"gesalbte Christen im Ersten Weltkrieg . . . zum Dienst mit der Waffe bereit waren"

geschrieben von:  X ~ mysnip

Datum: 31. Juli 2008 17:39

Der Wachtturm 1.Mai 1996 S.13
,,12. (b) Welche unterschiedlichen Auffassungen vertraten gesalbte Christen im Ersten Weltkrieg in bezug auf den Militärdienst?

,,12 . . . 1904 wurde in dem Buch Die neue Schöpfung erklärt, daß wahre Christen ,,alle Ursache [haben], ihre Achtung vor dem Gesetz in jeder Weise zu bezeugen, und gar keinen Grund zum Agitieren, Händelsuchen oder Kritisieren". Einige dachten, das würde eine vollständige Unterwerfung unter die bestehenden Gewalten bedeuten, mit der Konsequenz, daß sie während des Ersten Weltkriegs zum Dienst mit der Waffe bereit waren."
[vgl.: http://forum.mysnip.de/read.php?27094,8852,8971#msg-8971]

Re: "gesalbte Christen im Ersten Weltkrieg . . . zum Dienst mit der Waffe bereit waren"

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 31. Juli 2008 18:20

Zitat:

X ~ mysnip
Der Wachtturm 1.Mai 1996 S.13
,,12. (b) Einige dachten, das würde eine vollständige Unterwerfung unter die bestehenden Gewalten bedeuten, mit der Konsequenz, daß sie während des Ersten Weltkriegs zum Dienst mit der Waffe bereit waren."

[vgl.: http://forum.mysnip.de/read.php?27094,8852,8971#msg-8971]

Zu den vorgeblichen "Einigen" gehört dann wohl an vorderster Stelle auch Herr Russell!
Da gibt es im Jahre 1916 eine markante Kriegspredigt, der Sorte:

In die Schützengräben hineinpredigen.

Veröffentlicht in der Wochenzeitung "Der Volksbote" just an jener Stelle, wo Herrn Russells Predigten allwöchentlich publiziert wurden.

Ich muss einräumen, genannte Predigt nicht 100% Herrn Russell zuordnen zu können. Die Gründe erläutere ich noch im Kontext jener Predigt.

Selbst wenn sie nicht von Herrn Russell stammen sollte (ich tippe auf mindestens 80% Sicherheit auf Russell). Selbst für den Fall ist sie dann zumindest dem Russell-Jünger Friedrich Bösenberg zuschreibbar; der dann nur als Sprachrohr seines Herrn agierte.

Diese
In die Schützengräben hinein predigen-Predigt, aus dem "Volksboten" des Jahrganges 1916, gedenke ich nach bisheriger Planung, dann hier noch am 13. 8. zu dokumentieren.

Re: "gesalbte Christen im Ersten Weltkrieg . . . zum Dienst mit der Waffe bereit waren"

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 31. Juli 2008 20:01

Ein unvollständiges Bild ist es, was die Magdeburger Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 1. 1. 1931 offerierte.
Da fehlt eine relevante Persönlichkeit, die es verdient in der gleichen Art gebrandmarkt zu werden.
Sein Name:
Charles T. Russell

Immerhin ist diese Zeichnung des GZ ein Beleg dafür, dass man schon zu Anfang der 1930er Jahre, die eigene Geschichte verleugnete, und dass massivst!
Der Fairnes halber muss man allerdings einräumen, dass Herr Rutherford nicht über denselben Kamm geschoren werden kann.
Dieser Umstand hingegen bedeutet mitnichten, dass etwa Herr Rutherford, in anderer relevanter Beziehung, eine „sympathische" Figur wäre.

Eine Kriegspredigt aus dem Jahre 1916

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 13. August 2008 05:30

Das 1974er ZJ-Jahrbuch notierte:
„Bruder Russell konnte daher wirklich mit dem befriedigenden Gefühl abreisen, bei seinem letzten Besuch in Berlin ein eindrucksvolles Zeugnis gegeben zu haben.
Das nächste Jahr, 1913, war ... gekennzeichnet, wenn möglich noch mehr Energie, Zeit und Geld einzusetzen, um noch mehr Menschen mit der ... Botschaft ... zu erreichen. Es wurden Vorkehrungen getroffen, daß Bruder Russells Predigten in der Wochenzeitschrift 'Der Volksbote' erschienen, und dadurch wurden weitere Personen mit der Botschaft erreicht."


In der Februar-Ausgabe 1913 des deutschen „Wachtturms" war zu lesen:
„Wir haben schon bedauert, dass wir den Geschwistern Bruder Russells wöchentliche Predigten nicht zu einem billigen Preise zugänglich machen konnten. Der Volksbote, Strehlen (Schlesien), ein Wochenblatt, ist bereit, dieselben regelmäßig zu veröffentlichen. Abonnementspreis beträgt nur 50 Pfg. für drei Monate. Nicht nur sollten unsere Leser ein Exemplar des Volksboten für sich bestellen, sondern womöglich ein zweites oder auch mehr Exemplare, um den Aufsatz blau angestrichen ihren Freunden zum Lesen anbieten zu können ... Bestellungen können an uns gerichtet werden."

In der Mai-Ausgabe 1913 des deutschen WT liest man die Klage:
Der "Volksbote" (Strehlen) (Schlesien) klagt, dass er viele alte Abonnenten verloren habe, und bis jetzt verhältnismäßig wenig neue Abonnenten hinzugekommen seien. Wir hoffen, dass die Geschwister nicht die Gelegenheit versäumen werden, nicht nur für sich, sondern auch zur Weitergabe an andere denkende Christen und Weltmenschen ein oder mehrere Exemplar dieses Blattes zu beziehen."

Die November 1913-Ausgabe des deutschen WT redet der eigenen Anhängerschaft erneut ins Gewissen:
„Wie wir hören, sind diesem Vierteljahr die Anzahl der von Seiten unserer Geschwister und Freunde bei der Post bestellten Abonnements auf die in Strehlen (Schlesien) erscheinende Zeitung "Der Volksbote" mit den wöchentlichen Vorträgen von Bruder Russell wesentlich kleiner, als man hätte erwarten sollen. Wir möchten allen "Wachturm"- Lesern empfehlen, das Blatt mit den sehr wichtigen Vorträgen zu beziehen."

Erneut wurde im deutschen Wachtturm vom Januar 1915 die Werbetrommel für den „Volksboten" gerührt.

In der Juli-Ausgabe 1916 gab es dann im deutschen „Wachtturm" eine Mitteilung darüber, dass Bösenberg
Zitat:

„Steht leider nicht mehr mit uns in Verbindung und weicht in wichtigen Lehrpunkten von uns ab."

Welche wichtigen Lehrpunkte das seien, erläutert der WT allerdings nicht.
Der allerwichtigste Differenzpunkt dürfte darin bestanden haben, wie schon im Falle der „Aussicht".
Das „niemand kaufen und verkaufen soll" der dies auf eigene Rechnung tut und nicht zugunsten der WTG-Kasse. Übrigens eine Motivation, die auch noch heute einige umtreibt, und das keineswegs „nur" in WTG-Gefilden.

In der Oktober-Ausgabe 1916 kann dann der deutsche „Wachtturm" erfreut mitteilen, man habe Bösenberg wieder erfolgreich aus den „Volksboten"-Gefilden vertrieben, und beherrsche somit dort das Feld wieder selbst.

Am 31. 10. 1916 verstarb bekanntlich der Bibelforscher-Gründer C. T. Russell.
Die USA traten offiziell erst 1917 mit in den Weltkrieg ein. Davor wollten sie – theoretisch – neutral gewesen sein.

Je länger der 1914 ausgebrochene Krieg andauerte, um so labiler wurden auch die Kommunikationslinien zwischen Deutschland und Amerika.

Das lässt sich auch an den Russell-Predigten beobachten, welche – nachweislich – von der in Strehlen (Schlesien) erscheinenden Wochenzeitung „Der Volksbote" (auf kommerzieller Basis) veröffentlicht wurden.
Die Bestandslage in den wissenschaftlichen Bibliotheken, erlaubt nur die Auswertung des „Volksboten" für die Jahre 1914 – 1918. Weder davor, noch danach, sind im wissenschaftlichen Bibliothekswesen weitere Jahrgänge nachweisbar.

Aber diese Auswertung ergibt sehr wohl. Nahezu in jeder Ausgabe des „Volksboten" ab 1914, war eine Russell-Predigt abgedruckt.
Etwa 1916 begann sich diese Linie zu verflüchtigen.

Etwa ab der Ausgabe vom 25. März 1916, sind die weiter abgedruckten wöchentlichen religiösen Predigten, nicht mehr ausdrücklich dem C. T. Russell als Verfasser, namentlich zugeschrieben. Sie können zwar auch noch in dieser Zeit aus seiner Feder entstammen, müssen es aber nicht zwingend.

Noch äussert sich die Redaktion des „Volksboten" zu diesem Umstand nicht im Detail. Inhaltlich aber liegen die zu der Zeit abgedruckten Predigten, weiterhin auf der „Russell-Linie". Ein nennenswerter Dissenz ist nicht zu erkennen.

Erstmalig nimmt die Redaktion zu der eingetretenen Veränderung in der „Volksboten"-Ausgabe vom 17. Juni 1916 mit den Worten Stellung:


„Wie uns der „Wachtturm berichtete, sind die Russellschen Predigten aus Amerika nicht mehr erhältlich. Dieser jedenfalls durch den Krieg verursachte Umstand, trifft den „Wachtturm" ebenso wie den „Volksboten". Um aber die durch Pastor Russell bekannt gewordene Wahrheit über den „Plan Gottes" nach wie vor im „Volksboten" zum Ausdruck zu bringen, haben wir uns die geschätzte Mitarbeit eines ernsten Bibelforschers in Deutschland gesichert. Alle anderen Nachrichten sind irreführend.
Die Geschäftsleitung des „Volksboten".


In der Ausgabe vom 24. Juni 1916 liest man erstmals im Impressum auch die Angabe:
„Verantwortlich für den religiösen Teil:
Fr. Bösenberg, Berlin, Wilhelmshavenerstraße 47.


Das war jener Bösenberg, welcher seit 1915 die Zeitschrift „Botschafter für den Haushalt des Glaubens" herausgab. Ein Werbeexemplar selbigen lag übrigens auch einer „Volksboten"-Ausgabe mal bei.

In der darauffolgenden Ausgabe des „Volksboten" reagierte die WTG in der Form eines Inserates pikiert auf diesen Umstand, und bemerkte sachlich richtig, dass Herr Bösenberg von ihr unabhängig sei.

Gleichwohl liefen die Russell-Predigten, auch nach diesem ersten frühen „Affront" (1915), im „Volksboten" weiter.
Aus der „Volksboten"-Ausgabe vom 24. Juni 1916, seien noch zwei aufschlußreiche Inserate zitiert.

Das eine verlautbarte.

Für Wachtturmleser
In meinem und der Wachtturmgesellschaft Interesse bitte ich, Geldbeträge, die für das Bibelhaus-Barmen bestimmt sind, nicht mehr auf mein Postscheckkonto Amt-Cöln Nr. 23317 einzusenden. Fritz Christmann


(Auch Christmann zeitweiliger WTG-Funktionär, begegnet man später noch in der einschlägigen Oppositionszene zur WTG. Welchen Grad er dabei schon 1916 erreicht hatte, mag einstweilen unbeantwortet bleiben. Diese Zeit war Umstände bedingt, ohnehin durch eine rapide „Namensinflation" gezeichnet. Namen als Verantwortliche kamen und gingen wieder.

Das andere Inserat führte aus:

Römer 14, 7-8. Nach Gottes Ratschluss ist meine teure Gattin, die mir durch 21 Jahre eine treue Lebensgefährtin, unseren Söhnen eine liebevolle hingebende Mutter war, heute morgen 9 ½ Uhr nach langem schweren Leiden sanft im Herrn entschlafen. Ist auch der Schmerz gross, so bietet doch die Gewissheit, dass die Entschlafene den Lauf vollendet und den Glauben bis ans Ende fest bewahrt hat, und die herrliche Hoffnung der Kinder Gottes auf ein Wiedersehen am Auferstehungsmorgen reichen und festen Trost.
„Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen, der Name des Herrn sei gelobt!"
Friedrich Bösenberg zugleich im Namen der Söhne
Fritz Bösenberg, z. Zt. im Felde
Heinrich Bösenberg
Berlin, den 15. Juni 1916
Wilhelmshavenerstr. 47.


Offenbar aber währte das Bösenberg-Interregnum nicht übermässige lange.
Schon in der Ausgabe vom 29. Juli 1916 gab es die redaktionelle Mitteilung:


„An unsere christlichen Leser.
Eventuell von nächster Nummer ab, werden im christlichen Teil wieder Russellsche Predigten abgedruckt.


Und siehe da. Schon in der Ausgabe vom 5. August 1916, ist die zeitweilige Mit-Erwähnung des Bösenberg im „Volksboten", ersatzlos verschwunden.

In der Ausgabe vom 9. September 1916 gab es dann wieder eine namentlich dem Russell zugeschriebene Predigt, die dieser am 13. 8. 1916 in Cleveland (Ohio) gehalten haben soll.

Dann (Zensur-Eingriffe blieben dem „Volksboten" auch nicht erspart). Bemerkenswerterweise hatte aber der deutsche „Wachtturm" die gesamte Kriegszeit ohne ausgewiesene Zensur-Eingriffe überstanden. Da hatte schon mal der „Volksbote" dieses Glück nicht. Aber mit Sicherheit hatten die Zensureingriffe im „Volksboten" nichts mit den von der WTG eingesandten Russell-Predigten usw., zu tun.

Ein Veranschaulichungsbeispiel für die Zensur-Probleme kann man in einer redaktionellen Mitteilung in der „Volksboten"-Ausgabe vom 2. 12. 1916 vorfinden.

Die Russell-Predigten gab es auch als Separat-Drucke. War einmal der Schriftsatz erstellt, wurden vier solcher Predigten zusammengefasst und als Separat-Druck nochmals gedruckt.

In genannter „Volksboten"-Ausgabe, gab es nun eine Anfrage dazu aus der Schweiz. Und den Fragestellern wurde dazu folgende Antwort gegeben:


Briefkasten der Schriftleitung
An die Herren Schutzbach und Winterhalden in der Schweiz
Der Absendung der Drucksachen sind jetzt besondere Schwierigkeiten erwachsen. Ein Exemplar der 4 Predigten muß dem hiesigen Zollamt eingesandt werden. Von diesem wird das Exemplar dann weiter an die Überwachungsstelle nach Breslau befördert. Von dort erhält das Zollamt die Nachricht, das gegen die Versendung nichts einzuwenden ist und wir können dann die Pakete auf die Post geben."

Dann in der „Volksboten"-Ausgabe vom 30. 12. 1916, gab es in der Form eines Inserates, die Mitteilung, dass Russell nunmehr verstorben sei.

Gleichwohl gab es trotzdem weiter, dem Russell zugeschriebene Predigten. So etwa in der Ausgabe vom 10. 2. 1917; auch 24. 3. 1917; ferner 8. 9. 1917. Namentlich ausgewiesen, auch 13. 10. 1917.
Noch 1918 ging es mir Russell-Predigten weiter (12. 1. 1918; 2. 2. 1918)

Eine nennnswerte Änderung ist in der Ausgabe vom 23. 2. 1918 zu registrieren.

Dort liest man erstmals im Impressum:


„Für die Predigt verantwortlich:
Wachtturm-, Bibel- und Traktat-Gesellschaft Barmen, Unterdörnerstraße 76.

Die zeitweilge Erwähnung des Bösenberg, erweist sich somit als ein kurzes, nicht bestimmendes Intermezzo.

Über Bösenberg vernimmt man zur gleichen Zeit („Volksboten"-Ausgabe vom 27. 1. 1917), er sei z. Zt. im Felde (sprich im Militärdienst).

Bezüglich des Aspektes Militärdienst, ist vielleicht auch die „Volksboten"-Ausgabe vom 13. 7. 1918 interessant. Dort liest man in der Form eines Inserates:


„Die Mühlhauser Versammlung der Vereinigung Ernster Bibelforscher macht die lieben Brüder im Felde hiermit aufmerksam, sich im gelegenem Falle an Adrian Block. Riedisheimerstraße 2, Mülhausen im Elsass wenden zu wollen."

Noch aufschlußreicher indes ist vielleicht die „Volksboten"-Ausgabe vom 24. August 1918.
Und dort liest man unter einer „Öffentliche Rechtfertigung der Vereinigung Ernster Bibelforscher" überschriebenen Ausführung, unter Punkt 2 auch die wörtliche Ausführung:


„2. Es ist böswillige Verleumdung, zu behaupten, daß Angehörige der Vereinigung angehalten würden, die Dienst- oder Waffenpflicht zu verweigern. Beweis:
Hunderte der Vereinigung im Felde; viele gefallen."


Das also als Skizzierung der Sachlage. Und selbige erweckte nicht den Eindruck, es dabei mit entschiedenen Pazifisten zu tun gehabt zu haben.

Nun mag man wieder etwas weiter zurückgehen zur Predigt des „Volksboten" vom 3. Juni 1916, die meines erachtens eine besondere Relevanz besitzt.

Sie trug den Titel:

Die Sehnsucht nach Frieden und die Notwendigkeit des Krieges."
Sie ist ohne erkennbare Verfasser-Angabe abgedruckt.
Die Frage muss also unbeantwortet bleiben, wem sie denn zuzuschreiben ist.
Noch Russell?
Oder schon Bösenberg,
oder auch seitens der Wachtturmgesellschaft zur Veröffentlichung an den „Volksboten" eingesandt?
Immerhin verwendet der Autor jener Predigt in seinem Text auch die Wendung:


„Wo würde Amerika heute sein, wenn es keinen Unabhängigkeitskrieg gegeben hätte?"

Würde ein deutscher Autor diesen Vergleich auch heranziehen? Die Wahrscheinlichkeit für letzteres ist eher gering. Hingegen ein amerikanischer Autor (sprich Russell) ist solch eine Wendung durchaus zuzutrauen.

Bemerkenswert (dass könnte sowohl für Russell als auch für Bösenberg gleichermaßen, als Autor sprechen), bewegt er sich auf der sattsam bekannten Linie konservativer Bibelauslegung, die in der Aussage gipfelt. Paulus habe das Sklaventum nicht in Frage gestellt. Ergo auch nicht seine selbsternannten (oder tatsächlichen) Nachfolger.

Innerhalb dieser Predigt manifestiert sich dass dann auch in solchen Sätzen (bei denen man unwillkürlich an „Schriftstudien" Band 4 erinnert wird), wie den:


„Jedes Zugeständnis der begünstigten Klassen an die Massen ist gleich dem Fraß, den man einem Rudel verfolgender hungriger Wölfe vorwirft. Sie pausen eine Weile um die Vorteile zu verschlingen, aber ihr Appetit wird nur um so mehr gereizt."

Die Quintessenz dieser Predigt ist offenbar in dem Satz zu sehen:
„Laßt uns daher nicht entmutigt werden, wenn die Kriege zwischen den Nationen fortdauern oder gar zunehmen ..."

Durchaus deutlich auch jenes von pazifistischen Positionen Lichtjahre entfernte Votum innerhalb dieser Predigt:


„Den edlen Bestrebungen der Friedensfreunde kann man nur die höchste Anerkennung zollen. Aber es ist vorauszusehen, daß ihre gutgemeinten Pläne nicht durchführbar sind, denn Gott strebt in der gegenwärtigen Zeit und unter den gegenwärtigen Umständen, keinen Frieden an:
„Kein Friede den Gesetzlosen; spricht Jehova."


Der Verfasser will also den Krieg in sein altbekanntes Endzeitkorsett eingeordnet sehen. Den Betroffenen hat er somit nur einem Rat zu geben:

„Stille stehen und warten".
Damit diese Wartezeit nicht in Langeweile ausufert, davor würden schon die Militärbehörden – etwa in Form ihrer Gestellungsbefehle – sorgen.

Unterm Strich erweist sich diese Predigt als „Dutzendware", wie man sie zur gleichen Zeit auch von anderen „in die Schützengräben-Predigern" vernehmen konnte.

Inwieweit dieser Prediger, er mag nun Russell oder Bösenberg geheissen haben,"besser" war als die andern. Der Beweis ist in der Tat nicht erbracht!

Zu bemerken ist auch; Bösenberg ist zu der Zeit und auch später noch, durchaus als gläubiger Russell-Anhänger bezeichenbar. Die Dissenze, die ihn zur eigenen Herausgabe des „Botschafter für den Haushalt des Glaubens" veranlassten, liegen mit Sicherheit nicht auf der Ebene, wie man sich denn zu der militärischen Herausforderung des ersten Weltkrieges verhalten sollte.

Beide, zeitgenössische Bibelforscher, als auch Bösenberg, absolvierten zu der Zeit, wenn sie von den Behörden dazu genötigt wurden, sehr wohl den Militärdienst.

Das quasi als Einführung.
Und nun noch der Wortlaut jener Kriegspredigt, aus dem „Volksboten" vom 3. Juni 1916.
Bilde sich jeder seine eigene Meinung dazu:


Die Sehnsucht nach Frieden und die Notwendigkeit des Krieges.
Von dem Bibelwort ausgehend: Er beschwichtigt die Kriege bis an das Ende der Erde ... Lasset ab und erkennet, daß ich Gott bin!" (Psalm 46, 9-10), wollen wir heute versuchen, eine schwierige Frage von einem neuen Gesichtspunkt aus zu betrachten. Wir werden dabei zu überraschenden und dennoch vernünftigen Schlußfolgerungen kommen.

Nach allgemeinen Grundsätzen könnte niemand dem Kriege mehr abhold sein als ich, denn ich möchte mich, soweit meine Gefühle in Frage kommen, als einen extremen Friedensfreund bezeichnen. Dennoch können wir unsere Augen den geschichtlichen Tatsachen gegenüber nicht verschließen, daß der Welt eigentlich jede Segnung durch Krieg zuteil geworden ist, um den Preis grausamen Blutvergießens.

Wo würde Amerika heute sein, wenn es keinen Unabhängigkeitskrieg gegeben hätte?
Und würde nicht das machtvolle Deutsche Reich und die Einheit der deutschen Stämme auf Schlachtfeldern errungen?

Wo würden die Völker Europas heute sein, wenn sie nicht gekämpft hätten, um ihre nationalen Freiheiten zu erhalten?
Wohin würde irgend ein Land in weniger denn Jahresfrist bleiben, wenn es sich weigern wollte, in Kriegsbereitschaft zu bleiben?

Dieser, dem allgemeinen Empfinden entspringende Gesichtspunkt steht nicht im Widerspruch mit den Lehren unseres Meisters. Unser Meister redete nicht zu den Nationen, sondern zu einzelnen Personen, als er ermahnte, daß man, wenn man auf den einen Backen geschlagen werde, auch den anderen darbieten und nicht widerstehen solle. Die Belehrungen Jesu richteten sich lediglich an seine Jünger, seine Nachfolger.

Ihnen wurde anbefohlen, aus der Welt auszugehen und sich abzusondern von ihrem Geiste - ein neues Volk, eine heilige Nation. Sie sollten erwarten, gleich ihrem Meister Verfolgung zu leiden. Ihnen galt seine persönliche Verheißung, daß, wenn sie mit ihm um der Gerechtigkeit willen leiden würden, sie hernach in seinem Reiche belohnt würden, indem sie alsdann mit ihm auf seinem Thron sitzen sollten.
Die Seligpreisungen ergingen nicht an Nationen.

Als Jesus sagte: „Glückselig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes heißen", redete er nicht zu Nationen, sondern zu einzelnen Personen, zu einer besonderen Klasse von Personen, nämlich zu solchen, die durch eine völlige Preisgabe aller ihrer irdischen Interessen seine Jünger werden wollen.

Das, was der Erlöser in bezug auf Nationen sagte, was das direkte Gegenteil dessen, was er seinen Nachfolgern sagte.
Er sagte: „Ihr werdet von Kriegen und Kriegsgeschrei hören. Sehet zu, erschreecket nicht; denn dies alles muß geschehen ... Denn es wird sich Nation wider Nation erheben." (Matth. 24, 6.7).

Ich fürchte mißverstanden zu werden, aber über diesen Gegenstand herrscht so viel Verwirrung, daß die Wahrheit deutlich dargelegt werden muß.
Tatsache ist, daß der Krieg nicht die Krankheit, sondern lediglich ein Symptom der Krankheit des politischen Körpers und der Angelegenheiten der Erde ist. So lange die Krankheit anhält, solange muß notwendigerweise daß äußere Anzeichen dafür, der Krieg anhalten. Ist es nötig, daß ich sage, daß die Krankheit, die ich meine, die Sünde ist?

Sünde und Krieg sind unzertrennlich. Es könnte nur zwei Wege geben, dem Kriege Einhalt zu tun:

1. Durch Bekehrung der nationalen Welt aus dem Zustande der Hartherzigkeit, Selbstsucht und Sünde in den Zustand der Gerechtigkeit, Mildherzigkeit; oder
2. Durch die Einsetzung einer Regierung oder Macht, die von der Sünde nicht beherrscht wird, um die Angelegenheiten des sündigen Menschen durch höhere Gewalt zu überwachen und zu überwalten.

Ist eine solche Möglichkeit diskutabel? Leider nicht. Die gedruckten grundlegenden Bedingungen müßten, wenn vorhanden, mit mathematischer Sicherheit zum Ziele führen. Indes sehen wir aus der Bibel, daß Sünde und Selbstsucht in diesem Zeitalter die Oberhand haben und ständig auf dem Kriegspfade sind, sei es auf politischem, sozialen oder finanziellen Gebiet.

Kriege hat es unaufhörlich gegeben von der Zeit an, da der Mensch unter die Herrschaft der Sünde kam. In früheren Zeiten kam die Selbstsucht durch Seeräuberei und Piratentum, sowie durch den Sklavenhandel zum Ausdruck. Dann wieder wechselte man die Kampfweise und die Führer erkannten, daß man durch mildere Methoden mehr erreichen könne, und zwar durch Politik und Hierarchie.

Wiederum veränderten sich die Verhältnisse und die Klugen sahen ein, daß die Sklavenhalterei mit dem Vordringen der Erfindungen in der Welt auf dem Gebiete der Mechanik unlohnend wurde, und daß man mehr erreichen könne mit weniger Verantwortlichkeit dadurch, daß man die Sklaven befreie und sie für ihren Unterhalt im Wettbewerb mit den Maschinen arbeiten lasse.

Danach kam die Aera der finanziellen Kombinationen, der Riesen-Trust und Korporationen, welche die Geschicke der menschlichen Familie vom Bauer hinauf bis zum Könige beherrschen. Aber mit diesem steten Wechsel ist auch der Krieg fortgeschritten. Er hat lediglich seine Form, seine Waffen, seine Methode geändert. Die Grundlage aller dieser Kriege ist die Selbstsucht, und solange wie die Selbstsucht besteht, wird der Krieg bestehen. Der Erfolg bringt Wohlergehen, der Mißerfolg bringt Bedrückung.

Ich beschränke also die Kriegsführung nicht auf Schlachtfelder, auf denen Kanonen und Bajonette und Streitrosse den Ausschlag geben, noch auf Seeschlachten. In die große Kriegsführung schließe ich ein alle sozialen, politischen und finanziellen Störungen und Kämpfe. Es sind dies alles Schlachten, in denen meist der schlaueren Partei der Sieg zufällt.

Die große unwissende Masse von Menschen, die in ihrer Einfalt noch vor hundert Jahren kein selbständiges Denken kannte, ist durch freie Volksschulen und Bildungsgelegenheiten aufgeklärt und urteilsfähig geworden und steht stets in Bereitschaft, sich jeden möglichen Vorteil zu nutze zu machen. Überdies haben seit den letzten fünfundzwanzig Jahren unsere großen Universitäten und Bildungsanstalten den Glauben an die Inspiration der Bibel untergraben, und dieser Einfluß ist schließlich auf die großen Massen übergegangen.

Sie geben jetzt ihren Zweifeln hinsichtlich eines zukünftigen Lebens Ausdruck und sind fest entschlossen, so schnell wie nur irgend möglich, die Gelegenheiten des gegenwärtigen Lebens wahrzunehmen, damit sie teilnehmen an dem Luxus der Reichen und ihn zum Gemeingut aller machen. Wenn ihr Programm auch nur zur Hälfte ausgeführt wird, so bedeutet das den furchtbaren Krieg, den die Welt je gesehen hat. Die Bibel nennt ihn „eine Zeit der Drangsal, dergleichen nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht." (Daniel 12, 1).

Da der Geist des Krieges, der Geist der in Tätigkeit getretenen Selbstsucht ist, so bestätigt sich dadurch die Tatsache, daß die Welt nie mehr zum Streit gestimmt war denn jetzt; und daß sie nie die Befriedigung ihrer Begierden in dem Maße betrieb wie heute. Und obschon sie Segnungen genießt, von denen Leute früherer Zeiten nicht träumten, so ist doch die Unzufriedenheit größer und allgemeiner denn je zuvor, und sie treibt die Menschheit mit immer größerer Eile hinein in den größten aller Kämpfe.

So lange das Geld noch seinen Wert hat, und die politischen Kombinationen die Herrschaft nicht verlieren, wird das soziale Gebäude statt intakt und in Funktion bleiben, Nation wider Nation durch Heere und Flotte.
Aber sobald die politischen und finanziellen Mächte zusammenbrechen, wird aus dem Kriege die Anarchie entstehen, in der nach der Bibel „Eines jeden Hand wider seinen Nächsten" sein wird.

Die führenden Geister der Welt erkennen die dargelegten Tatsachen klar an. Für die Vorschläge wohlmeinender Fríedensfreunde hat man nur ein mitleidiges Lächeln. Den Steuerreformen und der Erbschfaftssteuer haben sich diejenigen am wenigsten gewogen gezeigt, die es anging. Viele Reformen unserer Tage sind entstanden „der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe." Es waren Zugeständnisse, welche die Klugheit gebot.

Zweifellos werden ihnen noch größere Zugeständnisse folgen, ebenfalls von der Klugheit diktiert; aber alle diese Zugeständnisse werden den wachsenden Appetit zunehmender Unzufriedenheit nicht zu stillen vermögen.
Jedes Zugeständnis der begünstigten Klassen an die Massen ist gleich dem Fraß, den man einem Rudel verfolgender hungriger Wölfe vorwirft. Sie pausen eine Weile um die Vorteile zu verschlingen, aber ihr Appetit wird nur um so mehr gereizt.

Auf ein Heilmittel kann, wofern es ein solches gäbe, heute noch weniger Hoffnung gesetzt werden als vor etwa fünfzig Jahren; damals hatte man den Glauben an die Bibel und den allmächtigen Schöpfer noch nicht ganz verworfen.
Die höheren Textkritiker haben gründliche Arbeit getan, indem sie den Glauben an das einzige Buch zerstörten, das göttliche Inspiration für sich in Anspruch nehmen kann.

Sogenannte Bildung und modernes Geschäftsleben haben das Ihrige dazu beigetragen, daß die Welt jetzt von selbstsüchtigem Ehrgeiz entbrannt ist, nach Reichtümer und Luxus verlangend, ohne zu entsprechenden Gegenleistungen bereit zu sein.

Das Bild, das ich gemalt habe, würde nur verwirrend wirken und unnütz sein, wofern ich nicht eine gute und ermutigende Botschaft darzubieten hätte. Gott hat den Entwicklungslauf des Bösen während der sechs großen Tage der Geschichte der Erde - sechstausend Jahre - vorausgesehen; und er hat Vorkehrungen für den großen siebenten Tag, ebenfalls von tausendjähriger Dauer, getroffen. Dieser Tag wird die Zeitepoche sein, in der der Messias auf dem Throne alles neu machen wird. Vielfach redet die Bibel davon, daß sich die Welt in einer Nacht der Sünde und des Leidens befindet, auf welches die Morgendämmerung eines neuen Tages folgt, an dem Gerechtigkeit auf Erden herrschen wird, nicht nur auf königlichem Befehl hin, sondern durch die göttliche Macht seines Reiches.

Das Königreich des Messias wird die idealsten Vorstellungen von einer vollkommenen Regierungsform weit übertreffen. Es wird wie der Prophet es nennt, „das Begehren aller Nationen" stillen.
Aus anderen Bibelstellen wissen wir, daß die Wolke, die jetzt über der Menschheit hängt, einen furchtbaren Sturm des Streites, des Blutvergießens und der Drangsal entladen wird, sodaß die Welt bis zum Überfließen voll davon wird. Danach wird unter der Leitung der messianischen Verwaltung der Geist eines gesunden Sinnes allmählich in die Menschheit kommen, und in dem gleichen Verhältnis wird sie das messianische Königreich in treuer Unterwürfigkeit anerkennen, und man wird, wie der Prophet uns sagt, sprechen:
„Siehe da, unser Gott auf den wir hörten; er wird uns helfen." (Jesaja 25,9).

Reich und Arm jeder Nation werden sich allmählich der veränderter Verhältnisse bewußt werden, und alle, die Gerechtigkeit lieben, werden miteinander frohlocken. Laßt uns daher nicht entmutigt werden, wenn die Kriege zwischen den Nationen fortdauern oder gar zunehmen, oder wenn die politischen, sozialen, religiösen und finanziellen Kämpfe schlimmer denn je zuvor toben. Möge uns dies nicht befremden, sondern denken wir daran, daß dies die Regung und Wirksamkeit des gefallenen menschlichen Herzens ist.
Die Bibel deutet darauf hin, daß Gott der Menschheit einen Anschauungsunterricht erteilen will bezüglich des Einflusses der Selbstsucht, und dies wird eine solche Lektion sein, daß sie sie nie vergessen werden, sondern in alle Ewigkeit sich als nützlich erweisen wird.

Mit dem Vorhergehenden soll nicht gesagt sein, daß Selbstsucht und Streitsucht irgendwelche Existenzberechtigung hätten und empfehlenswert seien, sondern das gerade Gegenteil. Diejenigen, die durch Unterweisung zu lernen vermögen, gilt das Wort Gottes. Wer den Unterweisungen der Bibel genau folgt, wird einen entsprechenden Segen empfangen. Zwar richtet sich die Bibel in Sonderheit an die geweihten Gotteskinder, welche die wahren Friedensstifter sind, die Jesus meinte, als er sagte:
„Glückselig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes heißen."

In dem Maße aber auch, indem andere den rechten Grundsatz anerkennen, den Grundsatz der Barmherzigkeit, des Mitgefühls und der Teilnehme, werden sie in Harmonie mit dem großen Könige kommen und sich dementsprechend mehr oder weniger schützen vor der Drangsal des großen Tages des Zornes, der herannaht.

Den edlen Bestrebungen der Friedensfreunde kann man nur die höchste Anerkennung zollen. Aber es ist vorauszusehen, daß ihre gutgemeinten Pläne nicht durchführbar sind, denn Gott strebt in der gegenwärtigen Zeit und unter den gegenwärtigen Umständen, keinen Frieden an:
„Kein Friede den Gesetzlosen; spricht Jehova." (Jesaja 48,22)

Das Wort „Gesetzlosen" umfaßt die ganze menschliche Familie; denn „da ist kein Gerechter, auch nicht einer".
Nur eine verhältnismäßig kleine Zahl hat vom biblischen Standpunkt aus aufgehört gesetzlos zu sein. Die einzigen, die in Gottes Augen gerechtfertigt sind, sind diejenigen, die im Vertrauen auf das Blut Jesu Christi zur Vergebung ihrer Sünden ganz dem Erlöser hingegeben, geweiht haben ...


Als zusätzliches Zeitzeugnis sei auch auf einen anderen früheren WTG-Funktionär,
F. L. A. Freytag hingewiesen, welcher in der weiteren Entwicklung der Dinge, dann noch seinen eigenen „Laden", die sogenannte „Kirche des Reiches Gottes" aufmachte.

Um es vorweg zu sagen, sonderlich „sympathisch" ist mir Herr Freytag sicherlich nicht. Und an „Minderwertigkeitskomplexen" litt er sicherlich auch nicht. Letzteres muss man ja an sich, noch nicht negativ werten. Man muss allerdings fragen, wohin dann der Weg führt. Und im Falle Freytag zu einem Personenkult von geradezu abstoßender Dimension.

Nachdem er also - Umstände bedingt - seinen eigenen „Laden" aufgemacht hatte, gehörten auch einige Zeitschriften zu seinem Repertoire. Eine davon nannte sich „Der Engel Jehovas". Und in besagtem „Engel Jehovas" (Ausgabe vom April 1925) lies er sich von seiner Anhängerschaft wie folgt anreden:

„Geliebter Sendbote, würden Sie mir sagen, welches Ihre Meinung über die Lehre der Bibel ist und wie Sie dieselbe einschätzen? ..."

Diese Steilvorlage nutzend, lamentiert dann in der Antwort darauf, besagter Herr Freytag entsprechend.

Also nochmals zum „auf der Zunge zergehen lassen". Herr Freytag wähnt allen Ernstes, der alles überragende „Sendbote des Herrn" zu sein.

Genannte Ausgabe des „Engel Jehovas" vom April 1925, ist noch in anderer Hinsicht aufschlussreich. Da er sich offenbar in selbiger so richtig „in Fahrt" geschrieben hat, kann man dort von ihm noch ein paar andere markante Sätze mehr lesen. Unter anderem den
(S. 28f.):

„Dann gab mir die Bibel dieses Zeugnis, und die Gesandten von Brooklyn kamen mir zu sagen. Du hast doch eine so schöne Stellung bei uns, laß Deine Gedanken fahren, und Deine Stellung bleibt Dir sicher bis zum Ende Deiner Tage."

Offenbar hatten die „Gesandten von Brooklyn" mit diesem Angebot wohl keinen sonderlichen Erfolg, denn der Freytag-Text geht weiter mit den Worten:
„Wie ich sagte, gab mir die Bibel dieses Zeugnis, daß in Laodicäa, bei den Bibelforschern, wir blind, arm und nackt waren. Bist Du jetzt der Wortführer des Herrn, um es ihnen zu sagen, oder willst Du Dir die Stellung erhalten, welche man Dir geben zu wollen behauptet und die Du niemals von jemandem empfangen hast, von wem es auch sei, als nur von der Hand des Herrn?"

Auch diese Aussage strotzt dann ja wohl so vor Selbstbewusstsein.

Da „die Gesandten von Brooklyn" nicht das erhoffte Ergebnis einfahren konnten, schlugen selbige nun eine andere Tonlage an. In Freytags Worten („Engel Jehovas" Januar/Februar 1922) wie folgt:

„Wir haben mit nichts angefangen, denn man hatte uns im Jahre 1919 im Monat Dezember alles genommen. Die Bibelforscher hatten uns den Gerichtsvollzieher geschickt, daß er unser Material beschlagnahmte. So hatten wir nur noch die Rechnungen, die wir zu bezahlen hatten, von den Büchern und Broschüren, welche die Bibelforscher uns hatten nehmen lassen. Und jetzt hat der Allmächtige Erbarmen gehabt mit seinem Volke und hat ihm Manna vom Himmel gegeben, nicht mehr Schriften, die da Luftschlösser und Dämmerlicht, wie die Schriftstudien, sondern die reine, strahlende Wahrheit."

Pikant, die Herren Zaugg und Binkele, welche da im Auftrage Rutherford's die Henkersdienste im Falle Freytag organisierten. Beide Herren wird man zu einem späteren Zeitpunkt, auch noch als von der WTG
Geschasste begegnen können.
Vieles im Leben ist offenbar nur eine Frage der Zeit!

Da Freytag in der Frühzeit, besonders die Französischsprachigen Gebiete für die WTG dominiert hatte, blieb das nicht folgenlos. Die WTG kam in Frankreich auf keinen sonderlich grünen Zweig. Das änderte sich erst, als es ihr gelang, unter aus Polen eingewanderten Bergleuten in Frankreich, nennenswert Fuß zu fassen.

Die WTG bescheinigt dem Freytag noch, er habe nebst dem Personenkult, besonderen Wert auf die „Charakterentwicklung" gelegt.
Das war ja auch einer der Aspekte, denen Rutherford den Krieg erklärt hatte, dieweil er die seiner Meinung nach dafür „vergeudeten" Ressourcen für die Klinkenputzertätigkeit umkanalisiert wissen wollte.

In einem geschraubt formulierten Text teilte auch der deutsche „Wachtturm" des Jahres 1919 (S. 179f.) mal was zum Fall Freytag mit. Allerdings ist weiterhin festzustellen, vor allem im französischsprachigem Raum, der Schweiz und Frankreich, wirkte die Freytag-Krise nachhaltig. Weniger im Deutschsprachigem Raum.
Jedenfalls schrieb genannter WT damals:


„Bekanntmachung
Aufhebung der Vollmacht
Sintemal die Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, die unter den Gesetzen des Staates Pennsylvania, Vereinigte Staaten von Nordamerika gegründet ist, seit mehreren Jahren ein Bureau in Genf, Schweiz unter dem Namen Tour de Garde Societe de Bibles et Traites unterhalten und Herrn A. Freytag aus Genf (Schweiz) als Leiter des religiösen Werkes und der Angelegenheiten in Genf (Schweiz) ernannt und sintemal genannte Wachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft in ihrem Zweigbureau in Genf (Schweiz) Geschäftsräume unterhalten hat und noch großen eigenen Kosten unterhält und den Wachtturm (Tour de Garde) veröffentlicht und verschickt, welcher in der französischen Sprache erscheint, ferner Bücher und Traktate herausgibt, und das gesamte Werk unter Leitung des genannten Herrn A. Freytag stand, jedoch unter der direkten Oberaufsicht genannter amerikanischer Gesellschaft und sintemal genannter Freytag Untreue gegen die Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft wurde und verfehlt hat und noch verfehlt, genannte Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft in ihrem Werke getreu zu repräsentieren, deshalb benutzt die Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft jetzt ihr gesetzliches Recht und ihre Vollmacht, um mit Gegenwärtigen die Ernennung des genannten Freytag zu widerrufen und aufzuheben und entzieht ihm hierdurch alle Rechte und Vollmacht die Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft in irgend einer Weise zu vertreten und verlangt, dass es sofort alle Bücher, Papiere, Veröffentlichungen, Bibeln und andere Einrichtungen welche zurzeit in seinem Besitze sind, jedoch der Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft gehören, zusammen der Leitung und der Veröffentlichung des Wachtturms (Tour de Garde) herausgibt und dem Vertreter der
Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, Herrn Conrad C. Binkele in Zürich (Schweiz) dem ordnungsgemäß ernannten und bevollmächtigten Vertreter der Wachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft aushändigt, und daß dieser das gesamte Eigentum der Wachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft noch in Genf, in Besitz nimmt und nach Zürich überführt, zusammen mit dem Wachturm (Tour de Garde) der Abonnentenliste und allen anderen Papieren Büchern und Dokumenten, welche dem Büro in Genf (Schweiz) gehören. Das Bureau der Wachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft in Genf (Schweiz) soll noch dem genannter Herr Binkele davon Besitz ergriffen hat, geschlossen werden, und alle Waren, alles Eigentum und alle Sachen, die oben ausführlich angeführt wurden, sollen von der Wachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft nach Zürich (Schweiz) überführt werden.


Nochmals zur April-Ausgabe 1925 des „Engels Jehovas" zurückkehrend. In selbiger verbreitet sich Herr Freytag auch mit der Einschätzung:

„Ich kann also sagen, was mich anbetrifft, daß die Bibel einen großen Wert für mich hat, sie ist auf meinem Pfade ein Licht gewesen und meines Fußes Leuchte. Als der Herr mir gab, die „Göttliche Offenbarung" zu schreiben, war es immer noch mein anbetungswürdiger herrlicher Meister, welcher mir das Zeugnis mittelst der Bibel gab, mittelst der Offenbarung:
Du weißt nicht, daß du dich in Laodicäa befindest. Du weißt nicht, daß du arm, blind, elend und nackt bist. Du siehst also nicht, daß Deine Brüder von Brooklyn

einen Haufen von Kompromissen machen, und daß wenn man sie fragt, ob sie gegen den Krieg seien, sie die Heuchelei besitzen, nach Veröffentlichung des siebten Bandes der Schriftstudien zu erklären, daß sie nicht gegen den Krieg seien, um sich so aus der Klemme zu ziehen.

Sie haben also die Mörder und die Abscheulichkeiten des Krieges gebilligt, und sie so mit den Trunkenen gegessen und getrunken, wie die Schrift es erklärt, als der böse Knecht sagte: Mein Herr zögert zu kommen, und er setzt sich um mit den Trunkenen zu essen und zu trinken."


Also auch Freytag unterstellt, unter Hinweis auf Band 7 der „Schriftstudien", dass die WTG-Hörigen in der Kriegsfrage keineswegs konsequent waren, sondern (wie andere) es mit dem lavieren hielten. Da Freytag in der Schweiz lebte, selbige nicht aktiv am ersten Weltkrieg beteiligt war, fiel ihm Kritik dieser Art auch nicht sonderlich schwer. Der „Kelch" ging ja an ihm selbst vorüber.

Bezüglich der Ausmerzung ursprünglich Kriegsgegenerischer Passagen aus der Auflage 1918 des „Bandes 7´",
Siehe auch Schriftstudienhinweis

Man vergleiche auch:

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,8852,9491#msg-9491

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