des Bundesgerichtshofes verurteilt worden. Eine darüber stehende Revisionsinstanz, war prinzipiell nicht vorgesehen.

In dem eigentlichen Gerichtsverfahren wurden auch Zeugen vernommen. Unter ihnen auch der Karl Richard Albert Wittig, welcher als Hauptbelastungszeuge des John bezeichnet wird.

„Da kam Wittigs große Stunde: Im Mai 1955, so bekundete er im Karlsruher Zeugenstand, habe John ihm bei der Schillerfeier in Weimar "starkes Vertrauen entgegengebracht" und "sein Herz ausgeschüttet".
Nach derlei Freundlichkeiten nahm der Zeuge es auf seinen Eid, in Weimar aus John's Mund gehört und mit den eigenen Augen gesehen zu haben, daß der Angeklagte
- als freier Mann gen Osten gefahren war,
- sich dort überall frei bewegen konnte
und
- jederzeit in den Westen zurück durfte.
In den Urteilsgründen steht zu lesen: Ganz vornan - "in erster Linie" - sei Wittigs Zeugnis über seinen Weimarer Treff mit John ein Beweis dafür, daß der Angeklagte "nicht entführt worden ist".

John indes bestritt diese Interpretation des Wittig und bestand auf seine Interpretation, entführt worden zu sein. Um zu „überleben" und um eine Chance zur Flucht zu haben, seien im Osten dann seine Äußerungen gefallen, die ihm nun vorgehalten wurden. Allerdings beeindruckte John's Erklärung der Sachlage das Gericht nicht sonderlich. Die hielten sich da eher an Wittig, zumal der die entscheidende Aussage sogar beeidigt hatte.
Nun sahen sich Journalisten diesen Wittig mal näher an.
Dabei fallen dann auch die Sätze:

„Der Nachrichtenhändler Karl Richard Albert Wittig aus Frankfurt am Main firmierte als "Publizist" und rühmte sich oft, alle Welt zu kennen. Aber kaum jemand kannte ihn."

Oder auch dieser:

„Zeuge Karl Gerold, Herausgeber und Chefredakteur der "Frankfurter Rundschau", hielt dagegen, Wittig habe ihm schon vor der Weimar-Reise jene Begegnung angekündigt und ein Interview mit John angeboten.
Außerdem: "Ich hatte ein ernsthaftes Mißtrauen gegen Herrn Wittig, er ist in Journalistenkreisen unbekannt." Der Zeuge Wittig hatte sich den Richtern John's als Herausgeber der "Frankfurter Informationen" präsentiert eines Pressedienstes, der nicht zuletzt Prominenz zu seiner Kundschaft zähle."

Oder auch dieses Votum:

„Das Schöffengericht Berlin hatte Wittig im Jahre 1939 wegen fortgesetzten Betruges für zehn Monate ins Gefängnis gesteckt.
Dazu Zeuge Wittig in Karlsruhe: Der Berliner Richter ... habe das Urteil ohne jederlei Straftat und nur deshalb verhängt, weil er ihn im Gefängnis vor dem Konzentrationslager bewahren wollte. Aus den Akten des Schöffengerichts Berlin geht indessen hervor, daß Wittig damals regelrechte Betrügereien angestellt und sich dabei auf gute Beziehungen zu Hitler und NS-Innenminister Frick berufen hat."

Auch diese Episode gibt es noch zu vermelden:

„Otto John konnte sich in Karlsruhe immerhin daran erinnern, daß Wittig einst bei ihm im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz um Beschäftigung nachgesucht habe.
Zeuge Wittig dagegen: "Ich habe mich noch nie um eine Stellung bei deutschen Behörden beworben, insbesondere nie in Ihrem Amt, Herr Dr. John. Sie müssen mich verwechseln."

Auch diese Aussage gibt es noch:

„Im Kölner Bundesamt (für Verfassungsschutz) existierten photokopierte Quittungen, die Wittig für gelieferte Informationen mit seinem V-Mann-Decknamen "Kranz" abgezeichnet habe.
In Karlsruhe hatte der Zeuge Wittig rundweg beschworen, er habe
- niemals für irgendeinen, wie immer auch gearteten Nachrichtendienst gearbeitet und sich auch
- niemals einschlägig beworben."
Auch ein anderer Zeuge indes meinte aussagen zu können:
„Vor dem Frankfurter Untersuchungsrichter bekundete ein Zeuge Wuttke, ebenfalls unter Eid, er habe Wittig im Spätsommer 1945 in Frankfurt getroffen: "Er (Wittig) machte laufend Berichte für den amerikanischen Geheimdienst."
Wittig habe ihm, Wuttke, anvertraut, daß er sowohl für den tschechischen Geheimdienst als auch im Auftrage des amerikanischen Geheimdienstes tätig sei; darüber hinaus unterhalte er Kontakt zu führenden Kommunisten in Berlin."

Mit einer der ersten Schritte des John, nachdem er auf dem Gnadenwege die Freiheit wieder erlangt hatte, bestand darin Anzeige (am 16. 3. 1959) gegen Wittig wegen Meineides, in seinem Gerichtsverfahren, zu erstatten.
Justizias Mühlen pflegen langsam sich zu drehen, so auch in diesem Fall.
Die Ermittlungen des damit befassten Untersuchungsrichters waren dann schließlich am 12. 2. 1962 beendet, und sollten in der Folge dann noch einer gerichtlichen Bewertung zugeführt werden. Indes war nun besagter Herr Wittig für die westdeutsche Justiz nicht mehr auffindbar, weshalb dann das Verfahren gegen Wittig am 5. 8. 1963, von selbiger „vorerst" für eingestellt erklärt wurde.
Was aus dem Wittig nach dessen "Verschwinden" dann noch so wurde, kann man aus der Publizistik etwa des „Spiegels" schon nicht mehr entnehmen. Wie bereits ausgeführt, sind die damit befasst gewesenen Journalisten, in erster Linie auf den Otto John fixiert gewesen. Weitaus weniger indes auf den Karl R. A. Wittig.
In einer sehr knapp gehaltenen Fußnote eines Aufsatzes in den "Vierteljahresheften für Zeitgeschichte", gibt es die Detailangabe:

Wittig wurde in den sechziger Jahren selbst wegen Spionage für den Westen in der DDR verurteilt und 1969 von der Bundesrepublik freigekauft. John hat kurz danach einen Meineidsprozeß gegen Wittig angestrengt, in dem es darum ging, daß Wittig abgestritten hatte, für den Verfassungsschutz und für ausländische Geheimdienste als Agent gearbeitet zu haben. Vgl. SAPMOBA,
Ordner: Prozeß Otto John, Ost- und Westpresse, o. Pag., Der Tagesspiegel, 9. 6. 1971.

http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1999_1.pdf
Dort Seite 110, Fußnote 31.

Aber auch dieser Aufsatz in den VfZ ist auf den eigentlichen Fall Otto John fixiert, und macht außer der zitierten Fußnote keinerlei weitere Detailangaben zu Wittig.
Man vergleiche auch das Snippet Detail der Google-Buchsuche, in einem wohl östlich inspirierten Buch.
Gleichwohl ist die Detailangabe
"Im Dienste des CIC" sicherlich bemerkenswert.
Dortige Namensschreibweise, wie auch in einem Buch des John selbst ("Zweimal kam ich heim") ist Carl Wittig

http://books.google.de/books?id=BbUqAQAAMAAJ&q=Carl+Wittig&dq=Carl+Wittig&hl=de&sa=X&ei=CcSUUODSIcnKsgbQrYHYBA&ved=0CGQQ6AEwEg

Die Tendenz des Wittig als Wichtigtuer mag noch ein anderes Beispiel veranschaulichen.
In der Nr. 36/1960 eines Hamburger Politikmagazins gab es auch einen Bericht über den Fall Herschel Grünspan, welcher von den Nazis postwendend für ihre berüchtigte sogenannte „Reichskristallnacht" ausgenutzt wurde. Auch hierbei wiederum der Umstand zu beobachten, an Trittbrettfahrern aus dem Weltverschwörungs-Theoretikern-Feld bestand kein Mangel.

www.spiegel.de/spiegel/print/d-43066693.html

Was da an einschlägigen Verschwörungstheorien kredenzt wird war dem Wichtigtuer Wittig offenbar noch nicht genug. Und so schrieb er denn in der Folge einen Leserbrief an den „Spiegel", welchen letzterer in seiner Ausgabe vom 5. 10. 1960 abdruckte (Printausgabe).
Darin tönt Herr Wittig:

„Mitte März 1941 bis Anfang Oktober des gleichen Jahres war ich fast täglich mit Grünspan in Sachsenhausen zusammen.
Grünspan sollte sein ursprüngliches Geständnis jedoch dahingehend "berichtigen", daß er vom Rath nicht aus eigenem Entschluß, sondern im Auftrage des Admirals Canaris ermordete. Für diesen Fall wurde ihm seiten der Gestapo zugesichert, daß er nicht wegen Mordes zur Verantwortung gezogen, sondern mit einem blauen Auge davonkommen würde. Das SS-Personal hatte die Anweisung, ihn gut zu behandeln und ihm jeden Wunsch zu erfüllen."

Auf diese „Ergänzung" des Wittig „hat dann wohl die Welt gewartet". Ob sie seriöse Historiker auch so teilen, mag dann dahingestellt sein.

Nun allerdings, muss diese Replik in den entscheidenden Punkten noch etwas verändert werden. Nimmt man ein von Hans Frederik verfassten Buch zur Hand, kommt man zu dem Ergebnis, dem Herrn Wittig hat dann wohl auch der Ostdeutsche Staat arg böse noch mitgespielt. Dagegen sind die noch nicht mal voll abgesessenen vier Jahre des John wohl nur ein Klacks.
Davon soll in dem nachfolgenden Exkurs noch die Rede sein.
Hans Frederik
Das Ende einer Legende
Die abenteuerlichen Erlebnisse des Towarischtsch Alexander Busch
".
So der Titel eines 1971 im Verlag politisches Archiv, München erschienenen Buches.
Sein Hauptthema ist der Fall Otto John. Der Autor hatte selbigen auch als Journalist persönlich noch kontaktiert. Jene Kontakte endeten allerdings damit, dass John seine Interessen durch Frederick nicht gewahrt sah.
Und auf den hier besonders interessierenden Herrn Wittig kommt er im Rahmen seiner Ausführungen auch mit zu sprechen.

Zuerst wäre mal das Rätsel zu lösen, wieso redet der Autor im Buchtitel von einem Herrn Busch, wenn doch von John die Rede sein soll.
Dieses Rätsel löst sich dergestalt. Nachdem John spektakulärer Weise in Ostdeutschland aufgetaucht war, befanden russische Geheimdienstkreise, sie möchten die „Zitrone" John auch noch auspressen, also nicht bloß Ostdeutschland wollte das.
Nachdem sich also der erste Staub in der Sache John etwas gelegt hatte, „durfte" selbiger dann eine Reise in die Sowjetunion antreten, wo er dann vom 24. 8. 1954 bis 7. 12. 1954 anwesend war.
John bestreitet es, aber Frederick weist es per Faksimilie nach, dass die Sowjets ihm während der Zeit ihrer „Gastfreundschaft" Ausweispapiere auf den Namen Busch ausstellten (S. 538, 539).
Damit wäre dieses Rätsel erst mal gelöst.
Nun mag wieder der Fall Wittig etwas in den Vordergrund treten.

Offenbar hatte Wittig (geb. 1900) sich schon frühzeitig für Bundesdeutsche CDU-Kreise „verdient" gemacht. Folgt man den Ausführungen von Frederick (S. 132f.) fanden die CDU-Granden, der Wittig hat da einen Wirtschaftsskandal aufgedeckt, der sich als Wahlkampfmunition gegen die SPD nutzen ließe. Derart hochgestimmt, sorgten hochrangige CDU-Kreise dafür, dass Wittig nun Kontakt zu dem damaligen Verfassungsschützer John bekam. Kalkül der CDU-Granden, vielleicht ließe sich Wittigs Recherche zu lasten der SPD, mit Hilfe des John, noch ein bisschen weiter ausbauen.

„An der Affäre der Michelstädter Käsefabrik war der SPD-Bundestagsabgeordnete Heinrich Ritzel irgendwie beteiligt, denn durch seine Intervention sollte der längst fällige Konkurs dieses Unternehmens verhindert worden sein. Die Strafakten gegen die Inhaber der Käsefabrik Michelstadt soll wiederum aufgrund eines Hinweises Heinrich Ritzels Georg August Zinn, der auch Justizminister war, an sich gebracht haben. Trotz den Anschuldigungen, fortgesetzt verdorbenen Käse in betrügerischer Absicht an die HO-Organisation der DDR geliefert zu haben, kam es zu keiner Verhandlung. Diese Vorgänge sollten nun der Wahlschlager der CDU werden. Wittig sollte nun noch weiteres Material beschaffen."

Eine gewisse Bedeutung für Geheimdienstkreisen gleich welches Firmenschild sie den tragen, hatte Wittig sich schon frühzeitig, durch Kontakte zu hochrangigen Tschechoslowakischen Regierungskreisen erworben. Dazu sei aus der Wertung von Frederick (ohne Bewertung ob das nun zutreffend war oder nicht) der Satz zitiert:

„Als nun Schellenberg die Idee mit den gefälschten Dokumenten ausbrütete, mit denen bewiesen werden sollte, daß Marschall Tuchatschewsky mit der Bendlerstraße konspirierte, wurde von manchen Kreisen die Meinung vertreten, Wittig wäre dazu verwendet worden, diese Fälschungen über die tschechische Gesandtschaft Berlin Eduard Benesch zuzuleiten, der dann dieses Material an Stalin weitergegeben habe."

www.spiegel.de/spiegel/print/d-46415156.html

In seinem Abschnitt „Carl Wittig im Dienste des CIC" (amerikanischer Geheimdienst http://de.wikipedia.org/wiki/Counter_Intelligence_Corps) führt der Autor dann noch an:

„Nach kurzen Vernehmungen durch die CIC stellte sich Wittig der US-Militärregierung zur Verfügung und war nach seiner eigenen Darstellung bis 1955 als „Berater" in allen Deutschlandangelegenheiten tätig. Sein Haupteinsatz war: Feststellung nationalsozialistischer Verbrechen, Aufdeckung der getarnten NS-führenden Persönlichkeiten wie kommunistischer Untergrundorganisationen. Er rühmt sich, an dem Verbot der KPD maßgeblich mitgewirkt zu haben."

Auch diese Details vernimmt man unter anderem noch:

„Auch bei einem typisch amerikanischen „Riesenkorruptionsfall" hatte Wittig die Nase stecken. Es handelte sich um die Verschiebung von 3000 fabrikneuen Sherman-Panzern an den Fiat-Automobil-Konzern. Die Panzer kamen nicht mehr zum Einsatz und wurden von zwei Beamten der US-Militärregierung Frankfurt zum Preis von 75 Dollar pro Tonne als Schrott verkauft. Das war das größte Geschäft, das Fiat damals gemacht hat, denn die Panzer wurden mit eigener Kraft über die Alpen nach Turin gefahren und sind von dort nach Jugoslawien geliefert worden. Wittig wurde dann zurückgepfiffen, da die Fäden dieser Korruption bis ins Weiße Haus verfolgt werden konnten."

Dergestalt seine „Bedeutung" von anderen bestätigt bekommen habend, war Wittig nun auf „den Geschmack" gekommen. Und da las er wie auch andere in der Tagespresse, über den spektakulären Übertritt des John nach Ostdeutschland.
Jetzt roch Wittig wieder seine Chance.
Seinen nächsten diesbezüglichen Coup beschreibt Frederick wir folgt:

„Nachfolgendes Schreiben ging am 12. August 1954 an das Ministerium des Innern der DDR nach Ostberlin:
An das
Ministerium des Innern
der Deutschen Demokratischen Republik,
BERLIN
12. August 1954
Da mir die jetzige Anschrift des früheren Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Herrn Dr. Otto John nicht bekannt ist, möchte ich Sie ergebenst bitten, das einliegende Schreiben an Herrn Dr. John weiterreichen zu wollen. Indem ich Ihnen für Ihre Bemühungen verbindlichst danke, zeichne ich
mit vorzüglicher Hochachtung!
Carl Wittig
Lieber Herr Dr. John!
12. August 1954
Obwohl unsere persönliche Bekanntschaft nur kurzen Datums ist, möchte ich Ihnen in Ihrer jetzigen Lage einige wenige Zeilen schreiben. Ich möchte es auch dahingestellt sein lassen, ob Ihnen meine persönliche Meinung wichtig ist, aber vielleicht erfüllt es Sie doch bei der Unmenge von Dreck, mit dem man Sie beworfen hat, mit einiger Genugtuung, wenn ich Ihnen mitteile, daß ich die Motive, die Sie zu Ihrem Schritt veranlaßt haben, billige und Ihre gestrigen Ausführungen in Ihrer Pressekonferenz begrüße. Ich schreibe Ihnen dies nicht nur aus dem Gefühl unserer kameradschaftlichen Verbundenheit als Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische Untermenschentum, sondern auch deswegen, weil ich aus eigener sehr gründlicher Kenntnis um jene Dinge, die uns in unserem nationalen Verantwortungsgefühl so tief bewegen, das, was Sie gestern der internationalen Presse mitzuteilen für richtig hielten, nur bestätigen kann. Gestatten Sie mir den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung in einer ernsten Stunde unseres gemeinsamen Vaterlandes, in der jeder verantwortungsbewußte Deutsche auf Grund Ihres Handelns kraft eigenen Rechts Stellung beziehen muß: nicht für oder gegen Sie, sondern für oder gegen den wiederaufkommenden Nationalsozialismus und seine gewissenlosen Förderer im demokratischen Gewände.
Ihr
Carl Wittig
Carl Wittig brauchte nicht lange auf Antwort zu warten. Noch ehe Otto John sich auf die Reise nach der Sowjetunion begab, nahm er sich Zeit, das Schreiben zu beantworten."

Weiter Frederick: „Doch dieses Schreiben sollte nicht das einzige bleiben ..."

Weiter in der Schilderung von Frederick:

„Carl Wittig, der in den Fünfziger Jahren als Spitzenfunktionär des Schriftstellerverbandes bereits ausgezeichnete Kontakte zu Ostberliner Behörden hatte, besaß eine offizielle Einladung zu den Schillerfestlichkeiten, die im Mai in Weimar stattfanden."

Und just dort trafen sich die beiden Herren John und Wittig wieder.
Die Berichte, welche Wittig schon zeitgenössisch darüber in der Presse erscheinen lies, waren dann im späteren Bundesdeutschen Gerichtsverfahren gegen John, der Hauptbeweis-Gegenstand gegen letzteren. Man kaufte ihm aufgrund dieser Berichte es einfach nicht ab, dass John, wie er nun behauptete, vom Osten entführt worden sei.
Die Gerichtliche Verurteilung des John basierte also im wesentlichen Parametern auf dem, was Wittig über seine Kontakte mit John in Weimar geschrieben hatte.
Nun sann aber John, wie bereits vernommen, auf Rache, nach seiner Freilassung. Ergo war ihm vor allem daran gelegen, den Wittig für unglaubwürdig erklären zu lassen. Dazu dann auch der Vorhalt an die Adresse von Wittig, Meineidig geworden zu sein.
Meineidig in wie fern?
Dazu Frederick: „Mit Hilfe des Doppelagenten Schmeißer sollte Carl Wittig des Meineides überführt werden."

Nun mag man es mir nachsehen, wenn ich erkläre, in den Fall Schmeißer möchte ich mich nicht auch noch verzetteln. Ich muss es also allein Frederick überbürden, wenn er über diesen dann noch äußert:

„Jener Monsieur Schmeißer, der einstens als französischer Nachrichtenagent sich dem SPIEGEL gegen Konrad Adenauer als Zeuge und Informant zur Verfügung gestellt und durch die „Schmeißer-Affäre" selbst eine zwielichtige Berühmtheit erlangt hatte.
Schmeißer sollte, ebenfalls als Nachrichtendienstler aus früheren Zeiten mit Otto John bekannt, seinem ehemaligen Freund Carl Wittig ein Bein stellen. Schmeißer war nämlich vor Jahren einmal Kolonnenführer des L(andesamt)f(ür)V(erfassungsschutz) Hessen und hatte mit Wittig zu tun. Wittig wiederum hatte vor den Bundesrichtern erklärt, er habe niemals einem Nachrichtendienst angehört. Der Widerspruch war anscheinend offensichtlich."

http://www.deutschlandarchiv.info/download/article/401

Also bestand der Meineid des Wittig in seiner Bestreitung eigener Geheimdienstlicher Aktivitäten.
Wie bereits vernommen, führte diese Sachlage dann dazu, dass Wittig sich in einer Art Kurzschlußreaktion nach Ostberlin absetzte, was ihm wiederum alles andere als „gut" bekommen ist.
Er wurde vom Ostdeutschen Terrorregime zu fünfzehn Jahre Zuchthaus verurteilt, und sollte erst durch seinen Freikauf durch die Bundesrepublik wieder die Freiheit wieder erlangen (im Jahre 1969).
Nochmals Frederick:

„Wittig hatte jedoch - auf entsprechenden Vorbehalt — auch auf seinen Eid genommen, nie für einen Nachrichtendienst, insbesondere ausländischen Couleurs, tätig gewesen zu sein. Otto John war nämlich darauf verfallen, die Zeugenaussage „als von einem östlichen Geheimdienst gesteuert" zu interpretieren.
John wußte noch von Amts wegen über Wittig Bescheid. Er wußte aus Unterlagen des Verfassungsschutzes, daß Wittig - im gängigen Jargon gesprochen - an einer westlichen Strippe hing. Also hätte bei einer derartigen Auslegung Wittig tatsächlich falsch ausgesagt. Zwar nicht falsch im Sinne der an ihn gerichteten diesbezüglichen Fragen, die für alle Prozeßbeobachter auf den Umstand einer östlichen Abhängigkeit gemünzt schienen. Falsch jedoch den Buchstaben nach und insoweit ein „formaler Meineid"
... Otto John war es also mit dem technischen Kunstgriff, Wittigs Unglaubwürdigkeit in einer Nebenaussage nachzuweisen, die den Wahrheitsgehalt der Belastung überhaupt nicht tangierte, offensichtlich gelungen, einen weitverbreiteten öffentlichen Meinungsumschwung zu seinen Gunsten auch in der Hauptsache zu stimulieren."

Weiter im Bericht von Frederick:

„Als Wittig im Juli 1969, aus dem Zuchthaus in Bautzen kommend, nach Gießen kam, wurde er aufgrund des vorliegenden Haftbefehls festgenommen, jedoch sofort wieder enthaftet.
Doch der Prozeß blieb dem in der DDR wegen Spionage zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilten Carl Wittig nicht erspart. Im Mai 1971 wurden die Termine zur Hauptverhandlung angesetzt."

Jedenfalls ist in diesem 1971er Verfahren dann, der Wittig von der Anklage des Meineides freigesprochen worden, und John hat seine krampfhaft angestrengte Rehabilitation, weiterhin nicht erreicht.
Ab Seite 615f. gibt es im Frederick-Buch dann noch in Faksimilie einige Presseberichte die Frederick offenbar minutiös gesammelt hat, zum 1971er Wittig-Verfahren.
Sonderlich „geholfen" hat diese Entwicklung dem Wittig dann wohl nicht mehr, vernimmt man in einem dieser Presseberichte auch die Detailangabe, Wohnsitz des Wittig, nunmehr ein Bundesdeutsches Altersheim.
Beispiele der Presse-Berichterstattung zum 1971er Wittig-Verfahren. Im eigentlichen Buch von Frederick gibt es noch mehr davon!

Auch die Zeugen Jehovas haben bekanntermaßen, den in diesem Agenthriller vorkommenden Karl R. A. Wittig als Kronzeugen entdeckt. Laut Wittig in der Referierung der Zeugen Jehovas, soll Hitler den martialischen Spruch von der auszurottenden Brut getan haben.
Nun wäre ein solcher Wutausbruch dem Hitler durchaus zuzutrauen. Wenn indes dafür ein Wittig als Kronzeuge bemüht wird, ist man eher geneigt zu kommentieren. Man täte wohl besser daran jene Hitler-Passage nicht zu vermarkten. Es sei denn man könne für sie eine andere authentische Quelle benennen, die nicht auf dem Namen Wittig hört.
In Gesamtbewertung ist festzustellen.
Das Ostdeutsche Regime bestrafte Herrn Wittig mit 15 Jahren Zuchthaus. Jenes Regime hielt den Tatbestand der Spionage, aus seiner Sicht, für erwiesen.
Herr Frederick der im Rahmen seiner langjährigen Recherchen, letztendlich auch auf Zuarbeiten Ostdeutscher und russischer Geheimdienstkreise zurückgreifen konnte. Er selbst sagt in seinem Bericht, wie er sich im Ostberliner Hotel „Johannishof" mit dafür abgestellten Vertretern, der russischen Geheimdienst-Bürokratie traf, die ihm einschlägige Materialien übergaben, etwa die genannten russischen Ausweispapiere auf den Namen „Busch", nebst Fotos und einigem mehr.
Ergo steht fest, Frederick konnte auf das einschlägige, dem Osten zur Verfügung stehende Material zurückgreifen, nebst eigenen Recherchen.
Die Vorhalte an die Adresse Wittigs, schon zu Nazizeiten mit Aufträgen in Berührung gekommen zu sein, etwa seine Kontakte zur Tschechoslowakischen Benesch-Regierung, seine ziemlich nahtlose Übernahme nach 1945 durch den amerikanischen Geheimdienst CIC, sprechen eine deutliche Sprache.
Zu dem Zeitpunkt wo er die von der WTG bemühte Eidesstaatliche Erklärung in Sachen von Hitlers Wutausbruch abgab, war er erwiesenermaßen CIC-Agent.

Wenn man seinen bürgerlichen Status zu der Zeit, mit in Betracht zieht, so kann man ihn sicherlich in die Rubrik Journalist/Publizist einordnen. Betrieb Herr Wittig auch in anderen Fällen seiner Publizistik, etwa den Fall der „stinkenden Käsefabrik", auch den Aufwand, diese Recherche-Ergebnisse dann notariell beglaubigen zu lassen? Sicherlich nicht, jedenfalls ist in der Richtung nichts bekannt. Wird also der Schritt eingeleitet, bestimmte Aussagen, eigens notariell beglaubigen zu lassen, ist damit schon ein höherer Aufwand, einschließlich damit verbundener Kosten verbunden.
Siehe „Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben" S. 142.

Wer hatte ein Interesse daran, diesen höheren Aufwand- einschließlich Kosten, in Kauf zu nehmen? Ein „kleiner Journalist" wohl kaum. Da standen andere Kreise Pate, die es für opportun hielten, es so ablaufen zu lassen.

Ein CIC-Agent avancierte also für die WTG zum Kronzeugen.

Ein wesentlicher Schritt in der WTG-Geschichte des Jahres 1947 war auch die Kreierung der Zeugen Jehovas-Zeitschrift „Erwachet!" als Nachfolgeorgan des eher lendenlahmen „Trost". Das war nicht nur eine namentliche, es war vor allem auch eine inhaltliche Zäsur. Gerade diese frühen „Erwachet!"-Ausgaben strotzen förmlich von Politik-Elementen, wenn auch in der etwas verbrämten Form.
In Kommentierung der „Erwachet!"-Ausgabe vom 8. 8. 1947 wurde beispielhaft festgestellt:

„Der „kalte Krieg" formiert sich, mag man nur als Kommentar zu jenem Politik-Überblick sagen, den zu offerieren sich auch die angebliche „neutrale" Zeugen Jehovas-Organisation in ihrer Zeitschrift „Erwachet!" Ausgabe vom 8. 8. 1947 berufen fühlt."

Sowohl kirchliche Kreise, als auch die von diesen nicht mehr erreichbaren Kreise zu Nazizeiten, pflegten mit den Zeugen Jehovas nichts sonderlich am Hut zu haben. Politik der amerikanischen Militärregierung in Deutschland war es indes, - auch - die Zeugen Jehovas vielfältig zu protegieren. Immer den alten Kolonisatorenspruch beherzigend. Früher hatten wir das Land und ihr die Bibel. Jetzt haben wir die Bibel und ihr das Land".

Die Dampfwalzenartige Propaganda der Zeugen Jehovas, etwa mit der WTG-Forderung Sechzig Stunden Predigtdienst als Quote für die einfachen Versammlungsverkündiger zu der Zeit („Pioniere" entsprechend mehr), unmittelbar nach 1945 einsetzend, war durchaus nicht überall gut gelitten. Da gab es auch Widerstände zu überwinden. Als eines von mehreren Instrumentarien dieser Widerstandsüberwindung, ist da auch besagte Eidesstaatliche Erklärung des Wittig zu bewerten. Das nunmehr umzuerziehende - vorher nazistisch verseuchte - jetzt US-Kapitalismus zugewandte Deutschland -, in seinen westlichen Zonen, wurde dann auch durch solche Statements wie die des Wittig gefügig gemacht. Da die östliche Zone dieses Spiel so nicht mitspielte, ergab sich daraus. Um so schriller haben die Töne im Westen Deutschands, dann auszufallen. Die Vermarktung des Wittig lag also im prinzipiellen Interesse der USA-Deutschlandpolitik.

Das Ostdeutsche Zeugen Jehovas-Verbot fiel sicherlich „nicht vom Himmel". Es hatte einen zeitlichen Vorlauf. Dahin gehört dann wohl auch, die „Gegensteuerung" des CIC mittels ihres Agenten Wittig.
Damit ist die WTG letztendlich mitten im Geheimdienstmilieu gelandet. Sie war diesbezüglich nicht „treibende" Kraft wohl aber Werkzeug, so auch Wittig „nur" Werkzeug war.

www.spiegel.de/spiegel/print/d-43019077.html

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