Notizen aus „Informator" 1951

Lapidar teilt die „Informator"-Ausgabe (hier und nachfolgend nur noch nach der Ausgabe Wiesbaden zitiert) in der Januar-Ausgabe 1951 mit:  Abonnements auf den Wachtturm in ungarischer Sprache werden zufolge des Verbots des ungarischen Zweiges nicht mehr aufgenommen.  Diese Meldung erfolgt auch, damit jetzige Abonnenten den Grund wissen, warum sie diese Zeitschrift nicht regelmäßig erhalten."

Andernorts, etwa bei Cole ist zu entnehmen, am 14. 11. 1950, erfolgten in Ungarn die Verhaftungen dortiger führender Zeugen Jehovas.  Nicht bei Cole, aber etwa bei Dirksen ist entnehmbar, am 2. 2. 1951 seien dann auch in Ungarn in der Zeugen Jehovas-Sache drastische Gerichtsurteile verhängt worden. Also ein weiteres kommunistisches Land, stieg damit in seinem Machtkampf mit der WTG aktiv ein.

Die WTG „Dampfwalze", USA-gesteuert, ließ sich doch solcherlei Widerstände nicht sonderlich beeindruckend. Ohnehin wähnte man zu jener Zeit, bereits auf „Wolke sieben zu schweben". Dafür steht auch die Angabe in der Januar-Ausgabe 1951 des „Informator", von den 115 Ländern, wo die ZJ zu jener Zeit vertreten seien hätten zu jener Zeit „noch größere Zunahmen als 34 Prozent verzeichneten". In Deutschland des Jahres 1950 hätte man „nur" eine Zunahme von 23 % gehabt. Da die WTG um die Aufstellung von „Mondziel-Forderungen" noch nie verlegen war, geht es weiter mit ihrer Forderung:  letzten April wohnten 38 264 Personen der Gedächtnisfeier bei. Sollten denn diese Personen die gute Botschaft vom Königreich nicht auch anderen kundtun?"

Und bezüglich des um diese Zeit angeleierten „13. 'Wachtturm'-Feldzuges" heißt es weiter:  „Da dies somit das Schlußzeugnis ist." Und für ein solcherlei „Schlußzeugnis" wäre es doch „angemessen" (zumindest in WTG-Sicht) „Die Quote wird zweimal die letzte Verkündigerhöchstzahl sein, das heißt für Deutschland 63.768".  Soviel neue „Wachtturm"-Abonnnements hätte also die die WTG gerne durch ihre deutschen Treppenterrier neu aquiriert!

Besagte 34 % Mehrungs-Forderung für 1951 hat es der WTG im Besonderen angetan. Sie wird Gebetsmühlenartig auch in der Februar-Ausgabe 1951 des „Informator" wiederholt. So wird beispielsweise den „Pionieren" erneut ins „Stammbuch" geschrieben, ihre monatliche Durchschnittsquote der 100 Stunden, sei eine Minimum-Quote und nicht die höchste Anforderung".

Und generell die Aufforderung die Nachbesuchstätigkeit anzukurbeln.  Wenn wir die Zunahmezahl von 34 Prozent dieses Jahr verwirklichen wollen, müssen erfolgreiche Nachbesuche gemacht werden."  Erfolgreich im WTG-Sinne seien diese erst dann, wenn auch aus den vermeintlichen „Interessierten" selbst Treppenterrier geworden sind. Ergo die schon straff angezogene Leistungsdruckschraube, wird noch ein paar weitere Windungen angezogen!

Machet jetzt Pläne, die 34-Prozent-Höchstzahl zu erreichen" fordert der „Informator" für März 1951 erneut auf. Auch die WTG selber beteiligt sich an diesem Pläne machen dergestalt, als sie sogenannte „Demonstrationen" präsentiert, die da zur Anwendung gelangen sollen. Der Clou dabei, eine solche „Demonstration" solle auch veranschaulichen, wie man es nicht machen solle. Auch wenn die WTG somit quasi formal jene von ihr vorgestellte Variante ablehnt, bleibt doch die Frage zurück, ob sie damit nicht ihren Geist der sie beseelt, durchaus zutreffend selbst beschrieben hat.

Danach würde solch ein „Musterzeuge" in einem Individual-Gespräch, seinem Gegenüber - einem Nicht-"Musterzeuge" verklickern:  Ruhig, aber nicht zu taktvoll kann er ihm dann erklären, wie er im Felddienst zurückgeblieben sei, und wie ein solcher Lauf zu seiner Vernichtung führe, und daß er sich an allen Dienstzweigen beteiligen und viele Stunden aufwenden sollte."

In dergleichen „Informator"-Ausgabe auch gelesen:  Verkündiger beim Zeitschriftendienst auf den Straßen (sollten) einzeln stehen, es sei denn, ein Verkündiger schule einen andern; in einem solchen Fall ist es ratsam, eher ungefähr 3 Meter Abstand voneinander zu haben, als nahe beisammen zu stehen. Dadurch wird der Neigung der Verkündiger, miteinander zu plaudern, vorgebeugt."  Das atmet dann wohl auch wieder mal den Geist des WTG-Manchesterkapitalismus!

Besagtem „Zeitschriftendienst" widmet jene „Informator"-Ausgabe sich des weiteren „lang und breit". Dabei muss die WTG selber die Klage reproduzieren: „Doch, obwohl ich mehrere Stunden im Zeitschriftendienst zubringe, kann ich keine Zeitschriften abgeben", bemerken einige Verkündiger."

Das könne natürlich nicht sein, zumindest in WTG-Sicht. Ergo die darauf folgende „Empfehlung": Die Erfahrung hat gezeigt, daß viel mehr Zeitschriften abgegeben werden können, wenn der Verkündiger die Initiative ergreift und sich gewisser Ausrufworte bedient, indem er die Leute auch anspricht und ihnen die Zeitschriften anbietet."  Also fallweise wie ein Marktschreier agieren.

Oder auch dieser „Tipp": „Solche, die bei ihren Einkäufen an einem Schaufenster stillstehen, um etwas zu betrachten, können auf folgende Weise angesprochen werden: „Entschuldigen Sie, haben Sie die Zeitschrift Der Wachtturm schon je gelesen? ..."

Zur Rubrik penetranter Aufdringlichkeit gehört weiter die „Empfehlung":  „Dann gibt es Leute, die auf den Autobus oder die Straßenbahn warten; diese können so angesprochen werden: „Guten Tag! Haben Sie je die Zeitschrift Der Wachtturm gelesen? Möchten Sie nicht die neueste Nummer mitnehmen...."

Was die Vokabel „Entschuldigen Sie" anbelangt, so sagt diegleiche „Informator"-Ausgabe des weiteren noch: Erweckt nie den Eindruck, ihr müßtet euch um eurer Tätigkeit willen entschuldigen.  Ergo im Umkehrschluß auch eine aggresive Auftretensform!

Aggressiv auch die WTG-Anweisung in der April 1951-Ausgabe des „Informator" an die „Hilfsgruppendiener", zu deren Aufgaben unter anderem auch die Ausfüllung der „Rennliste" gehört. Das heißt jener Tabelle die da für alle gut sichtbar zeigt, wieviel „Predigtdienst", mit welchem Ergebnis, die örtliche Zeugen Jehovas-Gruppe wann geleistet hat.

Nach der monatlichen Fertigstellung solcher Berichte, soll er dann auch noch die Namen jener weiterleiten, die in jenem Monat keinen Bericht abgaben.  Alle Studienleiter, Diener und Verkündiger werden dann zusammenwirken, um diesen Personen behilflich zu sein."

Dieses famose „behilflich sein" zeigt sich dann in massivem Nötigungdruck. Da die Betreffenden damit quasi auf einer Art „schwarzen Liste" stünden, geht es weiter mit der Anweisung, darauf zu achten, ob der Nötigungsdruck schon in den ersten Tagen des darauffolgenden Monats Ergebnisse gezeitigt habe. Ist das indes nicht der Fall, kommen die Betreffenden ab dem 15. jenes Monats auf eine neue Liste der Sorte „schwarze Liste". Ihre Namen werden weiter gereicht, und das Nötigungsspiel setzt sich einige Zacken verschärft, weiter fort. Jubilierend notiert die WTG weiter: Dies bürgt dafür, daß bis zum Ende des Monats der größten Zahl Personen geholfen wird, in den Dienst zu ziehen."  Es soll also kein Entrinnen aus dieser Tretmühle geben!

Das gilt dann auch für Schulkinder, welche in der April-Ausgabe des „Informator" erneut genötigt werden, Ferienpionierdienst innerhalb ihrer Schulfreienzeit, zu absolvieren. Dies sei laut WTG-Manchesterkapitalisten „besser", als bei müssigem Spiel oder den selbstsüchtigen Bestrebungen dieser Welt (die Zeit) zu zubringen!"

Andernorts werden Kindersoldaten zurecht gebrandmarkt. Was die WTG da praktiziert, ist auch eine Form des Kindersoldatentums!

Wer hätte diese Meldung erwartet?  Die April-Ausgabe teilt weiter mit, ab Mai 1951 werde der Versand der Zeitschrift „Erwachet!" an Empfänger in Deutschland, eingestellt. Man äußert zwar die Hoffnung, irgendwann besagtes „Erwachet!" auch in Deutschland mit drucken zu können. Indes wie man weis, war dies erst ab 1953 der Fall. Rund 1,5 Jahre standen somit den deutschen Zeugen Jehovas als „Erwachet"-lose Zeit bevor. Ausdrücklich wird auch noch darauf hingewiesen, niemand möge diesbezüglich an das Schweizer WTG-Büro aus Deutschland schreiben. Denn aus der Schweiz kamen ja diese Druckexemplare, die dann aber auf dem WTG-Dienstweg verteilt wurden. Eigeninitiative war dabei also nicht gefragt.

Vielleicht mögen einige der Betroffenen, angesichts der vielfältigen Überlastungssituationen, diesen so eingetretenen Verlust nicht sonderlich bemerkt haben. Vielleicht, vielleicht auch nicht.  Auf dieser Linie liegt es dann auch noch, wenn die „Jahrbuch"-Ausgabe für 1951, für ein Jahrzehnt lang, die letzte Deutschsprachige Ausgabe davon war. „Jahrbücher" waren ja kein Handelsobjekt für den Predigtdienst sondern allein von den aktiven Zeugen Jehovas bezogen. Offenbar das WTG-Kalkül, namentlich nach dem Wegbrechen des Ostdeutschen Bezieherkreises, das rechnet sich wirtschaftlich nun nicht mehr!

Der New Yorker Kongress des Jahres 1951, war WTGseitig als „Superlative" aufgezogen. Derart beschwingt, besagte die WTG-Doktrin, ähnliches müsse nunmehr auch in Deutschland, im Jahre 1951 zelebriert werden, worüber auch der „Informator" für Mai 1951 berichtet. Als Kongreßort hat man sich als einzige Stadt dazu, nur Frankfurt/M. für die Zeit vom 24. - 26. 8. 1951 auserkoren. Lediglich in Westberlin gab es im Hinblick auf die Zeugen Jehovas aus Ostdeutschland, noch eine ähnliche verkürzte Veranstaltung. Alles andere aber wurde nach Frankfurt/M. dirigiert. Die Verteilung auf mehrere Kongreßorte wäre zwar sinnvoller gewesen, wurde aber nicht gemacht. Sammelt sich alles an Zeugen Jehovas an einem Kongreßort, kann man natürlich der Öffentlichkeit gegenüber mit größeren Zahlen prahlen.

Die Unterkunftsfrage wähnte man auch „genial" gelöst zu haben. In der Nähe der Veranstaltungsstadien befänden sich auch große Wiesen, deren Benutzung durch die Stadt mit genehmigt wurden. Dort sollen dann gigantische Großzelte mit einer Kapazität von 30.000 Plätzen errichtet werden. Genannte Zahl der 30.000 dortigen Schlafplätze, macht schon mal deutlich, dass die WTG sich keinerlei sonderliche Hoffnungen machte, bei der Frankfurter Wohnbevölkerung Quartiere in Größenordnung aquirieren zu können. Für die meisten war also besagte Zeltstadt als Schlafstätte somit auserkoren. „Passend" für die sich dort ansammelnden „Esel und Eselinnen" waren die dann auch mit Stroh als Schlafunterlage ausgestattet (Pardon, das mit den „Eseln" musste mal gesagt sein). Weiter im Text.

Veranstaltungsende sei dann der Sonntag gegen 19.00 Uhr. Just an diesem Sonntag (Nachmittags) würde der aus New York angereiste Mister Knorr den öffentlichen Vortrag zelebrieren. Das hatte dann wohl schon mal dergestalt seinen Sinn, als damit die Kongressbesucher schon mal in die richtige Einschlafstimmung vorab versetzt wurden. Denn der deutschen Sprache ist besagter Mister Knorr nicht mächtig. Alle seine Worte werden simultan vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Eine solche „Einschlafveranstaltung" mit Mister Knorr als „Schlafzeremonienmeister", habe ich dann ja selbst noch in meiner Kindheit, in der Westberliner „Waldbühne" miterlebt. Ich weis somit, wovon ich rede.

In der Juni-Ausgabe 1951 des „Informator" widmet sich die WTG wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Schwelgen in Erfolgszahlen. Man rechnet vor: Bereits im Mai 1945 (also unmittelbar nach dem Ende des Naziregimes), hätten bereits 3000 deutsche Zeugen Jehovas ihren Predigtdienst aufgenommen, und was für die Statistikversessene WTG auch wichtig sei, „darüber Bericht erstattet."  Bis November 1945 sei diese Zahl in Deutschland dann auf 6915 angestiegen.  Solcherlei „Dellen" wie das Ostdeutsche Zeugen Jehovas-Verbot, übergeht die WTG großzügigerweise im weiteren Verlauf ihrer Replik, und rechnet weiter vor, im April 1951 habe man allein auf Westdeutschland bezogen, dann eine Verkündigerzahl von 35.553 erreicht.  „Dies bedeutet eine Zunahme von 21,5 Prozent seit Beginn des Dienstjahres."  21,5 % aber immer noch keine 34 % wie WTGseitig die Forderungsparole lautet.

Das alles ist nur mittels eines sehr harten Managments möglich. Und daran soll es in WTG-Gefilden wohl auch nicht mangeln.  So belehrt die Juni-Ausgabe des „Informator" ihre Pioniere beispielhaft erneut:  Wenn du krank wirst und in einem Monat die Quote nicht erreichst, solltest du bemüht bleiben, die ausgefallene Zeit in den nächsten Monaten wieder aufzuholen, um den monatlichen Durchschnitt von 100 Stunden oder die Jahresquote von 1200 Stunden zu erreichen."

Sollten einige indes meinen, in Falle von Krankheit oder ähnlichen widrigen Umständen, könne man das ganze dann doch nicht so streng sehen, werden sie weiter WTGseitig belehrt:  „Die Gesellschaft hat solche Fälle bereits berücksichtigt, weshalb die Quote auch seinerzeit auf 100 Stunden pro Monat im Durchschnitt herabgesetzt wurde. Es ist deshalb gut, wenn der Pionier immer danach trachtet, mehr als 100 Stunden im Monat zu erreichen, damit unvorhergesehene Krankheitsfälle das Erreichen der Jahresquote nicht beeinträchtigen können."

Es hätte auch wenig Sinn, diesbezüglich der WTG etwa einen Brief zu schreiben, in dem um Nachsicht gebeten wird. Ob ein solcher nun schreibt oder nicht, die WTG-Parole lautet weiter glashart:  „Alle Pioniere, die die Quote nicht erreicht haben, werden nach sechs Monaten und nach Abschluß des Dienstjahres einen Brief von der Gesellschaft erhalten, worin sie auf diese Tatsache aufmerksam gemacht werden.  Dies wird geschehen, ungeachtet, was die Ursache des Nichterreichens der Quote sein mag und ob diese gemeldet worden ist oder nicht."

Und die WTG behält es sich in jedem Falle vor, ob der Betreffende „weiterhin als Pionier geführt werden wird oder nicht."  Dennoch ganz ohne „Papierkram" möchte die WTG das ganze aber doch nicht ablaufen lassen. Dazu ihre Anweisung. In den Monaten wo der Pionier - aus welchen Gründen auch immer - seine Quote nicht erreicht, habe er der WTG auf einer postalischen Drucksachenkarte (die als postalischen Gründen) nicht mehr als fünf Worte enthalten dürfe, den Grund für dieses Nichterreichen der Quote mitzuteilen. Beispielhaft also das Wort „Krankheit" ohne weitere Erläuterungen, denn es sollen ja nicht mehr als fünf Worte Verwendung finden. Ausdrücklich wird noch hinzugefügt, man wünsche auch nicht etwa einen Brief in der Sache zu bekommen. Nur besagte Kurzmeldung eben. Da fragt man sich schon was das ganze soll. Offenbar weniger ausgerichtet auf die Unterrichtung der WTG. Dafür um so mehr auf den moralischen Binnendruck, den der Betreffende damit auf sich selbst ausübt!

Die Juli-Ausgabe 1951 des „Informator" widmet sich auch dem Aspekt, die vermeintlich „gute Botschaft" vor ungünstig Eingestellten darbieten.  Zwei diesbezügliche Beispiele greift der „Informator" dazu besonders heraus:  Seiner Meinung nach würden Jehovas Zeugen tagtäglich auch solche „falschen Ansichten" zu hören bekommen wie:  „Sie sind Kommunist", und „Sie wollen nicht kämpfen!"

Auch wenn es der „Informator" nicht mit erwähnt, jene Bilderbuchargumentation ist USA-zentriert. Im McCarthy Klima der USA, wo man sich durch den „Verkauf roter Limonade schon mal den Verdacht aussetzte auch politisch ein „Roter" zu sein",

McCarthy spielte eine solche Argumentation wohl eine Rolle. Weitaus weniger indessen in Europa.

Als Bilderbuch-Argument zu diesem Aspekt meint der „Informator" ausführen zu sollen:  „In Rußland und seinen Satelliten Staaten werden wir heftig verfolgt, und all dies, weil wir den Leuten sagen, daß der allmächtige Gott selbst bald alle Gottlosigkeit und Bosheit beseitigen und eine neue Welt aufrichten werde." Was das mit erwähnte „bald" in diesem Statement anbelangt, vergaß die „Informator" lediglich noch, mit hinzuzufügen - am „Sankt Nimmerleinstag"!

Was den zweiten Aspekt anbelangt, lautet die „Bilderbuch-Instruktion" des „Informator" dazu:  „Um dem Vorwurf „Ihr wollt nicht kämpfen" zu begegnen, kann man taktvoll erwidern: „Würden Sie etwa von Ihrem Pfarrer oder Prediger erwarten, daß er kämpfen würde? Nun, auch ich bin ein Prediger. Jehovas Zeugen sind eine Gesellschaft von Predigern. Als Prediger sind wir nicht nur durch die Heilige Schrift vom Militärdienst bereit, sondern auch durch das Gesetz eines jeden demokratischen Landes."

Die Behauptung, auch durch „das Gesetz eines jeden demokratischen Landes" vom Militärdienst „befreit" zu sein, ist schlichtweg sachlich falsch.  In Band 7 seiner Entscheidungssammlung (1959) stellte bezogen auf West-Deutschland das Bundesverwaltungsgericht fest:  "Ein ordinierter Verkündiger dieser Gemeinschaft (Zeugen Jehovas) ist kein hauptamtlich tätiger Geistlicher im. Sinne des § 11 Abs,1 Nr. 3 des Wehrpflichtgesetzes."

Als Detail wurde in jener Gerichtsentscheidung festgestellt (S. 78f.)  "So haben zunächst sowohl die Geistlichen evangelischen als auch katholischen Bekenntnisses sich einer lange dauernden und eingehenden Vorbildung und wissenschaftlichen Prüfungen zu unterziehen und eine mehrjährige berufliche Vorbereitungszeit durchzumachen. Demgegenüber erlangt jedes Mitglied der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas mit der Taufe ohne weiteres und ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht oder Vorbildung die Eigenschaft eines Predigers ..."

Und weiter:  "Es besteht für sie auch im Gegensatz zu der grundsätzlichen Unenthebbarkeit der kirchlichen Ordinarien jederzeit die Möglichkeit, aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen aus ihrer Tätigkeit (als Pionier) niederzulegenen, etwa dann, wenn im Falle ihrer Verheiratung die Sorge für die Existenz der Familie ihnen eine unentgeltliche Tätigkeit im Dienst der Gemeinschaft in größerem Umfang nicht mehr gestattet."

Weiter stellt jene Gerichtsentscheidung fest:  "Die Tätigkeit der Pionierverkündiger der Gemeinschaft kann deshalb mit der Stellung eines Geistlichen evangelischen oder katholischen Bekenntnisses nicht verglichen werden, weil ihre Ausbildung in keiner Welse entsprechend ist, weil die Aufgabe der Tätigkeit jederzeit ohne größere Schwierigkeiten möglich ist und weil der Bestand an hauptamtlich tätigen Geistlichen nach der Art der Ausbildung dieser Gemeinschaft der Zeugen Jehovas im Gegensatz zu den beiden großen christlichen Bekenntnissen jederzeit ohne größere Mühe ergänzt werden kann. Sie gleichen deshalb weit mehr einem Evangelisten der evangelischen Kirche, der vom Wehrdienst nicht ausgenommen ist."

Aber bemerkenswert ist diese WTG-Bilderbuch-Argumentation schon. Keinerlei Hinweis auf eine pazifistische Haltung die in der Tat nicht gegeben ist. Denn laut „Wachtturm" vom 15. 3. 1951 würden die Zeugen Jehovas dann kämpfen, wenn Jehovas es befehlen würde. Es komme somit einzig und allein auf den „rechten" Befehlshaber an.

Statt dessen will die WTG ihre Organisationsegoistischen Ziele, zu allem Überfluss noch den Unbedarften als Grund ihrer Haltung unterjubeln!

Die für Ende August terminierte „Hauptversammlung" in Frankfurt/M. wirft ihre Schatten voraus. In der August-Ausgabe 1951 des „Informator" gibt es dazu letzte Instruktionen.

Beispielhaft solche Ratschläge: „Wir würden empfehlen, daß alle Gäste vorsehen, einen gewissen Schutz gegen Sonnenbestrahlung oder Regen) bei sich zu haben. Auch empfehlen wir, Taschenlampe mitzubringen, wenn vorhanden."

Familien mit Kindern teilt man mit: „Ein besonderer Kindergarten ist nicht vorgesehen."  Ach ja, hätte einer von der WTG etwas anderes erwartet?  Immerhin gibt es dann aber doch noch jenen Hinweis: „doch ist in dem ausgedehnten Waldgelände sowie den angrenzenden Badeanlage reichlich Platz, wo die Kinder ab und zu spielen und sich auslaufen können." Den Hinweis gibt es dann aber auch nur deshalb, dieweil die örtlichen Gegebenheiten das ermöglichen würden. Nicht aber weil die WTG dafür besondere Vorsorge getätigt hätte.

Prompt setzt sich dann auch dieser Hinweis mit dem Satz fort: „Sicher werden es christliche Eltern wertschätzen, ihre Kinder möglichst auch bei den Darbietungen bei sich zu haben."  Ergo die Indoktrination steht für die WTG an allererster Stelle, auch Kindern gegenüber.

Man habe auch in Mainz und Wiesbaden sowie in weiteren Ortschaften Quartiere aquiriert. Das seien in der Regel Freiquartiere, für die lediglich die Fahrtkosten zwischen Quartier und dem Kongressgelände anfallen würden. Unausgesprochen dabei bleibt aber, wer solche Freiquartiere erhalten könne, bestimmt allein die WTG. Für die Masse der deutschen Zeugen Jehovas indes, seien vorrangig die Massenquartiere mit zünftigen Strohlagern vorgesehen.

„Der Preis für die Massenquartiere ist leider diesmal höher als sonst üblich, doch sind die Gestehungskosten für Zelte, Stroh, Beleuchtung, Wasser usw. derart groß, daß wir genötigt sind, einen Betrag von DM 4.— für alle Nächte pro Person zu erbitten" wird weiter mitgeteilt. Und jene Mitteilung wird noch dahingehend ergänzt, eigentlich müsste man einen Kostensatz von DM 6,- für die tatsächlichen entstandenen Kosten einfordern. Man lässt es aber dabei bewenden, und betont, man hoffe dann durch ein reichliches Spendenaufkommen, jene Kosten noch mit herein zu bekommen.

Die Gesamte Verpflegungs-Logistik, würde die WTG selber durchführen. Auch diesen Hinweis gibt es noch. Auch würde alle diesbezügliche Angebote nur gegen von der WTG ausgegebene Bons erfolgen, die dann auf dem Kongreßgelände erhältlich seien. Weiter die Belehrung:  „Bitte beachtet: Verkaufsstände, die irgendwelche Dinge gegen Bargeld verkaufen, gehören nicht der Gesellschaft, sondern Privatunternehmern, mit denen wir nichts zu tun haben. Bedient euch daher der Einrichtung der „Kongreß-Bons" zur Deckung eures Bedarfs; ihr leistet dadurch der Gesellschaft eine wertvolle Hilfe bei der Aufbringung der sehr hohen Kosten der Veranstaltung."

Als Anreisetag der an einem Freitag beginnenden Veranstaltung, empfiehlt die WTG den Donnerstag, und hat auch dafür schon mal einen entsprechenden Rat parat. Und zwar den: „Am Donnerstag, 23. August, können viele Schwestern sich am Kartoffelschälen beteiligen. Wer nach seiner Ankunft daran teilnehmen möchte, sollte sich möglichst ein entsprechendes Messer mitbringen.  Die Schwestern können sich ohne weiteres sofort in der Küche (beim Bahnhof Sportfeld) zur Verfügung stellen."  Na dann ist ja wieder mal alles klar.

„Kindermund tut Wahrheit kund" weis der Volksmund zu berichten. Da hat wohl „Luise" schon mal die richtige Einschätzung des gesamten Unternehmens!

[Hinweis: Bildtext der Schweizer Ausgabe des GZ entnommen]

Als "Nachklang" jener Veranstaltung war in der Frankfurter "Abendpost" vom 25. 8. 1951  auch dieses zu lesen: "Etwas abseits, in einem Waldweg versteckt, finden wird das Zelt der Deutschen aus der Ostzone. Keiner von ihnen kann ohne Furcht den Rückweg in die Heimat antreten, denn gerade sie wissen am besten, daß auch hier in Frankfurt Beobachter des östlichen Regimes die Zeltstraßen durchstreifen, die sich die „Brüder“ merken und ihre Namen getreu nach Berlin melden werden." Ob des östliche Regime schon zu diesem Zeitpunkt, eine solche gezielte Bespitzelung vornahm, mag solange dafür keine authentischen Beweise dafür vorgelegt werden, mit einem Fragezeichen versehen bleiben. Einige Jahre danach hat es das sicherlich auch gegeben. Allerdings wird sich die WTG schon die Frage gefallen lassen müßen, ob denn in der aufgeheizten Lage wirklich, die Anwesenheit Ostdeutscher Zeugen Jehovas, beim Kongress Frankfurt/M. 1951 "nötig" gewesen sein.

Die "Frankfurter Neue Presse" vom 23. 8. 1951 hatte zuvor ein Interview mit dem WTG-Präsidenten N. H. Knorr publiziert. Eine der dabei von den Journalisten gestellte Frage war auch die: "Auf die Frage, was der Präsident zu den Verhaftungen der Zeugen in der Ostzone sage und ob man etwas tue, um diese Leute zu schützen, antwortete Mr. Knorr: „Wir halten diese Verhaftungen für ungerecht."  Mit diesem Votum ging Mr. Knorr keinesfalls auf die Kernfrage ein  "ob man etwas tue, um diese Leute zu schützen." Statt dessen antwortet er nur mit der Plattitüde:  "Wir wissen, daß unsere Leute trotzdem weiter das Evangelium des Königreiches predigen werden.“ Ergo läßt er die Frage nach dem "Schutz" völlig unbeantwortet, dieweil es einen solchen auch nicht gab, da es Politik der WTG in solchen brenzligen Situationen ist, lieber zum Märtyrertum aufzustacheln.

In Fortsetzung des seit November 1950 auch in einer deutschen Ausgabe vertriebenen Buches „Theokratische Hilfe für Königreichsverkündiger", wurde nun auf der Frankfurter „Hauptversammlung", laut „Informator" für September 1951, noch ein zweites Buch ähnlicher Machart, durch den WTG-Präsidenten N. H. Knorr „freigegeben" (Englisch bereits 1946 verbreitet), betitelt „Ausgerüstet für jedes gute Werk". Selbiges setzt die Tendenz fort, den Zeugen Jehovas eine Art „Schmalspur-Theologie-Kurs" zu verpassen. Bezüglich einer Detailkritik zu ihm, siehe auch:

Tendenziöse Talmud-Kritik der WTG

Bemerkenswert in ihm weiter, es wird zwar auf den Umstand eingegangen, es gäbe neben der Bibel auch sogenannte „Apokryphen". Indes sind jene Ausführungen als garantiert zu Bruchstückhaft zu bezeichnen. Der gesamte Komplex etwa der „Neutestamentlichen Apokrypen", in ihr die auch Kirchengeschichtlich relevante „Petrusapokypse" (wesentlich auch für die sich im Christentum dann noch herausbildende Höllenlehre) bleibt auch in diesem Buch unerwähnt. Insoweit ist der WTG zu bescheinigen, ihre „Schularbeiten" keineswegs gemacht zu haben.

Man vergleiche zum Thema auch Forumsarchiv273

Das genannte Buch „Ausgerüstet für jedes gute Werk" inspirierte die WTG noch zu einer anderen, damals neuen, Kreation, über welche der Oktober-"Informator" 1951 berichtet. Danach sollen im Rahmen der sogenannten „Theokratischen Dienstamtschule" nunmehr jede fünfte Woche schriftliche Wiederholungen des zuvor durchgenommenen Stoffes durchgeführt werden. Das alles unter den Rahmenbedingungen, keinerlei Bücher oder sonstige Nachschlagwerke benutzen zu dürfen. Ergo allein auf die eigene Gedächtnisleistung angewiesen zu sein. Die Ergebnisse werden dann eingesammelt, und vom sogenannten „Schuldiener" nach den WTG-Kriterien benotet. Im allgemeinen Schulwesen mag ja solcherlei auch zu gewissen Zeitpunkten nicht unüblich sein. Indes stellt sich schon die Frage, stellt man sich so eine „Religionsgemeinschaft" vor? Oder hat man es nicht eher mit einer ausgefeilten Drückerkolonnen-Schulung zu tun?!

160.000 Exemplare des „Wachtturms" würde die deutsche WTG zu jener Zeit drucken, erfährt man in jener „Informator"-Ausgabe weiter, gekoppelt mit der Animierung, alles daran zu setzen, jene Auflagenzahl auf vielleicht 200.000 Exemplare steigern zu können. Weiter klagt die WTG, der Umsatz ihrer Bücher habe sich nicht in dem Maße, wie von der WTG gewünscht, gesteigert. Daher ihr „Patentrezept". Eine sogenannte „Demonstration" müsse wieder mal her, um eine Animierierung zur Steigerung der Verkaufszahlen erreichen zu können.

Man meint wahrzunehmen: es kann gezeigt werden, daß gewöhnlich eine Minderheit der Verkündiger die meisten Bücher verbreitet (stützt eure Besprechung auf die Überprüfung der Verkündiger-Dienstkarten.)"

Und besagte „Wunderverkäufer" werden dann via Demonstration den anderen „Eseln" vorgeführt nach dem Motto: Seht ihr, so müsst ihr es auch machen.

Da wird man dann doch beispielhaft an eine ähnliche „Drückerschulung" etwa des US-Konzerns „Walmart" erinnert! Parsimony.18372

Als organisatorische Veränderung teilt die November-Ausgabe 1951 des „Informator" mit, ab 1. 12. 1951 werde der Vertrieb des „Wachtturms" für alle Bezieher die ihn nicht direkt durch den ständigen Besuch örtlicher Zeugen Jehovas-Versammlungen erhalten, auf den Vertrieb durch die Post umgestellt. Das mag sich dann als eine Art zweischneidiges Schwert ausgewirkt haben. Einerseits eine Zeitersparnis, andererseits bestand durchaus die Praxis, dass die Zeugen vor Ort, das Austragen der „Wachtturm"-Ausgaben dazu noch nutzten, die Empfänger möglichst weitergehend zu „belabern" um dann gar „Nachbesuche" auf ihren Berichtszetteln vermerken zu können. Das fällt nun durch diese Veränderung flach. Der einzelne ZJ wird damit gezwungen, sich vermehrt der „Neu-Aquierierung" zu widmen.

Erneut wird in dieser „Informator"-Ausgabe die moralische Druckschraube in Sachen Pionierdienst angezogen. Die WTG meint belehren zu können:  „Ein Auto, ein Wohnwagen oder ein fester Wohnsitz sind nicht unbedingt nötig, um im Pionierdienst sein zu können." Denn man könnte leicht ein „Sklaven dieses alten Systems der Dinge werden" wenn man nach diesen Dinge trachten würde. Die Dezember-Ausgabe 1951 des „Informator" legt diesbezüglich noch mit der flapsigen Anmerkung nach: „Sofern es ihm möglich ist, erwirbt ist erwirbt er (der Pionier) ein Auto oder Fahrrad; doch wenn er sich dies nicht leisten kann, so verwendet er das wenige, das er für Dinge, die er im Pionierdienst benutzen kann und gebraucht ihm von Gott verliehene Verkehrsmittel — seine zwei Füße."

Drohend belehrt die Dezember-Ausgabe 1951 des "Informator" weiter: „Denkt daran, daß geweihte Diener Jehovas nicht Verpflichtungen übernehmen sollten, wo ungeweihte Verwandte da sind, die die Bürden tragen können, oder zum mindesten sollten sie nicht mehr als ihren Teil der Bürde tragen. Unser ursprünglicher Bund mit Jehova besteht weiterhin. Wir sind daran gebunden und müssen «Gott mehr gehorchen als Menschen".

In verständlicheres Deutsch übersetzt, fallweise solle man andere Familienangehörige wirtschaftlich erpressen, damit der WTG-Pionierdienst durch Einzelne wenigstens, durchgeführt werden könne!

1951er Rückblick

Informator 1950

Informator 1952

Volle Fahrt voraus - auf das nächste Felsenriff

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