Datum: 15. August 2012 18:58
Günther Pape

Da gab es vor einiger Zeit (im Jahre 2012) die eher erstaunliche Meldung, gewisse Zeugen Jehovas-Kreise hätten (in mündlicher - aber nicht in schriftlicher) Form, die Ententeichthese vom Stapel gelassen, man möge doch bitte schon den Markt „leerkaufen" unter anderem die Bücher des Autors Günther Pape betreffend.
Abgesehen davon, (dessen Bücher sind ja weiterhin im antquarischen Angebot). Abgesehen davon, dass diese These wohl eher dem vorauseilenden Gehorsam eines Möchte-gern-Karrieristen in WTG-Kreisen entstammend sein dürfte, ist es dennoch nicht uninteressant mal einige Überlegungen bezüglich der diesbezüglichen Motivation anzustellen.
Man kann es vielleicht sogar nachvollziehen, dass einigen WTG-Fürsten, noch heute nicht ein Bericht in einem der Pape-Bücher „Ich klage an - Bilanz einer Tyrannei" nicht sonderlich schmeckt. Etwa der darin auch mit enthaltene Bericht (S. 186f.):

„In der Bundesrepublik wollte Erich Jüstel, der seit über 40 Jahren ein Zeuge Jehovas und Ältester einer Süddeutschen Versammlung war, seinen "Brüdern" in der Wachtturm-Führung ebenfalls mit seinen Forschungsergebnissen helfen. Er hatte sich mit dem Schöpfungsbericht der Bibel nach Genesis l, der nach der Wachtturm-Lehre 6 mal siebentausend Jahre Zubereitung der Erde vom Chaos bis zum Eden Paradies umfaßt, beschäftigt.
Da er enge Beziehungen zu Altertumsforschern hatte, wollte er nachprüfen, ob der jeweilige Wandel in der Entwicklung der Erde in der von der Wachtturm-Gesellschaft angenommenen Zeit vor sich gehen könne. In seiner Ortsversammlung sprach er darüber mit seinen Glaubensbrüdern und bekam prompt Schwierigkeiten.

Da er mit Herrn Pohl und dem Ehepaar Konrad Franke in Selters sehr gut bekannt war - sie waren oft seine Gäste und hatten sehr großzügige Sachspenden von Jüstel erhalten, rechnete er mit deren wohlwollender Aufmerksamkeit. Er fuhr nach Selters und erklärte Pohl. sein Vorhaben und berichtete über seine bisherigen Erkenntnisse.
Zurückgekehrt in seine Heimatversammlung wurde er vor ein Rechtskomitee geladen und ausgeschlossen, „weil er nicht in der Lehre Christi geblieben sei". Gegen diesen Ausschluß erhob er Einspruch, der dann vor einem größeren Komitee verhandelt wurde. Dessen Leitspruch war: „Gott wirke nur durch die Leitende Körperschaft und die Ältestenschaften der Wachtturm Gesellschaft."

An der unmenschlichen Behandlung zerbrach er geistig und körperlich. Unter großem zeitlichen und materiellem Einsatz hatte er in Treue zu dieser "Organisation Gottes", wie sich die Zeugen selbst nennen, gedient. Jeden Zweifler hatte er zurückgewiesen und in manchem Rechtskomitee Zweifelnden wegen Uneinsichtigkeit die Gemeinschaft entzogen. Und nun war er selbst angeklagt und ausgeschlossen worden. Keiner seiner ehemaligen Mitbrüder sprach mehr mit ihm. Er wurde bei Begegnungen in der Öffentlichkeit nicht mehr gegrüßt. Trotz des Rückhaltes in seiner Familie, überwandt er die ungeheure und schmerzhafte Enttäuschung nicht. Ein erster Schlaganfall warf ihn nieder, einen zweiten wenige Monate später überlebte er nicht.

Ich (Pape) sehe ihn noch vor mir im Sessel sitzen. Nachdem er sich von dem ersten Schlaganfall etwas erholt hatte, hatte er mich mit seiner Frau besucht. Er konnte einfach nicht begreifen , wie seine "Brüder und Schwestern" mit ihm umgegangen waren."

Indes ist mit diesem Zitat noch nicht alles relevante zum Fall Pape gesagt.
Für weiteres sei insbesondere auch auf diesen Link hingewiesen:

www.kids-lev.com/presse/presse/241.htm
Inhaltlich mit zitiert in
ForumsarchivA73
Aus dieser von Pape selbst verfassten Stellungnahme ist entnehmbar, dass der Weltbild-Verlag etwa, massiv mit Drohbriefen (aus Zeugen Jehovas Kreisen) eingedeckt wurde, würde jenes Buch nicht vom Markt genommen, drohe man mit Boykott jenes Verlages.
Die Sachlage spitzte sich weiter zu.
In Folge einer Einladung an Pape seitens der Konrad Adenauer Stiftung, auf einer Veranstaltung als Referent zum Thema Zeugen Jehovas zu agieren, fühlte sich die Mandantschaft des RA Pikl offenbar genötigt, ihren vorgenannten Herrn agieren zu lassen.
Wiederum in unverhohlener Drohform. Wenn besagter Herr Pape nicht ausgeladen würde dann ...

„Kopien dieses Schreibens wurden an Bundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl als die Schirmherren der Stiftung versandt. Zur Begründung der Forderung führte der Anwalt u.a. an: dass die „eingeladenen Referenten zum Teil schon eng mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR gegen die Zeugen Jehovas zusammengearbeitet hätten und sie sich bereits wiederholt äußerst aggressiv gegen die Zeugen Jehovas geäußert haben."

Damit war nun diese Kontroverse auf einen entscheidenden Punkt verengt, den Punkt der Stasi der DDR.
Noch immer ist es aber so. Zwei leibliche Brüder, zudem in unterschiedlichen politischen Umständen lebend, müssen keinesfalls als erwachsene Menschen, Marionettenhaft gleichlaufende Handlungen und oder auch Fehlhandlungen begehen.
Will man das unterstellen, sind in der Tat detaillierte Beweise vonnöten.
Wähnte also im Falle des in der DDR lebenden Dieter Pape die WTG, der hat aber mit der Stasi gekungelt, so ist mit dieser Feststellung noch keineswegs „erwiesen" das gelte dann so auch für den Günther Pape.
Andre Gursky hat in seiner Studie auch den Fall der beiden Gebrüder Pape mit referiert.
Die Studie von Gursky

Festzustellen ist weiter, der Dieter Pape wurde von besagter Konrad Adenauer Stiftung keineswegs eingeladen, sondern eben der Günther Pape.
Aus der Studie von Gursky ist entnehmbar, es gab in den Stasiakten auch einen sogenannten Fall Marion.
Selbiger sollte dem CDU-Mitglied in der alten Bundesrepublik, Günther Pape, dann noch einige Probleme bescheren.
Dazu sei Günther Pape nochmals selbst zitiert;

„Den Artikel (des Herrn Besier) vom 4. Juli 2002 nahm Günther Pape Monate später zur Kenntnis, als ihn der Ortsverband der CDU aufforderte, zu der in diesem Artikel unterstellten Behauptung, dass er „IM Marion" gewesen sei, Stellung zu nehmen hätte, da dies den Ruf der Partei schädige. Aufgrund dieses Hinweises auf den Artikel stellte Günther Pape gegen Gerhard Besier am 27. 02. 2003 Strafanzeige wegen übler Nachrede, falschen Behauptungen in den Medien und Verächtlichmachung seiner Person. Die zuständige Staatsanwaltschaft Berlin, teilte mit, „eine strafrechtliche Verfolgung (war) bereits zu dem Zeitpunkt, in dem Sie Strafanzeige stellten, nicht mehr möglich." Presseinhaltsdelikte verjähren in Berlin nach 6 Monaten."

Weiter geht die Story mit der Aussage:

„Am 11. 12. 2003 schlug der Vorsitzende der 1. Kammer des Verwaltungsgerichtes Berlin, wie er schrieb, „nach eingehendem Aktenstudium" der Bundesbehörde (für die Stasiunterlagen) vor, sich mit Günther Pape „gütig" zu einigen.
Am 29. März 2004 teilte der Anwalt der Behörde dem Verwaltungsgericht mit, dass sie nicht an der Einstufung vom 25.09.2001 als Mitarbeiter festhält und diesen Bescheid aufgehoben hat. Daraufhin entsprach Günther Pape der Bitte der Behörde und nahm seine Klage zurück.
Entsprechend wurde mit dem Gebührenbescheid verfahren und Günther Pape die unter Vorbehalt gezahlten Gebühren zurückerstattet. Mitarbeiter der Stasi müssen Gebühren bezahlen. Somit entfiel der Grund der Klage. Günther Pape sieht die Forderungen seines Widerspruches erfüllt. Er ist nach dem St(asi)U(unterlagen)G(gesetz) weder Begünstigter noch Mitarbeiter der Stasi, sondern nach wie vor Betroffener. Sein Widerspruch mit Begründung wurde zum Akt „Marion" genommen."

Damit ist diese WTG-Attacke, lanciert über ihr Sprachrohr Besier, letztendlich als gescheitert zu bezeichnen.
Günter Pape tat seinerseits aber noch einen weiteren entscheidenden Schritt, als sich die Stasianwürfe an seine Adresse häuften.
Er hatte schon zuvor eine Klage gegen die Wachtturmgesellschaft eingeleitet die am 22. 3. 1996 vom Landgericht Limburg zur Verhandlung kam. In seinem Buch „Ich klage an ..." berichtet er weiteres dazu. Hier und jetzt soll lediglich seine Aussage aus dem kids-Text zitiert werden:

Denn in dem Urteil heißt es: „Die Beklagten (die Wachtturmgesellschaft und die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, d. Verf.) werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 50 000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu zwei Monaten, zu unterlassen, über den Kläger (d.h. Günther Pape, d. Verf.) zu behaupten, dieser habe mit dem Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zusammengearbeitet."

Die Beklagten hatten umfangreiche Kopien aus den Stasi-Aktenbeständen vorgelegt, mit denen sie die Stasi-Mitarbeit Günther Papes beweisen wollten. Keine Akte bewies oder ließ den Schluss zu, dass er mit der Stasi zusammengearbeitet hatte. Nach diesem Urteil konnten die Beklagten ihre diffamierenden Behauptungen nicht mehr straflos wiederholen oder verbreiten.

In Ergänzung sei noch zitiert, wie die Zeitschrift "Aus Christlicher Verantwortung" Nr. 2/1996 S. 18, auf den Vorgang einging. Im Prinzip wird auch dort das gesagt, was Pape in seinem Buch ausführt (dort S. 224 - 226). Gewisse zusätzliche Details (nicht "weltbewegender" Art) kann man aber aus dem
Vergleich der beiden Texte durchaus gewinnen.

In der Urteilsbegründung vom 22. März 1996 liest sich dies folgendermaßen:

"Vorliegend haben die Beklagten nicht den Nachweis führen können, daß der Kläger mit dem Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zusammengearbeitet hat ... Auch die von den Beklagten vorgelegten Akten der Gauck-Behörde lassen nicht den zwingenden Schluß zu, daß der Kläger mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR zusammengearbeitet hat.
Hierbei handelt es sich um Mitteilungen und Vermerke vom Hören-Sagen, die nicht den Schluß zulassen, der Kläger habe, außer mit seinem Bruder, mit einer der dort genannten Personen unmittelbaren Kontakt gehabt."

Der WTG wird vom Gericht vorgehalten, daß sie schon im voraus hätte erkennen können, daß ihre Vorwürfe unhaltbar seien:

"Bei der gebotenen Sorgfalt, zu welcher die Beklagten wegen der Schwere des Vorwurfes und der naheliegenden nachteiligen Auswirkungen auf den Ruf und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers in besonderem verpflichtet war, hätten sie erkennen können, daß die ihnen vorliegenden Erkenntnisse nicht ausreichen, nachzuweisen, daß der Kläger mit dem Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zusammenarbeitete."

Motivierend für diese WTG-Komödie der Irrungen und Wirrungen, dürfte namentlich das vorangegangene Buch der Pape's mit dem Titel "Ich war Zeuge Jehovas" sein. Selbiges in der alten BRD in 25 Auflagen, in der DDR in einer Auflage, herausgekommen.
Jeder der die Westausgabe mit der Ostausgabe vergleicht, muss zu dem Resultat gelangen, außer dem Titel, inhaltlich nicht viel Übereinstimmungen. Man müsse fairerweise von zwei Büchern reden; die Ostausgabe redet entsprechend auch von einer Bearbeitung und Gestaltung durch Dieter Pape. Findet man in der Westausgabe eher biographische Details reflektiert, zeichnet sich die Ostausgabe auch durch Auseinandersetzungen mit der Geschichte und Ideologie der WTG aus, die man in dieser Gründlichkeit, in der Westausgabe vergeblich sucht. Überflüssig anzumerken, das Schlusskapitel der Westausgabe, welches von der Konvertierung des Pape's zur katholischen Kirche kündet, wird man in der Ostausgabe vergeblich suchen.

Dies mögen dann einzelne Kapitelüberschriften belegen, die teilweise nur in jeweils einer der Ausgaben nachweisbar sind.
So zum Beispiel in der Westausgabe (zitiert nach der 4. Auflage 1970)

„Kinderjahre" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„Aktiv als Zeuge Jehovas" (als Titel in der Ostausgabe: 00; allenfalls könnte man variiert anerkennen in der Ostausgabe „Ich war Zeuge Jehovas")
„Erste Zweifel regen sich" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„Keine Zeit zur kritischen Prüfung" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„Wieder Zweifel" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„Taumel der Begeisterung" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„Der Name Jehova ist ein starker Turm" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„Meine Weltanschauung völlig zertrümmert" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„Auf dem Weg zur Kirche" (als Titel in der Ostausgabe: 00)
„In der Kirche geborgen" (als Titel in der Ostausgabe: 00).

Demgegenüber in der Ostausgabe die Kapitelüberschriften
„Charles Taze Russel" (als Titel in der Westausgabe: 00. Das da beim Namen Russell ein „l" fehlt, ist dem Ost-Pape aber wohl entgangen)
„Joseph Fränklin Rutherford" (Als Titel in der Westausgabe: 00)
„Nathan Homer Knorr" (Als Titel in der Westausgabe: 00)
„Der Scheiterhaufen von Harmagedon" (Als Titel in der Westausgabe: 00)
„Dämonismus" (Als Titel in der Westausgabe: 00)
„Lebensfeindlich und unsozial" (Als Titel in der Westausgabe: 00)
„Dem Gewissen folgen" (Als Titel in der Westausgabe: 00)

Die Kapitelüberschriften, welche wörtlich oder variiert, in beiden Ausgabe nachweisbar sind, befinden sich eindeutig in der Minderzahl

Die Oberflächlichkeit der WTG-Apologeten diesbezüglich, lässt sich am Falle Hans-Hermann Dirksen belegen, der in der ersten Auflage seines Buches, sich gar zu der Ententeichthese verstieg, der West-Pape sei zur "evangelischen" Kirche konvertiert. Eine solche These konnte nur deshalb entstehen, dieweil Dirksen offenbar keinen persönlichen Blick in jenes Buch getan, vom Hören-sagen somit argumentierte.
Erwähnen könnte man auch noch, die Ostausgabe enthielt zudem einige den Text ergänzende Karikaturen, welche es in der Westausgabe ebenfalls nicht gibt.

Als Auswahl daraus beispielsweise diese:

Was nun Günther Pape's Buch aus dem Jahre 1970 anbelangt (Die Wahrheit über Jehovas Zeugen"), verdient in meiner Sicht besonders hervorgehoben zu werden, der dortige wörtliche Abdruck der berühmt-berüchtigten WTG-"Erklärung" (S. 141f.), so wie sie WTG-seitig selbst im 1934er Jahrbuch der Zeugen Jehovas (dort die Seiten 89 - 100) enthalten ist.

An das 1934er ZJ-Jahrbuch heranzukommen, dürfte heutzutage nicht so einfach sein. Mir ist im wissenschaftlichen Bibliothekswesen davon nur das Exemplar in der Schweizerischen Landesbibliothek bekannt. Insoweit besitzt das genannte Pape-Buch, auch heute noch einen erstrangigen Quellenwert.

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