Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Friedrich Bösenberg: Annäherung an ein Thema
1.) Das Zeitgeschichtliche Umfeld
2.) Der "offene Brief"
3.) Im "Volksboten" begegnet man Herrn Bösenberg
4.) Der Scheidebrief
5.) Sein Zeitschriftenprojekt "Botschafter für den Haushalt des Glaubens"
6.) Sein Verhältnis zu "Die Aussicht" und Co
7.) Leserbriefe
8.) "Madagaskar" - "Fischer und Jäger"
9.) Wie er die Nazizeit überlebte
10.) Seine Broschürenliteratur
11.) Ein ergänzendes Nachwort
1.) Das Zeitgeschichtliche Umfeld
Die Gräfin lässt grüßen ...
Und ein russischer Hofrat zur Zeit des Zarentums bedankt sich
artig.
Aber eilen wir den Geschehnissen nicht zu weit voraus (bzw. zurück).
Begnügen wir uns für erste mit einem Votum aus der Nazizeit.
Nicht von einem echten Nazi, das wohl weniger. Aber ein Votum dessen Verfasser
(zumindest ich), durchaus nicht scheue ihn als Narren zu bezeichnen.
Nun sind ja bekanntermaßen die Zeugen Jehovas im Naziregime von einem Verbot
ereilt worden. Nicht primär wegen närrischer Ansichten, wohl aber weil sie den
politischen Intentionen der Nazis in die quere kamen.
Das alles ist nur zu bekannt, und bedarf an dieser Stelle nicht der
Wiederholung.
Nun gab es im Randbereich der Zeugen Jehovas zu der Zeit auch solche, die jenes
Verbot mit einigen Blessuren mehr oder minder erfolgreich überleben konnten.
Einer der sich auch Blessuren einhandelte, war mit Sicherheit ein Wilhelm
Burmester in Lüneburg (im Norden Deutschlands).
So recht trauten ihm auch die Nazis nicht über den Weg. Und je länger je mehr
setzte sich bei denen die Meinung durch. Der sei in der Verbotsschublade, wohl
am besten aufgehoben. Bis sich diese Meinung dann endgültig verfestigt hatte,
verging aber einige Zeit. Namentlich die Flugblattaktionen der Zeugen Jehovas,
mit denen er nun wirklich nichts zu tun hatte, sollten auch ihm zum Verhängnis
werden.
Was so ein strammer Nazi war, dessen Tagesprogramm war voll ausgefüllt. Da blieb
kaum ein Quentchen Zeit zum Luftholen. Und das galt dann wohl auch für die
Herren von der Gestapo. Und in diesem Zustand der permanenten Überlastung,
hatten die einfach nicht die Muße zwischen den verschiedenen Schattierungen im
Zeugen Jehovas-Umfeld zu differenzieren. Da waren die einfach total überfordert.
Und in diesem Zustand der Überforderung war für sie die Rasenmähermethode
(von den Kommunisten um 1950 dann fast Kopiergenau wiederholt), noch das
einfachste und bequemste.
Was dieser Burmester war früher mal WTG-hörig, jetzt aber so nicht mehr? Völlig
uninteressant für die Nazi-(Nachtwächter)"leuchten".
Das ist doch alles ein und dieselbe "Suppe" befanden sie. Damit war dann auch
das Schicksal von Herrn Burmester zu Nazizeiten besiegelt.
Bevor es soweit kam, hatte er allerdings im Jahre 1936 noch die letzte Chance,
mit einer eigenen Publikation in Erscheinung zu treten. Die Fortsetzung seiner
damaligen Publizistik, war ihm dann erst nach 1945 vergönnt.
Also sprach Herr Burmester, seines Zeichens Bibelforschender Pyramidenphantast.
Siehe dazu auch
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,26783,26892
...
In seiner Anfang 1936 erschienen Schrift "In dem Schatten eines Mächtigen"
(S. 3f.)
"Zur Abfassung nachstehender Abhandlung bin
ich angeregt worden durch die in dem Jahre 1935 erschienene vorzügliche Schrift
von Pfarrer a. D. Friedrich Ackermann in Haßfurt a. M.: Die Neue Biblische
Zeittafel", welche für den Chronologen in vieler Hinsicht beherzigenswert und
interessant ist. ... Während ich mit der darin niedergelegten Chronologie bis
zum Jahre 999 v. Chr. restlos übereinstimme, gehen alsdann weiter zurück unsere
Ansichten leider auseinander. ...
Mir scheint, daß die Bibelchronologie in Band II der Schrift-Studien" -
erschienen 1889 - bis heute einer solchen exakten Prüfung immer noch
standgehalten hat."
Nun ist weder die Meinung von Herrn Burmester, noch die des von ihm ja auch
bemühten Herrn Russell die meinige. Das mit Sicherheit nicht. Aber wenn schon da
von Herrn Burmester ein Pfarrer a.D. als sein Gewährsmann bemüht wird, ist es
naheliegend, sich auch für diesen Herrn etwas näher zu interessieren. Und siehe
da, nicht nur eine, sondern gleiche mehrere Schriften zum Chronologie-Thema hat
dieser Herr Ackermann veröffentlicht.
Zum Beispiel mit den Titeln
"Siehe Er kommt
Und werden heulen alle Geschlechter der Erde
Ein Kompendium alles dessen, was ein Bibelchrist von den "letzten Dingen" wissen
sollte" Heft 1 und 2; 1927.
In letzteren (Heft 2 S. 48) wusste er dann auch mitzuteilen,
dass die Wiederkunft Christi ums Jahr 2000
zu erwarten sei. Da mittlerweile das Jahr 2000 auch
Geschichte ist, kann man sich ja so seinen eigenen Reim darauf machen, was von
diesen (wie ich es formuliere) Spinnern denn zu halten sei. Zugegeben sei
aber, dass Jahr 2000 lag ja außerhalb seines wahrscheinlichen Lebensradius.
Dann gab es da noch von diesem Herrn
"Die Weltchronik bis zur Geburt Jesu
Christi. Nach den Angaben der Bibel" 1931
"Die Unhaltbarkeit der modernen wissenschaftlichen Zeitrechnung vor Christi
Geburt und ihre Fehlerverbesserung an Hand der "Neuen Zeittafel nach den Angaben
der Bibel" 1933
"Die "neue biblische Zeittafel" des vorchristlichen Reich-Gottes und
Weltgeschichte als Norm und Regulator für die Richtigstellung der modernen
wissenschaftlichen Chronologie" 1935.
Angebunden war er an einem sogenannten "Bibelbund", noch heute existierend
.
Ich kann blos immer wieder darüber lachen, wenn gewisse kirchliche Kreise "kraft
ihrer Wassersuppe" glauben das Recht zu haben, andere Zweige der
Religionsindustrie als Sekten zu bezeichnen. Wer da im Einzelfall der größere
Sektierer ist, dürfte wohl eine Frage sein, über die trefflich zu streiten wäre.
Sieht man sich die Ackermann'schen Schriften näher an, stellt man ein nicht
uninteressantes Resultat fest.
Man weis ja von den Zeugen Jehovas, dass in deren Chronologien, das Jahr 607/606
v. Chr. eine bedeutende Rolle spielt. Demgegenüber gibt es aber auch andere
Zweige der Religionsindustrie, die just das Datum 586/87 v. Chr. als
angemessener bezeichnen.
In diesem Streit ist nun zu konstatieren, das besagter Herr Ackermann mit
Vehemenz sich für 606/07 und gegen 586/87 ausspricht.
So meint er seinen Gegnern etwa vorhalten zu können :
"Dem einfältigen Bibelleser, ganz besonders
aber dem in der Schrift ernstlich forschenden Theologen, der sich durch das
"Sumpfgelände und den Finsterwald chronologischen Durcheinanders" sowie durch
die Hunderte von oftmals scharfsinnigen, meist aber grund- und haltlosen
Arbeits- und Studierhypothesen neuerer Chronographen glücklich hindurch
gearbeitet und auf dem Felsboden biblischer Offenbarungsgeschichte wieder festen
Fuß gefasst hat, wird es stets unverständlich bleiben, dass so viele
protestantische Theologen und Alttestamentler angesichts der hell leuchtenden
chronologischen Fixstern in der Hl. Schrift eine "nur" 4000 jährige Dauer der
vorchristlichen Menschheitsgeschichte meinen ablehnen zu müssen."
Und weiter Originalton Ackermann:
"Nur vom Jahre 606 abwärts und aufwärts
lassen sich die biblischen Zeitangaben sowie die profan-wissenschaftlichen Daten
aufs harmonischste synchronisieren, während jedes andere geschichtswidrige Datum
der Zerstörung Jerusalems die schreiendsten Dissonanzen und nie zu lösende
Differenzen verursacht."
Das war dann ja wohl für Burmester und auch die Zeugen Jehovas "Wasser auf
die Mühlen"
Und noch ein Votum von Ackermann:
"Es ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte
moderner Chronologiewissenschaft, dass besonders die protestantischen Gelehrten
ganz hingenommen von den großen Fortschritten der ägyptischen und assyrischen
Keilschriftforschung, nur allzu schnell auf die Geltendmachung der Hl. Schrift
als oberster Autorität und primärer Geschichtsquelle verzichten und in
Bibelchronologischen Fragen, von den Ägyptologen und Assyriologen gefangen oder
in ihr Schlepptau nehmen ließen."
Zu diesem Dissenz sei noch eine andere, 1887 erschienene Schrift von Nikolaus
Howard, mit dem Titel "Beiträge zum
Ausgleich zwischen alttestamentlicher Geschichtserzählung, Zeitrechnung und
Prophetie einerseits, und assyrischen nebst babylonischen Keilinschriften
andererseits" zitiert.
Und in selbiger liest man (S. 7):
"Zwischen der Regierung von Ahab (Achab)
und der von Ahas (Achas) rechnet die Bibel ungefähr ein halbes Jahrhundert mehr,
als nach assyrischen Keilinschriften die meisten Vertreter dieser neuen
Wissenschaft annehmen zu können meinen."
Das wiederum hat dann Herrn Ackermann zu seinen vollmundigen Thesen
beflügelt.
Noch einmal sei Herr Ackermann zitiert. In seinem "Siehe Er kommt
Und werden heulen alle Geschlechter der Erde" findet man auch die Angabe
(Heft 2 S. 46):
"Unter den bald 200 wissenschaftlichen
Berechnungen der Aera von Adam bis Christus, deren Extreme (6584 das eine, 3483
das andere) um 2000 Jahre auseinander liegen zählt Julius Afrikanus 5500 Jahre
bis auf Christus, Skaliger 3950, Kepler 3984, Ussher 4004. In ähnlicher Weise
differenzieren die Jahreszahlen des Eintritts der Sintflut, des Turmbauer zu
Babel, der Berufung Abrahams, des Auszugs Israels aus Ägypten usw., auch das
Geburtsjahr Jesu Christi."
Aber diese gewaltigen Differenzen störten ja Herrn Ackermann nicht, der wie
vernommen, glaubte sich auf das Jahr 2000 als das Jahr der Wiederkunft Christi
festlegen zu können.
Genug über die Ackermann's und Burmester.
Nähern wir uns jetzt der Gräfin, die da grüßen lässt.
Henry Grattan Guinness
Siehe zu letzterem auch:
http://books.google.de/books?id=3cNPxPjNVB4C&pg=PA206&lpg=PA206&dq=Grattan+Guinness+Henry&source=bl&ots=E0j42gWpDL&sig=srW5p1HVxItPL1xsoDuwphCwnnE&hl=de&ei=kTfTStabJ5OomgODiv2LAw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=13&ved=0CCoQ6AEwDA#v=onepage&q=Grattan%20Guinness%20Henry&f=false
Grattan hatte schon vor der Jahrhundertwende mit einem zweibändigen Werk von
sich reden gemacht. Zwar hat es die WTG und Russell (sehe ich es richtig)
nicht rezipiert. Das aber aus dem Grunde auch, weil ja Russell meinte "genauer"
zu sein.
Nur eine eher beiläufige Erwähnung des Guiness hatte ich mal registriert; und
zwar in einem Lebensbericht im "Wachtturm" vom 1. April 1949.
Zitat:
In dieser „WT-Ausgabe findet sich, in WT-Vokabular verpackt, auch der
Erlebnisbericht einer 71jährigen Zeugin Jehovas, die in Schweden zwanzig Jahre
lang Übersetzungsarbeiten für die WTG aus dem Englischen in Schwedische machte.
In einigen Nebensätzen gewinnt man da durchaus interessante Einblicke.
Etwa wenn sie über ihre eigene Biographie anmerkt:
"Dann gefiel es dem Herrn, mir den Weg zum
unentgeltlichen Besuch des nicht sektiererischen Ausbildungsheim für Missionare
in London von Dr. Grattan Guiness zu öffnen."
Schon hier muss man Widerspruch anmelden. "Nicht sektiererisch" meint diese
Dame, sei das Wirken des Herrn Guiness gewesen. Das kann man bestenfalls
dahingehend gelten lassen, als Guiness, ideologisch, auf einer ähnlichen
Wellenlänge schwamm wie Russell.
Namentlich die Randgruppen um Russell indes, haben jenes Guinness'sche Werk sehr
wohl registriert, rezipiert, und als Russell's 1914-Erwartungen in die Binsen
gingen, verstärkt als eigentliches Evangelium angesehen.
Insbesondere auch am
Fall Küppers nachweisbar.
Im Jahre 1889 erschien also der erste Bund mit dem Titel
"Das nahende Ende unseres Zeitalters im
Lichte der Geschichte, Weissagung und Wissenschaft"
Vorgestellt wird darin der Verfasser als:
H. Grattan Guinneß
Vorsitzender der Königlichen Geographischen Gesellschaft und Direktor eines
Missionsseminars in London"
Die "Autorisierte Übersetzung nach der 8. Auflage des englischen Originals" ins
Deutsche erfolgte von einer Gräfin Elisabeth Grouven.
Und damit wären wir schon mal bei der Gräfin, "die da grüßen lässt"
angelangt.
Im Vorwort zur 8. Aufl. dieser Übersetzung liest man dann auch die Sätze:
"Die Ereignisse der letzten 4 Jahre haben
die in diesem Buche ausgesprochenen Ansichten und Erwartungen bestätigt. Der
vollständige Verlust des türkischen Reichs, sowie der zunehmende Verfall und die
bevorstehende Auflösung derselben sind nur klarer hervorgetreten.
Das im allgemeinen tolerante und fast freigeisterische 19. Jahrhundert ist in
derselben Zeit durch das plötzliche Hervorbrechen und das schnelle Umsichgreifen
eines Geistes erbitterter Feindschaft gegen die Juden überrascht worden.
In dieser elenden Lage wenden die russischen Juden ihre Gedanken
natürlicherweise zur Auswanderung und zwar besonders nach Palästina."
Also man kann vom Ansatz her (bei vielleicht differierenden Details)
gewisse ähnliche Gedankengänge, wie auch bei Russell registrieren.
Auch er fabuliert von sieben Zeiten = 2520 Jahre.
Die deutsche Übersetzung dieses Buches erschien zwar in Berlin. Sonderliche
Beachtung (außer Randkirchenkreisen) fand sie wohl nicht. Garantiert auch
nicht in den Kreisen der Universitätstheologie. Die zogen es doch vor, Herrn
Guinness durch Nichtbeachtung zu beantworten.
Ganz anders hingegen war nun die Reaktion auf dieses Buch im geographischen
Bereich des heutigen Staates Lettland.
Ein Land mit einer äußerst wechselvollen Geschichte. Um die Jahrhundertwende
zwar politisch zu Russland gehörend; gleichwohl geschichtlich entwickelt, über
eine starke deutsche Minderheit verfügend. Mehr noch. Die dortigen Deutschen
bildeten die Oberschicht. Die eigentlichen Letten sahen sich zunehmend in der
Rolle von Halbleibeignen der Deutschen dort. Diese sozialen Spannungen entluden
sich schon mal in den Jahren 1905/06. Ganz kurzzeitig lernte Lettland sozusagen
als "Stapellauf" schon mal eine kommunistische Diktatur der Machart kennen, wie
sich nach Ende des Weltkrieges dann noch Gesamt-Russland zu kosten bekam.
Und die Kommunisten in Lettland, solange sie an der Macht waren, übten in der
Sicht der dortigen Oberschicht, und das waren wie bereits festgestellt
überwiegend Deutsche, eine wahre Schreckensherrschaft aus.
Blitzableiter war dabei für die Kommunisten auch und besonders die Deutschen
Evangelisch-Kirchlichen Kreise.
Zwar wurde diese kommunistische Herrschaft vom zaristischen Russland dann
gewaltsam niedergekämpft. Indes der Schrecken der kommunistischen
Terrorherrschaft, sie mag zeitlich auch nur "kurz" gewesen, saß nun tief in den
Knochen der lettischen Oberschicht, namentlich auch in deren
Deutsch-Christlicher Variante.
Als dann im Weltkrieg, ab etwa 1915, Lettland erneut von Deutschen Militär
besetzt wurde, überschlugen sich in der Folge die Ereignisse.
Da gab es abwechselnd Sieger und Besiegte. Und keiner konnte seine zeitweilige
Macht längere Zeit ausüben.
Sogar nachdem Deutschland den Versailler Vertrag unterzeichnet hatte, standen
weiterhin Deutsche Militärkräfte, beziffert auf 70.000 in Lettland. Und das
sogar mit Billigung der USA.
Deren Kalkül war, im russischen Bürgerkrieg möglichst die Kommunisten zu
besiegen. Den deutschen Militär war dabei die Rolle einer Hilfskraft zugedacht.
Deshalb genehmigte man das Weiterbestehen deutscher Militärischer Formationen in
Lettland, noch im Jahre 1919. Mehr noch, die deutschen Militärkräfte die
zeitweilig bis auf einen kleinen Brückenkopf in Libau (in dem Hin und Her
zusammengedrängt waren), wurden nun etwa ab Februar 1919 durch zusätzliche
Freiwillige kräftig aufgestockt. Der Versailler Vertrag hatte zwar den Krieg im
Westen beendet; im Osten hingegen ging er munter weiter. Und das mit
ausdrücklicher Billigung der USA-Regierung als einer der Tonangebenden im
Versailler Vertrag.
Auch die Deutschen ihrerseits waren an dieser Kriegsausweitung interessiert,
obwohl ja die ursprüngliche kaiserliche Regierung Deutschlands, nunmehr nicht
bestand.
Ihr Kalkül. Sollten sie Sieger in diesem Kampf werden, so hofften sie damit ein
Faustpfand zu haben, um die harten Bedingungen des Versailler Vertrages,
ihrerseits nun wieder etwas abmildern zu können.
Nachdem sich im russischen Bürgerkrieg jener Jahre letztendlich gezeigt hatte,
die Kommunisten bleiben die Sieger, war damit auch das Schicksal der deutschen
Truppen in Lettland besiegelt.
Die Kämpfe gingen aber speziell in Lettland weiter.
Drei Hauptformationen waren da Anfang 1919 auszumachen.
Kommunisten Moskauerhöriger Art,
Lettische Nationalisten
und Deutsche Okkupanten.
Okkupanten deshalb, weil zu ihren erklärten Kriegszielen zu Zeiten der
kaiserlichen deutschen Regierung, auch die Annexion Polen (damals ohnehin zu
Russland gehörend), wenn möglich auch noch Russland und ganz besonders das
Baltikum (mit bereits teilweise Deutschstämmigen dort) gehörte.
Diese Kriegsziele mussten dann erheblich zurückgesteckt werden im Verlauf der
weiteren Geschehnisse.
Aber offenbar nicht im Baltikum, wo man ja selbst das okay von USA-Präsident
Wilson dazu hatte.
Aber im Baltikum war eben innerhalb ganz kurzer Zeit heute jener, morgen dieser
der drei genannten Kräfte zeitweiliger "Sieger".
Die Siege und Niederlagen wechselten sich dort in jenen Tagen in einem Tempo ab,
wie andernorts die Leibwäsche gewechselt wird.
Nachdem die Amis dann sahen, der deutsche Erfüllungsgehilfe zur Niederringung
der Kommunisten hat sein Ziel auch nicht erreichen können, gaben sie
letztendlich grünes Licht für die lettischen Nationalisten, die dann aus diesen
Wirren als der endgültige Sieger hervorgingen bis zur nächsten Etappe (die aber
erst 1940 dann auf der Tagesordnung der Geschichte stand).
Für die Verlierer, zu der auch die deutsche Oberschicht, und in ihr besonders
auch die kirchlichen Kreise gehörten, hieß das Schicksal Emigration nach
Deutschland (günstigenfalls; ungünstigenfalls "Kopf ab" an Ort und Stelle).
Wesentliche Stützen der in Deutschland aufkeimenden Nazibewegung basierten dann
auch auf lettischen Emigranten. Um nur stellvertretend auch für andere, zwei
Namen zu nennen. Der spätere Nazi-Chefideologe Alfred Rosenberg, und auch der
Nazipfarrer Julius Kuptsch. Letzterer auch ausgewiesen dann noch durch eine
relativ umfängliche Anti-Zeugen Jehovas-Publizistik.
Das also in groben Zügen die lettische Territorialgeschichte, die zu beachten im
Hinterkopf sich empfiehlt.
Um die Jahrhundertwende war es ja noch nicht ganz so weit.
Was aber damals schon zu beobachten war, ist der Umstand, dass in der
letttisch-deutsch-kirchlichen Oberschicht sich besonders ein Familienclan derer
van Beuningen hervortat, der sich im besonderen durch die Schriften des
genannten Guinness Grattan angesprochen fühlte.
Im Jahre 1900 publizierte ein in St. Petersburg lebender Paul W. Uno van
Beuningen in Riga Lettland eine Schrift mit dem Titel:
"Das Kommen des Messias, des Königs und seines
tausendjährigen Reiches auf Erden nach den Weissagungen im Buche Daniel und in
der Offenbarung".
Hauptthesen darin
Der Untergang des Islam - 1917
Der Untergang des Papsttums - 1923
- der zweite Advent - der Beginn des tausendjährigen Reiches 1933 und die
Wiederannahme des Volkes Israels.
Und weiter die Aussage in dieser Schrift (S. 3)
"Dieses Büchlein, welches die wesentlichen
Resultate der H. Grattan Guinneß'schen Forschungen enthält. Der heilige Gott gab
es H. Grattan Guinneß, die bisher dunkel und mit geheimnisvollen Zeitangaben
versehenen Weissagungen im Buche Daniel und in der Offenbarung zu enträtseln
entreissen und das volle verstehen desselben zu ermöglichen."
Ein besonderes Bonmot meint dann Herr Beunigen mit der Aussage tätigen zu
können (S. 157):
"Wer kann denn dieser falsche Prophet sein?
Nun einfach Marx, der Vater der Sozialdemokratie.
Marx war ursprünglich der Begründer der internationalen Arbeiter-Association und
wurde seit 1867 durch sein Buch "das Kapital" der geistige Vater, ja recht
eigentlich der Prophet der Sozialdemokratie."
Und weiter meint er postulieren zu sollen (S. 200):
"Der mit dem Liberalismus in engster
Verbindung stehende Parlamentarismus in den westeuropäischen Staaten dürfte sich
schwerlich in das 1000jährige Reich hinüber retten. Wenigstens so, wie er jetzt
ist, gewiss nicht. ... Von den Regierungsformen, welche heute bestehen, scheint
die Monarchie die einzige zu sein, welches zur Zeit des 1000jährigen Reiches
fortdauern wird, diese wird jedenfalls wiederholt in den Weissagung genannt."
Damit hatte ja dieser Herr Hofrat seine politische Meinung "gekonnt" in
religiöser Verpackung kredenzt.
Es war von einem Familienclan die Rede. Zu diesem Urteil muss man ja dann
kommen, nimmt man zur Kenntnis, das schon im Jahre 1905 wiederum in Riga
(deutschsprachig)
ein Oberst a. D. Theodor van Beuningen eine Schrift mit dem Titel publizierte:
"Wachet!" "Ich komme bald!"
Geschichte der Menschheit in Verbindung mit der chronologischen Weissagung.
Inhaltlich sich weitgehend an die vorgenannte anlehnend.
In ihr findet man auch die andernorts bemühten "2520 Jahre" gekoppelt mit der
Aussage (S. 65):
"587-1933
Der Ausgangspunkt zur Konstruktion unseres Parallelogramms ist das Jahr 747 v.
Chr. in dem die Gründung des Neubabylonischen Reiches erfolgte, das Jahr 587 ist
das Ende der Anfangsära d. H. das Datum des vollständigen Falles der Stadt
Jerusalem. Das Jahr 1773 bezeichnete den Beginn der Endära nach 2520 Jahren vom
Jahr 747 v. Chr. In diesen 1773 Jahren beginnt der Fall des Papsttums und des
Islams. Da nun auch von 587 v. Chr. 2520 Jahre weggehen sollen, so finden wir
das Jahr 1933 in dem das umgekehrte von dem geschehen soll, was sich von 587
zugetragen hatte. Das goldene Haupt die Macht der Heiden oder die Vorherrschaft
der Heiden soll enden und das Volk Israel und alle Völker die durch dieses Volk
gesegnet werden sollen, das heißt die wahren Christen sollen herrschen. Das
wahre Christentum soll zur Herrschaft kommen."
Auch in einer weiteren Schrift ("Die
Wiederkunft des Heilands im Jahre 1932-33 oder die Erfüllung der zweiten und
letzten Bitte des täglichen Gebetes "Dein Reich komme, und erlöse uns vom
Bösen!") schreibt dieser Oberst a. D. Theodor van Beuningen
"müssen wir folgern, da die Wiederkunft des
Herrn 1932/33 stattfindet, dies Gericht 10 Jahre früher also 1922/23 beginnt.
Die Vorherrschaft der Heiden und ebenso das sinken der Macht des auserwählten
Volkes war ein allmählich sich vollziehendes Ereignis und währte von 747 bis
588/87. Von dieser Anfangs Ära sollen sieben Zeiten = 2520 Jahre bis zum
vollenden der Zeit der Heiden verfließen, es muß also eine Ära des Sinkens und
Schwindens der Macht der Heiden vorhanden sein, die von 1773 - 1932/33 währt. In
der Ära des Aufkommens der Macht der Heiden finden wir solcher Ereignisse, die
mit Deutlichkeit auf den stufenweisen Fall der Macht des auserwählten Volkes
hinweisen, bis endlich im Jahre 598/97 das jüdische Königreich seine
Selbstständigkeit verlor. Hiermit begann das Gericht über Jerusalem, welches 10
Jahre von 598/97 bis 588/87 wehrte. Sieben Zeiten = 2520 Jahre von diesem
Gericht an vergehen aber von 1922/23 bis 1932/33.
Werden wir uns davon überzeugen können, dass das verwerfen des Teufels aus dem
Himmel im Jahre 1793 stattfand und, dass sein erstes Werk auf Erden die erste
französische Revolution war."
Dann gab es noch einen weiteren Beuningen. Der hiess dann Friedrich van
Beuningen, und führte den Titel: Pastor zu Schrunden in Kurland und der
"glänzte" unter anderem mit der 1901 in Riga (deutschsprachig)
erschienenen Schrift:
"Dein Reich komme
(Die zweite Bitte das "Vater unser" Ev. Matth. 6,10)
Kurz gefasste Lehre der H. Schrift über das bevorstehende Ende dieser Weltzeit,
die Wiederkunft des Herrn, unseres Herrn, und das tausendjährige Reich der
Herrlichkeit"
Auch er bietet dieselben bereits bekannten Thesen.
Auf S. 38 etwa schreibt er:
"An der Hauptsache kann das aber nicht
ändern, nämlich das allen oben dargelegten Weissagungsreihen zufolge der
bevorstehenden Untergang der Türkenherrschaft auf 1917 und der Papstherrschaft
auf 1923 fällt, und das der Eintritt des Herrlichkeitsreichs 1933 zu erwarten
ist."
Zusammengefasst. Alle Beuningen berufen sich als wesentlichen Gewährsmann auf
den Guinness Grattan. Sie wähnen von ihm inspiriert, besonders dem Jahre 1933
eschatologische Dimensionen andichten zu können.
So wie Russell Jahre vorher sein Datum 1914 postulierte; so auch die Beuningen
Jahre vorher das Jahr 1933.
Nun erfüllten sich aber Russells Aussagen in ihrer Kernsubstanz nicht. Das große
lavieren, die Suche nach Ersatzlösungen war angesagt. Das betraf sowohl die WTG
als auch von ihr separierten Kreise. Es waren dabei allerlei Daten im Angebot
(siehe das Fallbeispiel Burmester im angegebenem Link).
Aber auch das ist zu registrieren. Auch das Datum 1933 schon bei den
Beunigen's im Angebot, besaß nun für (einige) Splittergruppen der WTG,
zeitweilig eine magische Kraft.
Einer für den das auch zutraf war der Friedrich Bösenberg.
Siehe auch:
Forumsarchiv 261
Dort der Beitrag vom 04. Juli 2008 20:48
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,10523,11010
Dort etwas herunterscrollen bis zu
Eine Kriegspredigt aus dem Jahre 1916
13. August 2008 05:30
2.) Der "offene Brief"
Mindestens fünf abgedruckte Leserbriefe von Friedrich Bösenberg, sind im zeitgenössischen deutschen "Wachtturm" nachweisbar.
Einmal im WT vom Mai 1912 (S. 79) dann im WT 1913 S. 78, auch S. 95 und zum anderen 1914 S.
128
Zwei Beispiele mal
Ergänzend wäre noch zu erwähnen, dass anlässlich eine geplanten Europatour von
Russell, Bösenberg im "Wachtturm" vom August 1912 als derjenige vorgestellt
wird, bei dem das Programm für Russell's Station (auch) in Berlin, erhältlich
sei.
Im „Wachtturm" vom Oktober 1912, war es dem Bösenberg dann vorbehalten, einen Bericht über Russells Auftritt in Berlin, anläßlich seiner Europatournee abzuliefern.
Gerade Berlin war dabei - folgt man Bösenberg - eine einsame Ausnahme von der Regel.
In den anderen Stationen dieser Europatournee hielt sich die Zahl die da zu einem Russell-Vortrag erschienen, in überschaubaren Grenzen. In der Regel unter 2.000 Anwesende; wobei die 2.000 schon großzügig gezählt sein dürften.
In Berlin hatte man einen 5.000 Plätze umfassenden Saal gemietet. Und Bösenberg will wissen; tatsächlich erschienen seien 15.000 bis 20.000, die aber wegen der begrenzten Platzzahl keinen Einlass erhielten.
Nun kann man diese Bösenber’sche Schätzung als geschönt anzweifeln. Dann bleibt immerhin der Umstand zurück; es dürften reichlich 5.000 gewesen sein.
Auch dass muß Bösenberg einräumen, unter den Besuchern befanden sich auch einige, über deren Anwesenheit die Russell-Hörigen keinesfalls erfreut gewesen sein dürften, indem sie versuchten, die Veranstaltung zu stören.
„Leider vermochten unlautere Elemente soviel Störung zu verursachen, daß für die entfernter Sitzenden viel von dem zweistündigen Vortrage verloren ging."
Rechnet man diese Störer indes heraus, dürfte die Zahl der tatsächlich Russell-Hörigen in Berlin, bei diesem „Event" wohl kaum die Zahlen andernorts, wirklich real überstiegen haben. Die Zahl der „Berliner Geschwister" beziffert Bösenberg dabei selbst auf 120, „von hier wie aus der Nähe und Ferne".
Aber auch das meint Bösenberg noch ausdrücklich mit erwähnen zu sollen. Es habe bei diesem Russell-Event dann noch 18 Taufen gegeben.
Anläßlich des Berichtes über eine Hauptversammlung in Barmen (im deutschen Wachtturm vom Mai 1913) wird darin Bösenberg auch als Einbringer einer "Resolution" vorgestellt. Einige Zeit vorher hatte Russell in den USA einen Prozess gegen die Brooklyner Zeitung "The Eagle" verloren. Sowas soll ja schmerzen. Und Bösenberg mit seiner eilfertigen "Resolution" wähnt sich nun dazu berufen, etwas "Schmerzsalbe" auf die Wunde zu streichen, wenn er darin vcerkündeen lässt (selbstredend einstimmig angenommen dann)
"Sie (sie Hauptversammlung) freut sich von Herzen, dass Bruder Russell gewürdigt wurde, um Jesu Namen Schmach zu leiden"
Solcherart von Devotismus spricht dann ja für sich
Noch in anderer Beziehung ist Bösenberg mit in die Geschichte
der frühen deutschen Bibelforscherbewegung eingegangen.
Da erhielt Direktion des "Evangelischen Preßverbandes für Deutschland in
Berlin-Steglitz" in der Zeit um 1914 einen geharnischten Protestbrief. Selbiger
weist zwar kein Datum auf; aber den Umständen nach zu schließen, wurde er etwa
1913/14 abgefasst. Und damit jener Brief nicht ganz in der Versenkung
verschwinde, bekam sogar die Deutsche Bücherei Leipzig ein Exemplar davon
zugestellt (1914 B 9975).
Sein namentlich genannter Verfasser: Friedrich Bösenberg aus Berlin. Auslöser
selbigen war wohl eine sogenannte Warnungsschrift der genannten kirchlichen
Institution.
Friedrich Loofs kam in seiner 1921er Veröffentlichung über die Bibelforscher, in
eher beiläufiger Form, auch auf selbige zu sprechen. In den Worten von Loofs:
"Ich kannte damals nur ein aus dem Jahre
1914 stammendes Flugblatt des "Evangelischen Preßverbandes für Deutschland" das
sich mit ihr beschäftigt.
"Warnung vor der Millenniumssekte!" ist sein Titel. - Doch ist, wie bereits
dieser Titel zeigt und das Flugblatt auch ausdrücklich feststellt, die
"Vereinigung Ernster Bibelforscher" nur ein neuer Name, bzw. eine neue
Organisationsform, für Kreise, die schon vor 1913 vorhanden waren."
Weiter Loofs :
"Das Flugblatt des Preßverbandes erwähnt in
dankenswerter Weise mehrere Veröffentlichungen der IVEB, wenn auch ohne die
Bezugsquelle hält sich aber von irrigen, ja ungerechten Behauptungen und
Urteilen, leider nicht zurück."
Also selbst der Theologieprofessor Loofs räumt "irrige und ungerechte
Behauptungen und Urteile" in diesem Flugblatt mit ein.
Als Beispiel nennt Loofs:
"Daß er (Russell) sich für den
"wiedergekommenen Christus" gehalten habe oder als solcher habe angesehen werden
wollen, ist eine unberechtigte Annahme der "Warnung" des Evangelischen
Preßverbandes."
Also wohl ein typisches Urteil einer "Beamtenkirche". Beamten sollen ja wohl
ein bequemes Leben schätzen, was dann wohl auch für Kirchenbeamten vorgenannter
Art gilt.
Insofern kann man ja den Protestbrief des Bösenberg dazu, sogar nachvollziehen.
In selbigem verlautbarte er sich auch mit den Worten:
Offener Brief
An die Direktion des Evang. Preßverbandes für Deutschland
In Berlin-Steglitz
Ihre Schrift gegen die "Milleniumssekte" hat aus dem Grund mein besonderes
Interesse erregt, da ich selbst ein "ernster Bibelforscher" sein möchte, die
Russell'schen Schriften gelesen habe und sie auch zu kennen glaube; ich verdanke
denselben viel Licht und Segen. Da nun vieles von dem, was Sie in Ihrer
Warnungsschrift anführen, mir bisher völlig unbekannt war, so bat ich Sie, mich
mit dem Verfasser in Verbindung zu bringen.
Vor allem kommt es mir aber auf die Feststellung an, ob der tatsächliche Inhalt
der "Warnung" zutreffend ist oder nicht. Denn im ersteren Falle würde mir
jegliche fernere Gemeinschaft mit den Anhängern Russells selbstverständlich
unmöglich sein, und daher bitte ich um Beantwortung folgender Fragen:
1. Welche Beweise haben Sie dafür, daß die "Vereinigung ernster Bibelforscher"
eine Sekte bildet?
Russell selbst steht doch in seinen "Schriftstudien" jeglichem Sektenwesen ganz
ablehnend gegenüber, das auch mir von jeher unsympathisch war, und niemals
möchte ich mich irgendeiner Sekte oder ähnlicher Religionsgemeinschaft
anschliessen.
Ich lege großen Wert darauf, mit meinem Erlöser als lebendiges Glied verbunden
zu sein, und alle Mit-Glieder an seinem Leibe ohne Rücksicht auf ihre besondere
kirchliche Richtung (das ist doch wohl die im Apostolikum bekannte "eine heilige
christliche Kirche, die Gemeinde der Heiligen") mit der Liebe zu lieben, die
nach Jesu Wort (Joh. 13,35) das einzige Kennzeichen Seiner wahren Jünger ist. -
Wenn sie Beweis dafür haben, daß Russell oder seine Anhänger tatsächlich
Sektenbildung begünstigen, so würde ich Ihnen für deren Mitteilung dankbar sein.
Ich muß zugeben, daß Russell die von der Christenheit geglaube Unsterblichkeit
der menschlichen Seele leugnet und auf Grund von 1. Mose 2,7 und 1. Kor. 15,45
die Ansicht vertritt, daß der Mensch eine lebendige, aber sterbliche Seele ist
(nicht hat), und daß gerade gegen diese Seele die Todesstrafe ausgesprochen
wurde (1. Mose 2,17; Römer 6,23; Hesek. 18,4.20; Apostelg. 3,23; Jakob. 5,20
usw.)
Sollte diese Ansicht falsch sein, so bitte ich um gütige Belehrung aus dem Worte
Gottes.
Haben Sie Beweise dafür, daß Russell die irdischen Regierungen beschimpft und
verächtlich macht, sie als tierisch oder satanisch bezeichnet?
Ich habe diesen Eindruck aus seinen Schriften nicht gewonnen, vielmehr gefunden,
daß er von dem wahren Christen entschiedenen Gehorsam gegenüber der Obrigkeit
nach Röm. 13,1-7 usw. erwartet und oft darauf hinweist, daß auch die
schlechteste Regierung immer noch hundertmal besser sei als Anarchie oder
Pöbelherrschaft. Auch weiß ich aus jahrelanger Erfahrung, daß die "ernsten
Bibelforscher" sich mit Politik überhaupt nicht beschäftigen und nichts tun, was
irgendwie auf eine Absicht schließen könnte, die bestehenden Regierungen
herabzuwürdigen oder zu schädigen.
Wo, in welcher Schrift lehrt Russell, daß seit 1874 Jesus sichtbar
wiedergekommen und seitdem sichtbar auf Erden gegenwärtig sei, wie Ihre
"Warnungsschrift" behauptet?
Ich frage nun den Schreiber auf Ehre und Gewissen:
Wo lehrt Russell die sichtbare Gegenwart Christi? - Kann er den Nachweis
erbringen für die Richtigkeit seiner Behauptung, dann muß ich zugeben, daß
Russell sich in wichtigen Fragen selbst widerspricht und daß er Irrlehren
verbreitet, also unglaubwürdig und als Führer in Glaubensdingen zu verwerfen
ist. Dann werde ich daraus selbstverständlich die Konsequenz ziehen!
Gelingt Ihnen aber dieser Nachweis nicht, dann müssen Sie zugeben, daß der
Verfasser Ihrer "Warnung" sich einer groben Unwahrhaftigkeit schuldig gemacht
hat, die nur als absichtliche Verleumdung angesehen werden kann.
Ihnen bleibt in diesem Falle nichts anderes übrig, als sich von dem Verfasser
und seinen Schriften vollständig loszusagen und jede weitere Verbreitung einer
Schrift zu unterlassen, die Sie als eine verleumderische anerkennen müssen.
Andernfalls würden Sie sich ja zu seinen Mitschuldigen machen und unter sein
Urteil fallen. "Sage mir, mit wem du umgehst, und ich will dir sagen, wer du
bist".
Ich persönlich komme, je länger ich Ihre Warnungsschrift lese, desto mehr zu der
Überzeugung, daß dem Verfasser derselben jedes, auch das verächtlichste Mittel
recht ist zur Bekämpfung eines Mannes und seiner Lehre, der er mit ehrlichen
Waffen nicht beikommen kann.
Ob Sie versuchen werden, für Ihre Behauptungen in dem Warnungsblatte den
Wahrheitsbeweis anzutreten??
Wenn Sie das erfolgreich tun, dann würde ich nicht zögern, jegliche Gemeinschaft
mit solchen "Irrlehrern" und "Betrügern" aufzugeben. Aber Sie werden es nicht
können, denn die Tatsachen liegen zu klar!
So bleibt Ihnen wohl nichts anderes übrig, als einzugestehen, daß Sie, Ihr
angesehener Verein, sich hat mißbrauchen lassen zur Herausgabe einer Schrift,
die keine andere Bezeichnung als ein "Pamphlet, eine Schmähschrift niedrigster
Sorte" verdient. Und dann werden Sie weit abrücken müssen von dem Verfasser,
damit Sie sich nicht seiner Handlungsweise mitschuldig machen. Wenn derartige
Geisteserzeugnisse im Namen der evangelischen Kirche verbreitet werden; wenn
eine gehässige, verleumderísche Verfolgung friedlicher ernster Christen seitens
der Vertreter der evangelischen Kirche versucht wird; wenn die Kirche nach
polizeilichem Eingreifen ruft mit dem unwahren Hinweis auf angebliche
staatsgefährliche Umtriebe solcher Christen, deren Lehren sie mit dem Worte
Gottes nicht widerlegen kann; - dann scheint mir damit die Weissagung in
Erfüllung gegangen zu sein, die die Gesamtheit der großen sogen. "Christlichen"
Kirchenorganisationen und Sekten als "Babylon" bezeichnet (Offenb. 18,2) als
"eine Behausung von Dämonen und ein Gewahrsam jedes unreinen Geistes und jeder
unreinen und gehaßten Vogels", und die in diesen Kirchen befindlichen wahren
Kinder Gottes werden eilends die an ihre Ohren dringende göttliche Aufforderung
befolgen:
"Gehet aus ihr heraus, mein Volk, daß ihr euch nicht mitschuldig machtet ihrer
Sünden, daß ihr nicht mitteilhaftig werdet ihrer Plagen!"
Dann ist aber auch die Weissagung erfüllt, die die Verbindung der (jungfräulich
sein sollenden) Kirche mit den irdischen Gewalten "Hurerei" nennt und die
römische "Mutterkirche" nicht nur selbst als Hure, sondern auch als Mutter von
Huren bezeichnet (Offenb. 17). Ehrliche, ernste Pastoren haben diesen
vorhergesagten trostlosen Zustand der heutigen organisierten sogen.
"Christenheit" längst erkannt und beklagt.
So nannte schon vor ca 8 Jahren der allgemein geschätzte, auch Ihnen sicher
bekannte Pastor Stuhrmann in öffentlicher Versammlung das Verhältnis von Kirche
und Staat ein "Konkubinat"!
Mag die also entartete Kirche gegen einige Kinder Gottes in eigener Kraft mit so
verwerflichen Mitteln, wie es Ihre "Warnung" ist, vorgehen, mag sie daneben nach
der Polizei rufen zu ihrer eigenen Schande; für alle diejenigen, die wirklich
aus ganzem Herzen Gott lieben, müssen auch diese Angriffe "zum Guten mitwirken",
wie sie in Römer 8,28 nachlesen können.
Sollte es für Sie nicht doch besser und weiser sein, den Rat des Gamaliel zu
befolgen??
Vielleicht sehen die Herren christlichen Schriftgelehrten sich die Worte jener
jüdischen Kollegen einmal recht genau an!
Berlin N. W. 21
In vorzüglicher Hochachtung
Friedrich Bösenberg"
Bösenberg ließ dann seine Flugschrift mit den Worten ausklingen:
"Nachschrift. In einem Antwortschreiben
macht der Direktor des Preßverbandes, Pastor Stark, Ausflüchte, ohne auch nur
einen einzigen Beweis zu versuchen, aber auch ohne von den verleumderischen
Behauptungen irgend etwas zurückzunehmen. Jeder ehrlich denkende Mensch weiß
jetzt, was er von den Erzeugnissen des 'evangelischen' (?) Preßverbandes zu
halten hat."
Man beachte in diesem Votum auch die darin mit enthaltene Einlassung:
"Wenn Sie das erfolgreich tun, dann würde
ich nicht zögern, jegliche Gemeinschaft mit solchen 'Irrlehrern' und 'Betrügern'
aufzugeben."
Der genannte kirchliche Verband hatte dass dann ja nicht errreicht. Eher
hatte er erreicht, dass Bösenberg (zu der Zeit) sich in noch engerem
Schulterschluss zu Russell sah.
Dennoch war wohl noch nicht "aller Tage Abend".
Unterstellt, jene vorgenannte Publizistik spielte sich etwa Anfang 1914 ab, dann
kann man weiter unterstellen, es war ja noch eine Frist von etwa einem ¾ Jahr
offen für den Russell'schen Erwartungshorizont, denn der war ja für den Herbst
1914 terminiert.
Auch Bösenberg dürfte wie andere seinesgleichen, diesen "Herbst 1914
Geschehnissen" zugefiebert haben.
Als es dann soweit war; hat er dann "erlebt", was er vordem erwartete? Wohl
kaum.
Nun stand auch er vor der Frage, sich mit den billigen (zu billigen)
Vertröstungen und Hinhaltungen der WTG zufriedenzugeben, wie es ja etliche von
Seinesgleichen auch taten und tun.
Oder ob er wirklich ernst macht mit dem, was er dem Evang. Pressverband schon
mal ins "Stammbuch" geschrieben hatte.
" ... würde ich nicht zögern, jegliche
Gemeinschaft mit solchen 'Irrlehrern' und 'Betrügern' aufzugeben."
Wie aber sollte jene Absichtserklärung nun in der Praxis aussehen?
Er hätte sich still und leise zurückziehen können, seinen bürgerlichem Beruf
nachgehen und es damit sein bewenden haben sein lassen. Die ganze WTG-Episode
unter der Rubrik "Lehrgeld" abbuchen.
Offenbar war er aber bereits so WTG-geprägt, dass er diese "bequeme" Variante
für sich als nicht in Betracht kommend ansah.
Es kann weiter unterstellt werden, dass er schon vor seiner WTG-Karriere über
eine religiöse Sozialisation verfügte. Die WTG-Religion war dann in dieser dann
das "i Tüpfelchen".
Jetzt vor dem Scherbenhaufen seiner WTG-Illusionen stehend, entschloss er sich,
diese Phase seines Lebens aktiv (und nicht bloß passiv) zu verarbeiten.
Unterstellt (die zitierten Leserbriefe im WT scheinen auch dafür zu
sprechen), dass er nicht blos zum örtlichen WTG-Fußvolk gehörte, sondern eher
zu einer örtlichen Versammlungsleitung als gewählter Ältester, wie es ja damals
noch Usus war.
Dies alles beachtend, ist es dann wohl auch so ungewöhnlich nicht, dass man ab
Juli 1915, diesem Friedrich Bösenberg als Zeitschriften-Herausgeber begegnen
kann.
"Botschafter für den Haushalt des Glaubens", diesen Titel entschloss er sich
seinem Blatt zu geben. Auch das spricht dann ja für die weiter bestehende
religiöse Sozialisation.
In den frühen Jahrgängen jenes Blattes - soweit heute noch einsehbar - findet
man kaum bis nichts, irgendwelche polemische Äußerungen in Richtung WTG.
Er sucht also nicht durch Polemik, sondern durch eher vermeintliche "religiöse
Erbauung" für seinesgleichen ein Angebot bereit zu stellen.
Der ersten nennenswerten Polemik in Richtung WTG kann man wohl erst im Jahrgang
1921 dieses Blattes begegnen. Damals war ja die neue aufgekommene WTG
1925-Verkündigung in besonderem Umfange akut. Aber immer noch relativ
zurückhaltend las man im "Botschafter" erst- und einmalig nachfolgenden
Kommentar dazu unter der Überschrift "Das neue Evangelium":
"Das neue Evangelium
Ein Leser des "B(otschafter)" in Amerika sendet uns den Bericht der Zeitung
"World" vom 23. Mai über einen Vortrag, der sicher auch für manche Leser des "B"
Interesse hat und in wörtlicher Übersetzung lautet:
"Das Milleniumszeitalter des Friedens wird beginnen im Frühling des Jahres 1925,
so äußerte sich Richter J. F. Rutherford, Präsident der Internationalen
Vereinigung der Bibelforscher, der Nachfolger des verstorbenen Pastors Russell,
in einem Vortrage im Kismet-Tempel Brooklyn gestern nachmittag. Eine
Zuhörerschaft von etwa 3000 Personen besuchte den Vortrag und zollte eifrig
Beifall, Viele mußten abgewiesen werden infolge Raummangels.
"Wenn du im Jahre 1925 noch lebst und hernach stirbst, so wird dies deine eigene
Schuld sein", führte Richter Rutherford aus.
"Denn dies ist das in der Schrift klar bezeichnete Jahr, in welchem die
satanische Ordnung, die jetzt die Welt regiert, ins Gericht kommen wird. Durch
den Ungehorsam Adams kam die Verurteilung zum Tode auf unser Geschlecht. Diese
wird hinweggetan werden in der Zeit des großen Jubeljahrs 1925. Das Angebot
ewigen Lebens ist gemacht, und ihr braucht nicht zu sterben, es sei denn, ihr
weist das Angebot von euch.
Diese Unsterblichkeit wird durch die Entdeckung vollkommener Nahrung erreicht
werden. Adam hatte solche Nahrung im Paradies und durfte nur seine Hand
ausstrecken, um sie vom Baum zu pflanzen. Als aber Adam verfallen war, wurden
Engel mit flammendem Schwert beauftragt, ihn auszutreiben, damit er irgendwelche
andere Nahrung suche. Von dieser Zeit an mußten die Menschen sterben.
Und wenn diese große Zeit der Wiederherstellung anbricht, dann werden die
Menschen ihre Selbstsucht und Bosheit vergessen.
Ihr Männer, die ihr kahl geworden seid, ihr werdet in wenigen Jahren die Glatze
verlieren; die Zähne, die ihr verloren habt, werden in Vollkommenheit wieder
vorhanden sein. Ihr werdet schön werden wie in den Tagen eurer Jugend. Und die
vollkommene Nahrung wird euch völlig ernähren auf ewig. Gott wird die
vollkommene Nahrung offenbaren in den nächsten vier Jahren. Er wird dem Menschen
zeigen, daß, wenn er Traubenfrucht (Grapfruit, eine Züchterkreuzung,
Zitronenartig, aber wesentlich größer als Zitrone. Der Übers.) mit Haferflocken
zusammen genießt, dies gären und im menschlichen Magen in drei Minuten zu Bier
werden wird.
Zwischen der Gegenwart und der Aufrichtung des Friedens wird eine rasch und
ständig anwachsende Katastrophe und Elend zwei Drittel der jetzt auf Erden
lebenden hinwegraffen. Dies wird das Ende der Welt sein, das Ende der
Zivilisation, aber nicht das Ende der Erde. Die Erde wird nicht untergehen,
sondern ewiglich bleiben."
Dies der Bericht. Einst konnte Paulus von sich und seinen Mitaposteln sagen:
"Wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den
Nationen eine Torheit ... Und ich, Brüder als ich zu euch kam, da kam ich nicht
nach Vortrefflichkeit der Rede und Weisheit, auch das Zeugnis Gottes
verkündigend.
Denn ich hielt mich nicht dafür, etwas unter euch zu wissen, als nur Jesum als
den Christus, und ihn als gekreuzigt" (1. Kor. 1, 17-2,5). Freilich, dies alte
Evangelium hat nicht mehr die Anziehungskraft, die manchen Menschen
wünschenswert erscheint. Daher machen sie sich selbst ein "Evangelium" zurecht,
nach welchem die Massen die Ohren jucken. Man verheißt den Hörern, daß sie nicht
sterben sollen, vielmehr ihre verlorenen Haare und Zähne wieder bekommen werden.
-
Jede weitere Bemerkung hierzu erübrigt sich."
"Botschafter für den Haushalt des Glaubens" 15. August 1921 S. 64
3.) Im "Volksboten" begegnet man Herrn Bösenberg
Im Zuge ihrer Expansions-Bemühungen, gehörte für die frühe WTG auch die
Nutzung "weltlicher" Medien zu ihrem Repertoire. In abgewandelter Form tat das
auch Rutherford noch, mittels seiner Radio-Sendungen.
Zur Zeit Russells war es noch nicht soweit, dieweil die Radiotechnik da noch in
den Kinderschuhen steckte. Gleichwohl wurden auch "weltliche" Printmedien
genutzt, sofern selbige zu nutzen waren. Das indes erfolgte in der Regel auf
kommerzieller Basis.
Ereiferten sich zeitgenössische antisemitische und kirchliche Gegner besonders
über die "ungeheuren Geldmengen", welche der WTG wohl zur Verfügung stehen
müssten, darf man getrost die Rutherford'schen Radiosendungen, und - mit
Abstrichen - davor eben auch Printmedien, welche die WTG nutzen konnte, als
"Auslöser" ihres Frustes werten, welcher sie dann zu vorgenannter These der
"ungeheuren Reichtümer" beflügelte.
Allerdings, jene Printmedien, welche sich damals der WTG gegen Money öffneten,
waren zumindest bezogen auf Deutschland, überschaubar. "Sehr überschaubar".
In Deutschland trat allen bisherigen Erkenntnissen zufolge, nur ein Wochenblatt,
Der "Volksbote" in Strehlen (Schlesien) (geographisch nicht mehr zu heutigem
deutschen Territorium zugehörig, als Folge des Hitlerismus).
Nur besagter "Volksbote" trat da in eine engere Geschäftsbeziehung zur WTG
mit ein.
Zur Quellenlage ist zu vermerken; der "Volksbote" erschien im klassischen großen
Zeitungsformat. Schon sein Erscheinungsort qualifizierte ihn eher als ein
Provinzblatt.
Weiter ist anzumerken. Klassische Zeitungsbestände waren von jeher (auch heute
noch) eher "ungeliebte Kinder" im wissenschaftlichen Bibliothekswesen. Sofern
sich wissenschaftliche Bibliotheken dazu "herablassen", auch Zeitungsbestände
dauerhaft zu sammeln, sortieren sie schon mal mächtig aus. "Provinzblätter"
gehören dann eher weniger zu denjenigen, welchen diesen Selektionsprozess auch
noch positiv überstehen.
Immerhin ist zu registrieren, dass die damalige Preussische Staatsbibliothek in
Berlin, tatsächlich einige wenige Jahrgänge dieses Blattes archiviert hatte.
11. Jg. 1914 bis 15. Jg. 1918.
Im gesamten deutschen wissenschaftlichen Bibliothekswesen gibt es also nur diese
genannten Jahrgänge in der Zeitungsabteilung der Berliner Staatsbibliothek.
Auch wenn Strehlen heute zu Polen gehört (Strzelin), ist auch dort meiner
Kenntnis nach, kein weiterer Bestandsnachweis eruierbar. Zwar soll jenes Blatt
dem vernehmen nach, noch bis 1937 erschienen sein. Das aber hilft nicht weiter,
dieweil eben keine wissenschaftliche Bibliothek sich mehr dafür zeitgenössisch
interessiert hatte.
Die Wikipedia etwa notiert zum heutigem Strzelin
"Die Stadt hat ca. 12.000 Einwohner, welche
hauptsächlich von Landwirtschaft leben".
Ergo gemessen an der Größenordnung anderer Städte, eher eine Kleinstadt.
Etwa ab 1913 sollen die aktiven Geschäftsbeziegungen der WTG zum "Volksboten"
datieren.
Es ist davon auszugehen, dass mit Ende des ersten Weltkrieges, der auch
personell für die deutsche WTG-Leitung Veränderungen brachte, dann endgültig
diese Geschäftsverbindung eingeschlafen ist.
Nachstehend dann mal die Notierungen im deutschen "Wachtturm" des Jahres 1913,
bezüglich des "Volksboten" (S, 18, 77, 170)
Der nächste Verweis auf den "Volksboten" im deutschen Wachtturm, findet
sich dann wohl im Jahrgang 1915 (S. 2, 178)
Im Jahrgang 1916 des deutschen "Wachtturms" ist dann eine qualitative
Veränderung der Verweise auf den Volksboten festzustellen. Etwa in der
WT-Ausgabe Juni 1916 in der es zu lesen gibt
Diese eher knappe Mitteilung wird dann in der Juli-Ausgabe des deutschen WT noch wie nachfolgend ergänzt. (S. 98)
Ohne ihn namentlich direkt zu nennen, wird damit von WT-Seite
(erstmals) auf Bösenberg bezug genommen.
In der Oktober-Ausgabe 1916 indes, meint der "Wachtturm" wieder jubeln zu
können:
Im Januar 1917 vermeldet der "Wachtturm" dann, dass der inzwischen
eingetretene Tod von Russell vorerst keinen Einfluss auf die
WTG-Veröffentlichungen im "Volksboten" habe werde, selbige würden fortgesetzt.
Die deutsche "Wachtturm"-Augabe für Oktober - Dezember 1918, eine eher
untypische Ausgabe für drei Monate zusammengefasst notiert erneut:
"Wir möchten die Geschwister auch wieder
einmal an die regelmäßig im "Volksboten" erscheinenden Predigten von Bruder
Russell erinnern, damit viele auf dieses Blatt abonnieren und zur weiteren
Verbreitung der Predigten beitragen möchten."
Die Mai-Ausgabe 1919 des WT wiederholt diese Werbeaussage. Das aber dürfte
dann die definitiv letzte Werbeaussage für den zeitgenössischen "Volksboten" im
deutschen "Wachtturm" gewesen sein. Nach bisheriger Übersicht lassen sich in
nachfolgenden WT-Jahrgängen solche nicht mehr nachweisen. Das Thema "Volksbote"
begann also für die WTG "einzuschlafen."
Erwähnenswert auch: Ab der Ausgabe des "Volksboten" vom 25. April 1914 gab es in
selbigem noch neben den Russell-Predigten, noch eine zusätzliche Rubrik
(gleichfalls auf kommerzieller Basis). Titel "Biblischer Fragekasten für
Alle." Mit dem Untertitel:
"Alle Anfragen richte man an das
'Bibelhaus' Barmen, Unterdörnerstraße 76."
Ungetrübte Freude indes, bedeutete für die WTG ihre Geschäftsverbindung zum
"Volksboten" sicherlich nicht.
Selbigen interessierte ja auch weniger der Inhalt von Russells Predigten.
Er war vor allem daran interessiert, seine eher schwache Abonnentenbasis zu
stärken.
In dieser Konsequenz war es ihm eigentlich "schnurzpiepe" wer denn zu diesem
seinem Ziel beitrug.
In der Ausgabe vom 17. Juli 1915 war im "Volksboten" folgendes Inserat
enthalten
"Botschafter für den Haushalt des Glaubens.
Unter diesem Titel geben eine Anzahl deutscher Bibelforscher ein neues
'Monatsblatt für Schrifterkenntnis und Leben in der Heiligung' heraus, dessen
erste Nummer der heutigen Gesamtauflage des 'Volksboten' beigelegt ist. Der
Inhalt ist gediegen, die Aufsätze, die durchweg recht anregend und
leichtverständlich geschrieben sind, behandeln u. a. ...
Verleger ist Friedrich Bösenberg, Berlin NW 21, Wilhelmshavenerstr. 47.
Wir machen unsere Leser auf diese gute Monatsschrift empfehlend aufmerksam."
Da hatte wohl Bösenberg einen nicht uninteressanten Schachzug getan. Sein
"Botschafter" erschien ab Juli 1915. Und just schon die erste Ausgabe, liegt dem
"Volksboten" als Werbeexemplar bei.
Mehr noch. Er lies diesen nicht von irgend einer Druckerei herstellen, sondern
eben auch von dem Drucker und Herausgeber des "Volksboten" direkt.
Da Bösenberg ja nicht mehr im Auftrag der WTG agierte, kann man unschwer einen
sich daraus ableitenden Interessenkonflikt ersehen. Dem Drucker Mevius konnte
das eigentlich auch schon im Vorfeld klar sein. Er wollte es aber wahrscheinlich
"gar nicht so genau wissen", in der Hoffnung, so seine eher träge
Geschäftsgrundlage zu stärken.
Wie reagierte nun die WTG darauf?
Ihre Reaktion darauf war, dass sie mit sofortiger Wirkung, ihre bis dahin
gepflegte Rubrik "Biblischer Fragekasten für Alle" einstellte, um damit den
"Volksboten" für diese Unbotmäßigkeit zu bestrafen.
In der Ausgabe vom 31. Juli 1915 veröffentlichte sie dann im "Volksboten" ihr in
höflichem Diplomatendeutsch gehaltenes kommerzielles Gegeninserat mit den
Worten:
"Bibelforscher zur gefälligen Beachtung!!
Um den verschiedenen Anfragen, betreffend die diesem Blatte beigelegte
Monatsschrift 'Der Botschafter' gerecht zu werden, möchten wir auf diesem Wege
mitteilen, dass weder die Wachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft, noch die
Vereinigung ernster Bibelforscher, Barmen, oder die Berliner Ortsgruppe der
I.V.E.B. für das Erscheinen genannten Blattes verantwortlich sind.
Alle diesbezüglichen Anfragen sollen daher direkt an den Herausgeber: Friedrich
Bösenberg, Berlin, gerichtet werden.
Wachtturm, Bibel und Traktat-Gesellschaft."
Die Kontroverse ging allerdings weiter.
In der Ausgabe vom 17. Juni 1916 konnte man z. B. im "Volksboten" lesen:
"Wie uns der 'Wachtturm' berichtete, sind
die Russell'schen Predigten aus Amerika nicht mehr erhältlich. Dieser jedenfalls
durch den Krieg verursachte Umstand trifft den 'Wachtturm' ebenso wie den
'Volksboten'. Um aber die durch Pastor Russell bekannt gewordene Wahrheit über
den 'Plan Gottes' nach wie vor im 'Volksboten' zum Ausdruck zu bringen, haben
wir uns die geschätzte Mitarbeit eines ernsten Bibelforschers in Deutschland
gesichert.
Alle anderen Nachrichten sind irreführend.
Die Geschäftsstelle des 'Volksboten'".
In der darauffolgenden Ausgabe vom 24. 6. 1916 konnte man im Impressum
des "Volksboten" erstmals lesen:
"Verantwortlich für den religiösen Teil:
Fr. Bösenberg, Berlin, Wilhelmshavenerstr. 47."
In der Ausgabe vom 1. Juli 1916 inserierte Bösenberg dann im
"Volksboten" seine Broschüre "'Gottes ewiger Liebes-Ratschluß. Eine umfassende
Darstellung des göttlichen Planes der Zeitalter in 7 Kapiteln auf der Grundlage
der Russellschen Schriftstudien.' 55 Seiten mit 1. Zeitalterkarte."
In ihr konnte man u. a. auch den Satz lesen
"So scheint der heilige Geist anzudeuten,
dass das fünfzigste Jahrtausend für die Erde zu einem großen 'Jubeljahr' werden
soll, und das nun bald anbrechende Jahrtausend, der 'jüngste Tag, das Zeitalter
des jüngsten Gerichtes' ist, bestimmt dieses große göttliche Jubeljahr mit
seinen ewigen Segnungen einzuleiten."
Allerdings sollte Bösenbergs Mitwirkung am "Volksboten" nicht von allzu
langer Dauer sein.
So machte denn der "Volksbote" in der Ausgabe vom 29. Juli 1916 schon die
Mitteilung:
"An unsere christlichen Leser. Eventuell
von nächster Nummer ab werden im christlichen Teil wieder Russell'sche Predigten
abgedruckt."
Wie nun kam es zu dieser Stratgieänderung des "Volksboten"? Offenbar spielten
da außerhalb liegende Gründe den entscheidenden Part. Und zwar hieß der Grund.
Einziehung des Bösenberg zum Militärdienst.
Zwar erschien sein "Botschafter" trotz dieses Umstandes auch weiterhin. Aber
soviel Vertrauen scheint der Mevius wohl nicht in Bösenbergs Stellvertreter
gesetzt zu haben.
Wer weis, wie sich das so entwickelt, so möglicherweise seine Überlegung. Da hat
er dann wohl mit der WTG noch die relativ "bessere Bank".
Und so war schon ab der Ausgabe vom 5. August 1916, im Impressum des
"Volksboten" der Name des Friedrich Bösenberg nicht mehr enthalten.
In der Ausgabe vom 27. Januar 1917, in der Rubrik "Briefkasten der
Schriftleitung" wurde bezugnehmend auf eine Leseranfrage über die Schrift
"Gottes ewiger Liebes-Ratschluss" als Antwort kurz und knapp ausgeführt:
"Herrn O. Dathe in Leipzig-Schönfeld. Der
Verfasser Bösenberg, Berlin, z. Zt. im Felde."
In der Ausgabe vom 23. Februar 1918 taucht dann im Impressum erstmals die
Mitteilung auf:
"Für die Predigt verantwortlich: Wachtturm,
Bibel und Traktat-Gesellschaft Barmen, Unterdörnerstrasse 76."
Immerhin, Bösenberg machte noch weiterhin von sich reden. In der Ausgabe vom
16. November 1918 des "Volksboten" war folgendes Inserat veröffentlicht:
"Bibelforscher!
Der 'Botschafter' veröffentlicht in seiner neuesten Nummer einen sehr wichtigen
Brief, des ausführenden Komitees des I.V.E.B. in Brooklyn, von welchem alle
deutschen Geschwister Kenntnis nehmen sollten ..."
Dieser Brief und seine Kommentierung im "Botschafter" ist in der Tat
in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich.
Er ist in der Ausgabe vom 15. November 1918 des "Botschafter für den Haushalt
des Glaubens" enthalten und sei hier nachstehend dokumentiert:
"Untertan der Obrigkeit.
Unter der Überschrift 'Lasset uns Vorbilder sein in geduldiger Ergebung'
veröffentlicht der 'Wachtturm' in Brooklyn folgenden, sehr beherzigenswerten
Brief:
An das teure Volk des Herrn!
Gnade und Friede sei euch vermehrt durch unsern Herrn Jesum Christum!
Wir wissen wohl, wie begierig Euch Lieben danach verlangt, von unsern
eingekerkerten Brüdern Nachricht durch die Spalten des W.T. Zu erlangen. Wir
hofften in der Lage zu sein, einige Briefe in Druck geben zu können, sind
indessen nach gepflogener Beratung zu der Ansicht gelangt, dass es besser ist,
hiervon Abstand zu nehmen.
Wir bitten Euch daher, Eure Seelen in Geduld zu fassen. Wir halten dafür, dass
die teuren Schafe des Herrn zu ihrer Ermutigung und geistlichen Erbauung den
regelmäßigen Besuch des W.T. nötig haben, und wir möchten nur das drucken
lassen, was diesem Zwecke dienlich ist und nebenbei die Forderungen des
Spionagegesetzes erfüllt.
Dadurch wird auch der leiseste Schein einer Gegnerschaft gegen die unter
schwerem Drucke befindliche Regierung vermieden.
Manches in ganz unschuldiger Absicht Geschriebene und Gesagte, dass in normalen
Zeiten durchaus einwandfrei wäre, möchte dem gegenwärtigen Interesse der
Regierung schädlich sein; wir aber wünschen nicht, die Regierung in der
Verfolgung irgend eines ihrer Pläne, die sich aus der Teilnahme an dem großen
Kriege ergeben, zu behindern.
Diese Pläne der Notwendigkeit stecken auch unserm Werk Grenzen. Diese
Beschränkungen mögen solchen hart erscheinen, die nicht gewohnt sind, sich
Grenzen stecken zu lassen; lassen uns aber daran gedenken, dass dies nicht nur
die I.V.E.B. betrifft, sondern auch auf jeden Einzelnen und auf jede andere
Organisation Anwendung findet.
Lasset uns bestrebt sein, Vorbilder zu sein in geduldiger Ergebung ohne Murren!
Kein Zweifel, der Herr lässt die Erfahrungen zu um uns alle zu prüfen. Wir sind
überzeugt, dass Ihr Euch keine Vorstellung von den Schwierigkeiten machen könnt,
die das ausübende Komitee umgeben, und wir möchten Euch daran erinnern, dass uns
die Erfahrung fehlt.
Daher auch die Notwendigkeit größerer Sorgfalt unsererseits und Eurer liebenden
Teilnahme und Gebete.
Eure Grüße und Versicherungen Eurer Mitwirkung schätzen wir sehr und möchten
Euch daraufhin die Zusicherung geben, dass wir willig und bereit sind, uns den
Landesgesetzen zu fügen, damit Ihr fortgesetzt den W.T. erhaltet.
Wir verbleiben in herzlicher christlicher Liebe, Eure Brüder und Diener im
Herrn. Ausübendes Komitee."
Bemerkenswert ist auch noch der Kommentar, den der "Botschafter"
diesem Brief zuteil werden ließ:
"Wir haben den in vorstehendem Briefe
gekennzeichneten Standpunkt des Gehorsams gegenüber der von Gott verordneten
weltlichen Obrigkeit in den Spalten des 'Botschafters' von Anbeginn an als den
biblischen vertreten und freuen uns aufrichtig, dass auch unsere lieben Freunde
der 'Vereinigung Ernster Bibelforscher' nunmehr zu der Einsicht gekommen sind,
dass ihre bisherige Gegnerschaft gegen den Staat aus einem falschen Verständnis
der Schrift entstanden ist.
Es ist ja bedauerlich, dass so furchtbar harte Strafen erforderlich waren
(sieben leitende Brüder in Amerika waren zu je 20 Jahren Zuchthaus verurteilt),
weil sie die Politik der Regierung bekämpften, um diese Einsicht zu bewirken und
wir möchten nur herzlich wünschen, dass alle Kinder Gottes in allen Staaten sich
um des Gewissens willen der Obrigkeit unterordnen und fügen.
Das ist sicherlich nicht immer leicht, und wir können sehr wohl die Gefühle der
lieben Brüder verstehen, die unter der erzwungenen Teilnahme am Kriege leiden
und seufzen.
Trost und Halt bietet allein die Gewissheit: 'euer himmlischer Vater weiß, was
ihr bedürft.' Mag es uns noch so schwer fallen: wir dürfen nicht widerstreben,
solange nicht von uns Zuwiderhandeln gegen Gottes klares Wort verlangt wird. Wir
haben uns von den Dingen dieser Welt unbefleckt zu erhalten, sie aber nicht zu
bekämpfen."
Immerhin sah sich die deutsche Wachtturmgesellschaft genötigt, mehr
widerwillig, zu der Publizierung des Briefes durch den "Botschafter" Stellung zu
nehmen.
Sie tat es auch in der Form eines Gegeninserates im "Volksboten" vom 30. 11.
1918:
Darin war zu lesen:
"Um Verwirrungen vorzubeugen, sehen wir
uns genötigt, mit Bezug auf den in Nr. 46 des Volksboten erschienenen Hinweis
des Botschafters auf einen sehr wichtigen Brief des ausführenden Komitees der
I.V.E.B. In Brooklyn, die Aufmerksamkeit derjenigen deutschen Geschwister, denen
die Tendenz des Botschafters als einer Gegenschrift gegen das Organ
der Vereinigung Ernster Bibelforscher Deutschlands, den 'Wachtturm' nicht
bekannt sein sollte, darauf zu lenken, dass dieser Hinweis ersichtlich nur der
Empfehlung des Botschafters dienen sollte.
Wachtturm, Bibel und Traktat-Gesellschaft Barmen."
Hatte nun der deutsche "Wachtturm" jenen vorzitierten Brief auch abgedruckt?
Entgegen früherer Einschätzung ist dies zu bejahen; und zwar in der
Dreimonatsausgabe Oktober - Dezember 1918 (S. 107) Jene frühere Übersehung
ist dem Umstand zuzuschreiben, dass meine erste Auswertung der fraglichen "Wachtturm"-Jahrgänge
nur unter den hektischen Rahmenbedingungen der Lesesäle wissenschaftlicher
Bibliotheken stattfinden konnte. Es ist schon ein qualitativer Unterschied, ob
diese Rahmenbedingungen, oder die Ruhe der eigenen vier Wände gegeben sind).
Aber pikiert kann es sich der WT nicht versagen in einem Nachwort auch
anzumerken, dass er über die Publizierung durch den "Botschafter" (und zwar
vor der eigenen Publizierung) nicht erfreut sei.
Immerhin konnte Bösenberg seine Schriften weiterhin im "Volksboten"
inserieren. Ein Beispiel dafür ist die Ausgabe vom 9. November 1918.
Darin wurde angekündigt
"Soeben erschienen! Die Offenbarung Jesu
Christi. F. Bösenberg. _
Wer ein Verständnis darüber zu erlangen begehrt, wie sich die nahe Zukunft
gestalten wird, der lese diese Schrift, die in gleicher Weise das Herz wie den
Verstand befriedigt. Nach dem Urteil ernster Christen das Allerbeste, was je
geschrieben wurde."
Auch in der "Volksboten"-Ausgabe vom 14. 12. 1918 wurde dieses Buch mit
überschwänglichen Worten angepriesen:
"Die gewaltigen Herolde der Weltgeschichte
gehen dem König des Weltalls voraus. Daher sich jedes Gotteskind jetzt richtet
auf sein Kommen und einen klaren Einblick in das prophetische Wort bekommt, ist
das wichtigste. Eine wesentliche Hilfe dazu bildet das Buch 'Die Offenbarung
Jesu Christi.' ... Das Buch macht den Eindruck einer vom heiligen Geist
durchleuchteten Darstellung, welche die Epochen der letzten Zeit mit größter
Scharfe zeichnet."
Weshalb lies sich nun der "Volksbote" unabhängig von den bereits genannten
wirtschaftlichen Aspekten darauf ein, der WTG (respektive auch dem Bösenberg)
eine Tribüne zu bieten?
Eine Antwort darauf findet man vielleicht in der "Volksboten"-Ausgabe vom 25.
Juli 1914.
Dort wurde zwar ein anderes Presseorgan zitiert; indes diesem Zitat dann noch
ein eigener (redaktioneller) Nachsatz angehängt.
Da bekam die dominierende Beamtenkirche ins "Stammbuch" geschrieben. Zitat:
Kirchenstrafe auf Ketzerei.
In der "Kreuzburger Zeitung" erlassen
kirchliche Funktionäre der oberschlesischen Geistlichkeit folgendes Dekret.
"Warnung! Der Vertreter einer der gefährlichsten Sekten der christlichen Kirche,
der Adventisten, hat hier ein Zelt an der Pitschener Chaussee aufgeschlagen, um
durch seine irreführenden unchristlichen und unbiblischen Vorträge unsere
Gemeindeglieder zu verwirren und ihrer Kirche abspenstig zu machen. Wir bitten
unsere Gemeindeglieder auf keinen Fall, auch nicht aus Neugierde, diese Vorträge
zu besuchen. Wer dem Lockruf dieser falschen Propheten folgt und sich dieser
Sekte anschließt, hört auf, ein Glied unserer Gemeinde zu sein und wird weder
von uns Geistlichen, noch auf unseren Friedhof beerdigt.
Kreuzberg (O. S.), den 9. Juli 1914.
Die Geistlichkeit und der Gemeindekirchenrat
Hartnick, Pastor prim. Kosmala, Pastor, Langer, Pastor.
Abgesehen von dem wohl im heiligen Eifer unterlaufenen Lapsus: die Adventisten
als eine Sekte der christlichen Kirche zu bezeichnen, - was sie natürlich,
außerhalb der Kirche stehend, nicht sind, - atmet dieser geistliche Ukas den
bekannten gewaltsamen Ton, der den Vertretern der christlichen Liebe und
Duldsamkeit so schön ansteht. Kein Grab auf "unserem" Friedhof! Als wenn man nur
durch "unseren" Friedhof in den Himmel kommen könnte.
Aber - in Oberschlesien ist auch das möglich."
4.) Der Scheidebrief
Was war geschehen?
Nun geschehen war wohl auch dieses, Russells eschatologische Aussagen hatten
sich als Seifenblasen entpuppt.
Auch Bösenberg stand vor der Frage; weiter wie die Lemminge den Grundsatz
befolgen.
"Führer befiehl - wir folgen dir" (fallweise auch ins Verderben).
Oder eben die "Notbremse" ziehen.
In der Juli/August-Ausgabe 1924 (also relativ spät) kam Bösenberg mal auf
einige Details zu sprechen.
Zitat:
"Diese Konsequenzen habe ich alsdann
gezogen, als man versuchte, mir meine Freiheit in Christo zu nehmen und mich zu
zwingen, die fernere Herausgabe des "B(otschafters)" einzustellen."
Es gab da im Umfeld der frühen WTG noch einige andere Publizisten. Etwa ein
Albert Maier aus Kornwestheim. Dann inserierte im "Volksboten" auch
verschiedentlich ein G. Albers aus Hamburg. Der machte beispielsweise schon mal
Reklame für den Band 7 der "Schriftstudien", der aber zu der Zeit überhaupt noch
nicht existierte. Darauf gingen dann wohl diverse Anfragen bei der Redaktion des
"Volksboten" ein. In der Folge musste dieser G. Albers in einem weiteren Inserat
mitteilen, man möge diesbezügliche Anfragen doch bitte an die WTG richten.
Dieser Albers wurde dann selbst der Redaktion des "Volksboten" unheimlich, die
ihm daraufhin bescheinigte, er möge doch bitte weitere Zusendungen unterlassen.
Das war dann wohl das typische Beispiel eines, der sich zwar durch Russell
beeindruckt zeigte; sich gleichwohl dieser Organisation nicht mit Haut und
Haaren verschrieb. Eher bemüht war sein eigenes "Süppchen" zu kochen.
Noch prägnanter war wohl der Fall Coordes.
Mit Datum Stuttgart, den 20. November 1938 schrieb der SD-Führer des
SS-Oberabschnittes Süd-West, adressiert an das Sicherheitshauptamt
Zentralabteilung II 1 in Berlin (auszugsweise zitiert) unter anderem:
"Im Zusammenhang mit der Vernehmung des
Bezirksdieners (Ludwig) Stikel (richtiger
wäre Stickel) ... wurde
festgestellt, dass der Bibelforscher Heinrich Coordes, verh. Kaufmann, geb. 4.
1. 88 ... in seinem Hause angeblich durch seine Frau ein Parapack-Institut
betreibt (Parapack-Packungen werden gegen Rheumatismus, Ischias usw.
verabreicht)."
Genannte "Parapack-Institute"
(zu einem späteren Zeitpunkt im Kontext der Kommentierungen des "Goldenen
Zeitalters", resp. "Trost") komme ich nochmals darauf zurück,
waren so eine Art "Schlager" bei den zeitgenössischen Zeugen Jehovas. Anfällig
für allerlei (pardon Quacksalber), wurde jeder neueste Schrei der
Heilpraktikerszene begierig aufgenommen. So auch eben in diesem Falle.
Das war also die spätere Erwähnung des Coordes zu Nazizeiten.
Davor aber, war auch er schon in die Annalen der WTG-Geschichte eingegangen. Und
zwar betrieb der Kaufmann Coordes einen "Verlag" mit
(überwiegend Kleinschrifttum aus eigener Feder).
Seine Abnehmer-Zielgruppe waren dabei zu allererst die WTG-Hörigen.
"Umwerfendes" findet man in diesem Kleinschrifttum sicherlich nicht. Das
Strickmuster ist ähnlich. Von Russell inspiriert, dessen Gedankengänge variiert
in eigenen Formulierungen wieder gegeben.
Schismatisch gegen die WTG waren diese Coordes'schen Ausführungen sicherlich
nicht.
Aber, das ist eben der entscheidende Punkt. Die WTG beliebte ihren
Alleinvertretungsanspruch durchzusetzen. Im Falle etwa der "Aussicht" gelang ihr
das nicht mehr.
Der Coordes indes, geistig ein paar Nummern tiefer einzusortieren; bei dem hatte
sie mit ihrer Forderung noch Erfolg.
Im deutschen "Wachtturm" vom 1. Juli 1925 (S. 194) konnte die WTG dann
erfreute mitteilen:
"Auf Wunsch von Bruder Coordes teilen wir
den lieben Geschwistern gerne mit, dass um der Ordnung und Einheit des Herrn
willen nach brüderlichen Übereinkommen mit Bruder Coordes, der von ihm früher
geführte Verlag, Versand christlicher Literatur, aufgegeben worden ist, und
Bestellungen der Geschwister dahin zwecklos sind. ..."
Um jetzt wieder auf Bösenberg zurück zu kommen. Der erste Jahrgang seines
"Botschafters für den Haushalt des Glaubens" ist nun als dauerhaft verschollen
zu werten, daher auch nicht mehr zu bewerten. Anders sieht es ab 2 Jg. und
weiteres aus.
Anti-WTG-Polemik findet man in diesen frühen Jahrgängen so gut wie keine.
Es drängt sich eher der Eindruck auf (bzw. ist dieser Eindruck nicht ganz
vom Tisch zu wischen).
Vielleicht wollte er analog den Fällen Maier und Coordes auch nur ähnliches auf
die Beine stellen.
Wie aber bereits vernommen, verstand die WTG dabei keinen Spass und reagierte
ultimativ auf den nun neu auf dem Markt befindlichen "Botschafter ..."
Gemäss eigenen Angaben schrieb Bösenberg
"im Juli 1915 an den damaligen Leiter der I.V.E. B. ; C. C. Binkele" einen
Brief:
Darin wird er wohl etwas deutlicher, als in seiner sonstigen "Botschafter"-Publizistik.
Da schrieb er dem Binkele beispielsweise ins "Stammbuch":
"Ich wundere mich, daß Dir noch nicht mehr
die Augen aufgegangen sind darüber, wohin die Reise geht: in Sektenwesen, Irrtum
und Knechtschaft!
"An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen" - auch die Bibelforscher, unter denen
es neben vielen gottseligen Seelen, die nur zu Füßen ihres Herrn sitzen und auf
seine Stimme hören, auch - leider! - viele solcher gibt, die durch Kopfwissen
aufgeblasen sind und nicht vor allen Dingen das sind, was man als 'bekehrt von
Herzensgrunde' bezeichnet - ein Wort, unter den 'Ernsten Bibelforschern' ganz
unbekannt!
Das Christentum des Herzen fehlt vielfach, ebenso aufrichtige Frömmigkeit; an
deren Stelle ist getreten gläubiges, meist unverdautes Nachbeten jedes Wortes,
welches der "kluge und getreue Knecht, der einzige Kanal der göttlichen Segnung"
(Russell) uns als "Speise zu rechter Zeit" vorsetzt, und daneben erwirbt man
sich im Himmelreich eine gute Stufe durch "Wirken", herumreisen mit und ohne
Photodrama. So sieht's vielfach bei uns aus!
Die Früchte? "Gott kann nicht irren, und der treue Knecht (Russell) kann nicht
irren"
Und als Beispiel nennt er weiter:
Da "verkündete ein Bruder kürzlich auf
einer Frageversammlung, Jesus als Mensch konnte wohl irren"
Und kommentiert diese Aussage mit dem Satz:
"Hier wird Russell direkt Gott an die Seite
gesetzt!"
Weiter nimmt er Anstoss an dem Umstand:
"Kranken- und Armenpflege,
Diakonissendienst etc. sind lauter unfruchtbare Werke der Finsternis" -
verkündete kürzlich ein Dresdner Ältester, geschworener Russellianer! --
Weiter: "Das Abendmahl, das die gläubige Christenheit feiert, mit Ausnahme des
Gedächtnismahles der Bibelforscher, ist "Tisch und Kelch des Teufel" -
verkündigte ein Berliner Ältester."
Und dann fragt er Binkele:
"Meinst du nicht, man könnte diese
Blütenlese beliebig vergrößern?
Lieber Bruder! Ohne Zweifel werden wir durch die Wahrheit geheiligt; echte,
rechte Bibelforscher (indes) verkünden:
"Russells Wort ist die Wahrheit". Jesus verstand es anscheinend nicht recht,
wenn er sagte: "Vater, Dein Wort ist die Wahrheit". -
Ein Christ, der täglich seine Bibel durchforscht, ist nicht "in der Wahrheit" -
von dem Tage an, wo er die "Bände" Russells liest, ist er "in der Wahrheit".
Sind das nicht tolle Zustände?
Als weiteres Beispiel nennt Bösenberg:
"Ein Bruder schrieb mir dieser Tage einen
vierseitigen Brief, in welchem 11mal das Wort "Bruder Russell" vorkam, aber
nicht ein einziges Mal Gott, Christus, Jesus genannt waren.
O trauriges Christentum, wo nicht nur nach meinen Beobachtungen der Herr, der
uns so teuer erkauft hat, zurückstehen muß an Wertschätzung hinter dem "treuen
Knecht"! ...
Und über sich selbst sagt er dann:
"Meine Aufgabe erblicke ich darin, den
Herrn in den Vordergrund zu stellen. Aber das wird mir verdacht, daß ich den
gekreuzigten Christus predige und nicht den "unfehlbaren treuen Knecht." -
Ich bin mir wohl bewußt, daß Satan aus der V.E.B. lieber eine Sekte und eine
Schaar Menschenknechte machen möchte, als zugeben, daß er eine Gemeinschaft
freier Christusknechte sei ...
"Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit". Und umgekehrt!"
Nun war ja der Adressat Binkele zu der Zeit mit der Ranghöchste WTG-Vertreter in
Europa. Ihn zitiert Bösenberg dann mit der Aussage:
"Du schriebst vor etlichen Wochen: Niemand
könne Ältester sein, der nicht alles glaubt und lehrt, was Br. Russell
schreibt."
Und sein Kommentar zu diesem Verdikt:
"In diesem Falle kann ich nicht Ältester
sein; in diesem Falle wäre aber auch die V(ereinigung) E(ernster) B(ibelforscher)
katholischer als die katholische Kirche, knechtischer als das finsterste
Babylon, und eine einzige große Heuchelei! ...
Die Freiheit ist das wichtigste Prinzip, das es nur für Gotteskinder geben kann.
Stehen wir in der Freiheit, nur an Gottes Wort gebunden? Oder in der
Knechtschaft, an menschliche Auslegung gebunden? Leider ist letzteres praktisch
vielfach der Fall und damit der Beweis erbracht, daß unter uns Christi Geist
nicht sein kann ...
Soll nun der knechtische Sektengeist die Oberhand gewinnen? Ich habe die Gefahr
erkannt und bin gewissenhalber in den Kampf für Christum, für Freiheit
eingetreten; der "Botschafter" soll dazu helfen ..."
Und weiter Binkele auf das vorgenannte "festnagelnd" bescheinigt er ihm:
"Kannst Du aber nicht mir wie allen
Geschwistern, wahre, völlige Freiheit auch hinsichtlich der Auslegung der
Schrift garantieren, dann wird Deine Antwort das bestätigende Siegel für meine
Überzeugung sein, daß die V.E.B. sich von einer Sekte Großbabylons in nichts
unterscheidet, und auch mir würde das schwere, saure Wort gelten:
"Gehet aus ihr hinaus!"
Schon manche beschwerten Geschwister haben in diesem Sinne an mich geschrieben
und gesagt, daß sie die Aufforderung hörten: "Fliehet! Fliehet!" - Ich habe sie
bis jetzt zu beruhigen versucht und sie gebeten, ja nichts zu übereilen. Allein
auch mein Kampf neigt sich dem Ende zu, die Entscheidung steht bevor. Bei Dir
liegt sie zum größten Teil!
Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn allein dienen immerdar; nie lasse
ich mich in ein Joch der Knechtschaft von Menschen zwingen! Ich ziehe alle
Konsequenzen".
Es wäre am Rande noch mit zu vermerken. Binkele blieb einstweilen weiter treu
bei der WTG-Stange. So war er noch im spektakulären Prozess in der Schweiz der
sich um die von antisemitischer (und kirchlicher Seite - Nicht selten beides
in einer Person) erhobene Behauptung, die Bibelforscher würden von den
"Freimaurern gesponsert".
In einem als Folge dieser Behauptung eingetretenen Gerichtsverfahrens (ohne
substanzielles Ergebnis. Das war nur ein "Hornberger Schießen". Viel Rauch und
Nebel - und ansonsten nichts). Immerhin war da noch Binkele auf der WTG-Seite
der Prozessbevollmächtigte.
Auch im Falle Binkele war dann noch nicht "aller Tage Abend".
Je länger, je mehr, konnte der neue WTG-Fürst Rutherford und Binkele nicht mehr
so recht miteinander auskommen.
Krankheit (tatsächliche oder vorgeschobene) bewirkten dann auch noch
Binkele's Entlassung aus dem WTG-Dienst.
Der spätere "kranke" Binkele war aber immerhin noch so fit, um dann in späteren
Zeiten noch ein eigenes von der WTG-unabhängiges Zeitschriftenprojekt beginnen
zu können!
Im Link als "Kostprobe" mal die erste Ausgabe von Binkele's Zeitschrift.
Sie bewegt sich in ihrem Level auf einer ähnlichen Ebene wie auch der
"Botschafter" des Bösenberg. Vermeintlich "religiöse Erbauung".
Wer für die eine "Antenne" hat, für die mag das dann ja hilfreich sein.
Wer diese Fähigkeit nicht hat (oder nicht mehr hat), den drängt sich da
eher der Satz auf von dem "Hund, der da nicht hinterm Ofen vorgelockt werden
kann".
Binkele's erste Zeitschriftenausgabe
Siehe auch
Binkele's Pilgrim
Schweizer Funktionäre
Funktionärsverschleiss
5.) Sein Zeitschriftenprojekt "Botschafter für den Haushalt des Glaubens"
Nun also war sein Zeitschriftenprojekt, mitten im bereits ausgebrochenen
Weltkrieg gestartet worden. So unerwartet konnte es dann wohl auch nicht sein,
dass eines Tages gemeldet wurde, der Herausgeber Bösenberg sei zum Militär
einbezogen worden.
Diesbezügliche Skrupel zu der Zeit bestanden ja weder bei den WTG-Hörigen, noch
bei den von ihnen separierten Kreisen.
Noch 1915 (20. 2. 1915) hatte Russell in seinen vom "Volksboten"
publizierten Predigten wörtlich erklärt:
"Ein Christ, der seiner Dienstpflicht im
Heere oder in der Marine genügt, unterwirft sich damit den obrigkeitlichen
Gewalten (Röm. 13:1) und befolgt die Worte des Meisters in Matth. 5,41: "Wer
irgend dich zwingen wird, zu gehen."
Möglicherweise könnte es Gott so fügen, daß seinem Gesuch nicht mit der Waffe
dienen zu brauchen, sondern als Nichtkämpfer im Lazarettdienst verwendet zu
werden, entsprechen würde."
Es sei denn mal dahingestellt, ob es dieses
"möglicherweise könnte es Gott so fügen ..."
in der Praxis denn überhaupt gab.
Der Einzug zum Militär bedeutete aber nicht das Ende des "Botschafters".
Es fanden sich Stellvertreter, die das Werk fortsetzten. Der dabei zu nennende
Franz Maaß wohnte zwar anfänglich auch wie Bösenberg in Berlin, verlegte aber
alsbald seinen Wohnsitz nach Dresden. Anfang 1918 konnte der Botschafter dann
vermelden, dass Bösenberg wieder aus dem Militärdienst entlassen worden sei.
Und weiter
"Um das häufige Wechseln zu vermeiden, soll
der Verlag und Versand des Botschafter auch in Zukunft von Dresden aus erfolgen,
solange es der Herr nicht anders bestimmt."
Bösenberg seinerseits, scheint danach nicht mehr in Berlin länger wohnhaft
gewesen zu sein. Seine neue Anschrift war die in Balingen (heutiges
Baden-Württemberg).
Desweiteren scheint er vorrangig in dieser Zeitphase, sich mit der Abfassung von
thematischen Broschüren und ähnlichem abgegeben zu haben.
So gab es etwa 1920 eine separate Beilage zum Botschafter von ihm mit dem Titel
"Wort der Wahrheit".
In selbigen nahm er das Matthäus-Evangelium der Bibel als formales Gerüst, um
quasi "Kommentare" dazu zu schreiben.
Wer indes erwarten sollte (obwohl er ja theoretisch alle Kapitel jenes
Bibelbuches "kommentierte"), das sei nun ein profunder Bibelkommentar dazu,
der täte allerdings gut daran, seinen Erwartungshorizont doch lieber etwas
zurück zuschrauben, und das nicht zu knapp.
Hätte er für seine Fortsetzungs-Ausführungen in "Wort der Wahrheit" sich den
formalen Aufhänger Matthäus-Evangelium gespart, dürfte wohl das Ergebnis wie es
denn ja vorliegt, auch nicht viel anders aussehen.
Vielleicht hat er sich da ein paar "Schuhe" angezogen, die für ihn in der Tat
etliche Nummern zu groß waren.
Der bereits genannte Franz Maaß trat dann in näheren Kontakt zu anderen
Bibelforscher-Kreisen in Dresden. Der Name Franz Maaß trat aber ab dem Zeitpunkt
zusehends in den Hintergrund. Dafür um so mehr in den Vordergrund traten andere
Namen aus Dresden.
Und dabei besonders hervortretend der Name Reinhardt Blochmann Dresden-N,
Pulsnitzerstr. 10.
Schon in der "Botschafter"-Ausgabe vom Mai 1917 begegnet man seinem Namen zum
ersten Mal. Mitgeteilt wurde da; es sei beabsichtigt in Dresden eine größere
Versammlung zu veranstalten (noch zu Kriegszeiten). Und die potentiell
Interessierten sollten sich dazu vorher bei Herrn Blochmann anmelden.
Zitat:
"Es sei auch hier an das in dieser Zeit
nötige Mitbringen von Fleisch-, Kartoffel- und Reisebrotmarken erinnert Die
Versammlungen finden in dem alkoholfreien Speisehaus Dresden-A, Wettinerstr. 5
I. statt."
Nun war Dresden in der deutschen Bibelforscher-Frühzeit von jeher "die"
Hochburg. In keiner anderen regionalen Gegend Deutschlands (vielleicht
Barmen ausgenommen) gab es damals soviel WTG-Hörige wie just in Dresden.
Nun war aber auch die WTG von den Kriegsbedingten Umständen betroffen. Auch ihr
Personalkarrussell drehte sich mit immer größerer Geschwindigkeit. Was heute
aktuell war, konnte morgen dabei schon wieder veraltet sein.
Und so verwundert es auch nicht, wenn der (vormals) im Dienst der WTG
stehende Historiker Johannes Wrobel in einem seiner Texte auch zitiert:
"Aber nun ist Bruder Binkele, (im ersten
Weltkrieg) wie Ihr wissen werdet, nach Amerika zurückgekehrt. Wir möchten die
deutschen Geschwister benachrichtigen, daß nunmehr alle Angelegenheiten der
Gesellschaft durch ein Komitee von drei Brüdern geregelt werden sollen, und zwar
durch die Brüder Ernst Haendeler, Fritz Christmann und Reinhard Blochmann. . .
."
Allen drei genannten Namen indes sollte danach keine lange Lebensfrist in den
WTG-Gefilden mehr beschieden sein. Im Falle Haendeler wörtlich zu verstehen,
denn auch der "Volksbote" vermeldete alsbald den Tod des Haendeler. Das auch aus
dem Grunde dieweil Haendeler auch der Kontaktmann zwischen WTG und dem
"Volksboten" war.
Auch das 1974 ZJ-Jahrbuch notiert.
"Aber diese Vorkehrung konnte nicht in
Kraft treten, wie es geplant war, denn Bruder Blochmann mußte Barmen verlassen,
und Bruder Haendeler war gestorben, noch bevor Bruder Russells Brief in
Deutschland eintraf. Da die Spannung in den folgenden Monaten nicht nachließ,
ernannte Bruder Russell im Februar des Jahres 1916 ein (neues)
"Leitkomitee, das aus fünf Brüdern ...
Aber auch diese Regelung konnte nicht lange aufrechterhalten werden."
In der Tat, denn auch den Namen Christmann findet man in nicht allzu späterer
Zeit dann in den WTG-Dissidentenkreisen (nicht aber mehr in den der
WTG-Hörigen).
Wie aber eben gelesen, war auch der Blochmann, zeitweilig für höhere WTG-Weihen
vorbestimmt, auch wenn umständehalber daraus dann nichts wurde.
Der Umzug des Blochmann von Barmen nach Dresden wird ja nicht näher begründet.
Wenn aber Blochmann wie erwähnt schon im Mai 1917 ausgerechnet im "Botschafter"
zu einer beabsichtigten Veranstaltung nach Dresden einlädt, lässt das einige
Deutungsmöglichkeiten offen. Die wahrscheinlichste dabei die, dass auch er die
Tage seiner WTG-Hörigkeit nunmehr als beendet ansah.
Wie zunehmend offenkundiger wurde, trat der Maaß in Dresden mehr und mehr in den
Hintergrund. Als neuer "starker Mann" entpuppte sich dafür Blochmann.
Das entwickelte sich dann dahingehend, dass Blochmann mit Bösenberg übereinkam
(etwa ab 1922) den gesamten "Botschafter-Verlag" zu übernehmen. Blochmann
hatte noch größere Pläne. Im Hinblick auf die in Dresden besonders zahlreichen
Bibelforscherkreise, schwebte im vor, auch in organisatorischer Hinsicht etwas
auf die Beine zu stellen. Dazu gegründet wurde ein "Missionsdank Frohe
Botschaft", indem er wiederum der Spiritus rector war.
Erklärtes Ziel dabei war auch, wie einem im "Botschafter" veröffentlichten
Rechenschaftsbericht zu entnehmen ist, dass dieser "Missionsdank Frohe
Botschaft" gar hauptamtliches Personal anstellen könne. Bösenberg hatte indes
von jeher, seine Aktivitäten nebenberuflich praktiziert.
Indes jene hochgestochenen Pläne fielen letztendlich ins Wasser.
Nach etwa 1 ½ Jahren sah sich Blochmann genötigt "das Handtuch zu werfen".
Da aus dem hauptamtlichen Job nichts wurde, war für ihn die Belastung, durch die
Verlagsarbeit zu groß.
Somit ging auch der Verlag wieder in Bösenbergs Hände zurück.
Am Rande vermerkt, auch nach 1945 begegnet man den Namen des Reinhardt Blochmann
noch. Um 1948 etablierten sich namentlich im Raum Dresden die Splittergruppen
aus dem WTG-Umfeld erneut, und versuchten sich organisatorisch zu festigen.
Das 1950 Zeugen Jehovas-Verbot in Ostdeutschland wurde dann auch ihnen zum
Verhängnis; die kommunistischen Nazis auf der Kirchenpolitik-Ebene (von
tuten und blasen keine Ahnung habend) wiederholten dann das was schon die
buchstäblichen Nazis getan hatten. Die Splittergruppen mit in ihr
Rasenmäher-Verdikt einbeziehend.
Im Kontext der Dresdner Gruppe um Alfred Diener, und deren Bemühung das Verbot
rückgängig zu machen, begegnet man im Aktenbestand des vormaligen
Staatssekretariates für Kirchenfragen der DDR auch (erneut) (mit) dem
Namen
Blochmann, Reinhardt, Dresden N6, Pulsnitzerstr. 1a.
Im Jahre 1923 gab es dann in Dresden erneut eine (relativ) größere
Zusammenkunft, über die Bösenberg seinerseits für den "Botschafter einen Bericht
verfasste (Nr. 7/8-1923).
In ihm las man unter anderem:
"Unsere Hauptversammlung in Dresden nahm
einen Verlauf, der von dem der vorjährigen in jeder Hinsicht verschieden war.
Schon äußerlich waren wir buchstäblich "eine kleine Herde" von etwa 50
Teilnehmern; in diesem Jahre füllten über 200 Teilnehmer den Saal bis auf den
letzten Platz.
Auch waren unsere lieben Geschwister in Dresden im vergangenen Jahre eifrig
gewesen in der öffentlichen Verkündigung des Evangeliums ...
Nachdem dann auch die Gemeinschaft, mit der sich unsere Dresdner Geschwister im
vergangenen Jahre enger verbunden, wenn auch keineswegs verschmolzen hatten, in
letzter Stunde beschlossen hatten, zu Pfingsten auf eigenes Zusammenkommen zu
verzichten, um an unserer Hauptversammlung teilnehmen zu können, so war aus
diesen verschiedenen Gründen ein weit stärkerer Besuch unserer diesjährigen
Hauptversammlung begreiflich.
Unsere diesjährige Hauptversammlung war unser erster Versuch, uns ohne Rücksicht
auf Verschiedenheiten der Erkenntnis einmal auch mit anderen Kindern Gottes zu
gemeinsamer Erbauung zu versammeln.
Wir müssen es offen bekennen, daß es zu weiteren ähnlichen Versuchen nicht
ermutigt.
Wir werden die Belehrungen, die uns zuteil wurden, sorgfältig zu beachten haben,
wenn wir nicht dahin kommen, es als den Willen Gottes zu erkennen, daß wir uns
in Zukunft wieder nur im engsten Geschwisterkreise versammeln sollen."
Man achte in vorstehendem Votum auch auf die "Zwischentöne".
Nochmals wiederholt:
"Wir müssen es offen bekennen, daß es zu
weiteren ähnlichen Versuchen nicht ermutigt."
In der Nr. 9/10-1923 muss Bösenberg ergänzend mitteilen:
"Es kommt hinzu, daß Bruder Blochmann, der
anderthalb Jahre hindurch den Versand und die damit zusammenhängenden Arbeiten
erledigte, sich nicht mehr in der Lage sieht, dies in der seitherigen Weise noch
ferner tun zu können, und daß ich mich entschließen mußte, die Gesamtherausgabe
wieder selbst in die Hand zu nehmen."
Mit vorstehender Episode war dann der relative Höhepunkt der "Botschafter"-Tätigkeit
erreicht und überschritten.
Erst im Jahre 1929 gelang es Bösenberg dann wieder eine Entlastung für seine "Botschafter"-Tätigkeit
zu finden.
Zitat aus dem "Botschafter" Januar/Februar 1929:
"Der Versand des "B(otschafter)" und aller
sonstigen Veröffentlichungen des Verlages erfolgt von heute ab durch Br.
Hoffmann; die l. Leser werden gebeten, die veränderte Adresse zu beachten.
Heinrich Hoffmann, Zühlsdorf Post Wandlitz (Mark)"
Und weiter weis Bösenberg zu Herrn Hoffmann noch mitzuteilen:
"Beim Ausbruch des Weltkrieges meldete er
sich, 57jährig, freiwillig zum Heeresdienst und fand Verwendung in der Heimat,
wo er nacheinander zum Unteroffizier, Feldwebel und Feldwebel-Leutnant befördert
wurde.
Zu besagtem Herrn Hoffmann, das nur zur ergänzenden Angabe, erfährt man zu
einem späteren Zeitpunkt (Nr. 2/1938):
Am Sonntag, den 20. März, ist unser lieber
Bruder Heinrich Hoffmann sanft im Herrn entschlafen im 81. Lebensjahr."
Dann kann man sich ja selber ausrechnen, in welchem Lebensalter er den "Botschafter"-Versand
übernahm.
Auch ansonsten ist das "Botschafter"-Projekt nicht gerade auf Rosen gebettet.
In der Ausgabe Mai/Juni 1932 gibt es beispielsweise die Klage:
"Im Zeichen der Verarmung muß heute auch
der "Botschafter" vor seine Leser treten.
Uns war es seither eine besondere Freude, mit den uns anvertrauten Liebesgaben
nicht nur den unentgeltlichen Dienst am Volke Gottes durch Versand des "B" und
umfangreichen Briefwechsel zu ermöglichen, sondern auch besondere Fälle
drückender materieller Not unter den Geschwistern lindern zu dürfen.
Nun ist in letzter Zeit ein so starker Rückgang der Gaben eingetreten - ein
sichtbares Zeichen wachsender Not und Verarmung - daß wir zu unserm Schmerz
genötigt waren, nicht nur diesen Liebesdienst einzustellen, sondern uns auch zu
weiteren Einsparungen zu entschließen."
Die Widrigkeiten des Naziregimes taten dann das ihrige. Die Ausgabe Mai/Juni
1933 war dann die letzte bisheriger Machart.
Ab November 1933 gelang es aber Bösenberg, das zeitweilige Verbot auch seines
Blattes wieder rückgängig machen zu können.
Es erschien also ab November 1933 weiter; nunmehr unter einem variierten Titel,
dem die Worte "Seid heilig" vorgesetzt waren.
Die nächste Klippe datierte etwa auf das Jahr 1935.
Das Naziregime, durch die Differenzen mit der "Bekennenden Kirche" selbst
angeschlagen, reagierte zunehmend nervöser.
Ein "Blitz" der da einschlug, traf auch einen Teil jener Religionsgemeinschaft,
welche heutzutage, umgangssprachlich als Baptisten bezeichnet wird.
Die offizielle heutige Organisationsbezeichnung lautet aber etwas anders;
nämlich "Bund Freikirchlicher Gemeinden".
Das Wort "Bund" verdient dabei besondere Beachtung. Es sind da in der Tat
geschichtlich gewachsen, unterschiedliche Gruppen, die sozusagen als Dachverband
in diesem Bund zusammengefasst sind.
Eine dieser Gruppen hielt (auch zu Nazizeiten) nicht sonderlich viel von
festgefügten Organisationsformen.
Daran wiederum nahm das angeschlagene Naziregime (angeschlagen auf dem
Sektor seiner Kirchenpolitik) besonderen Anstoß. Es bestand darauf,
namentlich dem Regime gegenüber ausgewiesene Repräsentanten dieser Gruppe müssen
da sein. Wird diese Forderung nicht erfüllt - dann Verbot.
Da mussten einige erst mal "schlucken", denn Verbote waren für das Naziregime
eine seiner leichtesten Übungen.
In mühseligen Verhandlungen gelang es dann doch, eben auch durch die Einfügung
in einen größeren "Bund", die schon ausgesprochenen Verbote wieder rückgängig zu
machen.
Der Schock über diese Entwicklung indes, sollte noch jahrelang nachwirken; denn
jene Gruppen wollten ja eigentlich "frei" sein. Und nun mussten sie sich in
feste Organisationsformen kirchlicher Art einfügen. Das lief ihnen eigentlich
"gegen den Strich".
Mehr noch, diese Entwicklung drohte auch auf die Kreise überzuschwappen, die
sich durch den "Botschafter" angesprochen fühlten.
Die hielten ja ebensowenig vom Prinzip her, von festen kirchlichen Strukturen.
Sieht man sich die Hefte des Botschafters an, die über diese Sachlage berichten,
muss man allerdings dem Bösenberg bescheinigen.
Er agierte überlegt (das hatte er ja schon 1933 bewiesen mit der damaligen
Aufhebung des Verbotes); und er verstand es auch das Schlimmste abzuwenden.
Bei aller Cleverness, die er auch bei späteren gefahrvollen Situationen noch
offenbarte, blieb indes auch ihm nicht erspart, und da half dann auch keine
Cleverness mehr, was er in der Ausgabe Nr. 5/1939 der inzwischen als
"Botschafter-Hefte" umbenannten Zeitschrift mitteilen musste:
Zitat:
"Vorläufige Mitteilung!
Die durch den Krieg notwendig gewordene Papierersparnis bringt es mit sich, daß
voraussichtlich mit dem Ende des laufenden 25. Jahrganges die
"Botschafter-Hefte" ihr Erscheinen werden einstellen müssen. Ob Gott alsdann
meinen Dienst, der - ich weiß es - für viele von Euch ein gesegneter gewesen
ist, noch in irgend einer Form ermöglichen wird, das vermag ich heute noch nicht
zu sagen. Sein heiliger Wille geschehe!"
Und in einem etwas umfänglicheren Rückblick von ihm in Heft 6/1939 liest man
dann unter anderem:
"Abschied
Mit dem heutigen Hefte beschließt der "Botschafter für den Haushalt des
Glaubens", der in der letzten Zeit in Form von inhaltlich abgeschlossenen Heften
erschien, seiner 25. Jahrgang und beendet damit nach dem Willen Gottes zugleich
den Dienst, den er im Laufe dieser langen Jahre an der Gemeinde Jesu Christi hat
tun dürfen. Ich weiß es, daß es in vielen Herzen von Euch, Ihr geliebten Brüder
und Schwestern in Christo, zunächst eine schmerzlich empfundene Lücke
hinterlassen wird. Aber ich weiß auch, daß das, was Gott tut, allezeit das
absolut Gute ist, und daß wir daher keinen Grund zur Klage haben, wohl aber
unendlich viel Ursache zur tiefsten Dankbarkeit für alles das, was wir an
Segnungen empfangen haben auch durch den Dienst, den ich bis heute habe tun
dürfen. Diese Segnungen bleiben, auch wenn das Werkzeug, durch welches sie etwa
vermittelt wurden, nicht mehr besteht! Was Gott uns schenkt, das ist
unverlierbar, wenn wir es nicht mutwillig oder leichtfertig verscherzen.
Es ist eine einzigartige, gewaltige Zeit, in die das Erscheinen des "B."
gefallen ist. Vor 25 Jahren begann jener durch teuflische Mittel hervorgerufene
Krieg ...
Nach dessen Beendigung bestand der Kriegszustand fort, immer auf andern
Lebensgebieten ausgetragen - und heute muß er zu Ende gekämpft werden, abermals
mit den Waffen in der Hand. Unzählige Kinder Gottes waren und sind der
zuversichtlichen Gewißheit, daß das verheißene Kommen unseres geliebten Herrn
nahe bevorsteht, und sie suchen mit diesem bevorstehenden Ereignis, dem
bedeutungsvollsten der ganzen Menschheitsgeschichte, auch die Ereignisse in
Verbindung zu bringen, die die Menschheit zutiefst bewegen. Was soll die
Wiederkunft Christi mit sich bringen? In erster Linie die Vollendung und
Verherrlichung der Gemeinde Jesu Christi, und in zweiter Linie die Aufrichtung
der irdischen Friedens- und Segensherrschaft des Christus. ...
Das kann nicht geschehen ohne die heftigsten Erschütterungen und schmerzlichsten
Wehen, und eine nahe Zukunft wird erweisen, ob es ein Irrtum war, indem
Schrecken des Weltkrieges und allem, was daraus bis zum heutigen Tage auf der
Erde geschehen ist, die Geburtswehen einer neuen Zeit für die Bewohner der Erde
zu erblicken.
Ich war dieser Gewißheit, als ich vor 25 Jahren die erste Nummer dieser
Zeitschrift hinausgehen ließ. Wenn ich mir damals - wie übrigens auch heute noch
- wo von der Dauer dieser Geburtswehen noch von ihrer Eigenart ein zutreffendes
Bild habe machen können. Und ich bin mit zahllosen Kindern Gottes noch heute
dieser Gewißheit, so wie auch die Welt der Überzeugung ist, an der Schwelle
eines neuen Zeitalters zu stehen.
Was nun heute in der Welt geschieht, das erscheint so offenkundig als Gottes
vorbereitendes Wirken für die Aufrichtung der Segensherrschaft Seines Sohnes,
daß wir durchaus die freudige Gewißheit entnehmen dürfen, diese ersehnte Zeit,
da alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen, stehe nahe bevor. Dann
aber, Ihr lieben Brüder und Schwestern, steht auch die Vollendung der Gemeinde
in Herrlichkeit nahe bevor!
Dann wird in ganz naher Zukunft alles das Wirklichkeit werden, was wir im
Vertrauen auf die Zusagen Gottes bisher geglaubt und erhofft haben!
Dann steht die Vorbereitungszeit der Gemeinde vor ihrem Abschluß, und die
Aufgaben derer, die Diener der Gemeinde haben sein dürfen, stehen vor ihrer
Erfüllung. Wenn die Segensherrschaft Christi aufgerichtet wird, dann ist der
Dienst eines "Botschafter für den Haushalt des Glaubens" nicht mehr vonnöten.
Gott hat mich schon seit einiger Zeit innerlich gewiß gemacht, daß mein
seitheriger Dienst sich dem Ende nähert, und so nehme ich die Mitteilung, daß
die Knappheit an Druckpapier die Einstellung der "B-Hefte" nötig mache, als den
Ausdruck seines Willens an, die Arbeit, die ich durch 25 Jahre hindurch freudig
getan habe, nunmehr einzustellen. Wenn Gott mir in Zukunft noch einmal einen
Auftrag an Euch, ihr Lieben, geben sollte, dann wird Er solchen auch ermöglichen
und keinem von Euch, das möchte ich besonders betonen, wird auch in Zukunft
etwas mangeln an geistlichen Gütern, wenn wirklich das Kommen des Herrn noch
etliche Zeit würde auf sich warten lassen.
Silber, Gold und Kleidung habe ich von keinem von Euch begehrt. Ihr wißt selbst,
daß für meinen Lebensunterhalt diese meine Hände gesorgt haben."
Den 2 und 3 Jahrgang des "Botschafters" (damals noch im Zeitungsformat
gedruckt), kann man sich (soweit technisch möglich) nachstehend noch
ansehen.
Botschafter.2.Jg.
Botschafter.3.Jg.
6.) Sein Verhältnis zu "Die Aussicht" und Co
War der Bösenberg'sche "Botschafter" nun die erste Zeitschrift dieser
Prägung im Deutschsprachigem Raum? Mit Sicherheit nicht.
In Deutschland gab es zu der Zeit noch die "Beiträge zum Schriftverständnis"
hrsg. von Friedrich Kunkel (später umbenannt in "Die Neue Zeit"). Auch
wenn deren frühe Jahrgänge als verschollen gelten müssen (im
wissenschaftlichen Bibliothekswesen erst ab 9. Jg. 1916 auftreibbar) so
bedeutet das ja nicht zwangsläufig, dass sie in einschlägigen Kreisen
zeitgenössisch nicht bekannt gewesen wäre.
Auch Kunkel konnte bereits auf eine WTG-"Karriere" verweisen.
Nun mag zu der Zeit, Kunkel vielleicht (relativ) WTG-näher gewesen sein,
als der anders geprägte Bösenberg. Für diesen Umstand spricht dann auch, dass
Kunkel auch Kleinschrifttum dann als Verleger vertrieb. Unter anderem auch
verschiedene Broschüren des "Starbibelforschers" Edgar.
In der von Kunkel verlegten Edgar'schen Broschüre "Was sagt die Bibel über
Seele, Tod und Hölle?" liest man unter anderem:
"Die vorliegende Studie von Dr. Edgar wurde
zum ersten Male im Jahre 1909 mit ausdrücklicher Genehmigung des Verfassers von
mir in Deutsch herausgegeben. ... Nach dem Tode Dr. Edgars erschien sie im Jahre
1913 in einem Züricher Verlag, dem unsere vom Verfasser genehmigte Ausgabe nicht
bekannt gewesen zu sein scheint."
Da Kunkel ja offenkundig so großen Wert auf sein Copyright legt, und da Edgar
voll auf der WTG-Linie lag (ohne dissentische Aspekte), kann man schon
nachvollziehen, dass Bösenberg sich sagte, der Kunkel mag dann ja tun, was er
will, und ich tue, was ich will.
Immerhin gab es eine Zeit, wo der Kunkel noch einen "mächtigen Stein im Brett"
bei der WTG hatte. Dafür spricht dann auch nachfolgendes Votum welches der
deutsche "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom August 1905 (S. 128;
Detailausschnitt) abdruckte.
Das steigerte sich damals so, dass man noch im selben "Wachtturm"-Jahrgang
noch lesen konnte (S. 159)
"Unser lieber Bruder Kunkel hat nun in
Königsberg einen sonst guten und festen Beruf niedergelegt, um ganz in das
Erntewerk einzutreten, nachdem ihn Bruder Russell eingeladen, zum Teil in
Elberfeld und zum Teil durch Kolportieren und Vorträge seine Kräfte in dem
Dienste des Herrn zu gebrauchen."
Ein Jahr später, im "Wachtturm" 1906 S. 98, wird gar Kunkel schon
als Vertreter des damaligen deutschen WT-Redakteurs Koetitz bezeichnet.
Gleichfalls auch in der "Wachtturm"-Ausgabe vom Januar 1907.
Mit der letzteren Erwähnung im "Wachtturm" ist dann aber offenbar schon das Ende
der Fahnenstange, was Kunkel's Erwähnung auf WTG-Seite anbelangt, erreicht.
Dann gab es da noch die in der Schweiz erscheinende "Die Aussicht", und das
bereits seit Herbst 1902.
Selbige war auch in Deutschland beziehbar, wie eine Angabe im "Aussichts"-Impressum
verdeutlicht.
Mag sich der Ort der deutschen Versandstelle in späteren Jahren dann noch
nach Erfurt verlagert haben, so ändert das nichts an dem Umstand, dass die
Angabe einer deutschen Bezugsadresse, auch die gesamte Kriegszeit über erhalten
blieb.
Später wurden dann gar noch das Blatt von Kunkel mit der "Aussicht"
zusammengelegt, wobei dann Kunkel der verantwortliche Redakteur blieb.
Dennoch zog es Bösenberg vor, sein eigenes Blatt zu starten.
Dem genannten Kunkel begegnet man dann übrigens noch als Referenten auf einer
der unter Bösenbergs Auspizien in Dresden veranstalteten Hauptversammlung des
Jahres 1922.
Es ist sicherlich beachtlich zu registrieren, was die "Aussicht" (wie sie
noch selbstständig in der Schweiz erschien) ihrerseits über Bösenberg zu
notieren weis.
So schrieb in der Märzausgabe 1921 (S. 1794) der dortige, zeitweise
dominierende Mitarbeiter E. Pillichody:
"So außerordentlich beachtenswert mir die
Auslegungsversuche von Br. Bösenberg im großen und ganzen scheinen, kann ich ihm
... nicht beipflichten.
Er wird mir möglicherweise vorhalten, ich stehe zu sehr im Banne der biblischen
Chronologie und der sich aus derselben ergebenden Geschichtsauffassung. Diese
Geschichtsauffassung hat sich in der Tat bei mir vollständig verankert, und
nachdem 1914 tatsächlich ein Wendepunkt der Weltgeschichte ist (was Br.
Henninges in der Januar-Nummer des Advocate allerdings in Abrede stellt),
gedenke ich vorderhand, diese Ankerkette noch festzuhalten. Die Zukunft wird
lehren, ob meine Uhr vor - oder Br. Bösenbergs Uhr nachgeht.
Dasselbe gilt von unserm lieben Bruder Henninges, dem Herausgeber des englischen
Monatsblattes "New Covenant Adcocate "in Melbourne (Australien). Auch er hat
sich von der Tagesanbruch-Chronologie teilweise losgemacht, indem er die
Rückkehr unseres Herrn von 1874 auf 1799, den Schluß der 1260 Tages des
Antichrists verlegt.
Er verwirft die chronologischen Lehren, die sich aus den innern Maßen der großen
Pyramide ergeben, und glaubt nicht an die Inspiration der Erbauer derselben.
Ich kann ihm in diesem Stücke nicht folgen, aber seine Bibelauslegungen sind mir
gleichwohl sehr lieb, wie sie völlig mit dem übereinstimmen, was der "Zions-Wachtturm"
bis 1903 dem Haushalt des Glaubens als geistige Speise vorsetzte, jene Speise,
welche uns seiner Zeit zur Herausgabe der Aussicht ermutigte."
Nun war ja die "Aussicht" nicht als Oppositionsblatt zur WTG angetreten, dass
ergab sich umständehalber erst später.
Insofern ist das zitierte Votum auch ein Beleg dafür.
Noch einmal kam die Schweizer "Aussicht" auf Bösenberg zu sprechen; und zwar in
der Mai-Ausgabe 1921. Bösenberg selbst, kam dort mit einer umfänglichen
Abhandlung zu Wort. In ihr auch die Sätze (S. 1807):
"Was ergibt sich daraus für mich (Friedrich
Bösenberg)? Daß die uns allen so geläufige biblische Chronologie, die die
Vollendung der 6000 Jahre nach Adam auf das Jahr 1872 legt, einen Rechenfehler
um 100 Jahre enthält.
Es sind bisher hundert Jahre weniger vergangen, als diese Berechnungen annehmen.
Das Jahr 6000 würde sich demzufolge um etwa 100 Jahre weiter hinausziehen, d. h.
etwa auf das Jahr 1972 fallen.
Infolge einiger anderer chronologischer Irrtümer, deren Erörterung hier jedoch
zu weit führen würde, verringert sich jedoch diese Differenz auf etwa 75 Jahre,
sodaß ich nach meiner heutigen Erkenntnis überzeugt bin, daß das Jahr 6000 etwa
in die Mitte dieses Jahrhunderts fallen wird.
Bis dahin werden auch die Mächte, die in der Menschheit sich noch erproben
können müssen, Sozialismus und Kommunismus, ihr Heil zur Beglückung der
Menschheit haben versuchen können und - abgewirtschaftet haben, also daß kein
Mensch mehr von irgend einem menschlichen Wirtschafts- und Regierungs-System
wird Heil erwarten können, was heute immer noch der Fall ist.
Bis dahin wird die Entwicklung der Menschheit auf der abschüssigen Bahn soweit
fortgeschritten sein, daß die Menschheit reif sein wird für das Ereignis, auf
dem alle Hoffnung für unser armes Geschlecht überhaupt beruhen kann; reif für
die Wiederkunft unseres teuren Herrn Jesu Christi und für das Segensregiment,
das er auf Erden aufrichten wird gemeinsam mit seiner verherrlichten Kirche."
Direkten Widerspruch erntet Bösenberg dort zwar nicht; indes auch das ist
nicht zu übersehen.
Der bereits genannte Pillichody hängt seinerseits noch einen Kommentar zu diesem
Bösenberg'schen Ausführungen mit an. Die Vokabel "Kommentar" dürfte dabei
allerdings etwas zu hoch gegriffen sein. Vor allem geht es dem Pillichody wohl
um eines. Um das "zerreden" dessen was der Bösenberg da so sagte.
Offenbar kann Pillichody es immer noch nicht verkraften, das andere, das von ihm
hochgehaltene Datum 1914, nunmehr den "Laufpass" zu geben bereit sind.
Wie bereits notiert redet Bösenberg einerseits von einer Datumsverschiebung um
hundert Jahre; andererseits schwächt er das wieder ab mit der vagen Andeutung,
es könnten ja "vielleicht nur 75 Jahre sein".
Da kann man dann auch seinen "Botschafter" vom Mai 1918 zitieren, in der Rubrik
"Fragen-Beantwortung" auch zu lesen war:
"Können wir eine zuverlässige Chronologie
der Bibel aufstellen, und ist es möglich aus derselben zu ersehen, ob das
siebente Jahrtausend bereits begonnen hat?
Antwort. Die Bibel gibt uns die Möglichkeit einer Chronologie an die Hand,
danach wäre etwa das Jahr 1948 das letzte Jahr des sechsten Jahrtausends
menschlicher Zeitrechnung.
4052 vor Christo + 1948 nach Christo = 6000 Jahre."
In Kommentierung eines eingegangenen Leserbriefes ("Botschafter" Mai
1928) kommt Bösenberg dann auch namentlich auf Kunkel zu sprechen. In seinem
diesbezüglichem Votum kann man dann auch lesen:
"Durch Sperrdruck habe ich hervorgehoben,
woher die "Beweise" für die angeblich schon erfolgte Wiederkunft und
Herrschaftsübernahme unseres Herrn stammen: nicht aus dem Worte Gottes, sondern
aus der "biblischen Zeitrechnung" oder aus der Beurteilung der Zeichen der Zeit!
Und auf diese letzteren legt Br. K(unkel) den Nachdruck.
Ich möchte, wie ich schon wiederholt ausgeführt habe, in dieser Hinsicht zu
größerer Vorsicht mahnen. Daß wir uns hier auf sehr unsicherem, schwankenden
Boden befinden, ist wohl sicher. Und aus dem, was meine Augen an "Zeichen der
Zeit" sehen, muß ich den Schluß ziehen, daß Jesus noch nicht seine Herrschaft
angetreten hat, daß viel mehr Satan und das Heer seiner Dämonen allüberall auf
Erden, auch in der sogen. Christenheit, herrschen, wie vielleicht noch nie
zuvor.
Auf Einzelheiten lasse ich mich nicht ein, denn ich halte es für meine Pflicht,
die Augen der Heiligen hinzulenken auf den kommenden Herrn, dessen teuer
erkauftes Eigentum wir sind und dessen heilige wartende Gemeinde wir sein
sollen. Die Beschäftigung mit den Zeitereignissen kann uns dabei wenig nutzen,
wohl aber viel schaden.
Ob nun der Einzelne aus den sog. "Zeichen der Zeit" diesen oder jenen Eindruck
gewinnt, das eine steht jedenfalls fest, daß das niemals einen sicheren Grund
für unsere Glaubensüberzeugung geben darf und kann.
Br. K(unkel) hört in diesen Zeitereignissen "die lauten Stimmen im Himmel?" Nun
ist das Königreich der Welt unseres Herrn und seines Messias geworden, und er
wird König sein." (Off. 11,15).
Meine Ohren haben diese Stimme noch nicht gehört, und ich muß daher annehmen,
daß diese Stimmen auch bisher noch nicht Wirklichkeit geworden sind; nach meiner
Überzeugung liegt das Posaunen des siebenten Engels noch in der Zukunft, und wir
leben noch in den Tagen, in denen Satan der Gott dieser Welt ist, allwo er
herrscht "in großen Grimm, weil er weiß, daß er wenig Zeit hat" (Off. 12, 12).
Wie immer nun die Gläubigen sich dazu stellen werden, ob die einen der Ansicht
Br. Kunkels zuneigen, ob andere gleich mir diesen Zeitereignissen nur geringe
Beweiskraft beimessen oder auch ganz andere Schlüsse daraus ziehen als Br.
K(unkel), so bleibt doch immer die Tatsache bestehen, daß diese sog. "Zeichen
der Zeit" sehr verschieden beurteilt werden können.
Daß der eine geradezu das Gegenteil dessen daraus schließen kann wie der andere.
Damit aber scheiden diese Dinge als Grundlage für Glauben und Erkenntnis aus.
Daß dieselben nur geringe oder auch gar keine Beweiskraft haben, das fühlt auch
Br. K(unkel) selbst und sagt darüber:
"Für manchen Gläubigen bietet das Sichtbare ein Hindernis(!) Für den Glauben an
die Wahrheit (?), daß der Herr König ist. Er sagt sich, wenn Christus schon
herrschte, schon mehrere Jahrzehnte das Regiment an sich genommen hätte, dann
müßte alles schon anders aussehen. Er würde die Übermacht des Bösen nicht so
neben sich dulden, wie es geschehen ist."
Also "das Sichtbare" (die Zeitereignisse) kann für den Gläubigen auch nach der
Ansicht Br. K(unkel)s ein Hindernis sein, die Behauptung, daß der Herr schon
wiedergekommen sei und als König herrsche, für Wahrheit zu halten. Aber der Herr
läßt nach seiner Meinung die feindlichen Mächte auf Erden ihr Wesen treiben, um
damit "die letzten Glieder seines Leibes zu erproben, bis zum letzten Atemzug
auf das Unsichtbare zu sehen. Selig, die nicht sehen und doch glauben - das ist
auch heute noch der Grundsatz, der für die Seinen gilt."
Wie mir scheint, hat Br. K(unkel) mit diesen Worten sich selbst widersprochen
und seine eigene Beweisführung widerlegt. Denn er gründet seine Überzeugung, daß
der Herr schon wiedergekehrt sei und unsichtbar als König herrsche, ja gerade
"auf die Beurteilung der "Zeichen der Zeit", also auf das Sichtbare! Und wenn es
richtig ist, daß wir nach dem Willen des Herrn nicht auf das Sichtbare, sondern
auf das Unsichtbare schauen sollen (und das ist ganz gewiß zutreffend!), dann
ist es damit schon als falsch und für das Kind Gottes unziemend erwiesen, sich
mit dem Sichtbaren, mit den Zeitereignissen so eingehend zu beschäftigen, daß
sie sein Glaubensleben beeinflussen können. Das Wort Jesu: "Selig sind, die
nicht sehen und doch glauben", darf nicht dazu gebraucht werden, von den
Gläubigen die Annahme unbeweisbaren Behauptungen und Lehren zu verlangen: Du
siehst zwar von der Gegenwart und Königsherrschaft des wiedergeborenen Herrn
noch nichts; doch selig bist du, wenn du trotzdem daran glaubst. ...
Als vor vielen Jahren zum ersten Male die Botschaft an mein Ohr drang, aus den
chronologischen Angaben der Bibel ergebe sich mit Gewißheit, daß der Herr schon
wiedergekehrt sei, ganz unbemerkt und auch als Geistwesen für menschliche Augen
unsichtbar, da jauchzte allerdings mein Herz vor Freude. Je gründlicher ich dann
aber diese Frage an dem untrüglichen Prüfstein des Wortes Gottes nachprüfte,
desto mehr erkannte ich, daß eine solche schon erfolgte Wiederkehr und
Unsichtbare, ja auch einflußlose Gegenwart des Herrn von der Schrift nicht nur
nicht vorhergesagt, sondern mit der klaren Schriftlehre über die Zukunft des
Herrn vielmehr unvereinbar sei.
Also sklavisch an Russell fühlt sich Bösenberg sicherlich nicht mehr gebunden.
Er orientiert sich auch daran; was schwimmen den nun noch für "andere Enten auf
dem Ententeich"?
Und dabei stößt auch er auf den bereits genannten Grattan Guiness zum einen, und
zum anderen eben auf den Walter Küppers alias "Johannes Walther".
Siehe zu letzterem auch:
Küppers
Kriegsprediger Küppers
Küppers (alias "Walther") hatte ja mal besonders durch sein
"Endzeitdatum" 1912 von sich reden gemacht. Das war ja nun mittlerweile "Schnee
von gestern".
Unbelehrbar und als Lavierer, indes erwies sich auch Küppers nach jenem Datum.
Klappte es also nicht 1912, dann "vielleicht" nunmehr 1933 war dann sein letzter
"Weisheitsschrei".
Und für das Datum 1933 konnte er sich wiederum auf Grattan Guiness berufen;
respektive auf seine Jünger in Lettland, die Beunigen's.
Just in der ersten Ausgabe 1933 seines "Botschafters" nimmt auch Bösenberg
dieses Thema mit auf. Da war zu lesen:
"Vor etwa 60 Jahren war es vor allem der
Londoner Astronom und Direktor einer Missionsgesellschaft Grattan Guinneß, der
über diese Dinge Licht erhielt und dasselbe weiter geben durfte in seinem großen
zweibändigen Werk "Das nahende Ende unseres Zeitalters" ... Seine biblischen
Berechnungen wurden von andern Forschern teilweise unverändert übernommen, so
auch in den Russell'schen Schriftstudien, teils wurden sie auch in selbständiger
Forschung weiter ausgebaut.
So hat ein unter dem Decknamen Johannes Walther schreibender Gottesmann sich
besonders mit diesen sieben Zeiten oder 2520 Jahren befaßt und ist dabei zu
überraschenden, glaubensstärkenden Ergebnissen gelangt, wenn er auch gleich
allen anderen Chronologen in seinen Berechnungen und Schlußfolgerungen auch in
Irrtümer geraten ist und in wesentlichen Vorhersagen sich und andere getäuscht
hat. ... "
Worin er sich und andere getäuscht hat, dass auch mitzuteilen hält dann
Bösenberg schon wieder nicht für nötig.
Statt dessen zitiert er nun umfänglich von "Walther" genannte Daten aus der
Alt-Israelitischen Geschichte, wobei man sich des Eindruckes nicht erwehren kann
(nur die allerwenigsten Leser des "Botschafter" dürften ja "Walthers" Werke
auch selbst gelesen haben), da sollten unbedarfte "Botschafter"-Leser mit
nicht nachprüfbaren Zahlen "besoffen geredet werden".
Das machte sicherlich nicht nur Bösenberg so. Auch die WTG ist dabei ja nicht zu
vergessen. Aber bemerkenswert ist es schon, dass just nun im Jahre 1933
ausgerechnet Bösenberg, den "Walther'schen" Schrott wieder aus dem Keller der
Vergessenheit ausbuddelt, wo er denn mit Sicherheit besser aufgehoben wäre.
Auch nachfolgendes von "Walther" zu zitieren, ist Bösenberg sich offenbar nicht
zu schade:
"Genau 2520 Jahre nach dem Zusammenbruch
des israelitischen Nordreiches ist im Jahre 1801 das "heilige römische Reich
deutscher Nation" zusammengebrochen; 2520 Jahre nachdem Hiskia als
Alleinherrscher den Tempel wieder zu Ehren brachte und das Volk Juda sich in
neuer Kraft entfaltete, bestiegen in Preußen Friedrich Wilhelm III. und Königin
Luise den Thron, wurde auch der spätere Kaiser Wilhelm I. geboren. 708/707 war
das gerettete Juda voll Jubel und Dank gegen Gott, wie 2520 Jahre später,
1912/1813 die protestantische Welt voll Jubel war nach den Befreiungskriegen.
Diese wenigen Andeutungen, die natürlich in die innere Bedeutung der Ereignisse
nicht eindringen können, mögen genügen. ...
Die Zeit des jüdischen Königs Josia entspricht nach 2520 Jahren der Zeit der
letzten deutschen Kaiser - dort wie hier noch eine Glanzzeit
Und dann geht es wohl als eigenes Votum bei Bösenberg mit den Sätzen weiter:
"Unter den Lesern dieser Zeilen sind viele,
die jene Zeit bewußt mit durchlebt haben. Sie haben gleich dem Verfasser die
großen Erwartungen gekannt und geteilt, mit denen damals viele gläubige Kinder
Gottes diesem Jahre entgegensahen - Erwartungen, die zum großen Teile
unberechtigt waren und insofern zu einer Enttäuschung führen mußten. ...
So ist auch nicht daran zu zweifeln, daß die Entwicklung, die mit dem Jahre 1914
eingesetzt hat und seither zu fortwährenden Zerfall führte, genau der
Entwicklung entsprechen wird, die vor sieben Zeiten mit dem Jahre 606 begonnen
hatten. Damals führte sie in 19 Jahren mit dem Jahre 587 zur Zerstörung der
Stadt Jerusalems und des Tempels - was werden die Jahre 1933/1934, genau sieben
Zeiten danach bringen?
Wir können es nicht wissen noch voraussagen, denn es ist nicht unsere Sache,
Zeiten und Zeitpunkte zu wissen, die der Herr in seiner eigenen
Machtvollkommenheit festgesetzt hat, und noch weniger ist es unsere Sache, als
Propheten eigener Gedanken aufzutreten. - Wenn wir es aber auch nicht wissen, so
sehen wir doch die Entwicklung, welche die gegenwärtige Menschheitsordnung in
der zivilisierten "christlichen Welt" nimmt, einen so hoffnungslosen Verlauf
nehmen, sowohl hinsichtlich der Vereinigung der inner- und außenpolitischen
Fragen und Probleme, die nach gerechter und befriedigender Regelung schreien,
als auch hinsichtlich des unheilbar gewordenen Wortstreites. Krise und
internationale Arbeitslosigkeit in Verbindung mit der fortschreitenden
Glaubenslosigkeit und sittlichen Verwilderung, daß es wohl in der weiten
Christenheit kaum jemand geben wird, der mit begründeter Hoffnung für einen
Aufstieg das Jahr 1933 erwarten kann und wird.
Ob dieses Jahr eben das bringen wird, was die einen bang erwarten, die andern
mit allen Mitteln herbeizuführen streben als dem letzten Anker ihrer oft
betrogenen Hoffnung: den gewaltsamen Umsturz aller bestehenden politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Ordnung, die Weltrevolution?
Soviel ist gewiß, daß in diesem Jahre nicht nur die biblische Zeitrechnung,
sondern auch das menschliche Vermögen, eine durchaus nur einigermaßen
befriedigende Ordnung der staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse herbeizuführen, am Ende sind. Das ist für das Volk Gottes ein
starker Ansporn, aufs äußerste wachsam und nüchtern zu sein, und sich bereit zu
machen, dem kommenden zu begegnen, auf den die Heiligen aller Jahrhunderte voll
liebender Sehnsucht gewartet haben."
An "Hintertürchen" eingebaute in diesem Text wurde ja nicht gespart. Aber
auch das ist offenkundig. Er legt nahe jetzt im Jahre 1933 könnte "vielleicht"
doch noch das eintreten, was er und seinesgleichen, einstmals schon für 1914
erwarteten!
In der März/April-Ausgabe 1933 liest man von ihm unter der Überschrift "Dem Ende
entgegen" auch die Sätze:
"Wir alle, Schreiber wie Leser, sind Zeugen
gewaltigen Geschehens. Von dem Großen, das wir für dieses Jahr 1933 erwartet
haben, ist schon viel geschehen, und wir sind gewiß, daß Größeres folgen wird.
Wohl bekennen wir offen, daß wir diese Entwicklung, wie wir sie jetzt in der
sog. "Nationalen Revolution" miterlebt haben, nicht vorausgesehen haben."
Und da der Philosemitismus von jeher ein Bestandteil der frühen
Russellbewegung war, entblödet sich dann auch Bösenberg noch zu der Aussage:
"So sehr Kinder Gottes für ihre Person von
antisemitischer Gesinnung weit entfernt sind, so werden wir doch zugeben müssen,
daß derartige Maßnahmen gegen die Juden unbedingt nötig sind im Rahmen des
Göttlichen Planes, damit Israel, dem es seither unter andern Völkern viel zu
wohl gewesen ist, sich bereit finden läßt, daran zu denken, daß es in Palästina
eine nationale Heimstätte hat nachdem ewigen Gotteswillen.
Im Lichte des prophetischen Wortes haben die sog. Antisemitischen Maßnahmen der
neuen deutschen Regierung ein ganz anderes Aussehen, als in den zweifellos
erlogenen oder zum mindesten maßlos übertriebenen Greuelnachrichten der
internationalen Weltpresse."
Den zuletzt zitierten Satz, sollte man sich dann zwei bis dreimal "auf der
Zunge zergehen lassen".
Er und seinesgleichen sind also willens, selbst die bedenklichsten
Politik-Entscheidungen zum "Willen Gottes" zu deformieren.
Wenn das also "Gottes Wille" sei, wäre mein Kommentar dazu, dann kann man nur
vor diesem "Gott" ausspucken.
Aber vor seinen "Gottes Willen verkündenden Fußvolk" reicht dann wohl das nur
ausspucken nicht mehr.
Da wäre am besten stundenlanges auskotzen, und das besudeln mit der Kotze, der
"Gottes Willen-Verkünder" angezeigt!
Charakteristisch für sein geistiges Level mag dann ja auch noch die Nachfolgende
von ihm ebenfalls in der März/April-Ausgabe 1933 wiedergegebene Episode sein:
"Es war noch während des Krieges. Ich
befand mich in einer Genesendenkompanie in Mitteldeutschland, und erbat mir zu
Ostern 1917 einen Tag Urlaub, um ungestört für mich allein zu sein.
Die Taschenbibel in der Tasche zog ich in die Waldungen eines größeren nahen
Gutes, setzte mich dort auf einen Baumstamm und begann für mich zu lesen. Als
ich an die messianischen Psalmen 96 bis 100 kam, da fühlte ich mich gedrungen,
diese herrlichen Weissagungen mit lauter Stimme zu lesen, als wenn ich eine
größere Zuhörerschaft vor mir hätte. Als ich geendet hatte und aufblickte, da
hatte ich in der Tat eine stille Zuhörerschaft vor mir: zwei Rehpaare und etwa
10 Hasen saßen und standen vor mir in ganz kurzer Entfernung, regungslos, bis
ich mich erhob; dann eilten sie davon.
Es hat mir dieses Erlebnis einen unauslöschlich tiefen Eindruck gemacht, denn es
war mir der Beweis dafür, daß der im Worte Gottes wirksame heilige Geist,
dereinst auch die "unvernünftige" Kreatur erfassen wird, worauf auch die
bekannten messianischen Zukunftsbilder hindeuten."
7.) Leserbriefe
Auch der "Botschafter" erhielt Leserbriefe
(unterschiedlicher Qualität). Aus denjenigen die er veröffentlichte mal
einige charakteristische Aussagen.
Einer indirekten Stellungnahme von Bösenberg bezüglich der WTG-Organisation kann
man im "Botschafter" 11/12-1928 begegnen.
Dort zitiert er in kommentierender Form aus einem eingegangenen Leserbrief auch
das nachfolgende
"Gar manchesmal wurde mir schon der Vorwurf
gemacht, daß ich in meinen Veröffentlichungen 'dem Bruder Russell nicht die
schuldige Ehrfurcht erweise durch anerkennende Nennung seines Namens in diesen
Blättern.'
Ich habe darauf seither nicht geantwortet.
Nun schreibt mir aber wieder ein l. Bruder im gleichen Sinne mit der auch von
anderen unterstützten Bitte, mich darüber an dieser Stelle doch ganz klar
auszusprechen. Der Bruder schreibt:
"Und wenn Du weiter in jenem Artikel sagst: 'das ist mit der größte und
verhängnisvollste Irrtum der Russell'schen Schriftstudien' ... Dann erweckt dies
mein tiefstes Bedauern, da Bruder Russell ... sicherlich das Beste von Gottes
geweihtem Volk gewollt hat.
Laß mich aber noch weiter gehen in der Kritik Deiner Auslassungen, wenn Du nun
den angeführten Satz fortsetzest wie folgt:
'So viel Gutes und Wahres sie sonst auch enthalten mögen.'
Sag mir, lieber Bruder, weißt Du irgend etwas über Gottes Plan anders als aus
den Schriften und Belehrungen über Gottes Wort durch Bruder Russell?"
Nicht nur den herzlich geliebten Schreiber dieser Zeilen, sondern auch alle
andern geliebten Leser bitte ich folgendes im Lichte der obigen Ausführungen zu
erwägen:
Ich habe in einem Aufsatze die Russell'schen Schriftstudien erwähnt, da ich
weiß, wie groß ihr Einfluß auf die meisten Leser des "B." entweder gewesen ist
oder heute noch ist. Die Person des Verfassers habe ich nicht genannt, auch
nicht kritisiert oder in irgendeiner Weise beurteilt. Denn wer bin ich, daß ich
den Knecht eines Andern, den Knecht unseres hochgelobten Herrn Jesus beurteilen
sollte? Nicht mit ihm habe ich es zu tun, sondern mit dem lebendigen Herrn und
Haupte der Gemeinde in den Himmeln.
Die obige Antwort aber liest aus der Bemerkung, daß ich in gewissen
Schriftstudien nicht nur Gutes und Wahres, sondern auch etliches an
verhängnisvollen Irrtümern enthalten sei, sofort eine Beeinträchtigung des
geliebten und verehrten Lehrers heraus und verfällt damit gerade in den Fehler,
zu dem der natürlich-seelische Mensch so gern neigt, und den der Apostel Paulus
in den ersten 4 Kapiteln des 1. Korintherbriefes so eingehend getadelt hat.
Die Seelisch-natürliche Art des Menschen aber zeigt sich weiter in der gewollten
Selbstbeschränkung auf die Anhängerschaft für den einzelnen Lehrer, die das, was
andere Menschen Gottes der Gemeinde haben schenken dürfen, nicht kennen will und
nicht kennt und darum zu der naiven Frage kommen kann, "ob ich irgend etwas über
Gottes Plan anders als aus den Russell'schen Schriftstudien wisse?"
In dieser selbstgewollten Beschränkung auf das, was dieser oder jener Lehrer hat
wirken dürfen, liegt beschlossen eine große aber auch selbstverschuldete Armut
an der reichen Fülle von Segensgütern, die der Herr Seiner Gemeinde geschenkt
hat durch die reiche Fülle seiner Werkzeuge von den Tagen der Apostel an bis zum
heutigen Tage."
In der Nr. 7/8-1924 wurde beispielsweise der nachfolgende Bericht abgedruckt.
Der Briefschreiber teilte mit das er wegen der Bösenberg'schen Schriften
"von den 'Ernsten Bibelforschern'
zurückgesetzt worden" sei.
"Einer der Brüder, dem ich den 'Botschafter' zur Erbauung angetragen habe, hat
mich bei den Brüdern in Freiburg und Karlsruhe heruntergesetzt und angegeben,
ich lese falsche Schriften und wolle eine andere Lehre in ihren Reihen
verbreiten. Darauf haben dieselben mich vorerst in ihrer Gemeinde zurückgesetzt
mit dem bemerken:
Ich soll noch einige Zeit bis zur wahren Erkenntnis zurücktreten und dann später
nochmals bei ihnen vorsprechen, wenn ich mit ihnen in Gemeinschaft der
symbolischen Weihung treten wolle."
Sein Kommentar dazu, ein "Fanatismus
ganz ähnlich wie in der römisch-katholischen Kirche:
"Nur wir allein sind die Alleinseligmachende." -
Die hiesigen "Bibelforscher" gehen an mir vorbei, ohne mich auch nur eines
Wortes zu würdigen und mir "Guten Morgen" oder "Guten Tag" zu wünschen, und nur
aus Haß, weil ich das Wort unseres Herrn und Meisters auch aus Deinen Schriften
zu verkündigen suche. Ich habe hier auch noch gute Freunde, Brüder und
Schwestern, die mit mir das gleiche Los teilen."
Ein weiterer Leserbrief vom Mai 1926 äußert:
"Seit 2 Monaten bin ich mit Deinen
Schriften in Berührung gekommen, welche Zeit als meine freudigste, aber auch
(besonders die letzten 14 Tage) elendste während dreier Jahre angesehen werden
kann. ...
Denn während drei Jahren war mein 'Glaube' aufgebaut auf Lehren, wie sie mit
menschlicher Weisheit zu begreifen waren. In den Büchern, wie ich selbst sie
mehr oder weniger geschäftstüchtig zu hunderten an ungläubige Weltmenschen
verkaufte, stand 'die Wahrheit' drin, so wie ich sie hatte.
'Der Plan Gottes' mit allen mehr oder weniger prüfbaren und kontrollierbaren
Nebenlehren der Jetztzeit, das war 'die Wahrheit', die ich kannte, und weil ich
nach außenhin gerechtigkeitsliebend war und bin, arbeitete ich mit mehr oder
weniger Befriedigung durch Verbreitung von 'Goldenes Zeitalter' und ähnliche
Schriften am Abbruch der alten Weltordnung mit; bekämpfte mit Proklamationen,
Anklagen usw.
'Das Tier' (Papsttum) wobei ein viel größeres Tier in meinem Herzen ungezähmt
und frei herumlief. ... Das war meine Bibelforscherzeit!
Und dann: alles Partei, Sekte! Ist's mit dem Werk, dem Wachtturm, dem
Wahrheitsfreund in Einklang, ja, man freut sich, wenn man in der Bibel Stellen
findet, die mit der eigenen Lehre in Einklang zu sein scheinen. Man lehrt heute
eine wichtige 'Wahrheit' und morgen als 'neues Licht' das Gegenteil!
Heute behauptet ein prominenter 'Pilgerbruder', eine Schriftstelle ist unecht,
weil sie gegen einen Artikel des 'Wachtturm' spricht und morgen führt ein
anderer W(achtturm)-Artikel dieselbe Stelle an.
Wenn man dutzende solcher Dinge dann noch mit dem 'alleinigen Kanal und Werk des
Herrn' vergleicht, o Du begreifst sehr wohl wie dies alles den Glauben ganz
systematisch zerstört, dem Worte Gottes die Spitze abbricht ... 'Eine Form der
Gottseligkeit schaffend ... Verderbliche Sekten einführend, die den Gebieter
verleugnen ... Die Proselyten machen, um sie dann zur Gehenna zu bringen.'
Damit meine ich gewiß nicht die vielen Gotteskinder dort, sondern Wesen und
Geist der Sekten. ..."
Ein anderer fragt in der November/Dezember-Ausgabe 1926 an; ob denn Bösenberg
weiteres über den Ewald Vorsteher gehört habe.
"Hast Du etwas gehört, was Br. Vorsteher
jetzt wohl macht und seine Schäflein, nachdem nun auch der letzte und wichtigste
Termin, der Krönungspunkt all seiner Prophezeiungen (19. Oktober 26) nicht
eingetroffen ist?
Möchte doch auch da der Herr in Gnaden Raum zur Buße schenken, nachdem Er
gezeigt hat, in welche schauerlichen Sackgassen sich der trotzige und
ehrsüchtige alte Adam im Gewande der Neuen Schöpfung versteigen und verrennen
kann."
Zu Vorsteher siehe auch:
Vorsteher
Die Gruppe "Wahrheitsfreunde"
Ein Briefschreiber in der März/April-Ausgabe 1928 äußert:
"Auch ich war einstens ein hochmütiger
Bibelforscher, voll von Chronologie und von Haß gegen andere Religionen und
Gemeinschaften, bis der Herr mich bereits im Jahre 1924 eines besseren belehrte
...
Weil wir aber immer noch glaubten, daß die Größe einer Versammlung
ausschlagebend sei, so ließ der Herr es in seiner Gnade zu, daß wir eine
ordentliche Lektion lernen durften. Mit viel Heuchelei, schönen Versprechungen
usw. wurden wir in den Bannkreis des 'Engels Jehovas' hineingezogen. Doch mußte
ich nach und nach erkennen, mit welcher Heuchelei dort die Lieben umgarnt
werden, um ihnen allerhand fanatische Ideen, welche mit der h. Schrift nicht in
Einklang zu bringen sind, aufzuzwingen; und wehe demjenigen, der versuchte,
wieder die Anordnungen des Landesältesten in Widerspruch zu geraten.
Ein solcher war nur noch für den zweiten Tod bestimmt und wurde als Kot und
Dreck bezeichnet. In diesem System heißt es nur: 'Der Sendbote hat es gesagt!'
Ja, eine Evangelistin hatte ihn, Br. Freytag schon mit dem Glorienschein der
Verherrlichung gesehen. Fanatismus bezügl. Essen und Trinken. Auseinanderreißen
der Ehen, weil diese nach der Lehre Br. Fr.s alle satanisch sind; Niederlagen
des irdischen Berufes, Frau und Kinder im Elend sitzen lassend - das war für
dieses System kennzeichnend.
Ein l. Bruder, der es wirklich aufrichtig meinte, gab seinen Beruf als evang.
Geistlicher auf und verließ seine Frau.
Als er hernach infolge der fanatischen Ernährungsweise körperlich und geistig
zusammengebrochen war, wurde er mit kaltem Herzen seinem Schicksal überlassen
und beging Selbstmord.
Desgleichen eine l. Schwester durch Sturz vom Balkon ihrer Wohnung herab.
Ich will kurz etwas erklären. Als Du damals, ich glaube es war 1914, Dich von
der Wachtturm-Gesellschaft getrennt hat, verblieb ich fest bei derselben bis vor
2 Jahren. Durch Pilger-Brüder wurden uns solche Fälle bekannt und auch wurden
wir belehrt, daß solche abgefallenen Brüder in den zweiten Tod marschieren.
Selbiges glaubten wir ja selbst alle. Die Lehre Russells zeigte ja nur so etwas
an.
Ich setzte alle meine Kraft, mein ganzes Können und Vermögen ein in dem Glauben,
es wäre so wie alle erwarteten.
Als ich im Herbst 1924 am Ende meines Könnens angelangt war und mit meiner
Familie immer tiefer in Not geriet durch mein Vieles laufen und Dienen, gedachte
ich mich leise vom öffentlichen Wirken zurückzuziehen und nur noch unserer
Versammlung zu dienen. Damals aber war der 'Wahrheitsfreund-Streit' so stark in
unser Gebiet eingezogen.
Eines Tages erhielt ich von Magdeburg eine Anfrage, ob ich mich nicht ganz frei
machen möchte, um ganz in ihren Dienst zu treten und dem bösen Nachbar
'Wahrheitsfreund' zu wehren. ...
Es schien, als wenn es so sein sollte.
Hin und her überlegt, sagte ich zu und wurde als Pilgerbruder und Aufseher für
die Provinzen ... in Dienst gestellt. Ein Jahr und 2 Monate habe ich den Dienst
versehen. Dadurch erhielt ich Einblick in die inneren Dinge des 'Werkes'.
Aber meine große Hingabe für dieses Werk machte mich blind. Meinen Dienst
leistete ich gewissenhaft. Eins aber versäumte ich, und das war das schönste,
ich drückte die Geschwister nicht auf Betätigung in der Kolportage. Ich tat
lieber alles selbst und schonte die anderen.
Als einmal ein Bruder, der auch großer Kolporteur war, die bei ihm beschäftigten
Brüder schlecht behandelte, wurde ich gerufen, den Fall zu schlichten, und
teilte den Sachverhalt zunächst dem Bibelhause mit, mit der Bitte um Anweisung,
wie ich mich verhalten solle:
'Meint der Bruder vielleicht, durch Kolportagewerke sich den Himmel zu
verdienen?'
In meiner Einfalt hatte ich nicht gemerkt, daß das 'Werk' eine Großfirma ist und
nur Gewicht legt auf großen Umsatz!
So wurden, ohne daß ich damals eine Ahnung davon hatte, rings um mich her
Wachposten gestellt, die auf mich aufpassen sollten, und eines Tages explodierte
die Höllenmaschine ...
Es wurde ein Redner mit Vollmacht ausgerüstet, der in allen Versammlungen vor
mir warnen sollte. Ja, man streute im Geheimen aus, ich sei geistesgestört.
Diese grausame Tat hätte mich bald meine Gesundheit gekostet ... Die meisten
Versammlungen lösten sich ganz auf, ich blieb mit einem kleinen Kreise allein.
Ich bin im vorigen Herbst von meiner mühsam erworbenen Scholle vertrieben
worden. Ich hatte mein Häuschen mit 27 Morgen Land; heute wohne ich mit meinen 6
Kindern im fremden Hause. Ich habe so getan und gehandelt, wie es die
Gesellschaft lehrte - dieß ist das Ende vom Liede. ...
Aber wohin sollen wir gehen? muß man fragen.
Bei den Baptisten wurde ich s. Zt. ausgeschlossen, weil ich die Versammlungen
der Bibelforscher besuchte. Wenn irgendwo, dann hat hier das Wort aus der
Schrift Berechtigung: Der letzte Betrug ist ärger als der erste. - Ein dickes
Buch könnte man darüber schreiben.
Als etwa im Jahre 1920 in S. eine Trennung stattfand, trennte auch ich mich und
stellte mich auf die Seite von Br. S. Solange dieser lebte, war auch alles
recht. Seit seinem Tode hat die Sache eine andere Richtung genommen.
Br. V(orsteher) ist der geistige Führer dieser Bewegung, und er ist ein
Chronologie-Fanatiker. Er weiß von nichts anderem zu reden und zu schreiben als
von Chronologie.
Wenn sie vorwärts nicht stimmt, dann macht er rückwärts.
Und inzwischen hat er auch angefangen zu Schriftstellern, um sein Brot zu
verdienen. Haben die Weltmenschen nicht recht wenn sie spotten und sagen: 'Die
Gottseligkeit zu zu allen Dingen nütze'?
Was ist denn da noch für ein Unterschied zwischen einem Pfarrer und einem
Prediger der Bibelforscher?
Es machen doch beide aus dem Worte Gottes ein Gewerbe. Das erste
Schriftstellerische Erzeugnis V's ist eine Broschüre mit dem Titel
('Zuversichtliches ...')
Vielleicht ist Ihnen dieselbe schon in die Hände gekommen. Dann könnten Sie sich
selbst überzeugen, daß der Inhalt in keiner Weise zur Auferbauung der Gemeinde
dienen kann. Für Kinder Gottes gibt es doch keinen Zweifel darüber, daß Gott die
Welt erschaffen hat, und daß alle Menschen von Adam abstammen. Freidenker und
Atheisten aber sind doch nicht zu überzeugen. ...
Wenn Chronologie zum Ziel der Hoffnung führen würde, so würde ich mich ihrer
befleißigen wie nie ein Mensch. Weil das aber nicht der Fall ist, so spreche ich
mit dem Apostel Paulus:
'Ich achte es alles für Schaden und für Unrat, auf daß ich Christum gewinne und
in ihm erfunden werde.'
Von Selbstverleugnung schreibt V(orsteher). kein Wort in seiner Broschüre, und
doch ist gerade diese dasjenige, was von seiten des Menschen geschehen muß, wenn
er freigemacht werden soll von der Sünde, und um der einst die Errettung zu
erlangen zum ewigen Leben.
Daß ist der große Fehler der Bibelforscher, daß sie den Menschen Versprechungen
machen, ohne die dazugehörigen Bedingungen.
Der Amerikaner R(utherford) hielt vorigen Sommer am Rundfunk einen Vortrag über
'Freiheit den Völkern'. Was können denn die Völker anfangen mit Freiheit, wenn
sie nicht frei werden von ihren Sünden. Davon steht auch kein Wort in seinem
Vortrage. Das wahre Christentum ist gewiß übernational; was man aber von Amerika
hört, das kann man eher mit dem Wort 'Bluff' bezeichnen als mit Christentum.
R(utherford) verkündigt 'Freiheit den Völkern', seine Anhänger in Deutschland
aber müssen sich verpflichten zu kolportieren, oder aber ihre Namen stehen nicht
im Buches des Lebens. Das verstehen diese Leute unter 'Freiheit'!
Es ließe sich noch viel sagen über dieses System. ..."
Ein Briefschreiber in der Januar/Februar-Ausgabe 1931 äußerte:
"Ich habe von jeher das Gefühl nicht los
werden können, als müsse mit der mehr als aufdringlichen Kolportage dem Werke
des Herrn Schaden zugefügt werden. Wenn ich mir ferner überlege, daß die lieben
Brüder oft Bücher anbieten, die sie selbst noch nicht einmal gelesen haben, dann
möchte ich versucht sein, das auch nicht für gut zu heißen, obwohl ich den Eifer
dieser Brüder bewundere. Sie glauben, dem Herrn einen Dienst zu tun. Kann ich
denn aber überhaupt dem Herrn einen Dienst erweisen? Ist es nicht der Herr, der
mir immer nur täglich dient?
Ich habe gesehen, daß Brüder sich zurück zogen, weil die angesetzten
Versammlungen, die regelmäßig dreimal in der Woche stattfinden, ihnen keine Zeit
ließen, sich ernsthaft mit der Schrift zu beschäftigen ...
Ich habe beobachten können, wie diese Versammlung seit 1925 mehr und mehr
zerfällt, und wie der Geist dieser Versammlung mit brüderlicher Liebe
untereinander nichts mehr gemein hat. Ich habe erlebt, wie dieser und jener
Bruder von der Versammlung ausgeschlossen wurde, sobald er wagte, anderer
Ansicht zu sein ...
Es ist nicht immer leicht, zu sehen, wo der Herr ist. Da ist eine Bewegung, die
auch Dir nicht unbekannt sein wird. Ein Bruder namens Freytag scheint sich da zu
dem 'Sendboten des Allerhöchsten' aufgeschwungen zu haben.
Einige seiner Anhänger besuchen mich hin und wieder, und ich sehe, daß es gute
Menschen sind, die den Herrn lieben. Ich sehe aber auch, daß sie dem Br. Freytag
eine auffallende Verehrung entgegenbringen, die nicht gut sein kann. Ist Dir
diese Vereinigung bekannt?
Es ist etwas, was mich von diesen Brüdern fernhält. Ich weiß es nicht zu sagen,
was es ist. Ich sehe jedoch, daß sie gut sind und den Herrn lieben, und doch ist
mir ihr Wesen unangenehm, oftmals so, daß ich wünschte, sie kämen nicht. Ich
habe versucht, mit ihnen auf Grund der Schrift zu reden. Sie gehen nicht darauf
ein und sagen, daß sie die Schrift nicht so genau kennen, daß sie sich ein
Urteil darüber erlauben möchten.
Immer wieder haben sie den 'teuren Sendboten' auf den Lippen. Ein Gesetz ist
aufgestellt worden, welches sie als von Jesus selbst gegeben betrachten,
übermittelt durch den 'teuren Sendboten'. Ich kann nicht erkennen, ob der Geist
des Herrn bei den Brüdern ist.
Sie versuchen auf Grund dieses Gesetzes Kolonien zu gründen ... Sie berichten
von schönen Erfolgen, und es ist auch bestechend, ihnen zuzuhören. Was hälst Du
von dieser Bewegung? Sie drängen, so oft sie zu uns kommen, daß wir die
Versammlung besuchen sollen. Mich zieht es aber nicht zu ihnen, und meiner Frau
geht es ebenso. Es drängt mich manchmal, ihnen zu sagen, daß mir ihr Besuch
unangenehm ist, und doch will mir scheinen, daß es Brüder sind. Ich weiß nicht,
was ich da machen soll, und hoffe, daß der Herr mir zeigt, was da richtig ist."
Zum Thema des F. L. A. Freytag; siehe auch:
F. L. A. Freytag
Parsimony.8552
8.) "Madagaskar" - "Fischer und Jäger"
In Heft 3/1939 (S. 29f.) der nunmehr als "Botschafter-Hefte"
betitelten Bösenberg'schen Zeitschrift, entblödet er sich auch zu nachfolgendem
kommentierten Bericht.
"Vor nicht langer Zeit hat Alfred Rosenberg
bei einem Empfang ausländischer Diplomaten und Pressevertreter auch über die
Judenfrage und ihre voraussichtliche Lösung gesprochen und dabei zum Ausdruck
gebracht, daß Palästina die Juden der Welt niemals aufnehmen könne, daß daher
andere Lösungen gesucht werden müßten, und er hat dabei angedeutet, daß auch ein
kleiner zionistischer Staat von Deutschland wegen der von demselben ausgehenden
internationalen Gefahren für den Weltfrieden abgelehnt werden müsse.
Es seien zwischen den Staaten schon die Pläne besprochen, die Juden entweder in
Guayana (nördl. Südamerika) oder auf der großen Insel Madagaskar (Afrika)
anzusiedeln und dort unter die behördliche Aufsicht der großen Demokratien zu
stellen."
Das wiederum wähnt Bösenberg:
"würde völlig in Einklang stehen mit dem,
was Gott als seinen Ratschluß durch die Propheten kundgegeben hat."
Und er legt nach mit der Aussage:
"Offenkundig diesem Göttlichen Ratschluß
widersprechend aber ist der britische Versuch, mit Waffengewalt die in Palästina
heimischen Araber zu zwingen, einer weiteren Einwanderung von Juden zuzustimmen.
Dieser Versuch ist zum Scheitern bestimmt, das viele Blut fließt vergeblich."
Weiter geht es bei ihm mit der Aussage:
"Ganz offensichtlich ist die Tatsache, daß
unser deutsches Volk und seine nationale Regierung das treibende Element sind,
welches auch die Judenfrage zu einem die ganze Welt bewegenden Frage gemacht
hat.
Wie war das möglich?
Erinnern wir uns daran, daß vor 50 Jahren schon einmal eine ähnliche
antisemitische Bewegung durch unser Volk ging, die aber nach kurzen
Anfangserfolgen ergebnislos zusammen brach."
Und das als überflüssigen Kropf kommentiert er mit der These:
"Gottes Stunde war noch nicht gekommen.
Als diese Gottesstunde aber gekommen war, da erweckte Gott sich ein menschliches
Werkzeug, wie Er es in der Geschichte der Menschheit je und je getan hat.
Indem ohnmächtigen, in sich selbst zerrissenen von äußeren Feinden
niedergetretenen deutschen Volke trat ein einzelner Mann auf. Selbst nicht nur
unbekannt und ohne Namen und Einfluß, sondern auch ohne jede sonstige
menschliche Hilfe. Und dieser eine Mann wagte es, gegen das in Deutschland
damals geradezu allmächtige, in allen regierenden Stellungen sitzende Judentum
aufzutreten, dieses als den tiefsten Schädling des deutschen Volkes zu
bezeichnen und die Brechung seiner Herrschaft zu fordern!
Menschlich betrachtet ein aussichtsloses, fast wahnwitziges Unterfangen, zumal
in der Erinnerung daran, daß erst vor wenigen Jahrzehnten ein ähnlicher Versuch
hatte scheitern müssen. Doch bei Gott gibt es kein unmöglich!"
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Gemäß diesem
Bösenberg'schen Kommentar war der Herr Hitler und namentlich auch seine
Judenpoltik "im Einklang mit Gottes
Willen". Und diesem Herrn Hitler dichtet er dann eine
Dimension an, wie es die übelsten der "Deutschen Christen" (jener Nazipartei
mit kirchlichem Anstrich) wohl auch nicht "besser" auf den Punkt bringen
würden.
Schon bei Russell, etwa im "Wachtturm" Januar/Februar 1911 begegnet man
einer ähnlichen Israel-These, welche seine unbedarften Fortschreiber, dann ja
bis heute (variiert) zu wiederholen belieben.
Das sie damit sich auf demselben Level bewegen, wie der von einigen
"großzügigerweise" auch kritisierte Ewald Vorsteher, mit der Aussage, er würde
halt die Chronologie von vorne nach hinten beten. Und anschließend von hinten
nach vorne; das zu begreifen, ist diesen menschlichen Papageien aber offenbar
nicht möglich.
Denn letztlich geht es da ja ans "Eingemachte". An den großen Zampano, mit
seiner "wundersam redigierten Weltgeschichte".
Und mag diese "Wundersamkeit" sich auch nur in den brennenden Auschwitzöfen, in
letzter Konsequenz offenbaren.
Und weiter das "göttliche Sprachrohr Bösenberg":
"Und es gehört doch wahrlich nicht viel
Nachdenken dazu, um zu sehen, daß der eigentlichste tiefste Kernpunkt des ganzen
politischen Geschehens unserer Tage nichts anderes ist als die bevorstehende
Lösung der Judenfrage nach dem Willen und den Worten Gottes.
Deutschland mußte groß und stark werden um den Existenzkampf gegen den
Weltbeherrschenden Einfluß des internationalen Judentums aufnehmen zu können.
Und wo es in diesen letzten Jahren einen Erfolg errungen hat, da war derselbe
stets in erster Linie eine Niederlage des Weltjudentums. Erst in diesem Lichte
werden die letzten großen Ereignisse verständlich."
Weiter der „späte" Bösenberg, bei dem man geneigt ist - im Gegensatz zum
„frühen" Bösenberg - zu fragen, ob es sich nicht nunmehr um das "verhinderte"
??? Nazimitglied Bösenberg handelt?
"Von dem starken Deutschland aber geht der
Einfluß aus, der auch anderen Ländern und Völkern die Notwenigkeit der
Ausschaltung des jüdischen Einflusses klar macht und ebenso ist der nach
jahrelangen schweren Kämpfen in Spanien erfolgte Sieg des Nationalismus im
tiefsten Grunde nichts anderes als eine weitere Niederlage des Judentums, das
die Ansichten auf volle Verwirklichung der Weltherrschaft, die so greifbar nahe
vor dem Ziele schienen, immer mehr schwinden sieht.
Indem das jüdische Volk heute die Völker der Erde, in denen es noch Einfluß
besitzt gegen das deutsche Volk mobil zu machen versucht, lehnt es sich in
Wahrheit gegen Gott selbst auf. Denn Gott wird durchführen, was Er sich
vorgenommen und was Er als seinen Ratschluß erklärt hat!"
Wer immer noch nicht genug von den Nazi-Erguss aus Bösenberg's Feder hat, der
kann sich dann weiter von ihm belehren lassen:
"Da müssen die Männer, die dem allmächtigen
Gott als Werkzeug dienen sollen, in den Gewittern des Weltkrieges stahlhart
gemacht werden, sodaß ihre Energie unbeugsam und unerschütterlich ist. Da müssen
sie hart gemacht werden, um dem jüdischen Volke, wo es sein muß, auch mit
äußerster Härte zu begegnen.
"Wisset wohl, ich will viele Fischer entbieten", so lautet der Ausspruch
Jehovas, die sollen sie (die Juden) wie Fische fangen; und danach will ich viele
Jäger entbieten, die sollen sie aufjagen von jedem Berge herab und von jeder
Höhe weg (und aus den Felsenklüften heraus). Denn meine Augen sind auf alle ihre
Wege gerichtet; sind mir nicht verborgen, und ihre Schuld ist vor meinen Blicken
nicht verhüllt", so hat Gott durch den Propheten Jeremia verkündigen lassen
(16:16)."
"Krönung" dieses Bösenberg'schen Gewäsch dann wohl die These:
"Hinter dem mehr und mehr die Welt
erobernden Antisemitismus steht Gott selbst. Er entbietet allüberall die
"Fischer und Jäger", so wie Er es damals getan hat, so auch heute wieder. Und
diese Entwicklung wird zu den Zielen führen, die Gott sich selbst und seinem
untreuen Volke so oft angedroht hat.
Wir begreifen, daß eine solche Bewegung, die zum Ziele hat, das jüdische Volk
aus der selbsterwählten und zähe festgehaltenen Zerstreuung herauszuführen und
es in "der Wüste der Völker" zusammen nicht ohne menschliche Härten abgehen
kann. Und wir verstehen auch, daß hier wie überall im Menschenleben der
Umschuldige leiden muß mit dem Schuldigen.
Das mag uns menschliche Anteilnahme abnötigen, kann und darf aber unsere
Stellung in dieser Frage nicht beeinflußen."
Genug dieser Gewäsch-Zumutung.
Mein Kommentar dazu.
In
"Kriegsprediger Küppers" hatte ich bereits herausgearbeitet, wenn es
gilt zu definieren, wer der größere Demagoge auf der religiösen Szene zu Zeiten
des Weltkrieges war, der Herr Küppers, oder im Vergleich dazu der Herr Russell,
der Küppers sich ein paar mehr Lorbeeren fragwürdiger Art, an die Brust heften
darf.
Das wiederholt sich jetzt.
Sicherlich haben sich auch die Zeugen Jehovas dieser Zeit nicht gerade mit Ruhm
bekleckert. Exemplarisch veranschaulicht auch am
Fall Eva Kuhn
Das wiederum darf jedoch nicht den Blick dafür verkleistern, was sich auch
andernorts abspielte.
Herr Bösenberg war sicherlich nicht der treibende Keil der nazistischen
Judenpolitik. Aber er war ein Kommentator. Diesem Aspekt betreffend, der
übelsten Art!
Warum war er das? Weil er weiterhin wähnte, der "große Zampano" lässt die
zeitgenössischen Politiker an seiner Marionettenstrippen hängend so agieren wie
es ihm beliebt. Letztendlich "erfüllen" sie damit "Gottes Vorhaben".
(Die brennenden Auschwitzöfen sind dann in dieser Lesart auch "Gottes
Instrumentarium"). Wären zu Nazizeiten besagte Auschwitzöfen in der
öffentlichen nazistischen Publizistik, nicht als Tabuthema, als Geheime
Verschlusssache behandelt worden. Apologeten vorgenannter Art hätten sich auch
noch entblödet, die ausdrücklich als "Gottes Instrumentarium" zu bezeichnen!
Man sagt wohl Trittbrettfahrern nicht immer die angenehmsten Eigenschaften nach.
Auch an diesem Beispiel belegt.
Der schlimmste Kolleratschaden dieser Sorte Trittbrettfahrer ist, dass sie sich
ein Weltgeschehen ohne den vermeintlichen "großen Zampano" nicht vorstellen
können oder wollen.
Sie sind - auch an diesem Beispiel belegt - betrogene Betrüger.
Und dieses Vokabel dürfen sich auch diejenigen noch heute an ihre Brust heften,
die da ebenso weiterhin die These des großen Zampano bemühen. Egal an welchem
Einzelbeispiel sie das dann auch festzumachen belieben!
En paar weitere Kommentare ähnlicher Strickart (die hier und heute aber
jetzt übersprungen werden sollen) gab es auch noch in anderen Ausgaben des
"Botschafters".
So etwa in Heft
3/4-1933
11/12-1935.
Davor auch schon in Heft 1-2/1924.
Zum Thema Auslegung Jeremia 16: 16.
Namentlich bei der Gruppierung „Tagesanbruch" nachweisbar.
Etwa in der Deutschsprachigen, 1943 in den USA gedruckten Schrift dieser Gruppe
„Gott und Vernunft".
Auch in der gleichfalls dem „Tagesanbruch" zuzuordnenden Schrift von Wilhelm
Burmester
„Die Harfe Gottes von 10 Saiten"
In letzterer die Aussage:
„Der Feigenbaum ist die jüdische Nation, welche bereits seit Jahrzehnten in
Palästina gesammelt wird: zuerst durch Fischer (den Zionismus), sodann durch
Jäger (antisemitische Verfolgungen) gemäß Jer. 16:16 .."
Namentlich den Holocaust nennt man nicht unbedingt wörtlich, aber man
distanziert sich auch nicht ausreichend. Und die relevanteste antisemitische
Verfolgung die in dieser Lesart
„von Gott beauftragte Jäger"
darstellen sollen ist eben das.
Egal wen man aus dieser Szene weiter sichtet, etwa Werner Hodler mit seinen
Pro-Israel-Schriften (40er und 50er Jahre in der Schweiz publiziert). Sie alle
können es sich nicht verkneifen, auf die dubiosen „Jäger" als vermeintliche
„Werkzeuge Gottes" hinzuweisen.
Selbst bei der unterlegenen Vizepräsidentschafts-Kandidatin in den USA, Sarah
Palin, gab es eine ähnliche Tendenz,
Siehe
www.sueddeutsche.de/politik/537/309473/text/
Das sie denn Pro Israel eingestellt ist bestreitet ja niemand. Der Knackpunkt
liegt eben in dem Dunstkreis in dem sie sich bewegt.
Nochmals das Detailzitat
„ , dass die terroristischen Angriffe auf Israel "Gottes Urteil" für Juden war,
die nicht den christlichen Glauben annehmen wollen ..."
Da ist in der Neuzeit also nicht mehr vom Holocaust (direkt oder indirekt) die
Rede, Den Platz nehmen jetzt also „terroristischen Angriffe auf Israel" wahr,
die in der Lesart jener Pfingstlerischen Gruppen, der die Palin zuortbar ist,
„Werkzeuge Gottes" darstellen.
Greift nun die Tagespresse solche Ausrutscher auf, ist es schon nachvollziehbar,
in ihrer Position, dass ihr dann etwas unheimlich wird, und formale Dementis
erfolgen.
Über die "Glaubwürdigkeit" solcher Dementis kann man allerdings durchaus anderer
Meinung als besagte Palin sein.
Genau auf ähnlicher Wellenlange schwamm eben früher auch der „Tagesanbruch".
Früher deshalb, dieweil er in der Gegenwart der Rubrik Bedeutungslos zuortbar
ist.
Markenzeichen" der Rutherford-Hörigen, dann in der Nazizeit besonders zur
Wirksamkeit kommend (später auch noch in Ostdeutschland), war ihre 1929
eingeführte Obrigkeitslehre.
Da bestimmten also Rutherford und Co, wen und was sie als Obrigkeit anerkannten,
und wen und was eben nicht. Eine „ideale" Ausgangsbasis für Konflikte.
Dem Bereich der Splittergruppen mit WTG-Background ist auch die Zeitschrift
„Botschafter für den Haushalt des Glaubens"
zuortbar. Ihr Herausgeber, Friedrich Bösenberg, einst auch WTG-Höriger, machte
dann zur Zeit des ersten Weltkrieges, seinen „eigenen Laden" auf.
Wie nun 1933 die Verbotswelle die Zeugen ereilte, war auch sein Unternehmen
davon mitbetroffen.
Aber, es gelang ihm in Verhandlungen mit den Behörden (regionaler Bereich
heutiges „Baden Württemberg") sein „Schiff" wieder „flott zu bekommen". Das will
heißen, nach einer Unterbrechung aus vorgenannten Gründen, könnte er sein Blatt
in der Nazizeit weiter herausgeben.
Es verstand sich, als grundlegende Vorbedingung, dass er selbstredend in der
Obrigkeitsfrage eine andere Position bezog als die Rutherford-Hörigen.
Und über diesen Umstand lies er auch, soweit es an ihm lag, nie einen Zweifel
aufkommen.
In der Ausgabe des „Botschafter für den Haushalt des Glaubens" vom
November/Dezember 1935
entblödete nun auch er sich zu der Aussage, unter der Überschrift
„Gott und die Juden"
(S. 181f.):
„Gott hat an diesem Volke seine Drohung wahrgemacht:
Euch allein habe ich erwählt aus allen Geschlechtern der Erde; darum will ich
eich für alle eure Verschuldungen büßen lassen" (Amos 3,2). Und des Volkes
schwerste Verschuldung war der Unglaube, der auch den Sohn Gottes verwarf und
ausrief: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" -
Furchtbar müssen noch immer die Juden büßen für ihren Unglauben, ihren
Ungehorsam, ihre Halsstarrigkeit und Untreue. ...
Wie Gott es durch den Propheten Jeremia vorhergesagt hat, sendet Er jetzt
„Fischer", um die Juden herauszurufen aus den anderen Völkern, worunter wie
sicher zunächst die zionistische Bewegung verstehen dürfen; und da sie sich von
diesen „Fischern" nicht wollen fangen lassen, sendet Gott in der weltweiten
antijüdischen Bewegung auch die „Jäger", daß sie sie jagen von jedem Berge und
vor jedem Hügel und aus den Felsenklüften (Jes. 16, 16). Zwiefach hat Gott ihnen
vergolten alle ihre Ungerechtigkeiten ..."
In der Ausgabe vom Mai/Juni 1936 legte er dann noch mit der Aussage nach:
„Nehmen wir dazu das Treiben der Juden, welches nicht nur in unserm Volke,
sondern fast in der ganzen Welt zu einer immer stärker werdenden
Judengegnerschaft geführt hat! In diesen und ähnlichen Erscheinungen können wir
nur mit tiefem Schmerze die weltweite Erfüllung des Gotteswortes in Hes.
36,19ff. erblicken: „Ich zerstreute sie also unter die Völker und sie wurden in
die Länder zersprengt; nach ihrem Wandel und ihrem ganzen Tun ging ich mit ihnen
ins Gericht. ... Wahrlich, wohin wir auch sehen, durch das unwürdige Verhalten
des jüdischen Volkes wie auch sog. Christen ist es dahin gekommen, daß der
heilige Name Gottes entweiht, entheiligt worden ist! Kann es etwas
Schrecklicheres geben? ..."
Nun, Bösenberg musste wohl wissen, was sich zu der Zeit in Sachen Judenpolitik
in Hitlerdeutschland abspielte.
Sein Kommentar war da wohl auch eine Art „Begleitmusik" der makabren Art.
Noch eine „Blüte" sei nicht vorenthalten.
In der Ausgabe vom September/Oktober 1936 meint er jubeln zu können:
„Wir sollen und wollen uns freudig und tätig in diese Gemeinschaft einfügen in
dem Bewußtsein, daß wir durch die göttliche Ordnung mit dem Schicksal unseres
deutschen Volkes verbunden sind, dem Gott, als Retter in der drohenden Not des
gottesleugnerischen und gottfeindlichen Bolschewismus, als Führer Adolf Hitler
gab."
Mit diesem Beispiel ist wieder mal einmal mehr verdeutlicht, dass der Dissenz in
der Obrigkeitsfrage gemäß Römer 13, grundsätzliche Bedeutung hat.
Was hier von Bösenberg zitiert wurde, lässt sich in ungezählten Mengen auch aus
kirchlichen Verlautbarungen jener Zeit verifizieren. Bösenberg war da keine
Ausnahme, weder im positiven noch negativen Sinne.
Bei "Bedarf" lässt sich übrigens auch aus der "Aussicht" ähnliches heraus
destillieren.
Zum sogenannten "Madagaskarplan" siehe neben einschlägiger Referierung etwa in
der Wikipedia auch:
http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/holocaust/madagaskarplan/
9.) Wie er die Nazizeit überlebte
Bereits in der "Botschafter"-Ausgabe vom Juli 1916 verkündete
(auch): Bösenberg die konservative Christentums-Ansicht:
"Unser Bürgertum ist im Himmel (Phil.
3.20). Zwar wandelt der Gläubige auf der Erde und sucht sich als guter
Haushälter über mancherlei Gnaden Gottes, die ihm für diese Erde anvertraut
sind, zu erweisen; die eigentliche Heimat aber ist droben, sein Denken und
Sinnen geht nach dem Himmel; obwohl er mit seinem leiblichen Leben auf Erden
sich befindet, so ist er doch mit seinem geistlichen Leben im Himmel."
Gibt es heutzutage eine Partei die sich CDU nennt (und auch in
davorliegenden Zeiten gab es ja ähnliches, etwa das "Zentrum" und den
"Christlich-Sozialen Volksdienst"; oder auch die von Hugenberg dominierte
"Deutschnationale Partei", welche wähnte in der Pfarrerschaft ein besonderes
"Standbein" zu haben und andere mehr).
In dieser "Gemengelage" ist es vielleicht nicht uninteressant im
"Botschafter" vom April 1918 nachfolgende Einschätzung zu vernehmen:
"Die Leser erinnern sich daran, wie der
frühere Reichskanzler Bethmann-Hollweg zurücktrat, und wie nun seine Stelle
eingenommen wurde von dem "frommen" Michaelis, von einem Manne, der nicht nur
große Fähigkeiten und Energie besaß, sondern auch ein entschieden
strenggläubiger Christ war. Aus diesem Grunde jubelten auch namentlich die
Gemeinschaftsblätter über seine Ernennung und erhofften "von dem ernstgläubigen
Reichskanzler" Großes.
Wie schmählich sind sie enttäuscht worden und mußten enttäuscht werden. Denn der
wahre Christ läßt abseits des Lenkers eines Reiches dieser Welt, aber versagt
die ausgiebigste Beschäftigung mit den weltlichen Mitteln der Diplomatie und
Heeresgewalt, und so mußte es denn kommen, daß zwischen der Regierungsweise, der
Redeweise, der Handlungsweise, den Mitteln eines entschieden "christlichen" und
denen eines mehr frei denkenden Reichskanzlers keinerlei Unterschied zu merken
war.
Und derselbe Mann, der im Privatleben dem Lamme zu folgen und zu gleichen
schien, redete als Kanzler "wie ein Drache", genau wie seine Vorgänger und
Nachfolger und wie gläubige und ungläubige Staatsmänner anderer Länder auch. -
Und ebenso ist es mit den "gläubigen" Männern Lloyd George und Wilson, deren
persönliche Frömmigkeit wir nicht bezweifeln dürfen, die wohl manchmal dem Lamme
gleichen möchten, nach dem sie sich nennen, die aber dennoch reden "wie ein
Drache", ja wie der Drache, der den irdischen Gewalten seine Macht verliehen
hat.
Wie muß der christliche Glaube, die christliche Überzeugung, die in den breiten
Volksschichten schon längst nicht mehr viel galt, aufs neue geschädigt sein,
wenn alle Welt es sieht und mit Händen greifen kann: auch ein entschieden
christlicher Reichskanzler oder Staatsmann handelt nicht anders, wie
freidenkende und ungläubige Männer an seiner Stelle!"
Ähnlich den Bibelforschern/Zeugen Jehovas, postuliert auch Bösenberg
("Botschafter" 3-4/1923):
"Selbst bei denen, die bisher die
eifrigsten Verfechter dieses Völkerbundes waren, schwindet mehr und mehr die
Hoffnung, daß derselbe je die anfänglich auf ihn gesetzten Erwartungen erfüllen
könnte. Die Völker sind sich auf diesem Wege bisher nicht näher gekommen, und
werden sich auf diesem Wege auch in Zukunft nicht näher kommen."
Im gleichen zuletzt zitierten Aufsatz meint er weiter:
"Denn ein Hindernis für Völkerversöhnung
und Völkerverbrüderung ist bestehen geblieben, daß wir damals nicht
vorausgesehen haben: die Militärherrschaft in Frankreich, das sich als der
Todfeind jeder wahren Versöhnung erwiesen hat, und das ohne jede Rücksicht auf
seine bisherigen Genossen und Freunde gegenwärtig Ziele zu erreichen sucht, die
auf eine Art Weltherrschaft hinauslaufen, wie vor 120 Jahren unter dem ersten
Napoleon."
So so, dass mag denn ja so gewesen sein oder auch nicht.
Allerdings, ein gleich deutliches Votum auf die Kriegstreiber auf deutscher
Seite, den "Alldeutschen Verband" und Nachfolger und Metamorphosen, konnte ich
jedenfalls in gleicher Deutlichkeit im "Botschafter" nicht registrieren.
Dem nächsten dem Bereich der Politik zuzuordnenden Aspekt, begegnet man wohl in
der "Botschafter":-Ausgabe 5-6/1928. : Dort wird verlautbart:
"In gläubigen Kreisen ist die Bedeutung
dieser Verbindung der Gottesgemeinde mit dem Staate leider stets nur mangelhaft
erkannt und durchschaut worden.
Viele begnügen sich damit, die römische Kirche als die große Hure von Off. 17 zu
bezeichnen - im übrigen handeln sie für sich nach denselben Grundsätzen, suchen
Einfluß auf das staatliche Leben zu erlangen, suchen den Staat an ihrem Teile zu
leiten und zu beherrschen -
Sie sehen den Splitter im Auge des Nächsten, aber übersehen den Balken im
eigenen Auge!
Vor mir liegt ein Wahlaufruf der Deutschnationalen Volkspartei, aus der letzten
Reichtstagswahl, gerichtet
"An die Wählerschaft der Evangelisch-christlichen Kreise, der für die
Verblendung und Verwirrung dieser Kreise ein ebenso beschämendes wie
schmerzliches Bild gibt.
Nicht um auf irgendeinen Bruder oder auf andere Gemeinschaftskreise einen Stein
zu werfen, nicht um irgend jemanden lieblos zu richten, drucke ich diesen Aufruf
wörtlich hier ab, sondern um allen geliebten Lesern des "B." zum Bewußtsein zu
bringen, wie wir durch jegliche Einmischung in das politische Getriebe aus dem
Stande der Heiligkeit, der Absonderung für Gott hervortreten:
"In der Zeitschrift "Licht und Leben" No 21 vom 15. Mai 1928 steht folgende
Abhandlung:
Was ist nun die Wahl des geringsten Übels
bei den politischen Wahlen am 20. Mai 1928? Dankbar stellen wir fest, daß unter
den Führern der Gemeinschaftsbewegung Einheitlichkeit besteht in der Auffassung
dessen, was zu tun ist. Diese einheitliche Meinung hat seinerzeit in der Sitzung
des Gnadauer Vorstandes im Januar dieses Jahres einmütigen Ausdruck gefunden.
Außerdem darf gesagt werden, daß die führenden deutschen Gemeinschaftsblätter
durch ihre Schriftleiter (oder hervorragende Mitarbeiter) sich einmütig geäußert
haben.
Im 66. Gotthardbrief findet sich ein ausführlicher Aufsatz: Ratschläge zur
Reichstagswahl aus verwandte Blättern, worin die Äußerungen dieser Blätter
angegeben sind.
Verlagsdirektor Karl Möbius, Neumünster schreibt in "Auf der Warte":
Ich weiß mir keinen andern Rat, als eben wieder Deutschnational zu wählen.
Insbesondere habe ich keinen Glauben aufbringen können für eine Fraktion
gläubiger Christen unter der Flagge einer christlichen Partei, weil ich nicht
glaube, daß es in dieser Fraktion zu einer Einigkeit käme.
Pastor Dr. Walther Michaelis in Bethel schreibt im "Gnadauer Gemeinschaftsblatt"
Ich werde die deutschnationale Volkspartei wählen, weil bei ihr doch noch die
meisten sittlichen und religiösen Werte und ein Eintreten für
positiv-christliche Weltanschauung ist. Gegenüber dem "christlichen Volksdienst"
bestehen schwere Bedenken, wie überhaupt gegenüber allen Versuchen, im Namen
Jesu eine politische Gruppe oder Partei zu bilde,
Blaukreuzdirektor Wilhelm Göbel in Barmen schreibt in "Heilig dem Herrn":
Es bedeutet für mich einen sehr sauren Apfel, wenn ich am 20. Mai meine Stimme
für die Deutschnationale Volkspartei abgebe. Ich tue es deswegen, weil die
andern Parteien noch viel weniger meinem Ideal entsprechen. Von allen den Übeln,
die die politischen Parteien darstellen, ist die Deutschnationale das kleinste,
und darum wähle ich sie.
Pfarrer Gauger schreibt selbst in "Licht und Leben":
Für mich kommen unter allen Parteien nur allein diese in Betracht:
Die Deutschnationalen und der völkisch-nationale Block. -
Evangelisch-christliche Wähler und Wählerinnen! Das sind die Urteile führender
Männer und Schriften, was gedenkt Ihr zu tun?
Zu erst einmal rufen wir euch zu: Geht alle, Männer und Frauen, unter allen
Umständen zur Wahl, und dann wählt nach dem Urteil Euer führender Männer die
Deutschnationale Volkspartei: Liste No. 2."
Dazu kommentiert Bösenberg:
"Es war mir tief schmerzlich, diese
Äußerungen von gläubigen Männern zu lesen, die als Brüder, als einflußreiche
Führer gerade der gläubigen Gemeinschaftskreise gelten müssen und die ihren
Einfluß in einer so verhängnisvollen Weise geltend machen. Verhängnisvoll ist
diese Stellungnahme schon aus dem einen Grunde, weil eine derart einseitige
Parteinahme in dem übrigen Großteile des Volkes Mißtrauen, Abneigung und Haß
gegen das, was man für wahres Christentum hält, hervorrufen und vermehren muß.
Zum Wesen des Christentums gehört es, seine Verpflichtung zum Dienst an den
Mitmenschen zu erkennen, wie Paulus es in Röm. 1,14 also ausgedrückt hat;
"Ja wohl Griechen als Nichtgriechen, sowohl Weisen als Unverständigen bin ich
ein Schuldner."
Dieser Dienst besteht aber vor allem anderem als in der Verkündigung der frohen
Botschaft (Vers 15), und zwar nicht etwa nur in großen Reden, sondern im
Ausleben der göttlichen Grundsätze, also daß die Menschen in den Christen
"Darsteller des Wortes des Lebens", Bilder Christi sehen. Wir sollten unsere
Aufgabe vor allem darin erblicken, an unserem Teile wirklich sagen zu können:
"Wer mich siehet, der siehet den Christus" -
Sowie der Herr als die Offenbarung im Fleische von sich sagen durfte: "Wer mich
siehet, der siehet den Vater."
Ist aber der Christus denkbar als die politischen Parteien studierend und
wählend? Oder gar. Können wir Ihn uns vorstellen als ein Übel wählend?? Und doch
stellen alle die oben wiedergegebenen Äußerungen einmütig fest, daß alle
politischen Parteien Übel sind! Es ist in der Tat eine heillose Verwirrung, wenn
eine Partei zwar in richtiger Erkenntnis ihrer wahren Aufgabe sich "christlicher
Volksdienst" nennt, aber in völliger Verkennung dieser Aufgabe durch Beteiligung
am politischen Leben Einfluß auf die Regierung zu erlangen sucht, also herrschen
will!
Selbst wenn wir ohne weiteres zugeben wollten, daß es um die Geschichte der
Völker besser bestellt wäre, wenn Männer von christlicher Gesinnung die
Regierung in der Hand hätten, so bleibt doch die Tatsache bestehen, daß es nach
den Grundsätzen Jesu und der Apostel, die allein Anspruch auf die Bezeichnung
"christlich" haben, für einen wahren Christen unmöglich ist, nach der Herrschaft
in irdischen Angelegenheiten zu trachten, solange der rechtmäßige Herrscher der
Erde noch abwesend ist, und solange Satan noch der Gott und Fürst dieser
gegenwärtigen bösen Welt ist. Wer am politischen Leben teilnimmt, der befleckt
sich durch seine Gemeinschaft mit der Welt, denn er zieht mit Ungläubigen am
gleichen Joch, der versucht, Licht mit Finsternis, Christus mit Belial
zusammenzubringen.
O möchte doch das teuer erkaufte Gottesvolk, möchten doch auch seine berufenen
Führer dessen erkennen und verwirklichen, die Gottgewollte Absonderung und
Heiligung nach 2. Kor. 6, 11-18!
Himmlische Gesinnung, himmlischer Wandel, himmlisches Bürgerrecht sind
unvereinbar mit irdischer Gesinnung und mit Betätigung und Parteinahme in den
irdischen, staatlichen Verhältnissen.
Die Bedenken, die oben die Brüder Möbius und Michaelis gegenüber "christlichen"
Parteien zum Ausdruck gebracht haben, sind nur allzu berechtigt. Denn Politik
und Christentum sind nun einmal im gegenwärtigen Zeitalter unvereinbare Dinge.
Für die Gemeinde des Herrn ist jetzt nicht die Zeit des Herrschens und
Regierens, sondern des Untertanenseins jeder menschlichen Obrigkeit, die jetzt
auch in ihrer unchristlichen oder oft Christus feindlichen Ausprägung nach dem
Willen Gottes besteht (Römer 13).
Gläubige, die das nicht beachten, sondern noch Einfluß im politischen und
staatlichen Leben trachten, werden jeden Versuch, auf das Tier zu steigen und
die Zügel in die Hand zu nehmen, teuer büßen müssen. Denn sie werden damit aus
Gliedern des Weibes, der heiligen Gottesgemeinde, zu Gliedern der großen Hure
und werden ihr Verderben teilen."
In der "Botschafter"-Ausgabe : 11-12/1930 : ist ein weiteres Votum in
Sachen Politik zu registrieren. Dort berichtet Bösenberg:
"Ja, gerade auf diesem (Politik)-Gebiete
besteht unter den Gläubigen ein unüberbrückbarer Gegensatz! Während die einen
sagen, der Geheiligte habe mit der Politik nichts zu tun (um es in ganz kurzen
Worten auszudrücken), so erklären andere um so entschiedener: der Christ habe
die Pflicht, sich mit den öffentlichen Angelegenheiten zu beschäftigen und sich
vor allem an den politischen Wahlen zu beteiligen.
Hinter uns liegen die letzten deutschen Reichstagswahlen. V o r denselben ging
mir folgende Zuschrift, datiert vom 24. Juli zu:
'Lieber Bruder Bösenberg!
Wir lernten uns 1923 (Pfingsten) in Dresden kennen. ...
Ich wollte Sie bitten, mir zu schreiben, ob Sie glauben, daß die durch Sie
beeinflußten Kreise bei der Reichstagswahl vielleicht einer Liste, auf der
Brüder wie ich kandidieren, ihre Stimme geben würden, um zu erreichen, daß wir
Kirchenfreien in nötigen Fällen etwas für unsere Kreise tun können?
Ich bin Spitzenkandidat und könnte Freunde, die Sie nennen, an erster Stelle
aufstellen lassen. Können Sie mir sonst Anschriften von Kreisen und Blättern
geben, denen man ein Schreiben senden kann? Ich würde mich sehr freuen, wenn wir
uns wieder einmal sprechen könnten. ..."
Kommentierend äußert Bösenberg dazu:
"Diesem Bruder antwortete ich in einem
ausführlichen Schreiben, daß ich zwar seither den Standpunkt der völligen
Absonderung von allen politischen Bestrebungen eingenommen und im "B." auch
gelegentlich vertreten hätte, daß ich mir aber jetzt, wo die Vertretung des
deutschen Volkes der Regierung die erforderlichen Mittel verweigert habe,
ernstlich die Frage hätte vorlegen müssen, ob nicht Jesu Wort: "Gebt dem Kaiser,
was des Kaisers ist!" von mir verlange, jetzt mich an der Wahl zu beteiligen, in
dem ich einer Partei meine Stimme gebe, von der ich überzeugt sein könne, daß
sie unter allen Umständen der Regierung die erforderlichen Mittel bewilligt.
Aber ich mußte einsehen, daß das niemals meine Aufgabe sein könne. Denn alle
politischen Parteien ohne Ausnahme wollen nicht lediglich "dem Kaiser geben, was
des Kaisers ist", also die Vorschläge der jeweiligen Regierung bewilligen,
sondern sie wollen selbst beurteilen; was sie bewilligen oder was sie
verweigern. Und die Verweigerung führt in vielen Fällen zum Sturz der Regierung.
Es ist also politische Betätigung unvereinbar sowohl mit dem angeführten Worte
Jesu, indem wir, nochmals sei es betont, kein Buchstabengesetz, sondern einen
Grundsatz des Reiches Gottes vor uns haben, als auch unvereinbar mit dem durch
den Apostel Paulus uns mitgeteilten göttlichen Grundsatz:
"Jedermann sei untertan derjenigen Obrigkeit, die über ihn Gewalt hat"! Das sind
Grundsätze, die Geltung haben für diese Zeit, in der das Reich Gottes nur als
ein geistiges und geistliches in den Herzen einzelner Menschen besteht. Und ich
habe es dem Bruder, der die obige Frage an mich richtete, deutlich sagen müssen,
daß ich jede Regierung, die die Macht in der Hand hat, als mir von Gott bestimmt
anerkennen muß. Paulus sagt, wir sollen untertan sein jeder Obrigkeit oder
Regierung, die Gewalt, Macht über uns hat, die uns Gesetze und Vorschriften und
Befehle geben kann; er sagt nicht, daß wir nur einer solchen Obrigkeit Gehorsam
leisten sollten, mit deren Regierung und Anordnung wir innerlich einverstanden
sein könnten.
Gerade damit aber ist dem Christen, der Gottes Wort zur alleinigen Richtschnur
seines Lebens und Wandels zu machen entschlossen ist, die aktive Betätigung im
politischen Leben, sei es auch nur durch Teilnahme an den öffentlichen Wahlen,
schlechterdings unmöglich. Denn durch diese werde ich in zahllosen Fällen in die
Zwangslage kommen, entweder gegen meine innere Überzeugung, gegen mein Gewissen
stimmen zu müssen, wenn ich "dem Kaiser geben will, was des Kaisers ist, und
jeder menschlichen Obrigkeit, als von Gott verordnet, untertan sein will"; oder
aber, wenn mir mein Gewissen solches nicht zuläßt, bin ich gezwungen, im
Gegensatz zu diesen wichtigen Grundsätzen des Reiches Gottes in der
gegenwärtigen bösen Welt zu handeln.
Als schlichter Untertan bin ich in der glücklichen Lage, einer jeden Regierung,
einerlei welcher politischen Partei dieselbe angehört, gehorsam sein zu können,
ohne mit meinem Gewissen in Konflikt zu kommen, da ich ja diese Regierung nicht
selbst mitgebildet habe und also für ihre Maßnahmen, Handlungen und Gesetze
nicht verantwortlich bin.
Und wenn man das Ergebnis der letzten deutschen Reichstagswahlen daraufhin
prüft, welches Glaubens- oder Unglaubensbekenntnis unser Volk abgegeben hat mit
seiner Stimmabgabe, so müssen wir feststellen, daß die überwältigende Mehrheit
unseres Volkes sich gegen den christlichen Glauben, gegen den Gott der Bibel und
gegen seinen Sohn, den Heiland der Welt, entschieden hat.
Die christliche Partei des Bruders, der die obige Anfrage an mich gerichtet hat,
sie hat nicht einen einzigen Abgeordneten ins Parlament entsenden können. Und
wenn wir die sog. Christlich-soziale Partei oder den sog. Christlichen
Volksdienst als die Vertretung des christlichen Gedankens anzusehen geneigt
sind, dann müssen wir die Feststellung machen, daß nur etwa drei von Hundert
aller Stimmen "christliche" sind.
Die Zeitschrift "Friede und Freiheit" weist darauf hin, daß der "Gnadauer
Verband" die deutschen gläubigen Gemeinschaften bei den letzten Wahlen auf die
Hugenberg-Partei verpflichtet habe, deren gesamtes Verhalten, wie jedermann
weiß, allen biblischen, wahrhaft christlichen Grundsätzen und Richtlinien ins
Gesicht schlägt.
Und sie weist weiter darauf hin, daß in dem Modersohn'schen "Heilig dem Herrn"
für die Wahl der Nationalsozialisten, der antichristlichen Wotansanbeter,
Stimmung gemacht worden sei!
Ein trauriger Beweis für die geradezu unglaubliche Verwirrung, in die Gottes
Volk durch seine "Führer" gebracht worden ist! Das Abweichen von den göttlichen
Richtlinien der Schrift muß jedes wahre christliche Zeugnis zunichte machen!
Dazu wirken auch die Abgeordneten der oben genannten "christlichen" Parteien
mit!
Wir mögen die Sache ansehen, wie wir wollen, es bleibt dabei, daß Gottes heilige
Gemeinde eine aus der Welt Herausgerufene ist und bleibt, bis Gottes Stunde
gekommen sein wird, das Regiment über die Welt in die Hand seines Sohnes zu
legen. Dann aber wird es endgültig vorbei sein mit jeder Art von
Parlamentarismus, der eine Einrichtung dieser gegenwärtigen bösen Welt ist und
bleibt und bis zum Ende des gegenwärtigen Aeons sind die Heiligen Gottes solche
Gläubige, die gleich dem Vater des Glaubens und der Gläubigen, gleich Abraham,
den Gottesruf gehört haben: "Gehe aus deinem Vaterland und aus deiner
Verwandtschaft! Gehe aus!"
In der "Botschafter"-Ausgabe : Juli/August 1932 : votiert Bösenberg
erneut mit den Worten:
"Oder ist es wirklich für die Kinder dieser
Welt ein Gott verherrlichendes Zeugnis, wenn diejenigen, die da vorgeben, seine
Kinder zu sein, unter sich ebenso uneins und in Parteien zersplittert sind, wie
die nicht gläubigen Menschen? Wo liegt denn da der Unterschied? Muß man sich
unter solchen Umständen nicht klar darüber sein, daß die Sache Gottes der
Schmach und Verachtung preisgegeben wird?
"Eurethalben wird der Name Gottes gelästert unter den Nationen", auch heute
noch, nicht nur durch einen beschämenden Lebenswandel so vieler Gläubiger,
sondern ganz besonders durch deren Einmischung in die Dinge dieser Welt auf dem
Boden weltlicher Parteien. Nichts kann und muß verhängnisvoller sein, als den
über allen Menschen und Parteien waltenden Gott hineinzuzerren in das Getriebe
der staatlichen und politischen Kämpfe. Sind denn die Lehren der großen Krieger
an so vielen ganz umsonst gewesen?
Erinnern wir uns nicht mehr an den von jeder Nation für sich in Anspruch
genommenen Gott: "Gott verläßt keinen Deutschen!" "Mit Gott für König und
Vaterland!" "Der Gott der russischen Länder ist groß!" -
Ein jeder vergeblich "mit Gott" gegen den andern! Konnte es eine größere
Entartung Gottes geben? - Im Grunde nichts anderes aber ist das Herabsteigen so
vieler Gläubigen in die politischen Kämpfe unter dem Vorwande, für Gott, für den
Glauben, für das Christentum wirken zu wollen!
Die letzte Reichspräsidentenwahl wurde auf beiden Seiten unter der Parole
geführt: Wer für den Gottglauben, wer für das Christentum eintreten wolle, der
müsse Hindenburg, der müsse Hitler wählen! Und es standen nicht nur die Kinder
dieser Welt damals wie in allen ähnlichen Wahlbewegungen gegen Kinder dieser
Welt, sondern in gleicher Weise auch Gläubige gegen Gläubige! Die einen wählten
Hindenburg, die andern Hitler! Wieder andere einen der anderen Kandidaten!
Was soll denn nur die Welt von einem solchen Christentum denken, was soll sie
davon für eine Hochachtung haben? - Ja mehr von Christentum und Glauben geredet
wird unter solchen Umständen, um so verächtlicher wird beides!
"Zielwärts!" Wir sehen leicht ein, daß die aktive Beteiligung an den Händeln
dieser dem Untergang entgegeneilenden Welt uns unmöglich dem Ziele der
himmlischen Berufung näher bringen kann, daß sie uns vielmehr nur in die
irdischen Dinge verflicht und ablenkt von dem einen, was not ist."
Als besonderes Bonmot zitiert er in dieser "Botschafter"-Ausgabe dann noch
einen ihm zugänglich gemachten Brief,
"den ein Offizier der Schutzpolizei, ein gläubiger Christ, richtete an einen
Bruder in Christo, einen ehemaligen Kommunisten."
Da wusste also dieser Polizeioffizier dem ehemaligen Kommunisten mitzuteilen:
"Was haben wir also zu tun?
Wir haben uns in dir Zeit zu schicken (Römer 12,11) und keineswegs widerspenstig
zu sein. Vielmehr sollen wir in Treue und Gehorsam gegenüber dem Staat und in
Einfügung in die menschliche Gesellschaft unsere Berufspflichten erfüllen im
Bewußtsein unserer Verantwortlichkeit vor Gott, zu dessen Ehre wir alles zu tun
haben (1. Kor. 10,31). Im übrigen haben wir uns an unserm Solde, den wir
empfangen, genügen zu lassen (Luk. 3,14).
Damit habe ich nun auch schon wenigstens teilweise, eine Antwort gegeben auf
deine Meinung. Br. H. ich hätte bei der Schutzpolizei nichts zu suchen, wir
müßten unsern Dienst quittieren.
Das ist ein Irrtum deswegen, weil wir Gläubige außer in der Gemeinde Christi
auch in irdischen Lebens- und Berufsbeziehungen stehen, worüber nicht unsere
Glaubensstellung, sondern unsere natürlichen Begabungen und Anlagen und Gottes
Führung entscheiden. Wir Christen sind hierin in allen andern Menschen
gleichgestellt mit dem einzigen Unterschied, daß der natürliche Mensch seine
eigenen Wege geht und "sein Geschick meistert", wie er sich bisweilen ausdrückt,
während wir, wie schon gesagt, von Gott in besonderer Weise geführt werden.
So hat mich selbst Gott in meine jetzige Stellung hineingeführt auf ganz
unerwartete Weise. Es lag niemals in meinem Bestreben, meinen gelernten Beruf zu
verlassen und Polizei-Offizier zu werden. Gottes Wege sind wunderbar. Er wird
wohl wissen, warum Er es so gefügt hat, daß ich wieder alles Wollen und Erwarten
in diese Laufbahn kommen und nun als Polizei-Offizier den lebendigen Gott und
Heiland finden mußte. Wollte ich heute meinen Dienst kündigen, so würde ich
damit eigene Wege gehen und mich in Ungehorsam gegen Gott von dem Platze
entfernen, an den Er mich gestellt hat, damit ich dort sein Zeuge sei.
Braucht Gott seine Zeugen bloß in einer oder in einigen bestimmten
Volksschichten? Oder braucht Er sie in allen Berufsständen und Schichten?
Wenn Er, mein Gott und Heiland, mich in dieser Stelle nicht mehr gebrauchen
kann, so ist es Ihm ein leichtes, mich ebenso unerwartet aus diesem Beruf
herauszuführen, wie er mich hineingeführt hat. Im übrigen tun wir beide, Du
lieber Bruder an Deiner Bohrmaschine, ich in meiner Stellung, unsere Arbeit
nicht als den Menschen, sondern als Gott, zu seiner Ehre, Wenn es Gottes Wille
ist, so bewahrt Er mich davor, daß ich mit Waffengewalt gegen Volksgenossen
einschreiten muß und womöglich ihr Blut vergießen. Muß ich es aber tun, so tue
ich es ebenfalls zu Gottes Ehre, wenn auch mein Gefühl sich dagegen aufbäumt.
Wenn ich daher auf die Straße gestellt werde, so kann ich dort ruhig meinen
Dienst tun, ohne Gewissenskonflikte. Denn ich darf mich betrachten als der nach
Römer 13 der Obrigkeit von Gott gegebene Schwert, das sie erheben soll nach dem
Willen Gottes überall, wo Böses sich zeigt, im Gegensatz zum Guten. Dabei
braucht es mich nicht zu berühren, ob diese Obrigkeit gläubig ist oder nicht.
Im übrigen ist mir in meiner Stellung als Polizei-Offizier im öffentlichen
Sicherheitsdienst eine hohe Verantwortung auferlegt sowohl gegenüber Gott als
auch gegenüber dem Staat. Es muß meine Aufgabe sein, den jungen Leuten, deren
Ausbildung in meinen Händen liegt, nicht bloß polizeifachliches Wissen zu
vermitteln, sondern aus ihnen unparteiische, gewissenhafte, treue, zuverlässige,
an ihrem Volk und Vaterland mit Liebe hängende Beamte, mit einem Wort sittliche
Persönlichkeiten zu machen. Ich muß mich auch bemühen, sie davor zu bewahren,
daß sie den Irrtümern und falschen Lehren der Zeit verfallen. Dazu gehört es
auch, daß ich meine Unterrichtsstunden dazu benütze, sie vor parteipolitischen
Bindungen zu warnen und ihnen Verständnis beizubringen für die staatlichen und
gesellschaftlichen Erfordernisse.
Dazu erflehe ich immer wieder Gottes Hilfe und Beistand. Denn die Stickluft des
vergifteten öffentlichen Denkens wird auch zu uns herangetragen durch tausend
Kanäle ..."
In der - vorerst - letzten Ausgabe des "Botschafters" (5-6/1933) ist
dann zu lesen:
"Heute ist die Demokratie im Staatsleben
unseres Volkes überwunden durch ein Regiment diktatorischer Art, und unverzagt
drehen sich die evangelischen Kirchen nach diesem neuesten Winde und passen sich
den veränderten Verhältnissen an, genau so gut wie irgend welche politischen
oder wirtschaftlichen Vereine und Verbände.
Man mag und wird die Tatsachen gewiß nicht so ganz nackt zur Schau stellen und
offen zugeben, sondern versuchen, sie einigermaßen zu verdecken: dennoch bleibt
die Tatsache bestehen, daß die evangelischen Kirchenorganisationen um ihrer
Selbsterhaltung willen genötigt sind, weitestgehende Rücksicht zu nehmen auf die
Strömungen im Volke, um den Kontakt mit dem Volke nicht zu verlieren, daß sie
weitestgehende Rücksicht nehmen müssen auch auf die irdischen Machthaber, die ja
von ihren eigenen Gliedern in die Macht eingesetzt sind - und daß dabei das, was
Gott in seinem Worte der Gemeinde gegeben hat, völlig in den Hintergrund treten
muß.
Da mag dem Grade nach ein Unterschied bestehen gegenüber der noch weiter vom
Worte Gottes abgewichenen katholischen Kirche und der völlig versteinerten
griechisch-orthodoxen Kirche. Dem Wesen nach sind die Zustände dieselben; Es ist
nicht Gott, der allein zu bestimmen hat über Lehre und Verkündigung und
Einrichtung in der kirchlichen Organisation, sondern es sind menschliche
Erwägungen, menschliche Rücksichten maßgebend, die aus allen noch so biblisch
erscheinenden Begründungen deutlich ersichtlich sind."
Nunmehr sollte der nazistische Rasenmäher auch den "Botschafter" treffen.
Dazu gab es dann via der Versandstelle des "Botschafters" zu der Zeit
(Hoffmann in Zühlsdorf) ein separates Rundschreiben, datiert vom August 1933:
"Durch Verfügung des Württ.
Innenministeriums vom 22. Juli und des Berliner Geheimen Staatspolizeiamtes vom
31. Juli wurde: 'der Botschafter beschlagnahmt und eingezogen, weil sein Inhalt
geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden.'
Wohl sind wir überzeugt, dass hier entweder eine unlautere Denunziation oder ein
Missverständnis obwalten muss, da der B(otschafter) in Übereinstimmung mit dem
Worte Gottes stets zur Unterordnung mit den Obrigkeiten wie auch zur Fürbitte
für dieselben gemahnt, aber noch nie Politik getrieben und sich am Parteiwesen
beteiligt hat. Br. B(ösenberg) hat dementsprechend auch das Innenministerium
ersucht, das Verbot zurückzunehmen, allerdings bisher ohne Erfolg."
Schon im November 1933 indes, konnte der "Botschafter" wieder erscheinen.
Also waren die Bösenberg'schen Verhandlungsbestrebungen letztendlich doch von
Erfolg gekrönt.
Als "kosmetische Veränderung" bekam nun der Zeitschriften-Titel einen Vorsatz
verpasst. ("Seid heilig").
Unbotmäßige "Zugeständnisse" dürften wohl dieser Verbotsaufhebung wohl kaum
zugrunde liegen. Es ist Bösenberg also gelungen, die von ihm mehrfach betonte
"unpolitische Linie" den Nazibehörden doch noch zu verdeutlichen.
Und ursächlich für das auch den "Botschafter" ereilte Verbot, war ja nicht so
sehr eigenes "Fehlverhalten", als vielmehr der Nazi-Rasenmäher im Kontext des
Zeugen Jehovas-Verbotes.
Eine Replik, die weitere Kirchenpolitische Entwicklung im Naziregime
betrachtend, vornehmend, kann man weitergehen und sagen.
Vermeintlich "unpolitische" Religionsgemeinschaften (tatsächlicher oder auch
weniger tatsächlicher Art) duldete das Naziregime sehr wohl.
Wo es hingegen allergisch reagierte war, wenn "Himmelfahrtsvereine" in ihren
realen Aussagen politische Dimensionen erreichten.
Solch ein Fall war ohne Zweifel im Falle der "Bekennenden Kirche" gegeben.
Ein Herr Otto Dibelius,: nach 1945 dann noch zum Bischof avanciert,:
bekam beispielsweise bezüglich seines zu Weimarer Republikzeiten
veröffentlichten Buches "Friede auf Erden", vom Nazi-Chefideologen Rosenberg
"ins Stammbuch geschrieben". Man werde sich zur gegebenen Zeit des Herrn
Dibelius noch zu erinnern wissen.
Was den Nazi Rosenberg da besonders "auf die Palme" brachte, war der Umstand,
dass Dibelius in genanntem Buche andeutete, in einem weiteren Kriege konnten
sich (nunmehr) auch Glieder der Evangelischen Kirche im Lager der
Kriegsdienstverweigerer "befinden".
Abgesehen von dem Utopismus den Dibelius da aussprach (und der durch die
Wirklichkeit in keiner Weise gedeckt war), erweckte allein dieses
"Sandkastenspiel" bei dem Rosenberg allerstärkste Aversionen.
Der Kampf des Naziregimes mit der "Bekennenden Kirche", nahm dann in der Praxis
immer schärfere Formen an. So hatten Hitler und die Seinigen, sich das mit der
Protegierung ihrer "Deutschen Christen" eigentlich nicht vorgestellt.
Gab es mal :(seltene): Entlastungsmomente für die Nazis auf dem
Kirchenpolitischen Sektor, griff man mit "beiden Händen zu".
Ein solcher Fall trat mit einer ökumenischen Konferenz in England ein, zu der
auch deutsche Vertreter, namentlich aus dem Lager der "Freikirchen" mit
anreisten.
Ein solcher Bischof (Melle von der Methodistischen Kirche) hielt dort in
England, eine "Lobgesangsrede" auf die nazistische Kirchenpolitik. Das war dann
Balsam (der seltenen Art für die nazistischen Kirchenpolitiker.
Selbst Herrn Hitler war das dann in der Folge einen politischen Preis wert.
Da gab es einen baptistischen Pastor, der hatte ein Kümmernis.
In seinem Gemeindehaus fehlte noch eine Orgel, die er sich doch so sehnlichst
wünschte. Und im Hinblick auf seine Gemeinde musste er sich weiter sagen.
Die dazu notwendigen Mittel aus eigener Kraft der Gemeinde zu erbringen, dürfte
wohl mehr als schwer sein.
Jedenfalls gelangte dieses Kümmernis dann auch zu den Ohren des Herrn Hitler.
Der war ja zwar kein Baptist, sondern theoretischer Katholik.
Allein politisches Gespür kann man ihm sicherlich nicht absprechen.
Und nachdem da in England nur Vertreter der "Freikirchen" seine Stange gehalten
hatten, betrachtete es Herr Hitler als eine Ehre für sich, diesem baptistischen
Pastor nunmehr die heißersehnte Orgel aus seinen "Privatmitteln" zu schenken!
Zehrer berichtete in seiner zu DDR-Zeiten erfolgten Dissertation, unter
Berufung auf den Aktenbestand des "Reichskirchenministeriums" darüber. Von der
Zehrer'schen Arbeit gab es dann noch - ebenfalls zu DDR-Zeiten - eine reguläre
Buchausgabe, in der just vorgenannter Aspekt dann aber wegzensiert wurde.
Diktaturen lieben es eben nicht, auch einmal in den Spiegel zu sehen, und dort
ihre eigene Fratze wiederr zu erkennen .
Sieht man sich die weiteren "Botschafter"-Ausgaben zu Nazizeiten näher an, kann
man bescheinigen.
Auch er schwamm auf einer dem Melle vergleichbaren Ebene.
Mit ein paar Abstrichen, etwa im Falle "Madagaskar" hielt er weiter seine
vermeintlich unpolitische Linie ein.
Vertreter der "Bekennenden Kirche" indes, dürften zu dieser Zeit wohl kaum
Freude an dem Bösenberg gehabt haben. Dazu gibt es auch die Dokumentation einer
Kontroverse im "Botschafter", die aber an dieser Stelle übersprungen sei, da
es hier nur um die Nachzeichnung der wesentlichen Linien ging.
Auch die Zeugen Jehovas wollten ja eigentlich "unpolitisch" sein. Insofern
wollten sie doch eigentlich auch nur die Positionen vertreten (in der
Theorie) wie sie auch Bösenberg schon zu Weimarer Republikzeiten vertreten
hatte.
Am Beispiel des auch mit genannten Herrn Dibelius wird aber auch deutlich.
Das Naziregime setzte sehr wohl enge Interpretationsgrenzen, was "unpolitisch"
sei und was nicht!
Ohne sie namentlich zu nennen, nahm dann wohl auch die Mai/Juni-Ausgabe 1935 des
"Botschafter"auf die Zeugen bezug:
"Wieder andere haben sich verführen lassen
und hineinhetzen in eine dem Staate und den herrschenden Obrigkeiten feindselige
Stellung. Es fehlte ihnen am göttlichen Geist der Weisheit, der ihnen die einzig
richtige Stellung auch in dieser gerade heute so bedeutungsvollen Frage hätte
zeigen können. So ließen sie sich hineintreiben in eine von Gott nicht gewollte
feindselige Stellung und in eine falsche und unweise Bekundung derselben, so daß
sie heute deswegen in Gefängnissen schmachten müssen, während ihre Führer und
Verführer sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht haben.
Wir wissen nicht, welchen Zeiten wir noch entgegengehen, wenn das erwartete und
ersehnte Kommen unseres Herrn noch länger verzichten sollte. Nur das eine dürfte
feststehen - leichter werden die Zeiten nicht, wohl aber immer schwieriger. Und
darum wird uns auch der Geist der Weisheit von Gott immer unentbehrlicher; und
da wir uns diesen weder selbst geben noch nehmen können, noch auch ihn uns von
andern mitteilen lassen, darum, wird es mehr und mehr unsere vornehmste Aufgabe,
den Vater der Herrlichkeit, unausgesetzt zu bitten um diesen Geist der Weisheit,
wie für uns selbst, so auch für den ganzen Haushalt des Glaubens."
10.) Seine Broschürenliteratur
Neben seinem als separate Beilage zum "Botschafter"
beigefügten "Wort der Wahrheit", dessen Themenkreis (formal) dem
Matthäus-Evangelium gewidmet war; gab es davor noch als "Heft 1" dieser Serie
eine Ausarbeitung, betitelt:
"Gottes ewiger Liebes-Ratschluß
Einführung in die Grundgedanken der heiligen Schrift".
Die wiederum gab es im Gegensatz zu den sogenannten
Matthäus-Evangelium-Ausführungen, auch noch als separate Broschüre.
In selbiger muss er auch einräumen (S. 13):
"Wir müssen zugeben, daß alle menschlichen
Erwartungen auf Erfüllung der göttlichen Verheißungen bisher nur Enttäuschung
gebracht haben."
Das aber scheint ihn nicht sonderlich anzufechten, denn in dergleichen
Schrift weis er auch mitzuteilen (S. 47):
"So scheint der heilige Geist anzudeuten,
daß das fünfzigste Jahrtausend für die Erde zu einem großen "Jubeljahr" werden
soll, und das nun bald anbrechende Jahrtausend, der "jüngste Tag", das Zeitalter
des "jüngsten Gerichts, ist bestimmt, dieses große göttliche Jubeljahr mit
seinen ewigen Segnungen einzuleiten."
Und für diese These hat er dann auch noch das andernorts bekannte
Allerweltsvotum parat (S. 3):
"Wer die Bibel erforschen will nur mit
seinem natürlichen Menschen-Verstande, dem wird sie verschlossen bleiben; und
wer sie untersuchen will, um Beweise für irgend eine bestimmte Lehre oder
vorgefaßte Meinung darin zu finden, der wird auf zahlreiche Widersprüche stoßen
und in heillose Verwirrung geraten. Wer gewillt ist, nur das anzunehmen, was ihm
zusagt, das Übrige aber ablehnt, der gerät auf die Irrwege und in die Finsternis
des Sektenwesens.
Wer aber bereit ist, Alles anzunehmen, was Gott ihm zu sagen hat; wer da in
seinem Herzen spricht: "Rede, Herr, dein Knecht hört", wer bereit ist, jeder
göttlichen Unterweisung gläubiges Vertrauen und demütigen Gehorsam entgegen zu
bringen; dem geschieht nach seinem Glauben - er wird von Erkenntnis zu
Erkenntnis geführt werden hinein in das wunderbare Licht Gottes."
Als nächstes Thema für sein "Das Wort der Wahrheit" offerierte er dann:
"Die Offenbarung Jesu Christi.
Nach ihrem Gedankengang, ihrem inneren Aufbau und ihrer zeitgeschichtlichen
Bedeutung erklärt"
Diese Schrift ist vielleicht (relativ gesehen) seine relevanteste.
Aus ihr dann nachstehend, kommentarlos einige Ausführungen:
"Nicht eine ins einzelne gehende Auslegung
dieses letzten und merkwürdigsten, dunkelsten und rätselhaftesten Buches der
heiligen Schrift soll versucht und bezweckt werden, sondern mehr eine in großen
Zügen gehaltene Übersicht, über Anordnung und Gedankengang derselben, eine
Handreichung, die dem Leser nicht das eigene Nachdenken erläßt, indem sie ihm
ein System fertiger Auslegungen zur gläubigen Annahme vorlegt, sondern die ihn
vielmehr in die Schrift hineinführen, zum eigenen Forschen anregen und so das
Verständnis wecken und fördern möchte. So erheben denn diese Ausführungen,
soweit sie Deutungen der Bildersprache bringen, keinerlei Anspruch auf
Unfehlbarkeit. Sie sind ein in Schwachheit, allerdings auch in der Freiheit des
Geistes Jesu unternommener Versuch, das zu verstehen, was der Meister seinen
Knechten zeigen ließ." (S. 3)
"Gewiß ist es nicht verwerflich, sondern
nur erfreulich, wenn die gewaltigen kriegerischen Ereignisse der letzten Jahre
die Augen vieler wieder auf die Offenbarung hinlenkten und den Wunsch erweckten,
in deren Sinnbildern biblisch begründete Klarheit zu erhalten über die Frage,
wie nahe oder ferne die Wiederkunft unseres Herrn ist. Dennoch verweigert die
Schrift jegliche Antwort auf diese Frage, wie denn auch der Meister seinen
Jüngern nicht gesagt hat: rechnet! Sondern: wachet! -
Es ist ja sehr wahrscheinlich, und die "Zeichen der Zeit" deuten, wie wir sehen
werden, auch für nüchterne Beurteilung darauf hin, daß wir in der Zeit des Endes
entweder schon eingetreten sind oder doch wenigstens ihr mit raschen Schritten
entgegeneilen - ein kräftiger Ansporn für alle Glieder der Brautgemeinde zur
Bereitschaft, den geliebten Bräutigam jeden Augenblick empfangen zu können. Aber
es ist auch sehr wohl möglich, daß "der Bräutigam verzieht" und daß
infolgedessen manche seiner heutigen scheinbaren Nachfolger wieder schläfrig
werden und einschlafen, wie er selbst es im Gleichnis von den klugen und
törichten Jungfrauen vorhergesagt hat (Matth. 25,5).
So dürfen Gottes Heilige ganz gewiß ihre Häupter aufheben, darum daß ihre
Erlösung naht. Möchten sie aber doch nicht enttäuscht werden, wenn Gottes Uhr
etwas langsamer geht als ihr Erwarten und ihre Sehnsucht, vielmehr recht
nüchtern sein und sich bereit halten im Wachen und Gebet." (S.
8)
"Können wir daran zweifeln, daß der erste
Sturmwind, der politische, schon losgelassen ist und als der Wirbelsturm des
jetzigen Weltkrieges begonnen hat, die Erde zu beschädigen? Ihm wird als zweiter
mit Notwendigkeit das furchtbarste wirtschaftliche Elend folgen, das die
Menschheit je gesehen hat, ein Zusammenbruch aller wirtschaftlichen,
industriellen und Handelsbeziehungen in Verbindung mit weltweiter Hungersnot.
Als dritten Wind haben wir gewaltige soziale Umwälzungen zu erwarten, von denen
die Zustände in Rußland ein Vorspiel sind, eine grundstürzende Änderung der
bestehenden gesellschaftlichen Ordnungen und Einrichtungen und vielleicht in
direkter Verbindung damit werden große religiöse Verfolgungen stattfinden unter
Lösung der bisherigen Beziehungen zwischen "Staat und Kirche", die Loslösung der
Völker vom Christentum mit dem Endergebnis des Sturzes und der endgültigen
Vernichtung der großen "Babel." (S. 45)
"Darin, in diesem Streben, die irdischen
staatlichen Einrichtungen und Gewalten in den Dienst der Kirche zu bringen und
von den irdischen Machthabern und Regierungen die Förderung der eigenen
Interessen zu erlangen, erblicken wir das "Malzeichen des Tieres", das die ganze
Christenheit fest seit den Tagen der Urkirche an Hand und Stirn trägt.
Die Christen haben nicht die Aufgabe, die Welt zu reformieren, sondern sich von
der Welt und ihren Geschäften abgesondert und unbefleckt zu halten nach dem
Vorbilde Jesu und der Apostel (Jak. 1:27).
Es steht dem nicht im Wege, daß Christen Wohltätigkeitsbestrebungen fördern und
unterstützen, soweit diese nicht gleichzeitig Einfluß auf Gesetzgebung und
Verwaltung suchen." (S. 71)
"Weltverbesserungs-Gedanken sollten uns
fern liegen, da wir wissen, daß der himmlische Vater die gründliche Verbesserung
und Erneuerung der Welt dem kommenden Königreiche seines geliebten Sohnes
vorbehalten hat; dem Reiche, um das wir mit Jesu Worten bitten: "Dein Reich
komme", dem Reiche, "das der Gott des Himmels aufrichten wird, das ewiglich
nicht zerstört, und dessen Herrschaft keinem anderen Volke überlassen wird; das
alle jene (irdischen) Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber ewiglich
bestehen wird." (Dan. 2, 44)." (S. 73)
"Aber wenn auch wirklich auf diese Art aus
dem gegenwärtigen Weltkriege ein allgemeiner Weltfriede hervorgehen sollte, so
wird es doch kein wahrer Friede sein. Die Schrift hat wiederholt in Aussicht
gestellt, daß die Menschen wohl sagen werden: "Friede! Friede! - und ist doch
kein Friede." Das war schon der Fall, bevor dieser große Kriegsbrand aus dem
gefüllten Pulverfaß herausbrach. Die Menschheit bewies durch ihr ganzes Leben
und Treiben, daß sie den Friedenszustand trotz der immer stärker werdenden
Rüstungen aller Völker für dauernd hielt. "Friede! Friede!" War ihre Losung -
und es war doch in Wahrheit kein Friede, sondern vielmehr ein kaum noch zu
ertragendes Rüsten auf den Krieg."
"Wenn die Gemeinde mit ihrem Haupte im Himmel vereinigt sein wird, dann wird der
Herr beginnen, die noch unerfüllten prophetischen Verheißungen für das Volk
Israel wahr zu machen und dasselbe zu diesem Zwecke zu erst zu nationaler
Selbstständigkeit in seinem alten heiligen Lande wieder zu sammeln; und zwar
scheint dieses Gesammeltwerden der Juden in Palästina, dessen erste Anfänge in
der Zionistischen Bewegung zu erkennen sind, und dessen rascher, energischer
Fortgang durch die Verdrängung der Türken aus diesem Lande ermöglicht wird, in
die Zeit der letzten 42 Monate zu fallen, also dem Kommen Jesu unmittelbar
vorher zu gehen. Daß die Wiederkunft Christi in ganz besonderer Weise das
heilige Land betreffen wird, geht aus vielen Stellen der Schrift, insbesondere
aus den Zukunftsreden des Herrn deutlich hervor; dagegen bietet die Schrift
keine zuverlässigen und klaren Anhaltspunkte zur Beantwortung der Frage, ob und
inwieweit der Herr sich auch den übrigen Völkern, insbesondre jenen Christen
sofort offenbaren wird, die er unter dem Bilde der "törichten" Jungfrauen
gezeichnet hat." (S. 90)
Dann gab es da noch als drittes Heft der Serie "Das Wort der Wahrheit":
"Die Freiheit der Kinder Gottes
Der Brief an die Galater, für die Gemeinde erklärt"
In ihr meint er (S. 7):
"Wie irren doch alle diejenigen, die von
einer "christlichen Welt" sprechen, die davon träumen, das Missionswerk unter
den Heiden immer weiter auszudehnen und die ganze Menschheit zu
christianisieren, zum "Reich Gottes" zu machen.
Im Gegensatz zu solchen Gedanken, die keineswegs sich mit den göttlichen
Gedanken decken, spricht Paulus es aus, daß Jesus nicht gestorben sei, um alle
Menschen zu seinen Jüngern zu machen, um aus der bösen Welt eine
gottwohlgefällige christliche Welt zu machen, sondern um uns aus der
gegenwärtigen bösen Welt herauszunehmen, wie es der Wille des himmlischen Vaters
ist. Solange die gegenwärtige Weltzeit, das gegenwärtige Zeitalter dauert, wird
es böse sein, und Jesu Jünger können sich nur dadurch retten lassen, daß sie
sich von der Welt absondern, daß sie sich Gott weihen, heiligen. So wie ihr
Meister nicht von dieser Welt war, dürfen auch sie nicht von dieser Welt sein,
dürfen nicht lieb haben die Welt noch was in der Welt ist."
Dem folgte dann noch das eher nur Allgemeinplätze bietende Heft 4
"Die Herrlichkeit des Neues Bundes
Der Brief an die Hebräer, für die Gemeinde erklärt"
Dann versuchte er sich noch mit einer zweiten Broschüren-Serie "Biblische
Studien" deren erstes Heft den Titel trug: "Den Engeln unterworfen".
In ihr setzt er sich mit anderen Konkurrenzvarianten auf dem Religionsmarkt
auseinander, wofür dann in dieser Schrift auch die Sätze stehen:
"Sind wir aber auch wirklich berechtigt,
die Erscheinungen von Verstorbenen wie sie im Spiritismus und auf andere Weise
stattfinden, auf Betrug von Dämonen zurückzuführen? Ist es nicht doch möglich,
daß, vielleicht in seltenen Ausnahmefällen die Seelen abgeschiedener Menschen
den Hinterbliebenen erscheinen? Hierauf kann es nur eine absolut zuverlässige
Antwort geben: die Bibel als die Offenbarung des lebendigen, allwissenden
Gottes. Diese Offenbarung aber gibt uns die ganz unzweideutige Auskunft, daß der
Tod für den Menschen dasselbe bedeutet wie für das Tier." (S. 9)
Der Rubrik, Auseinandersetzung mit anderen Formen der Angebote auf dem
Religionsmarkt, ist auch seine Schrift "Die Gaben und Kräfte des Heiligen
Geistes" zuzuordnen.
In ihr kann man lesen:
"Immer wieder ertönen unter den Gläubigen
Stimmen und werden Rufe laut, die ein Verlangen danach bekunden, daß sich der
heilige Geist im Volke Gottes auch heute in ähnlicher Fülle und Kraft offenbaren
möge, wie einst in den Tagen der Urkirche. Man blickt auf das Sichtbare,
Sinnenfällige
Als ich vor längerer Zeit einmal einen biblischen Vortrag gehalten hatte, da
traten nach Beendigung desselben einige Männer auf mich zu und stellten die
Frage:
"Warum hat die Christenheit keinen heiligen Geist mehr?" Bevor ich noch den Mund
zu einer Antwort auftun konnte, gaben sie selbst die Antwort:
"Weil wir Neuapostolischen ihn haben!"
Damit verließen sie mich. Ob der Geist, der in dieser Gemeinschaft wirksam ist
und in der mit ihre nahe verwandten ... Pfingstgemeinschaft, wirklich der
heilige Geist ist?" (S. 3f.)
Weiter weis er in dieser Schrift dann noch mitzuteilen:
"Dem gläubigen Christen ist ja auch
körperliche Gesundheit bei weitem nicht so wichtig wie den Kindern dieser Welt.
Er weiß, daß auch unter den unerläßlichen "Leiden dieser Zeit" auch leibliche
Krankheiten nicht fehlen können, und nimmt sie in Glauben und Demut an als
Erziehungs- und Züchtigungsmittel in der Hand eines weisen und liebevollen
Vaters." (S. 24)
Zu dieser These steht dann wohl seine eigene Broschüre "Willst du gesund
werden?" in merkwürdigem Widerspruch.
Um aber noch einen Moment bei seinem "Die Gaben und Kräfte des Heiligen Geistes"
zu verbleiben. Diese Schrift ist dann wohl so ziemlich die einzigste, welche
auch nach 1945 nochmals aufgelegt wurde. Von der "Christlichen Warte" (in
Kirchlengern im Jahre 1961). Selbige steht ja dem Bösenberg ideologisch
ziemlich nahe.
Besonders angetan hat es wohl der "Christlichen Warte" der zitierte Passus die
"Neuapostolische Kirche" betreffend.
Und so fügt die "Christliche Warte" just in der 1961er Neuauflage noch eine
umfängliche eigene Fußnote dazu hinzu, in der auch zu lesen ist:
"Anmerkung der Schriftleitung
Der im Jahre 1960 verstorbene Stamm-Apostel der Neuapostolischen Gemeinde hatte
Jahre vor seinem Tode verkündigt, daß ihm der Herr erschienen wäre und ihm
geoffenbart hätte, er werde nicht sterben, sondern Jesu Wiederkunft erleben.
Diese Botschaft wurde geglaubt.
Wollen wir nun, nachdem der Stamm-Apostel gestorben ist und die Wiederkunft des
Herrn nicht erlebt hat, sagen, daß der Stamm-Apostel keine Erscheinung gehabt
habe, daß also seine Behauptung eine Unwahrheit gewesen sei?
Das wollen wir nicht tun. Der Stammapostel wird, wie auch der verstorbene Papst,
eine Erscheinung gehabt gaben. Die entscheidende Frage ist aber, ob er eine
Entscheidung unseres Herrn Jesus oder eines heiligen himmlischen Boten war. Und
diese Frage muß verneint werden. Denn heilige Boten der Himmelswelt reden nur
Wahrheit; nie überbringen sie den Menschen eine Botschaft, die sich dann nicht
erfüllt. Da der Tod des Stamm-Apostels entgegen der empfangenen Offenbarung
eingetreten ist, war die Offenbarung eben nicht vom Herrn, sondern von einem
Lügengeist. Es ist tief bedauerlich, daß die Bewegung, die den Worten ihres
Stamm-Apostels so blindlings glaubte, nun wo sie in Reue und Leid hätte Buße tun
sollen, die unglaubliche Behauptung aufstellt, der Herr hätte in dieser Sache
seinen Plan geändert. Wie schwer fällt doch den Menschen das Bekenntnis: "Vater,
ich habe gesündigt"!
In seinem "Willst du gesund werden" postuliert er dann:
"Es darf nicht verschwiegen werden, daß
auch viele Gläubige sich von den Verlockungen der fälschlich sogenannten
"Christlichen Wissenschaft" blenden und verführen lassen und den "Gesundbetern"
in die Hände fallen; in diesem Falle ist eine etwa eintretende Linderung oder
Heilung leiblicher Beschwerden mit ewigem Verluste allzu teuer erkauft."
(S. 5)
"Es kann auch keinem Zweifel unterliegen,
daß eine Ernährung, die zur Hauptgrundlage das Fleisch hat, wie es heute in
unserer der Natur entfremdeten Kulturwelt so vielfach der Fall ist, eine
unnatürliche, ungesunde und unzuträgliche ist.
Es wäre gewiß zuviel behauptet, zu sagen, daß alle Krankheiten ohne Ausnahme auf
falsche oder naturwidrige Lebensweise und Ernährung zurückzuführen seien. Aber
es ist ebenso gewiß nicht zuviel behauptet, zu sagen, daß die meisten
Krankheiten ihre letzte Ursache in der Art der Ernährung haben, die von den
ursprünglichen göttlichen Richtlinien soweit abgewichen ist."
(S. 27f.)
Weiter weis er darin mitzuteilen:
"Alle pikant gewürzten und raffiniert auf
den Gaumenkitzel berechneten Speisen, jede gute und reichliche Mahlzeit ist der
Tod des Gebetslebens!" (S. 48)
Und weiter:
"Im Jahre 1901 veröffentlichte der deutsche
Arzt Dr. Adold Mayer ein Buch "Hungerkuren - Wunderkuren", worin er das Fasten
als das wikungsvollste und beste Heilmittel für fast alle Krankheiten
wissenschaftlich feststellt." (S. 51)
Auf diese Schrift bildete sich Bösenberg dann auch noch sehr viel ein. Er
unterstrich dies auch dadurch, dass er zeitgenössisch eigens ein Heft seines
"Botschafters" für die ständigen Abonnenten ausfallen lies, und dafür
ersatzweise, diese Broschüre versenden lies.
Sein "Patentrezept" in dieser Schrift besteht namentlich in der Empfehlung von
Fastenkuren.
Offenbar betrieb er auch mit dieser Schrift weiteres "Markeeting", denn sie ist
eine der ganz wenigen, die auch von anderen christlichen Kreisen, zeitgenössisch
notiert wurde. Und zwar in der kirchlichen Zeitschrift "Deutsch-evangelische
Korrespondenz" vom Februar 1926.
Als dann gar noch ein der Heilpraktiker-Szene zuzuordnender "Diätetiker" jene
Bösenberg'sche Schrift über den grünen Klee lobte, da teilte Bösenberg auch
postwendend das seiner Leserschaft im "Botschafter" mit.
Berücksichtigt man das spätere Schicksal seines Sohnes Fritz Bösenberg, dann
kann man ja vielleicht auch unterstellen.
Vielleicht hat der auch die Bösenberg'schen Ernährungsrezepte am eigenen Leibe
auskosten dürfen. Und in späteren Jahren, als vom Elternhaus nunmehr
abgenabelter, es dann noch vorgezogen, in "das andere Extrem" zu verfallen.
Von seinen weiteren Schriften, deren Titel hier übersprungen werden soll, da
seine wesentlichen Gedankenlinien schon mit den anderen Ausführungen referiert
wurden, sei noch auf sein 1933 erschienenes "Das Kommen Jesu in Weissagung und
Erfüllung" verwiesen.
Die ist zwar nicht "originell", denn man liest in ihr auch nur das, was bereits
im "Botschafter" stand. Immerhin hielt er es angebracht, just im Jahre 1933,
diesen "Schrott" (pardon Gedankengänge) auch noch als separate Broschüre
zu offerieren.
"Glänzend" mit den Thesen:
"Vor etwa 60 Jahren war es vor allem der
Londoner Astronom und Direktor einer Missionsgesellschaft Grattan Guinneß, der
über diese Dinge Licht erhielt und dasselbe weiter geben durfte in seinem großen
zweibändigen Werk "Das nahende Ende unseres Zeitalters". .. Seine biblischen
Berechnungen wurden von anderen Forschern teilweise verändert, übernommen, so
auch in den Russell'schen Schriftstudien, teils wurden sie auch in
selbstständiger Forschung weiter ausgebaut. So hat ein unter dem Decknamen
Johannes Walther schreibender gläubiger Gottesmann sich besonders mit diesen
sieben Zeiten oder 2520 Jahren befaßt und ist dabei zu überraschenden
glaubensstärkenden Ergebnissen gelangt, wenn er auch gleich allen andern
Chronologen in seinen Berechnungen und Schlußfolgerungen auch in Irrtümer
geraten ist und in wesentlichen Vorhersagen sich und andere getäuscht hat. ...
So ist auch nicht daran zu zweifeln, daß die Entwicklung, die mit dem Jahre 1914
eingesetzt hat und seither zu fortwährendem Zerfall führte, genau der
Entwicklung entsprechen wird, die vor sieben Zeiten mit dem Jahre 606 begonnen
hatte. Damals führte sie in 19 Jahren mit dem Jahre 587 zur Zerstörung der Stadt
Jerusalems und des Tempels - was werden die Jahre 1933/1934, genau sieben Zeiten
danach, bringen? ..."
Ob dieses Jahr eben das bringen wird, was die einen bang erwarten, die andern
mit allen Mitteln herbeizuführen streben als den letzten Anker ihrer oft
betrogenen Hoffnung, den gewaltsamen Umsturz aller bestehenden politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Ordnung, die Weltrevolution?
Soviel ist gewiß, daß in diesem Jahre nicht nur die biblische Zeitrechnung,
sondern auch das menschliche Vermögen, eine auch nur einigermaßen befriedigende
Ordnung der staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
herbeizuführen, am Ende sind. Das ist für das Volk Gottes ein starker Ansporn
aufs äußerste wachsam und nüchtern zu sein, und sich bereit zu machen, dem
Kommenden zu begegnen, auf den die Heiligen aller Jahrhunderte und liebevoller
Sehnsucht gewartet haben!"
Randbemerkung:
In Heft 1/1911 der "Aussicht" (beispielsweise) wird die Schrift des Guiness als
"heiliges Evangelium" auch hochgehalten.
Bösenberg steht diesbezüglich also nicht allein da.
Angetan hatte es all diesen Herrschaften der bei Guiness (indirekt) entnehmbare
Notnagel, 1933 könnte ja noch eintreten, was diese Kreise eigentlich schon für
1914 erwartet hatten.
11.) Ein ergänzendes Nachwort
Zu seinen persönlichen Verhältnissen wäre noch notierenswert.
Eines seiner Kinder, Fritz Bösenberg, welcher es in
(Tuttlingen) zum Rechtsanwalt brachte, beging etwa 1934 Suizid.
Soweit die (schwer lesbare handschriftliche) Korrespondenz dazu
entzifferbar ist, wird unterstellt. Er wurde wohl als Kind streng im
Abstinenzlerischen Sinne erzogen.
Später in seinem Beruf "kippte" jener Aspekt. Starker Raucher, und Alkohol im
gleichem starken Umfange zugetan.
Ein "politischer" Hintergrund des Suizid lässt sich nicht ermitteln. Offenbar
haben potenzierte persönliche Probleme den Ausschlag gegeben.
In einer zeitgenössischen Druckschrift wird vorgenannter Umstand
(in Kürze ohne sich in relevante Details zu verlieren)mit erwähnt.
Möglicherweise ergibt ein Artikel der "Freiburger Zeitung" vom 8. 3. 1933, betitelt "Not der Zeit - Prozeßrückgang. Die Tagung der badischen Rechtsanwälte" einen weiteren Fingerzeig bezüglich dieses Suizides.
Von den Zeugen Jehovas kennt man die Publizierung von Abschiedsbriefen der
zum Tode verurteilten Wehrdienstverweigerer.
Auch im Bösenberg'schen Nachlass gibt es Abschiedsbriefe eines "Heinrich"
(unklar in welcher familiären Rang er zu dem Friedrich Bösenberg stand), an
seine (mehreren) Kinder.
Allerdings das ist wohl der qualitative Unterschied. Er kündet vom Soldatentod
...
Wahrscheinlich ist besagter Heinrich, eventuell ein leiblicher Bruder des
Friedrich Bösenberg. Größere Wahrscheinlichkeit indes hätte die Hypothese: Eines
seiner Kinder.
Weitere Details zu seiner Vorankündigung in diesen Briefen, sind allerdings
nicht ermittelbar.
Die Schreibmaschinen-Abschrift wurde offenbar von Friedrich Bösenberg selbst
vorgenommen. Offenbar bedeutete ihm dieser Heinrich persönlich sehr viel.
Was Bösenbergs bürgerlicher Beruf in Balingen respektive Ebingen (Württ.) (die Angaben differieren; zuletzt aber dominierend Ebingen (letzteres heute Albstadt) anbelangt, scheint dann ja ein Briefkopf von ihm aus dem Jahre 1937 nähere Auskunft zu geben.
Bild
Friedrich Bösenberg mit Frau Maria.
Aufnahme etwa aus dem Jahre 1942
Zusammenfassend:
Auch Bösenberg (man beachte seine selbst angegebene Berufsbezeichung
"Sparkassendirektor i. R.") ist eher dem Bereich der "Kulturchristen"
zuortbar. "Gott ist für die ein guter Mann", namentlich geht es ihnen auch
persönlich wirtschaftlich gut. Insofern bildete er in der Unterklassenreligion
der Bibelforscher, eher mit deren Oberschicht. Die Oberschicht indes, pflegt
nicht mit dem Gros, der Mehrheit, einer Unterklassenreligion identisch zu sein.
Es gibt sicherlich weitaus "abschreckendere" Beispiele von "Kulturchristen", die
den Sprung in den Mittelstand geschafft, die dann aber auch sehr schnell
vergessen haben, woher sie denn eigentlich mal kamen, und was das Hauptmilieu
von Ihresgleichen war oder ist.
Insofern rechne ich Bösenberg nicht zu diesen abschreckenden Beispielen. Er
blieb immer noch - relativ gesehen - "auf dem Teppich".
Aber namentlich in den Kirchenpolitischen Auseinandersetzungen, welche ja im
Naziregime auf der Tagesordnung standen, bezog er die Position der "Beschwichtiger".
Diesem Umstand ist es auch zuzuschreiben, dass er sein Zeitschriftenprojekt,
trotz zeitweiliger Mitbetroffenheit des Zeugen Jehovas-Verbotes der Nazis,
wieder "flott bekommen konnte". Und eben bis zu dessen Ende am Beginn des
zweiten Weltkrieges, fortsetzen konnte. Damals um 1939/40 indes fielen noch
eine ganze Reihe anderer religiöser Zeitschriften, dem Naziverdikt der
Papiereinsparung zum Opfer. Keineswegs nur die des Bösenberg..
Wie festgestellt, "legte" sich Bösenberg als Vertreter des Mittelstandes,
keineswegs mit den Nazis an. Er versuchte zu lavieren, und das relativ
erfolgreich.
Ausgesprochenen Unterklassen-Exemplaren indes, konnte man zu Nazizeiten sehr
wohl in der Untergrund-Funktionärschicht der Zeugen Jehovas begegnen. Siehe
beispielsweise
Ludwig Cyranek und andere.
Ein Bösenberg, wäre dafür mit Sicherheit nicht prädestiniert gewesen.
Und dann tue man doch mal zur gleichen Zeit, einen Blick über dem "großen
Teich".
Dort saß in seiner
Fürstenvilla Beth Sarim, der Herr Rutherford, von Hause her auch "Advokat".
Auch er heulte dort mit den Wölfen. Es soweit kommen zu lassen, persönlich
erneut ins Gefängnis zu wandern (nach der diesbezüglichen Episode in der
aufgeheitzten Stimmung des ersten Weltkrieges) vermied auch er.
Wenn zwei dasselbe tun sei es doch nicht das gleiche, so auch die Parole des
Herrn Rutherford.
Andernorts - siehe Hitlerdeutschland - hielt er es für angemessen, die
Unbedarften der eigenen Machart zu "verheizen". Wer sich dieser Linie nicht
anschloss (siehe auch Bösenberg), war eben der "böse Knecht".
Angesichts dieses Messen mit zweierlei Maß, kann man eigentlich gar nicht soviel
essen, wie angesichts dessen zu kotzen wäre!
Detail-Ausschnitt aus einem auf 1954 datierten (unveröffentlichten)
Manuskript des Bösenberg "Gott und Mensch im Lichte des Neuen Testaments"
(190 Seiten).
Es ist unklar, ob er es denn je einem der traditionellen Verlage angeboten hat.
Die dürften - das dürfte durchaus klar sein - eher abgewinkt haben (auch ich
"Winke ab". Der Zeitaufwand stände wohl in keinem Verhältnis zum "Ertrag"; auch
wenn heutzutage Internet-Publizieren, einiges erleichtert. Man ist ja auf
klassische Verlage, so nicht mehr angewiesen. Teilweise nur handschriftlich,
teilweise nur auf Durchschlagpapier getippt und noch einige andere Macken sind
bei diesem Manuskript zu registrieren.)
Bliebe also die Frage, ob er - 1954 - noch an einen Selbstverlag dachte.
Offenbar ist es dazu aber nicht gekommen.
Es scheint so, als gäbe es sogar 2 unterschiedliche (inhaltlich
unterschiedliche) Varianten dieses Manuskripts. Die handschriftliche Variante
ist datiert:
26. Juni 1944.
In der berief er sich noch auf den von den Nazis geschätzten Philosophen Houston
Stewart Chamberlain. Der wiederum, das hat aber Bösenberg offenbar schon nicht
mehr mitbekommen, hatte noch weitere "Jünger". Der namhafteste unter ihnen
Alfred Rosenberg mit seinem "Mythus des XX. Jahrhunderts".
Damit konnte Bösenberg - nach 1945 - selbstredend keinen "Blumentopf" mehr
gewinnen, Deshalb wohl die völlige Neugestaltung des Manuskriptes in der
Variante 1954.
Vielleicht dann mal ein paar relative "Highlights" aus diesem Manuskript