Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Humanistischer Verband und "Lebenskunde"

In der Ausgabe der "Berliner Zeitung" vom 9. 11. 2000 ist ein von den Nachrichtenagenturen übernommener Bericht enthalten, der auf dem ersten Blick zwar nichts mit den Zeugen Jehovas zu tun hat, im zweiten Blick jedoch durchaus einige Analogien erkennen lässt.

Es hat sich schon seit geraumer Zeit offenbart, dass der Antrag der Zeugen KdöR werden zu wollen, einige "schlafende Hunde geweckt hat". Unter denen, die ihr vermeintliches Recht auf stärkere Subvention aus der Steuergelderkasse, besonders vehement versuchen zu erstreiten, ragt der sogenannte "Humanistische Verband" (einer Freidenkerorganisation entsprungen) hervor. Liest man seine Zeitschrift "Diesseits", dann kann einem noch in Erinnerung sein, wie einer seiner Funktionäre sich rühmte, sein Verband habe sich nach dem Fall der Mauer, von einer Handvoll Hauptamtlicher, inzwischen auf ein ganzes Heer von Hauptamtlichen vermehrt, die sogar in der Lage seien, einen großen Ausflugsdampfer zu füllen.

Nur, und das ist der wunde Punkt, die Hauptamtlichen möchten natürlich auch ein angemessenes monatliches Gehalt kassieren. Da wird es aber kritisch. Denn die zahlende Mitgliedschaft reicht bei weitem nicht aus, um auch nur einen Bruchteil dieser Hauptamtlichen unterhalten zu können. Bisher, dass muss man jenem Verband bescheinigen, hat er ein großes Geschick entwickelt, die Staatskasse für seine Interessen "melken" zu können. Begünstigend kommt hinzu, dass er auch einige Sympathisanten in politischen Parteien besitzt, die sich für seine Interessen verwenden. Selbst im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz saß (zeitweilig) einer seiner Sympathisanten (Pfahl-Traughber). Das erklärt dann schon einiges.

Allerdings weht dem "Humanistischen Verband" zusehends bei seinen Ambitionen ein rauerer Gegenwind ins Gesicht. Dies macht sich auch und besonders an seinem "Geschäftszweig" "Lebenskundeunterricht" an staatlichen Schulen bemerkbar.

Was will ich mit diesen Ausführungen sagen? Sagen will ich damit, dass Anspruchsdenken, die Staatskasse möge bitte Zeugen Jehovas und Humanistischer Verband weiter, bzw. zusätzlich subventionieren, stößt auf zunehmendem Widerstand. Wie der Fall Zeugen Jehovas ausgehen mag, wage ich nicht zu prognostizieren. Indes registriere ich durchaus aufmerksam auch den Widerstand, der sich dem Humanistischen Verband entgegenstellt. Die eingangs genannte Pressenotiz kündet davon. Sie sei nachstehend noch wiedergegeben:

"Streitfall Lebenskunde-Unterricht

Humanistischer Verband will das Schulfach einklagen

Potsdam. Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg will die Zulassung des Faches Lebenskunde als Alternative zum evangelischen Religionsunterricht an Brandenburgs Grundschulen gerichtlich durchsetzen. Die Ablehnung des Antrags durch das Brandenburgische Bildungsministerium widerspreche dem Grundgesetz und der Landesverfassung teilte der Verband am Mittwoch mit.

Der Humanistische Verband habe einen gesetzlichen Anspruch auf Gleichstellung mit den Kirchen im Bereich des Religions- und Weltanschauungsunterrichts. Der Verband hatte im Juni einen Antrag auf Zulassung des Schulfaches Humanistische Lebenskunde beim Bildungsministerium in Potsdam eingereicht. Am 25. Oktober sei der Antrag in einem Schreiben des Ministeriums ohne Angabe stichhaltiger Gründe abgelehnt worden, hieß es. Der Verband fordert deshalb einen rechtskräftigen Bescheid vom Bildungsministerium, der auch gerichtlich überprüft werden kann.

'Der Verband hat keinen rechtlichen Anspruch Lebenskunde als freiwilliges Schulfach anzubieten', sagte Martin Gorholt, der Sprecher des Bildungsministeriums. Es sei nicht unbedingt sinnvoll, wenn verschiedene Weltanschauungsgemeinschaften im Unterricht Angebote machten."

Noch einen Kommentar zum Karlsruher Zeugen Jehovas Urteil vom 19. 12. 2000 gibt es zu registrieren. Um es vorweg zu sagen. Meine "Sympathie" hat jener Kommentar nicht. In eleganter Weise werden dort wesentliche Tatbestände durch Nichterwähnung dargelegt. Ich meine jetzt auch wiederum das "Diesseits" Heft 1/2001.

"Wer darf Körperschaft des öffentlichen Rechts sein?" titelt der emeritierte Professor Dr. Johannes Neumann seinen Aufsatz. Neben der Darstellung der historischen Entwicklung des Streites, interessieren hier besonders die damit verbundenen Wertungen. Richtig stellt Neumann fest, dass die Zeugen Jehovas diesbezüglich (ausgehend vom gegenwärtigen Stand) eine Bresche geschlagen haben. Dezent unterlässt er es aber hinzuzufügen, dass gerade sein Verband es ist, der mit als einer der aktivsten Trittbrettfahrer diese Bresche mit auszunutzen gewillt ist - um jeden Preis. Haben sich die Zeugen bis vor's Bundesverfassungsgericht durchgeklagt. So spornt das Leute die Leute, die hinter Neumann stehen nur an.

Und in der Praxis haben sie ja auch bis heute schon überreichlich bewiesen, dass sie gedenken, die einschlägigen Gerichte nicht "arbeitslos" werden zu laßen. Wenn auch in ihrem Fall bisher mit minimalem Erfolg.

Neumann redet in glatten Worten. Eine erkennbare Blöße bei der Wahl seiner Worte gibt er sich nicht. Entscheidend ist ja auch für seinesgleichen, was unterm Strich am Ende herauskommt. Reflektionen darüber, ob das System von Privilegierungen nicht auch angefragt werden kann, stellt er grundsätzlich nicht an. Wie auch, genau dieses Ziel, Privilegierung um jeden Preis, hat sich ja sein Verein auch auf die Fahne geschrieben.

Es wäre müßig, sich jetzt in eine weitere Polemik mit Neumann einzulassen. Neumann weiß auch, dass trotz Breschensprengung durch Jehovas Zeugen, der "Kuchen noch immer nicht endgültig gegessen ist". Schaffen sie es - dann hat seinesgleichen auch Oberwasser. Klappt es nicht, sieht es dort düster aus.

"Humanistischer" Verband nennt sich jener Verein. Offenbar hört der Humanismus auch dort beim Geldbeutel auf. Eine Reflektion ob Jehovas auch nur die geringste Spur von Humanismus aufweisen, gibt es bei Neumann nicht. Wie auch. Es sind ja beides Kampfgenossen!

Siehe auch:

Ein Rückblick

Urteil des Bundesverfassungsgericht

Gerhard B...

Kindererziehung und Totalitär

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