Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Willi Bühler

"Korkeiche und Olivenzweig: Vier Jahre als Missionar in Portugal"

Etwas verwundert registriert man, dass Willi Bühler fast überwiegend von "Bibelforschern" redet und die seit 1931 geläufige Bezeichnung Zeugen Jehovas, darin fast nie verwendet. Gleichwohl ist der Kontext eindeutig. Es sind die Zeugen Jehovas gemeint. Diese semantische Ungenauigkeit ist auch aus dem Grunde beanstandbar, dieweil es in Rudimenten nach wie vor Bibelforscher-Gruppen gibt, welche die Wandlungen der Rutherford-Zeit und danach, nicht mitmachten.

Nun ja, da er aber offensichtlich auf die Zeugen Jehovas inhaltlich abstellt, sei es bei diesem ausgedrückten Verwunderung belassen. In der Print-Ausgabe gibt es auch eine Bild-Beilage. Darin ist eigentlich nur ein Bild mit WTG-Hintergrund enthalten. Die Auswahl die er – der Verfasser – damit traf, signalisiert zugleich, was er als besonders Kritikwürdig diesbezüglich ansieht. Dieser Aspekt kommt auch in dem hinzugefügten Bildtitel zum Ausdruck.

 Man erfährt, den 1941 in Österreich geborenen Willi Bühler, hat es noch im Kindesalter, zusammen mit seinen Eltern nach Brasilien verschlagen. Im Jahre 1969 kehrte er nach Deutschland zurück, und etwa ab 1972 begann seine „Zeugen Jehovas-Karriere", die ab etwa dem Jahre 2000 wieder beendet ist.
In den dazwischen liegenden Jahren, wie schon der Buchtitel sagt, war er auch einige Zeit in Portugal.

In Deutschland kam er 1971 erstmals in nähere Berührung mit den Zeugen Jehovas. Schon dieses sollte zugleich auch existenzielle Folgen haben. In seinen Worten. Gemäß seinem Bericht brach er sein Ingenieurstudium ab "denn in der neuen Welt brauchte man keine Ingenieure" und ließ sich im Jahre 1972 als Zeuge Jehovas taufen,

Dann kam der Umstand hinzu, von aktiver Arbeitslosigkeit betroffen zu werden (Tätigkeit bei einer Versicherung)

Nachfolgende Versuche wieder beruflich Fuss fassen zu können, verliefen ebenfalls ungünstig. In dieser für ihn frustrierenden Situation suchte die WTG solche, welche bereit wären in das „Hilfe tut not Gebiet Portugal" umzuziehen. In Portugal war die Ära Salazar zu Ende gegangen. Und gleichwie später beim Zusammenbruch des Ostblockes, witterte die WTG auch in Portugal „Morgenluft" und suchte händeringend solche, welche dem zu entsprechen bereit waren. Vielleicht war auch seine damalige Ehefrau solch ein Katalysator, der jenes „Angebot" in den Bereich der näheren Betrachtung führte. Portugiesische Sprachkenntnisse waren ohnehin aus der Brasilienzeit schon vorhanden. In seinem 38. Lebensjahr liess er sich dann auf das Abenteuer für die WTG ein nach Portugal zu gehen.

Seit 1982 in Portugal ist die anfängliche Aufnahme bei den örtlichen Zeugen Jehovas, überaus freundlich. Nicht „alle Tage" kamen dort Zugereiste aus Deutschland an. Diesem Umstand entsprechend, schwimmt er anfänglich gar auf einer Art „Euphoriewelle". Was die finanziellen Aspekte betrifft, notiert er, das selbige mit Ach und Krach "reichten".

Was die Wohnverhältnisse anbelangt, erwiesen die sich, gemessen am deutschen Standard, als ausgesprochen katastrophal. Aber da galt eben die WTG-Maxime: Es soll möglichst wenig kosten. Zum zunehmendem Problem wurde dies, als sich 1984, so nicht eingeplanter Familienzuwachs einstellte. Nicht eingeplant deshalb auch, weil die finanzielle WTG-Unterstützung, prinzipiell nur an kinderlosen Ehepaaren orientiert ist Eine etwaige Aufstockung im Sinne eines "Kindergeldes", gibt es prinzipiell nicht..

Die Frage des „lieben Geldes" machte sich zunehmend bedrückend bemerkbar, nachdem die Familienzuwachs sich eingestellt hatte. Um eine Lösung zu finden, nahm auch seine Frau eine „Nebenbeschäftigung" an, die man ahnt es schon, in der Fachwelt mit dem Begriff „Strukturvertrieb" beschrieben wird. Auch dabei gab es - man ahnt es schon – ernüchternde Erfahrungen.
Unser Autor schreibt dazu:

„ Dieser leidliche Kampf ums Geld begann sich nun in vermehrtem Maße auch auf unsere Familie auszuwirken, die Folgen: Spannungen, Reibereien, Zank und Unfrieden."

Letztendlich sollten diese finanziellen Engpässe auch das Ende des Portugal-Abenteuers einleiten.

Betrachtet man das „Portugal-Abenteuer" als eine längere Reise, so gilt wohl auch in diesem Fall: Wenn einer eine Reise macht, kann er was erzählen. Wie er noch in Portugal war setzten alsbald schon weitere Ernüchterungen ein (inzwischen hat er er dort bei den Zeugen „Karriere" gemacht), sodass er als „Ältester" auch in ein Ausschlusskomitees berufen wird, welche relativ komplizierte Fälle in auswärtigen Versammlungen lösen soll. Die dabei gesammelten Erfahrungen lehren ihn, dass in der Praxis wohl einiges nicht so ist, wie es in der Theorie sein sollte. Gleichwohl ist bei solchen Fällen Licht und Schatten ziemlich ungleichmäßig verteilt. Eine „Juristenausbildung" hat er und andere, die mit solchen Fällen betraut, selbstredend nicht; obwohl sie durchaus von Vorteil für die jeweiligen Sachverhalte wären. Ohne ausreichende Kompetenz, müssen letztendlich Entscheidungen gefällt werden, bei denen (auch bei ihm) ein fader Beigeschmack, ob der Überforderung, zurückbleibt.

Tragikkomische Dinge erlebte er in seiner Amtszeit im „Ausschlusskomitee" auch. So den Fall, dass der „Kassenwart" einer Zeugen Jehovas-Versammlung, der jahrelang unbeanstandet seine Tätigkeit ausgeübt, plötzlich der Geldunterschlagung bezichtigt wurde. Das monatliche Spendenaufkommen eines Monats war plötzlich nicht mehr auffindbar. Das hatte Folgen. Der Betreffende wurde aller seiner Ämter entsetzt und auch innerhalb der Versammlung machte sich ein Hassklima gegen ihn breit. Namentlich seine Familienangehörigen litten besonders darunter. Aus Angst vor Einbrüchen, hatte der „Kassenwart" die Gepflogenheit, die Gelder in der Wäsche zu verstecken. Offenbar hatte er wohl etwas „zu gut" versteckt. Jedenfalls war das Geld trotz intensivster Suche, nicht mehr auffindbar. Einen Wohnungseinbruch hatte er aber gegenüber der Polizei auch nicht gemeldet. Ergo. Wurde er der Unterschlagung bezichtigt. Zudem dazu verdonnert, den „unterschlagenen" Beitrag – in Raten – selbst aus eigenen Mitteln zurückzuzahlen. Das wäre vielleicht noch das kleinere Übel gewesen. Faktisch war er aber ab jenem Tage zur „Unperson" in der Versammlung degradiert.

Jahre später, wurde aus anderem Grunde jener Wäscheschrank in seine Einzelteile zerlegt. Und siehe da, dass vermisste Geld fand sich jetzt doch noch an. Trotzdem gab es für ihn keine Rehabilitierung. Das Hassklima saß schon zu tief. Seine Familienangehörigen wollten das nicht länger erdulden und bestanden darauf. Ein „auswärtiges Ausschlusskomitee" zu der auch unser Autor gehörte, müsse den Fall erneut untersuchen. Da sie hartnäckig genug waren, kam es schließlich auch dazu. Und diese „Auswärtigen" erst, waren es, die dann die verspätete Rehabilitierung doch noch in die Wege leiteten.

Ein deutscher „Missionar" in Portugal sollte sich noch in anderer Beziehung als „Magnet" erweisen. Dergestalt, dass deutsche Zeugen Jehovas bei Portugal-Urlausbsaufenthalten, unbedingt das Verlangen „verspürten" zur Versammlung wo dieser „Missionar" tätig war, hinzupilgern. Solch ein Besuch, der es sich nicht verkneifen konnte über die „ärmlichen Verhältnisse" laut und vernehmlich die Nase zu rümpfen, sollte noch für einen „Event" der besonderen Art sorgen. Nein, man lies es nicht nur beim „Naserümpfen" bewenden. Man gedachte als „Wohltäter" in die Geschichte einzugehen. Und damit die so „Beschenkten" schon mal einen Vorgeschmack bekämen, hatte man praktischer Weise gleich ein paar Fotos von dem zukünftigen „Geschenk" mitgebracht.

Was sollte es sein? Richtig! Ein „standesgemäßer" Königreichssaal, der selbstredend über das ärmliche Niveau portugiesischer Verhältnisse erhaben war.
Da wussten denn die deutschen Foto-Überbringer zur Erläuterung mitzuteilen. Das sei ehemals eine Zeichenbaracke gewesen, erstellt in Selters, für den Bau der dortigen WTG-Anlage. Die aber sei nun inzwischen abgeschlossen; die Zeichenbaracke werde somit nicht mehr benötigt. Eine andere deutsche Zeugen Jehovas-Gemeinde der jenes Objekt als zukünftiger Königreichssaal zugedacht, hätte inzwischen schon aus eigenen Mitteln einen solchen erstellt. Die überzählige Baracke war somit weiter im Angebot.

Die deutschen Foto-Überbringer wussten noch mehr mitzuteilen. Die Baracke solle in Einzelteile zerlegt und per Schiffsfracht bis nach Lissabon gesandt werden. Die Kosten für diese Schiffsfracht würden die deutschen „Wohltäter" aus ihren Privatmitteln bestreiten.

Da bekamen die zukünftig „Beschenkten" vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zu. Wie man so sagt: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul." Natürlich wäre dann zu Detailabwicklung noch einiger Schriftverkehr mit den deutschen „Wohltätern" vonnöten. Praktischerhalber, da ja kein anderer am Ort deutsch sprach, wurde unser „Missionar" dazu auserkoren.

Nach dem verfliegen der ersten Euphorie stellte sich alsbald heraus. Auch in Portugal gab es Zollbehörden. Die hatten nun das „ungöttliche" Ansinnen einen Zollpreis zu veranschlagen, mit dem man bequem innerhalb Portugals zwei neue Königreichssäle kostenmäßig hätte abdecken können. Die deutschen „Wohltäter" indes wollten – um ihres Nachruhmes willen – aber vorerst doch noch nicht auf ihrem „Ruhm" verzichten. Und so zog sich die groteske Geschichte weiter in die Länge. Zusehends stellte sich dabei auch heraus, dass die „Wohltäter" „zur Zeit" nicht flüssig waren. Schließlich kulminierte dieses „zur Zeit" in der brieflich mitgeteilten Endaussage. Sie hätten eine „Neudisposition" ihrer Finanzen vorgenommen. Und innerhalb dieser „Neudisposition" sei die ursprüngliche Position „Königreichssaal" nunmehr gestrichen. Da stand er nun unser „Missionar" und Schriftführer wie ein „begossener Pudel" da.  Diese und andere Erfahrungen führten dann zum Ende seiner "Zeugenkassiere" im Jahre 2000

Der Verfasser teilt noch weitere Details mit, welche letztendlich den endgültigen „Absprung" von der WTG-Organisation bewirkten. Man sollte sie selbst einmal gelesen haben, was hiermit auch anempfohlen sei!


Zeitweilig (jetzt aber wohl nicht mehr) war der Autor auch mit diesen Texten im Internet vertreten

http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/AlsIchJehovaZeugeWurde"
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/AndereSchafe
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/DerTreueUndVerstaendigeSklave
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/DerMessiasAusDerTaiga
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/DerVerloreneSohn
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/DiePatriarchen
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/Eva
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/HundertvierundvierzigTausend
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/LeitendeKoerperschaft
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/JehovasZeugenWachstum?from=Wiki.Mehrung
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/Neunzehnhundertvierzehn
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/ObrigkeitlicheGewalten
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/StandPunkt
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/Sekten
http://www.wikiwiki.de/newwiki/pmwiki.php/Wiki/ZweitausenddreihundertTage

Teilweise wohl in seinem bei Book on Demand verlegten Buch zusammengefasst. Offenbar hat er wohl (nach meinem Eindruck aus persönlichen Gründen) seinen Verlagsvertrag wieder gekündigt. Sehe ich es richtig, ist es nicht mehr im Programm der erhältlichen Neubücher enthalten.

Einerseits ist das Internet generell mit einer Informationsüberflutung identisch. Insoweit mag das Interesse eines Autors, der für die weiter Zugänglichhaltung seines Buches, bei Book on Demand eine monatliche Gebühr zu bezahlen hat, und demgegenüber eher bescheidene "Umsätze" verzeichnet, nachvollziehbar sein.

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