Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Herder-Korrespondenz

Ein Pressekommentar in Sachen KdöR sei noch genannt. In Heft 3/2001 der in katholischen Kreisen, für den dortigen Leserkreis als renommiert geltenden Zeitschrift "Herder Korrespondenz", veröffentlichte der Referent der E(vangelischen) Z(entralstelle) für W(eltanschauungsfragen), einen entsprechenden kommentierenden Bericht.

Sein Votum fällt dergestalt aus, dass er die aus seiner Sicht positiven Aspekte des Karlsruher Urteils einleitend nennt. Es entgeht ihm aber auch nicht, dass damit der "Fisch noch keineswegs gegegessen" ist.

In einem Unterabschnitt spricht er dann aber auch notwendige kritische Akzente an. Etwa wenn er schreibt: "Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ist umstritten. Kritiker und Aussteiger sprechen von einem totalitären System, von gewaltigem seelischen Druck und Herrschaftsmechanismen, die sich mittels Angst und Denunziation durchsetzen."

Die Blutfrage bezeichnet er zurecht als besonders problematischen Aspekt. Das Schwarz-weiss-Weltbild der Zeugen Jehovas wird dargestellt, die hörige Abhängigkeit der Zeugen von ihrer Leitung erwähnt.

Einen Abschnitt seiner Ausführungen überschreibt Fincke mit: "Immer wieder massive Polemik gegen Aussteiger." Dies hier in diesem Kreise näher zu verifizieren, hieße wohl "Eulen nach Athen zu tragen."

Bemerkenswert erscheint mir auch, dass er jenen "Wachtturm" vom 1. April 1991 zitiert, worin die WTG seinerzeit gegen die "ostdeutsche Geistlichkeit" polemisierte; dieweil kirchliche Kreise im 1989-er DDR-Umbruch, durchaus ihren Part mitgespielt hatten (allerdings ohne die Zeugen Jehovas). Letztere haben aber nun die Unverfrorenheit als Trittbrettfahrer von der nachfolgenden Entwicklung partizipieren zu wollen. Die WTG meinte damals den kirchlichen Kreisen ihr eigenes Verhalten als "Vorbild" anpreisen zu sollen. Sie verschweigt dezent aber zugleich, wäre diese Empfehlung befolgt worden, so gäbe es heute noch einen Honecker/Mielke-Staat.

Wie bekannt ist, spielt vorstehende Argumentation in dem nun noch anstehendem Verfahren keine relevante Rolle mehr. Hugh - das Bundesverfassungsgericht hatte gesprochen. Auch Fincke ist sich über diese Sachlage im klaren.

Welche Aspekte meint nun er, angesichts der eingeschränkten Argumentationsbasis noch hervorheben zu können? Nun mir scheint dies kommt im nachfolgenden Zitat durchaus zum Ausdruck. Unter Bezugnahme auf den verfassungsmäßigen Anspruch auf Kindeswohl führt er aus:

"Dieser Abschnitt könnte zur Fußangel für Jehovas Zeugen werden: Wenn Kindern Bluttransfusionen vorenthalten werden, dann können sie den Schutz ihrer körperlichen Unversehrtheit gegen die Ideologie der Zeugen Jehovas einfordern. Der Staat des Grundgesetzes kann also zur Verweigerung von Bluttransfusionen für Minderjährige nicht schweigen. Zu fragen ist auch, ob soziale Strafen wie der bei Jehovas Zeugen weit verbreitete 'Gemeinschaftsentzug' nicht gegen die Menschenwürde verstößt. Hat beispielsweise ein Jugendlicher ein Recht darauf, dass seine Eltern mit ihm reden? Was ist, wenn über ihn dieser 'Gemeinschaftsentzug' verhangen wurde und somit nicht miteinander geredet werden darf? Was ist mit der Würde von Aussteigern, den so genannten 'Abtrünnigen'? … Wenn die Abtrünnigen als Dämonen bezeichnet werden, die Lügen und Gift verbreiten (vgl. Der Wachtturm vom 1. Juli 1994, 11f.), dann muss man sie um jeden Preis meiden. Und genau das ist die Wirklichkeit vieler Zeugen Jehovas-Familien."

Auch Dr. Fincke wagt es nicht, eine Prognose zu stellen, wie die Sache denn letztendlich ausgeht. Auch er registriert gewisse Modifikationen, beispielsweise in der Wehrersatzdienstfrage. Allerdings, zurecht äußert er zugleich auch die Einschätzung:

"Offiziell sagt man jetzt, der einzelne Zeuge Jehovas müsse mit seinem Gewissen klären, welche Entscheidung er trifft. Gleichzeitig wird die Messlatte für die Gewissensentscheidung derart hoch gelegt, dass faktisch der alte Zustand … beibehalten ist."

In der Tat, Kosmetik ist bei den Zeugen Jehovas jetzt angesagt. Das wahre Gesicht dieser Organisation zeigt sich indes im Alltag. Ihn zu verdeutlichen kann und muss die eigentliche Aufgabe sein!

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