Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Thomas Bambach

(aus dem Internet entnommen. Seine eigene Webseite mit der Erstveröffentlichung dieses Textes, hat der Autor offenbar inzwischen wieder aufgegeben).

Das folgende Interview wurde wurde von Felix, Robin und Phillip, drei Schülern des Freiherr-von-Stein Gymnasiums in Kleve im Mai 2000 durchgeführt. Interviewt wurde Thomas Bambach aus Teisendorf.


Einführung

Ich wurde am 28.12.1965 in der Nähe von München geboren, bin jetzt also 34 Jahre alt. Zu den Zeugen Jehovas kam ich dadurch, daß meine Eltern von Freunden auf das Thema Religion angesprochen wurden. Diese Freunde waren schon lange bei den Zeugen Jehovas, und hielten diesen Glauben für den einzig richtigen - daher auch die Motivation meine Eltern davon zu überzeugen. Meine Eltern machten dann mit diesen Freunden ein sogenanntes "Heimbibelstudium", und waren jetzt ebenfalls überzeugt, bei den Zeugen Jehovas den einzig wahren Glauben gefunden zu haben. Deshalb wurde ich im Glauben von Jehovas Zeugen erzogen, seit ich sieben Jahre alt war. So ging ich also drei mal in der Woche in die Kirche der Zeugen Jehovas, sie wird dort Versammlung oder Zusammenkunft genannt. Ich habe mich auch schon mit ca. zwölf Jahren am sogenannten "Predigtdienst" beteiligt, so nennen die Zeugen Jehovas es, wenn sie von Haustüre zu Haustüre gehen, um die Menschen davon zu überzeugen, daß ihr Glaube der einzig wahre Glaube ist. Als ich vierzehn war, habe ich mich dann taufen lassen, ich konnte das damals zwar selbst entscheiden, allerdings war die Erwartung meiner Eltern und anderer Zeugen Jehovas groß. Hätte ich mich also mit zunehmendem Alter nicht taufen lassen, hätte man mich immer öfter gefragt, was denn mit mir los sei. Schlussendlich hätte man mir unterstellt, daß ich einen schwachen Glauben hätte.

Nur drei Jahre später - mit ca. 16 / 17 Jahren -hatte ich einige sehr interessante Gespräche mit einem sogenannten "kritischen" Zeugen Jehovas. Das sind solche, die nicht mit allen Lehren und Regeln übereinstimmen, weil sie sagen daß in der Bibel eigentlich etwas anderes steht als die Zeugen immer behaupten bzw. in die Bibel hineinlesen. Dieser Mensch hatte es damals sehr schwer und mußte vorsichtig sein, wenn er mit anderen darüber redete, da man Kritiker normalerweise sehr schnell aus der Versammlung "ausschließt". Er hat mich aber auf einige sehr interessante Aussagen der Bibel aufmerksam gemacht, die mich sehr begeistert haben und die der Grund dafür sind, daß ich noch heute fest an die Bibel glaube und ein überzeugter und bekennender Christ bin. Allerdings standen diese Aussagen in einigen Punkten im Gegensatz zu dem, was die Lehre der Zeugen Jehovas war. So kamen damals erste Zweifel auf, ob das denn tatsächlich der "einzig wahre" Glaube sei.

Mit 20 Jahren habe ich geheiratet. Es ist bei den Zeugen Jehovas schon fast normal, so früh zu heiraten, weil man sich sehr streng an die biblischen Moralgesetze hält, anderseits in diesem Alter die Hormone ein gehöriges Wort mitzureden haben. Ich habe Glück, daß meine Frau und ich uns heute noch immer sehr lieben und das wir zwei reizende Mädchen mit 3 Jahren und 6 Jahren als Kinder haben.

Mit 22 Jahren habe ich dann aufgehört zu predigen, da ich nicht mehr 100% überzeugt war, daß das der richtige Glauben sei. Wenn man bei den Zeugen nicht oder nur sehr wenig predigt, dann ist man in der Versammlung nicht gut angesehen. Man darf kein "Dienstamtgehilfe" oder "Ältester" werden und hat eigentlich ständig ein schlechtes Gewissen, weil dauernd davon gesprochen wird, wie wichtig doch das "Predigen" ist. Es wird immer wieder betont, daß man von Gott nur anerkannt wird, wenn man so viel Predigen geht, wie es einem nur irgend möglich ist.

Ich konnte mich trotzdem erst 12 Jahre später, nämlich Ende 1999, von dieser Glaubensgemeinschaft lösen – hierbei hat das Internet eine große Rolle gespielt. Näher möchte ich darauf aber noch gar nicht eingehen – schließlich sollen ja auch noch ein paar Fragen offen bleiben.


1) Hattest du Nachteile oder Vorteile in der Schule bzw. im Kindergarten?

2) Durftest du am Religionsunterricht teilnehmen?

3) Wurdest du als Kind oft geschlagen, weil deine Eltern dies in der Bibel für richtig gelesen hatten?

4) Hattest du viele Freunde bei den ZJ und/oder in der Schule?

5) Was hat dir dieser skeptische ZJ genau gesagt, sodass du schließlich ausgetreten bist?

6) Wie verlief dein Ausstieg?

7) Wirst du heute von den ZJ, die dir sehr nahe standen, immer noch angesprochen oder sehen sie dich schon als einen der von Satan in seinen Bann gezogen wurde?

8) Wie siehst du deine Zukunft, hast du vor maßiv gegen die ZJ zu arbeiten, weil du denkst, dass sie gefährlich sind oder ist das Thema für dich jetzt gestrichen?

9) Was würdest du tun wenn eines deiner Kinder später einmal auf die Idee kommen würde in eine "Sekte" eintreten zu wollen?

10) Aktuelle Situation


1) Hattest du Nachteile oder Vorteile in der Schule bzw. im Kindergarten?

Was den eigentlichen Zweck der Schule betrifft, also das Vermitteln von Wissen, hatte ich weder Nachteile noch Vorteile. Angeblich sind die meisten Kinder von ZJ eher gute Schüler; für mich traf dies zwar tatsächlich zu, ich kenne aber auch manche, von denen man dies nicht gerade behaupten kann.

Was die soziale Integration betrifft, hatte ich Nachteile, und zwar besonders ab der siebten Klasse, als ich auf die Realschule wechselte. Dadurch, daß ich mich als Zeuge Jehovas zu erkennen gab, war ich für die meisten anderen ein Sonderling. Ich war sehr konsequent (oder vielleicht stur?) in der Ablehnung bestimmter Dinge wie z.B. Geburtstagsfeiern, Veranstaltungen zum Weihnachtsfest, das Teilnehmen an Schulgottesdiensten und ähnlicher Dinge. Ich lehnte dies ab, weil ich damals durch meine Erziehung davon überzeugt war, das diese Dinge falsch sind und von Gott nicht gewünscht werden. Erschwerend kam hinzu, daß ich alle Menschen die keine ZJ sind (sogenannte "Weltmenschen") als für mich unwichtig und eher schädlich ansah. Mir wurde beigebracht, es sei eben gerade typisch für "wahre Christen" von den anderen Menschen verachtet zu werden. Dadurch drängt man sich selbst immer mehr in die Isolation. Ich würde mich in der Rückschau als schüchternen, zurückgezogenen und verklemmten (besonders gegenüber Mädchen) Einzelgänger bezeichnen, wobei hier wahrscheinlich auch ganz normale pubertäre Probleme eine Rolle spielten. Die wenigen Freundschaften, die ich hatte, sind von anderen ausgegangen, die versuchten mich aus sozialem Engagement zu integrieren. Aber es waren eher lose Bekanntschaften, niemals feste, langjährige Freundschaften.


2) Durftest du am Religionsunterricht teilnehmen?

Nein, ich hätte es allerdings auch nicht gewollt, da ich ja durch die dauernde "Belehrung" davon überzeugt war, daß die Zeugen Jehovas die einzige wahre Religion sind. Alle anderen Religionen sind falsch und werden von Gott gehaßt, hatte man mich damals gelehrt. Deswegen besuchte ich keinen Religionsunterricht, sondern Ethik.


3) Wurdest du als Kind oft geschlagen, weil deine Eltern dies in der Bibel für richtig gelesen hatten?

Die ZJ haben viele Jahre gelehrt, daß die Bibel Schläge als nützliches und wirkungsvolles Mittel der Erziehung empfiehlt. Durch die öffentlichen Diskussionen um Kindesmißhandlung wurden solche Aussagen in der letzten Zeit stark abgemildert. Es liegt hier an den Eltern, wie sie solche Aussagen dann umsetzen bzw. umgesetzt haben, aber grundsätzlich denke ich, daß die meisten ZJ glauben, es sei gemäß der Bibel richtig, ungehorsame Kinder zu schlagen. Man hört immer wieder von Personen, die berichten, daß sie als Kinder von ZJ sehr viel geschlagen wurden, und ich glaube daß diese Personen leider die Wahrheit sagen, da bei manchen Eltern der Wunsch nach Anerkennung in der "Versammlung" größer ist, als die Liebe zu den eigenen Kindern.

Ich persönlich wurde nur sehr selten geschlagen und genoß alles in allem eine sehr liebevolle Erziehung.


4) Hattest du viele Freunde bei den ZJ und/oder in der Schule?

Über meine "Freundschaften" in der Schule habe ich mich ja schon geäußert. Bei den Zeugen hatte ich einige Freundschaften, aber nie viele Freunde. Das liegt hauptsächlich daran, daß eine "Versammlung" in der Regel aus ca. 100 Personen jeder Altersschicht besteht. Jetzt könnt Ihr Euch vorstellen, wie viele Jungen in meinem Alter da dabei waren. Und dann versteht man sich ja auch nicht mit jedem. Außerdem konnte es sein, daß derjenige mit dem man gerne befreundet gewesen wäre vielleicht 20 km entfernt wohnte. Mit dem Fahrrad war da nicht viel zu machen. Die Zahl meiner Freundschaften wuchs eigentlich mit meiner steigenden Beweglichkeit durch mein Moped bzw. später mein Auto. Ab einem Alter von ca. 17 Jahren hatte ich einige sehr schöne und intensive Freundschaften mit anderen Zeugen Jehovas.

Grundsätzlich hatte ich immer ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl mit gleichaltrigen Zeugenkindern, da wir ja alle im selben Boot saßen, also kaum Freunde "in der Welt" (= außerhalb der Zeugen) hatten, sondern von den anderen eher geschnitten wurden.


5) Was hat dir dieser skeptische ZJ genau gesagt, sodass du schließlich ausgetreten bist?

Sehr gerne würde ich Euch gerade auf diese Frage eine konkrete Antwort geben. Doch leider ist das fast nicht möglich. Das liegt daran, daß die Gespräche damals unzählige Stunden gedauert haben, und es vor allem notwendig wäre, vorher die einzelnen Lehren der Zeugen Jehovas genau zu kennen. Alleine zu diesem Thema könnte man also ein ganzes Buch schreiben. Diese Gespräche liegen ja nun auch fast 20 Jahre zurück (ich war damals ca. 16 Jahre alt), und in der Erinnerung verschmelzen sich die Aussagen meines damaligen Freundes mit den Erkenntnissen, die später noch dazu kamen. Zwei Beispiele, an die ich mich aber recht gut erinnern kann, möchte ich Euch hier kurz nennen:

Man muß hierzu wissen, daß die Zeugen behaupten, die Bibel sehr korrekt übersetzt zu haben und sich als christliche Glaubensgemeinschaft genau an die Bibel zu halten. Dies ist ein sehr hoher Anspruch, und ich bin natürlich ins Grübeln gekommen, als mir mein Freund damals einige Bibeltexte ganz anders erklärt hatte, als dies von den ZJ gelehrt wurde.

Der erste Bibeltext war Johannes 10:16. Dort steht:

"Und ich habe andere Schafe, die nicht aus dieser Hürde sind; auch diese muß ich bringen, und sie werden auf meine Stimme hören, und sie werden e i n e Herde werden [unter] e i n e m Hirten."

Die ZJ lehren, daß alle diejenigen, die vor dem Jahr 1935 Zeugen Jehovas geworden sind, in den Himmel kommen. Diese sogenannten "Gesalbten" seien es, die im Neuen Testament direkt angesprochen werden. Seit 1935 ist eine andere, viel größere Gruppe dazugekommen – die sogenannte "große Volksmenge" – die sich den "Gesalbten" angeschlossen hat. Diese Menschen der "großen Volksmenge" werden nicht in den Himmel kommen, sondern dürfen ewig in einem Paradies auf der Erde leben. Für diese gelten die meisten Bibelstellen aus dem neuen Testament "nur im übertragenen Sinn" und Ihre vornehmliche Aufgabe ist es, den "Gesalbten" bei ihrem "Predigtwerk" zu helfen. Diese Lehre wird natürlich nicht in dieser vereinfachten Kurzform, sondern sehr ausführlich in den Büchern und Zeitschriften der ZJ beschrieben, und die Bibelstelle aus Johannes ist ein wichtiger Schlüsseltext für diese Lehre. Sie behaupten nämlich, Jesus hätte schon damals von dem Jahr 1935 gesprochen und mit den "anderen Schafen" die Gruppe der "großen Volksmenge" gemeint, die ab 1935 zusammen mit den Gesalbten "eine Herde unter einem Hirten bildete". Das geht soweit, daß auf den Karteikarten, die über jeden ZJ in der Versammlung geführt werden, ein Feld vorgesehen ist, in dem "Gesalbter" oder "anderes Schaf" eintragen wird (Wenn Ihr Euch einen Scherz erlauben wollt, fragt mal einen ZJ, ob er denn ein anderes Schaf sei!). :-)

Mein Freund hat mir damals erklärt, daß Jesus hier von den Juden und den Heiden sprach. Jesus ( = der Hirte) wurde nämlich eigentlich nur zu den Juden geschickt und die Heiden sollten erst später nach Jesu Tod zum Christentum bekehrt werden und dann "eine Herde" mit den Judenchristen werden. Ich fand diese Erklärung viel einleuchtender, und so wird es auch von den meisten Bibelkommentatoren gesehen.

Ein anderer Bibeltext ist Johannes 17:3:

"Dies bedeutet ewiges Leben, daß sie fortgesetzt Erkenntnis in sich aufnehmen über dich, den allein wahren Gott, und über den, den du ausgesandt hast, Jesus Christus."

Die ZJ sagen nun, dieses "fortgesetzt Erkenntnis aufnehmen" würde bedeuten, so viel wie möglich in der Bibel zu lesen, vor allem aber die Zeitschriften und Bücher der ZJ zu studieren und immer in die Versammlungen zu gehen! Dann sagen sie, würde man ewiges Leben haben können.

In allen anderen Bibeln wird dieser Text aber ganz anders übersetzt. Dort heißt es nämlich:

"Das aber ist das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus."

Mein Freund hat mir damals diesen Text in einer anderen Bibel gezeigt, und er hat mir erklärt, daß das griechische Wort für "erkennen" eine Vertrautheit ausdrückt, wie sie sonst nur in einer innigen sexuellen Beziehung vorkommt. Das hat mit Lesen von irgendwelchen Zeitschriften nicht mehr viel zu tun. Es ist vielmehr die Verheißung, daß Menschen ein sehr inniges, vertrautes Verhältnis zu Gott und Jesus haben können, und daß diese Menschen einmal ewig leben werden.

Ich denke damals ist eigentlich folgendes passiert: Mein Freund hat mir gezeigt, wie man die Bibel liest, ohne sich einreden zu lassen was mit einer bestimmten Aussage angeblich gemeint sein soll.

Wenn Ihr zu bestimmten Lehren der ZJ noch Fragen hat, könnt Ihr Euch natürlich gerne an mich wenden. Eine sehr gute Internetseite hierzu ist auch die von Frank Bechhaus unter http://www.bechhaus.de/thzj.html
6) Wie verlief dein Ausstieg?

In der Theorie ist es sehr einfach, bei den Zeugen "auszusteigen". Ein kurzer, formloser Brief reicht aus, um die Gemeinschaft offiziell zu verlassen. Außerdem kann es sogar passieren das einem von den ZJ die "Gemeinschaft entzogen" wird. Jeder der nämlich die aufgestellten Regeln nicht beachtet oder beanstandet, oder die angeblich biblischen Lehren kritisiert, wird sehr ernst ermahnt, und wenn er nicht aufhört so "negativ zu denken" bzw. zu handeln muß er befürchten "aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden".

In der Konsequenz hat beides – also der eigene Austritt durch Brief oder die Zwangsmaßnahme des "Gemeinschaftsentzugs" - die selben Folgen. Jeder ZJ geht einem ab sofort aus dem Weg, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. So kann man oft beobachten, daß ZJ sogar die Straßenseite wechseln, wenn sie einen "Ehemaligen" sehen. Man wird nicht einmal mehr gegrüßt; beim Telefon wird einfach aufgelegt.

Einen normalen Austritt, wie bei den bekannten Kirchen gibt es bei den ZJ nicht. Nun könnte man sagen, daß man doch froh sein könne, mit diesen Leuten nichts mehr zu tun zu haben. Das Problem ist aber, daß jedem der zu den ZJ geht, sehr eindringlich anhand der Bibel gezeigt wird, daß alle anderen Menschen gottlos und schlecht sind und deshalb bald von Gott vernichtet werden. Mit solchen Menschen sollte man so wenig Umgang wie möglich haben, also nur die üblichen freundlichen Floskeln, aber auf keinen Fall intensive Freundschaften. Andererseits werden "Interessierte" (also die Neuen) bei den Zeugen im Allgemeinen sehr herzlich aufgenommen. Es entsteht beim Eintritt zu den ZJ also eine extrem starke Bindung an die Gemeinschaft, frühere Bindungen an "Weltmenschen" werden gelöst. Bei Kindern, die bei den Zeugen aufwachsen, ist dieses Phänomen meist noch ausgeprägter, da man von Kind auf lernt, daß alle Menschen die keine ZJ sind, schlecht und böse sind und von Gott gehaßt werden. Diese anerzogene Einstellung kann man beim Ausstieg nicht einfach so ablegen, sehr vielen gelingt es nur mit psychologischer Betreuung. Deswegen fällt man als Aussteiger, wenn man entsprechend lange dabei war, in ein totales Beziehungsvakuum.

Mein eigener Ausstieg wurde durch die Gespräche mit dem kritischen Zeugen vor ca. 18 Jahren eingeleitet. Ich kam bei vielen Lehrpunkten ins Zweifeln, allerdings brach der Kontakt zu meinem damaligen Freund ab, und ich hatte nicht die Kraft bezüglich dieser Zweifel eine Klärung herbeizuführen. Da die Zeugen schon oft Änderungen bei ihrer Lehre hatten, sagen sie den Zweiflern immer, sie sollten halt warten bis die "Organisation" (=Führung) in diesem Punkt eine neue Erkenntnis hätte und man sollte nicht alleine über solche Dinge nachgrübeln. Genau das tat ich also, obwohl meine Zweifel sehr gravierend waren und mit den Grundlehren der ZJ zu tun hatten. Ich habe mir immer eingeredet, wenn die 14köpfige "Leitung" der ZJ doch den ganzen Tag nur in der Bibel lesen und studieren, und über 5 Millionen Menschen diese Lehren glauben, kann es wohl kaum setn, daß ich als einziger mit meinen Zweifeln richtig liegen würde.

Durch einige Seiten im Internet (davor wird bei den ZJ übrigens sehr eindringlich gewarnt), besonders xZJ-Infolink, Infopoint und die Homepage über Zeugen Jehovas und die Bluttransfusion, habe ich dann gemerkt, daß es noch sehr viele andere zweifelnde ZJ gibt – und fast alle bei den gleichen Lehrpunkten. Durch die Informationen war ich so schockiert, daß ich mich innerlich von den Zeugen lossagen konnte. Die größte Hilfe war für mich das Buch "Der Gewissenskonflikt" von Raymond Franz, einem ehemaligen ZJ, der bei der Führungsspitze der ZJ war. Mit Hilfe des Internets und dieses Buches konnte ich fast zeitgleich mit meinen Eltern und einer sehr gut befreundeten Familie den Rückzug antreten. Seit ca. 6 Monaten gehen wir nicht mehr in die Versammlung. Ich habe dann einen Brief an die Zentrale in Deutschland geschrieben, der im Infolink unter "Aktuelles – ZJ verweigern Mitgliedschaft" veröffentlicht ist. Das ist kein Austrittsbrief, sondern die Verweigerung der Mitgliedschaft in dem vor kurzem neu gegründeten Verein "Religionsgemeinschaft der ZJ in Deutschland, e.V.". Seit diesem Brief kam noch keine Reaktion von der Zentrale in Deutschland, rein theoretisch sind wir also noch ZJ, da wir noch nicht "ausgeschlossen" wurden. Vielleicht trauen sie sich nicht uns auszuschließen, da unsere Briefe im Internet veröffentlicht sind. (Inzwischen haben die Ereignisse diese Aussagen überholt - siehe "Aktuelle Situation"


7) Wirst du heute von den ZJ, die dir sehr nahe standen, immer noch angesprochen oder sehen sie dich schon als einen der von Satan in seinen Bann gezogen wurde?

Alleine schon dadurch, daß wir nicht mehr in die Versammlung gehen, haben sich fast alle Zeugen von uns zurückgezogen. Selbst gute Freunde rufen uns nicht mehr an. Eine Jugendfreundin, mit der ich bei unserem letzten Telefonat einige Zweifel besprochen habe, sagte mir fast unter Tränen, daß sie mit mir jetzt nichts mehr zu tun haben wolle. Und das, obwohl wir noch nicht "ausgeschlossen" wurden. Was dann passiert, habe ich ja bereits ausgeführt.

8) Wie siehst du deine Zukunft, hast du vor maßiv gegen die ZJ zu arbeiten, weil du denkst, dass sie gefährlich sind oder ist das Thema für dich jetzt gestrichen?

Momentan engagiere ich mich ein bischen in Aufklärungsarbeit bei mehreren Internetseiten und ich glaube, ich werde dies auch weiter tun. Für gefährlich halte ich sie nicht im klassischen Sinn des Wortes, aber sie haben eine unvorstellbare Macht über das Denken und Handeln von über 5 Millionen Menschen.


9) Was würdest du tun wenn eines deiner Kinder später einmal auf die Idee kommen würde in eine "Sekte" eintreten zu wollen?

Ich versuche meine Kinder zu freidenkenden Christen zu erziehen. Vielleicht sind sie dadurch schon ein bißchen vor irgendwelchen "Rattenfängern" geschützt. Die Heftigkeit meiner Reaktionen würde sicher im Verhältnis dazu stehen, wie totalitär diese "Sekte" wäre. Ich glaube ich würde versuchen, sie von der Falschheit zu überzeugen, indem ich ihnen alle nur erdenkbare Information zukommen lasse.

Dieses Interview wurde wurde von Felix, Robin und Phillip, drei Schülern des Freiherr-von-Stein Gymnasiums in Kleve im Mai 2000 durchgeführt. Interviewt wurde Thomas Bambach aus Teisendorf.


Aktuelle Situation

Am Donnerstag, den 13. Juli 2000 haben uns zwei "Älteste" Zuhause besucht und uns gefragt, ob wir bereit wären, die Aussagen in unseren Briefen (Aktuelles – ZJ verweigern Mitgliedschaft) zu "widerrufen". Wir taten dies natürlich nicht. Am Freitag, den 21. Juli 2000 wurde deshalb gegen unseren Willen in der Versammlung Traunstein-West bekannt gegeben, daß wir die Gemeinschaft des "Volkes Gottes" verlassen hätten. Fast alle Menschen, die wir bis zu diesem Tag als unsere einzigen wirklichen Freunde betrachtet hatten, sind seit dem 21. Juli 2000 in für uns unereichbare Ferne gerückt. Solange diese Menschen Zeugen Jehovas sind, werden sie nicht mehr mit uns sprechen.

Für uns sind die Zeugen Jehovas heute nicht mehr das "Volk Gottes". Sie sind eine der perfidesten Auswüchse im großen Sektenwald.

Wir möchten all denen danken, die mitgeholfen haben, uns über eine 25 Jahre währende Lebenslüge aufzuklären.

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