Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Horst Kühn
Wie mich die Wachtturm-Gesellschaft zugrunde richtete
Es ist kein emotionsfreier Bericht. Man wird auch sagen
dürfen, dass sein Verfasser (objektiv gesehen) einige Ecken und Kanten aufwies.
Dennoch: Er hat ein Anrecht seine Geschichte darzustellen. Den WTG-Schönrednern
zum Trotz. Die "Christliche Verantwortung" veröffentlichte ihn ab Juni 1968 in
Fortsetzungen.
Aus der Nazizeit, dem KZ Buchenwald, ist der Bericht über den ZJ
Willi Töllner überliefert:
"Er vertrat offenbar rigoristische Positionen und nutzte seine
Begabungen um sich in den Mittelpunkt zu stellen. Wer ihm diesbezüglich nicht in
allem zu folgen vermochte, der sah sich der Verfemung ausgesetzt. Immerhin hat
er durch sein charismatisches Auftreten auch Außenstehende beeindruckt. [55]
Über ihn schrieb die Zeugen-Leitung: ..." (Geschichte der ZJ S. 385).
Analog ist aus dem Konzentrationslager Wewelsburg der Fall des
dortigen Lagerältesten überliefert, der bedingt durch die Umstände
(überwältigende ZJ-Repräsentanz in jenem Lager) ein Zeuge Jehovas war. Über ihn
wurden gleichfalls massive Vorwürfe laut (im Nachhinein von den "Neunmalklugen")
was er in seiner Position doch alles anders hätte machen sollen.
Horst Kühn, musste 9 lange Jahre in den DDR-Gefängnissen für die
Machenschaften der WTG einsitzen. Dort lernte er die übrige verhaftete
WTG-DDR-Elite kennen. Seine diesbezüglichen Erfahrungen hat er später dann mal
zu Papier gebracht.
Sicher ist Kühn auch als problematisch einzuschätzen. Was immer
man auch als Vorbehalt gegen ihn vorbringen mag, ändert jedoch nichts daran,
dass er als Zeitzeuge es verdient beachtet zu werden. Seine Erfahrungen haben
eine frappierende Ähnlichkeit mit jenen, über die Eingangs im Falle von
Buchenwald und der Wewelsburg gesprochen wurde.
"Meine Herren, Sie meinen wohl ein Jahr". Mit diesem lapidaren
Satz kommentierte Friedrich Adler, anlässlich der Urteilsverkündigung im 1950-er
DDR-Zeugen Jehovas Prozess, sein persönliches Strafurteil, dass für ihn auf
lebenslänglich lautete. Adler brachte damit zum Ausdruck, dass in einem Jahr
"vielleicht" schon das göttliche "Harmagedon" sein könnte.
Horst Kühn lernte jene Wachtower-Koryphäen dann noch persönlich
in den DDR-Gefängnissen kennen.
Er erwies sich auch als kritischer Beobachter der WTG-Politik,
die Jehovas Zeugen in der Ostzone/DDR bekanntlich "gegen die Wand gefahren
hatte". Seinen diesbezüglichen Eindruck kleidete Kühn in die Worte;
"Wir wurden 1950 verboten auf Grund der Machenschaften von der
Leitung. Was tat aber Erich Frost nach dem Verbot in der Waldbühne? Mit lauter
Stimme rief er in die Versammlung: 'Brüder, geht es nicht überirdisch, so geht
es eben unterirdisch!' 'Versammlungsdiener nach vorn!'
Ebenso Ernst Wauer, er forderte uns immer auf, in den
Haus-zu-Haus-Dienst zu gehen. Die meisten weigerten sich, dies zu tun, denn sie
erkannten die Gefahren. Sie selbst gingen ja auch nicht bei uns, sie blieben
schön im Westen. Wauer sagte: 'Wir sind doch immer noch eine Theokratie und
keine Demokratie, bei uns wird von oben nach unten befohlen.'
Einige Brüder sagten, kommt doch bitte mit uns und geht mit gutem
Beispiel voran. Wauer lehnte das ab mit der Begründung: Wir würden doch sofort
verhaftet werden. Sieh an, wir wohl nicht?"
Nur wenige aus der heutigen Bundesrepublik Deutschland,
namentlich solche aus der alten Bundesrepublik, können sich im Detail in die
Verhältnisse in der DDR der 50-er und 60-er Jahre hineinversetzen. Es war doch
so, dass beide deutsche Teilstaaten nach 1945 auf einem vergleichbar niedrigen
Niveau anfangen mussten. Die Schere der wirtschaftlichen Diskrepanz öffnete sich
mit den Jahren zusehends.
Anfangs noch glaubten die Kommunisten das "bessere"
Wirtschaftssystem zu haben. Das Ulbricht-Wort von dem "Überholen ohne Einholen"
war ein Symptom dafür (Es wurde alsbald auch dem Vergessen überantwortet).
Krampfhaft betonte man jene (wenigen) Wirtschaftszweige, wo man glaubte mit dem
Westen noch ebenbürtig zu sein. Einer jener war die optische Industrie in und um
Jena. Sie wurde zum Politikum hochstilisiert.
So mussten beispielsweise bei Käufen von Waren aus diesem
Bereich, auch DDR-Bürger ihren Personalausweis vorlegen, dessen Daten im
Zusammenhang mit dem Kauf akribisch festgehalten wurden. Sie mussten zugleich
einen Revers unterschreiben, diese Gegenstände nicht ins "kapitalistische
Ausland" auszuführen. Muten einem heute solche Bedingungen makaber an - es war
die Wirklichkeit. Diese Details sollte man vielleicht mit berücksichtigen, wenn
man in dem Kühn-Bericht auch den Satz vernimmt:
"Wer gab zum Beispiel dem Bruder aus Weißenberg, den Auftrag,
eine teure Kamera für den Kongreß 1954 zu kaufen? Der Bruder kam nicht zurück,
er ging in Haft. Das Ausbleiben des Bruders löste unter der Dienerschaft eine
Panik aus. Nur wenige wußten den Grund des Ausbleibens. Sind diese Brüder auch
wegen ihres Glaubens inhaftiert Herr Knorr?"
Über den eingangs genannten Friedrich Adler berichtet Kühn dann
noch:
"Im Herbst 1955 ging ich 9 Jahre in die Haftanstalt.
Hier fand ich Gelegenheit, die Elite der Wachtturm-Dienerschaft
besonders gut kennenzulernen. Im besonderen die Diener Friedrich Adler, Willi
Heinicke, Hoffmann, Quandt usw. Es waren die Auserlesenen der WTG-Dienerschaft.
Man lernte hier im Umgang mit diesen Brüdern in der Haft das wahre Wesen und den
wahren Charakter dieser Brüder kennen. ...
Adler war stets bemüht, den 'Boß' zu spielen. Nicht etwa, um
etwas Erleichterung für die Brüder zu organisieren, nein, um auf dumme Art seine
Herrschsucht zu befriedigen, und dadurch ständige Unruhe und Unordnung unter die
Brüder zu bringen. Oft hatte ich deshalb mit Adler kameradschaftliche
Aussprachen. Aber wie die Katze das Mausen nicht lassen kann, so konnte Adler
vom Thron, den er glaubte, noch immer inne zu heben, nicht herabsteigen.
Trotzdem er sich selbst nicht dazu ernennen konnte, maßte er sich
das an. Er fand es z. B. ganz in Ordnung, in der Haftanstalt Diener zu ernennen.
Es war doch glatter Unsinn, in der Haftanstalt Bibelstudiendiener,
Rechnungsdiener usw. zu ernennen. Weshalb in der Haftanstalt einen
Rechnungsdiener zu ernennen, ist unverständlich, da wir ja gar kein Geld hatten.
Waren wir allein unter uns, so genügte es doch, wenn ein Bruder das Studium
leitete, es kamen ja meist nur Tagestexte in Frage.
Mit den Tagestexten war es so, daß diese nur Adler bestimmen
wollte. Hier zeigte Adler seine ganze Größe und Unbelehrbarkeit. Adler legte den
Tagestext fest, schrieb ihn auf einen Zettel 'Kassiber' genannt. Diese Kassiber
wurden dann in der Freistunde in die Hände der Brüder gebracht, was natürlich
streng verboten war."
Nachstehend einige wesentliche Teile des Kühn-Berichtes:
Als ich im Januar 1949
erstmalig mit den Zeugen Jehovas in Berührung kam und ich durch sie die
Botschaft der Bibel hörte, so war dies wie schöne Musik in meinen Ohren. Ich war
damals noch sehr jung, hatte aber bereits ein ereignisreiches Leben hinter mir.
Ich hatte den 2. Weltkrieg persönlich miterlebt, war viermal schwer verwundet
und war in einer Strafkompanie.
Im Winter 1942/43 wurde vom
Kriegsgericht der Antrag: Zum Tode durch Erschießen gestellt. Durch Vermittlung
und Eingreifens des Bataillonskommandeurs wurde der Antrag in eine
Disziplinarstrafe in einer Strafkompanie umgewandelt.
Mein Vater war ein alter
Kommunist, deshalb war ich nicht ganz unwissend über die Probleme der
Menschheit. Ich wußte, daß das Grundübel der Menschheit darin liegt, indem ein
Mensch über den anderen Menschen herrscht.
Die Menschheit muß
organisiert sein, gleich in welcher Form. Es müssen Gesetze sein, die der
Allgemeinheit dienen. Jedoch die persönliche Diktatur eines Menschen über den
anderen Menschen ist ein Unglück für alle, wie es die Nazizeit lehrt.
In meinem Inneren verborgen
war ich gläubig, wie hätte ich sonst auch die Bibel annehmen können? Ein Gott
ein Gesetzgeber, alle, aber auch alle Menschen sind diesem Gesetzgeber
untergeordnet. Auch der Präsident der WTG und seine Dienerschaft. Aber, wie
unchristlich herrschen doch die Diener der WTG nach ihren eigenen Gesetzen! Herr
Knorr, stellst Du Dich unwissend oder glaubst Du Deinen von Dir genannten
Dienern mehr, als den kleinen Brüdern in den Versammlungen? Glaubst Du den
Berichten der Diener oder den Erlebnissen der kleinen Brüder?
Hier mußt Du Dich
entscheiden, Herr Knorr, Wem willst Du in Zukunft Glauben schenken? Du hast ja
auch das Recht, alles selbst zu überprüfen, tue es, ehe es zu spät ist.
Ich selbst studierte nicht
nur die Bibel, nein, ich verschlang sie, um zu wissen, was recht ist. Durch
Selbststudium, anhand der WT-Literatur, las ich Tag und Nacht, Woche um Woche,
Monat um Monat. Ich bat Jehova um Erkenntnis. Jede, aber auch jede
Schriftstelle, die die WT-Literatur anführte, verglich ich mit der Bibel. Dabei
stellte ich fest, daß die zitierten Bibelstellen oft nicht im Einklang standen
mit den Ausführungen der WT-Schreiber. So wurde im Laufe der Zeit die Bibel mein
geistiges Eigentum, nicht der Wachtturm.
Guter Rat aus Erfahrung
Ich möchte Dir, Herr Knorr
und Deinen Dienern im besonderen folgenden guten Rat unterbreiten: Die Masse der
Zeugen Jehovas haben nur den Wachtturm im Kopf, aber nicht die Bibel, weil Ihr
ihnen dazu keine Zeit laßt, selbige zu studieren. Sie berufen sich immer im
Missionsdienst auf den Wachtturm und unterbreiten seine Auslegungen, weil sie
darin geschult sind., Diese Schulung ist falsch, Nathan Knorr, die Bibel ist
unser Lehrbuch, auf die Bibel muß man sich stützen können.
Ein großer Teil der Zeugen
Jehovas verstehen überhaupt nicht mit der Bibel umzugehen. Sie drehen die Bibel
hin und her, einige Schriftstellen können sie auswendig, dann ist es aber aus
und ein gegenüberstehender Bibelkundiger weidet sich an ihrer Unwissenheit. Der
Wachtturm ist eben das Heiligtum für die Masse der Zeugen Jehovas geworden. Die
Bibel tritt total in den Hintergrund.
Mir war die WT-Literatur nur
ein Helfer, mehr nicht. Durch Überprüfen konnte ich Unstimmigkeiten und Irrtümer
erkennen. Ich studierte mit Fleiß, jede freie Zeit nützte ich aus. Ich behielt
mein Wissen nicht für mich, ich gab es weiter, um auch andere anzuregen, prüfet
alles, wie es die Beröer taten. Ich war immer tätig für den Herrn und
bereicherte mein Wissen durch die Schrift. Um es vielen zu unterbreiten, wurde
ich Pionier der WTG.
Pionier sein erfordert einen
Arbeitsplan. Täglich besprach ich mit meiner Frau den Tagesablauf. Meine Frau
und meine Kinder hatten trotz des Pionierdienstes ein ordentliches Familienleben
und es gab da keine Zwistigkeiten. Jetzt traten die lieben Brüder, besonders
die, die ein Dienstamt hatten, auf den Plan. Sie flüsterten meiner Frau ständig
ins Ohr, der Horst handelt falsch. Er verkündet nicht, wie es die WTG-Leitung
wünscht, sondern handelt nach seiner Bibelerkenntnis. Brüder trugen Unfrieden in
meine Ehe, welche bisher harmonisch verlief.
Später hielten mir diese
Brüder vor, welche den Unfrieden in meine Ehe getragen hatten, ich selbst hätte
den Unfrieden hineingetragen. Solche Diener ernennst Du, Herr Knorr. Was nützt
Dein ewiges Gerede, nur reife Brüder als Diener zu ernennen, Du handelst aber
ganz anders indem Du Säuglinge ernennst. Hier siehst Du, wie wenig Du Dich auf
Deine Diener verlassen kannst, die Dir die Brüder zur Ernennung vorschlagen. Wie
überprüfst Du die Vorschläge? Anhand der Stundenlisten und des
Literaturverkaufes oder wie sonst? Mein Rat dazu: Handle immer nach biblischen
Anweisungen, die Du ja kennen mußt.
Wie Ausschlüsse
zustandekommen
Der Herbst 1950 kam, das
Verbot der WTG wurde bekanntgemacht Ich stand plötzlich außerhalb der
WTG-Gemeinschaft. Ohne mir davon Mitteilung zu machen, wie es die Ordnung in der
WTG-Gemeinschaft vorschreibt, stand ich plötzlich allein auf weiter Flur. Warum?
Weshalb? Die Frage blieb offen.
Ich lief von einem Bruder
zum anderen Bruder. Auf meine Fragen immer eisiges Schweigen oder sie ließen
sich durch die Frau verleugnen, denn ich sah, daß sie daheim waren. Herr Knorr,
wird in dieser Form jetzt der Gemeinschaftsentzug durchgeführt? Nun höre gut zu,
Nathan Knorr. Durch einen Zufall erfuhr ich, daß ich ein Irrlehrer gewesen sein
soll und es auch noch sei. Ich sei ein falscher Prophet.
Schon vor dem Verbot habe
man den Gemeinschaftsentzug ins Auge gefaßt, das Verbot habe sie daran
gehindert, es durchzuführen. Nun erledigten es die edlen Nachfolger vom früheren
Versammlungsdiener Haas. Haas besaß kein bißchen biblisches Wissen. Er war ein
aufgeblasener Neuling. Er hat bei den Zeugen, in all den Jahren, nichts weiter
gelernt, als sich den Anordnungen der WTG-Leitung zu beugen.
Auf Befragen erklärte er
wisse nichts von einem Ausschluß, gar nichts. Auf Drängen gab er dann zu, daß
ihn ein gewisser Ewald Härtel aufgestachelt habe, zu einem Ausschluß meiner
Person zu schreiten. Jetzt wurden mir auch gewisse Vorkommnisse verständlich.
Herr Haas verwickelte mich des öfteren, wenn er mich auf der Straße traf, in
biblische Gespräche. Die Fragen, die er mir stellte, richtete er am Schluß der
Versammlung an einen älteren Bruder und bat um Beantwortung in der Versammlung.
Der ältere Bruder hieß
Richard Leubner. Der Bruder beantwortete die Fragen genauso als ich sie
beantwortet hatte. Ich ahnte damals nicht die heimtückischen, hinterhältigen
Anschläge des Haas, die ich erst später erfuhr. Herr Knorr, wenn unwissende
Brüder Aufseher sind, müssen sie auf hinterhältige Weise unliebsame Brüder
ausmerzen?
Endlich glückte es mir, den
Nachfolger von Haas zu sprechen. Sein Name war Kretschmar Ich hielt ihm die
unbiblischen Ernennungen der Diener durch die WTG vor und wies auf die
Auswirkungen hin. Die Antwort war: "Wenn der Aufseher weniger über die Bibel
weiß, als die anderen Brüder, so ist das besser." Wahrlich, so ist das besser.
Kretchmar ging ab, Skalau
wurde der Nachfolger. Mit diesem versuchte ich wiederum ins Gespräch zu kommen.
Es war aber gar nichts zu machen, er ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen.
Ich teilte ihm nun brieflich mein Anliegen mit und hielt ihm sein unbiblisches
Handeln vor. jedoch alles war vergebliche Mühe.
Eine Antwort traf aber doch
ein. Ein Bruder aus Bautzen, Gerhard Heller, kam in meine Wohnung. Er wollte
mich überzeugen, daß ich ein Irrlehrer sei. Mit aller Gewalt wollte er mir
einreden, daß Adam eine Auferstehung hat. Adam hatte als vollkommener Mensch das
Gesetz übertreten. Ist denn Jesus Christus auch für Adam gestorben, für einen
wissentlichen Sünder, oder nur für Adams Nachkommenschaft??
Hier stimmt doch etwas
nicht, Gerhard Heller. Kurze Zeit darauf brachte der WT dazu einen Artikel,
welcher mit meinen Auffassungen im wesentlichen übereinstimmte. Gerhard Heller
blieb aber nach wie vor bei seiner Auffassung, trotz der WT-Aufklärung.
Haben die Diener der WTG das
Recht, eigene Meinungen zu vertreten, die Verkünder aber müssen das annehmen,
was der WT lehrt? Herr Knorr, wo ist da die viel gepriesene Einigkeit in Deiner
Organisation? Wenn Verkündiger anders lehren, als es der WT gebietet, werden sie
ausgeschlossen, die Diener aber haben diese Freiheit zu lehren, wie sie es
verstehen, zu lehren? Herr Knorr, gib Auskunft darüber!
Hinterhältig war der
Gemeinschaftsentzug bei mir. Es fehlte nicht nur die biblische Grundlage,
sondern man handelte dabei auch nicht nach den Satzungen der WTG. Diese wurden
überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Mein Verbrechen bestand darin, daß ich die
Bibel in Reinheit lehrte, oder daß ich der Bibel mehr glaubte als dem Wachtturm
Dazu kommt noch die Lieblosigkeit der Diener, ihr arrogantes Auftreten bei
Gesprächen, welche aufklärend und verstehend geführt werden sollten. So war
jeder Einspruch gegen den ungerechten Ausschluß vergeblich.
Ich suchte nach einem Weg,
wie ich wieder in die Organisation gelangen könne. Es gab da nur eine
Möglichkeit, und das ist Hinterhältigkeit und Vorspielen falscher Tatsachen Die
Brüder hatten sich ja nicht geändert, es waren dieselben Brüder, welche im
Herbst 1950 den Ausschluß bei mir vollzogen. Ich mußte ihnen Theater vorspielen,
so wie ich es bei ihnen gelernt hatte.
Ein Bruder gab mir den Rat,
zum Versammlungsdiener zu gehen und ihm meinen Entschluß vorzutragen. So ging
ich zum VD Skalau. Ich trug ihm mein Anliegen vor und bereute meine
Handlungsweise und bat um Aufhebung des Gemeinschaftsentzüges Wie gesagt, es war
die einzige Möglichkeit, anders ging es nicht. So wurde ich nach ca. 2 ½jährigen
Gemeinschaftsentzug im Frühjahr 1953 wieder in ihre Reihen aufgenommen.
Diesen Schritt habe ich
etwas später bitter bereut. Nie wieder würde ich so etwas wiederholen! Meine
Handlungsweise war verkehrt. Jedoch war niemand da, welcher mir einen guten Rat
erteilen konnte und im Glauben, alles werde zum Guten ausgehen, tat ich diesen
Schritt. Jetzt lernte ich noch mehr, als vorher, wie die Eintracht unter Leitung
von arroganten Dienern der WTG in Wirklichkeit sich auswirkt.
Die weiteren Jahre meiner
erneuten Zugehörigkeit bewiesen dies. Es ist einfach nicht möglich, daß ein
ehrlicher, gottesfürchtiger Mensch in diese Gemeinschaft zurückkehren kann, denn
du wirst dort nie mehr froh werden. Mit den Dienern kann man nicht ehrlich und
vernünftig reden, weil ihr Denken und Handeln ungesund ist, beeinflußt von den
höheren Dienern von oben. Das Mißtrauen gegen dich wird nie von dir genommen, du
bleibst ein Verfemter auch in der Gemeinschaft. Die kleinste Unstimmigkeit wird
groß aufgezogen und deine alten, vergebenen Dinge werden gleich wieder in den
Vordergrund gestellt.
So handelt Deine
Dienerschaft, Herr Knorr. Tritt zurück, Nathan Knorr, andernfalls werden auch
noch die paar ehrlichen Brüder die WTG verlassen und es wird dann noch schlimmer
werden. Du meinst. das wäre eine Verleumdung, nein, Herr Knorr, es sind
Tatsachen. Sieh die Tränen überall, die sich auf Grund dieser geschilderten
Zustände zeigen. Es ist unerträglich für den, den es betrifft.
Daß der Unfriede durch Deine
Diener gesät wird, Herr Knorr, beweist das nun Folgende. Der VD Skala verließ
Zittau. Es wurde plötzlich ruhig um mich her. Die Hetze und Verleumdung
unterblieb. Das Mißtrauen gegen mich wurde dadurch beseitigt und ich wurde 1953
Aufseher in Zittau.
Meine erste Arbeit bestand
darin, daß ich alle unschuldig, hinter dem Rücken ausgeschlossenen Brüder
aufsuchte Ihre Zahl war grob. Es gelang mir, sie in die Gemeinschaft
zurückzuholen. Friede zog ein in die Gruppe. Die Versammlung wuchs und blühte
und alle waren zufrieden.
Es war aber in Zittau noch
eine zweite Gruppe. In dieser Gruppe herrschte Unfriede und Unzufriedenheit. Der
Versammlungsdiener dieser Gruppe war Helmut Worm. Er war der Unruhestifter dort.
Helmut Worm erdreistete sich, auch in meiner Versammlung Unruhe zu säen. Ich
verbat mir das energisch, aber es half nicht.
Ich war gezwungen, an Ernst
Wauer, Berlin, eine Beschwerde zu schreiben. Worm erhielt davon, wie es sich
gehört, eine Abschrift. Ernst Wauer war nach Überprüfung der Sachlage zu dem
Entschluß gekommen, es gibt nur eines, Worm muß abgesetzt werden. Als Worm davon
erfuhr, zog er hinter meinem Rücken alle Register der Verleumdung. Überhaupt
vollzog sich jetzt alles wieder hinter meinem Rücken, man wagte nicht, offen mit
mir zu sprechen.
Ernst Wauer erniedrigte sich
und schenkte der Ohrenbläserei Glauben. Ernst Wauer zeigte damit seine ganze
Größe als oberster Diener.
Wauer war ein Feind der
Bibel, ich kann diese Behauptung mit ruhigem Gewissen aufstellen. Ich bin auch
gewillt, den Beweis dafür anzutreten. Das ganze Bethel in Berlin wußte dieses,
nur Herr Knorr nicht, ihm wurde es verschwiegen, weil Wauer ein höriger Diener
war. Auch wußte Herr Knorr nichts von dem Sündenregister des Dieners Worm in
Zittau. Helmut Worm war und ist ein Krebsgeschwür in unserem Ort. Er handelte
wie es ihm beliebte
Zum Beispiel verbot er den
Brüdern, daß sie sich mit Schwestern zwecks Eheanbahnung trafen. Den Eheleuten
verbot er, Kinder zu zeugen. Er selbst habe die Ehebetten auseinander gestellt.
Heute hat er aber selbst zwei Kinder. Man ändert sich im Laufe der Zeit. Nach
den Zusammenkünften gingen sie stets ohne Gebet auseinander. Worm fühlte sich
wohl als Alleinherrscher in der Gruppe. So versuchte er, in alle persönlichen
Dinge einzudringen und gab dann den Brüdern persönliche Befehle, die sie
einzuhalten hatten.
Alles wollte er bestimmen,
alles wollte er regeln, alles wollte er wissen. Erfolge hatte er aber nur
teilweise. Die Brüder kamen zu mir und ich führte deshalb unzählige Aussprachen
mit Wauer. Bei diesen Aussprachen lernte ich Wauers Charakter gut kennen,
desgleichen auch Worm. Worm flüsterte z. B. Wauer ins Ohr, ich wäre ein
Irrlehrer und anderes mehr. Es begann die alte Geschichte wieder aufzuleben, die
ausgestorben war.
Einmal sagte Worm zu Wauer:
"Paß ja gut auf bei "DEM", ja bei Dem, der hält sich ganz genau an die Bibel und
an die RTO"! Wauer sagte mir dies wieder. Der Hinweis, daß ich mich so genau an
die Bibel halte, war ein Vorwurf für mich von Wauer, deshalb sagte er es mir.
Die Handlungsweise von Wauer erhärtete diesen Vorwurf. Wauer behauptete auch
einmal, ich würde gegen die Brüder arbeiten. Welch eine Rechtsverdrehung. Ich
arbeite gegen die unbiblischen Handlungen und Anmaßungen, im besonderen gegen
den Diener Worm. Ruhe und Frieden will ich haben, mehr nicht.
Wauer schrie mich an: "Wir
werden dich erziehen. Ich werde dich einer Gruppe zum Studium zuteilen, wo eine
Schwester als Diener ernannt ist!" Wauer sagte dies nicht nur, sondern er gab
Anweisung, es durchzuführen Damit wollte man mich demütigen.
Bei einer anderen Aussprache
mit Wauer wegen Worm war plötzlich Thiel zugegen. Ich hatte mit so etwas
gerechnet und brachte auch einen Bruder mit. Das erregte Wauer dermaßen, daß er
ausfällig wurde. Er sagte unter anderem, ich verbiete dir ein für allemal, daß
du unaufgefordert einen Zeugen für unser Gespräch mitbringst.
Ich sagte ihm, nun dasselbe
Recht, was du hast, habe ich auch. Du hast dir Thiel als Gesprächszeugen
mitgebracht und ich diesen Bruder. Du glaubst doch nicht etwa, daß ich rechtlos
bin. Lassen wir es dabei bewenden und beginnen wir mit der Sache Worm.
Ich legte alle Verfehlungen
und Unstimmigkeiten, seine Arroganz und Herrschsucht dar, die ich beweisen
konnte. Am Ende sagte ich, dies alles konnte nur entstehen, weil ihr in der
Dienstabteilung unfähige Brüder zu Dienern ernennt. Du trägst die Verantwortung
dafür und der Präsident Knorr ist der Hauptverantwortliche für die Ernennung Du
und Knorr, ihr seid die Schuldigen in diesem Falle.
Da fing Wauer an zu toben
und wurde sehr ausfällig. Später entschuldigte er sich wegen dieses
Vorkommnisses mit dem Hinweis, er habe keine anderen Brüder. Ich erwiderte, das
ist nicht wahr, wahr ist, daß ihr die fähigen Brüder an die Wand stellt. Die
ehrlichen, fähigen Brüder werden aber von den herrschsüchtigen Brüdern
ausgeschlossen. Ich rede nicht von meinem Fall, es gibt eine Menge Brüder, mit
denen man so verfahren ist. Brüder waren da, Schwestern wurden zu Dienern
ernannt. So ist es in eurer theokratischen Organisation.
Heute weiß ich, weshalb man
so handelte. Die Brüder wurden ganz bewußt ausgeschlossen, respektiv nicht in
ein Dienstamt eingesetz. Warum? Weil sie gewissen Brüdern gefährlich werden
konnten. Sie hatten vieles erlebt und manche Erfahrung gemacht, die mit der
Theokratie nichts zu tun hatte.
Weil sie zu viel wußten und
deshalb nicht in allen Dingen hörige Diener sein konnten, waren sie aber noch
gut genug, um als Verkündiger die Quote der Gruppe zu erfüllen und zu erhöhen.
Taten sie dies auch nicht mehr, dann wurden sie gefährlich und untragbar Die
jungen Brüder dagegen waren Neulinge auf dem Gebiet der Theokratie und ließen
sich leichter führen, weil sie noch keine Enttäuschungen erlebt hatten. Waren
keine neuen Brüder da, nun so nahm man auch Schwestern als Diener in Kauf.
Der Grundsatz war, möglichst
Neulinge einzusetzen, denn in der Illegalität ist mit diesen besser zu arbeiten
als mit den älteren, erfahrenen Brüdern. Wauer sagte einmal zu mir, er nehme
alle Ernennungen mit Gebet vor. Hat das Gebet von Ernst Wauer Wunderwirkung?
Wird dadurch ein unfähiger Bruder plötzlich zu einem fähigen Bruder? Ernst Wauer,
du solltest aus Erfahrung eigentlich gelernt haben und nicht solche absurde
Entschuldigungen bringen.
Gereifte Brüder handeln
anders. Aber so ist es von oben bis unten, keiner ist da, welcher Verständnis
für Gewissenskonflikte und offensichtliche unbiblische Lehren und Handlungen
aufbringt. Die Tatsachen beweisen dies. Männer mit biblischen Grundsätzen
gehören ins Bethel. Bringt doch endlich, die Ihr Euch immer auf die Bibel
beruft, biblische Grundsätze in die Organisation, den urchristlichen Zustand.
Herr Knorr, rede und
schreibe nicht so viel von biblischen Grundsätzen, sondern handle nach
biblischen Grundsätzen. Setze fähige Brüder ein, die auch Bruderliebe als
Grundsatz annehmen und bemüht sind, die Bruderliebe in den Vordergrund zu
stellen. Jedoch nicht nur die Liebe zu den höheren Brüdern, sondern am stärksten
und offensichtlichsten zu dem geringsten Bruder. Handle so, Herr Knorr, dann
wird sich endlich das Grundübel, die Lieblosigkeit in der WTG, beseitigen lassen
Zur Zeit werden die Handlungen und Lieblosigkeiten der von Euch ernannten Diener
von Jahr zu Jahr schlechter und unbarmherziger.
Dein Brief vom Vorjahr an
die höheren Diener der WTG zeigt, daß Du, Herr Knorr, einiges weißt, aber Deine
Aufforderung wird im Sande verlaufen, weil in Deinen Dienern die Liebe längst
erkaltet ist. Sieh Dich nur um, Nathan Knorr, wie Deine, von Euch so gelobte
Organisation unter Eurer Diktatur seufzt, zum Schaden aller.
Meine Leiden steigern sich
Im Herbst 1954 hatte es der
Diener Worm mit Hilfe von Herrn Wauer endlich geschafft, mich kalt zu stellen.
Wie erfolgte aber der Ausschluß? Bei der Aussprache wurde Worm auf die evtl.
Folgen seiner Aussagen hingewiesen. Wir wußten es, das Worm nicht in allen
Dingen die Wahrheit sagte. Die Beteiligten sagten ihm, auf Lüge steht unter
Umständen der Tod. Trotzdem blieb Worm bei seiner Aussage.
Ich verlangte eine
Zeugengegenüberstellung, Wauer lehnte dies ab. Wauer lehnte damit nicht nur
meine Forderung ab, sondern setzte gleichzeitig einen biblischen Grundsatz außer
Kraft. (Matth. 5:22, 18:15-17). Auf Grund der immerwährenden üblen Nachreden und
Verleumdungen, hatte ich wohl ein Recht darauf, das sie vom Dienstleiter der
Gesellschaft absolut bereinigt wurde. Geschieht dies nicht, wie könnte ich da
jemals jemand bewegen, in solche Organisation einzutreten? Das wäre ja wie ein
Verbrechen.
Meine Auffassung nach der
Behandlung meines Falles im Zweigbüro muß ich feststellen, es gibt in der WTG
keine biblischen Grundsätze, keine Gerechtigkeit, keinen Frieden, weil sie die
Bibel nicht als ihr Lehrbuch betrachten. Ein jeder handelt nach Gunst oder
eigenem Ermessen. So sieht die Wirklichkeit aus, Herr Knorr. Deine Diener sind
nicht Helfer, sondern unbarmherzig und kaltblütig, das Schicksal ihrer Brüder
läßt sie kalt.
Kannst Du das, Herr
Präsident verantworten? Ich frage, hast Du Erich Frost und Ernst Wauer damit
beauftragt, Brüder und Schwestern in Haft zu bringen? Wir wurden 1950 verboten
auf Grund der Machenschaften von der Leitung. Was tat aber Erich Frost nach dem
Verbot in der Waldbühne? Mit lauter Stimme rief er in die Versammlung: "Brüder,
geht es nicht überirdisch, so geht es eben unterirdisch!" "Versammlungsdiener
nach vorn!"
Ebenso Ernst Wauer, er
forderte uns immer auf, in den Haus-zu-Haus-Dienst zu gehen. Die meisten
weigerten sich, dies zu tun, denn sie erkannten die Gefahren. Sie selbst gingen
ja auch nicht bei uns, sie blieben schön im Westen. Wauer sagte: "Wir sind doch
immer noch eine Theokratie und keine Demokratie, bei uns wird von oben nach
unten befohlen."
Einige Brüder sagten, kommt
doch bitte mit uns und geht mit gutem Beispiel voran. Wauer lehnte das ab mit
der Begründung: Wir würden doch sofort verhaftet werden. Sieh an, wir wohl
nicht? Solche Brüder sind oberste Diener und vielleicht heute noch im Amt. Herr
Knorr, frage einmal Deine höchsten Diener, was sie zu den damaligen Schiebereien
von Ost nach West oder umgekehrt zu sagen haben?
Wer gab zum Beispiel dem
Bruder aus Weißenberg, den Auftrag, eine teure Kamera für den Kongreß 1954 zu
kaufen? Der Bruder kam nicht zurück, er ging in Haft. Das Ausbleiben des Bruders
löste unter der Dienerschaft eine Panik aus. Nur wenige wußten den Grund des
Ausbleibens. Sind diese Brüder auch wegen ihres Glaubens inhaftiert.
Herr Knorr? Sind
ungesetzliche Handlungen Bestandteile des biblischen Predigtwerkes? Kannst Du,
Nathan Knorr, alle diese Machenschaften Deiner Diener verantworten? Sind diese
nicht die Schuldigen und die armen irrgeführten Brüder mußten dafür leiden? Die
Worte Jesu an die Gesetzeskundigen in Lukas 11:46 treffen auch auf Euch zu (NW).
Erlebnis in der Haft
Im Herbst 1955 ging ich 9
Jahre in die Haftanstalt.
Hier fand ich Gelegenheit,
die Elite der Wachtturm-Dienerschaft besonders gut kennenzulernen. Im besonderen
die Diener Friedrich Adler, Willi Heinicke, Hoffmann, Quandt usw. Es waren die
Auserlesenen der WTG-Dienerschaft Man lernte hier im Umgang mit diesen Brüdern
in der Haft das wahre Wesen und den wahren Charakter dieser Brüder kennen.
Ich fand hier bestätigt, daß
das Grundübel der WTG die unwissenden Brüder als Diener sind, vor allem
unwissend in der Bibel. Heinicke und Hoffmann waren in dieser Unwissenheit
Meister. Heinicke, der der Rechtsabteilung im deutschen Zweig vorstand, war
unmöglich für dieses Amt.
Hoffmann war ein Irrlehrer
gemeinster Art. Er rechnete sich als Überrestglied, war im persönlichen,
täglichen Umgang nicht tragbar, als Diener unmöglich. Jeder andere Häftling war
mir lieber im Umgang als Diener Hoffmann. Hoffmann war von Grund auf untragbar.
Adler war stets bemüht, den
"Boß" zu spielen. Nicht etwa, um etwas Erleichterung für die Brüder zu
organisieren, nein, um auf dumme Art seine Herrschsucht zu befriedigen, und
dadurch ständige Unruhe und Unordnung unter die Brüder zu bringen. Oft hatte ich
deshalb mit Adler kameradschaftliche Aussprachen. Aber wie die Katze das Mausen
nicht lassen kann, so konnte Adler vom Thron, den er glaubte, noch immer inne zu
heben, nicht herabsteigen. Trotzdem er sich selbst nicht dazu ernennen konnte,
maßte er sich das an.
Er fand es z. B. ganz in
Ordnung, in der Haftanstalt Diener zu ernennen. Es war doch glatter Unsinn, in
der Haftanstalt Bibelstudiendiener, Rechnungsdiener usw. zu ernennen. Weshalb in
der Haftanstalt einen Rechnungsdiener zu ernennen, ist unverständlich, da wir ja
gar kein Geld hatten Waren wir allein unter uns, so genügte es doch, wenn ein
Bruder das Studium leitete, es kamen ja meist nur Tagestexte in Frage.
Mit den Tagestexten war es
so, daß diese nur Adler bestimmen wollte. Hier zeigte Adler seine ganze Größe
und Unbelehrbarkeit. Adler legte den Tagestext fest, schrieb ihn auf einen
Zettel "Kassiber" genannt. Diese Kassiber wurden dann in der Freistunde in die
Hände der Brüder gebracht, was natürlich streng verboten war.
Als ich nach Brandenburg
kam, verbat ich mir diese Kassiberschieberei ganz energisch, da sie für jeden
eine Gefahr war. Ich frug Adler, ob er glaube, daß die anderen Brüder nicht aus
ihren Erinnerungen zu schöpfen vermögen, ist das nicht Überheblichkeit von Dir
und gleichzeitig eine Gefahr für den einzelnen? Es ist doch besser, wenn jede
Zelle sich ihren eigenen Text macht, denn die anderen Brüder haben ja
schließlich auch noch so einiges behalten, nicht nur du. Es würde da auch die
Gefahr der Bestrafung aufhören und es wäre Ruhe.
Nein. Adler war da nicht mit
einverstanden, sein Herrenstandpunkt ließ das nicht zu, er war der oberste
Diener, die anderen mußten gehorchen, auch, wenn es für sie gefährlich war.
Solche Brüder waren im Bethel. Was mögen sie da alles zum Schaden ihrer Brüder
in leitender Stellung im Bethel angestellt haben? Dort war ja niemand, der ihnen
widersprach.
Bei dieser Gelegenheit hielt
ich Adler auch seine, in der Vergangenheit durchgeführten Gemeinschaftsentzüge
vor, die mir bekannt waren. Ich sagte ihm, daß er hier falsch gehandelt habe und
ob er da keine Gewissenkonflikte verspüre. Seine Handlungsweise sei ja, nach den
Lehren der WTG, einem Mord gleichzustellen. Adler rührte sein Gewissen nicht, er
war lustig und fidel.
Frost, Adler Wauer alle
waren sie ohne Gewissen. Sie dünkten sich weise und berufen, über die Brüder zu
entscheiden, als Aufseher in einer "Göttlichen Organisation". Ich klage Euch an,
Euch Aufseher und Führer als Elite in der WTG. Widerlegt meine Darlegungen in
der Öffentlichkeit.
Vieles habe ich in der
Haftzeit mit den Brüdern erlebt. Ich war immer bemüht, die einzelnen vor Schaden
zu bewahren, die vermeidbar waren. Deshalb kam ich des öfteren mit Adlers
Anordnungen in Widerspruch. Adler schickte, wenn möglich, Brüder zu mir, die mir
beibringen sollten, was Adler sagt, das mußt Du befolgen.
Ich antwortete ihnen: Sage
mal Adler von mir, ich tue das, was die Bibel mir gebietet, meinem Nächsten zu
helfen und ihn vor Schaden zu bewahren. Adler hat sich diesem Gesetz genau so
unterzuordnen als ich und wie du. Für mich ist Fritz Adler keine Gottheit, für
mich ist Jehova, Gott, sonst niemand. Ich beuge mich keinen menschlichen
Anordnungen, die gegen Gottes Gesetz handeln.
Es gab in der Haft aber auch
noch andere Brüder, die mit Adler um den Thron wetteiferten. Ein gutes Ohr für
Verleumdungen hatte Adler. Alle persönlichen Dinge der Brüder wollte er regeln.
Aber seine eigenen persönlichen Dinge konnte er nicht regeln. Ich denke hier an
seine Ehe. Seine Frau verstarb im Haß zu ihm.
Oft sagte ich Adler, gut, du
hast die Pflicht in der Eigenschaft als Bruder, gemäß der Bibel einen Bruder auf
dieses oder jenes Falsche hinzuweisen und ihm, wenn möglich, einen Rat zu
erteilen, mehr nicht. Woher nimmst du dir das Recht, dich selbst als leitenden
Bruder zu ernennen und alle anderen sollen dir gehorchen? Ich hätte dann
dasselbe Recht als die ein anderer Bruder ebenfalls und was wäre dann am Ende?
Ein Durcheinander, eine Unordnung, wie sie nicht sein soll.
Schon jetzt ließen sich
Spaltungen erkennen, die ich aufzuhalten versuchte. Ein Herr Busse war ein
solcher Spalter, er zog eine hörige Herde hinter sich her. Herr Hoffmann
wandelte in denselben Fußtapfen. Weil er ein Überrestglied war, nach seiner
Anmaßung, hatten alle seine Anordnungen Rechtskraft, ob biblisch oder
unbiblisch, danach wurde nicht gefragt. Alles war recht, auch wenn es
offensichtlich unbiblisch. war. Er war Überrestglied und vertrat deshalb die WTG.
Wer sich den Anordnungen
dieser Brüder nicht beugte, war gegen die WTG. Ja, der Herr Busse und der Herr
Hoffmann waren vollkommen. Das Blut Christi reichte zur Vergebung der Sünden
nicht aus, der beiden Blut müßte ebenfalls zur Befreiung der Menschheit
vergossen werden. Dies war eine der Hauptlehren dieser beiden Überrestglieder.
Beide waren Versammlungsdiener gewesen Schreibt die Bibel aber nicht vor,
"lehrhaft" soll ein Diener sein?
Blicken wir nochmals zurück
auf die hohen inhaftierten Brüder in der Haftanstalt in Brandenburg. Adler, als
stellvertretender Leiter des Zweigbüros: Lieblos, herrschsüchtig, überheblich
und anmaßend. - Heinicke als Vertreter der Rechtsabteilung im deutschen Zweig:
arrogant, lieblos, bibelunkundig, hochnäsig, voreingenommen. -
Wauer, Leiter der
Dienstabteilung: lieblos, eigenliebig, Spiritist, bibelfeindlich,
Beeinflussungen zugänglich. - Die anderen Brüder, welche ein Dienstamt hatten,
stehen diesen nicht viel nach. Lieblosigkeit ist bei allen wahrnehmbar. Herr
Präsident Knorr, was sagts Du dazu? Ich sage immer wieder, die Dienerschaft der
WTG ist das Grundübel.
Solche Diener bekommen oft
die höchsten Dienstämter, wie es hier ersichtlich ist. Ich habe sie
kennengelernt. Niemand kann sich vorstellen, der es nicht selbst erlebt hat, wie
schwer es ist, mit solchen Dienern in einer Zelle zu sein, dies ist
unerträglich.
Stellt Euch vor, Hoffmann
zum Beispiel betete laut in der Zelle, ich gehöre zu Satans Brut und Jehova
möchte mich davon befreien. Ist dies brüderlich und erbauend für ein
Zusammenleben? Ist das richtig, Herr Knorr. Du kannst auf diese Dienerschaft
stolz sein. Die bescheidenen Brüder welche sich an die Bibel halten und nicht an
den Wachtturm werden hinausgetan und verunglimpft. So sieht die Wirklichkeit in
der WTG aus.
Durch meine Zurechtweisungen
der Brüder und durch das Auflehnen gegen ihre Anmaßungen ergriff man
Gegenmaßnahmen Die unsaubersten Mittel waren hier recht. Hoffmann, welcher als
Überrestglied sich anmaßte, die Gesellschaft zu vertreten, ging zur Offensive
über. Heinicke und Quandt standen ihm zur Seite.
Durch sie wurden unter den
Brüdern in Brandenburg die unmöglichsten Gerüchte über mich verbreitet. Ich sei
ein Irrlehrer, würde die Bibel nicht kennen und nach meinen eigenen Auslegungen
handeln. Überall begegnete man mir mit Widerstand auf Grund der Verleumdung.
Ich ertrug dies nicht mehr
und bat die Anstaltsleitung um Verlegung in eine andere Zelle, aber nicht unter
Zeugen Jehovas. Meiner Bitte wurde entsprochen. Das war nun neuer Anlaß, um die
üble Nachrede gegen mich zu verstärken. Man behauptete, ich hätte
unterschrieben, d. h. mich losgesagt von den Zeugen. Ich sei ein Zinker
(Verräter). Ich würde Blut essen, kurzum, alles, was irgendwie mich in Mißkredit
bringen könnte, wurde angewandt.
Man machte mir das Leben so
schwer als möglich. Unter diesen Umständen muß man doch in Gewissenkonflikte
geraten und seine Gesundheit verlieren, das ist doch unausbleiblich. Jedoch,
dies störte diese Brüder nicht, Hauptsache war, man hatte mich unmöglich gemacht
Außenstehenden war dies unverständlich, daß in einer christlichen Gemeinschaft
soviel Gemeinheit sich verberge. Wer war der Auftraggeber dieses
Verleumdungsfeldzuges? Adler, Adler als oberster Boss, er war der Leiter und
Organisator des Ganzen.
Heinicke, der ehemalige
Leiter der Rechtsabteilung im Bethel, half hierbei unverdrossen mit. Er lehne es
ab, die Bibel zu studieren, sie wäre verboten, sagte er mir. Er glaubte all das,
was der WT schreibt. So kamen durch ihn die unmöglichsten Gerüchte in Umlauf,
was der WT jetzt alles schreibe. Man wartete auf eine Nachricht im WT, daß die
Befreiung nahe sei, diese Welt sei am Ende. Es kam aber nicht. Der WT war nicht
in der Lage, hierzu eine Hoffnung zu geben.
In den Jahren nach 1955 seit
meiner Verhaftung hatte sich auch in meinem persönlichen Leben so manches
geändert Meine Ehe, welche ich am 11. 12. 1943 geschlossen hatte, war zerrüttet
in meine Abwesenheit. Einige Brüder tragen daran schuld, wie ich ja schon
schilderte, als ich als Pionier tätig war.
Meine Frau beantragte die
Scheidung auf Grund der zehn Jahre Z., sie meinte, die Wartezeit sei zu lang.
Die Brüder haben ihr das gesagt, daß sie dies als Grund angeben möchte. So wurde
unsere Ehe am 11. 2. 1957 geschieden.
Dadurch wurde mein Leid und
Sorge noch vergrößert, denn ich stand nun allein unter Brüdern, die herz- und
lieblos waren. Es gibt wohl kaum eine Organisation auf Erden, welche so viel
Leid und Sorge über ihre Mitverbundenen bringt. Herr Knorr, wie willst Du dies
verantworten Was hast Du dazu zu sagen als erster Diener in der Organisation?
Was hast Du getan, um diese Leiden zu mildern?
Ohne Zutun der WTG-Leitung
und ohne ihr Wissen trat jetzt plötzlich etwas unerwartet Erfreuliches ein. Der
WT hat es nicht vorher prophezeit, daß das Jahr 1964 uns wieder die Freiheit
brachte. Trotzdem unsere Haftzeit in bezug auf Behandlung und Verpflegung gut
war, waren wir doch froh, wieder frei zu sein. Es war dies eine Maßnahme der
Regierung der DDR, uns Langjährige zu entlassen, was, wie gesagt, sehr
erfreulich war.
Die Entlassungen fanden nach
und nach statt. So kam es, daß ich nicht einer der ersten war, der entlassen
wurde, was sich sehr zu meinem Nachteil auswirkte und meine Leiden auch in der
Freiheit fortsetzte, denn die Brüder waren hier gleich wieder am Werk, meine
Zukunft zu zerstören.
Willi Heinicke wurde einige
Zeit früher entlassen als ich. Er hatte da nun genügend Zeit, in Brandenburg
alles zu meinem Empfang gut vorzubereiten. Ich hatte nach meiner Scheidung mit
einer Schwester in Brandenburg in Briefwechsel gestanden und hatten uns verlobt.
Dies war Heinicke bekannt. Er besuchte sie und gab ihr Verhaltungsregeln, wie
sie sich mir gegenüber verhalten solle, wenn ich dort auftauchen würde.
Als ich freudestrahlend nach
meiner Entlassung dort ankam, verhielt sich meine Verlobte sehr reserviert und
bat, daß sie mit mir ein Bibelstudium halten möchte. Ich war einverstanden Im
Laufe des Gespräches wurde klar, daß ich die Bibel besser kannte als sie
erwartet hatte. Ich kam damals aber nicht auf den Gedanken, das hier ganz
niederträchtige und gemeine Verleumdungen von Heinicke vorlagen. Er hat es
fertig gebracht. meine Verlobte total zu vergiften. Sie war dermaßen
durcheinander gebracht, daß ich es schwer hatte, sie über alles aufzuklären und
daß dies alles Verleumdung sei.
Die niederschmetternden Ereignisse nach meiner Entlassung
Was ich in Brandenburg nach meiner Entlassung erlebte, kann ich unmöglich alles
zu Papier bringen. Es ist so schlimm, das es für solche Gemeinheiten einfach,
keine Worte gibt.
Der Versammlungsdiener war in der Gruppe Brandenburg Erich Schulz. Er war ein
fanatischer, aufgeblasener Diener. Er legte die Grundregeln der Bibel beiseite
und handelte nach seiner Weisheit. Er hörte gern Verleumdungen und nahm sie als
wahr entgegen. Er fragte mich nicht einmal, Horst, gegen Dich wird dies und das
vorgebracht, was hast Du dazu zu sagen?
Nein, das tat er nicht. Er arbeitete mit diesen ihm zugetragenen Verleumdungen,
hinter meinem Rücken gegen mich. Ich hatte ja dieses heimtückische und
hinterhältige Verhalten der Diener in der Organisation schon zur Genüge
kennengelernt. Warum sollte da auch Erich Schulz eine Ausnahme sein?
Die Unwahrheiten von Heinicke waren eben Wahrheit, er saß ja einmal im Bethel
und da kann man auch ruhig einmal die Unwahrheit sagen, ohne daraus Nachteile zu
haben. Holdi Quandt wurde nach mir entlassen. Wir trafen uns auf der Straße und
schüttelten uns in aller Freundschaft die Hände, alles, was einmal zwischen uns
war, schien vergessen zu sein. Kurze Zeit später erfuhr ich, was er alles hinter
meinem Rücken vollbracht hatte. Einen größeren Judas als diesen kann es kaum
geben.
Ich hatte mich mit meiner Verlobten ausgesprochen und wir waren uns einig, am 1.
2. 1964 in Brandenburg zu heiraten. Es wurde alles dazu vorbereitet und der
Hochzeitstag stand in freudiger Erwartung vor der Tür. Aber den lieben Brüdern
gefiel diese Einträchtigkeit und Harmonie zwischen uns beiden gar nicht und sie
führten den letzten Schlag einige Stunden vor dem Gang zum Standesamt.
Meine Verlobte wurde gebeten, schnell nochmal zu Erich Schulz zu kommen, er
hätte etwas mit ihr zu reden. Wir beide nichtsahnend, ging meine Verlobte
erwartungsvoll zu Schulz. Als sie zurückkam, eröffnete sie mir schweren Herzens:
"Horst, ich gehe nicht mit dir zum Standesamt!" Weshalb nicht? "Was man da so
alles von dir hört; du bist auch gegen die Wachtturm-Gesellschaft!" Mehr sagte
sie nicht, es war zu viel auf sie eingeredet worden, ihre Nerven waren hin.
In welch eine Situation hat man mich da gebracht?
Könnt ihr das verstehen, Brüder und Schwestern? Einige Stunden vor dem Gang zum
Standesamt werden alle unsere Hoffnungen von "Glaubensbrüdern", die sogar ein
Dienstamt bekleiden, zerschlagen. Zerschlagen von Dienern, die sich zum Ziel
gesetzt haben, mein Leben zu ruinieren, weil ich nicht in allen Dingen mit ihnen
konform gehe oder aus Haß und Neid. Ist dies christlich gehandelt? Nathan Knorr,
Du kannst stolz sein auf Deine Dienerschaft. Es war die Elite Deiner Diener, die
alles arrangierten, wie soll und kann es da in den unteren Kreisen besser sein?
Herr Knorr, was wirst Du dagegen tun?
Diese Brüder haben mein Glück und Hoffnungen zerschlagen auf gemeine,
raffinierte Weise. Wer war der Rädelsführer des Ganzen? Adler, Adler als der
höchste Boß, damals in Brandenburg, nahm Rache an mir. Ich habe ihm oft seine
gemeinen Handlungsweisen vorgehalten, habe ihm gezeigt, wie man es nicht machen
solle. Aber Adler hatte ja das Recht, alles so zu handhaben, wie er es für
richtig hielt. Bei unseren Aussprachen blieb manches ungeklärt.
Adler sagte, das klären wir mal draußen. Adler war schlauer als ich, er klärte
alles auf seine Art und Weise und brachte mich in weitere große Schwierigkeiten.
Seine Helfer waren: Heinicke, Quandt und Schulz. Adler habe ich brieflich alle
seine verbrecherischen Handlungen mitgeteilt, bekam aber keine Antwort. Sie sind
zu feige sich zu verantworten, ihre Stärke ist, hinter dem Rücken zu arbeiten,
weit vom Schuß. Herr Knorr, so sieht die Wirklichkeit aus.
Daß diese sauberen Brüder tatsächlich unser Glück und alle unsere Hoffnungen
zerschlugen, möchte ich mit einigen Briefauszügen von meiner Verlobten
bekräftigen. Ich habe sie sehr geliebt und fand auch Gegenliebe im gleichen
Maße. Aus späteren Briefen nach der Zerschlagung unseres Glückes: "…wüßtest Du,
wieviele Tränen ich deinetwegen vergossen habe, ja vielleicht ist es Dir eine
kleine Genugtuung, wenn ich Dir schreibe, daß monatelang nach unserer Trennung
fast kein Tag vergangen ist, da ich nicht geweint habe bei den Erinnerungen,
denn ich kam nicht so leicht darüber hinweg, wie ich vorher glaubte. Es erging
mir ganz ähnlich wie Dir nach unserer Trennung . . . ! Ja, Du hast ganz recht,
wir beide hätten glücklich werden können!"
Adler, Heinicke, Ouandt, Schulz und wer sonst noch beteiligt war, das ist euer
Werk! Wer von euch trägt dafür die Verantwortung? Wer dirigierte den
Verleumdungsfeldzug gegen mich? Ihr vier unfähigen und unliebsamen Diener tragt
die Verantwortung und Herr Präsident Knorr sollte dies nun alles bereinigen. Ich
brach fast zusammen unter den Lasten, die mir diese Brüder auferlegten mit ihren
Gemeinheiten. Ich forderte auch Adler auf, meiner damaligen Verlobten zu
schreiben, ihr die Wahrheit mitzuteilen und sich mindestens zu entschuldigen.
Er tat es nicht, er hüllte sich in Schweigen. Adler muß eben Adler bleiben. Du
trägst zwei Gesichter, Adler, fromm und scheinheilig. Da Du Dich nicht meldest,
sollen alle erfahren, wer Du in Wirklichkeit bist. Lange genug habe ich
gewartet. Mit der Zerstörung meiner angehenden Ehe in Brandenburg ist diese
Tragödie abgeschlossen, aber neue Schwierigkeiten tauchen bereits wieder
anderorts auf.
Meine weiteren Erlebnisse in Zittau
Brandenburg mußte ich nun notgedrungen verlassen nach all den trüben
Erlebnissen. Ich lag buchstäblich auf der Straße, hatte kein Heim mehr, war ein
Verfemter. Ich kehrte nach Zittau zurück und hoffte, dort wieder ein geordnetes
Leben führen zu können in aller Ruhe und Bescheidenheit. Weit gefehlt, kaum war
ich dort angekommen, begann der Hexensabbath von neuem.
In Zittau wurde ich von einem gewissen Augustin von der Organisation empfangen.
Er sagte sinngemäß zu mir: Bei dir hat ja früher des öfteren nicht alles
gestimmt und wir hatten viel Arbeit mit dir. Ich rate dir, beginne ein neues
Leben. Arbeitsscheu bist du auch, siehe zu, daß du sofort eine Arbeit aufnimmst
und in geordnete Verhältnisse kommst.
Diese Vorwürfe waren alle unberechtigt und entbehrten jeder Grundlage. Ich war
ein angelernter Schmied. Zu der Zeit, als dieses Gespräch geführt wurde, war ich
frisch amputiert. Ich habe im Krieg den linken Arm verloren. Ich habe im
Pferdelazarett und als Nachtwächter gearbeitet. Ich scheute keine Arbeit, die
ich irgendwie verrichten konnte und dieser noch persönlich nicht kennender
Diener nennt mich ein arbeitsscheues Element.
Habe auch als Maler mit einem Arm gearbeitet. Heute arbeite ich als
Fensterputzer mit einem Arm. Als ich damals als Schmied arbeitete, staunten alle
über meine Arbeitsleistung mit einem Arm. Dieser Empfang beim VD ließ meinen Mut
gleich wieder sinken, denn ich sah, daß schon alles wieder vorbereitet war gegen
mich.
Über diesen Empfang beschwerte ich mich bei dem Zweigdiener Franke in Wiesbaden.
Eine Abschrift davon übergab ich dem VD Augustin. Er meinte, gut, aber diese
Abschrift ist soviel wert, daß sie gerade noch zum Feueranzünden reicht.
Das ist die Antwort eines VD. Die Bibel sagt, wer im voraus antwortet, ohne
gehört zu haben, ist ein Narr. Spr. 18:13. Herr Knorr, Narren sind Deine Diener
in Deiner unbiblischen Schar. So fing es an, wie wird es hier enden?
In Zittau lernte ich eine Schwester kennen, die mir gefiel und so blieb es nicht
aus, da auch von der Schwester aus Interesse vorhanden war, daß wir eine
eventuelle Heirat erwogen. Jedoch hatten wir wieder die Meinungen der Brüder
nicht einbezogen. Da kam eines Tages Worm zu mir und verbot mir eine
Eheschließung mit der Schwester, überhaupt jeden weiteren freundschaftlichen
Verkehr. Warum? frug ich. Deine erste Ehe, welche geschieden ist, besteht
trotzdem noch. Meine Antwort:
"Meine Frau ließ sich während meiner Haft scheiden, hat gleich geheiratet und
aus dieser Ehe sind wiederum Kinder hervorgegangen, wie kann da meine Ehe noch
bestehen? Was sind das für Auffassungen unter euch?" Da ich sein Verbot
ablehnte, ging er zu der Schwester. Die Schwester nahm sein Verbot an und so
wurde auch diese Eheanbahnung durch die Brüder zerschlagen.
Worm kam nicht wieder zu mir und teilte mir den Entschluß der Schwester mit. Er
wußte genau, daß ich ihn zur Rechenschaft ziehen wurde. Er hat dort mit falschen
Darlegungen operiert. Er ist ein ganz erbärmlicher Mensch und verleumdet, wo er
kann. Ich habe nichts zu verbergen, habe es auch nicht versucht, das ist nicht
meine Art. Ich weiß, daß ich auch Fehler gemacht habe, habe niemand geschädigt.
Trotzdem entschuldigte ich mich damals bei Worm und Augustin brieflich von
Brandenburg aus.
Nach meiner Entlassung mußte ich zuerst nach Zittau zurück. Durfte aber sofort
nach Brandenburg zurück zu meiner Verlobten. Als ich nach der Zerschlagung
meiner Hochzeit in Brandenburg zurück nach Zittau mußte, traf ich Worm auf dem
Bahnhof. Er bat um Versöhnung, die ich gern gewährte. Nach einiger Zeit erfuhr
ich in Zittau von den Machenschaften Worms. Er war von Haus zu Haus zu den
Brüdern gegangen und hat sie gewarnt, ich sei ein Verräter, deshalb Vorsicht.
So niederträchtig handelte Worm. Bei mir bedankte er sich, daß nach meiner
Verhaftung keine weiteren erfolgten, auf der anderen Seite bezichtigt er mich
des Verrates. Ich suchte ihn in seiner Wohnung auf. Hier sagte er mir wieder,
ich sei kein Verräter, er wisse, wie das immer so in die Wege geleitet wird.
Jedoch sorgte er nicht dafür, das diese Verleumdung unterblieb, es wurde weiter
geredet, ich sei ein Verräter und so lief das Gerücht ungehindert weiter Worm
ist völlig ungeeignet, ein Dienstamt zu haben, da er unehrlich und mit zwei
Zungen redet.
Da ich in Zittau kaum eine Schwester fand, die mir auf Grund der Verleumdungen
noch traute, versuchte ich es außerhalb Zittaus, denn ich wollte wieder ein
ordentliches Heim haben. Ich fand auch eine Schwester. Wir beschlossen zu
heiraten und taten das auch außerhalb Zittaus.
Die Brüder hatten aber durch Beobachtung etwas bemerkt und so wurde meine Frau
zu einem ihr unbekannten Herrn bestellt. Er stellte sich auch nicht vor, sondern
sagte zu meiner Frau: Ob sie denn nicht wisse, daß ich schon des öfteren
versucht hätte, mit Schwestern eine Ehe einzugehen. Wir Brüder bedauern es sehr,
daß wir diese Ehe nicht schon im Werden zerschlagen konnten.
Das war die Einleitung. Nun blieben weitere Belästigungen nicht mehr aus. Meine
Frau wurde nun dauernd von den Brüdern gegen mich aufgeputscht, Lügen wurden ihr
unterbreitet, es wurde alles getan, um die harmonische Ehe zu zerstören. Herr
Worm tauchte auch wieder einmal in Zittau auf und redete mit meiner Frau. Nach
dieser Unterredung verließ mich meine Frau sofort. Ich holte sie zurück. Es ging
dann auch eine gewisse Zeit gut, dann brach auf Grund der Hetze wieder alles
zusammen.
Aufgehetzt und aufgeputscht verließ sie mich dann endgültig Meine mehrmaligen
Aufforderungen, zurückzukehren, fruchteten nicht, sie kam nicht zurück. So kam
es dann zur Scheidung. Oft hatte ich meiner Frau meine Erlebnisse berichtet.
Weil sie so ungeheuerlich und schändlich waren, glaubte sie den Beschönigungen
der Diener mehr als mir, leider. Mir ist es unverständlich, wie meine Frau diese
Befehle der unfähigen Brüder befolgen konnte und ihre Ehe durch sie zerstören
ließ. Sie hörte nicht auf mich.
So wurde durch die Brüder abermals meine vierte Ehe zerstört. Herr Knorr und
Herr Zweigdiener Franke, die ihr die Diener ernennt und bestätigt, wollt ihr
diese Diener in Schutz nehmen? Ist die Ehe nicht heilig? Welche Ursachen habt
ihr, euch in die Ehen eurer Brüder zu stellen, um diese zu zerschlagen und damit
das Leben eurer Brüder zugrunde zu richten? Antworte darauf.
Meine Beschwerde bei dem Herrn Zweigdiener Franke über so viele
Niederträchtigkeit wurde nicht beantwortet. Ein Herr Bär antwortete mit
Verleumdungen gegen mich mit einer Postkarte. Soll dieser Zustand denn immer so
bleiben, soll ich nicht mehr zur Ruhe kommen?
Nach meiner Entlassung am 11. 12. 63 war ich kaum noch ein vollwertiges Mitglied
der WTG. In Brandenburg kurz nach meiner Entlassung, Gemeinschaftsentzug auf
Grund falscher Anschuldigung. Mitgeteilt wurde mir dieses aber nicht. In Zittau
angekommen, begann sofort wieder die Hetze gegen mich. Hinter meinem Rücken
Gemeinschaftsentzug, weshalb weiß ich nicht, bekam keine Mitteilung darüber.
Deshalb erkannte ich diesen Gemeinschaftsentzug auch nicht an.
In meiner Wohnung in Zittau erschien einmal ein Herr von der WTG. Ich sagte ihm,
daß ich unschuldig ausgeschlossen sei und dies nicht anerkenne. Die Antwort: Das
dient zur Erholung! Das war alles.
Es wurde nicht anerkannt, daß ich neun Jahre wegen der Machenschaften der
WTG-Leitung inhaftiert war. Ich hatte meine Schuldigkeit getan und war
abgeschrieben.
Jedoch um meine persönlichen Dinge wie Ehe, darum kümmerten sie sich und waren
besorgt, damit mein Leben zu ruinieren. Was aber eine finanzielle Hilfe
anbetraf, da gehörte ich nicht zur Organisation. Es war aber auch so, daß auch
andere keine finanzielle Hilfe von der Gesellschaft bekamen, höchstens von
Brüdern aus der Gruppe. Außenstehende, die wir als Weltmenschen bezeichneten,
waren barmherzig und unterstützten mich, halfen mir auch weiter. Aber die
WTG-Leitung kann z. B. schöne Autos kaufen von dem Gelde der Brüder, aber einen
durch ihr Verschulden in Not geratenen Bruder zu unterstützen, geht nicht.
Nicht einmal geborgt kann man etwas bekommen Weltmenschen liehen mir großzügig
Geld, um wieder in geordnete Verhältnisse zu kommen. So sieht das in der WTG
unter Leitung des Präsidenten Knorr aus. Es wird Zeit, daß diese Leitung
abtritt, denn gesunden kann die Organisation nur, wenn eine neue Leitung mit
biblischen Grundsätzen an die Spitze kommt, die vor allem auch Liebe zu den
Brüdern im Herzen hat.
Viel hatte ich schon erlebt, aber nach meiner Entlassung brach die Hölle los.
Friedlich Adler, wer hat noch alles Anteil an Deinem Vernichtungswerk gegen
mich? Sei ehrlich und offen, wenn Du noch ein Gewissen hast. Holdi Quandt habe
ich versucht zu finden, ergebnislos. Heinicke habe ich in Leipzig angeschrieben,
ohne Erfolg. Hoffmann in Fürstenwalde, kein Ergebnis. Alle sind zu feige, sich
zu melden, damit ich sie zur Verantwortung ziehen kann, ihre ganze
Erbärmlichkeit mal vor Augen zu halten. Wenn dies alles die Führer einer
"Neuen-Welt-Gesellschaft" sind, dann Herr Knorr "Gute Fahrt"! Für solche "NeueWelt-Gesellschaft"
wird sich niemand einsetzen, sondern ihre Beseitigung fordern.
Meine Forderung an Zweigdiener Franke bestand darin, Überprüfen der Handlungen
und Machenschaften der Diener, die ich namentlich anführte. Absetzung aller
untauglichen lieblosen Diener, welche keinerlei menschliches Mitgefühl haben. -
Es sind Tiere, keine Menschen, solche Diener. Die Antwort auf meine Forderung
war, neue Hetze gegen mich.
Ohne mein Beisein, sprach man ungefähr vier Gemeinschaftsentzüge gegen mich aus,
wovon ich nur hintenherum erfuhr. Diese alle aber erst nach meiner Entlassung.
Wie könnte ich unter solchen Erfahrungen jemals wieder in eine solche
Organisation zurückkehren Dies ist unmöglich. Einmal habe ich den Fehler
gemacht, niemals wieder.
Wie habe ich durch die Handlungsweise der Dienerschaft gelitten? Wieviele Tränen
habe ich geweint. Einen totalen Nervenzusammenbruch erlebte ich durch alle die
Aufregungen, Gewissenskonflikte und Lieblosigkeit, herbeigeführt führt von der
Dienerschaft einer "göttlichen Organisation". Wer gibt mir meine Gesundheit
wieder? Wer will dies alles mal verantworten? Es ist mir unmöglich, alle die
Dinge anzuführen, die an mir und auch noch anderen Brüdern verübt wurden. Von
der viel gepriesenen Theokratie der WTG bliebe nicht einmal ein Schatten, denn
alles ist Schein. Die Tatsachen sehen ganz anders aus, das zeigt allein mein
Fall.
Horst Kühn,
88 Zittau
Geschwister-Scholl-Str. 34
In der Nummer 24 (Mai 1969) der CV wurden zum Fall Horst
Kühn auch zwei Leserbriefe abgedruckt. Da sie in sachlichem Zusammenhang stehen,
seien sie auch hier wiedergegeben:
Aus eingegangenen Briefen
Aus Berlin:
Lesermeinung zum Artikel von Bruder H. Kühn, Zittau:
Ich habe mit Interesse die Artikel von Bruder Horst Kühn, Zittau, "Wie mich die
WTG zugrunde richtete" gelesen. Es sind sehr streitbare Ausführungen, die ich
jedoch in keiner Weise übelnehmen kann. In vielem ist es der Ausdruck eines
gequälten Herzens, scheint mir, das endlich einmal sagen kann, wie ihm zumute
ist.
Etliche meinten, wie kann der Bruder so offen schreiben, wie kann er leitende
Brüder so angreifen. Aber ich begrüße es sehr, daß CV dies veröffentlicht hat.
Selbstverständlich muß man das als persönliche Erfahrungen werten, die durch
viel Leid geprägt sind. Doch es schadet nicht im geringsten, wenn endlich einmal
gezeigt wird, wie es in der Organisation hinter der schönen Kulisse von Harmonie
und Eintracht vielfach aussieht, was es für Schicksale gibt und wie einzelne
Glieder zugrunde gerichtet werden.
Sollen die verantwortlichen Diener endlich aus ihrem blinden Gehorsam nach oben
aufwachen! Sollen sie anfangen, die Organisation kritisch zu betrachten! Ich
möchte denen, die über die Artikel von Bruder Kühn verschnupft sind, die Worte
von Präsident Knorr ins Gedächtnis rufen (CV 13, S. 2): "Es muß die Bereitschaft
da sein, unseren Brüdern gegenüber Liebe zu zeigen, Einfühlungsvermögen und
Hingabe zu haben und willens zu, sein, sich der Probleme, denen sie sich
gegenübersehen anzunehmen. Es muß auch die Bereitschaft da sei sein unseren
Brüdern gegenüber Liebe zu zeigen, Einfühlungsvermögen und Hingabe zu haben und
willens zu, sein, sich der Probleme, denen sie sich gegenübersehen anzunehmen.
Es muß auch die Bereitschaft da sein, sich die Probleme, die in den
verschiedenen Versammlungen existieren, anzuhören!"
Wahrscheinlich gibt es mehr als genug obere Diener, die nicht einmal zum Anhören
bereit sind! Wenn Präsident Knorr schon zu solchen Weisungen gezwungen ist, wie
muß es da in der Praxis erst aussehen! Ich möchte Bruder Kühn für seinen Mut
danken. Ich bin sicher, daß sie in Wiesbaden und Brooklyn peinlich berührt sind
und sehr wohl aufmerken. Sie wissen, daß die einfachen Verkündiger und Diener
unten in der Organisation die Grundlage des Werkes bilden, ohne die sie in den
Zweigbüros und im Hauptbüro auf dem, Trockenen sitzen. Sie wissen auch, daß man
die Füchse fangen muß, solange sie noch klein sind.
Bloß scheint mir das ein Teufelskreis zu sein, weil die Probleme in den
Versammlungen auf die geforderte Kritiklosigkeit gegenüber den Lehren und
Anordnungen des Hauptbüros zurückzuführen sind, und das soll sich ja nicht
ändern.
Aus Amerika:
Danke für CV Nr. 20. Unter den vielen guten Punkten nenne ich die
Bekenntnisse Bruder Kühns als vorzüglich. Die Verfolgung darin bestätigt eine
wunderbare Nebenschau meines Buches "30 Jahre Sklave des WT", worin, wie Du
weißt, die ganzen Verfolgungen dargestellt wurden, die ich selbst erlebt habe.
Aber noch wichtiger, Kühns Schilderungen erweckten in mir Erinnerungen, die ich
schon fast vergessen habe, nämlich meine eigenen Schandtaten als Religionsdiener
der WTG in fünf amerikanischen Staaten. Ich war der Galgenmann (Henker) für den
Präsidenten Richter Rutherford, aber dann auch noch für Präsident Knorr. Wir
verfolgten arme Zeugen Jehovas und überlieferten verschiedene in Irrenanstalten,
soweit trieben wir es. Ja, sogar soweit gingen wir, daß wir etliche so in
Verwirrung und Unsicherheit brachten, daß sie zum Selbstmord getrieben wurden,
da sie keinen anderen Ausweg mehr fanden.
Während ich die Briefe Kühns las, kam eine Nachricht in unser Büro von einer
Zeugenfamilie, die man drei Jahre lang verfolgt hatte. Sie wollten mein Buch "30
Jahre Sklave des WT" lesen. Man warnte sie und verbot ihnen, ja nicht Schnells
Buch zu lesen, sonst würde man noch schärfere Maßnahmen gegen sie ergreifen.
Ihre Lage würde sich, wenn sie den Rat nicht befolgten, nur noch verschlimmern.
Da sie nun als Außenseiter galten, wurden sie beobachtet und verfolgt.
Diesen Zustand ertrug man drei Jahre lang, dann wurde es unerträglich und man
entschloß sich, nun das Buch von Schnell in der Buchhandlung zu kaufen, um
endlich zu wissen, was da drin steht über die WTG. Mit Neugier und Eifer las man
Kapitel um Kapitel und die Blindheit fiel wie Schuppen von ihren Augen. Man
erkannte, daß die Wachtturm-Gesellschaft nicht das war, für das sie sich
ausgibt, sie besitzt keinerlei Macht, den einzelnen zu retten, ihr Gebaren ist
wie das eines Strohmannes ohne Kraft.
Sie ist gezwungen, die Glieder in Furcht zu halten, damit sie (die Führung) im
Trüben fischen kann.
Die Harmagedonfurcht wich nun von ihnen und sie erkannten die Methoden der
Gesellschaft. Sie sagten sich nun endgültig los, kehrten der Organisation den
Rücken und wollten nichts mehr mit ihr zu tun haben. Sie begannen nun, die Bibel
ohne Wachtturrnhilfe zu lesen und fanden Anschluß an eine andere christliche
Gemeinde. Heute, nach sechs Monaten, sind sie frei von allen WT-Irrlehren und
haben den Frieden Gottes im Herzen, und keine Furcht mehr, denn Liebe treibt die
Furcht aus.
Mit christlicher Liebe Bruder Schnell
Exkurs:
In dem im Jahre 2007 erschienenen Buch "Strafjustiz und DDR Unrecht. Dokumentation" Band 5 Teil 2 (S. 963f.) hrsg. von Klaus Marxen, Gerhard Werle, wird für den Sachkenner ersichtlich, auch aus dem Urteilstext gegen Kühn des DDR-Gerichtes aus dem Jahre 1955 zitiert.
Zwar nennen Marxen/Werle seinen Namen nur verkürzt als Horst Kü. aus Zwickau. Gleichwohl ist bemerkenswert, dass seine Haftentlassung sowohl in der CV als auch bei Marxen/Werle auf den 11. 12. 1963 terminiert ist
Danach gehörte der 1922 geborene Kühn seit 1949 als getaufter ‘Zeugen Jehovas’ selbigen an.
"Auf Grund seiner besonderen Aktivität wurde er 1953 von der Zentrale in Westberlin als sogenannter ‘Gruppendiener’ für die illegale Gruppe der ‘Zeugen Jehovas’ in Zittau eingesetzt. In dieser Funktion organisierte und leitete er deren Tätigkeit".
Man meinte ihm seitens der DDR-Justiz vorhalten zu sollen
"Während seiner illegalen Tätigkeit fuhr er selbst ca. 12mal nach Westberlin, wobei er ca. 4000 Stück Hetzschriften am Körper versteckt in die Deutsche Demokratische Republik einschleuste und in Zittau verbreitete. Desweiteren sammelte er die sogenannten ‘Tätigkeitsberichte’ der gesamten Gruppe ein und brachte diese selbst nach der Agentenzentrale in Westberlin..."
Auch das er innerhalb der WTG-Organisation zeitweilig in Ungnade fiel, dieweil nicht Linientreu genug, kann man diesem Bericht entnehmen.