Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Von Bräunlich bis braun
Die Farbe braun wird im politischen Sprachgebrauch bekanntlich mit den Nazis in Verbindung gebracht. Selbige entstanden Anfang der zwanziger Jahren als eine Splittergruppe und konnten ein Jahrzehnt später schon die Macht an sich reißen. Nun gehörte nicht jeder, der mit wesentlichen Naziaussagen sympathisierte, schon in den zwanziger Jahren ihnen auch organisatorisch an. Einige haben diesen Schritt nie vollzogen, insbesondere auch jene nicht, die schon lange Jahre vor den Nazis ihre jeweilige Position in deutlich akzentuierter Weise zum Ausdruck gebracht hatten.
Man muss es klar aussprechen: Auch
der seinerzeitige Generalsekretär des Evangelischen Bundes, Paul Bräunlich, gehörte den
Nazis organisatorisch nicht an. Das war's dann aber auch fast schon, was zu seiner
Entlastung gesagt werden kann.
Ein Hauptthema des Evangelischen
Bundes, im Prinzip sein Gründungsanliegen, war der Kampf gegen einen sich übermächtig
gebärdenden Katholizismus. Dieser Kampf sollte in den zwanziger Jahren zugunsten einer
neuen Front zurücktreten und das war der Kampf gegen die Bibelforscher. Protagonist
diesbezüglich war insbesondere Paul Bräunlich.
Ausgehend von seiner
Anti-Katholizismus-Strategie, dem man insbesondere den sogenannten Ultramontanismus
vorwarf, sinngemäß die Abhängigkeit von auswärtigen Mächten, war auch Bräunlich
betont deutschnationalistisch eingestellt. Desweiteren hatte Bräunlich in seinem Kampf
gegen den Katholizismus, insbesondere dem Fall Leo Taxil, der die katholische Kirche in
ein schiefes Licht rückte, besondere Aufmerksamkeit gewidmet und schon zur
Jahrhundertwende darüber publiziert. Er beschäftigte sich aber weiter mit Taxil und eben
auch mit den Bibelforschern in den zwanziger Jahren.
Als Frucht dieser Beschäftigung legte
er dann in den Jahren 1924/25 sogar ein dreibändiges Werk vor, dass vom Titel her zwar
vorgab Taxil zu behandeln, zugleich aber inhaltlich scharfe Breitseiten gegen die
Bibelforscher enthielt. Es war ein dickes, voluminöses Werk. Dicke Bücher laufen oftmals
Gefahr, nicht gelesen zu werden, obwohl dies im Einzelfall durchaus ein kardinaler Fehler
sein kann. Jedenfalls hat Bräunlich seine relevanten Thesen gegen die Bibelforscher, dann
noch in einer mehr Broschürenform tragenden kleineren Veröffentlichung vorgetragen.
Man ahnt es schon, bei wem er da glaubt fündig zu werden. Eben die Bibelforscher. Seine krude "Religionsspötter"-Schrift erweist sich denn auch bei näherem Hinsehen als eine Komprimierung des 3. Bandes seiner Taxil-Trilogie. Letzterer war keine sonderliche Verbreitung vergönnt. Mit Ach und Krach kann man sie heute noch in einigen wenigen wissenschaftlichen Bibliotheken eruieren. Zeitgenössisch nicht sonderlich beachtet, ein Stiefmütterchendasein fristend. Nun hoffte Bräunlich nochmal, mit seiner Religionsspötterschrift, ein größeres Publikum zu erreichen. Vielleicht hat er es zeitgenössisch auch.
Er fand für sie auch
Beifallsklatscher, was weiter unten noch dokumentiert wird, und zwar aus jüdischen
Kreisen. Die klatschten aber Bräunlich nur deshalb Beifall, weil er die antisemitische
Unterstellung, die Bibelforscher würden von den Juden finanziert, gleichfalls
zurückwies, um sie durch eine eigene, nicht minder dubiose Theorie zu ersetzen.
Wenn man sich Bräunlichs
Argumentationsbasis in Sachen Bibelforscher näher ansieht, kommt man nicht umhin (wenn
man den von ihm mit eingewobenen Fall Taxil beiseite lässt) sie in Abwandlung seines
Namens auch als politisch braun einzuschätzen. Ob dies kirchlichen Kreisen heute passt
oder nicht - es muss so ausgesprochen werden.
"In der Galerie der speziellen Antibibelforscher"koryphäen" sollte man einen Namen nicht vergessen. Und dieser Name heißt: Paul Braeunlich, seinerzeit Generalsekretär des Evangelischen Bundes. Letzterer bemühte sich neben der Apologetischen Centrale im besonderem Maße um die apologetische Verteidigung der evangelischen Kirche.
Braeunlich führt eine scharfe Klinge. Er bedauert, dass völkische Kreise "mit Erbitterung auf die fast erznationalen deutschen Freimaurer schauen." Er weiß einen anderen Buhmann zu benennen: "Pseudoreligiöse Unterminierung stelle sich mit Geschick auf den Geschmack eines buchstabengläubigen Publikums evang. Grundrichtung ein. Ihr ganzes Christentum läuft darauf hinaus, von den Kirchen losgelöste Massen zusammenzutreiben, die - stündlich des Augenblicks harren, wo der Erzengel Michael erscheinen wird. Dieser wird dann als neuer Christus Weltgericht abhalten, dass einer bolschewistischen Revolution zum Verwechseln ähnlich sieht.
Das gerade in dem Jahre, für das sie große Dinge voraussagten, der Weltkrieg ausbrach, gibt zu denken.
Waren es die Bibelforscher vielleicht selber gewesen, die mit ihren Hintermännern die geistige Atmosphäre dermaßen erhitzen halfen dass das große Blutvergießen unvermeidlich wurde?
Das würde eine treffliche Illustration zu der Anklageschrift bilden, mit der sie jetzt die Diener der christlichen Kirchen für den Krieg und seine Schrecken haftbar machen!
Das Flugblatt Anklage gegen die Geistlichkeit ergießt über letztere die ganze Schimpfflut der Revolutions- und Desertationshetze von 1918." [187]
An anderer Stelle kommentiert Braeunlich im gleichem Sinne:
"Als der Gründer der Ernsten Bibelforscher besonders fromm gestimmte christliche Kreise von den christlichen Kirchen losreißen und sie politisch revolutionärer Denkweise zuführen wollte, da bot er ihnen seine scheinbar erzchristlichen Schriftstudien dar. Darin hat er in Augenblicken des Übermutes sich und die Seinen mit Schlupfwespen verglichen. Denn diese Tiere, so sagt er, legen ihre Eier auf den Rücken anderer, feindlich gesinnter Insekten, deren Körperwärme sie ausbrütet. Seien sie aber erst einmal ausgekrochen, so machten sie sich alsbald daran, den Leib ihrer Pfleger zu zerfressen." [188]
In seiner Kampfschrift: "Die ernsten Bibelforscher als Opfer bolschewistischer Religionsspötter", geißelt er gleichfalls die allegorischen Bibelauslegungen der Bibelforscher als "mit frommer Sauce übergossenes Antichristentum", als "Förderungsmittel gottlosestem Bolschewistentums." [189]
Er meint vollmundig verkünden zu können:
"Das ganze Verhalten der Bibelforscher-Gesellschaft entspricht dem geheimen Bunde ihrer religiösen mit den politischen Führern der Weltrevolution. Den Beginn des Tages der Rache, hatte Russell, wie gesagt, auf Oktober 1914 angesetzt. Und merkwürdig - am 26. Juni dieses Jahres fielen in Sarajevo die Schüsse, die den Völkerkrieg entfesselten, ohne die der Traum einer Weltrevolution sich kaum so bald erfüllen konnte." [190]
Über Rutherfords Endzeitdatum 1925 orakelt er:
"Das für das genannte Jahr - spätestens für Oktober 1925 - vom Bolschewismus ein großer Schlag geplant war, verrieten viele Anzeichen. So die Sprengung der Kathedrale von Sophia und zahllose Aufstände von Marokko bis China. Abermals wetteiferten dabei mit den politischen, die religiös vermummten Emissäre von Moskau." [191]
Bräunlichs Apologie liegt letztendlich auf einer parallelen Ebene zu der eines Ludendorffs, der gleichfalls meinte, für die Kriegsniederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg "Freimaurer und überstaatliche Mächte" reklamieren zu können.
Einige wenige andere theologische Kritiker der Bibelforscher erkannten durchaus an, dass Braeunlich mit seinen Thesen übers Ziel hinausgeschossen ist. Namentlich zu nennen wäre hier Rohkohl, der da äußerte:
"Das maßvolle Urteil Loofs, dass Bräunlich unverständlich findet, muss für den objektiven Kritiker zunächst maßgebend bleiben, bis der Gegenbeweis geliefert ist." [192]
Weiter äußert er:
"Es kommt hinzu, dass das Gros der Bibelforscher aus Leuten einfältigen Gemütes besteht, die selbst wenn die Behauptungen (Bräunlichs) zu recht bestünden, nicht in der Lage wären, in die Tiefen dieses komplizierten Fragenkomplexes einzudringen."
Trotzdem meint Rohkohl auch Bräunlich zu verstehen, wenn er äußert:
"Ein Merkmal der Ausführungen Bräunlichs wird sich trotzdem auch jeder objektive Kritiker zu eigen machen. Hier ist das Endergebnis der Bibelforscherarbeit herausgestellt worden: Die Massen werden zunächst der Kirche sowie jeder nur religiösen Gemeinschaft entfremdet und mit glühendem Hass gegen sie erfüllt. Bricht dann eines Tages ihr religiöses Gebäude zusammen, so wird ein großer Prozentsatz getrieben durch bittere Enttäuschung, sich vollends dem Atheismus verschreiben, zumal ihre bisherige religiöse Gedankenwelt nichts anderes ist, als religiös übertünchter Materialismus.
Der Unterschied der Auffassung besteht lediglich darin, dass Bräunlich der Ansicht ist, Schimpfflut der Revolutions- und Desertationshetze von 1918 glaubhaft nachweisen zu können, dass diese Entwicklung seitens der Führerschaft gewollt ist, während andere das als eine ungewollte Wirkung ansehen." [193]
Man beachte aus vorstehenden Voten nochmals ausdrücklich die von Braeunlich geprägte Vokabel: "Schimpfflut der Revolutions- und Desertationshetze von 1918."
Damit hat er seine eigene Position klar umschrieben. Die Position
des Deutschnationalen bis auf die Knochen. Es war Braeunlich vom
Alter her, nicht mehr vergönnt, noch im Naziregime eine Rolle zu
spielen. Aber das Deutschnationale und Nazis zwei Früchte desselben
geistigen Stammes darstellen, ist jedem Sachkenner geläufig.
Bräunlich war auch kein "Außenseiter". Deutschnationale feierten in
der Evang. Kirche auf breitester Basis fröhlichsten Urstand. Es gab
nicht wenige Exemplare unter ihnen, bei denen man sich ernstlich
fragen muss. Was ist denen eigentlich wichtiger. Die Tünche
angeblichen "Christentums", oder tatkräftige nazistische Politik im
Alltag umzusetzen. Spätestens mit dem erstarken in organisatorischer
Form, als sogenannte "Deutsche Christen", wurde dieser Dissenz vor
aller Welt sichtbar.
Wie gesagt; spielte Bräunlich - altersbedingt - im Naziregime keine
Rolle mehr, so haben andere durchaus seinen Part fortgeführt; etwa
Julius Kuptsch.
Bräunlich repräsentierte die ältere Generation dieser Linie. Es ist
nicht uninteressant auch zu registrieren, wie zwei
Verschwörungstheoretische Wurzeln, sich nach dem ersten Weltkrieg im
besonderen auf die Bibelforscher "einschossen". Die eine mit
katholischen Wurzeln, bis zur Gegenwart, wofür der Name
Robin de Ruiter im besonderen steht, will die Freimaurer
zu Buhmännern hochstilisieren. Hier mag Bräunlich nicht folgen. Und
seine Ablehnung der Freimaurerhetze ist nur zu berechtigt.
Das aber bedeutet noch lange nicht, dass Bräunlich deshalb nun
"grundlegend" besser wäre. Er ersetzt die katholischen (und
Nachfolger)-Buhmann lediglich durch den Buhmann "Bolschewismus".
Sachlich verfehlen beide Buhmänner grundlegend ihr Ziel
Nachstehend seien mal einige Passagen aus der 1926-er Bräunlich-Schrift zitiert, die er mit dem Titel versah: "Die Ernsten Bibelforscher als Opfer bolschewistischer Religionsspötter":
"Als vor fast einem halben Jahre mein
Buch 'Leo Taxils Schelmenstreiche'
fertig war, war es meine Meinung, dass sich nun
Fachleute an die Untersuchung der einzelnen Teile des großen
bolschewistisch-atheistischen Weltbetruges heranmachen würden.
Leo Taxil hatte seinerzeit in der
römisch-katholischen Welt die Rolle eines jener 'Wölfe im Schafspelz' zu spielen
unternommen, von denen Christus die Seinen so nachdrücklich warnt.
Jedes Wort und jede Silbe zwischen den beiden
Pappdeckeln völlig gleichwertig als göttliches Orakel behandeln! Daraufhin los
interpretieren und kombinieren! Das Ganze mit einer frommen Sauce übergießen! So müsste
es gehen! So würde sich Christentum wandeln lassen in Antichristentum, religiöses
Verlangen in ein Förderungsmittel gottlosesten Bolschewistentums!
Wer solch bolschewistischer Veralberung des
Christentums gegenüber nicht begreift, dass wir es hier, wie bei den andern in den
'Schelmenstreichen' als parallellaufend geschilderten seltsamen pseudoreligiösen
Zeiterscheinungen mit einer bewussten geistigen Vorbereitung der Weltrevolution zu tun
haben, der wird schließlich jedem Spaßvogel auf den Leim kriechen, solange dieser nicht
ausdrücklich zu ihm sagt: 'Verehrter Herr, ich beschwindele Sie'.
Schon im Jahre 1921 schrieb Fetz den lapidaren
Satz: Das Ernste Bibelforschertum ist 'nichts anderes als ein in religiösem Gewande
verkappter Bolschewismus'. Und im Jahre 1924 konnte man aus Professor D. Viktor Schule's
Feder im 'Reichsboten' über die Stellung der Bibelforscher zu Staat, Kultur,
Nationalität und Kirche lesen: 'In dieser Richtung vertreten die den äußersten
Radikalismus und Nihilismus.
Noch muss erwähnt werden, dass Russell selber
unsere Hauptthesen bezüglich seiner politischen Stellung bestätigt. Ungeschminkt bekennt
er sich zum Kommunismus. Nur kurzsichtige können sich durch gelegentliche Bemerkungen
irre leiten lassen, wie: der Kommunismus sei 'kein Teil des Ratschlusses Gottes'
Denn auch hier führt unser Schlauberger alsbald unmissverständlich genug fort: Freilich,
'wäre das Tausendjährige Reich schon aufgerichtet, und würden die verheißenen Regenten
bereits mit eiserner Rute regieren, dann könnte der Kommunismus gedeihen. Dann wäre es
wohl die beste Gesellschaftsform. Und wenn ja, dann wird ihn sicher der König der Könige
zu seiner Methode machen. Aber darauf warten wir.'
Praktisch bereitet Russell den Sieg des
Bolschewismus vor insbesondere durch unablässiges Hintreiben der von ihm umgarnten
frommen Kreise kleiner Leute auf den Kirchenaustritt und durch Einschärfung der
'Pflicht', den bestehenden Ordnungen sich feindlich zu erweisen, sowie den Sieg
bolschewistischer Gottlosigkeit in keiner Weise zu hemmen.
Seinen Kampfruf: 'Heraus aus Babel!'
erläutert er u. a. mit den Worten
:'Die Lostrennung von Babel ist so gemeint, dass
man sich von allen Banden in der Namenschristenheit, von jeder Teilnahme an deren
bürgerlichen, gesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen losmachen soll. Dies kann
nur geschehen, indem wir aus verschiedenen kirchlichen Organisationen ausscheiden.
Gleichzeitig müssen wir allen bestehenden bürgerlichen Gewalten fremd gegenüberstehen.'
Am Weltrevolutionstag sei es 'Pflicht aller
Geweihten', 'zu allernächst zuzusehen, dass sie dem Wagen Jehovas nicht im Wege sind, und
dann stille stehen und schauen das Heil Gottes!'
(Band 7 der 'Schriftstudien') ist dermaßen
mit wütenden Ausfällen gegen Kirche und Geistlichkeit gespickt, arbeitet und jubelt in
einem Grade der Weltrevolution entgegen, dass man nicht selten die Ergüsse eines durch
Alkoholgenuss blödsinnig gewordenen bolschewistischen Zeitungsredakteurs vor sich zu
haben glaubt.
Das ganze Verhalten der
Bibelforscher-Gesellschaft entspricht dem geheimen Bunde ihrer 'religiösen' mit den
politischen Führern der Weltrevolution.
Den Beginn des letzteren, seinen 'Tag der
Rache', hatte Russell, wie gesagt, auf Oktober 1914 angesetzt. Und - merkwürdig - am 26.
Juni dieses Jahres fielen in Sarajevo die Schüsse, die den Völkerkrieg entfesselten,
ohne den der Traum einer Weltrevolution sich kaum, sobald erfüllen konnte.
Der Evangelische Preßverband nagelte in einem
Rundschreiben vom 23. Juli 1914 revolutionäre Ausführungen der Bibelforscher-Presse fest
wie: 'Die gegenwärtigen Regierungen sind heidnisch, wild, tierisch. Es ist höchste Zeit,
dass nach dem Willen Jehovas alle Regierungen und Kirchen gestürzt werden.' Und er setzt
hinzu: 'So leuchtet plötzlich hinter der Maske des Sektensendlings die hasserfüllte Wut
eines Umstürzlers hervor!'
(1925) Dass für das genannte Jahr -
spätestens für Oktober 1925 - vom Bolschewismus ein großer Schlag geplant war,
verrieten viele Anzeichen. So die Sprengung der Kathedrale von Sophia und zahllose
Aufstände von Marokko bis China. Abermals wetteiferten dabei mit den politischen die
religiös vermummten Emissäre von Moskau.
Um die Jahreswende 1924/25 verteilten die
Bibelforscher in allen Ländern der Welt bis in kleinste Dörfer hinein viele Millionen
Exemplare des Flugblattes: 'Anklage gegen die Geistlichkeit.' Darin ergießt sich die
ganze Schimpfflut der Revolutions- und Desertationshetze des ausgehenden Weltkrieges
erneut über die amtlichen Vertreter der Kirche."
Beklagte sich Bräunlich, dass sein
dreibändiges Taxilbuch keine größere Beachtung gefunden hatte, so sollte dies mit
seiner zitierten Broschüre durchaus anders sein. Schon in der Nummer 11/12 (1926) der vom
Verein zur Abwehr des Antisemitismus herausgegebenen "Abwehrblätter" fand sich
eine wohlwollende Besprechung der "Religionsspötter"-Schrift des Paul
Braeunlich.
Warum gerade in dieser Publikation?
Nun, der Grund wird darin auch genannt. Bräunlich hat in seiner Schrift auch die
Unterstellung zurückgewiesen, die Bibelforscher würden von den Juden
"finanziert". Nach Bräunlich käme da eher der "Bolschewismus" in
Betracht. Einen definitiven Beweis für seine These konnte er zwar auch nicht namhaft
machen. Aber immerhin, die Indizien, die die Bibelforscher in die kommunistische Ecke
stellten, hat er gezielt zusammengetragen.
Für den Verein zur Abwehr des
Antisemitismus, war angesichts sich steigernder Hetze gegen das Judentum, besonders jener
Aspekt interessant, der sie als vermeintliche "Finanziers" der Bibelforscher (in
antisemitischer Lesart) entlastete.
Es ist nicht uninteressant zu sehen,
dass die "Abwehrblätter" auch einen umfänglichen eigenen zweiteiligen Artikel
zum Thema veröffentlichten. In den Nr. 21/22 und 23/24 des Jahrganges 1925 schrieb ein
Dr. R. Horlacher darüber. Aus seinen Ausführungen sei noch das nachfolgende zitiert:
"Die I.V.E.B. (Internationale Vereinigung
Ernster Bibelforscher) entfaltet in neuerer Zeit eine gesteigerte Propagandatätigkeit in
unserem deutschen Vaterlande. Eine erfreuliche Erscheinung darf man sie wohl kaum nennen.
Zwar hat es immer Sekten gegeben, die eine andere Bibelauslegung als die seitens der
christlichen Kirchen gepflegte propagieren, oder Sekten, die das sichtbare Wiederkommen
des Heilands oder das Weltende mit dem jüngsten Gericht genau vorausberechnet und als
unmittelbar bevorstehend angekündigt hatten; auch Sekten, welche die Tätigkeit der
Geistlichkeit kritisierten und von ihr eine andere, einseitigere Einstellung forderten.
Aber wenn die E. B. (Ernste Bibelforscher) in
millionenfach verbreiteten Flugblättern und in allenthalben abgehaltenen Versammlungen in
ihrer 'Anklage gegen die Geistlichkeit' die Geistlichen als Teufelsanbeter, eitle und
hochmütige Betrüger, Lügner, Gotteslästerer, Satansverschwörer usw. bezeichnen, wenn
sie ihnen alle Schuld an der Not unserer Zeit zuschicken, so geht dies denn doch weit
über das Maß des Erträglichen hinaus.
Darf man wohl auch den Gründer dieser
Bewegung, Russell, als einen ehrlichen Phantasten, an dessen Lauterkeit nicht zu zweifeln
ist, ansehen und darf man sicherlich auch allen seinen Anhängern den Glauben an eine gute
Sache nicht absprechen - die Methode der E. B. entspricht weder politischem Anstand noch
biblischer Forderung. Es ist der gleiche Radikalismus und die gleiche Überheblichkeit,
wie wir sie z. B. Bei den Völkischen erleben. Und genau wie bei den Antisemiten sind auch
die Lehren der E. B. wissenschaftlich unhaltbar.
Unter solchen Umständen ist es den Kirchen
durchaus nicht zu verdenken, wenn sie Maßnahmen gegen die E. B. ergreifen; nicht nur ist
es das selbstverständliche Recht der Kirchen und ihrer Geistlichkeit, sich zu
verteidigen, sie haben sogar die Pflicht, den vom Standpunkt wissenschaftlicher
Bibelkritik unhaltbaren und in ihrer Auswertung geradezu gefährlichen Bibelauslegungen
der E. B. entgegenzutreten. Auch ist es begreiflich, wenn politische Körperschaften die
Kirchen in ihrem Kampf gegen die E. B. unterstützen wollen.
Unbegreiflich ist es, wenn die Kirche - nicht
in ihrer Gesamtheit, aber doch zu einem nicht geringen Teil! - in ihrem Abwehrkampf den
Antisemitismus zu Hilfe ruft, und geradezu als schmutzig mutet es an, wenn die Völkischen
den Kampf gegen die E. B. führen lediglich um ihren antisemitischen Gedankengängen auch
bei den kirchlich-positiv gerichteten Kreisen einen Resonanzboden zu schaffen, nachdem sie
das ganze Problem auf das antisemitische Geleise geschoben bzw. verschoben haben.
Kirchliche Kreise sollten die so diensteifrig
angebotene Unterstützung seitens der Völkischen mit Skepsis betrachten und sie als eine
die gute Sache lediglich kompromittierende Hilfe zurückweisen; die Völkischen drängen
sich doch sonst nicht gerade vor, wenn es die Verteidigung kirchlicher Belange gilt. Es
ist nicht nur der Kampfruf 'Gegen Juda und Rom!', auch der Kampf gegen die Bibel und gegen
jedes biblische Christentum wird von ihnen als den Verfechtern des neugermanischen
Heidentums in schroffster Weise geführt.
Ihr Antisemitismus schon an sich etwas absolut
Unchristliches, so schändet nicht nur seine Anwendung seitens Angehöriger der
Geistlichkeit die Kirche, sondern nimmt ihrem Kampf gegen die E. B. den Charakter
ehrlicher Aufklärungsarbeit und ausschließlicher Abwehr, macht ihn vielmehr zum Angriff
und zur Aufhetzung, die doch angeblich vermieden werden wollen!
Die Ausnutzung des Problems 'Ernste
Bibelforscher' für ihre Zwecke ist allen Völkischen von den Hitlerleuten bis zum
antisemitisch-radikalen Flügel der Deutschnationalen gemeinsam. In ihren Tageszeitungen
vom 'Völkischen Beobachter' bis zur 'Deutschen Zeitung' und in ihren Zeitschriften wie
'Weltkampf', 'Hammer', 'Nornen' usw. wiederholt sich mehr oder weniger oft das Thema: 'Die
Ernsten Bibelforscher und das Judentum'. Eifrig wird dabei die Schrift von August Fetz,
der den Völkischen als Kronzeuge dient, propagiert.
Unsere Untersuchung soll sich vielmehr auf die
Behauptungen, die E. B. seien ein 'jüdisches Machtinstrument zur Zerstörung des
Christentums' beschränken.
Da tritt uns zunächst die Behauptung
entgegen, der Gründer der I.V.E.B., Charles Taze Russell sei Jude gewesen. In keiner der
anderen, gegen die E. B. gerichteten Schriften von Loofs, P. Fiebig, F. Kaiser usw. - ist
diese Behauptung aufgestellt worden.
Aber solche Tatsachen machen Herrn Fetz wenig
Kopfzerbrechen; er führt als Beweis an, dass (ausgerechnet!) der 'Hammer' des Herrn
Fritsch Russell als Juden 'anspreche' und dass die 'Nornen' von ihm als einem 'jüdischen
Kaufmann' berichteten. Aber Herr Fetz hat noch bessere Zeugen: In dem 7. (Nachlass) Band
der Russellschen 'Schriftstudien' heißt es:
'Im Anfang der 70-er Jahre war Ch. T. Russell
an Handelsgeschäften beteiligt
'; ist das nicht Beweis genug, dass Russell Jude
gewesen sein muss!? Den letzten Zweifel, dass das Judentum Russell noch nicht so ganz
bewiesen sei, beseitigt Herr Fetz mit folgender Belehrung, die mir des Abdrucks würdig
erscheint:
'Doch ist es nicht ausschlaggebend, den Streit
darüber zum Austrag zu bringen, ob Russell getaufter oder ungetaufter Jude oder
Deutscher, Engländer, Franzose u. ä. von Hause aus war. Hier kommt es auf den Geist (!)
an, der in ihm lebte, der ihn trieb, den er in seinen Schriften oder Predigten
verkörperte und den seine Jünger in das deutsche Volk tragen wollten. Es ist dies der
ausgeprägt alttestamentliche jüdische Geist des Talmuds und der Kabbala (jüdische
Geheimlehre.)'
Es bleibt nun noch der Vorwurf, dass die E. B.
den Hass gegen die christlichen Kirchen predigten. Diese Behauptung entspricht den
Tatsachen und ist schon
angesprochen, dass eine solche Hetze, selbst wenn sie in
gutem Glauben geschehen sollte, nicht nur unanständig, sondern absolut unchristlich ist.
Ist aber damit der Beweis des 'jüdischen Kampfes gegen die Christenheit' erbracht?
Üben nicht die Völkischen eine besonders
scharfe, oft völlig verdammende Kritik? Ist jede Ausstellung am heutigen Zustand der
Christenheit eo ipso ein jüdischer Angriff?
Fetz und seine antisemitischen Freunde
scheinen bei ihren Gläubigen größte Urteilslosigkeit vorauszusetzen.
Wenn man den Antisemiten alle diese Beweise
für die Haltlosigkeit der Behauptung, dass die E. B.-Bewegung von den Juden komme und
für die Juden wirke, entgegengehalten hat, dann rücken sie mit ihrem letzten Trumpf
heraus: Die E. B. werden vom Gold der 'jüdischen internationalen Hochfinanz' gespeist.
Der 'unwiderlegliche' Beweis dafür seien die Geschäftsbeziehungen der E. B. zum
'jüdischen' Bankhaus Hirsch in Newyork; außerdem sei durch einen vor etwa Jahresfrist in
St. Gallen (Schweiz) durchgeführten Prozess 'unwiderleglich' bewiesen, dass die E. B. von
jüdisch-amerikanischem Gelde gespeist seien.
Die Antisemiten sagen: weil die E. B. in
Geschäftsverbindungen mit dem 'jüdischen' Bankhaus Hirsch in Newyork stehen.
Mit Verlaub meine Herren - würden sie die E.
B. als von dem Christentum unterstützt bezeichnen, wenn sie zufällig mit einem
'christlichen' Bankhaus - das soll also heißen mit einem Bankhaus, dessen Direktor oder
Inhaber Christ ist, in Geschäftsverbindungen ständen?
Dabei ist nicht einmal von der Gegenseite der
Beweis erbracht worden, dass die E. B. wirklich Kunden des Bankhauses Hirsch sind und dass
dieses Bankhaus wirklich rein jüdisch und - falls dies der Fall sein sollte - dass es
wirklich nicht nur nach den bankmäßigen Geschäftsinteressen, sondern im Sinne
'jüdischer Politik' - was wäre darunter zu begreifen? - arbeitet.
Bei dieser Dürftigkeit ihrer Beweise
stürzten sich die Antisemiten auf einen im Januar 1925 vor dem St. Gallener
Bezirksgericht sich abspielenden Prozess. Ein Schweizer, Dr. Fehrmann, hatte den E. B.
vorgeworfen, sie arbeiteten mit jüdischem Geld und trügen in die Christenheit
Verwirrung, um dadurch die geheimen Ziele des Judentums zu fördern. Der Leiter der
Schweizer Abteilung der E. B., Binkele, hatte deshalb gegen Dr. Fehrmann Klage erhoben und
wurde mit seiner Klage unter Aufbürdung der Prozesskosten - abgewiesen.
Damit ist also der Beweis erbracht, dass die
E. B. mit jüdischem Gelde arbeiten um zu Gunsten der jüdischen geheimen Ziele die
Christenheit zu verwirren! So sagen wenigstens die Antisemiten.
Was sie verschweigen ist folgendes: Die Klage
wurde - wie dem Abwehrverein auf Anfrage vom Präsidenten der 1. Abt. des Bezirksgerichts
St. Gallen mitgeteilt worden ist - aus grundsätzlichen Erwägungen abgewiesen: Mangel an
Parteifähigkeit der I.V.E.B., Fehlen einer Beleidigung gegen Binkele; zur Beweisführung
ist es überhaupt nicht gekommen!
Zunächst also hat das Gericht dem Herrn
Binkele die Klagelegitimation abgesprochen; daraus machen die Antisemiten eine
'gerichtliche Bestätigung' des Vorwurfs, dass die E. B. mit jüdischem Geld zur
Vernichtung der Christenheit und zur Förderung der jüdischen 'Geheimziele' arbeiten.
Daneben ging das St. Gallener Bezirksgericht
bei der Abweisung der Klage von der Ansicht aus, dass eine Beleidigung seitens Dr.
Fehrmanns überhaupt nicht vorliege; denn in der immerhin bestrittenen Behauptungen der
Annahme jüdischen Geldes sei keine Ehrverletzung zu erblicken.
Ein eventueller Wahrheitsbeweis über die
Behauptung der jüdischen Geldunterstützung kam für das Gericht überhaupt nicht in
Frage. Immerhin stellte das Gericht in einer kurzen Bemerkung fest, dass an Hand der
vorliegenden Akten der Wahrheitsbeweis nicht als erbracht gelten könne.
Eine gewisse Rolle spielte in dem Prozess auch
ein angeblicher Freimaurerbrief aus Boston - natürlich darf so etwas nicht fehlen! -, der
die Behauptung von der jüdischen Geldunterstützung belegen sollte. Der Brief wurde dem
Gericht jedoch nicht einmal vorgelegt, denn er war - früher verlorengegangen."
Soweit Dr. Horlacher.
In der gleichen Ausgabe der
"Abwehrblätter", in der der zweite Teil der Horlacher'schen Ausführungen
abgedruckt war (Nr. 23/24 (1925)), kam auch Bräunlich mittels einer Selbstdarstellung zu
Wort. Darin verstieg er sich zu einigen besonders gewagten Behauptungen.
So konstruierte er, dass in seiner
Sicht Balzereit zur Zeit des Kieler Matrosenaufstandes, der ja faktisch als äußerer
Katalysator, dass Ende des deutschen Kaiserreiches eingeleitet hatte. Also Bräunlich
verstieg sich zu der Behauptung, Balzereit habe gar dem dortigen Soldatenrat angehört und
noch einige andere, gleichfalls riskante Unterstellungen.
Auch Bräunlich hat keine hieb- und
stichfesten "Beweise" vorgelegt. Wenn Dr. Horlacher, in seinen vorstehend
dokumentierten Ausführungen, auch berechtigterweise den August Fetz angriff und die
Fragwürdigkeit seiner Behauptungen herausarbeitete, dann wird man den
"Abwehrblättern" vorhalten müssen, dass ihnen die gleiche Kritikfähigkeit in
Sachen Bräunlich fehlte.
Man ließ sich dort davon blenden,
dass Bräunlich die antisemitischen Anwürfe teilweise zurück wies. Dass er sie durch
andere, ebenso gewagte Thesen ersetzte, darüber reflektierten die
"Abwehrblätter" nicht.
Zum Abschluss dieser Darstellung noch
einige Ausführungen aus der Selbstdarstellung von Bräunlich in den Spalten der
"Abwehrblätter":
"Es waren die Geburtsstunden der Weltrevolution, jener Anschauungen,
die heute unter dem Namen 'Bolschewismus' sich anschickten die Alleinherrschaft über die
Länder der Erde anzutreten. Wir haben also Taxil als einen der ersten ganz konsequenten
Vertreter dieser mittlerweile zu so bedrohlicher Macht herangewachsenen Geistesrichtung zu
betrachten. Er ging in ihrer Umsetzung in die Tat voran.
Soviel ist sicher, dass er (Russell) seit 1879
in der evangelischen Welt eine ganz ähnliche Rolle gespielt hat, wie Taxil in der
katholischen. Sein mit sich steigerndem Eifer verfolgtes Ziel war die Zerstörung der
Kirchen der Reformation. Und zwar bemühte er sich, dass von Innen heraus zustande zu
bringen, indem er sich gerade unter die bisher treuesten Kirchenbesucher mischte, sie als
'Wolf im Schafspelz' mit seltsamsten Wahnvorstellungen erfüllte und unter dem Ruf 'Heraus
aus Babel' ihren Religionsgemeinschaften abwendig zu machen suchte. Seine Lehre ist
nichts, als ein aufs Fadenscheinigste 'religiös' herausgeputzter Bolschewismus.
Alles läuft darauf hinaus, die Massen auf die
Weltrevolution vorzubereiten. Sie sollen zum mindesten 'still stehen und warten', damit
sie 'dem Wagen Gottes nicht im Wege sind', wenn der 'Tag der Rache' hereinbricht.
Das dann herrschende System wird das
'kommunistische' sein. Es wird im übrigen ganz nach dem Muster dessen geschildert, was
wir im russischen Bolschewismus erlebten: 'Ein eisernes Regiment', das 'die Freiheit des
Volkes im hohen Grade einschränkt'. 'Die Menschheit wird auf ihre republikanischen Ideen
verzichten müssen und tausend Jahre unter einer selbstherrlichen Regierung leben' usw.
Es ist unbegreiflich, dass bis zum heutigen
Tage noch niemand das 'Ernste Bibelforschertum' als ein Unternehmen gottlosester
Weltrevolutionäre erkannt hat, wenn auch einzelne es ahnen.
Was sagen unsere Leser endlich dazu, dass der
(ein-) 'geweihte' Führer der deutschen Bibelforscher, in dessen Hand z. Zt. die ganze
Macht des absolutistisch geleiteten Bundes bei uns liegt, Herr Balzereit, in den Tagen des
deutschen Zusammenbruches Hafenarbeiter ausgerechnet in - Kiel war, von wo die Revolution
ihren Lauf ins Land nahm? Ja, dass der dortige Soldatenrat aus ihm und zwei anderen
bestand? ---
Nach alledem haben wir wenig Neigung zu
glauben, dass nicht etwa die sonst wahrlich nicht knauserigen bolschewistischen
Gesinnungsgenossen und Parteifreunde Taxils, sondern die 'Juden' das Heidengeld für die
Agitation der 'Ernsten Bibelforscher' hergeben...."
Es war vorauszusehen, dass die Bibelforscher über die Bräunlich'sche
Religionsspötter-Schrift, nicht angetan sein würden. Folgerichtig findet man
in der Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 5. 1926 eine
relativ knappe Polemik dazu. Namentlich gezeichnet mit E. Merk.
Auch hier wiederum nicht uninteressant. Über die Kinder eines Dr. Franz Merk
und die Kinder von WTG-Funktionär Balzereit ergaben sich noch engere
verwandschaftliche Verbindungen. Beide Familienlinien, sowohl Balzereit als
auch Merk, sagten aber (spätestens) nach 1945 der WTG ade!
Bei Roser findet man dazu etwa die lapidare Beiläufigkeitsanmerkung:
"Merk trennte sich dann wenig später von den Zeugen Jehovas. Womöglich hat hierbei eine Rolle gespielt, daß sein Sohn Edgar, der Mitte der dreißiger Jahre in Prag als Missionsgehilfe arbeitete, mit der Tochter von Paul Balzereit, dem früheren »Zweigdiener« der Zeugen Jehovas in Deutschland, verheiratet war. Balzereit wurde 1936 wegen seines Anpassungskurses 1933/34 aus der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen."
Zeitgenössischer Nachfolger in der WTG-Hierarchie für Franz Merk wurde
der nicht unbekannte Konrad Franke.
1926 war es noch nicht soweit. Da fungierte Merk (offenbar Merk Junior) noch
als Sprachrohr für Balzereit in Sachen Bräunlich.
In der genannten GZ-Ausgabe liest man in seiner Replik, dass
"ein neuerdings von Lic. theol. Bräunlich herausgebenes Machwerk, das, dem Ton und der geübten Methode der Ehrabschneiderei und der Kunst der Verdrehung von Tatsachen nach zu urteilen, fast den verkappten Jesuiten vermuten läßt."
Da schon geht Merk in seinem Frust zuweit. Man kann Bräunlich sicherlich
vieles anlasten. Nur eines nicht "verkappter Jesuit". Ist doch der
Evangelische Bund, dessen Funktionär Bräunlich ist, gerade als
Kampfinstrument gegen einen erstarkenden Katholizismus gegründet worden.
Weiter unterstellt Merk:
"In den antisemitischen 'Abwehrblättern' wurde in übelster Weise gegen den Leiter der Bibelforscherbewegung Propgaganda gemacht und die Behauptung aufgestellt, er sei bei Ausbruch der Revolution Mitglied des Soldatenrates in Kiel gewesen."
Auch hier desavoiert sich Merk selbst, indem er die "Abwehrblätter" als
"antisemitisch" erklärt. Nichts weniger als das! Sie sind zur Bekämpfung des
Antisemitismus ins Leben gerufen, aber kein antisemitisches Organ. Dieser
Lapsus offenbart eines besonders, die Oberflächlichkeit, mit der Merk
vorgeht. Hätte er sich intensiv damit befasst, hätte ihm solch ein Lapsus
nicht passieren dürfen.
Zudem besteht in Sachen "Abwehrblätter" der mehr als seltene Glücksfall,
dass man sich heutzutage via Internet, selber ein eigenes Bild anhand der
Quellen, der damaligen Kontroversen verschaffen kann.
Siehe dazu
Extern
wo unter der Jahreszahl 1925 die einschlägigen Links genannt sind.
Sachlichkeit kann man Herrn Merk sicherlich nicht unterstellen. Davon zeugt
auch seine gereizte Bemerkung:
"Liegt nicht die Vermutung nahe, daß Herr Bräunlich selbst nach der Methode des Taxil-Schwindels sich in die evangelischen Reihen hineindrängte, um dort für den Katholizismus verborgene Propaganda gegen den Protestantismus zu treiben?"
Weiter meint Merk:
"Das unschöne Geschrei des Herrn Bräunlich und seiner ihm verwandten Geistesgenossen und ihr Versuch, diese durch die Verfassung des Deutschen Reiches geschützte Missionsarbeit der Bibelforscher zu diskreditieren und zu verleumden, ist nur ein Ehrenzeugnis für ihre Arbeit."
Man kommt bei diesem Merk'schen Votum nicht umhin zu konstatieren. Er bietet auch nur Polemik. Zur Substanz dringt er in keiner Weise vor. Mag Bräunlich auch anfechtbares gesagt haben. Merk tut es in der Sache gleichfalls!
Eine zeitgenössische kritische (gleichwohl noch heute relevante) Bewertung
von Bräunlich wurde von
Rohkohl
schon formuliert