Einmal Australien und zurück

Bericht über ein Buch zusammenfassbar in dem Satz

"Gemischt ambivalent !

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 12. Januar 2012 17:36
Auch auf die Gefahr hin, mir damit alles andere als „Sympathien" einzuhandeln, muss ich doch wieder mal ein Urteil fällen, dass in seiner „höflichsten" Form
„Gemischt ambivalent" lautet.
Damit sei zum Ausdruck gebracht, die fragliche Schrift enthält zustimmbare Aspekte (namentlich den eigenen Werdegang der Autorin betreffend, und ihrer rückblickenden Bewertung dazu).
Aber auch Thesen, zu denen zumindest ich - deutlichen Widerspruch anmelde.
Es ist keineswegs eine neue Feststellung, dass der Autor Robin de Ruiter meinerseits einer schon an Totalzerriß grenzenden Bewertung unterworfen wird.
Namentlich seine Freimaurerthesen, auch bei einem adventistischen Autor und sonstigen Evangelikalen und stockreaktionäre Katholiken nachweisbar und noch einigen anderen, finden meinen deutlichen Widerspruch.
Siehe z. B.
Robin de Ruiter
Flankierend meinerseits auch die Linksammlung empfohlen
Theorie der Verschwoerung

Es ist wohl war, dem Namen des de Ruiter wird man in den etwa neunzig Seiten Text, nicht vorfinden.
Das ist auch dergestalt erklärbar, de Ruiter stellt ja nur die Spitze der diesbezüglichen fragwürdigen Pyramide dar. Es gibt noch etliche andere Wiederkäuer der Art, namentlich auch im Internet. Insoweit kann man seine anfechtbaren Thesen auch andernorts vielfach vorfinden. Aber wenn von etwa 90 Seiten Text (rund 30 Seiten ein de Ruiter-Verschnitt darstellen; wenn auch in eigenen Worten der Autorin formuliert, also nicht blos eins zu eins kopiert), dann ist zumindest bei mir die Toleranzschwelle überschritten.
Ein Beispielzitat nur:

„Familien wie Bush, Reagen, Kissinger, Du Pont, Rockefeller, Rotschild, Russel, König Ludwig XVI, Truman & Churchill, Clinton, Friedrich Anton Mesmer, Ford, S.Chr. Hanemann, Henry Dynant (Gründer des Roten Kreuzes und der Genfer Konvention) Mark Twain, Ch. Chaplin, Garibaldi, Friedrich Wilhelm von Steuben, Oskar Wilde, Albert Pike (Satanist & Okkultist) Kurt Tucholsky, Ludwig v. Beethoven, J. Chr. Bach, Mozart, Joseph Haydn, Voltaire, Goethe, Gustav Stresemann, W.v. Humboldt, A.v.Humboldt, Alfred Brehm (Brehms Tierleben) Franz Liszt, Lindbergh, Kaiser Wilhelm L, Crysler, Louis Armstrong, Lafayette u.s.w. gehörten bereits zu den führenden Satanisten dieser Welt. Sie sind satanische Experten und bauen ihre Macht aufgrund okkulter Praktiken und teuflische Rituale immer weiter aus."

Dazu fällt mir dann als Kommentar nur das eine ein. Da hat sie wohl einiges aus dem Fundus der Verschwörungstheoretiker verinnerlicht. Hingegen aus dem Fundus seriöser Literatur zum Thema, so gut wie nichts.

Was den Aspekt anbelangt:
Runde Seitenzahlangaben ihr Buch betreffend, dies auch deshalb, dieweil das im Selbstverlag verlegte Buch, keine Seitennumerierung enthält.
Ich verzichte darauf, den im Buch eingedruckten Autorennamen meinerseits zu nennen. Erwähnt sei lediglich, derzeit im ebay-Angebot unter dem Titel:
„Die Wahrheit hinter der Wahrheit.
Was Zeugen Jehovas
Nicht sehen wollen
Sagen wollen
Hören wollen"
Das ist dann quasi eine Anspielung auf die sprichwörtlichen „drei Affen" denen man ja auch ähnliches nachsagt.
Wenn ich also über den „theoretischen Gehalt" jenes Buches, mich nur negativ verbreiten kann, sieht es was ihre eigenen Erfahrungen mit den Zeugen Jehovas anbelangt, etwas anders aus.
Nicht das die nun so überragend anders wären, als wie sie andere auch gesammelt haben.
Aber es ist eben eine erneute Dokumentation, dazu, und ein zusätzlicher Beleg für die These:
Keinesfalls ein „Einzelfall".

Zu ihrer Biographie gehört dann auch, eine von den Zeugen Gefischte zu sein; aber keine Hineingeborene. Charakteristisch vielleicht auch der Satz:

„Wir waren eine arme Familie, mein Vater liebte den Alkohol, so dass zum Leben nicht viel übrig blieb."

Weiter vernimmt man unter anderem:

„In den 80er Jahren beschlossen mein Mann und ich, das Leben in Australien auszuprobieren. Wir verkauften hier so gut wie alles und verließen also mit nur ein paar Habseligkeiten das Land."

Und offenbar in Australien erfolgte dann die „Auffischung" durch die Zeugen Jehovas.
Auch diesen Satz sollte man nicht übersehen:

„Es kam, wie es kommen musste, ich ließ mich taufen. Doch zuvor ging ich einen langen und steinigen Weg, dieses Ziel zu erreichen. Ich erlebte die Zerrüttung meiner eigenen Familie, Scheidung, Rückflug nach Deutschland, Neuanfang bei Null! Der einzige Trost war, dass es anderen ja ähnlich erging."

Nun ist sie also als Zeugin Jehovas wieder in Deutschland. Und wie beschreibt sie nun ihre hiesigen Erfahrungen? Etwa so:

„In der Ortsversammlung, zu der ich gehörte, kannte ich auch niemanden. Überhaupt schien es mir nicht einfach zu sein, im Kreis der Zeugen Freundschaften zu schließen. Es folgten Jahre der Einsamkeit."

Weitere Lebenskrisen sollten noch folgen. Etwa die:

„Ich musste mein Arbeitsvertrag kündigen, damit ich meiner Mutter (ein Pflegefall) die 24stündige Vollzeitpflege auch gewährleisten konnte. Ich trug nun die volle Verantwortung!
Es schien niemand bemerkt zu haben, dass ich die Versammlungen nicht mehr besuchen konnte. Keiner der Ältesten spendete mir einen Besuch. Ich hätte tot sein können, es interessierte niemanden."

Eine Neuverheiratung mit der Auch-Folge, auch ihr Mann wird Zeuge Jehovas, ist perspektivisch dann angesagt. Ergo wurde ihr Mann erst durch sie selber zum Zeugen Jehovas.
Mehrere Umzüge, und damit verbunden auch mehrmaliges Wechseln von Zeugen Jehovas Versammlungen, sind angesagt. In allen wieder die frustierende Erfahrung, als „fünftes Rad am Wagen" behandelt zu werden.
Charakteristisch für die letzte ZJ-Versammlung auch die Sätze:

„Die Mitglieder bestanden hauptsächlich aus Familienverknüpfungen. Jeder war mit jedem irgendwie verwandt. Schnell hatten wir uns von dem Gedanken verabschiedet, hier Kontakte oder gar Freunde finden zu können."

Oder auch dieser Satz:

„War doch der Kreisdiener hauptsächlich damit beschäftigt, sein Programm zu erledigen, "Sponsorengelder" einzustecken und sich bei NETTEN Brüdern zusammen mit seiner Frau durchfüttern zu lassen! Da waren WIR also völlig fehl am Platze und total überflüssig."

Immer noch befindet sie sich im Sog der Zeugen, wovon der Satz kündet:

„Ich hatte im letzten Jahr vermehrten Dienst geplant und auch mit ca 1300 Stunden geleistet.

"Oder auch der Satz: „und machten (wir) die gleichen Erfahrungen, wie Raymond Franz in seinen zwei Büchern niederschrieb. Es herrschte arktische Kälte um uns."

Aber wenn andere Zeugen etwas von ihnen wollten, dann erinnerten sie sich sehr wohl und sehr schnell dieses „fünften Rades", wovon auch die Aussage kündet:

„Aber immerhin waren die Arbeiten am Bau (die ihr Mann verrichtete) nicht völlig umsonst; denn es gab zumindest den Stundenlohn von umgerechnet etwa 1,86 €, verteilt über die lange Laufzeit. Davon mussten die Anfahrkosten und die tägliche Verpflegung noch selbst bezahlt werden."

Die Tragödie entwickelt sich weiter, via der Aussage:

„Mein Mann stand am Rande seiner Kräfte und wurde ernsthaft krank, während ich ungeahnte Kräfte entwickelte, der Sache jetzt erst recht mal so richtig auf den Grund zu gehen! Sein Arzt gab ihm folgenden Rat mit auf den Weg: wenn Sie gesund bleiben wollen, dann müssen Sie den Ort dieser seelischen Qualen verlassen. ... Die Versammlungsbesuche hatten wir ja bereits eingestellt, aber wir bereiteten nun auch unsere Abmeldung vor, damit die Brüder uns endlich zu Abtrünnige erklären konnten
Ja, WIR sind freiwillig gegangen, nachdem man uns regelrecht rausgeekelt hatte. Wir verdanken also diesen Ekelpaketen unsere Freiheit."

Was nun ihre Referierung der ZJ-Geschichte anbelangt, erscheint mit einiges problematisch.
Zum Beispiel dies.

„1916 starb er (Russell) bei der Besichtigung seiner Silberminen im Santa Fee Express."

Gemäß Zeugenintepretation starb er auf einer Vortragsreise. Ihre These, wahrscheinlich irgendwo halbverstanden im Internet zusammengelesen, ist auch durch keinerlei Belege abgesichert.
Dito die unbewiesene Behauptung: „Einer seiner (Russells) Begleiter soll sein Essen vergiftet haben."

Solcherlei Thesen offenbaren ihr Faible für allerlei Verschwörungstheoretisches, wobei sie da etwas zuviel des Nicht Guten betreibt.
Ich nenne hier keinesfalls alle ihre anfechtbaren Geschichtsthesen. Es gibt dererlei noch mehr.
Man muss Sie darauf aufmerksam machen, mit solcherlei anfechtbaren Thesen erweist sie sich selber keinerlei Dienst. Das kann fallweise zum Schuss in den eigenen Ofen ausarten.
Als skandalös - skandalös zu Lasten der Autorin - muss ich auch ihre wie üblich nicht belegte Behauptung bewerten:

„1942 wurde er (Rutherford) erwürgt vorgefunden, sein Totenschein aber sprach von einer Harnsäurevergiftung. Sein Leichnam wurde allerdings nach England überführt, aus welchem Grund auch immer ?!"

Das mit dem „Erwürgen" - siehe Kommentar vom Schuss in den eigenen Ofen.
Ich will jetzt nur bei dem Aspekt verbleiben Rutherfords's „Leichnam sei nach England überführt" worden, wie gehabt behauptet ohne Belege.
Nun hat es um die Beerdigung Rutherford's in der Tat einiges Gezerre gegeben. Ich selbst habe das kürzlich mit angesprochen.
Siehe:
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,120699,120799#msg-120799
08. Januar 2012 00:38
Diese Sachlage rechtfertigt es aber noch lange nicht, eine Behauptung auf Faktenebene aufzustellen, die dann auch nicht mehr durch die Meinungsfreiheit abgesichert ist. Die Behauptung „Überführung nach England", Advokaten wissen es nur zu genau, erfüllt alle Kriterien einer Tatsachenbehauptung. Nur eben das unterstellt werden kann, diese Behauptung ist falsch!

Fragwürdig erscheint mir auch die auf dem hinteren Buchumschlag abgedruckte Bibelstelle:

„Verlasst euch nicht auf Edle noch auf Fürsten; denn beim Erdensohn wird keine Rettung sein .... Psalm 146 : 3"

Das ist dann wohl eine typische Destruktivthese der Zeugen. Macht die Autorin sich die durch den hervorgehobenen Abdruck, auch zu eigen, bleibt die Frage zurück, wie es denn um ihre eigene geistige Abnablung von den Zeugen bestellt ist?
Physisch von denen abgenabelt - sicher. Geistig wohl etwas weitaus weniger. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass zu ihrem Entsorgungsprogramm, nach der Abnabelung von der WTG, die Vernichtung ihres Exemplares der NW-Bibelübersetzung gehörte, wie sie denn ja auch mitteilt. Das sind dann allenfalls symbolhafte Handlungen, kaum aber mehr.
Mehr zum Schluss ihrer Ausführungen kommend, kommentiert sie;

„Die selbstgepriesene Liebe findet man dort nicht! Auch die im Volksmund oft erwähnte "Freundlichkeit" an den Türen im Haus zu Haus Dienst, ist ein einstudiertes Schauspiel !"

- Zustimmbar!

„Denn die größten Egoisten, dir mir bislang begegneten, kommen aus den Reihen der Zeugen Jehovas. Sie haben alle weltweit das gleiche Ziel vor Augen: Harmagodon, das Ende der Heidenzeiten zu überleben! Dabei ist ihnen so gut, wie jedes Mittel recht."

- Zustimmbar!

„Familienzerrüttung, miserable Lebensqualität, Alpträume und viele verlorenen Jahre, waren die Ernte."

- Zustimmbar!

Zusammenfassende Meinung:
Die persönlichen Erfahrungen die seitens der Autorin in Sachen Zeugen Jehovas gesammelt wurden, sind es durchaus wert, einer breiteren Öffentlichkeit dargestellt zu werden.
Die Frage wäre allerdings, in welcher Art und Weise das geschieht.
Da die Autorin auch über Internet verfügt, dürfte ihr nicht unbekannt sein.
Es gibt Plattformen, welche durchaus bereit sind, solcherlei Berichte aufzunehmen.
Meinetwegen mag sie auch eine eigene Webseite aufmachen, und dort ihren Bericht kredenzen.
Meinetwegen mag sie auch eine konventionelle Print-Variante bevorzugen, wo in der Regel schon mal erheblich größere Herstellungskosten mit verbunden sind. Aber auch das muss sie alleine entscheiden.
Nur eines sage ich ebenso deutlich.
Hier liegt ja wieder mal ein Fall vor, dass jemand sich als Theoretiker im Stile eines Robin de Ruiter versucht.
Theoretiker der beispielsweise kaum bis nie eine wissenschaftliche Bibliothek von innen gesehen, geschweige denn, ihre Bestände sinnvoll genutzt hat.
Dafür hat sie aber einiges dem Internet entnommen.
Und hier wiederum bezeichnend, eher seriös orientierte Seiten, als der Auswertung durch sie, nicht für würdig zu erachten.
Ich fürchte ihr Fall ist sogar verallgemeinbar. Es gäbe noch einige mehr, denen ein ähnlicher Vorhalt zu machen ist.
Ergo hat sie nur eine zusammengelesene Mixtur Verschwörungstheoretischem aus dem Internet offeriert. Wer sich in dieser Art zum „Lehrer" berufen fühlt, dem muss auf den Kopf zugesagt werden.
Es wäre besser - er schwiege - dann könnte er wenigstens nichts falsch machen.
Und hier ist wieder mal ein Fall, wo sehr viel falsch gemacht wurde.
 

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