Kommentar zu den eingescannten CV-Ausgaben
CV 34

Es ist offensichtlich, dass auch der SED-Staat (wie übrigens auch andere Staaten), gewisse kirchenpolitische Eckdaten setzte. Der Unterschied besteht meines Erachtens lediglich darin, dass die Substanz dieser "Eckdaten" in anderen Staaten eine andere Gestalt hat. Die SED-Eckdaten in Sachen Kirchenpolitik wurden in dieser CV-Ausgabe mit den Worten angesprochen, dass "besonders von den Diener verlangt werden (muss), das sie sich hierin allseitig informieren, auch darüber, was die andere Seite sagt. Hierzu gehört jetzt unbedingt auch folgendes. 1969 erschien im Union-Verlag Berlin die Broschüre "Unser gemeinsamer Weg zur sozialistischen Menschengemeinschaft" ein Referat von Hermann Matern, Mitglied des Politbüros der SED, zur Frage Christen in der sozialistischen Gesellschaft. Auf Seite 26 dieser Broschüre wird u. a. auch die von der WTG propagierte Fragestellung "Christentum oder Kommunismus/Marxismus" grundsätzlich behandelt und als Mißbrauch des Glaubens für politische Zwecke zurückgewiesen."

Dies ist das Dilemma im Falle der Zeugen Jehovas. Entscheidungsbefugnisse über ihren Kurs haben sie nicht (mit Ausnahme einiger Weniger in Brooklyn). Also verpuffte vorgenannte Forderung im luftleeren Raum. Dennoch hat man zu konstatieren; dass der Zeugen Jehovas-Kurs "Christentum oder Kommunismus" in dieser kategorischen Form nicht notwendig gewesen wäre. Indem Brooklyn ihn (in religiöser Phraseologie) dennoch durchsetzte, erfüllte es einmal mehr seine Stellvertreterfunktion für die Durchsetzung amerikanischer politischer Prämissen. Man muß sich dabei keineswegs der kommunistisch geprägten Vokabel "Globalstrategie" bedienen, um dies erkennen zu können.

Charakteristisch kommt diese Sachlage (auch wenn sie den einfachen Zeugen so nicht bewusst ist; weil sie politischen Fragestellungen durch die WTG bewusst entfremdet werden). Trotz dieser Einschränkung kommt die eigentliche Problemlage durchaus zutreffend in dem Satz zum Ausdruck:
"Die Organisation ist verboten worden, weil sie … zu einem Werkzeug der westlichen antikommunistischen psychologischen Kriegführung unter den Christen geworden ist. Sie ist nicht verboten worden, weil sie eine neue Welt oder ein Reich Gottes usw. verkündigt, sondern weil sie Glauben, und Verkündigung für politische Zwecke mißbraucht."

Der 8. Teil der Fortsetzungsserie "12 Jahre meines Leben" von Gerhard Peters ist in dieser Ausgabe abgedruckt. Der besprochene Zeitabschnitt umfaßt die Jahre 1956-58. Peters, durch seine Ehescheidung aus der Bahn geworfen, hatte eine folgenschwere Entscheidung realisiert. Er hatte Westdeutschland verlassen und war in die DDR übergesiedelt wo seine Eltern wohnten. Sein Versuch, die Wiederaufnahme bei den Zeugen Jehovas zu erreichen, blieb jahrelang ohne Erfolg. Nun im Jahre 1958 bot sich die Möglichkeit seine "Standhaftigkeit" unter Beweis zu stellen.

Als gebürtiger DDR-Bürger registriert man es durchaus, dass Peters, vom DDR-Staat, drastisch formuliert "Zucker in den Allerwertesten geblasen bekommen hat". Es waren zu jener Zeit mit Sicherheit nicht viele, die diesen Weg von West nach Ost beschritten hatten. Das war dem DDR-Staat schon mal was wert. Und so fand sich auch Peters alsbald auf einem Drückerposten, ausgestattet mit eigenem Dienstwagen, wieder. Dieser Glückseligkeitstraum sollte allerdings für Peters nicht allzu lange vorhalten. Da war noch die "Standhaftigkeitsprobe", die seitens der Zeugen Jehovas erwartet wurde und die er auch in ihrem Sinne absolvierte. Fast überflüssig anzumerken - nicht ohne Folgen. Peters dazu: "Wie zu erwarten, kommen am Abend die Wahlhelfer mit der Urne zu mir in die Wohnung, um mir eventuell den Weg zum Wahllokal abzunehmen. 'Jetzt hast, du Gelegenheit, dachte ich, jetzt wirst du beweisen, dar du noch ein Zeuge bist!'. Gefragt nach den Gründen meines Verhaltens sage ich ihnen nun meine Meinung als Zeuge! Politik - Satanswerk! Staat - Werkzeug des Teufels. Sozialismus - Vom Teufel gezeugt, und zur Reife gebracht! Hochempört verlassen die Wahlhelfer meine Wohnung."

CV Christliche Verantwortung

Informationen der Studiengruppe Christliche Verantwortung
Konto-Nr. 4562-43-80015 bei der Kreis- und Stadtsparkasse Gera

Nr. 34 Gera Dezember 1970
Christliche Verantwortung zusammengefasst 1970

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