Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Erziehungs-Ergebnisbewertungen im Spiegel von Diplomarbeiten und verwandtem

Siehe dazu auch Diplomarbeiten

Anja Vellmer (2010) lässt in ihrem Votum, in Auseinandersetzung mit einschlägigen WTG-Apologeten auch die Wertung mit anklingen:

"Religiöse Konflikte können nicht nur bei den Zeugen Jehovas auftreten, sondern auch bei christlichen Freikirchen, wie der Fall der von den Baptisten oder anderen Christen vorgenommenen Schulverweigerung zeigt. Dies macht deutlich, dass hierbei unerheblich ist, ob es sich um eine Mehrheits- oder Minderheitenreligion handelt. Auch in diesem Punkt ist Hessler ... und Besier entgegen zu treten, die behaupten, die vorurteilsbelastete Diskriminierung der Zeugen Jehovas würde letztlich von den sich vor Konkurrenz fürchtenden Amtskirchen forciert."

Sarah Ruth Pohl (2009) urteilt:

Diese zusammengefassten Ausführungen machen die Hauptkritikpunkte an der Erziehungskonzeption der WTG deutlich: 

Die Erziehungskonzeptionen der WTG orientieren sich nicht in erster Linie am Wohl des Kindes, sondern stehen im Dienst der Glaubensübernahme 
(Glaubensübernahme bedeutet primär die Einordnung in die Wachtturmhierarchie). 
Wesentliche Erkenntnisse der Erziehungswissenschaft und Psychologie zu Erziehungsstil, Autorität, Gottesbild etc. werden nicht berücksichtigt. 
Die WTG instrumentalisiert die Familie, indem sie ihre Gruppenstruktur auf diese überträgt. 
Die WTG erzieht nicht zu Gesellschaftsfähigkeit, sondern fördert ein Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer Gruppierung. 
Die WTG fördert durch exklusivistische Denkstrukturen Intoleranz. 
Die WTG fördert gesellschaftliche Isolation des Kindes durch ihren Monopolanspruch und möchte dem Kind die Erschließung anderer sozialer und geistiger Systeme vorenthalten. 
Im Blick auf die Veröffentlichungen können wir zusammenfassend festhalten, dass es einen direkten Zusammenhang zu Auslassungen in Außendarstellungen und Konfliktpotential bei den ausgelassenen Inhalten gibt. Die WTG lässt in Außendarstellungen bestimmte kritische Themen aus und betreibt durch widersprüchliche Darstellungen gezielte Desinformation.

Zu Frau Pohl siehe auch (2012) Sarah Ruth Pohl EZW-Texte 218

Lydia Haltenberger (2009) fasst zusammen:

„Wer sich vollkommen der Sache der Zeugen Jehovas verschreibt, hat mehr zu verlieren, wenn er die Entdeckung macht, dass bei der Organisation nicht alles zum Besten bestellt ist. Engagierte Zeugen werden also stärkere innere Konflikte erleben, denn sie haben viel investiert und entsprechend auch mehr zu verlieren, wenn sich herausstellt, dass ihre Befürchtungen, die Zeugen könnten falsch liegen, sich bewahrheiten. Wer sich weniger stark eingesetzt hat, wird weniger Probleme haben, wenn er diese Entdeckung macht."

Und weiter:

„Durch eine meist streng autoritäre Erziehung werden zahlreiche Zeugen Jehovas von klein auf dazu angehalten, feindselige Gefühle zu unterdrücken oder zu umzulenken. Wer seine Gefühle auslebt, wird üblicherweise streng zurechtgewiesen und damit gezwungen, die feindseligen Regungen nach innen zu richten. Die Folge sind Depressionen oder sogar verschleierte Aggressionen. Da die Wachtturm-Organisation ihren Mitgliedern nur wenige Möglichkeiten lässt, über deren Aggressionen zu sprechen und mit ihnen umzugehen, werden sie meist nach innen gelenkt und rufen dann unter anderem Depressionen, Schuldgefühle und Nervosität sowie diverse körperliche Beschwerden hervor. Wer sich niemandem ungefährdet anvertrauen kann, behält seine Gefühle für sich, und das verstärkt häufig die Depressionen und kann sogar zu aggressivem Verhalten führen, nicht selten auch zum Einsatz körperlicher Gewalt."

Andreas Kübler (2009) notiert:

"Alles in allem erinnert die Struktur (der Zeugen Jehovas) mehr an ein totalitäres Regime, das auf Überwachung, Abgrenzung und Kontrollmechanismen angewiesen ist, um sein Bestehen zu sichern. Ob man bei einer solchen Struktur überhaupt von einer Religion sprechen kann, ist ebenfalls eine sich aufdrängende Frage, die jedoch in dieser Arbeit nicht geklärt werden kann."

Und weiter:

"Aber die Organisationsstruktur der „Zeugen Jehovas" lässt (dem einzelnen) nur in sehr geringem Maße Freiraum für Persönlichkeitsentwicklung und – da andernfalls das Fortbestehen gefährdet wäre und die sie selbst unangenehme Fragen stellen könnten.

Genau das allerdings ist nicht erwünscht ..."

Aldous Huxley (2008) schreibt:

„Insbesondere für schulpflichtige Kinder ist dieses Verbot (Geburtstagsfeiern) ein erheblicher Leidensfaktor, da solche Überlegungen für sie keine Bedeutung haben, aber von klein auf nach außen vertreten werden müssen. Im Schulalltag bedeutet dies nicht nur, Einladungen zu Geburtstagen auszuschlagen, bereits die Gratulation eines Geburtstagskindes wird als verwerflich angesehen. Insbesondere in der Weihnachtszeit erhöht sich der psychische Druck, da sowohl die Teilnahme an vorweihnachtlichen Bastelaktionen als auch das Vortragen von Liedern und Gedichten mit weihnachtlichem Inhalt als Regelverstoß gilt."

Alfred Seif  (2007) konstatiert unter anderem:

So erzeugt man einen Identitätskonflikt und drängt das Mitglied dazu, mit seiner eigenen Vergangenheit zu brechen und Ideal und Lebensform der Gruppe zu übernehmen, weil nur dadurch die Selbstachtung und somit das psychische Wohlbefinden aufrecht erhalten werden könne. 
Eine Kommunikation mit dem Anhänger bzw. Mitglied, die eine Auseinandersetzung mit Einwänden und Zweifeln erlaubt, ist nicht vorgesehen. Botschaften für die Mitglieder werden  in einfachen Kernsätzen und Vergleichen vorgetragen und lassen sich nicht diskutieren."
 


Bezogen auf die von ihm auch thematísierten Zeugen Jehovas bescheinigt er selbigen. 
"Aggressives Verhalten dürfte eher selten vorkommen, da der Zeuge Jehovas gelernt hat, seine krank machenden Emotionen zu kontrollieren. Bei Aussteigern hat man oft einen „sleeper-Effekt" beobachtet, wobei die angestaute Reaktanz jahrelang gespeichert wurde und nach dem Ausstieg ausgelebt wurde und dabei gerade die vorher verbotenen Dinge exzessiv getan wurden (Kinobesuche, Popmusik hören, Fluchen, Geburtstage und Weihnachten feiern, rauchen ...).

Und weiter Seif.

Unter Bezugnahme auf die einschlägige Studie von Jerry Bergman , zitiert er selbigen auch wie folgt: 
"Wenn Zeugen Jehovas von psychischen Erkrankung in ihren Reihen hören, reagieren sie, wie Bergman beschreibt, meist folgendermaßen: 
Sie leugnen die Fakten, nennen beschwichtigende Gründe, stellen die Motive der beteiligten Wissenschaftler in Frage oder ignorieren das Problem."
 


Bedenkenswert auch der Satz: 
"In Wirklichkeit werden aber viel Zeugen krank, weil sie stark im Glauben sind, zumindest im Glauben an die WTG. Solche Erkrankungen werden oft als Folge der Beeinflussung von Dämonen erklärt." 

Weiter gibt es von diesem Verfasser auch die Beobachtung:

"Kritiker der Zeugen Jehovas sind der Ansicht, dass der einzelne Zeuge in einem unsichtbaren Käfig lebt." 

Wobei für diese Aussage, exemplarisch beispielsweise auf das Buch von Renate Sprung "Gefängnis ohne Mauern" hinzuweisen wäre, dieweil schon im Buchtitel ausgesagt. Allerdings, Herr Seif nennt dieses Buch und vergleichbares, indes nicht. 
Der Verfasser meint aber der WTG bescheinigen zu sollen, dass sie sich bemüht, Zitat:
 
"dass psychische Probleme jeglicher Art oder bestimmte für die eigene Lehre unangenehme Kognitionen erst gar nicht entstehen oder zumindest schnell wieder beseitigt werden können." 

Auch dieses Votum gibt es von ihm noch:

„Die geschilderten psychologischen Prozesse sind dem einzelnen Zeugen Jehovas meistens nicht bewusst und er würde sie, erklärte man sie ihm, entschieden ableugnen. Die meisten von ihnen leben, wohl auch gerade wegen ihres diesbezüglichen Unwissens, in rechter Zufriedenheit – solange sie nicht zu sehr ins Nachdenken oder in Kontakt mit Wissenschaften wie der Psychologie kommen, die ihnen erklären könnten, dass alles was sich in ihnen und ihrer Umgebung abspielt,  n i c h t das Werk Gottes ist."

„Die Illusion der Kontrolle über die Wahrheit und die restliche Welt wird immer wichtiger, je tiefer man sich in das komplexe System dieser Organisation verstrickt. Gegenseitig bestätigt man sich immer wieder , dass man auf dem richtigen Weg sei und diesen Weg weitergehen müsse, egal was geschehe. Dies dient in hohem Maße der Aufrechterhaltung und Hebung des Selbstwertgefühls.

Durch Zufall oder eine persönliche Krise, so die Autoren in ihrer anschaulichen Darstellung des Irrgartens weiter, kommt der Zeuge Jehovas an einem Ausgang vorbei. Aber dort steht ein Kontrollagent in Person eines Wächters, der davor warnt, diesen, der direkt zu Satan führe, zu benutzen. Wagt man es dennoch, den Ausgang zu benutzen, funktioniert der Kompass nicht mehr und man steht vor einem gewaltigen Verlust fast jeglicher Kontrolle mit unabsehbaren Folgen bis zur Depression oder Suizidalität.."

Ursula Neitz  (2004) wählte den Weg von Interviews. Daraus sei beispielsweise dieser Passus zitiert:

"Es war da auch wieder so, dass ich viele Sachen gar nicht mitmachten durfte - damals war ich ja erst 15 als ich mein Lehre anfing. Und zu den Weihnachtsessen der Firma da durfte ich immer nicht mitgehen , das hat den Chef schon geärgert und ich musst mir dann seinen Ärger anhören. Ich würde das Betriebsklima verderben, wenn ich nicht mitmachen würde. Dabei konnte ich doch gar nichts machen, mein Vater hätte mich nie gehen lassen." Ursula Neitz

Boris Maskow  (2002) konstatiert:

Die religiös dualistische Sicht der Zeugen Jehovas zielt auf den Abbruch sozialer Kontakte aus dem als schlecht empfunden Vorleben. Bei Kindern soll es nach Möglichkeit gar nicht erst zum Aufbau solcher Kontakte außerhalb der Glaubensgemeinschaft kommen. Das gesamte soziale Leben spielt sich innerhalb der Gemeinde ab. Diese bezieht auch ihre Informationen wesentlich aus den gesellschaftseigenen Publikationsorganen.

Wichtigster und weitestgreifender Sanktionsmechanismus der Zeugen Jehovas ist deshalb der totale Gemeinschaftsentzug. Diese Kontaktsperre dringt selbst in den familiären Nähebereich und zielt auf Strafisolation. Link hält ihn für weiterreichend, als den großen Kirchenbann des Mittelalters. Er begründet dies mit der umfassenden Strafwirkung: das Mittel der Kontaktsperre wird schon bei vergleichsweise geringfügigen Verstößen auferlegt."

Und weiter derselbe Verfasser:

Darüber hinaus ist aber das auch für Kinder geltende große Maß an Verboten zu berücksichtigen: die zahlreichen Warnungen vor den weltlichen Veranstaltungen führen bei den Kindern von kleinauf dazu, daß sie außerhalb der Religionsgemeinschaft wenig bis gar keine Sozialisierung erfahren. Zwar wird die Entscheidung über die Teilnahme in das Ermessen des Kindes gestellt; mit dem Argument der Zeitverschwendung und Gefährdung wird aber die Entscheidung tendenziell antizipiert, zumal Rücksprache mit den Eltern empfohlen wird. Auch hier zieht dann ein Verstoß gegen Verhaltensmaßstäbe schwere Folgen bis hin zur körperlichen Züchtigung auch von Kleinstkindern nach sich Schon auf die Kinder wird das religiöse Überwachungssystem ausgedehnt, wenn schwere Verfehlungen der Kinder zu melden sind und das elterliche Züchtigungsrecht gleichsam an die Gesellschaft abgetreten wird. Die strikte, religionskonforme Einhaltung der Grundsätze führt aber in eine Ghettoisierung des Kindes

Mit Blick auf die elterliche Pflicht aus § 1631a I BGB ist noch zu bemerken, daß der treue und verständige Sklave auf dem Empfehlungswege die Eltern vor einer universitären Ausbildung der Kinder warnt, die Unterwürfigkeit unter die theokratische Herrschaft gehe dem Kindeswohl vor. Das führt letztlich zur Unmöglichkeit der Einübung demokratischer Verhaltensweisen, die in der streng hierarchischen Religionsgemeinschaft ebenfalls nicht erlernt werden. Darin ist ein eklatanter Widerspruch zum eigenverantwortlichen Persönlichkeitsbild des Grundgesetzes zu erblicken.

Der Umgang der Zeugen Jehovas mit grundrechtlich verbürgten Garantien läßt auf ein mangelndes Verantwortungsbewußtsein schließen, das namentlich eine jenseitige Heilserwartung pflegt und sich dem gegenwärtigen Staatsbetrieb nicht verpflichtet fühlt. Die daraus resultierenden zahlreichen zwar nur punktuellen Verstöße gegen einfaches Recht mögen für sich genommen läßlich sein und vom Grundrecht der Religionsfreiheit verdrängt werden, in der Gesamtschau stellte sich eine Verleihung der Korporationsrechte an eine Organisation, die in keiner Weise den demokratischen Konsens zu tragen bereit ist, als unverantwortbar dar." Boris Maskow

Benedikt Pohnke  (2002) analysiert:

Wer denkt hierbei schließlich noch daran, daß Kindern und Jugendlichen dieses Recht auf  Glaubens- und Gewissensfreiheit ebenfalls zusteht?" ...

"Nach der intensiven Beschäftigung mit dieser Sekte und der Auswertung von sowohl Sekundär- als auch Primärliteratur, konnte ich den Inhalt dieser Norm bei den ZJ in der Erziehung und „Förderung" ihrer Jugendlichen nicht verwirklicht finden. Ferner mußte ich feststellen, daß die WTG mit den von ihr propagierten - physische wie psychische Gewalt beinhaltenden - Erziehungsvorstellungen einen klaren Verstoß gegen (das) Gesetz begeht, daß Kinder und Jugendliche schützen soll und muß"

Und: "in der weltlichen Schule (wird das Zeugen Jehovas-Kind) zwangsläufig in eine Außenseiterposition gedrängt, in der er permanent sein „Anderssein" erlebt. Zudem verspürt er eine ständige Zerrissenheit zwischen zwei Welten. Zumal es ja durchaus sein kann, daß er trotz aller Strenge und psychischer Einschüchterung der ZJ Gefallen findet am Kontakt mit den Weltmenschen und deren „schädlichen" Einflüssen. Und gerade das soll mit dem Mittel der Isolierung vermieden werden. Diese beeinträchtigt massiv die Entwicklung zu einer autonomen Persönlichkeit. Vielmehr wird dabei Abhängigkeit geschaffen, welche die völlige Identifikation mit der WTG bewirken soll- und damit die komplette Lebensausführung auf die Organisation als Ziel beinhaltet. Dieser beschriebene Sachverhalt soll meiner Meinung nach ganz bewußt eine Integration in die Gesellschaft verhindern."

..."Die normale, und für die Persönlichkeitsentwicklung wichtige, Außenorientierung während der Pubertät kann der Jugendliche nur schwer realisieren - sowohl vom quantitativen Umfang, als auch von der qualitativen Intensität. ... Daraus ergibt sich, daß die Eltern lediglich den Erziehungsauftrag der WTG erfüllen, der da lautet: „Eifrige Eltern erziehen ihre Kinder zu Missionaren". ... Das Ziel der Erziehung wird folglich nicht von der einzelnen Familie, sondern von der Glaubensgemeinschaft und deren Ansprüche an ihre Mitglieder definiert. Angesichts der Tragweite des bevorstehenden Endgerichtes müssen solche individuellen Bedürfnisse wie das Recht des Kindes zu angemessener Entwicklung zurückstehen" Und gerade dieser Endzeitdruck kann auch u.U. als psychisch belastendes Sanktionsmittel in der Erziehungsmethodik der Eltern und der gesamten WTG angewandt werden." Benedikt Pohnke

In der Studie von Stefanie Rauchfleisch und Franziska Weibel Rüf  (2002) gibt es etwa die ergänzenden Sätze anhand ausgewerteter Fallbeispiele:

Meistens ist es für Familien, in welchen ein streng religiöses Klima herrscht, schwierig, mit Konflikten umzugehen, denn die Familienmitglieder haben oft nur wenig Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner außerhalb der Familie. Damit ein unbeschädigtes Familienbild gewahrt werden kann, dürfen Probleme nicht an die Öffentlichkeit gelangen, da nicht nur die Familie, sondern auch die Kirchgemeinde geschont werden muss. Dies hat zur Folge, dass alltägliche Konflikte nicht offen ausgetragen werden können, da sie immer in diesem Rahmen eingepasst werden. "Religion und Gott stehen auf der Seite der Eltern gegen die Kinder, deren Bedürfnisse und Wünsche." Diese Kinder haben oft auch eine abweisende Haltung gegenüber der Sexualität, denn sämtliche Triebe müssen unterdrückt werden, sind böse und werden verurteilt.

"Das ganze Zeugen Jehovas-Leben war eine Regel", meinte einer der beiden ehemaligen Zeugen Jehovas rückblickend. Er habe "keine Erziehung erlebt, sondern nur Regeln befolgt. Bei den Zeugen Jehovas wird das natürlich schon grundsätzlich propagiert". "Die Regeln der Gemeinschaft (sind) klar und an die hast du dich zu halten, fertig. Das ist auch das, was ich gelebt habe, nach innen, also in der Versammlung, in der Struktur, aber draußen habe ich meine eigenen Regeln angewandt", sagte er. "Das alles ist halt ein Wust von Regeln und dort drin sollst du funktionieren", meinte er zum Leben nach gruppenspezifischen Geboten und Verboten.

Er wies mehrfach darauf hin, dass er sich durch die gruppenspezifischen Vorgaben in seiner persönlichen Wahl- und Entscheidungsfreiheit eingeschränkt gefühlt habe und die einzuhaltenden Gebote auch "in das Privateste vom Privaten" hineingereicht hätten. So wurde ihm als Jugendlicher nahegelegt, dass Selbstbefriedigung "Gott nicht wohlgefällig " sei. Begründet wurde dies damit, dass bei Mose schon geschrieben stehe, "du sollst dein Bett nicht beflecken usw., und dann wird das interpretiert, also, mach das nicht". Ferner berichtete er, dass er immer wieder von Gruppenmitgliedern gemaßregelt wurde, wenn er sich seine Haare schulterlang wachsen ließ. Laut Bestimmungen war dies männlichen Mitgliedern untersagt. Sein Bruder hätte das Gleiche mit seinem Schnurrbart erlebt, den er sich hätte abrasieren sollen.

Der Befragte hatte im Alltag auch eine Vielzahl an Geboten und Verboten einzuhalten, die mit der starken Abgrenzung vom Umfeld außerhalb der Gemeinschaft verbunden waren. Außer zu Missionszwecken sollten die Mitglieder keine näheren Kontakte zu Außenstehenden pflegen und nach Möglichkeit Aktivitäten unterlassen, die eine Verbindung zu Nichtmitgliedern herstellen könnte. Diese Grundhaltung zeigte sich deutlich in den Geboten und Verboten zum Freizeitbereich. Zu den Freizeitanlässen, die verboten waren und den Kontakt zu Nichtmitgliedern fördern könnten, gehörten die Betätigung in Vereinen, der Besuch diverser Tanzanlässe, aber auch die Teilnahme an Schullagern. Zudem durften Geburtstage und christliche Feiertage wie z. B. Weihnachten nicht gefeiert werden, da sie als heidnische Gebräuche abgelehnt wurden. Demzufolge war es dem Befragten auch nicht erlaubt, in der Schule an Aktivitäten teilzunehmen, die mit diesen Anlässen zu tun hatten.

Wie der Befragte außerdem schilderte, wurde den Mitgliedern in Erwartung der Endzeit jeweils nahegelegt, dass sie sich in ihrer Freizeit "vor allem natürlich dem christlichen Werk widmen sollen. Entsprechend galt beispielsweise das intensive Treiben von Sport als etwas, das die Mitglieder von dieser Aufgabe abhält. "Gegen Sport kann man ja nichts haben, auch bei den Zeugen Jehovas nicht. Nur zu viel Leibesübung ist auch nicht mehr gut, die haben ihre Sprüche für alles, meinte er. Sportliche Betätigung wurde lediglich toleriert, wenn es sich dabei um den Sportunterricht in der Schule oder damit verbundene Anlässe handelte.

Trotzdem trieb er auch in seiner Freizeit viel Sport und trat entgegen den Bestimmungen der Gemeinschaft und ohne das Wissen seiner Alleinerziehenden Mutter einem Sportverein bei. "Das musste ich alles hintenrum machen oder so wie absegnen lassen und sagen, es sei von der Schule aus, dabei war es ein Verein, bei dem ich dabei gewesen bin", wie er berichtete. Zu den Einschränkungen im Freizeitbereich meinte er: "Ich habe nie Alternativen bekommen, für nichts, und das war ein wenig ein Manko, generell, glaube ich, bei den Zeugen Jehovas. Verbieten ja, aber etwas bieten dafür, nein. Das, was geboten wird, ist dermaßen lauwarm".

Einschränkend erlebte er auch die Bestimmungen zur beruflichen Ausbildung, die darin bestanden, all diejenigen Lehrgänge zu meiden, die eine intensive Auseinandersetzung mit anderen Lebensentwürfen und Sinnsystemen mit sich bringen.

Noch ein bemerkenswertes Zitat:

Einer der beiden ehemaligen Zeugen Jehovas bekam vermittelt, "liebe deinen Nächsten und lebe das auch". Wie er berichtete, war dieser Lebensgrundsatz mit der Erwartungshaltung verknüpft, dass die Mitglieder ungeachtet ihrer persönlichen Sympathien und Antipathien einen äußerst harmonischen Umgang untereinander pflegen sollten. Innerhalb der Gemeinschaft wurde ihm dies auch stets vorgelebt. Außerdem versuchte er selbst im Kindes- und Jugendalter diesen Idealen nachzukommen. Schließlich habe er aber feststellen müssen, dass es unmöglich gewesen sei, permanent lieb und nett zueinander zu sein und sich mit allen gleichermaßen verbrüdert zu fühlen. "Dann ist es halt so, dass man obendurch immer lieb miteinander ist, immer schön lacht, ja, Bruder und Schwester, und alles ist schön und toll, und untendurch spürt man genau, die verachten dich", erzählte er. "Wenn das Lebensmotto ist und man sich gleichzeitig nicht eingestehen kann, dass man den und die nicht so mag, weil es nicht 'menscheln' darf, dann wird es schwierig in jeder Gemeinschaft", meinte er. "Und bei den Zeugen Jehovas zum Beispiel darf es nicht menscheln, es klingt zwar extrem, aber es darf nicht sein. Und das führt zu völliger Falschheit im Umgang und das spürt man".

Und:

Entsprechend schwierig war es, sich dem Konformitätsdruck zu entziehen, der unter den Mitgliedern herrschte. So meinte er: "Du bist irgendwo in einem Netz eingebunden, du passt dich irgendwann einmal an, denn du wirst müde und kannst nicht immer kämpfen, du wirst dann auch nicht akzeptiert". Er habe beispielsweise gemerkt, dass die Unterstützung von anderen Mitgliedern ausblieb, wenn er innerhalb der Gemeinschaft Aktivitäten durchführte, die nicht der Gruppennorm entsprachen. "Das hat mir auch weh getan, weil ich gemerkt habe, da stimmt doch etwas nicht, ich gebe mir solche Mühe und es wird nicht honoriert", wie er erzählte. Schwierig sei für ihn auch gewesen, dass ihm die anderen Mitglieder nicht gesagt hätten, warum sie ihn in seinen Aktivitäten nicht unterstützen würden. Dieser Befragte hob hervor, dass die Einhaltung der geforderten Gruppenkonformität primär am Verhalten gemessen wurde. Dies förderte seiner Erfahrung nach bei den Einzelnen einerseits ein Funktionieren nach gruppenspezifischen Normen und Regeln ohne innere Überzeugung oder entsprechende Übereinstimmung im Denken. Andererseits mussten durch den hohen Stellenwert, der gruppenkonformen Verhalten beigemessen wurde, individuelle Bedürfnisse vermehrt unterdrückt werden.

Wichtig ist, dass du nach außen hin funktionierst. Nach außen, das heißt, nach außen in der Gruppe, dass du richtig funktionierst, linientreu bist, deinen Einsatz zeigst. Was du im Endeffekt denkst, ist egal. Du könntest von mir aus denken, Jehova gibt es nicht und Jesus war schwul und was weiß ich. Das interessiert eigentlich niemanden, du musst einfach funktionieren als Zombie. Zombie sage ich dem heute, weil mit der Zeit die Seele mit allen Bedürfnissen ausgeschaltet wird. Stefanie Rauchfleisch

Christine Katrin Roth (2001) wertet:

"Es gibt durchaus Vorteile einer totalitären Gemeinschaft, die auch für die Kinder von Bedeutung sind 
Das Kind wächst in einem Milieu auf, in dem es Sicherheit, Zugehörigkeit und Anerkennung erleben kann. 
Die Kinder werden vor Einflüssen unserer heutigen Gesellschaft bewahrt, von denen wir mit Sicherheit wissen, dass sie schädlich sind. 
Sie bekommen eindeutige Antworten auf Fragen und wachsen in einem beständigen Wertesystem auf."
 (S. 101) 
Allerdings, auch das fügt sie im gleichen Zusammenhang noch an: 
"Das größte Problem sehe ich hingegen darin, dass die Kinder keine Wahl haben, ob sie sich dem System anschließen wollen oder nicht. Sie müssen das Leben als Zeuge Jehovas oder als neuapostolischer Christ leben, mit all seinen Zwängen und Regeln." 

Zusammenfassend lässt es sich mit den Worten von Eimuth sagen: "

Sekten-Kinder dürfen sich nicht zu autonomen Persönlichkeiten entwickeln. Sie werden behindert, manipuliert und kontrolliert. Dieses System ist als 'Psychische Kindesmisshandlung' zu bezeichnen."

Cornelia Gerecke (2001) urteilt

"Die Probleme, die hier auftreten, stehen im Zusammenhang mit den oftmals von Sektenanhängern vertretenen restriktiven Erziehungsmethoden. Problematisch erscheint die Zugehörigkeit zu Sekten erst zu werden, wenn die Ehe der Eltern geschieden wird und das Familiengericht die Frage der Sorgerechtszuweisung zu klären hat. Der eine Elternteil möchte die Zugehörigkeit des anderen Elternteils zu einer Minderheitenreligion zu seinem Vorteil nutzen, indem er eine Erziehung in diesem Glauben als nachteilhaft darstellt, während bei bestehender Ehe diese Religionsunterschiede offensichtlich weniger Probleme verursacht haben.

Die Religionsfreiheit gibt den Eltern nicht das Recht, ihre Kinder zum Instrument und Objekt ihres Glaubens zu machen. Die Entwicklung des Kindes zu einem selbständigen, gesellschaftsfähigen Menschen darf nicht beschnitten werden. Dies kann sich zum einen als Begleiterscheinung der an sich grundrechtlich geschützten Religionsausübung der Eltern (wie beispielsweise Vernachlässigung des Kindes oder Mitnehmen zu Missionstätigkeiten) oder aus der Grundstruktur der Sekte, die die Persönlichkeitsentfaltung des Kindes direkt beschränkt, ergeben."

Torsten Graef  (2000) nimmt eine Vergleichung zwischen Zeugen Jehovas und der Neuapostolischen Kirche vor. Dabei bescheinigt er beiden Gruppen:

Die Ironie des Schicksals ist aber, daß genau diejenigen Gruppen, die die Menschenrechte mit Füßen treten, sich erfolgreich auf diese berufen und praktisch weltweit nicht belangt werden können. Die gleichen Verfassungen und Gesetze, die zum Schutz der Menschen erlassen worden sind, ermöglichen es den Sekten, ihre Anhänger zu indoktrinieren und ihnen die Freiheit zu rauben." 

Als einen der Kernsätze der Stoffel-Rezeption des Autors kann man auch den Satz ansehen: 
„Somit kommt Stoffel zu dem Schluß, daß die Auswirkungen einer solchen Sozialisation verheerend sind. Die Kinder werden abgeschottet von wichtigen Erfahrungen mit der Außenwelt. Kindergärten, Schulen und später Ausbildung und Beruf werden nicht als Orte für Integration in die Gesellschaft betrachtet, sondern als feindliche Inseln einer von bösen Mächten beherrschten Welt angesehen. Oder sie dienen als Missionsgebiete um die letzten Auserwählten zu finden 
Die NAK hat in der Öffentlichkeit meist den Status einer harmlosen, christlichen Sondergemeinschaft. Ihre Anhänger verhalten sich unauffällig, freundlich und geben bei oberflächlicher Betrachtung keinen Anlaß zur Kritik. Doch verbirgt sich hinter dieser freundlichen Fassade eine Ämterhierarchie, die gezielt mit pädagogischen und psychischen Methoden versucht, Einfluß auf ihre Mitglieder auszuüben. In dieser manipulativen und angstbesetzten Welt werden Kinder schon vom Säuglingsalter darauf „gedrillt" sich dieser „Heilslehre" unterzuordnen und sich dem restriktiven System der NAK widerstandslos und unkritisch anzupassen. 
Mit ihrer Endzeitlehre übt die NAK einen solch massiven Druck auf Kinder und Erwachsene aus, welche in Angst mündet und ständige Versagensängste „nicht von Gott mitgenommen zu werden" zur Folge hat. Unter solchen Umständen ist es fast unmöglich eine autonome Identität aufzubauen, welche fähig ist, eigene Wert- und Moralvorstellungen zu entwickeln und die die Chance hat, sich selbst eine gewünschte Lebensorientierung und Sinnfindung zu geben." 

Diesen wahrlichen Kernsatz stellt der Autor auch bei den Zeugen Jehovas fest.

Zusammenfassend urteilt er: 
„Bei der Erziehung und Sozialisation von Kindern in der NAK und bei den Zeugen Jehovas, lassen sich viele Parallelen zwischen den beiden Sekten feststellen. Beide Sekten sehen die Form der Züchtigung als legitimes Mittel an, um konformes Verhalten bei ihren Kindern zu erzwingen. Durch ihre apokalyptische Weltanschauung manifestieren sie bei ihren Mitgliedern schon vom frühen Kindesalter irrationale Ängste vor einem strafenden, alles sehenden Gott." Torsten Gräf

Aus von ihr ausgewerteten Fallbeispielen zitiert Katrin Westphal (2000):

"In der Familie spielt Religion zwar eine Rolle, aber die Handlungen des Vaters gegenüber der fundamentalistischen Gruppierung und deren Glauben waren widersprüchlich. Johanna erinnert sich, daß ihre Eltern wählen gegangen sind, was von Seiten der Zeugen Jehova verboten ist. Dieser Verstoß gegen die Regel am weltlichen Geschehen n i c h t teilnehmen zu dürfen, führte zu einem heftigen Konflikt zumal die Handlung zur Wahl zu gehen, heimlich, also ohne Wissen der Gruppierung, begangen wurde. Im Zuge des Bibelstudiums wurde ihre Schwester von anderen Mitgliedern ausgehorcht. Daraufhin 'verriet' sie, daß ihre Eltern zur Wahl gegangen waren sind. Der Konflikt zwischen der Gruppe und dem Vater ging soweit, daß ihr Vater daran dachte die Zeugen Jehova zu verlassen.

'Mein Vater wurde vorgeladen und der hat dann so richtig ein Faß aufgemacht und dann hat er gesagt, 'ihr wollt Christen sein und ihr spioniert, integriert und verfolgt euch', also, er hat ihnen allerhand vorgeworfen, diesen oberen Brüdern, weil es ist ja so ein Hierarchiesystem. Diese leitenden Brüder sind immer Männer gewesen, Frauen haben eben nichts zu sagen. Ja vor diesen Männern hat er sich da eben, wie vor einem hohen Gericht, gerechtfertigt. Ich war ja nicht dabei, er hat es uns nur erzählt und er war auch sehr zornig und er wollte da auch kurz nichts damit zu tun haben. Das hat uns ja auch geprägt. Irgendwie hatten wir dann den Eindruck, daß das alles verlogen ist irgendwie oder, daß da irgendwas nicht stimmt."

Aber auch die Kinder sollten alsbald erfahren, dass solche Konfliktlagen, wie sie im Falle ihrer Eltern hier schon geschildert wurden, auch nicht an ihnen "vorüberziehen" würden. Ganz im Gegenteil! Auch dazu ein Zitat aus dieser Studie:

"Der Tatsache geschuldet, daß Johannas Schwester älter ist, machte sie bestimmte Erfahrungen schon früher. Zum einen ist hier die soziale Isolation in der Schule zu nennen, die beide durchlitten, weil sie beispielsweise nicht bei den Pionieren waren. Ständig kamen Anfragen von den Kindern wie auch den Lehrern. Johannas Schwester trat daraufhin heimlich bei den Pionieren ein, um ein stückweit dazuzugehören. Als Johanna in die Schule kam durchlebte sie ebenfalls ein Außenseiterdasein und trat aus diesem Grunde, wie auch auf Bitten ihrer Schwester es ihr gleich zu tun, den Pionieren bei. Später traten Johanna wie auch ihre Schwester der FDJ (Freie Deutsche Jugend) bei.

'Wir wollten, wir hatten einfach nur Lust dazu zugehören, weil man durfte ja so schon nichts. Wir haben eben kein Geburtstag gefeiert, kein Weihnachten, durften nicht mit, wenn Fasching war, wir durften eigentlich nirgendwo mit, wir hatten eigentlich keine Freunde, wir waren immer zu Hause angebunden und dadurch waren wir sowieso schon Außenseiter und da hatten wir wenigstens durch die Pioniere und die FDJ, wenigstens da, da hatten wir wenigstens unsere Ruhe, so und waren eben ein bißchen dazugehörig."

Ihre Eltern erfuhren diese Mitgliedschaft durch den Besuch eines Lehrers im Elternhaus. Zutiefst bestürzte und auch wütende Reaktionen waren das Ergebnis, aber ein Verbot bzw. eine Aufforderung wieder auszutreten folgte nicht. Diese Teilnahme am Weltlichen wurde zu einem Geheimnis der Familie gegenüber den Zeugen. Besonders dann, wenn Verwandte zu Besuch waren."

Auch im Falle dieser Familie offenbart sich der durchaus verallgemeinerungswürdige Fakt, dass ein wesentlicher Faktor, der etliche Zeugen Jehovas veranlasst, bei "der Stange zu bleiben", ihr ebenfalls durch die Zeugen Jehovas geprägtes familiäres Umfeld ist. Man ist sich durchaus im klaren, dass ein Bruch mit der Zeugendoktrin vielfach einem familiären "Spießßrutenlaufen" gleichkommt. Also schluckt man einiges herunter, und spielt - je nach Veranlagung- so gut oder schlecht wie möglich, das gewünschte Theater mit.

Clarita Caparole und Emmy Steinemann-Uithoven  (1999) formulieren:

"Obwohl viele Kinder heutzutage mit audiovisuellen Medien aufwachsen und demzufolge mit Gewalt verschiedenster Art konfrontiert werden und auch in herkömmlichen Familien Kinder körperlicher Gewalt ausgesetzt sind, meinen wir doch, dass die Jehova Erziehung bezüglich Harmagedon und Züchtigung in einer anderen Dimension gesehen werden muss. Die Zeugen Jehova-Kinder beziehen die Harmagedon-Geschichte auf sich selber und leben dauernd in Angst und Schuldgefühlen. Bei jedem Vergehen wird mit der Vernichtung in Harmagedon gedroht. Die Züchtigung findet im Namen Gottes statt, somit werden die Zeugen Jehova-Kinder doppelt bestraft, steht doch über den Eltern noch der omnipräsente rachsüchtige Gott Jehova.

Wir stellen fest, dass Angst in der Erziehung der Zeugen Jehova-Kinder eine grosse Rolle spielt. Die Kinder werden unserer Meinung nach regelrecht auf Angst konditioniert."

Oder etwa in ihrem Ausruf: 
"Ein normaler Ablösungsprozeß und die dafür notwendige Unabhängigkeit von den Eltern ist auf Grund dieser Bedingungen nicht möglich. Sie können "nur" eine Identität übernehmen, was soviel bedeutet, dass sie die Erwartungen der Erwachenen erfüllen und nicht rebellieren. Die Erfahrung einer Identitätskrise fehlt ihnen und somit auch die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühles und einer Unabhängigkeit ohne Schuldgefühle. Sie müssen sich entweder total anpassen oder es erfolgt der totale Bruch mit Religion und Elternhaus. …

Jugendliche, die de Probleme ihrer Adoleszenzeit nicht lösen können, werden weiterhin Intoleranz, Cliquenbewusstsein, Gewalt gegen Andere, Überidentifikation mit Idolen oder FührerInnen-Figuren an den Tag legen."

Esther Gabriel Littkemann (1998) konstatiert:

Es "wurde am Beispiel der Zeugen Jehovas deutlich, mit welchen Mitteln die Sektenanhänger zu immer höheren Leistungen angetrieben werden. Dieser hohen, vor allem psychischen, aber auch körperlichen Belastung halten viele Sektenmitglieder nicht auf Dauer stand. Gleichzeitig nehmen sie die Doppelbödigkeit der Sekte wahr, die sich nach außen hin als homogene Gruppe verkauft, sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit aber in ganz anderem Licht präsentiert" E. G. Littkemann

Auch Marita Grönlund (1998) beobachtete:

"Diese Erfahrung machte ich auch bei meinen Interviews: von 15 Betroffenen waren 12 von Kindheit an, in einer Sekte aufgewachsen. Die Kinder trafen also nicht selbst die Entscheidung, einer Sekte beizutreten, sondern waren in diesen Fällen ihren Eltern 'ausgeliefert'. …

Die Tatsache, dass die Kinder durch Verhaltensvorschriften an vielen Aktivitäten der Schule oder des Kindergartens nicht teilnehmen dürfen, könnte dazu führen, dass sie als Außenseiter behandelt werden und/oder sich als solche fühlen. … Die Alternative zum Außenseiterdasein wäre das Verstoßen gegen diese Verhaltensvorschriften, was zu größeren inneren Konflikten der Kinder führen oder sie zu einem Doppelleben zwingen könnte. Ein weiteres Problem, dass die Sektenkinder haben, ist die Tatsache, dass sie sich, wenn sie sich von der Glaubensgemeinschaft lösen möchten, komplett von ihrem sozialen Umfeld, oft die Eltern mit eingeschlossen, distanzieren müssen. Sie stehen in dieser Situation in einer, für sie, fremden Gesellschaft, da sie bis zu diesem Zeitpunkt in einem geschlossenen System jahrelang gelebt haben."

Als Erziehungsergebnis bescheinigt Birgit Zscheile (1997) unter anderem:

"Sekten arbeiten oft mit Schwarz-Weiß-Denkweisen, wie Freund-Feind, Gut-Böse. 
Sekten isolieren sich häufig vom gesellschaftlichen Umfeld (z. B. Ausbindung von Kindern aus bestimmten schulischen Veranstaltungen, Verweigerung staatsbürgerlicher Pflichten, die mit ihren Glaubensgrundsätzen konfrontieren; Widerstand gegen medizinische Eingriffe; Verweigerung von Kommunikation und Dialog mit Gruppen oder Einzelpersonen anderer gesellschaftlicher, weltanschaulicher und religiöser Richtungen, was u. a. auch in der Abweisung jeglicher Beantwortung von Fragen in Zusammenhang mit meiner Diplomarbeit zum Ausdruck kam; Verbot von Gesprächen der Mitglieder mit Außenstehenden, (sofern sie nicht mit Mitgliederwerbung beauftragt sind bzw. mit vorgegebener Wortwahl geführt werden). 
Im Ergebnis stehen Dialogunfähigkeit und Isolation der Mitglieder gegenüber der Außenwelt. 
Internes Wissen und interne Schriften unterliegen dem Verbot der Weitergabe an Außenstehende. Die Verteilung von Literatur, gezielte Gesprächsführungen u. ä. erfolgen nur mit konkretem Auftrag. 
Jugendlichen wird von einem Studium abgeraten, ebenso von solchen Berufsrichtungen, die unmittelbar den Organisationen Satans dienen. 
Die Zeugen Jehovas reden von Nächstenliebe und Heilung der Kranken, zeigen dabei aber keinerlei soziales Engagement, da sie nur um ihr Seelenheil Sorge tragen und die Heilung des Unheils in der Welt ihrer Meinung nach durch Jehova erfolgt." 

Und:

"Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erleben in der Sekte der Zeugen Jehovas, aufgrund der strikten Auslegung der Lehre, eine starke soziale Ausgrenzung. Schon im frühesten Kindesalter werden sie durch die Sekten überdimensional charakterlich geformt. Die in der Kinder- und Jugendzeit erforderliche Entwicklungsphase des Ausprobierens und Kennenlernens der Grenzen bleibt ihnen durch die strenge Erziehung und die damit von der Lehre geforderte Anpassung an die Gemeinschaft verwehrt. Durch die starke Unterordnung ist ihnen das Erwachsenwerden im psychischen Sinne nicht erlaubt. Eine Selbstbestimmung über ihren Körper und ihr Tun wird ihnen nicht ermöglicht. Das kommt nicht nur im Verbot der Bluttransfusion, was ebenso eine physische Gefährdung darstellt, sondern auch in der Reglementierung in Kindergarten, Schule und Freizeit zum Ausdruck. 
Durch die starke Bindung an die Gemeinschaft (insbesondere wenn die Eltern der Sekte angehören) wird ein Austritt aus den Zeugen Jehovas erschwert. 
Der Bruch mit den Zeugen Jehovas kann nur schwer vollzogen werden, da soziale Kontakte außerhalb der Gemeinschaft (meist) nicht mehr bestehen. 

Die demokratische Willens- und Meinungsbildung ist den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Zeugen Jehovas aufgrund der festgeschriebenen Haltung gegenüber Staat und Gesellschaft verboten. Damit verstoßen die Zeugen Jehovas gegen die Verfassung. 
Die Zeugen Jehovas konnten im Zuge der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene (Kinder hauptsächlich mit der Werbung, Bekehrung und dem Verbleib der Eltern in der Gemeinschaft) für die Sekte anwerben Hierbei nutzten sie ihre Kenntnisse aus der DDR-Zeit und den, mit der Wiedervereinigung, der beiden deutschen Staaten, auftretenden Problemen und Lebenssituationen der Jugend in den neuen Bundesländern. Trotz des starken Zulaufs, den die Zeugen Jehovas insbesondere durch die Missionierung in den Kreisen der Jugendlichen verzeichnen konnten, blieb das Gros derselben nicht in der Sekte, sondern stieg, aufgrund der fehlenden dauerhaften Lösungsmöglichkeiten für die sie betreffenden Probleme und der kritischen Hinterfragung, (wieder) aus." Birgit Zscheile

Ester Rettberg (1994) notiert:

"Die in der Stichprobe am häufigsten realisierte Verhaltensvorschrift ist die Anweisung der WTG, die Schulbildung auf ein Minimum zu reduzieren und insbesondere auf gymnasiale bzw. universitäre Bildungsabschlüsse zu verzichten. Insgesamt absolvierten nur 21 % der befragten Personen die gymnasiale Oberstufe und 9,9% einen universitären Studiengang. Auf dem Hintergrund, daß in der vorliegenden Erhebung der Bildungsstand zum Untersuchungszeitpunkt erfragt wurde, ist zu berücksichtigen, daß die befragten Personen möglicherweise erst nach ihrer Ablösung von den Zeugen Jehovas höhere Bildungsabschlüsse erreicht haben. Der Anteil von Personen mit Abitur und akademischen Abschluß wäre vermutlich noch geringer ausgefallen, wenn nur der Schulabschluß, der noch innerhalb der Zeit der Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas erreicht worden ist, erfragt worden wäre."

Unter Bezugnahme auf eine Studie von Eimuth zitiert sie ihn mit den Worten S. 43): 
"Eimuth betrachtet die Erziehung in der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas als eine Form der 'psychischen Kindesmißhandlung.' Anhand der von der WTG herausgegebenen Broschüre 'Jehovas Zeugen und die Schule' skizziert Eimuth die Forderungen der WTG an die in ihrer Gemeinschaft aufwachsenden Kinder und kommt zu dem Schluß, 'daß eine normale Entwicklung', eine Kindheit und Adoleszenz, die sich mit der Entwicklung anderer Kinder vergleichen läßt, unter diesen Rahmenbedingungen nicht möglich ist."

Ein Fallbeispiel bei Lucia Gross  (1991) äußert:

"Sie selbst hat als Kind unter der rigorosen Strenge der Mutter gelitten. Deren Forderungen, in den Predigtdienst zu gehen und den Wachtturm zu studieren, hat sie als Schikane betrachtet. Entsprechend sensibel reagierte sie schließlich auf die Bedürfnisse ihrer eigenen Kinder. Es begann ihr unerträglich zu werden, zuzusehen wie die Zeugen ihre kleinen Kinder zu den zweistündigen Versammlungen mitnehmen und von ihnen verlangen, still und bewegungslos dazusitzen und dem Redner zuzuhören: 'Und da sitzt so'n kleines Mädchen auf'm Stuhl, kriegt noch nicht mal die Füßchen nach unten, hier diesen Knick, wo alles abgeklemmt wird! Wo ich mal gelesen habe, dass das bei einem Kind viermal so lange ist wie bei einem Erwachsenen! Ich hab geglaubt, so, dann ist das für sie dann acht Stunden dasitzen! Und das Blut wird ihr abgeklemmt und die darf nicht mal irgendwie sich umdrehen! … Dann hatte ich mal meiner Tochter was zum Malen mitgebracht, dann guckten sie alle so ganz demonstrativ. Von da an gesehen war ich dann schon eine schwache Schwester.'"

Als zweites Veranschaulichungsbeispiel für diesen Gruppendruck zitiert die Autorin den Fall von Manuela E. Genauer, das Schicksal ihrer Mutter betreffend:

"Im Alter von 48 Jahren erkrankte sie an Krebs und starb an den Folgen der Transfusionsverweigerung. Die Ältesten hatten der Familie die Entscheidung über die medizinische Behandlung der Mutter aus den Händen genommen, indem sie sich ständig am Krankenbett zeigten und die Schwerkranke drängten, ihre Interessen als treue Zeugin Jehovas durchzusetzen. Auf Wunsch der Familie sollte über die Umstände ihres Todes Stillschweigen bewahrt werden. Auch diesmal wurde sie von der Ältestenschaft übergangen, denn der versammelten Gemeinde sollte die Beispielhaftigkeit von Frau E. demonstriert werden: 'Der erzählte dann auf einmal während der Ansprache, dass sie ja Märtyrerin wäre und dass sie ja standgehalten hätte und Blut verweigert hätte …'"

Auch Herbert Gasser  (1987) notierte:

"Es sieht die Gesellschaft der Zeugen Jehovas ohnehin nicht gern, wenn ihre Mitglieder eine höhere Bildung anstreben. Wer die Matura ablegen und vielleicht gar ein Hochschulstudium absolvieren will, ist der Gesellschaft schon verdächtig, denn wozu soll man noch eine höhere Bildung anstreben, wenn sie doch nicht zu Jehova führt? Außerdem steht die Welt nicht mehr lange und das Tausendjährige Reich wird bald seinen Anfang nehmen, dann aber werden Handwerker gebraucht und keine Akademiker.

Tatsächlich kann man das auch als eine Form von Absicherung von Seiten der Leitung der Sekte bezeichnen, denn je mehr Bildung ein Mitglied aufweist, desto leichter könnte es die Widersprüche innerhalb der Sekte erkennen. Daher wird strikte gefordert, sich ganz auf die Lehre des Wachtturm zu konzentrieren."

Von Gasser sei ferner noch zitiert: 
"Satan und die Dämonen spielen also in den Glaubensvorstellungen der Zeugen Jehovas eine sehr große Rolle. Glaubensschwierigkeiten oder andere Probleme, die den Plänen der Gesellschaft hinderlich sind, werden immer auf Satan und die Dämonen zurückgeführt.

Die Dämonenfurcht wird also bewusst gefördert, um die Mitglieder der Sekte gegenüber den Anforderungen der Führung der Gesellschaft abhängig und gefügig zu machen.

Das hat vielfache Auswirkungen auf die Kinder der Zeugen Jehovas. Sie werden nicht nur vom Kleinkinderalter an von anderen Kindern abgesondert, sondern auch vom gemeinschaftlichen Umgang mit anderen Kindern in der Schule abgehalten und entwickeln dadurch einen gestörten Kontakt zu ihrer Umwelt, zumal die anderen Kinder in Unverständnis der Situation ihrer Mitschüler diese verspotten.

Der psychische Druck, dem solch ein 'Ausgestoßener' ausgesetzt ist, ist für Außenstehende unvorstellbar." Herbert Gasser

Siehe unter anderem auch das Fallbeispieles, eines mit Zeugen Jehovas-Erziehung belasteten, der es in der Kriminalgeschichte zu dem fragwürdigen "Ruhm" brachte als Hochstapler von ungewöhnlicher Intensität herausgestellt zu werden (rückblickend)

In: Forumsarchiv256 Oder auch jenen Verfasser welcher seinen Buchbericht über seine Zeugen Jehovas Erziehung den Titel gab: "Ich war Kind C" in: Mysnip.46206 und anderes mehr.

Weiteres zum Thema Kindererziehung bei den Zeugen Jehovas

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