Ein exemplarisches Beispiel zur DDR-Problematik der Zeugen Jehovas

"Vision von der 'Zeit des Endes'" überschrieb der "Wachtturm" in der Ausgabe vom 1. 9. 1951 seinen Hauptstudienartikel.

Wie üblich wird kräftigst auf dem "Endzeitklavier" herumgehämmert. Das äußert sich dann auch in Aussagen wie zum Beispiel dieser:

"Es wurde eine gewisse Zeit verordnet, in der das vollständige Ende der grossen Nationen, die nun auf Erden herrschen, herbeigeführt werden sollte, und diese Zeit hat im Jahre 1914 n. Chr. begonnen und wird mit der mächtigen Schlacht von Harmagedon enden."

Und um die Euphorie der eigenen Anhängerschaft weiter zu steigern äußert man dann noch:

"Zu leben und Zeuge zu sein, wie das alte System der Dinge mit grossem Geräusch vergeht und neue, bessere Systeme der Dinge eingeführt werden, ist wahrlich erhebend."

Um die "Nähe" der erwarteten Endzeitereignisse noch zu unterstreichen, wird in der gleichen WT-Ausgabe die etliche Jahrhunderte alten Aussagen aus den Bibelbüchern Daniel und Offenbarung über eine Zeitperiode von "dreieinhalb Zeiten" dahingehend interpretiert, das seien dreieinhalb buchstäbliche Jahre, beginnend im Oktober 1914 und endend um den 1. April 1918. Da nun diese "dreieinhalb Zeiten", in WT-Lesart in diesem Jahrhundert sich "erfüllten", kennt die Euphorie der vom WTG-Rauschgift süchtig gemachten, keine Grenzen mehr.

Diese Euphoriestimmung war offenbar dringend vonnöten, was auch in einem Bericht über die Verfolgung der Zeugen Jehovas in Ostdeutschland, in der gleichen WT-Ausgabe deutlich wird. Um solche darin geschilderten Widrigkeiten durchzustehen, dazu ist in der Tat Euphorie vonnöten.

Hass kann eine starke Kraft sein. Das sah man schon um 1950 in Ostdeutschland bei den Kommunisten. Ihr Verhalten war in der Tat von Hass geprägt, da gibt es nichts zu beschönigen.

Nur im Falle der Kommunisten um 1950? Doch wohl nicht. Es lassen sich noch andere Beispiele nennen. Da mussten im 21. Jahrhundert beispielsweise die USA erfahren, dass ihr stolzes Wahrzeichen World Trade Center einem terroristischen Anschlag zum Opfer fiel. Im Nachhinein eskalierte der Kampf der USA bis zu buchstäblichen Kriegen. Sei es in Afghanistan, im Irak und andernorts. Meinten die USA tatsächlicher oder vermuteter Terroristen habhaft geworden zu sein; was machten sie dann? Die steckten sie nicht etwa in Gefängnisse in den USA, mit der Chance für die Opfer sich Rechtsanwälten zu bedienen. Nein, dass ließ der Hass der USA nicht zu. Perfid errichteten sie in ihrem Guantanamo-Stützpunkt auf Kuba eigens Lager dafür ein. Aber was für welche! Vor allem solche, wo die Opfer völlig ohne juristischen Beistand waren, wo allgemeines Völkerrecht und Menschenrecht permanent gebrochen wird.

Das ist ein Ausdruck des Hasses der USA!

Auch die Kommunisten um 1950 waren von den gleichen Hassgefühlen beseelt. Waren für die USA die Terroristen eben vielfach islamischer Abstammung, so waren im Falle der Kommunisten die Terroristen eben die Zeugen Jehovas. Die einen arbeiteten mit buchstäblichen Bomben und Anschlägen. Die anderen eher mit politischer Destabilisierung im Namen der Religion. Im Namen der Religion. Das ist die gemeinsame Basis, die sowohl islamistische Terroristen, als auch politische Destabilisierungsterroristen namens Zeugen Jehovas als gemeinsame Grundlage vereint. Das sollte man nicht vergessen, wenn man die nachfolgenden WT-Ausführungen zum Thema Ostdeutschland liest:

Über die Sekte 'Zeugen Jehovas' verhängten sowjetzonale Gerichte [Ostdeutschland] seit September 1950 insgesamt 1679 Jahre Zuchthaus, wovon 222 Mitglieder betroffen wurden." Dieser empörende Bericht erschien im 'Wiesbadener Kurier', in der Ausgabe vom 23. Februar 1951. Doch enthüllen diese Zahlen gar wenig von den schauerlichen Einzelheiten, die mit diesen Verurteilungen verbunden sind, noch zeigen sie jene äusserste Missachtung des Rechts und der Gerechtigkeit, welche die Gerichte unter Kommunisten-Herrschaft an den Tag legten.

Zuerst brachte eine Welle von Verhaftungen, die durch die kommunistische "Volkspolizei" vorgenommen wurden, Hunderte von Zeugen Jehovas ins Gefängnis. Darauf folgten die berüchtigten "Schauprozesse". Diese gingen gemäss dem Gerichtsverfahren nach kommunistischem Muster vor sich, was bedeutet, dass die Richter und Rechtsanwälte alle unter der absoluten Gewalt des "Staats-Sicherheits- Dienstes" (SSD), der gefürchteten kommunistischen Geheimorganisation stehen, welche jede Abteilung der Regierung in der Ostzone überwacht. Unter diesem System brauchen Richter und Staatsanwälte nicht Fachjuristen zu sein. In der Tat, die meisten von ihnen sind nichts weiter als fanatische Mitglieder der Kommunistischen Partei. Selbst die wenigen Berufsanwälte, die immer noch praktizieren, stehen unter einer solch strengen Kontrolle der SSD, dass ihnen ihre Patente zu irgendeiner Zeit weggenommen werden können, wenn sie den Vorschriften der Partei nicht nachkommen.

Die von der SSD wider Jehovas Zeugen vorgebrachten Anklagen enthalten immer wieder dieselben unmöglichen Lügen, dass die Zeugen amerikanische Spione und Hetzer gegen Frieden und Demokratie seien. Die Angeklagten werden gewöhnlich durch sogenannte "Pflichtverteidiger" vertreten, welche die Tatsachen nicht darzulegen wagen, aus Furcht, sie selbst könnten verhaftet werden. Aussenstehende Zeugen können den Zeugenstand zur Verteidigung der Zeugen Jehovas nicht betreten, ohne große Gefahr zu laufen, sogleich verhaftet zu werden. Die Angeklagten sind zudem überaus benachteiligt, da sie nur sehr beschränkte Freiheit haben, ihre eigene Person zu verteidigen.

Ehe Jehovas Zeugen zur Gerichtsverhandlung geführt werden, werden sie darauf vorbereitet und lange Zeit mürbe gemacht durch Marterung, Hunger, Kälte und die schwersten Drohungen, um sie zu zwingen, vor Gericht das Geständnis abzulegen, dass sie der erhobenen Anklagen schuldig seien. Zum Beispiel sagte Zeuge L., dass er in einer Dunkelzelle gewesen sei und das Tageslicht nach vielen Monaten erst wieder gesehen habe, als er zur Verhandlung herausgebracht wurde. Andere sagten, wie sie der Qual ausgesetzt worden seien, bis acht Stunden im grellen Scheinwerferlicht zu stehen, während welcher Zeit man sie beständig abgefragt habe. All die Zeit, da diese Zeugen im Gefängnis sind und die Verhandlung erwarten, erhalten sie nur ganz wenig Nahrung; ihre tägliche Hungerration besteht aus 150 Gramm Brot früh und abends und etwas dünner, wässeriger Suppe. Wie berichtet wird, sind die Zustände in diesen Kommunisten-Gefängnissen schlimmer als die schlimmsten Nazi-Konzentrationslager. Dies erklärt, warum die Zeugen in solch schrecklichem Körperzustand, oft fast bis zum Skelett abgemagert, zur Verhandlung erscheinen.

Schlagzeilen in einer deutschen Zeitung lauten: "In Stehzellen und Dunkelhaft", "Bibelforscher stehen in kaltem Wasser", "Vierzehn zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt". Unter der Angabe: Berlin, März 1951, lautet eine Meldung: "Seit Beginn der Verfolgung der 'Zeugen Jehovas' im letzten August hat das Justizdepartement der Sowjetzone in vierzehn Fällen auf lebenslängliche Zuchthausstrafe erkannt. Mehr als 1300 Mitglieder sind verhaftet worden. Von dieser Zahl erhielten etwa 250 schwere Gefängnisstrafen.

"Etwa zwei Drittel sind immer noch in Haft. In vielen Fällen wurden die Gefangenen vier Monate lang ohne Unterbrechung in 'Dunkelarrest' gehalten. Andere wurden während 16 Tagen in 'Stehzellen' eingesperrt oder in Kellern an Pfosten angebunden und mussten stundenlang im Wasser stehen, das ihnen bis zur Brust reichte."

Jene, die zu diesen Prozessen anstiften, erleben eine Enttäuschung nach der ändern. Zu Beginn eines solchen Scheinprozesses wird gewöhnlich viel gespottet und gehöhnt, aber bald wird es stiller. Die Anwesenden, selbst die Richter, bekommen Interesse am Zeugnis der Angeklagten und hören aufmerksam zu, während Jehovas Zeugen für Jehovas Königreich und für die Freiheit der Anbetung freudig und kraftvoll Stellung beziehen. Ihre logischen Argumente stellen die Wahrheit in solch klares Licht, dass es für die Richter oft schwer hält, Gründe zu finden, um die Urteile, die gewöhnlich schon festgelegt sind, ehe die Verhandlung beginnt, aufrechtzuerhalten. …

Mit nur wenigen Ausnahmen haben sich alle Zeugen Jehovas offen und furchtlos benommen, indem sie strikt den biblischen Vorbildern treuer Zeugen der Vergangenheit folgten. Gleichwie sich damals Petrus ausdrückte, so gipfelt ihr Zeugnis jetzt in den Worten: "Wir müssen Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als Menschen." …

Nachdem Jehovas Zeugen verurteilt sind, drücken sie in ihren Schlussworten oft rückhaltloses Vertrauen und Zuversicht aus, dass ihr gerechter Lauf durch den höchsten Richter aller, durch Jehova Gott, gerechtfertigt werde. Zuversichtlich rief einer aus: "Wir werden euch überleben, gleichwie wir die Nazi überlebten!" Ein anderer Angeklagter warnte: "Ihr habt mich zu zwölf Jahren verurteilt, Jehova aber wird euch für immer verurteilen!" Unter begeistertem Beifall durch die Zuhörerschaft im Gerichtssaal wies ein anderer Zeuge auf den Titel eines der öffentlichen Vortrage hin, den die Zeugen gehalten hatten, und sagte: "Das Königreich Gottes ist aufgerichtet, und die gerechte Rache von Harmagedon ist nahe — Frau Staatsanwalt, es ist näher, als Sie denken!"

Obwohl es den Angeklagten zur grossen Ermunterung gereichte, wenn Mitzeugen bei diesen Verhandlungen zugegen waren, war es doch nicht immer leicht oder möglich, solchen beizuwohnen. Bisweilen wurde die Öffentlichkeit ganz ausgeschlossen, und bei andern Prozessen wurde nur eine beschränkte und kontrollierte "Öffentlichkeit" zugelassen, wie Berichterstatter für Kommunisten-Zeitungen, Parteimitglieder usw. Diese wurden auf Grund besonderer Ausweise zugelassen, die sie von der kommunistischen Organisation erhalten hatten. Manchmal war der hintere Teil des Gerichtssaales gefüllt mit einer Rotte, die fortgesetzt höhnisch lachte, wenn Jehova Gott oder seine Zeugen erwähnt wurden, da sie die Angeklagten geistig zu bedrücken und zu verwirren suchten.

In einem Prozess wurde verschiedenen Frauen, Zeugen Jehovas, der Zutritt verweigert, weil sie nicht die besonderen von Kommunisten verabfolgten Ausweise hatten. Im Laufe der darauffolgenden Unterhaltung sagten sie der Wache, sie seien Zeugen. "Nun, das ist etwas anderes", erwiderte diese, "wenn ihr Zeugen seid, so kommt herein." Später, als weitere Zeugen kamen, dämmerte es schliesslich dem Gerichtsbeamten, dass sie sich mit dem Wort "Zeugen" als Zeugen Jehovas zu erkennen gegeben hatten.

Während eines Prozesses in Ch. wurde der Gerichtssaal massenweise mit Jehovas Zeugen überflutet. Sie wünschten, bei ihren gefangenen Brüdern zu sein, während diese ihre prüfungsvollen Stunden durchmachten. Der Prozess war aussergewöhnlich, insofern als er zwei Tage dauerte, und dies zufolge der Tatsache, dass der Verteidigungsanwalt einer von den wenigen war, die noch den Mut besassen, gegen jede der falschen Anklagen, welche von den Kommunisten erhoben wurden, zu kämpfen. Im Laufe dieses Prozesses war es den Angeklagten möglich, ein gründliches und eingehendes Zeugnis von der Königreichstätigkeit der Zeugen Jehovas zu geben. Ihre Darlegungen bewegten sich bisweilen völlig nach den Regeln der theokratischen Dienstamtschule. In der Folge entwickelten die Mitzeugen im Gerichtssaal einen solchen Enthusiasmus, dass selbst politische Funktionäre davon erfasst wurden. Wenn sich das Gericht zurückzog, standen Amtspersonen und andere in den Gängen und im Gerichtssaal in Grüppchen um die Zeugen, stellten Fragen und erhielten ein mächtiges Zeugnis über Gottes wunderbares Königreich. Als schliesslich am Schluss des Prozesses die Angeklagten weggeführt wurden, nachdem sie ihr Urteil erhalten hatten, das auf viele Jahre, ja bis auf lebenslängliche Gefängnisstrafe lautete, bildeten die Zeugen unter den Zuschauern beim Ausgang Spalier und sangen theokratische Abschiedslieder. „Es war wie bei einer Kreisversammlung", so tönte es vom Munde aller anwesenden Zeugen!

In all diesen Prozessen lautete der Strafantrag durch den Staatsanwalt auf viele lange Jahre Gefängnis, ja in vielen Fällen selbst auf lebenslängliches Zuchthaus. So kommt es, dass während einer Periode von zwei. Monaten in nur 25 dieser Scheinprozesse 200 Zeugen Jehovas, sowohl Männer wie Frauen, Strafen zugemessen erhielten, die insgesamt nahezu 1700 Jahre ausmachen! Und dies schliesst die vielen Urteile auf lebenslängliche Zuchthausstrafe, die gefällt wurden, noch nicht einmal ein. Auch gibt es gegen diese Urteile tatsächlich keine gerechte, wirkliche Berufung, sondern nur eine formelle Überprüfung durch ein weiteres, politisch beherrschtes und von Dämonen inspiriertes Gericht. Doch was soll man hinsichtlich Gerechtigkeit unter einer gottlosen Totalherrschaft anderes erwarten?

Die folgende Wiedergabe eines Teiles von einem Briefe, der von jemand eingetroffen ist, welcher bei einem dieser gerichtlichen Schauprozesse Augenzeuge war, ist interessant. "Als der Schauprozess in E. stattfand und die Brüder alle zu vielen Jahren Zuchthaus verurteilt waren, wurde ihnen noch gesagt, sie dürften Berufung einlegen. Da stand der erste Bruder auf, und alle schlossen sich an. Er sagte: "Auf Berufung verzichten wir; wir brauchen keine Gnade von Menschen; wir erwarten unsere Gnade von dem höchsten Richter, auf dessen Urteil wir uns heute schon freuen." Unterdessen bildeten die Brüder von E. und Umgebung, die vor dem Gerichtsgebäude und auf den Treppen und in Gängen, auch im Gerichtssaal, waren, Sprechchöre. Es waren mehrere hundert Brüder, die während der zwei Tage der Verhandlung ausgeharrt hatten. Sie riefen: 'Wir wollen uns von unseren Brüdern verabschieden. Gebt uns unsre Brüder heraus!' Dem Gerichtshof blieb nichts anderes übrig, denn die Polizei war schon eingeschritten und hatte auch einige geschlagen. Die Brüder standen wie eine Mauer und wichen nicht, auch wenn man sie alle verhaftet hätte. Die Brüder wurden dann in Polizeibegleitung vor das Gerichtsgebäude gebracht; sie haben sich alle umarmt, einander die Hände geschüttelt, sich gegenseitig ermahnt, auszuharren auf der Seite des grossen Königs bis zum endgültigen Siege, denn die Zeit ist näher, als wir denken. Dieses alles unter den Augen der Polizei, der Bevölkerung von E. und der Glieder des Gerichtshofes, die vom Fenster aus zuschauten. …

Ein weiterer sehr interessanter Brief lautet: "Als ich im Justizgefängnis bezüglich meines Mannes verhandelte, kam ein Polizist, der uns gut gesonnen war und sagte: 'Heute ist der Termin einer Verhandlung der Zeugen Jehovas, vielleicht ist Ihr Mann mit dabei?' Er brachte mich von hinten in den Gerichtssaal, denn von vorn kommen nur die herein, die einen Justizausweis vom Staatsanwalt haben, und den bekommen Jehovas Zeugen nicht, sondern nur jene, die Gegenstellung einnehmen; und das nennt man ,Schauprozess'!

"Es waren sieben Brüder vom Bethel, die man zu acht bis zehn Jahren Zuchthaus verurteilte. Als sie in den Saal hineingeführt wurden, erhielt ich einen entsetzlichen Schock, obwohl ich sonst viel ertragen kann. Sie waren alle gefesselt und von Hunden begleitet wie furchtbare Schwerverbrecher; furchtbar heruntergekommen waren sie; doch aus ihren mageren, blassen Gesichtern funkelten leuchtende, strahlende Augen. Ihre Erscheinung zeigte, dass sie Unendliches durchgemacht haben müssen. Zehn Stunden dauerte die Verhandlung. Aber diese Standhaftigkeit und Treue der Brüder, dieses Zeugnis — einfach herrlich! Aber auch diese Lügen und Ungerechtigkeiten der anderen schreien zum Himmel. So etwas hat die Welt noch nicht erlebt.

"Als man die Brüder herausführte, stellte ich mich in den Gang, um sie noch einmal zu sehen. Der eine sagte: 'Sei mutig und dem Herrn befohlen.'"

Ja, der Staats-Sicherheits-Dienst und die Gerichtsbeamten in der Sowjetzone von Deutschland haben fassungslos auf diese Haltung der Zeugen Jehovas geblickt. Niemals zuvor haben sie solches erlebt. Alle ihre sogenannten "ausprobierten und bewährten Methoden", die so erfolgreich gewirkt haben, andere zu veranlassen, eine gebrochene, reuige, selbstanklagende Haltung anzunehmen, wenn sie zur Verhandlung geführt wurden, haben sich, wenn an Jehovas Zeugen angewandt, als nutzlos erwiesen. …

Es bietet sich an, auch einen Blick in die nachfolgende Wachtturm-Ausgabe zu tun:

In deren Rubrik „Fragen von Lesern" liest man:

„Wäre es weise, wenn einer von Jehovas Zeugen sagte, er nehme jede Ausgabe des Wachtturms, ehe er ihn öffne, als vom Herrn kommend und als wahr entgegen?

Oder sollte man sagen, er sei vom 'treuen und verständigen Sklaven' bereitet, jedoch wolle man alles darin prüfen, bevor man es annehme?"

Die Antwort des WT darauf fällt denn auch eindeutig aus. Den Zweiflern wird keine Chance eingeräumt. Kraft selbst angemaßter Autorität wird die Prämisse formuliert das „Sprachrohr des himmlischen Vaters" zu sein. Solche Absolutheitsansprüche kennt man auch andernorts. Beispielsweise beim Papsttum. Und faktisch ist die WTG ja auch nichts anderes als eine Neuauflage selbigen, in etwas anderer Verpackung.

Die Kritiker werden denn auch in dieser Antwort mit den Worten abgekanzelt:

„Wenn der himmlische Vater einem Kinde, das ihn um Brot oder um einen Fisch oder um ein Ei bittet, weder einen Stein noch eine Schlange noch einen Skorpion gibt, und wenn 'Der Wachtturm' eine Gabe Jehovas durch Christus ist, die er durch den 'treuen und verständigen Sklaven' darreichen lässt, sollen wir dann jede Ausgabe des Wachtturms so in die Hand nehmen, als ob wir von einem Stein zermalmt oder von einer Schlange gebissen oder von einem Skorpion gestochen würden?"

Wohin denn solche Absolutheitsansprüche führen, kann man auch in dieser WT-Ausgabe beobachten. Widmet sich doch deren Hauptstudienartikel den „1290 und 1335 Tagen der Prophezeiung Daniels".

Auch der WT kommt nicht umhin zu registrieren:

„Es gibt Leute, denen es befremdend vorkommen mag, dass diese 2500 Jahre alten Prophezeiungen sich nun in wenigen kurzen Jahren erfüllen sollen … Einige mögen vorziehen, diese 1260, 1290 und 1335 'Tage' von Daniel 12: 7-12 so zu verstehen, dass sie sich während vieler Jahrhunderte erfüllten."

Das aber will der WT nicht gelten lassen. Er zieht es vor, diese Daten in ein enges Korsett hineingepresst, sich in den Jahren 1918 - 1926 „erfüllen" zu lassen. Da hat man schon ein plastisches Beispiel für die Brechstangenmethode der WTG. Und damit die kritiklos heruntergeschluckt wird, deshalb auch die eingangs genannten Absolutheitsansprüche.

Man vergleiche dazu auch:

Parsimony.9478

Aus der Sicht der WTG machte diese bornierte Hinterhof-Bibelauslegung durchaus einen gewissen Sinn. Er erschließt sich denn auch in Sätzen wir den:

„Im Jahre 1921 veröffentlichte die Watch Tower Bible & Tract Society zum ersten Mal 'Organisations-Anweisungen'. Die Gesellschaft ernannte in jeder Versammlung einen der reifen Brüder zu ihrem Vertreter. Gegen diese Anweisung erhoben viele Einspruch, verliessen die Gesellschaft und gingen weg."

Genau, letzteres war der entscheidende Kardinalpunkt. Russell mit seinen zu Lebzeiten veröffentlichten sechs Bänden „Schriftstudien" war für viele aus diesem Milieu eine Autorität. Dennoch ging ihre Anerkennung seiner Thesen nicht soweit, dass sich ihm all und jeder mit „Haut und Haaren" verschrieb. Dann war das von Russell anvisierte Jahr 1914 vorüber, und die Ernüchterung - durch Vertröstungen kaum kaschiert, setzte ein. Russells Ursprungserwartungen hatten sich nicht erfüllt. Der neue „Papst" namens Rutherford saß indes so fest im Sattel noch nicht. Sein Vertröstungsdatum 1925 war zwar akut. Indes wirklich überzeugt hat es die Alten, die schon länger bei dieser Organisation waren, in keiner Weise.

Das wusste nicht zuletzt Rutherford selbst am besten. Er erkannte. Eine Chance hat er nur dann, gelingt es ihm Neue zu gewinnen. Die Alten konnte er ohnehin mehr oder weniger „abschreiben". Da aber erwies es sich in der Tat als hinderlich, dass es keine festen organisatorischen Strukturen gab. Das zu ändern wurde mit den genannten „Organisations-Anweisungen" unternommen. In den nächsten zwei Jahrzehnten setzte Rutherford diese Linie kontinuierlich fort, bis hin zur planmäßigen Entmachtung von der WTG zu unabhängigen örtlichen „Ältesten". Das bornierte, die Daniel'schen Zahlen sich alle in den Jahren 1918 bis 1926 erfüllen zu lassen (durch Rutherford'sche Proklamationen), machte in diesem Konzept durchaus einen gewissen Sinn. Nicht aber für diejenigen, die sich ein unabhängiges Urteil bewahrten.

Deshalb auch die entschiedene Kampfansage der WTG gegen jede Form von Unabhängigkeit; auch dann, wenn hohe Preise dafür fällig werden.

Bezüglich weiteres zur DDR-Problematik der Zeugen Jehovas; siehe auch die weiteren in der nachfolgenden Linksammlung genannten Links:

Ostdeutschland

Der "Wachtturm" zitiert in seiner Ausgabe vom 1. 5. 1953:

"In seinem 'Book of Martyrs' (Buch der Märtyrer) erklärt Dr. John Fox, warum die Urchristen so heftig verfolgt wurden. Er sagt, die Römer seien dafür bekannt gewesen, daß sie die Leute nicht verfolgten wegen ihrer Religion; dennoch habe fast von Beginn der Verbreitung des Christentums an die Verfolgung begonnen und sei ganz erbarmungslos betrieben worden. Sich auf Dr. Mosheim beziehend, sagt er, dies sei der Haltung zuzuschreiben gewesen, die die Christen an den Tag gelegt hätten. Sie wollten nicht teilhaben an den Religionen des Reiches, an der Ahnenverehrung oder dem Kaiserkult. Im Gegenteil hielten sie sich davon fern und sprachen gegen die Abscheulichkeiten des heidnischen Gottesdienstes … Einige Reichsherrscher gedachten zuerst, das Christentum als einen Teil ihrer privaten Religionen anzunehmen - und sie hatten vieler solcher -; als sie dann aber feststellten, daß das Christentum allein und über den anderen stand und nicht mit anderen Religionen mitmachen wollte, wandten sie sich schnell davon ab und begannen die Verfolgungen. Dr. Fox sagt, dies sei der Grund, weshalb die Verfolgung eingesetzt habe."

Dieses Zitat bringt der WT nicht ohne Bedacht, charakterisiert es doch zugleich auch die eigene Politik, der die WTG folgt. Etliche Zeitzeugen bestätigen das auch. Etwa William Schnell, der in seinem Buch "Dreissig Jahre Sklave des Wachtturms" mit herausarbeitete, dass es Politik der WTG sei, die Zeugen in ihrer Umwelt verhasst zu machen. Selbst der Zeugen Jehovas-Autor Marley Cole zitiert eine Aussage, dass Märtyrertum der "Same der Kirche" sei. Und bestätigt wird das selbst von Leuten wie Raymond Franz, der im Blick auf Malawi und Mexiko eine solche doppelbödige Politik auch konstatiert.

Man weiss: Das Urchristentum blieb nicht immer selbiges. Es pflegte später zu "verweltlichen", und wie es dann soweit war, konnten die handelnden Kirchenfunktionäre es nicht eilig genug haben, mit dem Staat ins Bett zu gehen. Die KdöR-Frage lässt grüßen! Aber es ist blauäugig zu übersehen, dass Religionsgemeinschaften von diesem Strickmuster, zugleich auch eine scharfe Waffe im kalten Krieg sein können. Analysiert man die Konflikte der Zeugen Jehovas sowohl in Hitler- als auch in Ostdeutschland, stellt man sehr schnell fest: Die Verweigerungshaltung ist das entscheidende Element dieser Konflikte. Jene Regime riefen nach "Staatsbürgern" und sie erfuhren nur eines: Die Verweigerung. Im Kontext des von den USA forcierten tatsächlichen kalten Krieges, passte eine solche Konzeption sehr wohl in dieses Szenario hinein. Und auch die WTG ist sich dieses ihres "Marktwertes" sehr wohl bewusst.

In der gleichen zitierten WT-Ausgabe teilt sie dann auch euphorisch mit:

"Schaut euch einmal die Vergangenheit der katholischen, lutherischen und orthodoxen Kirchen von Osteuropa näher an. Sie verfehlen, dem gottlosen Kommunismus standzuhalten. Unter Druck gestellt, sind sie bereit, beim kommunistischen Programm mitzumachen, so daß sie selbst von ihren Kanzeln aus den Kommunismus predigen. Und sie sind bereit, Abkommen zu unterzeichnen, um mit den Kommunisten zusammen zu arbeiten. Sie denken, daß, wenn sie dies nicht täten, ihre Kirchen geschlossen würden, was auch wohl geschehen könnte.

Am 17. August 1952 gab das Staatsdepartment in Washington eine Studie über die Taktiken heraus, durch welche die kommunistischen Regierungen 'die Jugend einfangen und die Kirchen an den Staat ketten in ihrem Feldzug der Unterdrückung der Religion'. 'Dieses Ziel ist in Rumänien, Albanien und Ungarn teilweise erreicht worden', so heißt es darin. 'In der Tschechoslowakei ist in dieser Richtung ein gewisser Fortschritt gemacht worden. In Polen ist die Regierung nicht erfolgreich gewesen …'

Wenn Kirchenorganisationen unter Staatskontrolle gebracht werden, so sagt die Studie, 'kommen die Ernennungen zu kirchlichen Posten, vom höchsten bis zum niedrigsten, vom Staate oder von Organisationen, die vom Staate anerkennt werden'.

'Nur jene Priester, die sich dem Kommunismus gegenüber als loyal oder freundlich erwiesen haben, haben irgendwelche Aussicht, gewählt zu werden. Oft wird der Stoff zu Predigten und Vorträgen vom Staate geliefert und auch die weitere Tätigkeit in Verbindung mit den Kirchgemeindegliedern von ihm bestimmt.'" - 'Post', Boston, vom 18. August 1952.

Wie ganz anders sind wahre christliche Evangeliumsdiener. Jehovas Zeugen sind in Osteuropa in allen kommunistischen Ländern verboten. Sie werden sich nicht vor der Herrschaft von Diktatoren niederbeugen und den Kommunismus als die Hoffnung für das Volk predigen."

Damit das alles im Sinne der kalten Krieg Strategen auch funktioniert, ist eines noch vor allem wichtig. Die Anfüllung der Handelnden mit illusorischem Gedankengut. Genau diese Funktion nimmt die WTG in vielfältiger Weise wahr!

Der McCarthysmus aus der Sicht der WTG

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