Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Aufschrei der Getroffenen
Repräsentativ ist er sicher nicht. Der Lebensbericht von Richard M. Phelan aus Großbritannien der auch in deutscher Übersetzung vorliegt.
Aber eines macht er ohne Zweifel deutlich. Mit der heilen Welt" bei den Zeugen Jehovas ist es nicht allzu weit her.
Die Geschichte beginnt schon damit, dass die Mutter von Phelan sich zu den 144 000" hinzuzählt, die in der Auslegung der Zeugen Jehovas eine himmlische Berufung hätten. Dazu muss man aber auch wissen, dass sie erst seit 1955 getaufte Zeugin Jehovas ist. Ihr Sohn Richard ist 1951 geboren. Im allgemeinen ist es bei den Zeugen Jehovas nicht üblich, dass so spät" hinzugekommene sich zu dieser Klasse zählen. Folgerichtig wurde die Mutter diesbezüglich auch verschiedentlich scheel angesehen.
Aber sie hat einen gewichtigen Trumpf, der dieses Misstrauen bei den WTG-Gewaltigen alsbald zur Bedeutungslosigkeit herab sinken lässt. Und das ist ihre aktive Aufopferung für die WTG-Organisation. Das dabei der Ehemann und die Kinder bei diesem permanenten Dauerstress letztendlich zu kurz kommen, steht auf einem anderen Blatt. Phelan formuliert dazu:
Die Besessenheit meiner Mutter, zu studieren und zu predigen, wurde zum Mittelpunkt ihres Lebens, nichts anderes war mehr von Bedeutung, nicht einmal mein Vater."
Auch Phelan wuchs nun in diesem Zeugen Jehovas-Klima auf. Letztendlich sind die verantwortlichen ZJ-Funktionäre eiskalte Egoisten, die nur eines kennen: die Expansion ihrer Organisation. Damit dies möglich ist, bedarf es naturgemäß eines hohen Zeiteinsatzes. Besonders Jugendliche werden daher animiert, doch möglichst den sogenannten Pionierdienst als Lebensaufgabe anzuvisieren.
Nicht das die ZJ-Funktionäre eine gediegene Berufsausbildung aus Prinzip ablehnen. Aber ihr Egoismus veranlasst sie dazu Jugendliche in die Richtung zu treiben, der Frage Berufsausbildung zugunsten des Pionierdienstes, eine untergeordnete Priorität beizumessen. Das kalte Erwachen folgt dann später!
Auch Phelan, noch dazu bei einer solch vorbeschriebenen Mutter, befand sich in dieser Zwangslage. Seine diesbezügliche Erfahrung kleidet er in die Worte:
Die reisenden Aufseher oder Sektenvertreter der Wachtturmgesellschaft kamen immer zu Besuch und sagten: 'Was für eine Entschuldigung hast da dafür, dass Du kein Pionier bist?'"
Die Suppe hatte nunmehr auch der junge Phelan auszulöffeln. Er umschreibt dies mit den Worten, dass er in 2 Jahren circa 18 verschiedene Berufsjobs, meist der schlecht bezahlten Art, ausgeübt habe.
Phelan schildert weiter, seine familiären Verhältnisse darlegend, dass es mit Harmonie" bei den Zeugen Jehovas nicht allzu gut bestellt ist. Verständlich, dass auch er eines Tages den Absprung aus diesem Totalitätssystem wagte. Aber auch er wurde gleichfalls mit deren Schattenseiten konfrontiert. Sie umschreibt er an anderer Stelle mit den Worten:
Jetzt, im April 1999, hat mein Bruder Paul auch von seinem Sohn gesagt bekommen - so wie es bei mir auch war -, dass er bei ihm zu Haue nicht mehr erwünscht ist und seine Enkel nicht sehen darf; es ist ihm untersagt, seinen Sohn zu sehen. Wieder einmal hat die Wachtturm-Lehre, Leute zu meiden, Familien auseinandergerissen, weil sie in dem einen oder anderen Punkt anderer Meinung sind.
Im Mai 1999 war meine Schwiegertochter in demselben Einkaufszentrum wie ich, meine Frau und meine Tochter Jessica. Meine Schwiegertochter lief meiner Frau mehrmals in die Arme, und doch sprach sie nicht mit meiner Frau oder grüßte sie. Da ich direkt neben dem Kassenbereich saß, kann ich nicht erkennen, wie sie auch mich nicht sah. Und doch sah meine Enkelin mich direkt an ohne zu wissen, wer ich war. Da ich für sie ein vollkommen Fremder bin, hat sie seit ihrer Geburt noch nie einen Fuß in mein Haus gesetzt. Ich kann einfach nicht akzeptieren, dass solch ein Verhalten normal ist und das sie das aus freien Stücken tut.
Aber es sind blinde Kontrolle und Manipulation durch die Wachtturmorganisation, die sagt, man müsse die Angehörigen wie Tote ansehen, wenn sie der Organisation den Rücken kehren. Es ist diese eiskalte und verächtliche Behandlung gegenüber Angehörigen, die mich davon überzeugt, dass bei der Gemeinschaftsentzugspolitik der Zeugen Jehovas etwas sehr im Argen liegt.
Wenn man jünger ist, kann man diesen Stress überleben und weitermachen, aber mit den Jahren fordert das seinen Tribut und man kann die Dinge schwerer ertragen. Das wurde mir mit der Zeit klar, und dass schließlich etwas zerbricht oder auf der Strecke bleibt
In den meisten Fällen die Gesundheit."
Wie einleitend gesagt, repräsentativ ist der Phelan-Bericht sicher nicht. Aber ohne Zweifel ist er ein bemerkenswertes Dokument einer Geschichtsschreibung von unten" und nicht nur eine Darstellung aus der Sicht der arrivierten ZJ-Funktionäre und ihrer - neuerdings - auch in anderen Lagern vorhandenen Speichellecker!
Ein beachtliches Statement
Im InfoLink-Diskussionsforum konnte man kürzlich folgenden Beitrag lesen, der meines Erachtens eine wichtige, viele Zeugen Jehovas umtreibende Frage anreißt. Der Verfasser, LuckyX meinte:
Ganz grundsätzlich: es ist nicht mein Anliegen, einen jeden unterschiedslos zum Ausstieg
zu ermuntern, dazu sind unsere individuellen Wege, Geschichten, Konstellationen und
Denkansätze zu unterschiedlich. Für den einen mag es genügen, sich ein wenig
zurückzuziehen, der andere mag nur seine Ämter niederlegen, ein anderer hält es für
richtig, ganz offiziell auszutreten usw. Der eine liegt im Widerspruch aus faktischen
Betrachtungen heraus, ein anderer, weil seine Lebensführung mit den
Anforderungen" der WTG nicht in Einklang zu bringen ist usw. Deshalb will ich
auch gar nicht unterschiedslos mit jedem fraternisieren, nur weil er der WTG kritisch
gegenüber steht, dazu sind unsere Motive und Ausgangssituationen einfach zu
unterschiedlich.
Ich suche keine Gefolgsleute, niemand muss mir zustimmen, um mir eine Unsicherheit zu
nehmen, ich stehe vor Gott und Menschen für meine Werte und Einsichten. Für mich
persönlich jedenfalls war es die Einsicht, dass die Aussagen der WTG einfach faktisch
unhaltbar waren, dass ihre Botschaft aus beliebig zusammengesetzten Bibeltexten aus den
unterschiedlichsten Zeitepochen und Zusammenhängen zusammengebastelt, sozusagen aus
Einzelschnitzeln zusammengesetzt war, man die Bibelverse kaleidoskopartig
zusammenwürfelte, man leichtfertig Erfüllungen in unserem Jahrhundert an der WTG
postulierte, die geradezu lächerlich waren und alles dann alle paar Jahre einfach
umschrieb.
Wer etwas anmerkte, wurde als schwach
oder dann auch als abtrünnig gebrandmarkt. Die Unehrlichkeit dabei machte mir schon Jahre
zu schaffen, ohne dass mich ein anderer darauf hinweisen musste. Ich konnte das als
Ältester einfach nicht mehr vertreten, nicht zu reden von der Fiktion des Treuen Sklaven,
von dem völlig unbiblischen und auf einer bewussten Falschübersetzung beruhenden -
Predigtzwang, Druck zum Pionierdienst, Hetze gegen die sogenannte höhere Bildung, Verbot
sogenannten eigenmächtigen Denkens, und vieles, vieles mehr. So gesehen, war mein
Rücktritt für mich persönlich eine Befreiung, ich konnte wieder durchatmen, und mein
bald darauf in Etappen erfolgender - folgender totaler Rückzug gestattete es mir,
den Reichtum des Lebens wieder zu sehen, die unerschöpfliche Vielfalt von Literatur,
Musik, Kunst, Philosophie eigentlich das gesamte wunderbare Erbe unserer Väter
wieder dankbar anzunehmen und nicht bilderstürmerich niederzumachen sowie die
Natur in anderem Licht zu sehen.
Aber, wie gesagt, jeder hat seinen eigenen Weg. Es gibt Gemeinsamkeiten und es gibt
Unterschiede. Was ich aber, trotz der unterschiedlichen Hintergründe, als allen gemeinsam
betrachte und was dann auch die Existenz eines Forums wie dieses hier rechtfertigt, ist,
dass der Ausstieg, im Gegensatz zu anderen Vereinen, Organisationen und Kirchen alles
andere als leicht ist. Es gibt wohl nur sehr wenige totalitäre Gemeinschaften, die sich
da mit den ZJ überhaupt vergleichen lassen.
Ihr unmenschliches System des
Gemeinschaftsentzuges und der ebenso brutalen gleichen Behandlung für Aussteigende
auch wenn diese aus den besten Motiven und nach schwerem Gewissenskonflikt diesen Schritt
wagen ist eben der Grund dafür, dass sich viele damit so schwer tun. Und dennoch
gehen mehr und mehr, wie Thomas schrieb, eben gerade in den Ländern mit bestem
Informationsstrukturen da funktioniert eben das Verdummungskonzept und subtil
verbrämte Denkverbot nicht mehr so einfach, man sollte sich neue Betäubungsstrategien
ausdenken aber jetzt werde ich emotional und das gehört ja nicht zum Thema. Die
WTG sollte darüber jedenfalls nachdenken.
Der Ausstieg ist also mit Schmerz, mit Demütigung und Hinnahme von Verächtlichmachung
verbunden und das tut weh. Er ist verbunden mit dem Verlust von sogenannten Freunden und
sogenannten Verwandten (ich sage ausdrücklich sogenannten", weil ich für mich
zum Schluss gekommen bin, auf die aller meisten davon gut verzichten zu können, stand
doch nie eine unkonditionierte Liebe hinter diesen Beziehungen), nicht zu sprechen von der
persönlichen Aufarbeitung von eingeimpften, tiefenimprägnierten Inhalten, Werten,.
Ängsten, er ist verbunden mit einem hohen unterschiedlich hohen, aber meist doch recht
hohen emotionalen Preis, zumal man bei der Deprogrammierung, bislang jedenfalls, ziemlich
auf sich alleine gestellt war.
So sollte ein jeder abwägen, worauf sein Glaube beruht, ob er tragfähig ist, einer
kritischen Prüfung standhalten würde und ob man bereit ist, bewusst auf faktische
Einsichten zu verzichten. Man sollte sich entscheiden, ob man mit geistigem Stillstand und
Abgeben der Autonomie glücklich wird oder ob man es wagt, zu wachsen. In mir war der
Drang zu Lernen, Verstehen, Wissen übermächtig und ich bin gewachsen zumindest in
eine andere Richtung als in die des geistigen Wiederkäuens. Aber: für mich dauerte diese
Entscheidung aus den bekannten sozialen Zwängen heraus lange, viel zu lange und
entsprechend hoch zahle ich nun an den Hypotheken ab.
Der Rücktritt war nur ein erster Schritt, es ist schon eine Erleichterung, gewisse Dinge,
die man nicht mehr mitvertreten kann oder will oder gar als blühenden Unsinn im Namen
Gottes ansieht, nicht von der Bühne vertreten zu müssen. Aber die Probleme bleiben wohl
dieselben, so war es jedenfalls bei mir. Ich fand - bei aller Sympathie für und vonseiten
vieler lieber Brüder und Schwestern - das Ganze einfach unehrlich und in seinen
Grundlagen auch absurd. So gesehen fühlte ich persönlich mich befreit - wie die Menschen
bei Anderssen, die feststellten, dass der Kaiser ja nackt sei und das dann auch laut
hinausriefen.
Manche, kritisch aber mit residualen Glaubensfragmenten unterschiedlichen Umfanges, meinen
dagegen, sie sollten drin bleiben und von innen her an einer Reform arbeiten. Das setzt
natürlich voraus, dass sie die WTG noch für die Organisation Gottes halten oder Ansätze
dazu sehen und meinen, die Botschaft der WTG stimme im Grunde, abgesehen von
reformbedürftigen Ansichten oder Verhaltensweisen. Einer, der das meint, ist z.B. Lars
Bibleman, der dazu einen längeren Beitrag am 30.07.1999 im H2O unter dem Titel No
way out - Faking it" gepostet hatte. Der Artikel mag für den einen oder anderen für
Euch interessant sein, auch wenn ich persönlich mit ihm in sehr, sehr wenig Dingen
übereinstimme, besser gesagt in fast nichts, aber das wäre für den einen oder anderen
mit verzweifelt bewahrtem Restglauben vielleicht ein gangbarer Weg.
Für mich nicht. Ich sehe das persönlich ganz anders und deshalb wäre mir ein solcher Weg unmöglich, auch würde ich an der damit verbundenen Heuchelei und immer wieder beschworenen kognitiven Dissonanz" zerbrechen. Damit urteile ich über niemanden, der diesen Weg vielleicht erst einmal ausprobieren möchte.
Wie gesagt, die Entscheidung ist die jedes Einzelnen. Aber jeder hat auch eine Stimme in
sich und auf die sollte er hören. Unsere Instinkte, gerade die zum Wachstum hin, sind
meist recht gesund.
Zuguterletzt: Paul lässt noch anklingen, es könne einen Sinn haben, warum er gerade zu
einer bestimmten Zeit zu einem bestimmten Buch greife oder eine bestimmte Anregung
erhalte. Das mag sein, unser Unterbewusstsein steuert so manches, von dem wir nichts
wissen oder ahnen. Unser Bewusstsein ist kleiner als die Spitze des Eisberges, die aus dem
Wasser herausschaut. Und unser Skript drängt nach Verwirklichung und nicht immer nur zum
Schlechten hin. Man muss Vertrauen haben aber das ist wieder ein anderes Thema.
Ich wünsche jedem eine gute Entscheidung. Ehrlichkeit sich selber gegenüber ist dabei
wichtiger als Angst, vor wem oder welcher Organisation auch immer.
Gruß LuckyX
Kapitel 1
Die frühen Jahre verblassen
Besser vergessen und lächeln, als sich erinnern und traurig sein.
Christina Rossetti
Ich bin Richard M. Phelan und wurde in einem Ort namens Holloway, Nord-London, England,
Vereinigtes Königreich, geboren. Die Gegend von Holloway ist berühmt wegen seines
Frauengefängnisses, und ich wurde geboren in einer Straße abseits der Hauptstraße, der
Archway Road, die als A1 bekannt ist, in der Marlborough Road Nr. 101. Dort stehen vor dem
Zweiten Weltkrieg gebaute Häuser; eigentlich stammen einige sogar aus der Zeit des Ersten
Weltkriegs. Einige stehen heute immer noch, auch das Haus, in dem ich geboren wurde. Ich
wurde am 20. Juni 1951 geboren, ein Jahr und zehn Tage nach meinem Bruder Paul, der am 10.
Juni 1950 geboren wurde. Eine meiner frühen Erinnerungen ist immer noch, wie ich an der
Tür stand und wartete, daß mein Vater von der Arbeit kam. Ich sehe noch meinen Vater,
wie er Modelleisenbahnen baute, da er sich immer für Dampfmaschinen interessierte. Aber .
. . ich erinnere mich auch noch daran, wie ich wie ich im Kinderbett angebunden war und
versuchte, freizukommen; meine Mutter band uns immer im Kinderbett fest, damit wir uns
nicht bewegen konnten. Ich erinnere mich, wie mein Bruder aus dem Bett frei kam und am
Boden war, und er dafür eine ordentliche Tracht Prügel bezog. Das ist die früheste
Erinnerung daran, daß meine Mutter etwas tat, das mein Großvater Jahre später
bestätigte und zu dem er sagte, er sei entsetzt gewesen, zu sehen, wie zwei kleine Kinder
in ihren Betten angebunden waren, als er durch das Fenster schaute. Er sagte, er sei
entsetzt gewesen, daß meine Mutter solch ein kleines Kind schlagen konnte.
Es war, als wir in dem Haus lebten, daß meine Mutter auf dem Fahrrad von meinem Vater
hinausfuhr und von einem Auto umgefahren wurde und sich den Kopf aufschlug. Sie weigerte
sich jedoch, sich behandeln zu lassen und machte wie immer weiter und sagte, alles sei in
Ordnung. Aber seit jenem Tag hatte sie sich nach meines Vaters eigenen Worten verändert .
. . sie war nach dem Unfall irgendwie nicht mehr dieselbe. Meine Mutter war sehr
intelligent und eine Beamtin, und sie konnte etwas Russisch sprechen und war äußerst gut
in Buchhaltung und hatte eine sehr gute Arbeitsstelle. Sie konnte ausgezeichnet schwimmen,
aber später im Leben hatte sie Angst vor Wasser und war in seiner Nähe immer hysterisch.
Ich erinnere mich, daß ich das mehr als einmal an einem Bootsteich und an der Küste und
am Swimmingpool mitbekam.
Da es Vorkriegshäuser waren, hatten sie immer noch Gasbeleuchtung, und als man wegen der
Bombardierungen in dem Krieg an den Neubau von Fabriken, Büros, Geschäften usw. ging,
bedeutete dies, daß auch neue Häuser gebaut wurden und die Hoffnung bestand, dorthin
umzuziehen. Eine halbe Straßenmeile weiter war eine andere Straße, die ungefähr
parallel zu der unseren lief. Sie hieß Sparshalt Road. Dort lief hinter den Häusern eine
Bahnlinie entlang. Diese Straße war etwa eine halbe Meile lang, und auf beiden Seiten
standen Lagerhäuser. In der Zeit vor dem Krieg konnte man da ganz gut leben. Im Krieg
wurde diese Straße ohne Vorwarnung getroffen, als eine Bombe mitten auf sie fiel. Die
Explosion war so groß, daß alles ausradiert wurde und ein Krater halb so lang wie die
Straße übrigblieb. Das war eine der verheerendsten Bomben, die die Gegend je traf. Die
Leute wollten in ihre Häuser zu den Angehörigen zurück, nur um zusehen, daß da bloß
noch ein gewaltiges Loch war. Nichts; keine Häuser, Ziegel, nur Staub, Geröll und Dreck.
Die Leute wie auch die Kinder waren einfach auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Einer war
Ronald Frank Stapley, 15 Jahre alt, Bote (AFS), und er war zur Explosionszeit auf der
Straße.
Die Verwüstung, die diese Bombe hinterließ, muß bei vielen Leuten Kummer verursacht
haben, weil sie bei der Detonation ihre Häuser und Angehörigen verloren. In der
Bücherei von Nord-London gibt es davon immer noch ein Bild. Sie haben nur ein Foto
festgehalten. Die Errichtung neuer Wohnungen oder Appartements wurde nun vorangetrieben,
und bald schon waren fünf Hauptblocks mit je vier Stockwerken hochgezogen, einer nach dem
anderen in einer Reihe, erbaut mitten auf der Straße, die einmal dort war. Das
Unheimlichste daran ist, daß auf der Strecke, wo die Straße einmal war, mit den Jahren
sehr merkwürdige Dinge passierten.
Aus jedem der fünf Wohnblocks, eben da, wo die alte Straße entlanglief, wurden aus den
jeweils obersten Wohnungen übernatürliche Phänomene berichtet, und es geschahen dort
schreckliche Dinge. Als wir damals dort lebten, wußte ich das nicht; ich wußte nur von
unserer Wohnung. Aber als diese Wohnungen renoviert wurden, berichteten die Mieter und die
Arbeiter der Baufirma von diesen Dingen. Einer der Arbeiter war mein Bruder Paul, der
damals Stukkateur war. (Als ich 1999 nochmals nachforschte, wurden keine übernatürlichen
Dinge mehr berichtet.) Wir lebten einfach viele Jahre lang im mittleren Block im
Erdgeschoß, und später zogen wir um . . . in die oberste Etage.
Ich kann nur sagen, daß das, was ich erlebte, nicht den gerade erwähnten Geschichten
zugeschrieben werden kann. Aber es begann, als wir im Erdgeschoß in Nr. 76 lebten, bald
nachdem wir mit Jehovas Zeugen zu tun bekamen und als keine anderen Berichte vorgelegt
wurden oder man davon hörte. Es hielt an, als wir in Nr. 82 nach oben zogen. Nicht nur
das, sondern meine Mutter schien trotz der intensiven Beschäftigung mit den Zeugen
übernatürliche Störungen direkt anzuziehen, wohin sie auch immer ging. Meine
Großmutter und mein Großvater erwähnten das mir gegenüber mehr als einmal, als ich
älter war, und sagten, wenn meine Mutter da war, seien seltsame Dinge passiert, und doch
war sie draußen und predigte den ganzen Tag, um Anhänger für die Sekte zu werben; sie
war jahrelang `allgemeiner PionierA (das sind Vollzeitwerber in der Organisation der
Zeugen Jehovas) und brachte viele Bekehrte in die Organisation. Meine Großmutter sagte
mir, sie habe schweres Atmen und Schritte gehört, und wie sich Türen von selbst
öffneten und schlossen.
Ich erinnere mich, wie ich klein war und mein Vater Weihnachten und Geburtstage feierte
und wie mein Onkel Dennis mit Geschenken vorbeikam und wie er meine Großmutter besuchte.
Meine Großeltern besuchten auch uns. Ich erinnere mich noch, wie ich ganz aufgeregt war,
daß wir eine Elektroheizung an der Wand hatten, in den 1950er Jahren etwas ganz Neues,
und wir hatten Innentoiletten und ein Badezimmer, etwas, das wir vorher nie hatten. Mir
ist noch im Gedächtnis, wie mein Vater lachte und mit uns spielte. So weit ich mich
erinnern kann, führten wir also ein ganz normales Leben. Ich war sehr glücklich und
entsinne mich, daß meine beiden Eltern für uns sorgten und wir Zuneigung und Spaß
hatten.
Wir zogen bald in die neue Wohnung und lebten uns ein, und es war aufregend und ich lief
von einem Raum in den nächsten, um aus den Fenstern zu schauen. Mir war kaum klar, daß
ich diesen Blick Tag für Tag haben sollte, jahrelang wie ein Gefangener in der eigenen
Wohnung.
Eines Tages, etwa 1956, ich war so um die fünf Jahre alt, schellten zwei Zeugen Jehovas
an unserer Tür, ließen mehrere Bücher zurück, wie man damals nicht eines, sondern
vielleicht drei oder vier zurückließ. Sehr bald begannen meine Mutter und mein Vater
das, was Bibelstudium genannt wird. Im Grunde genommen war es eine Sektenindoktrination
mit Hilfe von Büchern, die die Wachtturmsekte lieferte. Man lese eine Seite oder einen
Absatz, stelle ein paar Fragen, schaue ein paar Bibeltexte nach, die das Argument
stützen, dann gehe man zur nächsten Seite usw. Sie saßen da eine Stunde lang und taten
dasselbe auch in der folgenden Woche, bis sie mit dem Buch durch waren, dann nahmen sie
sich ein anderes Buch vor. Das ging ein paar Monate so, einige taten das auch jahrelang.
Das kennt man als ???am Gängelband halten"
Bald schon wurden sie zu den Zusammenkünften zu weiterer Sektenindoktrination eingeladen.
Dann, 1955/56, wurden sie als Zeugen Jehovas getauft. Nur wenige Zeugen hatten damals
ihren eigenen Versammlungssaal, ???Königreichssaal" genannt, und so trafen sie sich
in einer Kneipe, oder Bar, wie sie in Amerika genannt werden. Die war in der Perth Road in
Hornsey, Nord-London. Sie hatten einen Teil davon gemietet und hielten die Versammlungen
ab, während alle anderen auf der anderen Seite der Glastrennwand zechten und sangen und
den lieben Gott einen guten Mann sein ließen! Die Gäste kamen sogar immer in die
Zusammenkünfte; sie gingen an der Seite des Saales entlang und benutzten die Toiletten,
die zwei Türen hinter dem Rednerpodium waren. Mehr als einmal fielen einige auf die
Zuhörer, als sie vorbeizugehen versuchten; so besoffen waren sie, daß sie kaum stehen
konnten, und ich erinnere mich, daß es manchmal wirklich etwas zu lachen gab.
Das letzte Mal war es, als eine Frau über den reisenden Aufseher fiel, der gerade zu
Besuch war (die Organisation schickt sie, um die Tätigkeit der Versammlungen zu
überprüfen und Rat zu geben; etwa alle sechs Monate besuchen sie die Versammlung). Diese
Frau war etwa 300 Pfund schwer, und sie fiel über die ersten zwei Sitzreihen. Die
Zusammenkunft wurde sofort geschlossen, und danach gingen wir in eine Schule. Alles was
wir wußten, war, daß es eine Zeit war, die anderen Kinder im Saal zu treffen und im
wilden Spiel herumzurennen. Ich erinnere mich noch, daß ich mich darauf freute zu gehen,
da wir uns mit einer Menge anderer anfreunden konnten, aber leider war das nicht von
Dauer. Nach einer Weile gingen wir wieder in den ersten Saal, den wir besucht hatten.
Meine Mutter wollte ausgerechnet in diesen Saal, der etwa 5 Meilen entfernt war. Wir
mußten zweimal die Woche dorthin und zurück gehen. Das war die schlimmste Erinnerung,
wie wir zu den Zusammenkünften gingen, die ich je hatte. Ich werde über all das noch
später berichten. Mein Bruder und ich wußten in dem frühen Alter kaum, daß dies unser
Leben verändern sollte und daß eine dunkle Wolke über uns hing, als wir heranwuchsen,
und daß wir einige schreckliche Dinge durchmachen sollten.
Mein Vater paßte sich wirklich nicht gerne an, und tatsächlich ging er mit einem
leuchtend roten Hemd und einer knallgelben Krawatte zu den Versammlungen. Er kam wie eine
riesige Furunkel durch die Tür. Er glaubte, man sollte frei sein und offen reden dürfen,
offen und ehrlich sein. Er mochte Farben! Er achtete die Bibel, und ohne viel über
Religion zu wissen, hatte er ehrliche Grundsätze und fand die Lehren der Zeugen
interessant, wie die meisten am Anfang. Lehren wie: ???Sehr bald wird ein neues System die
Erde übernehmen, nach der Vernichtung aller Bösen, und man kann für immer im Paradies
leben, vollkommen gesund, ohne Geld und Sorgen, frei, alles zu lernen und zu tun, was das
Herz begehrt usw., usw." Das hörte sich alles sehr gut an.
So war es im Nu ein ständiges Gängelbandprogramm, das sowohl das Leben meines Vaters wie
auch meiner Mutter bestimmte. Es sollte eine solche Macht haben, daß alles, was sie
taten, wußten oder sagten, in Richtung Zeugen ging. Und wenn die Zeugen anderer Meinung
waren als sie und sie es nicht akzeptieren konnten, dann taten sie es auch nicht. Sie
hatten sich anzupassen . . . sonst mißfielen sie Gott! Die Regeln, deren Bruch Gott
mißfiel, stammten wohlgemerkt von der Zeugenorganisation; die meisten standen wohl in der
Bibel, aber sie waren von der Organisation.
Ich erinnere mich, daß ich seither am Ende des Ganges aufstehen und die Bibel halten und
zur Übung laut lesen mußte, so daß alle, falls meine Mutter mich hören konnte, wenn
ich bei einer Zusammenkunft auf die Bühne ging, mich lesen hören konnten; nun, das
klingt vernünftig . . . Aber dann kam das Einerlei, das mich und meinen Bruder zur
Verzweiflung brachte. Doch davon später.
Kapitel 2
Eine Kindheitsdragödie
Wer in dieser Welt keine Probleme haben will, der darf nicht für sie geboren werden.
Autor unbekannt
1957, als ich sechs Jahre alt war, wachte ich nach meiner Erinnerung eines Nachts auf und
hatte kein Gefühl in meinem linken Bein. Und als ich mitten in der Nacht nach meiner
Mutter rief, kam mein Vater auch herein und fragte sich, was das für ein Aufruhr war. Man
sagte mir, ich müsse wohl falsch gelegen und ein taubes Bein haben, oder die Blutzufuhr
war abgeschnitten und ich bekäme ein Kribbeln. Mir war sehr heiß und ich hatte Fieber,
daher sagte meine Mutter, wenn es am Morgen noch so sei, würde sie den Doktor rufen. Es
wurde morgens, und ich wachte zitternd auf, da ich alles Gefühl in meinem linken Bein
verloren hatte. Als der Doktor kam, bestätigte er, daß ich Kinderlähmung hatte und ins
Krankenhaus und sofort isoliert werden müsse. Dann, am 22. Oktober 1957 kam ich in das
St. Anns-Krankenhaus für ansteckende Krankheiten, wo ich drei Wochen lang in Isolation
blieb. Das Fieber war sehr schlimm, und sie dachten, ich würde das nicht überleben. Aber
ich überlebte es doch und erholte mich wieder. meine erste spinale Lumbalpunktion
erhielt; eine Erfahrung, die ich bis heute nicht vergessen habe. Es war zu der Zeit, daß
meine Mutter eine eifrige Sektenwerberin wurde, die Besuche von Haus zu Haus machte. Und
das stand über allem und war das eine Ziel, für das sie lebte. Es ist für mich nicht
überraschend, daß ich nach vierzig Jahren in meiner Krankenakte, an die ich jetzt
gekommen bin, lese: `Das Kind wurde am 22.9.57 eingeliefert . . . . es schien
magersüchtig zu sein. Wie wird ein Kind magersüchtig, wenn die Mutter für es sorgt? Wie
später noch zu sehen sein wird, war es meiner Mutter nicht wichtig, ihre Kinder gesund zu
ernähren; es war ihr wichtig, die Sektenindoktrination zu verbreiten und jeden Tag von
Tür zu Tür dafür zu werben.
Ich habe die Erinnerung, daß meine Großeltern sich Sorgen über mich und meinen Bruder
machten, und daß sie mir sagten, sie könnten nicht erwarten, bis wir erwachsen seien,
weil sie großes Mitleid mit uns hatten. Aber sie konnten nur wenig tun, weil meine Mutter
sie nicht zur Kenntnis nahm, wenn sie es erwähnten. Immer wenn wir unsere Großeltern
besuchten, war das erste, das sie taten, uns etwas zu essen zu geben. Sie werden nie
erfahren, wie viel uns das bedeutete, da wir, bis ich schon zwanzig war, immer hungrig und
dünn wie Bohnenstangen waren. Meine Mutter sagte meinem Vater immer, wir würden schnell
hochschießen, die Fülle käme dann, wenn wir älter wären. Ich liebte meine
Großeltern; mein Großvater hatte ein großes Mundwerk und fluchte Zeter und Mordio, wenn
etwas nicht getan wurde, aber er war ein ehrlicher Mensch und geradeheraus mit einem
großen Sinn für Humor. Und vor allem war er wie meine Großmutter, er liebte uns und
sorgte für uns alle.
Ich erinnere mich auch noch, wie die Ärzte Krach mit meiner Mutter hatten wegen der
Bluttransfusionslehre der Zeugen, und bei einer Gelegenheit wurde meine Mutter von unserem
Hausarzt Mr. Healey, einem sehr wütenden Arzt mit einem roten Gesicht, aus der Praxis
geworfen. Tatsächlich bekam sie leicht mit anderen Menschen Krach, und immer gewann sie!
Einer der Gründe, warum sie so war, war, daß die Zeugen ihr immer sagten: `Wenn du die
Wahrheit hast, dann hast du auf alles eine Antwort. Das machte meinen Vater manchmal ganz
wild, weil meine Mutter in fast allem das letzte Wort haben wollte. So war von klein auf
der Lebensweg der Zeugen Jehovas voller Auseinandersetzungen für uns, die Familie, und
für Außenstehende.
Ein weiterer Grund, warum meine Mutter so dogmatisch war: Sie glaubte, daß sie zu den
144.000 gehörte, die, so lehren es die Zeugen, in den Himmel kommen, um mit Christus in
seinem Königreich zu herrschen. Die Zeugen Jehovas lehren diesen Satz, daß nur 144.000
in den Himmel kommen, gestützt auf den Text in Offenbarung Kapitel 14. Das Merkwürdige
ist, daß alles, was im Buche Offenbarung steht, symbolisch gemeint ist, doch dieser eine
Text wird von den Zeugen wörtlich genommen. Aber als meine Mutter sagte, das sei schon
ihre Hoffnung gewesen, ehe sie damals, 1955, in diese Religion hineingetauft wurde,
begegneten ihr viele Zeugen Jehovas mit großer Feindseligkeit und machten ihr das Leben
zur Hölle! Mein Vater sagte: `Wenn sie das glaubt, dann ist das in Ordnung; was hat das
mit den anderen zu tun?A Doch die Führer der Organisation akzeptierten sie nie. Und das
wiederum führte zu schwerwiegenden Reaktionen, und es war vielleicht ein Grund dafür,
warum sie so besitzergreifend und noch fanatischer in dem wurde, was sie tat, um sich
selbst zu beweisen. Seit meiner frühesten Erinnerung kann ich immer noch meine Mutter mit
einer Tasche voller Bücher und Zeitschriften sehen, um jeden den sie traf, anzuwerben,
und Tag für Tag entkam ihr NIEMAND! Sie bekehrte viele Leute und stand vielen bei, sich
dem Organisationskult anzuschließen, und die meisten davon sind noch heute tätig.
Ich möchte hier erwähnen, daß meine früheste Erinnerung bezüglich des Verbotes von
Bluttransfusionen, das die Zeugen verhängen und wie es uns betraf, war, als ich so etwa
acht Jahre alt war. Ich war in der Zahnklinik in der Grays Inn Road gewesen, um zwei
Zähne ziehen zu lassen, und sie hinterließen ein riesiges Loch und stopften es nicht
richtig zu. In der Nacht wurde ich aufgeweckt, und das Bett war von der Blutung
durchtränkt. Mein Vater, der damals etwa Ende zwanzig war, griff mich und warf mich in
einen Kinderwagen und eilte mit mir mitten in der Nacht zwei Meilen durch die Straßen zum
örtlichen Krankenhaus. Daß wir nun in der Zeugenorganisation waren, bedeutete, daß wir
uns dem Verbot von Bluttransfusionen unterwarfen, und hier konnte es auf Leben und Tod
gehen, weil ich so dünn war und mich immer noch von der Kinderlähmung erholte.
Als wir am Krankenhaustor standen, sagte der Pförtner: Tut mir leid, aber Sie
können ihn nicht herbringen. Gehen Sie zurück und holen sich von ihrem Arzt eine
Einweisung." Um zwei Uhr in der Nacht? Mein Vater, der jünger war und zu
Kurzschlußhandlungen neigte und beim Militär war, gab ihm einen heftigen Schlag auf das
Kinn und ließ ihn ohnmächtig auf der Krankenhauseinfahrt liegen. Wie man so sagt:
Eine richtige Faust sagt mehr als tausend Worte!" Ich wurde behandelt, bekam
die Wunde zugestopft und wurde nach Hause geschickt, wo ich mich schnell erholte. Eine
Bluttransfusion wurde in diesem Fall kein Thema!
Nachdem ich aus dem Krankenhaus kam und mich von der Kinderlähmung erholte, verbrachte
ich viele Jahre mit einer Behandlung durch elektrische Pads, die an meinen Beinen
befestigt wurden und eine Schocktherapie darstellten -- die Muskeln sollten kontrahieren
und darauf reagieren. Ich ging dreimal in der Woche dort hin. Aber wegen der schlechten
Ernährung war ich immer krank und verpaßte das meiste in der Schule, weil ich zu Hause
oder von der einen oder anderen Sache krank war. In all der Zeit mußte ich stundenlang
die Straße entlanggehen, während meine Mutter von Tür zu Tür Sektenwerbung betrieb,
selbst bei Frost und Regen. Ich erinnere mich noch sehr genau an den Winter 1961, wie wir
im Dunklen auf dem Bürgersteig standen, ich mit leichten Segelschuhen im Schnee wartete
und die gegenüberliegenden Häuser mit Schneebällen bewarf, während meine Mutter etwa
eine Stunde lang dastand und mit einem Wohnungsinhaber redete. Ich muß nicht noch sagen,
daß ich am nächsten Tag Grippe hatte und dann zwei Wochen im Bett lag.
Später änderte sich alles. Als ich über dreißig war, wohnte ich in der Nähe von
Romford in Essex, und da war es, daß ich zuerst in ein Bodybuilding-Studio ging und bei
Wag Bennets trainierte. Wag war der Trainer, der selbst einmal Mr. Universum gewesen war,
und er war es, der in den späten 60er Jahren Arnold Schwarzenegger trainierte, der
später den Welttitel Mr. Olympia gewinnen sollte. Als ich in Wags Studio zu trainieren
begann, ging ich hinein und sagte zu Wag: Es geht um meinen Brustkorb." Wag
schaute auf und fragte: Was ist damit?" Ich antwortete: Nun, ich hätte
gerne einen." Er brachte mich durch ein paar Monate Trainingsroutine, damit sollte
ich für das EIGENTLICHE TRAINING FIT werden! Das tat ich und ging ein Jahr lang ins
Studio. Bald kaufte ich meine ganze eigene Gewichtstrainingsausrüstung; ich hatte drei
Tonnen an Ausrüstung in meiner Garage. Bei einer Größe von etwa 1,60 m hatte ich das
meiste auf Maß anfertigen lassen. Nach vier Jahren ging ich, der ich anfänglich 90 cm
Brustumfang und ein Gewicht von 70 kg hatte, mit 132 cm Brustumfang und 89 kg Gewicht, mit
43 cm Bizeps und einem Halsumfang von 50 cm. Das war ein großer Schritt voran seit der
Zeit, als ich vierzehn war und gerade einmal 50 kg wog. Ich war stark wie ein Bulle, und
in meinem Beruf als Zimmermann konnte ich einen Dachbalken alleine hochziehen. Ich
trainierte sehr hart und aß alles, was mich nicht zuerst fraß oder sich bewegte! Ich gab
pro Woche ,30 für Gesundheitskost und Ergänzungsmittel aus. Meine Essenstasche war
größer als meine Werkzeugtasche! Jetzt, wo ich so stark war, dachte ich, nun könne die
Vergangenheit Vergangenheit bleiben und alles wäre für den Rest meines Lebens anders.
Leider sollte das nicht sein. 1986 traf mich eine Tragödie, wie noch zu sehen sein wird.
Selbst das Training, um mir selbst weiterzuhelfen, wurde von den Zeugen mit argwöhnischen
Augen betrachtet, und viele sarkastische Bemerkungen wurden gemacht, und ich bekam
ständig Seitenhiebe, ob ich jetzt ausgeflippt wäre. Das war ich nicht, ich sorgte nur
gut für mich selbst, nachdem ich solch einen schlechten Start ins Leben gehabt hatte. Ich
habe so manchen Ältesten (ein Führer bei den Zeugen Jehovas wie ein Priester) gekannt
mit fettem Bauch vom Essen und Trinken und Herumsitzen beim Fernsehen, der mir dann sagte,
ich solle geistig gesinnt werden und keine Zeit mit dem Training und dem ganzen Sport und
Gewichtheben vertrödeln. Der wahre Grund war, daß sie glaubten, jedesmal, wenn ich das
tat, hätte ich lieber werbend von Tür zu Tür gehen sollen; und wenn man keine Zeit für
das Anwerben hat, dann sollte man auch nichts anderes tun! Die reisenden Aufseher oder
Sektenvertreter der Wachtturmgesellschaft kamen immer zu Besuch und sagten: Was für
eine Entschuldigung hast Du dafür, daß Du kein Pionier bist?" Der Begriff
Pionierdienst oder Pionier sein trifft auf alle Vollzeitanwerber zu, die zwischen 60 und
150 Stunden pro Monat damit verbringen. Ich habe oft in bezug auf sie gedacht: Wie
entschuldigen sie sich vor Gott dafür, daß sie keine Arbeit haben und statt dessen auf
Kosten der Versammlungsmitglieder leben, wenn sie und ihre Frauen mit Spenden unterhalten
werden?"
Ich fahre einen Gebrauchtwagen, der so ,600 wert ist, und sie fahren in Autos von ,15.000
herum, die alle zwei oder drei Jahre durch ein neues ersetzt werden, und `ich bezahlte
dafürA mit meinen Beiträgen und Spenden! Was ich so all die Jahre gesehen habe, war,
daß `PionierA jemanden meint, der die Straßen im Schneckentempo entlanggeht, ewig vor
Häusern steht, wenn sie leerstehen oder niemand zu Hause ist, zu einem Ende des Gebietes
oder der Stadt geht, um einen Hausbesuch zu machen, und dann den ganzen Weg zurückgeht
und jeden Tag alle Stunden, wenn er das tut, zählt und sie auf einen Berichtszettel
schreibt und diesen dann man Monatsende der Organisation übergibt und versucht, Eindruck
zu machen, wie viel er doch getan hat! Und dann stehen die Ältesten in den
Zusammenkünften auf und erzählen, wie wunderbar es doch sei, diese feinen christlichen
Vollzeitwerber und Pioniere zu haben! Ich habe so manche Pioniere gekannt, die den ganzen
Tag auf der Straße waren, doch kein Geld haben, sich kein ordentliches Essen leisten
können und sich einen Spaß daraus machen, was für eine wundervolle Zeit sie doch haben
wegen all des Lobes, das sie von oben erhalten, und wegen der Vorrechte, die man ihnen
gibt. Ganz ehrlich: Wenn ich das sehen mußte, machte es mich ganz krank.
Die Frage ist, wie bekommt man normal denkende, ausgeglichene Menschen dazu, das zu tun,
die dann am Ende völlig unausgeglichen sind und sich damit aufziehen, sie täten den
Willen Gottes, während sie gleichzeitig die eigene Familie oder sich selbst
vernachlässigen? Wiederum ist es das ständige Gängelband der Gedankenmanipulation, das
Schuldgefühle benutzt und mit der Angst spielt, daß sie sich Gott zu verantworten haben
werden, wenn sie das nicht tun, und als treulose, ungeistige oder illoyale Personen
gegenüber der Mutter Organisation bestraft werden usw. Wirkt das? Ja, Millionen tun es!
Wenn ich sage, sie vernachlässigen ihre Familien, dann meine ich all die entfernteren
Verwandten wie Onkel, Tanten, Großeltern, Schwägerinnen und Schwäger, Brüder und
Schwestern usw. wie auch die eigentliche Familie. Alle von ihnen, die nicht in der
Zeugenorganisation sind, sind für sie zweitrangig; man verschwendet keine Zeit an sie,
weil die neue, wahre Familie die eigene religiöse Bruderschaft ist, das heißt die
Glieder der Zeugen-Jehovas-Organisation. In den Augen der Zeugen gibt es nur zwei Sorten
Menschen, Jehovas Zeugen und alle, die dem Teufel folgen oder unter Satan
stehen."
Wie sieht das Leben aus, wenn man unter Kontrolle steht oder ein fanatischer Gläubiger
ist? Wie soll man sich fühlen, wenn die Person, die einen auf die Welt brachte, sagt,
dies oder jenes sei der Weg, wie Gott möchte, daß man sein soll, und dies sei der Weg,
zu einem gläubigen Menschen zu werden, und man könne Gott erfreuen, wenn man aufwächst?
Ja, wenn die natürliche Bindung einen der Person vertrauen läßt, zu der man die
stärksten gefühlsmäßigen Bindungen hat. Nun, ich möchte sagen, wie das für mich war,
und dann kannst du für dich selbst ein Urteil treffen, falls du denkst, es sei
gerechtfertigt oder auch nicht, daß ich mich entschieden habe, mit der
Wachtturmorganisation zu brechen und vor Gott zu stehen als freier Mensch und als jemand,
der sich aus seinem Gewissen heraus von Güte und Liebe zum Mitmenschen leiten läßt,
wenn er Entscheidungen in seinem Leben trifft. Oder ob ich ein ausgeglichener und
vernünftig denkender Mensch in meinem neuen Leben außerhalb der Sekte geworden bin . . .
frei von Manipulation.
Kapitel 3
Die Religion der Sekte führt zur Manipulation der Gedanken
Wenn du jemanden für deine Sache gewinnen willst, überzeuge ihn erst, dass du sein
echter Freund bist.
Abraham Lincoln
Das erste, was meinem Vater gesagt wurde, was er tun müsse, wenn er ein Zeuge Jehovas
werden wolle, war, daß er das Rauchen aufgeben müsse. Das war etwas, das er wirklich
genoß, seinen eigenen Tabak zu rollen; aber er gab es auf, um sich anzupassen. Mein Vater
war ein sehr vernünftiger Mensch und arbeitete im Baugeschäft, und die Arbeit war
manchmal schwer. Und wenn er lange Stunden arbeitete, war es meine Mutter, die die
Führung darin übernahm, uns zu indoktrinieren. Mein Vater wußte nie wirklich, was vor
sich ging, weil meine Mutter ein Doppelleben führte: wie sie ihm gegenüber war und was
sie meinem Bruder und mir antat. Mein Vater hatte davon keine Kenntnis, und wir wagten
nicht, es ihm zu erzählen. Wie die meisten Familienoberhäupter fühlte er sich
erleichtert, die Füße hochlegen zu können, wenn die Frau sagt: "Mach dir darüber
keine Sorgen, ich hab das schon getan." So sagte meine Mutter immer zu meinem Vater,
um die Kontrolle zu behalten, sie würde uns mit hinaus nehmen und für alle unsere
Bedürfnisse sorgen. Erst viele Jahre später begann sich mein Vater zu fragen, was da
wirklich vor sich ging, und tatsächlich dachte er, er selbst würde den Verstand
verlieren! Es sagte nie jemandem, was er fühlte, weil die Zeugen ihm ja doch nicht
glauben oder sich auf seine Seite stellen würden; so war er ebenso allein wie wir als
Kinder. Meine Mutter übte großen Einfluß aus und hatte die volle Unterstützung der
Organisation, da sie ja die Vollzeitanwerberin war. Mit der Zeit entstand daraus sogar
innerhalb unserer Familie eine Trennung, und meine Mutter stritt sich ständig mit meinem
Vater, aber unter der Furcht, nicht weggehen zu können, war er in der Falle wie wir.
Ich habe erwähnt, daß man mich wie auch meinen Bruder aus der Bibel vorlesen ließ. Nun,
ich möchte erzählen, wie unser Tagesablauf war:
Um 7.00 Uhr morgens aufstehen, dann ein schnelles Frühstück mit kalter Milch oder einer
Schnitte Brot mit Marmelade. Dann, nachdem wir uns angezogen hatten, mußten wir ein
ganzes Kapitel aus der Bibel lesen, und meine Mutter erklärte jeden Vers, als wir
durchgingen, gemäß den Vorstellungen der Sekte. Danach mußten wir durch ein Buch mit
den Tagestexten". Das war eine Sammlung von Absätzen aus den
Wachttürmen" der vergangenen Jahre, die die Zeugen zweimal im Monat
herausgeben. Da gab es einen Bibeltext und dann einen Absatz, in dem er kommentiert wurde.
Dann lasen wir immer aus demselben Buch eine Erfahrung von dem, was so in der Welt vor
sich ging. Manchmal waren das bis zu fünf Seiten. Danach mußten wir das Vaterunser
wiederholen, und als wir damit fertig waren, sprach sie noch ein weiteres Gebet. Das
machte mich immer ganz verrückt, kann ich euch sagen, weil wir jeden Tag zu spät zur
Schule kamen. Ich weiß nicht mehr genau, wie oft wir nachsitzen mußten oder den Stock
erhielten und mein Name ins Klassenbuch kam, weil ich zu spät war. Ich bekam deswegen
wirklich schlechte Zeugnisse, aber alles, was meine Mutter interessierte, war: Dies ist
die Wahrheit", und sie ist weit wichtiger.
Wir feierten keine Geburtstage, und alle Geschenke wurden zurückgegeben und wir bekamen
sie nicht. Wenn Karten kamen, wurden auch sie zurückgeschickt. Mein Großvater gab uns an
unseren Geburtstagen immer etwas Geld, aber meine Mutter sagte zu uns, wofür wir es
ausgeben durften. Bei einer Gelegenheit, so erinnere ich mich, wurde es ihr übergeben.
Ich erinnere mich, daß mein Großvater eines Tages vorbeikam und wirklich wütend war,
weil meine Mutter meinen Bruder mit dem Geschenk, das er gekauft hatte, zurückgeschickt
hatte. Das machte ihn wirklich wütend, und das sagte er ihr auch. Mein Bruder und ich
hatten nie irgendwelche Freunde von der Schule oder aus der Nachbarschaft, die wir
besuchen konnten, und wir konnten auch nicht zu irgendwelchen nach Hause gehen. So wuchsen
wir auf und kannten niemanden außer der eigenen Familie. Schulfreunde waren nur für die
Schule, und wenn ich gesehen wurde, wie ich mit einem Schulfreund sprach, wurde ich
gefragt: WER IST DAS? Als wollte sie sagen: "Laß dich nicht noch einmal beim Reden
erwischen." Jahrelang durfte ich kein Fahrrad fahren oder schwimmen. Ich könnte ja
verunglücken und die Bluttransfusionsfrage könnte aufkommen oder irgendein anderes
Thema. Wir mußten lesen für das Studium, zur Versammlung gehen, lesen für das Studium,
zur Versammlung gehen, lesen für das Studium, zur Versammlung gehen, lesen für das
Studium, zur Versammlung gehen, lesen für das Studium, zur Versammlung gehen. Das geht
euch auf die Nerven, stimmt's? Aber das war unser Leben. Eine einzige große, monotone,
völlige Langeweilerei!
Wenn man dies jemanden eine lange Zeit tun läßt, dann wird er es schon ganz automatisch
anfangen, weil das alles ist, was er kennt. Und dies um so mehr, wenn er es seit früher
Kindheit kennt. Wer es nicht tut, entwickelt deshalb dann vielleicht Schuldgefühle! Oder
wenn er aufhört, meint er, es fehle etwas, weil er nie etwas anderes gehabt hat, sein
Leben zu erfüllen. Wir hatten nie ein Fernsehgerät, jedenfalls keines, das
funktionierte, und so durften wir nie fernsehen, das war ja das Auge des Teufels, und man
will sich ja wohl nicht den ganzen Müll ansehen? Wenn man also überzeugt ist,
fernzusehen hieße nur, den Teufel nach Hause einzuladen, dann läßt man seine Finger
davon! Du magst darüber lachen, weil sich das so dumm anhört, doch Jehovas Zeugen wird
jetzt dieselbe falsche Informationen über das Internet eingetrichtert. Das Internet ist
ein wunderbares und mächtiges Werkzeug, nachzuforschen und Informationen zu erhalten, und
es ist Millionen eine Hilfe. Aber wenn man sich dazu entschließt, es für Pornographie zu
benutzen, dann macht es das doch noch zu keinem schlechten Werkzeug. Tatsächlich habe ich
alle meine Informationen, mein Wirbelsäulenproblem zu heilen helfen, aus dem Netz
bezogen, damit ist es also ein gutes Werkzeug. Es stellt auch Täuschung bloß und macht
Dokumentationen zugänglich, von denen man vielleicht ohne das Netz nie gewußt hätte,
daß sie existieren; etwas, das für die Wachtturmorganisation eine wirkliche Bedrohung
darstellt.
Wir hatten ein Radio, und wenn ich mir es ansah, dachte ich, es stammte noch aus Noahs und
der Arche Zeiten, und ein kleines Transistorradio, etwa 12,5 cm hoch, und wir konnten ihm
zuhören . . . nur, wenn wir mit all unserer Arbeit fertig waren!
Wenn man von Kindheit an gesagt bekommt, alles um einen herum stehe unter der Macht des
Teufels; daß aller Lesestoff, der nicht von der Wachtturmorganisation stammt, gleichfalls
satanisch ist; daß Umgang mit Menschen, auch wenn sie freundlich sind, die Art und Weise
Satans ist, einen zu verderben und in die Irre zu führen: dann wirst du, weil du als Kind
beeindruckbar bist, wirklich glauben, daß das so ist, und alles und jeden als solches
ansehen. Und wenn man wiederum anders denkt, mag das wieder zu Schuldgefühlen führen.
Auch nur in Betracht zu ziehen, mit jemandem zu tun oder Umgang zu haben, der nicht zur
Organisation der Wachtturmsekte gehört, kann dir das Gefühl geben, als habe man die
unvergebbare Sünde begangen. Du magst mit einem wirklich netten und angenehmen Menschen
reden, aber im Hinterkopf sagt man sich: "Diese Person ist böse, weil sie nicht Gott
oder Jehova dient." Ich weiß nicht mehr, wie oft ich Jehovas Zeugen habe sagen
hören: "Was eine Schande, er ist so nett, aber er liebt nicht Jehova und wird in
Harmagedon [das ist das Ende der Welt] sterbenA, und dann werden sie mit dieser Person
nichts zu tun haben, es sei denn, sie unterzieht sich einem Studium mit ihnen oder geht zu
den Zusammenkünften.
Ich habe Mädchen gekannt, die, weil sie einen jungen Mann lieben, verzweifelt versuchen,
ihn zu einer Zusammenkunft zu bewegen, um sich von Schuld zu entlasten, so daß sie mit
ihm gehen können und er akzeptiert wird. Und auch umgekehrt. Auf fast allen Kongressen
sind große Mengen junger Leute zu sehen, die nur so umhergehen und nach dem/der Richtigen
Ausschau halten, mit dem/der sie gehen können in der Hoffnung, sie könnten dort den
Traumpartner treffen. Es ist traurig, aber viele kommen unglücklich und niedergeschlagen
nach Hause, weil der nächste große Kongreß erst im nächsten Jahr stattfindet, und bei
den kleineren Kongressen, naja, da kennt jeder jeden! Ich habe viele sich in eine Ehe mit
einem Partner stürzen sehen, von dem sie wissen, daß sie nicht viel mit ihm gemeinsam
haben. Aber wenn sie nicht irgend jemanden kriegen, dann glauben sie, sie würden
sitzenbleiben. Ich habe dieses Problem auch durchgemacht, und es war ein wirklicher Kampf,
damit fertigzuwerden.
Man ist völlig alleine; und das ist es, was man meinen Bruder und mich fühlen ließ. Wir
waren so isoliert und abgeschnitten, wir wußten nichts. Ich erinnere mich, daß mir mein
Bruder vor ein paar Jahren sagte, er wolle einen Arzt um Hilfe bitten, weil er glaubte, er
wolle einfach so mit offenem Autofenster die Straße hinunterfahren und in den höchsten
Tönen schreien. Nachdem dem Arzt etwas über den Hintergrund gesagt wurde, meinte der
Arzt, es sei im Grunde genommen seine extreme seelische Frustration und er benötige eine
seelische Stimulation und intelligente Unterhaltung und müsse mit anderen Leuten Kontakt
haben. Das tat er, und nun kann er mit jedem über fast alles reden. Sowohl ich als auch
mein Bruder waren in der Teenagerzeit, als wir von der Schule abgingen, so sehr seelisch
frustriert und reserviert, weil wir nur wenig von der Welt wußten, daß wir nicht mit
Menschen reden konnten und es als äußerst schwer empfanden, sich anders zu unterhalten,
als gleich eine Predigt von Tür zu Tür zu halten, was uns von klein auf eingetrommelt
worden war.
Ich erinnere mich, als ich achtzehn war, daß ich ein wirklich liebes Mädchen, das Susan
hieß, in der Organisation der Wachtturmsekte traf; sie war, so dachte ich, wirklich lieb
mit einem weichen und freundlichen Wesen und sehr herzlich, und ich war in sie verliebt,
als ich sie schon sah. Ich dachte immer an sie, aber ich habe es ihr nie gesagt. Ich
wollte es, aber ich hatte keine akademische Ausbildung und zu der Zeit auch keinen Beruf,
keine vernünftige Arbeitsstelle und keine Wohnung; nein, ich hatte nichts! Ich wußte
einfach nicht, wie ich mich um sie kümmern sollte, da ich mit dem Vollzeitdienst begann;
das wurde ja von uns erwartet, und es gab nichts, was ich tun konnte. Ich fühlte mich
wirklich innerlich krank, weil ich sie gehen lassen mußte, wie ich auch viel zu verlegen
war, die Sache weiter zu verfolgen. Vielleicht hatte sie sich gar nicht so sehr für mich
interessiert, ich weiß es wirklich nicht und habe es auch nie herausgefunden, aber der
Punkt ist, daß ich nie geglaubt habe, sie in meiner Situation fragen zu können. Ich
kenne viele männliche Zeugen Jehovas, die vor diesem Problem stehen, und es kann wirklich
schmerzhaft sein, weil uns die Organisation den Rat gab, auf Berufskarrieren zu verzichten
und werben und predigen zu gehen; bei allem, was weniger als das war, runzelte man die
Stirn. Ich habe nach ihrem Rat geheiratet, und es war eine absolute Katastrophe.
Ich erinnere mich, daß ich so gelangweilt war, als ich jung war, daß ich immer ein Spiel
mit meinem Bruder spielte, wer einen Wohnungsinhaber am schnellsten dazu bringen könnte,
die Tür zuzumachen. Oder wer am längsten vor einem Wohnungsinhaber stehen konnte, ohne
ein Wort zu sagen, und der Wohnungsinhaber sich fragte, was um Himmels Willen wir da
taten, so einfach auf der Türstufe zu stehen! Aber das war eben das Leben in der
Zeugensekte. Wir hatten immer das Gefühl, daß man uns die grundlegenden Dinge, die ein
Kind glücklich machen, vorenthielt. Jetzt schaue ich zurück und erkenne, warum dieser
Schmerz und daß es war, weil ich nie eine Kindheit hatte. Oh, ich war ein Kind, aber ich
hatte nie eine Kindheit. Sie bestand nur aus Arbeit, Schlägen, Furcht und Religion.
Jetzt fragst du dich vielleicht, warum Schläge. Nun, das kann ich dir sagen: wenn du
meine Mutter nicht kennst, bist du nie geschlagen worden. Sie war nur klein, aber sehr
boshaft, bösartig und grausam, aber alles um DER WAHRHEIT" willen, wie meine
Mutter es immer nannte, weil wir gezüchtigt werden mußten und zurechtgewiesen wegen
unserer Fehler. Das Kapitel 8 beschreibt in allen Einzelheiten die Erfahrungen, die wir
durchmachten. Ich habe das sogar den Ältesten in der Versammlung der Zeugen berichtet und
wurde deshalb von ihnen zurechtgewiesen und bekam gesagt, ich sei respektlos gegenüber
meiner Mutter und ich solle froh sein, daß sie eine solch eifrige Werberin sei, und es
hieß, sie vollbringe ein gutes Werk. Naja, das hat sie wohl, sie verkaufte Ladungen an
Literatur und lieferte jede Woche eine ganze Menge Spenden ab!
Die meisten Sektenmitglieder gelangen an den Punkt, wo sie glauben, sie müßten
Ergebenheitsadressen abliefern, um akzeptiert zu werden, damit man gut von ihnen dachte.
Das führt zu verschiedenen Vorteilen für den einzelnen. Jemand hat vielleicht einen
starken Willen und ist sehr von sich eingenommen, aber er kommt ungestraft davon, weil die
Sekte ihn nach dem Erfolg einschätzen wird, viele neue Mitglieder und Bekehrte
anzubringen. Zweitens, wenn jemand anderer ihm seine Abneigung zeigt, dann kann er zur
Organisation laufen, sie möge ihm Deckung geben und ihn unterstützen, und wenn es eine
große Organisation ist, fühlen sie sich sicher, mit allem möglichen durchzukommen.
Meine Mutter pflegte es sich zur Gewohnheit zu machen, große Tafeln Schokolade zu kaufen
und sie in die Taschen und Aktentaschen von Ältesten in der Versammlung zu stecken. Ich
habe sie das viele Jahre lang tun sehen. Selbst als sie das britische Hauptquartier in
Mill Hill in London besuchte, nahm meine Mutter Tafeln Schokolade und ließ sie am Empfang
für den Diensthabenden liegen, gewöhnlich immer derselbe, und sie wurde recht bekannt
dafür. Ich erinnere mich, wie ich völlig angewidert sah und sich dabei mein Magen
umdrehte, wie diese gut genährten Männer das aßen, was wir nie hatten, und dabei
dachte: Warum können wir nicht auch eine solche Tafel Schokolade haben?"
Älteste von unserer Versammlung und reisende Älteste wurden reihum zum Essen eingeladen,
und sie erhielten so manches Festessen, wie man es sich nur vorstellen kann, aber am
nächsten Tag bekamen wir als Kinder bloß kaltes Essen aus der Konservendose und eine
Handvoll Chips. Große Obstkuchen wurden als Geschenke gegeben, aber wir sollten sie
außer bei seltenen Gelegenheiten nicht bekommen.
Ich habe viele Frauen gesehen, die hingegangen sind und Gastfreundschaft erwiesen haben
und Erfolg damit hatten, die Versammlungsältesten zu beeindrucken, und doch wußte ich,
daß sie ihre eigenen Männer zu Hause insgeheim schlecht behandelten. Ich kenne einen
Mann, dessen Frau alles für die Ältesten tat und sie in der Runde zum Essen einlud und
wie Könige behandelte, und doch weiß ich auch, daß ihr Mann die Hölle erlebte, als SIE
beschloß, sie brauchten nicht mehr sexuell zu verkehren, weil das nicht wichtig sei. Er
tat mir sehr leid, weil er wirklich ein netter Kerl war. Dasselbe habe ich auch jahrelang
bei meiner Exfrau durchgemacht. Ich habe auch mit eigenen Augen gesehen, wie Männer, die
Sektenälteste sind, all ihre Zeit damit verbringen, andere zu besuchen und ihnen Hilfe
anzubieten, weil sie gut dastanden, wenn sie all das Lob dafür erhielten C aber ich weiß
sehr genau, daß ihre Frauen einsam sind, sich verzweifelt nach Zuwendung sehnen und
äußern, sie wollten, ihre Männer würden das einfach aufgeben. So manche Frau in der
Organisation der Wachtturmsekte erscheint ruhig und demütig und sehr unterwürfig, aber
innerlich schreit sie!
Wenn man einem Neubekehrten sagen würde, was von ihm erwartet wird, würde er einem
höchstwahrscheinlich die Bücher nachwerfen. Dafür eine Veranschaulichung. Nehmen wir
an, du fragst: "Was muß ich tun, um von Gott anerkannt und ein Christ zu werden?A
Jehovas Zeugen werden sagen: Du mußt nur nach biblischen Grundsätzen leben und
Gottes Willen tun." Was genau ist damit gemeint?
Hier eine kleine Liste, alles aus erster Hand aus meinen eigenen Erfahrungen mit all den
Regeln und Ratschlägen über die Jahre, auf die ich gestoßen bin. Einige Erfordernisse,
die mir bekannte Sektenführer oder Älteste gesagt haben; aber Schluck um Schluck
eingetrichtert, wie Wein, der dein Haus berankt, bis du von Vorschriften und
Schuldgefühlen erstickt bist.
Das ist, was sie sagen:
Du mußt zu allen fünf Zusammenkünften in der Woche kommen. (Insgesamt an drei
verschiedenen Tagen)
Du mußt alle deine Freunde aufgeben, auch ungläubige Verwandte.
Du mußt regelmäßig alle unsere Publikationen lesen und studieren und dabei den Zeitplan
für jede Woche benutzen.
Wir sagen dir, was du lesen darfst.
Du darfst nichts lesen, das Jehovas Zeugen kritisiert.
Du darfst nichts lesen, was ehemalige Zeugen schreiben.
Du darfst mit niemandem zusammenkommen, der Jehovas Zeugen ablehnt, und das schließt auch
Angehörige mit ein.
Du darfst mit jemandem, der von uns ausgeschlossen wurde, nicht einmal reden oder ihn
grüßen.
Du darfst keinerlei Gemeinschaft mit Personen haben, die früher Zeugen Jehovas waren und
die die Gemeinschaft verlassen haben, egal aus welchen Gründen.
Du darfst keinerlei Gemeinschaft mit deinen eigenen Kindern haben, wenn sie keine Zeugen
Jehovas sein möchten
Du darfst gewisse Zeitungen nicht lesen.
Du darfst dir gewisse Fernsehprogramme oder Seifenopern nicht ansehen.
Fernsehen muß auf ein Minimum beschränkt sein.
Du darfst keinen Christen heiraten, der kein Zeuge Jehovas ist. Wenn du also einen Freund
oder eine Freundin hast oder verlobt bist usw., darfst du ihn/sie nicht heiraten!
Bei Hochzeiten darfst du keinen Trinkspruch auf die Braut oder den Bräutigam ausbringen.
Du darfst kein Konfetti oder etwas anderes werfen.
Du darfst deinen Fuß nicht in eine Kirche setzen, selbst nicht bei Hochzeiten oder
Beerdigungen von Angehörigen.
Du darfst keine Hymnen oder Lieder singen, wenn sie nicht von Zeugen Jehovas geschrieben
wurden.
Du kannst nicht wählen gehen oder dich sonstwie in Behördenarbeit einlassen.
Du kannst keine Computerspiele spielen, die irgendwie mit Kampf zu tun haben, zum Beispiel
Space Invaders usw.
Du kannst dich an keinem Wettkampfsport beteiligen, weil wir keinen Konkurrenzgeist
gutheißen.
Wir lassen keine Poster von Filmstars, Popgruppen oder Sportlern zu, weil das
Götzendienst ist.
Du kannst keine Landes- oder Nationalflagge aufziehen, nicht einmal auf einem Boot in
einem fremden Hafen, wie vom Gesetz befohlen, weil das Götzendienst ist.
Du kannst deine Nationalflagge nicht benutzen, weder werbend noch feststehend.
Du kannst nicht bei der Polizei oder einer anderen Exekutivbehörde dienen.
Frauen dürfen am Strand keine Bikinis tragen; das ist unanständig.
Wenn du dich taufen läßt, mußt du sicherstellen, daß du bedeckt bist und ein Gewand
über den Schwimmsachen trägst.
Du darfst kein Blut oder Blutbestandteile spenden, um anderen zu helfen, aber du darfst
Blutbestandteile von anderen annehmen.
Du darfst das Rote Kreuz nicht unterstützen oder dafür tätig sein.
Vom Gebrauch des Internets wird abgeraten; es übt schlechten Einfluß aus von Leuten, die
Jehovas Zeugen nicht mögen.
Alle deine Geschäftspartner sollten Zeugen Jehovas sein.
Beteilige dich nicht an gewissen sexuellen Vorspielen, auch nicht innerhalb deiner Ehe,
also an oralen Praktiken oder an Masturbbation
Wer dafür bekannt ist, daß er gewohnheitsmäßig Masturbation betreibt oder ein Problem
damit hat, kann nicht in der Versammlung dienen.
Du darfst in deinem Garten keine Gartenzwerge oder Kobolde haben.
Du solltest kein Schach spielen; das ist ein Strategiespiel, und du solltest keinen Krieg
lernen.
Du solltest dich nicht schwarz kleiden oder Trauerkleidung anlegen, da wir die
Auferstehungshoffnung haben.
Du brauchst bei Beerdigungen keine Blumen spenden.
Du kannst deinen Hochzeitstag feiern, aber sonst nichts außer dem Todestag Christi.
Du darfst nicht mit jemandem vom anderen Geschlecht allein sein, insbesondere nicht, wenn
du auf Brautschau bist.
Wir geben Frauen Rat, wie lang ihre Röcke sein dürfen, KEINE Schlitze und KEINE Hosen.
Keine tiefen Oberteile, keine langen Ohrringe, und jede Haarmode muß gutgeheißen sein,
ehe eine Frau irgendwelche Vorrechte in der Versammlung haben kann.
Du darfst deinen Körper nicht tätowieren lassen.
Bei den Zusammenkünften dürfen keine Lederjacken getragen werden.
Männer dürfen keine Bärte tragen, und das Haar hat kurz zu sein. KEINE Ohrringe.
Du darfst keine seichte Musik hören wie Rap, Disco, Heavy Rock.
Tanzen ist in den meisten Fällen unmoralisch, daher raten wir davon ab.
Keinerlei große Versammlungen.
Jede Zusammenkunft sollte allein von den Sektenältesten überwacht werden.
Keine Klubs, Discos, Musikfestivals
Du darfst keinen Mutter- oder Vatertag feiern, auch nicht Allerheiligen, Weihnachten,
Neujahrstage, Geburtstage, Ostern, Junggesellenfeiern.
Du mußt während einer Versammlung immer eine Krawatte tragen und nie die Jacke
ausziehen.
Du wirst jede Arbeit erledigen, die dir aufgetragen wird, weil sie ein Vorrecht ist, das
schließt das Säubern der Toiletten und das Aufwischen der Gänge in einem
Versammlungssaal mit ein. Das zeigt, daß du demütig bist.
Du darfst nie Zweifel an Sektenführern oder Ältesten haben, da sich das nicht geziemt!
Du mußt wenigstens 10 Stunden Sektenwerbung im Monat treiben, oder du wirst als
schlechtes Beispiel für einen Christen bezeichnet und wir reden nicht mit dir.
Du solltest einmal im Jahr den Pionierdienst durchführen und 60 Stunden im Monat
predigen.
Du mußt dich auf alle Zusammenkünfte vorbereiten und deine Hand heben und Kommentare
geben, wenn du darum gebeten wirst.
Du mußt alle Kongresse besuchen, egal wo sie stattfinden, und Geld spenden, weil wir es
brauchen.
Deine Kinder dürfen nicht mit anderen Kindern von Nichtzeugen spielen.
Deine Kinder dürfen nicht an Sport, an Spielen oder Entspannung nach der Schule
teilnehmen.
Deine Kinder dürfen nicht zu irgendwelchen Feierlichkeiten oder Partys mit Nichtzeugen
gehen.
Du darfst keine Schulfreunde nach Hause bringen.
Du darfst keine Schulfreunde gewinnen, die keine Zeugen Jehovas sind.
Du kannst keine Arbeitsstelle haben, wo du Tabak verkaufen mußt.
Du darfst keine Arbeit auf Kirchengelände haben, auch wenn du die Arbeitsstelle und das
Geld dringend brauchst.
Du darfst keine Arbeit annehmen, aufgrund derer du die Zusammenkünfte versäumst (alle
Schichtarbeit KOMMT NICHT IN FRAGE), selbst wenn du die Arbeit dringend brauchst.
Du darfst nirgendwo arbeiten, wo du vom Militär bezahlt wirst. Damit fördert man das
Militär. Das beinhaltet auch Militärkrankenhäuser.
Du wirst an jeder geheimen Rechtskomiteesitzung teilnehmen und niemandem das Ergebnis
mitteilen, wenn du vor die Sektenältesten gehen mußt.
Du wirst über nichts reden, wenn du die Sitzung verläßt, nicht einmal gegenüber engen
Angehörigen..
Du darfst keine Bluttransfusionen annehmen. Lerne also für den Fall, daß du sterben
mußt, die Auferstehungshoffnung kennen.
Du kannst deinem Freund, wenn er es braucht, oder deinen Kindern kein Blut geben.
Du darfst nicht rauchen, auch keine Pfeife oder Zigarren.
Weil so viele Menschen Alkoholiker sind, ist es besser, keinen Alkohol zu trinken.
Deine ganze Freizeit muß dem Predigen oder geistigen Zielen gewidmet sein..
Wenn du im Urlaub bist, mußt du dort am Orte alle Zusammenkünfte besuchen.
Du darfst keine Selbstverteidigungstechniken lernen, um dich zu schützen; schreie, so
laut du kannst, nach Gott.
Du darfst dir keine nicht jugendfreien Filme ansehen.
Keine religiösen Bilder außer dem Jahreskalender der Zeugen Jehovas, auf denen
religiöse Bilder sein KÖNNEN.
Kein Schmuck, der aus Kreuzen, St Christophorus-Anhängern, Amuletten oder Talismanen
besteht. Keine Münzen in Ringen. Keine Fußkettchen, das macht dich zu einer
Prostituierten.
Du mußt dort deine Besuche von Haus zu Haus machen, wo wir es dir sagen, und mit den
Leuten reden, die wir dir auftragen.
Du darfst mit jemandem vom anderen Geschlecht nicht mehr als zweimal hintereinander oder
regelmäßig zusammenarbeiten, weil das bedeuten kann, daß du eine Affäre hast. Auch
dann nicht, wenn du dich in der Öffentlichkeit bewegst.
Du darfst weder tags noch nachts jemanden vom anderen Geschlecht in deinem Auto mitnehmen,
wenn du alleine bist, da das zu einer Affäre führen könnte! Auch nicht, wenn es stark
regnet, dunkel ist oder ihr Auto liegengeblieben ist, nicht einmal, wenn es alte Menschen
sind..
Du darfst deinem Partner gegenüber deine Liebe nicht äußerlich bekunden, das könnte
von Außenstehenden, die dich nicht kennen, als loser Lebenswandel angesehen werden.
Du darfst keine Schokoladenostereier oder Brötchen mit Kreuzeinschnitt kaufen.
Du darfst bei einer Zusammenkunft keine grellfarbige Kleidung tragen.
Du darfst keinen grellfarbigen Regenschirm benutzen.
Es sind keine Wildlederschuhe erlaubt.
Keine Manschettenknöpfe oder glänzende Armbanduhren oder Haarornamente bei den
Zusammenkünften.
Wenn du der Wachtturmorganisation Geld leihst, darfst du keine Zinsen verlangen.
Wenn sie dir Geld leiht, mußt du Zinsen bezahlen!
Du solltest es vermeiden, teure Autos zu kaufen, wenn du nicht für einen Materialisten
gehalten werden willst; aber im Dienste des Herrn dürfen wir sie benutzen!
Du solltest dir kein Haus kaufen, weil das Ende der Welt nahe ist.
Frauen sollten zu Hause arbeiten und keine Karriere im Sinn haben.
Männer sollten einfache Arbeiten annehmen, die gerade genügen, den Lebensunterhalt zu
bestreiten, und nicht auf Beförderung aus sein.
.
Neben den hier aufgeführten ungefähr neunzig gibt es etwa 1.400 Vorschriften alleine
für das Personal, das in der Weltzentrale in den USA lebt, die sie befolgen müssen. Sie
sind niedergelegt in einem Buch mit dem Titel Branch office procedures". Dieses
Regelwerk wird auch in allen Zweigen der Wachtturmgesellschaft in etwa 200 Ländern
verwendet.
Gehe durch diese Liste und frage dich: Hättest du dich mit Jehovas Zeugen eingelassen,
wenn dir die Liste vorgelegt worden wäre, als du erstmals Interesse an ihnen bekundetest?
Ich meine, die meisten würden mir zustimmen: Eindeutig NEIN". Aber wenn man
dir langsam diese Regeln eingibt, wenn das über einige Jahre geht, dann wirst du nicht
erkennen, wie viele Vorschriften es gibt, die jeden Aspekt deines Lebens regeln. Und das
ist sozusagen nur die Spitze des Eisbergs. Und wenn du, der Leser, in der
Wachtturmorganisation gewesen bist oder jemanden kennst, der ein Zeuge Jehovas gewesen
ist, dann bist du dir sicher noch anderer Regeln bewußt, die dein Leben betreffen.
Alle diese Vorschriften und Erfordernisse werden Woche für Woche, Jahr für Jahr, in den
regelmäßigen Zusammenkünften langsam eingetrichtert . . . und bald schon werden sie
dein ganzes Leben bestimmen..
Kapitel 4
Anmaßende religiöse Gesetze übernahmen
die Kontrolle in unserem Leben
Nur wenige lassen sich überzeugen, die Mehrzahl der Menschen läßt sich überreden
J. W v. Goethe
Mit dem täglichen Ritual des Bibellesens, Gebetes, Studiums morgens verging schon der
halbe Tag! Und was war abends? Die Abende waren ebenso schlimm. Die Zeugen haben fünf
Zusammenkünfte in der Woche, eingeteilt in drei tatsächliche Treffenszeiten..
SONNTAG
Die Zusammenkunft am Sonntag bestand aus einer etwa 45-minütigen Ansprache; als wir
Kinder waren, war es noch eine Stunde, später wurde das auf 45 Minuten abgeändert. Das
ließ Raum für weitere 15 Minuten für Lieder und Gebete. Die zweite Stunde: Eine
Frage-und-Antwort-Diskussion aus Material in der Zeitschrift Wachtturm",
herausgegeben von den Zeugen. Etwa eine Stunde. Diese Zusammenkünfte können morgens,
nachmittags oder abends stattfinden.
DIENSTAG
Eine Stunde lang das sogenannte "Buchstudium", eine Frage-und-Antwort-Diskussion
aus einer der Publikationen der Zeugen. Ich möchte aber sagen, daß es Unsinn ist, das
eine Diskussion zu nennen! Man liest einen Absatz und stellt dann die Frage, und dann gibt
man in eigenen Worten die Antwort aus dem Absatz, NICHT MEHR UND NICHT WENIGER. Sagst du
mehr, als in dem Absatz steht, dann drängst du voraus, und das ist nicht erlaubt. Sagst
du zu wenig, dann setzt du dich nicht genug ein. Du mußt dich auf das Buchstudium
vorbereiten, Bruder!, sagen sie dann. Es ist ein langsames Eintrichtern in einem Tempo,
das dir erlaubt, gerade genug aufzunehmen, aber nicht zuviel für den Fall, daß du Fragen
stellst!
DONNERSTAG
Eine Übungsschule, die sogenannte Theokratische Schule". Du sollst ein guter
Redner in der Öffentlichkeit werden, entweder wenn du die Leute in den Häusern besuchen
willst, mit gut einstudierten Darbietungen, oder um Ansprachen oder Darbietungen in den
Zusammenkünften geben zu können. Dem folgt eine weitere Zusammenkunft, ehrlich gesagt
die langweiligste, die ich je erlebt habe, die sogenannte Dienstzusammenkunft".
Es geht um neue Darbietungen, die man gebrauchen kann, neue Bücher und
Literaturvorstellungen, Geschäftsberichte, die Berichte für den vergangenen Monat, was
letzten Monat hätte sein sollen, was den letzten Monat hätte sein können und was
hoffentlich im kommenden Monat sein wird; alles, um die Zeit auszufüllen, so daß du nach
Hause gehst und denkst, wie wunderbar doch alles war.
Diese Zusammenkünfte dauern jetzt zwei Stunden einschließlich aller Lieder und Gebete,
aber früher waren es zwei Stunden plus die Lieder und Gebete, und ganz bestimmt wurde
jede Woche auch noch die Zeit überzogen. Ich erinnere mich so deutlich, daß es um 19.30
Uhr anfing, und es zog sich bis 22.00 Uhr dahin, ehe Schluß war, und dann mußten wir
noch mehrere Meilen nach Hause gehen, selbst bei Frost. Nur um dann am nächsten Morgen
wieder früh für die Schule aufzustehen, und dann ging alles wieder von vorne los. Wir
lebten in der Gegend von Hornsey, und der Königreichssaal, wie er genannt wurde, war auf
der anderen Seite des Dorfes Highgate auf ein Gebiet namens Finchley hin. Das war ein
langer Weg, nicht nur, daß du sehen wirst, wenn du dir eine Landkarte ansiehst, daß das
Gebiet von Highgate Village weitere 3/4 Meilen von der größten katholischen Kirche auf
dem Hügel entfernt ist und einer der höchsten Punkte in London ist und du von dort aus
ganz London überblicken kannst. So ging es den ganzen Weg den Hügel hinauf, und ich
meine auch Hügel, also wirklich steil. Wir gingen zweimal die Woche diesen Weg. Manchmal
nahmen wir den Bus, aber meistenteils gingen wir nach Hause, und für ein Kind ist dieser
Weg sehr lang. Wir waren immer so etwa 22.45 Uhr bis 23.00 Uhr zu Hause und fielen ins
Bett. Keine Zeit, noch etwas zu trinken, nur ins Bett fallen. Aber wie du später lesen
wirst: So müde ich auch war, ich konnte nie einschlafen. Das andere, das mir noch im Sinn
geblieben ist, waren die harten Stühle auf dem Holzboden, auf denen man uns sitzen ließ.
Die leiseste Bewegung, und sie knarrten. Versuche einmal, ein Kind über zweieinhalb
Stunden darauf sitzen zu lassen. Ich muß wohl den Weltrekord haben, gekniffen zu werden
und Klapse zu erhalten und hinausgenommen zu werden, um ordentlich Schläge zu erhalten!
Ich war nicht gerade jemand, der still saß.
Wenn man diese Zusammenkünfte jeden zweiten Tag hat, dann hat man sicher jeden anderen
zweiten Tag frei . . .FALSCH! Wenn du ein guter Christ bist, dann wird von dir erwartet,
daß du dich auf alle diese Zusammenkünfte vorbereitest und den ganzen Stoff
nachschlägst und durchliest, ehe du gehst. Wenn du das nicht tust, runzelt man die Stirn
und sieht dich als jemanden an, der all die geistige Speise nicht wertschätzt, die von
Gottes Organisation kommt und die von der leitenden Körperschaft oder den Führern der
Organisation geschrieben wird. Es heißt, daß diese Informationen nicht von Gott
INSPIRIERT sind, aber sie werden doch so behandelt, weil man sagt, sie kämen von Gott
durch seinen Geist.
Interessant ist, daß die Wachtturmorganisation selbst vor Gericht, wie in einem Fall vor
dem Supreme Court in Amerika, als der Präsident gemäß der Niederschrift gefragt wurde,
aussagt, daß die Zeitschrift Wachtturm" zweifellos als das Wort
Gottes" angesehen werde. Die Antwort war nämlich Ja". So steht gedruckt,
daß sie nicht von Gott inspiriert ist, aber mündlich heißt es, daß sie als solche
angesehen und behandelt wird, und jeder, der daran zweifelt, wird so angesehen, als
zweifele er Gott selbst an. Wenn man Fragen stellt, wird einem entgegnet: Wie kannst
du es wagen, uns anzuzweifeln". Es wird deshalb akzeptiert, daß alles, was auch
immer von der Bühne herab in Form von Vorträgen oder Ansprachen kommt, tatsächlich von
Gott kommt, und das zweifelt man nicht an. Ich habe gehört, wie Zeugen sagten: Ja,
das wurde auf dem Kongreß von der Bühne herab so gesagt . . . bla, bla, bla, usw.",
als ob es das unanfechtbar mache.
Jede Information, egal welche, wird als absolute Wahrheit angenommen, wenn sie in der
Zeitschrift steht, in den von der Wachtturmorganisation herausgegebenen Publikationen.
Selbst die Worte und Äußerungen von Ältesten werden fast so angesehen, als kämen sie
von Gott, weil man ihr Urteil nicht anzweifeln oder ihren Rat nicht zurückweisen darf.
Ich habe gesehen, wie Älteste versucht haben, ihr Gewicht in die Waagschale zu legen,
einen Punkt klarzumachen, wenn einige vor ihrer Ernennung tatsächlich als vollkommen
unerfahren und als komplette Idioten angesehen wurden, die nicht einmal mit den Dingen in
ihrer eigenen Familie fertig wurden. Wenn sie sich irgendwie bedroht fühlen, dann sagen
sie gewöhnlich mit lauter Stimme: Nun, als Ältester . . . " bla, bla, bla.
Dadurch soll man sich gering fühlen und einen Schritt zurückgehen. Viele unterwerfen
sich aus Furcht vor Konsequenzen und einer Etikettierung als illoyal und folgen allem, was
entschieden wird.
Vom Standpunkt der Zeugen aus wird jeder, der versucht, das, was gelehrt wird,
anzuzweifeln, mit Argwohn angesehen und als möglicher Kandidat für Abtrünnigkeit oder
als Verräter weit von sich gehalten und gemieden, bis er durch absolute Unterwerfung und
eindeutigen Gehorsam gegenüber den Auslegungen und Vorgehensweisen der Führung beweist,
daß er wieder in gutem Stand ist.
Es ist leicht zu sehen, wie jede Sekte, auch Jehovas Zeugen, das Leben eines Menschen
bestimmen kann, wenn dieser davon überzeugt ist, daß er Gott wohlgefällt und im
Austausch für seine Loyalität und Unterwerfung unter sie Vorrechte und Verantwortung
erhält.
Kürzlich (1998) brachte eine Frauenzeitschrift in Großbritannien einen Artikel über
Sekten, in dem einige Identifikationsmerkmale für Sektenorganisationen aufgelistet waren.
Hier ein paar davon, aufgeführt unter der Überschrift Sekten -- Die
Gefahren". Darunter habe ich in gelbem Text Kommentare gesetzt.
Das Zitat lautet:
Sekten bezeichnen sich im allgemeinen nicht als solche, und auf den ersten Blick mögen
sie als gewöhnliche religiöse Organisationen oder als solche für eine
Persönlichkeitsentwicklung erscheinen. Woher weiß man dann, welche Gruppen gefährlich
sind? Family Action Information and Rescue", die Familien, die von Sekten
betroffen sind, mit Rat und Tat beiseite steht, hob die folgenden Faktoren hervor, die
einen mißtrauisch machen sollten:
*Ein Führer, der Göttlichkeit oder eine besondere Mission beansprucht, die ihm durch
eine höhere Macht persönlich übertragen wurde, und unangefochtenen Gehorsam fordert.
Jehovas Zeugen lehren, daß eine zentrale leitende Körperschaft von Gott dazu ernannt
wurde, der alleinige Kanal der Anbetung zu sein, durch den Gott seinem Volk Erkenntnis,
die sogenannte `WahrheitA mitteilt.
*Ein sinnvoller Austausch mit der Familie oder früheren Freunden wird deutlich
beschränkt. Man sagt den Mitgliedern vielleicht, daß alles außerhalb der Sekte böse
ist. Alle, die nicht dem Glauben angehören, werden als schlechter Umgang angesehen, und
jeder Kontakt muß auf ein Minimum beschränkt werden, auch mit Angehörigen.
* Der Zweck der Sekte hat Vorrang vor den Bedürfnissen, Interessen und Absichten des
einzelnen. Bei den Zeugen hat das Predigen von Haus zu Haus des Endes der Welt durch
Gottes Königreich Vorrang vor allem anderen. Von beruflicher Selbständigkeit, Karrieren
oder akademischer Bildung wird abgeraten.
* Bekehrte zeigen Anzeichen von extremer Spannung, Furcht, Schuld; es fehlt ihnen an
Humor. Schuld und die Furcht vor einem Ausschluß sind die treibenden Kräfte, die
Mitglieder unterwürfig und tätig im Werk der Organisation zu halten. Obwohl umgänglich,
haben die Zeugen den Ruf, kalt und gefühllos gegenüber Außenstehenden zu sein, die in
Not sind. Sie werden auch sehr ernst.
* Finanzielle Ausbeutung der Mitglieder, darunter unbezahlte oder sehr schlecht bezahlte
Arbeit für die Sekte. Von den Mitgliedern wird erwartet, daß sie sich unentgeltlich und
freiwillig an ihren vielen Bauvorhaben beteiligen und keine Ausgaben geltend machen. Die
Zentrale verleiht Geld zu Zinsen, leiht sich selbst aber Geld ohne Zinsen.
* Rekrutierung durch Leute, die ausnehmend freundlich erscheinen, vereinfachende Antworten
auf komplexe Fragen haben oder kostenlose oder sehr billige Mahlzeiten oder Vorträge
anbieten. Mit freundlichem Lächeln und Gastfreundschaft werden alle Neubekehrten in die
Wohnungen zum Essen eingeladen; wenn sie einmal getauft und in der Organisation sind,
läßt man sie fallen und sie sollen alleine zurechtkommen. Man scheint auf alle Fragen
eine Antwort zu haben.
"Das ist keine erschöpfende Aufzählung der Kriterien, doch jede Organisation, bei
der mehrere Kriterien zutreffen, sollte mit Vorsicht behandelt werden", sagt
FAIR". Die Sprecherin Ursula McKenzie betont, es sei ein Mythos, daß nur
schwache" und junge Personen empfänglich für Sekten seien: Unter den
richtigen Umständen kann jeder empfänglich sein". Einmal in der Sekte, werden sie
vielleicht in einem Status der Beeinflußbarkeit gehalten durch Schlafentzug, schlechtes
Essen, intensive geistige Übungen und wiederholte Indoktrination. Wiederholte
Indoktrination ist die Grundlage der Zusammenkünfte der Zeugen: Predige mehr, besuche
alle Zusammenkünfte, lies die ganze Literatur, meide alles mögliche, das anderen Geistes
ist. Zitat Ende.
Die Zeugen lehren und zitieren Jesu Worte aus dem Evangeliumsbericht: Die Wahrheit
wird euch frei machen". Nach allem, was ich gesehen habe und jetzt nach vielen Jahren
der Gemeinschaft mit ihnen weiß, wissen die meisten nicht, was Rede- oder
Gedankenfreiheit ist und weichen schnell vor jedem zurück, der dieses Recht ausübt und
seine eigenen Gedanken äußert.
Viele Bücher sind über Gedankenkontrolle und Gehirnwäsche geschrieben worden. Ich
glaube nicht, daß Jehovas Zeugen zu Gehirnwäsche greifen, denn damit gehen gewöhnlich
Gewalt und Zwang einher. Gedankenkontrolle ist die Kunst zu manipulieren, und
Gedankenreform" die Manipulation der Gedanken in einer Weise zwingender
Überredung, gewöhnlich initiiert von der Person selbst durch ihre Fragen, wodurch der
Weg geebnet wird und man selbst für eine solche Manipulation empfänglich wird, wodurch
das Opfer sehr leicht hineingesogen werden kann, wenn die Person oder die Personen,
der/denen sie vertraut, als wirkliche Freunde angesehen werden, als jemand, der sich um
einen bemüht und sagt, er hätte nur die reinsten Beweggründe. Ohne zu sehr in die Tiefe
zu gehen, weil das ein anderes Thema ist, hier einige der Schritte, nach dem Gesagten
Ausschau zu halten und Gedankenkontrolle oder -reform, wie sie von Sekten verwendet wird,
auszumachen.
1/ MILIEUKONTROLLE.
Kontrolle der Umgebung und der Kommunikation, das heißt, was man sieht, beobachtet,
hört, liest, mit wem man Umgang hat, die Interessen: alles muß den Führern berichtet
werden. Man muß ihnen Rede und Antwort stehen.
2/ MYSTISCHE MANIPULATION.
Sie sind von einem Mysterium umgeben, sehen sich als alleinige Wächter der
Wahrheit", des Lichtes. Sie greifen zu Taktiken - der Zweck heiligt die Mittel. Die
Mitglieder verraten oder melden der Organisation Freunde, die ihnen vertrauten und sich
ihnen anvertrauten. Sie haben keine Zeit für ein persönliches Leben oder um über die
eigenen Interessen im Leben nachzudenken.
3/ FORDERUNG NACH REINHEIT.
Alles ist schwarz/weiß, nichts ist grau . Nur wer den Ideen und Regeln der Organisation
unbedingt folgt, ist gut. Wer Fragen stellt oder nicht übereinstimmt, ist boshaft, böse,
er muß gemieden werden. Sie allein" hat die Macht, zu vergeben. Sie zeigt auf
die Schwächen und Fehler anderer und macht den Eindruck, sie allein sei vollkommen,
sauber, ein reines erwähltes Volk.
4/ BEKENNTNISKULT.
Mitglieder haben innere Konflikte, welche Gedanken und persönlichen Geheimnisse sie
behalten und welche sie offenbaren sollen. Wenn sie von Sünden anderer wissen, müssen
sie sie berichten, sonst machen sie sich selbst schuldig und haben teil an den Sünden;
Gebrauch eines Informantensystems. Personen fühlen sich sicher, erhalten eine Antwort auf
alle Fragen (vereinfachende Antworten auf schwierige Fragen) und Probleme, egal wie
kompliziert und schwerwiegend:
5/ GEHEILIGTE WISSENSCHAFT.
Jeder, der nicht übereinstimmt, ist unwissenschaftlich; wiederum haben sie alle
Antworten. Es gibt auf alles eine Antwort und wenn nicht, dann muß man auf Gott warten
und der Gewalt oder der Organisation die Treue halten. Wer das nicht tut, ist illoyal,
untreu, man kann ihm nicht trauen. Wer nach Antworten sucht, wird beschuldigt, er eile
Gott oder der Organisation voraus. Die Gewalt, die Organisation wird überleben, nicht der
einzelne. Die Mitglieder stehen unter dem Zwang, zu bleiben, auch wenn sie vielleicht
krasse Irrtümer sehen oder Zeugen von Heuchelei werden..
6/ TENDENZSPRACHE.
Der Gebrauch von Wendungen" und Klischees", das heißt Wortwendungen
für gut und böse, Etikette für Gruppen oder einzelne Mitglieder. Beschränkt die
Mitglieder auf sich selbst; andere können durch die Art, wie man spricht und welche Worte
man gebraucht, sagen, wer man ist. Isoliert von der Realität; Probleme, mit
Außenstehenden zu reden, die nicht dieselbe Sprache sprechen. Außerhalb der Gruppe
Gefühl des Alleinseins. Man verläßt sich auf die Gruppe, um glücklich, zufrieden und
anerkannt zu sein.
7/ LEHRE STEHT ÜBER DEM MENSCHEN.
Man muß Lehren und harten, starren Regeln die Treue halten. Man darf keine eigene
Persönlichkeit, keine Fähigkeiten, keinen eigene Charakter entwickeln. Die Lehre hat
mehr Gewicht als die eigene Lebenserfahrung. Wenn ein Konflikt entsteht, ist deine
Erfahrung verkehrt, sie kann einfach nicht stimmen! Absolute Unterwerfung unter alle
Glaubenssätze wird gefordert, die Vorstellungen von Mitgliedern werden beiseite
geschoben. Wenn sich Glaubenslehren ändern, müssen sich auch die Mitglieder ändern, um
sich anzupassen und frühere Gedanken, so es sie je gab, verleugnen. Wenn man sich
schlecht fühlt, kommt das daher, weil man nicht genug glaubt oder weil man sich nicht
voll einsetzt. Dann muß man mehr tun.
8/ ERLAUBNISERTEILUNG ZU LEBEN.
Sie entscheiden, wer leben oder sterben sollte. Welche Geschichtsbücher benutzt werden
können: gewöhnlich diejenigen, die die eigenen Lehren stützen. Wer in der Organisation
ist, ist es wert, zu leben; wer außerhalb ist, ist des Todes würdig. Die Furcht vor
einem Ausschluß hält die Leute unter Kontrolle und ist der Beweggrund, alles zu tun, was
man ihnen aufträgt, selbst wenn sie es nicht tun möchten.
Aus den genannten Identifikationsmerkmalen ist es für mich offenkundig, daß Jehovas
Zeugen gegenüber den Mitgliedern starke Sektentaktiken und Manipulationsprozeduren
auffahren. Daran habe ich keinen Zweifel. Sich dessen bewußt zu sein, hilft uns, uns
davor zu bewahren, Opfer vieler anderer solcher Organisation und aufkommender Gruppen zu
werden. Es wäre eine Katastrophe, einer Sekte zu entrinnen, nur um sich dann als Opfer
einer anderen wiederzufinden!
Um zu zeigen, wie Sektendenken ein vernünftiges Urteil verdunkelt, soll die folgende
Begebenheit veranschaulichen, wie enge familiäre Bedürfnisse zugunsten der Bedürfnisse
derer beiseite geschoben werden können, die in einer Sekte oder Gruppe sind, die nun als
die 'wahre Familie' angesehen werden.
In den 1980er Jahren war meine Mutter nach Wales (Großbritannien) gezogen. Nun wollte sie
wieder zurück nach London und bat meine Großmutter um einen Brief an die Behörden mit
der Bitte, daß sie wieder eine Wohnung in London bekäme, damit sie für ihre Mutter
sorgen könne, und schickte diesen an die örtlichen Behörden. Meine Mutter hatte gesagt,
sie wolle für meine Großmutter sorgen, und ein Umzug zurück wäre der beste Schritt
dazu, weil sie das aus so großer Ferne nicht tun könne. Sie akzeptierten die Bitte, denn
es ist ja weniger Arbeit für die örtlichen Sozialdienste, wenn ein Angehöriger in der
Nähe lebt. Doch sobald meine Mutter die Wohnung bekommen hatte, begann sie nicht etwa
für meine Großmutter zu sorgen, sondern statt dessen ging sie direkt an ihrer Tür auf
demselben Gang des Wohnhauses vorbei und besuchte andere alte Leute, die durch sie mit
Jehovas Zeugen studierten. Sie erledigte sogar Einkäufe und arbeitete für diese Leute.
Meine Großmutter hörte davon und war sehr erregt, wie ihre eigene Tochter dies tun
konnte, nachdem sie alles getan hatte, um ihr die Wohnung zu besorgen.
Man muß nicht noch sagen, daß der Rest der Familie sehr wütend war und sie verstieß
und sich sogar weigerte, mit ihr zu reden. Während all dies vor sich ging, lobten die
Ältesten der Versammlung ihr wunderbares Werk, wie sie 'die einzige Hoffnung für die
Menschheit' verbreitete und die ganze Zeit damit verbrachte, all diesen Menschen zu
helfen. Für sich selbst fühlte sich meine Mutter völlig gerechtfertigt, für diese
nicht mit ihr verwandten Leute zu sorgen, weil diese ihre neue, voraussichtliche Familie
'im Herrn', wie sie sagen, wären. Und die eigene Mutter beiseite zu schieben, war völlig
akzeptabel, da meine Großmutter nicht Jehova diente und eh wie tot war. So argumentierte
sie, und das lehrt die Wachtturmorganisation. Man kann recht deutlich erkennen, warum so
viele Menschen in der Öffentlichkeit denken, Jehovas Zeugen zerbrächen Familien und
reißen sie auseinander: wegen ihrer Vorgehensweisen, des unvernünftigen Denkens und des
verdrehten Verantwortlichkeitsgefühls, um den Willen Gottes zu tun. Diese Ansicht wird
dadurch verfestigt, daß jeder, der gegangen ist oder die Gemeinschaft verlassen hat, als
tot angesehen und nicht einmal gegrüßt wird, wenn er auf der Straße gesehen wird.
Seid reichlich beschäftigt im Werk des Herrn" ist eine weitere biblische
Wendung, die die Zeugen benutzen, wenn man völlig mit Arbeit zugeschüttet ist . . . aber
welche Auswirkung hat das auf den einzelnen und insbesondere die Kinder?
Kapitel 5
Zuviel Arbeit ist ungesund, auch für mich und meinen Bruder
Der Charakter ist wie ein Baum und der Ruf wie sein Schatten. Wir glauben, den Schatten zu
sehen, aber das Reale ist der Baum.
Abraham Lincoln
Wenn sich Menschen ansehen, dann halten sie selten inne und fragen: Ich möchte doch
gerne wissen, was für ein Leben oder was für eine Kindheit er hatte." Sie sehen,
wie man etwas tut und reagieren darauf, ohne zu verstehen, wie man so geworden ist, daß
man etwas so tut, wie man es tut. Die Leute machen sich selten klar, daß die äußere
Hülle nicht immer der eigentliche Mensch ist, aber ohne Fähigkeiten und Erkenntnis sowie
Erfahrung weiß man nicht, wie man sonst mit einer Situation fertig werden soll. Ich habe
mir selbst und anderen gelegentlich Schmerz und Trauer bereitet; nicht daß ich ein
schlechter Mensch bin, aber ich bin einfach manipuliert und vor Schuldgefühlen völlig
verwirrt, so daß ich jahrelang nicht wußte, wie man ausgeglichen sein soll, um
vernünftige oder ehrliche Entscheidungen zu treffen. Manchmal war ich sehr dogmatisch,
anmaßend, fanatisch, rechtfertigend, unvernünftig, ein Perfektionist in allem, was ich
tat, und mit hohen Erwartungen an andere. Vieles davon ist auf das zurückzuführen, was
ich als Kind war und was von mir als Kind erwartet wurde, und auch auf die
Zeugenorganisation.
Seit früher Kindheit wurde ich dazu erzogen, zu arbeiten und alles für mich selbst zu
tun. Ich beklage mich nicht darüber, daß es falsch ist, wenn Eltern ihren Kindern
beibringen, auf eigenen Füßen stehen zu lernen, aber Eltern müssen im Sinn behalten,
daß Kinder NUN EINMAL KINDER SIND, keine Arbeitspferde oder Sklaven. Sie gedeihen auch
durch Zuneigung und Liebe. Ich erinnere mich, wie ich vor ein paar Jahren den Musicalfilm
'Oliver' gesehen habe, und wie einsam diese armen Kinder gewesen sein müssen,
überarbeitet, hungrig, und am schlimmsten von allem keine Liebe oder Zuneigung. Ich
bekomme immer einen Kloß im Hals, wenn ich einige dieser Lieder und Melodien höre, weil
mir das Gefühl, wie Oliver es ausdrückt, nahe geht und so sehr wirklich für mich
scheint. Oh, auch wenn nicht in der Zeit von Dickens gelebt habe: ein Leben ohne
Zuneigung, mit Furcht, Schlägen und Leiden ist zu jeder Zeitperiode dasselbe.
Nach den täglichen Ritualen, religiöse Schriften zu lesen, zu den Zusammenkünften zu
gehen und sich vorzubereiten usw, war Arbeiten das Nächstwichtige. Steh auf und mach dein
Bett, du bist an der Reihe, das Geschirr zu spülen, nimm den Müll mit. Aber dann kamen
die anderen Pflichten. Den Boden aufwischen, die Terrasse saubermachen, die Fenster
putzen, den Messingtürknopf und den Briefkasten polieren, die Toilette und das Bad
reinigen und auswaschen. Die Fliesen reinigen, Wäsche von Hand waschen, sie ausspülen,
sie zum Trocknen nach draußen hängen, sie wieder hereinholen und bügeln, alles
wegräumen. Den Herd abwaschen und säubern, alle Metallteile polieren. Den Staubsauger
und die Besen reinemachen, die Mops und andere Reinigungsutensilien waschen. Die Möbel
polieren. Überall in der Wohnung Staub wischen. Essen bereiten: Kartoffeln schälen und
Gemüse putzen, den Backofen und die Regale schrubben und eine ganze Liste anderer
täglicher Reinigungsarbeiten. Und über allem noch Einkaufen gehen, bis zu achtmal hin
und her, um alles zu bekommen, während meine Mutter uns Anweisung gab, was und wo
einzukaufen wäre, und es ZURÜCKBRINGEN, wenn es nicht richtig war. So manches Mal haben
wir das Falsche erwischt, dann bekamen wir eine ordentliche Tracht Prügel, aber dann
durften wir noch eine halbe Stunde hinaus, um es umzutauschen. Draußen sein war 'die
Freiheit', auch wenn ich mit Tränen und Schmerzen die Straße entlangging, während in
meinem Kopf die Worte meiner Mutter widerhallten: Bleib nicht stehen und rede mit
niemandem."
Wo war meine Mutter, wenn mein Bruder und ich jeden Tag an die Arbeit gesetzt wurden? Sie
war draußen, um von Haus zu Haus zu predigen und den Leuten zu erzählen, was für eine
feine christliche Familie sie hatte und wie sie ihnen helfen könnte, eine glücklichere
Familie wie wir zu werden! Ich bezweifele, daß wir die ganzen Schulsommerferien über,
die zwischen sechs und sieben Wochen dauerten, auch nur einen Tag hatten, an dem wir
hinaus zum Spielen gehen konnten. Und wenn, womit? Wir hatten nichts! So bedeutete es die
meiste Ferienzeit über, egal welche Jahreszeit, daß wir wählen mußten, ob wir jeden
Tag stundenlang zum Predigen von Haus zu Haus mitgeschleppt werden wollten oder
zurückblieben, um Arbeiten im Haus zu erledigen. Wenn wir, mein Bruder und ich,
zurückblieben, dann schauten wir aus dem obersten Fenster und konnten sehen, wie alle
anderen Kinder spielten; ja, sie hatten sogar Fahrräder und Eis vom Eiswagen, der jeden
Tag vorbeikam. Hin und wieder bekamen wir eins, aber das war sehr selten; wir waren wie
Gefangene im eigenen Haus ans Arbeiten gesetzt und hatten Angst vor Strafe, wenn meine
Mutter nach Hause kam und die Arbeit nicht getan war.
Selbst im Sommer, wenn es abends noch lange hell war, mußte ich, bis ich 13 Jahre alt
war, um 18.30 Uhr ins Bett, wenn abends keine Versammlung war. Oder wir mußten studieren
und uns auf die Zusammenkunft vorbereiten, was losging, sobald wir von der Schule zu Hause
waren. Mein Bruder und ich, wir mußten im Bett sein und durften nicht mit offenen Augen
liegen oder miteinander reden. Wenn unsere Mutter hereinkam und sah, daß wir die Augen
offen hatten, oder uns reden hörte, zog sie die Bettdecken zurück und verabreichte uns
mit einem Lederriemen eine ordentliche Tracht Prügel, manchmal auch mit dem Schnallenende
oder mit einem Stock. Es war ihr egal, wo uns die Schläge trafen, solange wir nur
geschlagen wurden, und wo wir beiden Jungen nun einmal dürr und zerbrechlich waren,
hatten wir oft blaue Flecken und waren übel zugerichtet, so daß wir uns kaum bewegen
konnten, wo wir fastgelähmt waren von den schmerzenden Schlägen. Ich erinnere mich, wie
mein Bruder zusammengerollt auf dem Boden lag, wie meine Mutter auf ihn losging, zu
entsetzt, um zu schreien, weil ich dann auch noch verprügelt worden wäre. Ich denke ganz
ehrlich, daß mein Bruder mehr geschlagen wurde als ich, da ich wegen meiner
Kinderlähmung der Schwächere war, aber ich habe auch meinen Teil Prügel erhalten. Ich
erinnere mich, wie meine Mutter so manches Mal in unser Schlafzimmer stürzte, auch wenn
wir nur miteinander flüsterten, und schrie: 'ich versuche, zu studieren', womit sie die
Vorbereitung auf die Zusammenkunft meinte, und auf uns losging. Es mußte absolut ruhig
sein, kein Laut, wenn sie las. Mein Vater verbrachte dann seine Zeit in einem anderen
Zimmer und dachte, wir hätten darum gebeten, zu der Zeit schon ins Bett zu gehen, weil
sie ihm das gesagt hatte. Selbst meine Verwandten riefen an und fragten, ob sie uns mit
hinausnehmen könnten, und sie sagte ihnen dann immer, es gehe uns nicht gut und wir seien
im Bett oder wir würden gerne früh ins Bett gehen. Auf diese Weise, wenn wir nicht auf
waren, konnten wir nicht mit jemandem verkehren, der kein Zeuge Jehovas war.
Die Besessenheit meiner Mutter, zu studieren und zu predigen, wurde zum Mittelpunkt ihres
Lebens; nichts anderes war mehr von Bedeutung, nicht einmal mein Vater. Wenn mein Vater
uns hinaus in einen Park oder zu einem Picknick nehmen wollte, ging auch meine Mutter mit
. . . aber mit einer großen Tasche voller Bücher und Zeitschriften, und sie las dann die
ganze Zeit über und ließ meinen Vater in Ruhe. Er erkannte, daß da ein Problem bestand,
denn selbst zu Hause saß sie die halbe Nacht auf und las. Mit der Zeit, als ich ein
Teenager war, trennte sich meine Mutter selbst von meinem Vater. Sie sagte mir, da sie
glaube, sie komme in den Himmel, sähe Gott sie als vollkommen an, und mit jemandem, der
unvollkommen sei, eine Beziehung zu haben, sei eine Sünde. Inzwischen war sie außer
Kontrolle geraten. Sie verursachte meinem Vater so viel Schmerz, und folgte ihm Jahre
später überallhin, um sein Leben zu ruinieren, weil sie sagte, er sei böse; sie ließ
sich von ihm scheiden und hatte ein Verhältnis mit einem anderen Mann. Sie ließ meinen
Vater in Frieden, und er war frei zu heiraten, was er Jahre später auch wieder tat.
Meine Mutter machte meinem Vater das Leben so schwer, daß sie ihn zur Verzweiflung
brachte, und so sehr an ihm herumnörgelte, daß er fast geisteskrank wurde. Eines Tages
hatte mein Vater, der tropische Fische gern mochte, sein großes Aquarium gereinigt, und
meine Mutter redete unaufhörlich auf ihn ein. Er hatte gerade alles eingerichtet, da
rastete er aus, und um ihren Mund zu stopfen, packte er sie und tauchte ihren Kopf in das
Aquarium mit den Tropenfischen. Es gab ein riesiges Aufblinken und einen Knall, und alle
Fische begannen auf der Oberfläche zu treiben! Wir verloren alle Fische, aber es kühlte
sie für eine Weile ab. Wir Jungen dachten, das sei wirklich spaßig, und lachten uns
kaputt!
Ich will auf unser Leben zu Hause zurückkommen. In unserer Küche hatten wir einen hohen
Schrank, und dort wurden die Besen und die Mops und auch die anderen Reinigungsutensilien
aufbewahrt. Aber dort bewahrte meine Mutter auch einen Bambusfederstaubwedel auf. Dieser
Staubwedel mit dem Bambusstiel war die größte Ursache von Schmerz und Kummer, die wir
als Kinder kannten, und es versetzte uns schon in Furcht, wenn meine Mutter an den
Türknopf des Schrankes reichte, weil sie ohne Vorwarnung mit solcher Schnelligkeit
zuschlug, daß es einen schon fast lähmte. Kapitel 8 läßt noch einmal einige dieser
Begebenheiten lebendig werden.
Kongreßarbeit
Wenn das noch nicht reichte, da waren auch Kongresse, für die man sich freiwillig melden
konnte; nein, freiwillig melden mußte. Meine Mutter meldete sich immer am
Freiwilligentisch und sagte: `Wir kommen alle und verrichten eine freiwillige Tätigkeit.A
Gott, wie ich das `wirA haßte. Es hört nie auf, mich in Erstaunen zu versetzen, wie
Menschen sich ohne Ende über niedrige Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen beklagen
und einen doch in einer Organisation, die den Anspruch erhebt, von Gott selbst geleitet zu
werden, davon überzeugen, es sei tatsächlich ein `wunderbares VorrechtA, für diese
Organisation für absolut nichts zu arbeiten, nicht einmal für ein Essen. Ich vermag
nicht zu sehen, wie jemand, der am Tag zuvor zwei Teller mit einem Currygericht gegessen
und sie mit ein paar Gläsern Bier heruntergespült hat, zu einem Kongreß spaziert und
sich dazu entschließt, auf einer Kongreßtoilette, die ständig von mehreren Hundert
Anwesenden gebraucht wird, alles wieder herauszulassen. Und dann soll es ein Vorrecht
sein, wenn er sie auf Händen und Knien reinigt und Älteste organisieren und überwachen
die Arbeit (und tun es nie selbst) und sagen einem: Ja, das ist alles für Jehova,
mach nur weiter, freust du dich nicht, hier mit allen Brüdern zusammen zu sein?"
Die Arbeit bei Kongressen der vergangenen Jahre war enorm, und ich erinnere mich, wie Jahr
für Jahr große Kongresse in Fußball- oder Rugbystadien wie Wembley und Twickenham
abgehalten wurden, wo man stundenlang beim Essen anstand. Arbeiten, Tausende von Tabletts
abwaschen, wie sie bei der Armee oder in Gefängnissen benutzt werden. Das Essen war
einfach widerlich und fast immer kalt . . . aber nicht vergessen: Es ist ein Vorrecht,
dort zu sein!
1965 wurde ich mit meinem Bruder von der Victoria Station, London, aus in einem Reisebus
nach Schottland zu einem Kongreß mitgenommen. Die Fahrt dauerte 13 Stunden, und zweimal
wurde angehalten. Bei dem Kongreß dauerten die Vorlesungen von 9.30 morgens bis 21.00 Uhr
abends, und wir hörten Ansprachen, in denen gesagt wurde, daß der Teufel `auf immer und
ewigA `in den Feuersee geworfenA werde, und ich erinnere mich, wie ich dachte: Oh Gott,
das dauert ja noch länger als dieses hier! Wir wurden zu einem Zeltlager gebracht, wo
kein Essen erlaubt war. Wir schliefen in einem Zelt ohne Boden, und mit nur einer Decke
pro Person war es eiskalt. Als wir morgens aufstanden, mußten wir quer durch das
Zeltlager zu einer Hütte mit Duschen, ewig lange in einer Schlange stehen und uns mit
kaltem Wasser waschen. Meine Mutter kaufte mir ein Paar Schuhe in einer komischen Größe.
Der linke Schuh war größer als der rechte, und ich rutschte immer heraus, wenn ich ging.
Wir trugen kurze Hosen, und der Aufenthalt war die längste Tortur, an die ich mich je
erinnern kann. Ich war die ganze Zeit über hungrig, mir war kalt, und ich wurde immer,
wenn ich mich beklagte, geschlagen. Mein Vater konnte nicht mitkommen, weil er arbeitete,
so zerrte meine Mutter uns Jungen mit zu etwas, von dem wir dachten, es sei Urlaub, aber
es waren fünf Tage Elend. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich geschlagen wurde.
Ich erinnere mich, daß mir sogar an einem Nachmittag, als wir im Kino waren, gesagt
wurde: Schau auf den Boden, sieh dir das nicht an", als etwas auf die Leinwand
kam, von dem meine Mutter dachte, es sei unchristlich, das zu sehen. Sie kniff mich so
hart, daß ich fast aufsprang, meine Beherrschung verlor und vor allen Leuten schrie:
HALT DEINEN MUND UND LASS MICH IN RUHE". Sie war wirklich wild, und ich bekam
eine ordentliche Tracht Prügel, als ich draußen war: Schlag auf Schlag. Ich schluchzte
auf dem ganzen Nachhauseweg und mußte mit anhören, wie sie meinem Vater sagte, wie ich
mich aufgespielt und sie im Kino in eine peinliche Situation gebracht hatte und ohne Essen
ins Bett geschickt werden mußte, was im übrigen eine regelmäßige Strafe für jedes
kleinere Vergehen war.
Das strenge Vorgehen bei Bestrafung war nun nicht die Strafe selbst, sondern die seelische
Grausamkeit. Und die nächste Taktik war, uns soviel Angst vor Gott einzubleuen, daß wir
es nicht einmal wagten, `daran zu denken, etwas Verkehrtes zu tunA, geschweige denn, es
auch tatsächlich zu tun.
Und hier kommt das Okkulte auf den Plan . . .
Kapitel 6
Das Okkulte, Finsternis und Schlaflosigkeit
Wirkliches und eingebildetes Böses haben dieselbe Wirkung auf den menschlichen Sinn.
Autor unbekannt
Furcht ist eine erstaunliche Waffe. Ich habe einen Freund, der den dritten Dan in Judo hat
und zäh wie Leder ist, wie man so sagt, aber wenn er nur eine Injektionsnadel sieht,
fällt er schon fast in Ohnmacht. Er würde eher einen wütenden Mob angreifen, als eine
Injektion zu haben. Das ist eher eine Phobie. Aber der Punkt ist, daß Furcht einen dazu
bringen kann, etwas zu tun oder auch zu lassen. Nichts ist für ein Kind so entsetzlich,
als im Dunkeln allein zu sein und gesagt zu bekommen, daß etwas da ist und hervorkommt,
wenn man ungehorsam oder ungezogen ist.
Meine Mutter war direkt besessen danach und benutzte es, um meinen Bruder und mich seit
frühester Kindheit an zu manipulieren. Sie war bei einer Spiritistin vorbeigegangen und
hatte eine Menge Dinge in den Diskussionen mit ihr gelernt. Die Frau war tatsächlich ein
Medium. Meine Mutter ließ uns niedersitzen und kramte einige alte Bücher hervor und
begann, uns Bilder von Schwarzer Magie und Hexerei und die Masken zu zeigen, die von den
hohepriesterlichen Hexern getragen wurden und die mich ganz und gar erschreckten. Ich
erinnere mich an jenen Tag, als sei es erst vor wenigen Augenblicken gewesen, daß mir
meine Mutter zeigte, wie der Priester den geopferten Menschen das Herz herausschnitt und
das Blut trank. Sie ging in alle Einzelheiten über Voodoo und Magie, und wie sie benutzt
werden können, um Verwünschungen auszusprechen, und wie man Nadeln in eine Puppe sticht,
die jemanden töten konnten; und sie zeigte uns Bilder davon. Ich war so entsetzt, daß
ich vor Angst schlotterte und zitterte, und diese Furcht dauerte viele Jahre. Auch als ich
schon zur Schuloberstufe ging, ging ich, selbst mit 15 Jahren nicht, alleine eine Treppe
hoch. Ich hatte furchtbare Angst, irgendwo um eine Ecke zu gehen, wenn ich nicht wußte,
was da war. Es brauchte lange Zeit, bis ich darüber hinweg war, und ich hatte immer noch
Alpträume und entsetzliche Träume während meiner ersten Ehe, als ich schon über
zwanzig war (Bild oben: Ektoplasma während einer spiritistischen Sitzung; Plasma, das
hervorkommt und eine Erscheinung bildet, Das ist die Art von Bildern, die meine Mutter uns
zeigte, als wir kleine Kinder waren, 7 Jahre und älter).
Ich sah Bilder, wie Leichen aus dem Grab hervorgeholt wurden und umhergingen, Levitation
und Verunstaltungen. Das Bild, das mir den meisten Schrecken einjagte, war dasjenige, wo
während einer spiritistischen Sitzung weißes Plasma aus dem Mund einer Frau kommt. Ich
war so verängstigt, daß ich schrie und mich in der Ecke eingerollt versteckte, bis es
Zeit zum Bettgehen war. Ich war hysterisch. Meine Mutter sagte dann: "Ja, wenn du
Jehova dienst . . . dann hast du doch nichts, wovor du dich fürchten mußt."
Ich hatte immer große Angst davor, ins Bett zu gehen, weil alles, was ich sehen konnte,
diese Bilder waren. So manches Mal wachte ich auf und schrie wegen einiger der
entsetzlichsten Alpträume, die man sich vorstellen kann. Allein gelassen in einer
Leichenhalle mit verwesenden Leichen; eingeschnitten oder aufgeschlitzt mit Rasiermessern;
rennend, aber nie in der Lage, vom Fleck zu kommen; fallend und entsetzliche Gesichter
sehend. Meinem Bruder ging es ebenso wie mir, und für eine lange Zeit hatte er immer
wieder denselben Alptraum und sagte, daß eine entsetzlich tiefe Stimme ihn aufweckte und
sagte: "Ich bin grausam, nicht wahr?" Das machte meinen Bruder verrückt, und er
war so versteinert wie ich, auch nur zur Toilette zu gehen.
Wir hatten einen langen, dunklen Flur, der die Form eines "L" hatte, und man
mußte um eine Ecke gehen, um in die Toilette und das Badezimmer zu gelangen. AUF KEINEN
FALL konnte man den Flur entlanggehen, nachdem die Sonne untergegangen war, und wenn, dann
nur wir beide zusammen. Wir gingen sogar zusammen in die Toilette, und wenn wir drinnen
waren, waren wir zu verängstigt, die Tür wieder aufzumachen und hinauszugehen. Erst
viele Jahre später bestätigte mein Vater, daß er dasselbe empfand und daß ihn ein
eisiges Gefühl überkam, wenn er den Flur entlang und um die Ecke ging.
Später verließen wir die Wohnung; zuerst mein Bruder und dann, einige Wochen später,
ich, um bei unseren Großeltern zu leben, da unsere Urgroßeltern gestorben waren und ein
hübsches Appartement hinterlassen hatten, das meine Großmutter mieten wollte. Als wir
davon hörten, packten wir die Gelegenheit beim Schopf und bettelten sie an, es uns zu
überlassen, was sie auch tat. Ich war zum Polizeirevier gegangen, um zu fragen, ob wir
unsere Wohnung verlassen könnten und wie die Gesetzeslage hier aussähe. Ich erzählte
der Polizei, daß ich ständig geschlagen wurde und alle meine Dinge zerstört wurden,
aber sie waren wirklich nicht so interessiert. Der Polizist sagte nur, daß man mich als
Minderjährigen nach Hause bringen könne, weil ich gerade einmal 15 Jahre alt war, aber
er fügte hinzu, wenn ich bei einem Verwandten wohnen würde, dann könne ich dort
bleiben. Das war alles, was ich hören wollte, und ich ging. Was zu diesem Entschluß
führte, wird in Kapitel 13 näher ausgeführt. Meine Mutter hatte meinen Vater lange Zeit
im Griff, bis er erkannte, was geschah, daß wir ihm nicht erzählen konnten, was wir
durchmachten, wenn er nicht da war.
Jetzt fürchte ich mich nicht mehr vor der Dunkelheit und nichts regt mich mehr wirklich
auf, außer daß ich mit 47 Jahren nie schlafe. Als ich ein Kind war, lag ich immer im
Bett, immer am frieren und mit einem Kopfkissen, das ich um beide Gesichtshälften packte
und mit der Decke hoch bis zu den Augen. Selbst das leiseste Geräusch hielt mich wach,
und für viele Jahre litt ich unter extremer Schlaflosigkeit, weil ich Angst hatte,
einzuschlafen und dann wieder die Alpträume zu durchleben, die so entsetzlich waren, daß
sie mich für Wochen krank machten. Ich konnte keinerlei Schularbeiten erledigen, weil ich
mir darüber Sorgen machte, was in der kommenden Nacht wieder geschähe; so ruinierte
diese Angst meine schulische Laufbahn.
Diese Methoden wären heutzutage Gründe, einer Mutter das Kind wegen seelischer
Grausamkeit wegzunehmen, und jede solche Mutter könnte sogar gerichtlich belangt werden.
Doch wie beweist man wiederum das, wenn ein Kind solche Angst hat, sich zu äußern, da es
vielleicht wieder in dieselbe Situation zurückkehren muß, und alles kann noch schlimmer
sein als zuvor. Einem Kind den Kopf mit Gedanken daran vollzustopfen, daß Satan es in der
Nacht aufsuchen könnte, oder solche Bilder zu zeigen, daß es selbst einem hartgesottenen
Erwachsenen den Magen herumdreht, kann solche seelischen Narben hinterlassen, daß wie bei
einer körperlichen Wunde die Schmerzen aufgehört haben mögen; die Narben bleiben aber
für immer.
Damals in den 1960er Jahren gab es noch nicht diese Hilfsgruppen, die jetzt bestehen, und
auch nicht die Kindernotrufleitungen; so schätze ich, daß ich mich sehr isoliert und
allein fühlte, und sehr verletzlich.
Diese Angst brachte mich dazu, solche schrecklichen Probleme zu entwickeln, daß es wie
gesagt mein Schulleben ruinierte. Ich fing an zu stottern, und wenn das Klassenbuch
hervorgeholt wurde, um die tägliche Anwesenheit festzustellen, sollte ich, wenn mein Name
genannt wurde, sagen: "Anwesend, Sir", aber ich brachte nur "anwesend"
heraus. Das machte mich so fertig, daß ich monatelang die Schule schwänzte, durch die
Parks lief und mich an Orten versteckte, wo es schön war. Ich hatte auch Perioden von
Bettnässen, und ich wußte, wenn das geschah, dann war das eine große Last für mich.
Jedesmal wenn es passierte, packte meine Mutter mich bei den Haaren, schleppte mich ins
Schlafzimmer und rieb mein Gesicht darin. Und dann schlug sie mich mit einem Bambusrohr
oder -stock, bis ich nicht mehr stehen konnte. Man gab mir dann nichts zu essen, und ließ
mich mit meinen eigenen Händen all mein Spielzeug zertrümmern und zerstören. Mit der
Zeit hatten weder ich noch mein Bruder noch etwas. Bei einer Gelegenheit hatte ich einen
Klumpen Plastilin, aus dem man etwas formen konnte, weil ich dachte, das könne meine
Mutter nicht zerstören, wenn sie mich bestrafte, aber beizeiten wurde auch dieser
konfisziert und weggeworfen. Aber es sollte noch schlimmer kommen . . .
Kapitel 7
Poltergeister, Spukgestalten und Erscheinungen
Der Feind, den wir am meisten fürchten, ist der, den wir nicht sehen können.
Autor unbekannt
Wir sehen es in Filmen, auf Zeichnungen, in Büchern, dennoch haben wir keine Furcht; aber
wenn es passiert, kann es eine der entsetzlichsten Erfahrungen sein, die einen für den
Rest seines Lebens nicht mehr losläßt: der Bereich des Übernatürlichen. Ich habe
Männer gekannt, die völlig furchtlos waren und jedem die Stirn boten und doch ganz
zermatscht waren und wie ein Wackelpeter zitterten, aus Furcht vor dem Unbekannten, als
sie eine unheimliche Erfahrung machten, die sie nicht erklären konnten. Ich habe Riesen
von Männern auf Baustellen gekannt, die aus Untergeschossen kletterten, weil sie
irgendeine eiskalte Gegenwart fühlten, die sie nicht erklären konnten, und die sich
weigerten, zurück in den Bau zu gehen, obwohl es keinen ersichtlichen Grund für den
Vorfall oder eine Erklärung gab. Und die sich später fragten, warum all die Aufregung!
In unserem Haus wurde unser Leben, wie ich eingangs gesagt habe, von der
Zeugenorganisation reglementiert, und wegen der Dinge, die man mir zeigte und die man mich
lehrte, gehörten Alpträume zu meinem Leben als Kind. Doch nichts war so schlimm, als
wenn wir in die oberste Etage des Gebäudes gezogen waren. Ich weiß nicht, wohin die
vorigen Mieter gingen, nur daß wir keine Postnachsendeadresse hatten, um mit ihnen
Kontakt aufzunehmen. Was ich weiß: Die Alpträume nahmen mit der Zeit zu, als wir dort
lebten.
So manches Mal erwachte ich aus tiefem Schlaf und war aus keinem Grunde hellwach und
konnte nicht wieder einschlafen. Wenn ich durch den Raum schaute, dann war die Tür weit
offen und die Türöffnung war pechschwarz.. Alles was ich wußte, war: Ich war nicht
allein, und was immer anwesend war, versteckte sich im Eingang und beobachtete mich. Oft,
wenn ich aufgewacht war, sah ich dunkle Schatten, als ob sie sich quer über die Wand
bewegten, obwohl draußen kein Licht war, das sich bewegte. Oder ich fühlte, wie sich
plötzlich etwas mit dumpfem Schlag auf das Ende des Bettes setzte, und wie das Gewicht
dann wieder abhob. Oder der Schatten einer Figur in einer Ecke. Der Raum war dann eiskalt
wie ein Kühlschrank, um nach einer kurzen Zeit wieder zur Normaltemperatur
zurückzukehren -- und das sogar im Sommer.
Jahre später, als ich schon erwachsen war, erzählte mir mein Vater, daß unser
Bücherschrank immer wackelte und Dinge sich von alleine bewegt hätten und Möbelstücke
sich bewegt hätten. Bei einer Gelegenheit kam mein Vater vor meiner Mutter und mir nach
Hause; wir waren draußen zum Predigen und fanden dann meinen Bruder, wie er draußen im
Gras saß und vor Furcht schlotterte und zitterte, weil etwas in der Wohnung sei und ihn
beobachte. Er war so versteinert, daß er wochenlang im Schock war, und er wollte nie mehr
alleingelassen werden. Das Argument meiner Mutter war, wir könnten ja wie bei Kindern
üblich miteinander raufen; so trennte sie uns und nahm oft einen von uns mit sich. Trotz
unser flehentlichen Bitten, uns niemals alleine zu lassen, sagte sie, wenn wir uns
fürchteten, sollten wir den Namen Gottes ausrufen. Keine große Hilfe, wenn man so
erschreckt vor Furcht ist und nicht einmal den Mund aufmachen kann!
Nachdem ich mit 15 Jahren unsere Wohnung verlassen hatte, lebte ich bei meiner
Großmutter, und alles war in Ordnung. Dann bekam ich eine Wohnung zusammen mit dem Bruder
meiner Mutter; er war der jüngste und etwa vier Jahre älter als ich selbst, aber er war
sehr humorvoll, und wir fanden es immer schön, beieinander zu sein. Wir standen uns nahe
und kamen gut miteinander zurecht; daher zogen mein Bruder, ich und mein Onkel Alan in
eine neue Wohnung, und wiederum fühlten wir uns wohl. Aber mein Onkel heiratete, mein
Bruder zog aus, um mit einem Freund zusammenzuleben, und so ging ich zurück nach Hause,
bis ich Ordnung in die Dinge bringen konnte, als ich 18 war.
Das war das Schlimmste, das ich je gemacht habe, und die furchtbarste Alptraumerfahrung,
die ich jemals in meinem Leben hatte. Ich bekam wieder mein Zimmer. Diesmal dekorierte ich
es und dachte, alles wäre jetzt anders . . . Gott, wie ich mich irrte!
Ich begann, mich ohne ersichtlichen Grund unwohl, bedroht zu fühlen. Ich wußte, daß
meine Mutter oft in den Raum kam, als wir noch Kinder waren, und am Bettende stand und
nichts sagte. Man erwachte mit einem wirklichen Schock und sprang aus dem Bett vor Panik,
jemanden zu sehen, der einen beobachtet. Sie sagte niemals etwas; sie starrte nur und ging
dann aus dem Raum. Sie tat das immer nachts; das war wirklich gruselig, und mein Bruder
war erschreckt, wenn sie das bei ihm tat. Aber die Atmosphäre war irgendwie anders, wenn
das Gefühl, beobachtet zu werden, eiskalt und still war, wenn sie nicht da war. Dies war
etwas ganz anderes.
Mit den Wochen begann ich das Gefühl zu haben, daß ich in eine Konfrontation
hineingezogen wurde. Ich konnte nicht erklären, was oder wie, aber alles, was ich weiß,
war, daß die Erscheinung immer kühner wurde, sich mir zu stellen. Dann eines Nachts
erwachte ich und war hellwach und fror und schwitzte zugleich. Als ich in den schwarzen
Eingang sah, wußte ich, daß mich etwas beobachtete. Ich wußte es einfach; ich wußte
nicht wer oder was es war, alles, was ich wußte, war, es war da. In der folgenden Nacht
passierte das wieder, und ich rief nach meinem Vater und meiner Mutter, aber sie
antworteten nicht. Sie schliefen tief in den angrenzenden Räumen -- meine Mutter im
Wohnzimmer und mein Vater im anderen Schlafzimmer, da sie damals gerade getrennt
schliefen. Ich wollte das Licht anknipsen, aber ich konnte nicht an den Schalter reichen;
der war rechts neben dem Türrahmen, und ich hatte Angst, jemand würde meine Hand
ergreifen, wenn ich mich danach ausstreckte. Ich hatte solche Angst, daß ich die ganze
Nacht bei geöffnetem Fenster dasaß, damit ich aus dem Fenster schreien konnte, wenn es
wiederkehren sollte.
Am dritten Abend ging ich wie zuvor auch ins Bett, und ich erinnere mich, daß es immer
dann, wenn diese Dinge passierten, 2.00 Uhr morgens war. Ich erinnere mich, wie ich
plötzlich aufgeweckt wurde und der Raum sich mit einem schrecklich eisigen Gefühl und
mit Furcht erfüllte. Ich schaute zur Tür und wußte, ich war sicher im Raum, wenn ich
blieb, wo ich war. Aber nein . . . ich begann zu fühlen, wie es auf mich zukam; es kam
vom Eingang um die dunkle Ecke und trieb ruhig den Flur entlang auf meine Türöffnung zu.
Ich wußte, jetzt war es da, und zitterte am ganzen Körper und war wie versteinert und
versuchte, nach meinem Vater zu rufen. Als ich es tat, kam nichts heraus, ich war wie
erstickt und schnappte nach Luft. Ich bekam keinen Ton heraus, es war, als ob ich völlig
stumm wäre. Dann fühlte ich, wie die Erscheinung plötzlich auf mich zukam, vorsprang
und nach meinen Füßen griff. Aaahhhhhhhhhhhh, schrie ich innerlich. Ich schrie und
schrie und schrie, aber nichts kam heraus. Die Erscheinung zog mich langsam unter der
Bettdecke hervor auf in die Luft; ich wurde aus dem Bett heraus quer durch das Zimmer
geworfen.
Ich kämpfte um mein Leben, schlug gegen Möbel, und Dinge flogen herum, aber niemand
hörte etwas. Wem konnte ich etwas sagen? Sie halten mich für verrückt. Ich warf mich
vor den Lichtschalter, rannte aus dem Zimmer und machte alle Lichter an . . . es war weg!
Ich klopfte an die Türen, um Vater und Mutter wachzumachen, aber was ich auch tat, sie
wollten nicht aufwachen.
Ich saß auf dem Bett und sah in den Raum. War das real? Ein Alptraum? Warum lag mein
Bettzeug herum, warum war da so ein Chaos? Wie konnte das ein Alptraum sein, wenn ich wach
war und im Bett saß? Diese Fragen gingen mir durch den Kopf. Eines wußte ich: Ich
mußte, so schnell ich konnte, aus diesem Haus raus. Von da ab schlief ich, wenn ich in
dem Haus war, jede Nacht mit einer Decken- und einer Nachttischlampe an, bis ich wegzog .
. . um niemals zurückzukommen.
Seit damals bis heute hatte ich nur gelegentlich diese Art von Furcht, wenn ich an Orte
ging, für die ich empfindlich bin, und dieses beklemmende Gefühl einer unerklärlichen
Gegenwart. Gewisse Häuser verursachen dieses Schauder bei mir.
Nach vielen Jahren fand ich heraus, daß mein Bruder Paul dieselbe Erfahrung in dem Zimmer
hatte. Er sagte mir, er sei aus dem Bett geworfen und die Matratze und das Bett seien
kopfüber gedreht worden. Er sagte mir auch, er habe gefühlt, daß ihn etwas von der
Garderobe aus beobachtete und die Türknöpfe quietschten, als öffne jemand sehr langsam
die Tür, um einen tiefschwarzen Raum ohne sichtbares Zeichen einer Gegenwart zu
hinterlassen. Man konnte aber die Anwesenheit des Bösen in der Türöffnung fühlen. Das
erschreckte meinen Bruder Paul ebenso wie mich.
Die Angst vor dem Unsichtbaren ist sehr real und kann außer Kontrolle geraten, wenn man
sie läßt. Um sie zu bezwingen, entschloß ich mich, sie zu ignorieren und keine Furcht
zu zeigen, wovor es auch sei. Nicht daß ich das Schicksal herausfordern wollte, aber ich
beschloß, daß die Angst vor Dunkelheit und Unbekanntem nicht mein Leben beherrschen
sollte. Doch wie schwach wir sind, wußte ich erst im Rückblick, wenn andere Ängste das
Leben bestimmen, wie es die Wachtturmorganisation getan hat.
Eine der kontrollierenden Kräfte ist Gewalt und Missbrauch
Kapitel 8
Schläge und die stille Stimme der Angst
Grabe nur tief genug: Unter aller Erde fließt Wasser, unter allem Leben fließt Kummer.
Autor unbekannt
Wie bereits zuvor in dieser Site erwähnt, waren Schläge und Züchtigungen alltäglicher
Teil des Lebens, und die Angst davor trieb uns zu fast allem, das von uns verlangt wurde.
Eine Bestrafung für ein Vergehen muß immer gerecht sein. Das biblische Gesetz im alten
Israel zu Bestrafungen lautete: Auge um Auge, Zahn um Zahn". Was genau war
damit gemeint? Es bedeutete ganz einfach, daß eine Bestrafung einem Verbrechen angemessen
sein mußte und nicht darüber hinaus gehen durfte. In dieser Hinsicht war meine Mutter
völlig außer Kontrolle und lebte gnadenlos nach dem Rat der Organisation und wandte den
biblischen Rat über schwer kriminelle Jugendliche völlig verkehrt an. Sie führte ihn
ohne Unterlaß als die Norm aus. Falls du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht
sterben", entnommen aus den Sprüchen.
Kinder, die Probleme haben, benötigen Liebe und Hilfe. Sie brauchen keine Schelte und
Drohungen oder Schläge, denn dadurch kehren sie sich nach innen und es wird ihr Geist
gebrochen. Das Problem wird dadurch noch schlimmer, und manchmal wird soviel Schaden
angerichtet, daß man ihnen fast unmöglich helfen kann, oder die Genesung ist sehr
langsam und braucht lange Zeit. Auch wenn es so scheint, daß sie sich erholt haben, kann
es sie für den Rest des Lebens verstört lassen.
Ich erinnere mich, daß meine Mutter meinem Bruder, als er 11 Jahre alt war, sagte, sie
könne seinen Geist brechen und er würde sie nie schlagen, und ich erinnere mich, wie er
darauf entgegnete, egal was sie täte, sie würde ihn nicht brechen und er könne sie
zuerst brechen. Wir haben mit der Zeit, als wir aufwuchsen, sehr gut gelernt, durch die
Leute hindurchzusehen und zu erkennen, was sie wirklich sind, und das ist es, was mich
dazu brachte, alles, was ich wußte, anzuzweifeln. Die Zeugen lehrten mich, genau zu
beobachten, und ein Jahr lang ging ich in die Lehre, um Privatdetektiv zu werden. Ich
ergriff jedoch nie diesen Beruf, und jahrelang war ich immer an Körpersprache
interessiert. Wie Leute gehen, sich ausdrücken, wie sie eine Tasse halten, sitzen, sich
anlehnen, ja alles, was jemand tut, sagt etwas über ihn aus. Wenn man buchstäblich bei
Tausenden von Leuten an ihren Wohnungen vorgesprochen hat, dann erkennt man, sobald man
sie sieht, was sie sagen werden. Durch das Beobachten von Leuten kann man sich also fast
schon ein Bild davon machen, was sie denken. So manches Mal sehe ich gut angezogene Leute,
die im Beruf erfolgreich sind und nach außen eine Erscheinung von sich geben, mit der sie
etwas vorschwindeln, denn unterschwellig schmerzt sie etwas, sie erleiden Kummer und
seelische Verletzungen.
Es versetzt mich immer wieder in Erstaunen, wie unaufgeschlossen und gefühllos einige
Leute sind. Meine Einschätzung ist, daß die Leute nicht etwa rücksichtslos sind oder es
ihnen an echter menschlicher Freundlichkeit fehlt, wie sie die meisten haben, es ist
vielmehr eine Frage mangelnden Verständnisses, sie haben bestimmte Erfahrungen nicht
gemacht usw. Sie verstehen wirklich nicht; im Grunde genommen sind sie unwissend. Ein
Beispiel: Einer Nachbarin war die Zeit mit Leuten, die Rückenprobleme hatten, zu schade,
bis zu dem Tag, wo sie eine Zerrung im Rücken bekam und wochenlang krank war. Sie sagte,
es sei ihr nie klar gewesen, wie schmerzvoll das sei, und von der Zeit fühlte sie mit
Leuten mit, die an Rückenproblemen litten. Ich erwähne das nur deshalb, da Leute, die
mich sehen, wohl nie wüßten, was ich seit Kindheit an jahrelang durchgemacht habe, bis
ich es ihnen sagte. Aber ich habe scharfe Augen und weiß sehr schnell eine Menge über
sie.
Ständige Manipulation und Schläge können das Wesen und den Charakter verändern, so
daß man auf Dinge reagiert, die andere normalerweise nicht aufregen, mit dem sie gut
fertig würden. Ich neige dazu, sehr heftig zu reagieren, wenn etwas, das ich tue,
mißbraucht oder übersehen wird oder man sich nicht darum kümmert. Ich rege mich sehr
auf, wenn man keine Wertschätzung für etwas hat. Woher kommen diese tiefen Gefühle,
zwanghaft nach den kleinsten Dingen zu sehen?
Die Rute.
Die Art meiner Mutter, Strafen zu verabreichen, war es zuerst, einem eine ordentliche
Tracht Prügel zu geben, bis man nicht mehr stehen konnte. Dann hieß es: Keinen Tee
oder kein Essen für dich". Das war im Grunde genommen darauf zurückzuführen, daß
sie nicht gerne kochte. Die Spitze war es dann, einem etwas zu zerstören. Ich erinnere
mich, wie mein Vater einmal zu ihr sagte: Was ist das: Ich mache etwas, du
zerbrichst es?" Sie nahm einem das schönste Spielzeug oder etwas, das man mochte,
und ließ es einen zerbrechen, in Stücke schlagen oder reißen. Dann mußte man gehen und
es in den Abfalleimer werfen. In all den Jahren, in denen ich aufwuchs, bis ich als
Teenager mein Heim verließ, hatte ich außer einer hölzernen Schüssel, die ich auf
einer Drehbank in der Schule machte, wirklich nichts. Ich habe sie versteckt, und sie ist
das einzige Ding, das mich noch an die Schule und die Tage meiner Kindheit erinnert. Ich
hebe in ihr als Luftauffrischer parfümierte Blüten auf. Ich habe mein ganzes Geld,
dessen ich habhaft werden konnte, für Malerei und Kunst und den Bau von Schiffsmodellen
und anderem, was ich machen konnte, ausgegeben. Ich kam immer an Geld, wenn ich über die
Mauer eines Weinladens im Ort kletterte und die Flaschen nahm, auf denen Pfand war, und
sie zu einem anderen nahegelegenen Geschäft brachte. Dann kletterte ich dort hinüber und
nahm seine Flaschen und brachte sie wieder zu dem ersten Geschäft. Ich habe das jahrelang
immer mal wieder gemacht. Das Erstaunliche ist, daß sie das nie bemerkt haben, nicht ein
einziges Mal! Aber jedes Modell, Bild- oder Kunstwerk wurde von meinen eigenen Händen
wieder zerstört, nachdem ich geschlagen wurde, um es zu tun.
Ich verbrachte mehrere Wochen damit, ein Schiffsmodell der Endeavour" zu bauen,
Kapitän Cooks Schiff, nur um dann von der Schule nach Hause zu kommen und zu sehen, wie
es in Stücke zerschlagen neben dem Abfalleimer lag. Meine Mutter war besessen davon,
Dinge zu zerstören. Es wurde so schlimm, daß sie Arbeiten meines Vaters völlig
zerstörte und ihm sagte, wir seien es gewesen, und wir mußten dazu ja sagen. Wenn wir
das nicht taten, wurden wir brutal geschlagen, wenn er nicht da war. Mein Vater konnte
nicht verstehen, warum wir unser eigenes Spielzeug, das er uns gekauft hatte, zerstörten.
Er konnte nicht verstehen, wie wir sein Zeug zerstörten, wie meine Mutter ihm gegenüber
behauptete. Das ging jahrelang so. Ich lebte in einer eingebildeten Welt und dachte nach,
wie ich aus fast nichts etwas machen könnte. Als ich erwachsen war, hatte ich die Gabe
entwickelt, ETWAS AUS ETWAS AUS FAST NICHTS herzustellen. Ich fand, daß ich nicht nur das
tun, sondern auch Stücke für einen recht guten Preis verkaufen konnte.
1975 baute ich ein Modellschiff mit Namen Marie Sophia" , eine Zweimastbrigg
aus dem Jahre 1879, und die wurde bei einer Auktion bei Christies in London zu einem
ansehnlichen Preis verkauft. Sie war aus Holz und voll getakelt, ABER sie war vollkommen
aus Abfall und Stücken, die ich fand, hergestellt. Sie erwies sich als so gut, daß
jedermann dachte, das sei ein neuer, teurer Bausatz. Ich stellte dann andere her, die ich
auch verkaufte. Seit meiner Kindheit an baute ich Dutzende Schiffe und andere Modelle und
malte eine Menge Ölbilder, die ich alle kaputtmachen mußte, und jedesmal, wenn das
geschah, brach es mir das Herz. Meine Vorliebe zu Schöpferischem war eine treibende
Kraft, die ich nicht anhalten konnte, aber jedesmal, wenn ich meine Arbeit in Stücke
schlug, trieb das einen quälenden seelischen Nagel durch mich hindurch und verursachte
großen Streß, Schmerz, Leid und Pein, an denen ich noch heute trage.
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich nach vielen Stunden im Bett lag, zu verängstigt, um
einzuschlafen, und die ganze Nacht schluchzte, nachdem meine Arbeit von Wochen durch meine
eigenen Hände zerstört war, wenn andere Kinder Zimmer voll der besten Spielzeuge und
schöner Arbeiten hatten. Ich lernte, jedes kleine Ding, das ich hatte, wertzuschätzen.
Selbst die Plastilinkugel, die ich hatte, hütete ich wie einen Schatz. Später wurde ich
sehr besitzergreifend und paßte auf, Dinge zu bewahren. Ich wurde auch ein kleiner
Perfektionist. Wenn man mir ein Buch gab, ging ich genau durch jede einzelne Seite,
blätterte sie ganz eben um, säuberte den Einband und drückte sie wieder zusammen, daß
alles wie neu aussah. Ich habe noch heute einige Werkzeuge, die einmal meinem Großvater
gehörten, wie Schraubzwingen usw., die wie neu und poliert und sauber aussehen.
Sexueller Mißbrauch.
Nach dem, was mir mein Bruder neulich sagte, war er sehr ungehalten, als er mir etwas
erzählte, was ich vergessen hatte, bis er es wieder erwähnte. In aller Aufrichtigkeit
gibt es eine Grenze, bei einem Jugendlichen nachzusehen, ob er sich gesäubert und
gewaschen hat. Meine Mutter forderte immer, daß wir beide unsere Genitalien vorzeigten,
damit sie nachsehen und daran fummeln konnte, bis wir 14 Jahre alt waren. Ich denke, das
wird als sexueller Übergriff angesehen, doch die Wachtturmorganisation würde keinesfalls
wollen, daß das bekannt wird, weil es ein schlechtes Licht auf ein Mitglied werfen
würde, wenn es wegen eines solchen Vergehens vor Gericht käme. Meine Mutter würde
privat ein deutliches Wort hören, es würde ihr gesagt, sie solle nicht darüber reden,
und das war es dann auch schon. Ich frage mich, wie viele andere Kinder dies gegenwärtig
als Opfer durchmachen . . . selbst in der Wachtturmorganisation.
Mehr Schläge.
Schläge und Züchtigungen mit dem Stock sind ein großes Elend für Kinder. Einmal, wenn
man selbst das Opfer ist, und zweitens, wie Bruder oder Schwester sie erhalten und man
muß dabeistehen und es mit ansehen. Ich erinnere mich, daß mein Bruder etwas nicht
richtig gemacht hatte, und meine Mutter schlug ihm so hart mit einer Kasserolle über den
Kopf, daß der Griff abbrach. (Ein hölzerner Kochlöffel war ein weiteres Instrument).
Dann begann sie, ihn dafür zu schlagen, daß die Kasserolle zerbrochen war. Sie ging
immer wieder mit einem Bambusstaubwedel auf ihn los. Ich erinnere mich bis heute daran,
wie ich in der Ecke kreischte, als er auf seine Knie fiel und immer wieder auf ihn
eingeschlagen wurde. Er war so dünn, daß ich dachte, sie würde ihn töten. Hör
auf, hör auf, Mama, hör auf, ihn zu schlagen", schrie ich sie an, aber sie
schleppte ihn in sein Zimmer und verabreichte ihm wiederum eine Tracht Prügel. Er wurde
sehr verletzt und voller blauer Flecken ohne Essen gelassen, und sie sagte allen Ernstes
zu ihm: 'Mach dich für die Versammlung fertig.' Ich erinnere mich, als ich so etwa 14
Jahre alt war, da kam meine Mutter herbei und gab mir einen Schlag, der mich fast von den
Füßen riß und mich taumelnd durch den Raum warf. Ich erinnere mich, wie ich
zurückschrie: Was ist jetzt schon wieder los; wofür ist das?" Und sie sagte:
Um dich daran zu erinnern, was du kriegst, wenn du dich in der Versammlung nicht
benimmst."
Als mein Bruder etwa 15 Jahre alt war, kurz bevor er von zu Hause wegging, schlug ihn
meine Mutter so hart und verabreichte ihm eine solche Tracht Prügel mit solch einer
Kraft, daß ich dachte, er würde nie wieder aufstehen. Das war das erste Mal, daß er
überschnappte und nach dem Brotmesser reichte, ihr damit an die Gurgel ging und, nach
Luft schnappend, in einer zitternden, verzweifelten Stimme sagte: Wenn du mich auch
nur noch einmal schlägst . . . nur noch einmal . . . dann bring ich dich um." Danach
schlug sie ihn nie wieder. Von der Zeit an hörte sie auch auf, mich zu schlagen.
In dieser ganzen Zeit war meine Mutter draußen, um von Haus zu Haus zu predigen, und
setzte vor jedem Zuschauer ein Lächeln auf, als wären wir eine vollkommen glückliche
Familie. Jahrelang erfuhr mein Vater, der lange am Tag arbeiten mußte, bis vor einigen
Jahren nicht, was da hinter seinem Rücken vorging, wenn er nicht da war. Weil er in einer
Religion lebte, in der keine Scheidungen erlaubt waren, war es sehr schwierig für meinen
Vater, sein Leben zu ändern oder zu einer Lösung des Problems zu gelangen, weil die
Ältesten nie auf ihn hörten, sondern immer Partei für meine Mutter ergriffen, da sie es
war, die draußen predigte, große Mengen an Literatur verkaufte, Spenden und Zuwendungen
hereinbrachte, auch wenn sie selbst sie nicht mochten oder akzeptierten.
Wenn uns gesagt wurde, wir sollten aus der Bibel vorlesen, und wir ein falsches Wort
gebrauchten, rief sie immer aus: Was hast du gesagt?", und wir mußten die
Stelle nochmals lesen. Wir murmelten so dahin in der Hoffnung, es wären die richtigen
Worte. Richtig", sagte sie dann, das ist es"; Schlag, Klaps, Klaps,
Klaps, Schlag. Jetzt lies es noch einmal richtig", schrie sie uns dann an.
Sowohl mein Bruder als auch ich mußten jeden Morgen in eine besondere Leseschule, bis wir
11 waren. Wenn man Angst hat, dann kann man einfach nichts richtig machen, man kann sich
nicht konzentrieren, geschweige denn, sich an etwas erinnern. Es wirkt sich in
schwerwiegender Weise auf die Erziehung und das Erlernen von Fähigkeiten aus.
Wie ich bereits erwähnt habe, war es ein Martyrium, im Bett zu liegen, und wenn man dann
raus zur Toilette mußte, paßte sie einen ab. Und wenn man nicht wieder rechtzeitig im
Bett war, zählte sie und der Bambusstaubwedel kam wieder heraus, und Gott, tat das weh.
Ich erinnere mich, daß ich mich beklagte, daß ich zu spät in die Schule kam, als ich 13
war, und sagte, ich wolle diese ganze Bibelleserei am Morgen nicht mehr haben. Meine
Mutter sprang zu dem Bambusrohrstock hin und schlug mich über das Ohr, und mein
Ohrläppchen fühlte sich an, als ob es brannte, als es anschwoll. Dann nahm sie meine
Hand und hielt sie auf dem Tisch fest und schlug mir quer über Hand und Daumen. Ich fiel
vor Schmerzen auf den Boden und schrie, als sie nochmal schlug. Ich krabbelte auf, um
meinen Mantel zu nehmen, als ich aus der Tür geschoben wurde und mir das Herz aus dem
Leib schluchzte und meine Hand hielt, die vor Schmerz pochte. Ich schaute sie mir an und
konnte zwei lange weiße Beulen sehen, die bis zu den Knöcheln gingen. Es tat so weh,
daß ich nicht die Finger biegen oder etwas halten konnte. Es machte mich ganz krank, sie
anzusehen, so ging ich und versteckte mich im Park und ging nicht zur Schule.
Sauberkeit.
Eine weitere Besessenheit meiner Mutter war es, die Finger- und Zehennägel so kurz zu
schneiden, daß sie tagelang wund waren und man nicht einmal etwas berühren konnte. Das
war eine wöchentliche Prozedur, ob die Nägel geschnitten werden mußten oder nicht. Wir
trugen Schuhe, die uns nicht richtig paßten, und so wurden unsere Zehen eingezwängt. Das
ruinierte meine Füße und drehte meine großen Zehen nach innen in Richtung auf die
kleineren Zehen. Es hieß: Du wirst sie schon ausleiern." Richtig passende
Schuhe standen außer Diskussion, aber der Preis war es, wenn sie billig waren. All das
verursachte unnötigen Streß und Beschwerden, die das, was eine glückliche Kindheit
hätte sein sollen, zu einer Zeit ständiger Schmerzen und dauernden Unwohlseins machten.
Meine Mutter hielt immer den Kopf meines Bruders Paul in einen Spülstein mit heißem
Wasser und wusch seine Haare, wobei sie mit Gewalt den Kopf in den Spülstein drückte. Er
hatte Angst vor dem Wasser, weil er nicht atmen konnte. Dann schlug sie ihn wieder, bis er
fertig war. Er stand nicht etwa in der Gefahr, zu ertrinken, aber die Art und Weise war
es, wie sie diese Routinehandlung ausführte, mit heftiger Gewalt und ohne Rücksicht auf
die Ängste, die ein Kind vielleicht hat, wenn es sich solchen Routinen unterziehen
mußte. Es war diese Art von Härte, die es einem schwer machte, schwimmen zu lernen, weil
mein Bruder wasserscheu wurde; eine Angst, die er mit der Zeit überwand, als er dann doch
schwimmen lernte.
Schultage.
Einen ganzen Teil meiner Schultage verbrachte ich in den Parks im Norden Londons und in
Hampstead Heath, wenn ich verschwand und niemand mich finden konnte. Ich konnte die Arbeit
nicht machen und schämte mich dessen; so haute ich an jedem Tag, an dem ich es konnte,
ab. Ich kannte jeden Park und jedes Versteck in allen Parks im Norden Londons, sogar die
Friedhöfe, weil der Schulinspektor sicher nicht daran dachte, auf den Friedhöfen
nachzusehen. Tagsüber hatte ich keine Angst, dort durchzulaufen, das Gras und die Blumen
waren hübsch; aber niemand wußte, daß ich dort war. Auch wenn ich Schmerzen hatte und
hungrig war. Ich hatte einen ganzen Platz für mich allein, und der war sehr ruhig.
Als mein Bruder die Schule verließ, hatte er gar nichts, und sein erster Wochenlohn, den
er bekam, ging für Kleidung und Schuhe drauf, weil meine Mutter als Strafe für irgend
etwas Beliebiges alles von ihm wegwarf. Als ich mit 15 Jahren von zu Hause wegging, hatte
ich eine kleine Plastiktasche und ein paar Teile in einem Pappkarton. Bis heute achte ich
alles hoch, das ich habe, und ich kann es nicht sehen, wenn etwas zerstört oder demoliert
oder schlecht behandelt wird. Ich verschwende niemals Geld, und das meiste von meiner Zeit
widme ich dem Ausbau meiner Wohnung und dem Herstellen einer Umgebung, in der es Freude
macht, zu leben.
Ich ging aufs College, um ein Zeugnis als Zimmermann zu bekommen, und studierte
Innenarchitektur an der Regent Academy of Fine Art" in London. Das war aber ein
rechter Fluch für mich, da ich alles sehr genau regele und die Dinge sehr ordentlich und
herausgestellt mag. Ich habe gerne eine hübsche Umgebung und kümmere mich um die Dinge.
Wie ihr in Kapitel 15 sehen werdet, ist das in Ordnung, wenn man allein lebt, aber wenn
man die Wohnung mit anderen teilt, die sich keine Gedanken darüber machen, ob es
ordentlich ist, dann kann das für beide, für einen selbst und die anderen, wirklich
Probleme schaffen.
In die Freiheit zu fliehen, um der Angst, Schlägen oder der Arbeit zu entgehen, auch nur
um etwas Abwechslung zu haben, kann große Probleme schaffen und viel kosten. Ich mochte
Feuerwahrautos und hatte eine Sammlung von etwas 25 Stück, bis meine Mutter mir sagte,
ich müsse sie kaputtmachen, und auch meinen Macarno-Bausatz, Farben und alles andere,
aber das Geräusch von Feuerwehrautos war Musik in meinen Ohren, und ich wollte lange Zeit
Feuerwehrmann werden. Das ist sicher die richtige Erklärung dafür, warum ich dies getan
habe . . .
Kapitel 9
Brandstiftung - Flucht in die Freiheit
Der Mensch war frei geboren, aber überall ist er in Ketten.
Jean-Jacques Rousseau
Brandstiftung ist etwas sehr Gefährliches und Törichtes, aber wenn sie in einem
umgrenzten Behältnis oder in einem leeren Raum stattfand, war es für mich ein Werkzeug,
etwas Freiheit zu erlangen. Wir lebten in einem vierstöckigen Gebäudeblock, und das
Treppenhaus hatte einen Betonschacht, in den man Abfall oder Müll hinunterwerfen konnte.
Man mußte nur eine Luke öffnen, und man konnte den Abfallbeutel hineinwerfen und er fiel
in einen großen Stahlcontainer, der einmal pro Woche vom Müllwagen mitgenommen wurde.
Das war für das, was ich wollte, ideal. Nichts konnte wirklich Feuer fangen, da der
große Behälter aus dickwandigem Stahl bestand und der Betonschacht etwa 12 Meter hoch
war. Aber was den Rauch angeht, das ist eine andere Geschichte. Ich bemerkte, daß immer
dann, wenn jemand Asche aus dem Ofen im Wohnzimmer hinunterwarf - die Wohnungen hatten
immer noch Kohleheizung -, wenn es dann noch schwelte, der Block ganz verräuchert war und
der Hausmeister der einzige war, der Schlüssel hatte, um den Schacht aufzuschließen und
den Container herauszuziehen . . . wenn man ihn finden konnte. Überdies bedeutete es,
daß Leute herauskämen und miteinander redeten: 'Welcher dämliche Idiot hat schon wieder
seine Asche in den Schacht geworfen?' usw., und wir würden herausgebeten werden. So nahm
ich mir regelmäßig Streichhölzer und setzte es in Flammen, wann immer es schlimm wurde,
und brachte die Leute öfter aus dem Haus, als ich mich erinnern kann.
Ich setzte die Abfallbeutel in Flammen, fast alles, das uns ausräuchern würde, und es
wirkte! Jedesmal, wenn wir eine Menge Rauch hatten, bat ich darum, hinunter auf die Wiese
gehen zu können, bis sich der Rauch klärte. Ich setzte Wiesenböschungen in Flammen und
beobachtete dann, wie die Feuerwehr zum Löschen kam. Dann rief ich die Feuerwehr einmal
zu oft und wurde geschnappt, als ich 11 Jahre alt war, und zur Polizeiwache gebracht, nur
damit die Polizei meine Mutter holte und zur Wache brachte, damit sie mich und meinen
Bruder mit nach Hause nahm.
Man gab mir dafür zwei Jahre Bewährung; fast schon lächerlich angesichts dessen, was
Kinder heutzutage anstellen. Aber damals in den 60er Jahren hat man es schon als schweres
Verbrechen angesehen, in einer Telefonzelle herumzugammeln. Mein Bruder war bei mir, und
wir mußten einmal pro Woche nach der Schule zum Bewährungshelfer gehen, bis sie
überzeugt waren, daß ich ein guter Junge war! Meine Mutter spielte verrückt und fuhr
ständig fort, was uns denn überhaupt eingefallen sei, uns als Kriminelle zu entpuppen.
Sie sagte: Alles habe ich für euch getan, und ihr geht hin und tut so etwas."
Sie erzählte es meinem Vater, der sich etwas ärgerte und uns ausschimpfte. Aber es war
immer meine Mutter, die uns den Rohrstock gab, und das immer, wenn mein Vater nicht da
war.
Wir hatten einen Schuttplatz in der Nähe unserer Wohnung, und das war ein großer,
offener Platz. Ich nahm mir immer alte Autoreifen und machte ein Lagerfeuer, von dem der
Rauch wie bei einem Vulkan aufstieg; dicker, schwarzer Rauch! Ich eilte dann nach Hause
und sagte: Unten an der Straße ist ein richtig großes Feuer, kann ich raus und es
sehen?" Meine Mutter sagte dann vielleicht: Ja, aber sei bald wieder da",
und . . . RAUS WAR ICH! Auf diesem Grundstück standen ein paar alte Häuser, die schon
halb abgebrochen waren; vier standen noch. So leerte ich einige Gallonen Petroleum auf den
Holzfußboden, warf ein Streichholz hinein, und hoch ging es mit einem mächtigen Zischen.
Die Feuerwehr eilte dafür anscheinend nicht herbei, da es auf freiem Grund stand, aber
sie versuchte mehrere Stunden lang, das Feuer zu löschen, zur großen Begeisterung von
uns allen, die wir dem zusahen; und schließlich war es aus.
Wenn ich daran zurückdenke, schaudere ich vor Entsetzen, was ich da getan habe. Es wurde
zwar niemand verletzt und es wurde kein Schaden angerichtet, weil die Häuser ja doch
abgerissen wurden. Aber ich hätte selbst einen Unfall erleiden und verbrannt werden
können, oder jemand anders hätte die Feuerwehr bei einem Notfall gebrauchen können. Ich
glaube, ich habe nie erkannt, wie ernst das war, nur, daß es das Mittel war, von zu Hause
wegzukommen und ein paar schöne Stunden in Freiheit zu haben, die wir unter der Tyrannei,
unter der wir lebten, so selten hatten.
Die einzige Zeit, wo wir frei und draußen waren, war, als wir zur Schule gingen, aber
auch das war ein großer Alptraum . .
Kapitel 10
Die Schule - ein Alptraum
Ein Gelehrter hat nicht alles gelernt; aber ein Könner kann alles, auch was er nicht
kennt.
Montaigne
Was die seelische Entwicklung eines Kindes wirklich beeinflußt, ist, ob es sich anderen
unterlegen fühlt, ob es ihm an Fähigkeiten mangelt, ob es mit anderen mithalten kann, ob
es für das Kind extrem schwierig ist, etwas zu erledigen, was andere mit der linken Hand
tun.
So fühlte ich mich in der Schule. Im ersten Jahr der Schulaufbaustufe erhielt ich eine
Schuluniform. In den weiteren Jahren aber keine mehr. Meine Mutter meinte: `Sag ihnen, wir
können uns das nicht leistenA. Das war mir so unangenehm, und ich wollte auch nicht mehr
zur Schule. Ich schwänzte einfach und ging woanders hin. Als meine Kleidung schleißig
wurde, nähte meine Mutter Flicken auf die Hosenbeine, und das war mit das Unangenehmste,
was ich je durchmachen mußte. Alle anderen Kinder lachten mich aus. So waren die letzten
drei Jahre Schule, von 13 bis 15, die absolute Hölle, das kann ich euch sagen. Nicht nur
die Schläge und die schlechte Behandlung zu Hause, JETZT BEKAM ICH ES AUCH IN DER SCHULE.
Ich bekam den Stock oder Nachsitzen für . . . . Zuspätkommen. Ich bekam den Stock oder
Nachsitzen, weil ich nicht die Schuluniform trug. Ich bekam den Stock oder Nachsitzen,
weil ich nicht meine Hausaufgaben gemacht hatte. Ich bekam den Stock oder Nachsitzen, weil
ich keine Schultasche, Federhalter, Bleistifte, Bücher und Sportausrüstung und eine
ganze Liste anderer Dinge hatte. Ich bekam den Stock oder Nachsitzen, weil ich mit meiner
ganzen Arbeit hinterherhinkte. Kurz gesagt war meine Zeit in der Schule ein einziges
Elend. Die Ursache war, daß ich hinaus zum Predigen genommen wurde, statt daß ich meine
Arbeit tat, und daß ich zu den Zusammenkünften ging und einfach zu müde war, weil ich
aus Angst vor der Dunkelheit des Nachts nicht schlafen konnte. Ich hatte keine Materialien
für meine Arbeit, nichts. Mein Bruder war in derselben Situation, und mit jeder höheren
Stufe oder höherem Schuljahr traf ich auf dieselben Bemerkungen des Schulleiters und der
Lehrer: Ich sehe, du bist Paul Phelans Bruder; vermutlich werden wir mit dir die
gleichen Probleme haben." Man ließ mich morgens außerhalb der Schülerschaft
stehen, weil meine Mutter das so forderte. Ich stand viele Stunden lang vor dem Büro des
Rektors und vor den Klassenräumen; ich habe wirklich nicht verstanden, warum. Alles, was
ich wußte, war, daß ich ein öffentliches Spektakel war, über das man lachte, und daß
mir das alles sehr unangenehm war.
Ich erinnere mich, als ich erst 11 Jahre alt war, daß der Lehrer vor der gesamten Klasse
sagte: Wir wollen doch einmal Phelan fragen, er ist ein Zeuge Jehovas", oder:
Du hättest das besser machen sollen als Phelan, der ein Zeuge Jehovas ist."
Das war mir wirklich unangenehm; es war etwas Schreckliches. Auch wenn meine Schulfreunde
mich sahen, wie ich mitten in den Sommerferien mit einer Aktentasche die Straße
entlangging, eine Krawatte umgebunden, hätte ich es am liebsten gehabt, wenn sich die
Erde aufgetan und mich verschluckt hätte. An einem heißen Sommertag würden alle meine
Freunde aus der Schule radfahren oder Fußball spielen, ins Kino gehen oder in die Parks,
und hier wurden mein Bruder und ich durch die Straßen geschleppt, mit Taschen voller
Wachttürme", um sie von Haus zu Haus zu verteilen. Heute, wenn ich sehe, wie
junge Kinder von ihren Zeugeneltern mit hinausgenommen werden, tun sie mir leid, denn ich
weiß, was ich Jahr für Jahr zu erdulden hatte. Das ist sicher kein normales Leben für
ein Kind.
Ich sehe, daß Jehovas Zeugen lehren, daß das Ende der Welt unmittelbar bevorsteht oder
jederzeit kommen könnte. (Das haben sie nach ihrer Lehre seit nunmehr über 80 Jahre lang
erwartet, und sie lassen eine Spur von 30 fehlgeschlagenen Daten und Vorhersagen hinter
sich) Eine Ausbildung wurde als unnötig und unwichtig angesehen.
Selbst auf einem Kongreß im Jahre 1995, also noch nicht lange her - ich bin dorthin
gegangen, um zu sehen, was los ist und was es an Neuigkeiten gibt usw. -, ließ das
britische Hauptquartier in Mill Hill den Zweigaufseher, wie er genannt wird, einen Herrn
Andrews, der gesamten Versammlung in der Surrey Godstone-Kongreßhalle sagen: Die
Erziehung, die wir von der Organisation und in den Publikationen der Organisation
erhalten, übertrifft bei weitem die eines Universitäts- oder Collegeabschlusses."
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Aber das möchte ich schon sagen: Ich habe in
den vergangenen 40 Jahren von keinem gehört oder ich kenne niemanden, keinen einzigen,
der allein dadurch Arzt, Baumeister, Mechaniker, Metallarbeiter, Autolackierer oder
Schneider, tatsächlich gilt das für alle Berufe, geworden ist, daß er die Zeitschriften
und Bücher der Wachtturm-Gesellschaft gelesen hat. Das war also absoluter Unsinn. Aber
alle Anwesenden nahmen das als `die WahrheitA an und folgten ihm blindlings, denn das
anzuzweifeln hieße, gegenüber der Organisation illoyal zu sein. Ich hörte dann
Kommentare wie: Oh, es ist ein solches Vorrecht für uns, in Jehovas Organisation zu
sein, die sich um uns kümmert!" und: Ist das nicht wunderbar, daß wir uns
keine Sorgen um Berufsabschlüsse wie der Rest der Welt machen müssen? Wir haben die
Wahrheit."
Ich saß in der Cafeteria neben einer Familie, als eine Frau auf die junge Familie zuging
und fragte, wie es so gehe. Der junge Mann, in den Zwanzigern und sehr gepflegt, hatte
zwei Kinder; er sagte zu der Frau; Ich kann keine Arbeit finden, da tut sich im
Augenblick nichts." Mit anderen Worten: er hatte keinerlei Berufsausbildung, wie
seine nächsten Worte bestätigten: Ich möchte den Pionierdienst (Vollzeitprediger)
und die Arbeit in Jehovas Dienst nicht aufgeben, so gehe ich weiter in den Dienst (Dienst
bedeutet das Predigen von Haus zu Haus) und warte darauf, daß Jehova dafür sorgt."
Das ist typisch für viele Zeugen Jehovas; sie denken und sind indoktriniert zu denken,
daß Gott, solange sie predigen, ihnen alles in den Schoß fallen läßt: Arbeitsstellen,
Wohnungen, Autos. Und wenn sie etwas bekommen, dann sagen sie: Oh, Jehova hat dich
wirklich gesegnet", und wenn die Dinge nicht so gut laufen, dann sagen sie
vielleicht: Nun, wenn du wirklich das Königreich' (das meint das Predigen) an
die erste Stelle setzt, dann wird alles klappen." Was das in der Realität bedeutet,
ist, daß der einzelne, der das Überleben schon als schwer empfindet, mehr für die
Organisation tun muß, um überhaupt Hilfe zu bekommen, und wenn man nicht vermehrte
Predigttätigkeit durchführt, dann bekommt man eben nichts.
Ich kannte eine Frau, die eine Vollzeitpredigerin war, aber ihre Enkelin adoptieren ließ,
als die Tochter einen Unfall hatte und starb und die Großeltern mit dem Kind alleine
dastanden. Der Ehemann wollte es nicht, so ließen sie das Kind von einer anderen
Zeugenfamilie adoptieren. Diese Frau ging vollzeitpredigen, und alle fielen mit
Unterstützung für sie über sie her. Als sie sich bei einer Gelegenheit den Rücken
verletzte, stellten die Mitverkündiger ein Team zusammen, das einer nach dem anderen bei
ihr reinemachte, die Einkäufe und die Hausarbeit erledigte und ihr jeden Tag beistand,
bis sie wieder genas. Ich war viele Male zu einer Operation nach der anderen im
Krankenhaus und über die Jahre oft monatelang an einem Stück weg, und doch erhielt ich
nie einen Anruf, wo ich denn die ganze Zeit über war. Das Kind ist sehr glücklich, aber
der Punkt, auf den es mir ankommt ist, daß es jede Entscheidung, die du triffst,
rechtfertigen kann, wenn du in der Zeugenorganisation predigst, selbst wenn Außenstehende
über das, was du tust, entsetzt sind. Man sieht es an als: Nun, du wolltest einfach
mehr für Jehova tun." Viele Zeugen, die das sahen, waren angewidert und erkannten
die Heuchelei darin. Das trifft auch auf die Berufstätigkeit zu; viele gehen
vollzeitpredigen und sehen sich nicht einmal nach einer Arbeitsstelle um, denn das würde
ihrem sogenannten Dienst ins Gehege kommen. Und doch erwarten auch sie Unterstützung von
anderen Mitgliedern, wenn es ihnen schlecht geht, und man wird ermahnt: Unterstützt
eure Pioniere ganzherzig."
Obwohl die Organisation in gedruckter Form sagt, man solle arbeiten und weltliche
Qualifikationen anstreben, möchte die Organisation mündlich, daß sie vollzeitpredigen.
Denn dort werden große Mengen an Literatur in den Häusern einzelner hinterlassen und
Spenden entgegengenommen; und alles geht zurück an die Organisation. Doch viele leben von
äußerst geringen Mitteln und haben Schwierigkeiten, die Grundbedürfnisse des Lebens zu
befriedigen. Das ist eine Sache, die mich wirklich verärgerte, und ich begann zu
erkennen, daß mit der ganzen Struktur der Organisation etwas überhaupt nicht stimmte. Es
war vollkommen außerhalb der Linie dessen, was die Bibel darüber lehrte, wie ein Mann
für seine eigene Familie sorgen müsse, und sie mußten nicht in der Warteschlange für
die Wohlfahrtsunterstützung stehen, um von Gott angenommen zu werden! Ein Mann muß auch
nicht viele Stunden mit dem Predigen verbringen, um für Hilfe in Frage zu kommen, wenn er
oder seine Familie sie braucht. Aber genau das, so fand ich, war der Fall in der
Zeugenorganisation.
Ich habe Männer gesehen, die ungeschickte Handwerker waren, aber als Älteste die
Verantwortung für Bauprojekte übertragen bekamen, die sie dann in den Sand setzten, was
die Mitglieder einer Versammlung Tausende von Pfund oder Dollars kostete. Sie waren
einfach Älteste" und bekamen deshalb die Verantwortung übertragen, auch wenn
sie keine Ahnung von dem Gewerbe hatten. Jehovas Zeugen lehren, wenn man eine Arbeit
erledigt, dann muß dem um jeden Preis ein Ältester vorstehen. Selbst wenn du in dem
Gewerbe Fachmann bist, lassen sie dich zugunsten eines Ältesten unbeachtet, da sie keine
Berufsabschlüsse anerkennen, sondern nur die Qualifikation des Ranges eines Mitgliedes in
ihrer eigenen Organisation. Allein aus diesem Gebiet, dem völligen Durcheinander, dem
Schlamassel, den Fehlschlägen und Schnitzern aufgrund dieser Argumentation, könnte ich
einen zehnbändigen Bericht über das schreiben, was ich die Jahre hindurch erlebt habe!
Frauen haben überhaupt keinen Platz; jede Frau, die einen Berufsabschluß oder ein Diplom
hat, hat einen Mann über sich, der ihr sagt, was sie zu tun hat. Das habe ich mit eigenen
Augen gesehen und beobachtet, wie ein vollkommener Idiot eine sehr geschickte Frau gelenkt
und viel Streß und Frustration verursacht hat, als sie versuchte, in ihrem Beruf tätig
zu werden. Was schließlich dazu geführt hat, daß sie ihm sagte, er solle verschwinden
und sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
Der Punkt, auf den es mir hier ankommt, ist, daß Bildung in der Vergangenheit immer
unterdrückt und niedergemacht worden ist und dies zu allen möglichen Problemen geführt
hat. Auch wenn jetzt aufgrund der heutigen Forderung nach einem Berufsabschluß zu Bildung
angeregt wird. Jedoch dann in die Schule oder aufs College zu gehen, wenn das auf einen
Abend fällt, an dem Zusammenkünfte stattfinden, ist inakzeptabel. Selbst wenn man diesen
Berufsabschluß bekommt: Wer kein Ältester ist, wird nie die Leitung in irgendeinem Job
haben; selbst wenn er der herausragende Fachmann eines Landes oder in einem Beruf ist; es
ist immer noch ein Ältester da, der dich anleitet!
Welchen Einfluß das auf mich hatte, kann man daran sehen, daß ich einfach keine Arbeit
finden konnte, die gut bezahlt wurde, als ich von der Schule ging. Ich trieb durch 18 Jobs
innerhalb von zwei Jahren, von einem zum anderen auf der Suche nach einem mit guter
Bezahlung. Keinen Abschluß zu haben, war wirklich ein Handicap. Alles, was ich tun
wollte, wurde mit Schuldgefühlen unterdrückt, wenn man mir sagte: Das kannst du im
neuen System lernen.". (Ein Begriff, mit dem die Zeugen die neue Welt meinen, die
nach der Vernichtung der jetzigen kommt.) Dann erwartete man von einem, daß man Pionier
wurde. Es wurde einem sogar davon abgeraten, zu heiraten; man sollte ledig bleiben und
hinausgehen und vollzeitpredigen.
Ich erinnere mich, wie nach dem Ende einer Zusammenkunft ein sehr wütender Ältester die
Treppe herunter auf mich zugestürmt kam. Es hatte die Versammlung angesprochen und
gesagt, man sollte doch direkt nach der Schule vollzeitpredigen und das zu einem
Lebensweg" machen. Er redete und redete. Ich hatte gerade meine Hand erhoben
und sagte: Ist das eigentlich praktikabel? Die Tatsachen zeigen doch, daß dies das
Schlechteste ist, was ein junger Mensch machen kann, so wie ich es getan habe." Ich
fuhr dann fort: Viele junge Menschen finden, daß sie heiraten, Kinder bekommen, und
dann stehen sie vor wirklich großen Problemen, weil sie keine Wohnung kriegen. Und der
Grund dafür, daß sie keine kriegen, ist, daß sie sich keine leisten können. Der Grund
dafür, warum sie sich keine leisten können, ist, daß sie keine gutbezahlte Arbeit
finden. Und der Grund, warum sie keine gutbezahlte Arbeit finden . . . ist, daß sie
Predigen gegangen sind, statt einen Beruf zu erlernen . . . so funktioniert das nicht; es
ist ein schlechter Rat. Ich weiß es, denn ich war einer von denen, die auf den Rat
gehört haben, und das war katastrophal. Man soll also zuerst einen Beruf erlernen, dann
kann man für Frau und Kinder sorgen. Das Predigen kann dann später kommen." Der
Älteste war wirklich wütend, aber ich weiß, daß das die Wahrheit war, weil ich das
dutzendmal gesehen habe. Ich wünsche mir wirklich, ich hätte eine Ausbildung und einen
guten Schulabschluß erhalten, weil die Ansicht der Zeugen-Jehovas-Organisation in jeder
Hinsicht völlig unvernünftig und unpraktikabel ist.
Mit den Jahren habe ich mir vieles selbst beigebracht und jährliche Kurse belegt, um
einen Berufsabschluß zu bekommen. Ich fand das extrem schwer, aber ich habe es getan.
Mein Vater und meine Mutter haben das getan, was nach ihrer Ansicht richtig war,
kontrolliert und beherrscht von der Organisation. Die Organisation trägt viel Schuld und
muß sich wegen einer Menge von Dingen verantworten, denn viele kämpfen ums Überleben,
weil sie schlecht bezahlte Jobs haben und nicht in der Lage sind, eine richtige
Arbeitsstelle zu finden; sie haben jahrelang auf schlechten Rat bezüglich einer
Ausbildung gehört. Man rät: Tu mehr für Jehova, und er wird für dich
sorgen", und: Er wird dich nicht verhungern lassen." Doch in aller
Aufrichtigkeit: Es ist wirklich kein Vergnügen, jahraus, jahrein am Rande der
Wohlfahrtsunterstützung zu leben. Und ohne sie, wenn man eine bessere Lebensqualität
haben könnte, ist es wirklich sehr demoralisierend und äußerst frustrierend und schafft
viele Sorgen und Depressionen.
Meine Haltung ist: Wenn du eine Arbeitsstelle haben möchtest und sie erfordert
Qualifikationen . . . erlange sie . . . mach dir keine Gedanken, was andere denken . . .
sie bezahlen die Rechnung nicht, sondern du.
Ich konnte nicht jahrelang einen Bootsbauerkursus belegen, denn das hätte geheißen, die
Zusammenkünfte zu verpassen. Ich konnte keine Wochenendkurse belegen, denn das hätte
wiederum bedeutet, daß ich die Zusammenkünfte und das Predigen verpaßt hätte. Am Ende
machte es mich ganz verrückt; ich konnte mich einfach nicht bewegen. Ich wurde immer
erregter; man erwartete von mir, für eine Familie zu sorgen, bestritt mir aber die
Freiheit, dazu einen Beruf zu erlernen. Schließlich erlernte ich aber einen Beruf; ich
ging zurück aufs College und wurde Zimmermann und bekam mein Abschlußzeugnis, auch für
Raumausstattung.
Was eine ständige Weiterbildung, die Freude machte, und ein Fortschreiten hätte sein
sollen, war tatsächlich schwere Arbeit und manchmal mehr, als ich tragen konnte, da ich
es wegen meiner schlechten Schulbildung und ohne richtige Zeugnisse, auf die ich
zurückgreifen konnte, als ich mit 15 die Schule verließ, als schwierig empfand.
Ich hatte eine Gabe: meine Hände und eine große Vorstellungskraft. Und damit konnte ich
das wettmachen, was ich in Mathematik, Englisch und vielen anderen Fächern nicht konnte.
Ich hatte immer etwas zu tun, als ich meinen Beruf hatte - bis zu jenem Unfall im Jahre
1986 -, und ich verdiente gutes Geld. Ich habe in keinem Fach in der Schule gute Noten
gehabt, aber in Kunst und bei Holz- und Metallarbeiten und anderen Kunstfertigkeiten trat
ich hervor; ich bekam dreimal den ersten Preis, weil ich darin der Klassenbeste war. Es
war daher immer mein Ziel, gewissenhaft und verläßlich und stolz auf das zu sein, was
ich unternahm, weil ich mir damit den Ruf eines Qualitätsarbeiters erwarb, und ich
schätzte meine Fähigkeit, Kunstfertigkeiten zu beherrschen, und meine Vorstellungskraft,
um kreativ zu sein; etwas, das mir zugute kam, bis ich 1986 meinen Unfall hatte. Das war
etwas, das meine Mutter mir nicht nehmen und zerstören konnte; diese Gabe war in mir, und
ich habe sie immer noch. Meine Collegeausbildung war ein Alptraum an sich . . .
aber es gab da etwas anderes, das es mir wirklich schwer machte
Kapitel 11
Einschüchterung, Spott und Hunger
Du kannst die Vögel nicht davon abhalten, über deinen Kopf zu fliegen, aber du kannst
sie daran hindern, Nester in deinen Haaren zu bauen..
Chinesisches Sprichwort
Eine Redensart besagt, daß man den Regen nicht aufhalten, aber sich unterstellen kann, um
nicht naß zu werden. In der Schule gibt es immer welche, die andere verspotten und
tyrannisieren möchten. Als Teenager war ich sehr dünn. Ich war über 1,80 Meter hoch,
wog aber nur so um die 50 kg und war nicht stark; so dachte ich jedenfalls. Man hat sich
immer mich als Ziel ausgesucht, weil es andere in der Schule groß aussehen ließ, wenn
sie auf jemandem herumhackten, der so groß war wie ich. Dann, eines Tages, hatte ich
wirklich genug und lief hinaus und ging zu meinen Großeltern und sah meinen Großvater in
seinem Sessel sitzen. Er konnte sehen, daß ich völlig fertig war. Ich erinnere mich, wie
er sich vorlehnte und zu mir sagte: Jetzt hör zu, Sohn, hör mir zu. Laß dich nie
mehr von jemandem tyrannisieren, denn wenn du das tust, werden sie es weiter tun und dein
Leben wird ein einziges Elend sein. Du mußt ihnen die Stirn bieten." Ich sagte, es
wären so viele und ich sei ganz allein. Er sagte: Das ist leicht. Such dir die
Rädelsführer heraus, wenn sie alleine sind, wenn keiner sonst da ist; such sie dir
heraus." Ich dachte darüber nach, und als ich zur Schule zurückging, sah ich die
Bande, die mir das Leben so schwer machte. Ich war etwa 13, und diese Jungen waren 16 und
17 und in der Oberstufe.
Ich konnte schon fast die Schläge spüren, ehe ich ihnen nahekam, weil ich jahrelang so
oft verprügelt und geschlagen wurde. Plötzlich rastete ich aus: Ich will nicht mehr
geschlagen werden, nein, ich werde nie mehr geschlagen. Ich hatte wirklich genug. Die
ganze Bande kam herüber, und einer trat vor und sagte: He, du da, komm her, ich
will was von dir." Ich blickte auf und, innerlich zitternd, merkte mir, wo jeder von
ihnen stand und wer es als erster kriegen sollte. Dieses Bandenmitglied fing an zu reden
und sagte: Jetzt hör zu, Junge . . ." So weit kam er, als ich losschlug, so
fest ich konnte, ihn genau zwischen den Augen traf und ihn torkelnd über den ganzen
Bürgersteig schickte. Der war außer Gefecht, und ehe sie sich versahen, verprügelte ich
den Kerl neben ihm und den nächsten, und dann jagte ich die anderen die Straße hinunter
und rief, ich würde sie alle umbringen! Sie dachten, ich sei verrückt geworden . . . und
ich war es auch! Andere aus der Schule warteten auf mich, als es Zeit zum Nachhausegehen
war. Ich habe nicht einmal etwas gefragt, ich ging direkt auf den kräftigen Jungen mit
dem großen Mundwerk zu und schlug den Anführer so fest, daß er von dem Drahtzaun
zurückgeworfen wurde, nur um dann einen weiteren kräftigen Schlag zu erhalten, als er
aufstand, und dann schlug ich zum dritten Mal zu, wo er sich dann auf dem Boden krümmte.
Da merkte ich, wie äußerst schnell ich war
Ein Grund dafür waren die Jahre des Reagierens und Flüchtens vor dem Rohrstock meiner
Mutter. Ich hatte Auseinandersetzungen mit Rowdys aus dem Haus, mit Rowdys von der Schule
und von überall da, wo ich wohnte, und so schaltete ich diese einmal aus. Jetzt wendete
sich das Blatt zu unseren Gunsten und wir, mein Bruder und ich, gaben ihnen das, was sie
so lange an uns ausgeteilt hatten.
Als der Ruf Nehmt euch vor den Phelan-Brüdern in acht" die Runde machte, ließ
unsere Furcht nach und wir konnten in die Schule und die Straßen entlanggehen. Vier
Jugendliche fielen über meinen Bruder her, und mein Bruder verabreichte diesen Kerlen
eine ordentliche Tracht Prügel. Sie sagten: Jetzt werden wir auf deinen Bruder
losgehen", womit sie mich meinten. Ich wußte dies nicht und ging eine Woche später
die Straße entlang, um dann diese vier wiederzusehen, mit einer Stange und Knüppeln
bewaffnet. Ich schlug sofort auf sie ein, und sie bekamen von mir noch mehr Senge als von
meinem Bruder. Meine Angst, verletzt zu werden, machte mich ziemlich gnadenlos, wenn ich
in eine Auseinandersetzung geriet. Ich war gerade ein paar Minuten zu Hause, als ich
meinem Bruder erzählte, was geschehen war, und er sagte mir, was er die Woche zuvor getan
hatte. Eine halbe Stunde später schlugen die Eltern dieser Jugendlichen an unsere
Haustür und beklagten sich gegenüber meinem Vater darüber, was wir getan hatten.
Diesen armen Jungen." Mein Vater, der erkannte, daß die anderen vier zu eins
in der Überzahl waren, sagte ihnen nur, sie sollten verduften. Wir wurden zu Hause
verprügelt und konnten daran nichts ändern, aber draußen hatten wir nun keine Angst
mehr vor anderen, und sie gingen uns aus dem Weg, wenn sie meinen Bruder und mich zusammen
gehen sahen. Ich hasse Gewalt und gehe, wenn möglich, jeder Auseinandersetzung aus dem
Weg, aber ich befolgte den Rat meines Großvaters und er war richtig, wie so die Redensart
ist: Wer sich beleidigen läßt, verdient es nicht anders."
Mit 16 ging ich in eine Kampfsportschule und lernte Karate, Judo und Kung-fu und alles
mögliche andere zur Selbstverteidigung. Ich wurde mehrmals wegen unorthodoxer Techniken,
die nicht in den Handbüchern standen, von Clubs ausgeschlossen, aber ich wirkte Wunder an
einem Gegner und streckte sie zu Boden! Ich muß ehrlich sagen, daß es ein bißchen
Zeitverschwendung war, denn ich habe das bis heute nicht gebraucht. Aber ich denke, damals
gab es mir ein Gefühl von Sicherheit, wenn ich meinen Tagesgeschäften nachging, weil ich
mich von da ab durch nichts mehr eingeschüchtert fühlte. Ich lernte, besonnen und zur
richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. NICHT am falschen Ort zur verkehrten Zeit! Das
ist ein großer Unterschied!
Der Rat der Wachtturmorganisation der Zeugen ist es, die Bibel zu zitieren und die
andere Wange hinzuhalten". Eine Frau bei den Zeugen sagte: Der Herr hat schon
genug Märtyrer, er braucht keine weiteren!" Es gibt eine Zeit, wegzugehen, und eine,
das eigene Recht durchzusetzen, um ohne tyrannisiert zu werden leben zu können.
Tyrannisieren ist etwas, das ich nie tolerieren werde. Aber man kann in vielerlei Weise
tyrannisiert werden, und seelische Verfolgung kann ihre Opfer für lange Zeit verstört
lassen. Die Gängelei und Manipulation einzelner, voller Schuldgefühle und Angst,
ausgeschlossen zu werden, kann mindestens zu Schikaniererei und seelischer Tyrannei
führen. Ich habe das jahrelang in der Wachtturmorganisation gesehen und war eine lange
Zeit selbst Opfer - bis ich das erkannte, kündigte und aus der Zeugenorganisation
wegging, weil ich das nicht mehr hinnehmen wollte.
Hier etwas Humor und Kriegskunst! . . . Ich mußte lachen, wie ein guter Freund von mir,
den ich schon erwähnt habe und der den dritten Dan im Judo hat, mit den Zeugen studiert
hatte und bei einer Autoverwertung arbeitete. Ein Kerl machte sich lustig über ihn und
wollte wirklich nicht hören, sondern war beleidigend ihm gegenüber. Kunden, die bei der
Gelegenheit auf den Hof gingen, sahen, wie er den Kerl in festem Judogriff hielt, gegen
eine Kühlerhaube gedrückt, und wie er die Seiten seiner Bibel umschlug und sagte:
Jetzt zu dem Text, den ich dir zeigen will", und den Kerl ihn dann lesen ließ,
bevor dieser freikam. Eigentlich nicht gerade die Methode der Zeugen, aber der Kerl hatte
die Botshaft erhalten, ob er wollte oder nicht! Derselbe Freund schlief in einer
Zusammenkunft ein, schlug irgendwie den Feuerlöscher neben ihm aus der Halterung,
streckte seine Hand in Panik aus, und halb im Schlaf schossen die Düse und der Schlauch
direkt den Ärmel seiner Jacke hoch und er löste den Feuerlöscher aus. Der Redner
blickte auf, nur um meinen Freund zu sehen, wie er aus allen Ärmeln und dem Kragen
schäumte und aussah wie ein besessener Wahnsinniger aus einem Horrorfilm. Die meisten
Zeugen haben nur wenig Humor, und lachend vom Stuhl zu fallen, macht sich in einer
Zusammenkunft nicht so gut. Es freut mich, zu sagen, daß dieser Freund sehr intensiv auch
die Lehre über das Jahr 1914 nachgeprüft und keine biblische Grundlage für diese Lehre
gefunden hat und jetzt aus der Zeugenorganisation herauswill
Zurück zu dem, was ich noch über die Schule sagen wollte. Und zwar zu dem Punkt, daß
ich immer Hunger hatte. Ich war immer hungrig, und das Essen in der Schule war ganz schön
widerwärtig. Wir wurden mit Geld in die Schule geschickt, um uns dort Essen zu holen,
aber das Essen, was das Mittagessen angeht, war so schlecht, daß niemand es essen wollte.
Gelegentlich war es in Ordnung, aber das meiste war fürchterlich. Ich habe mir immer eine
Tüte mit Pommes frites geholt, und das war es dann auch, aber wenn wir dann nach Hause
kamen, sagte meine Mutter vielleicht: `Ihr habt heute schon zu Mittag gegessen, ihr
braucht nicht noch etwas.' Wir bekamen dann ein Sandwich oder etwas Leichtes, und das
hatte bis zum nächsten Tag zu reichen.
Ich erinnere mich, daß ich ein paar leere Flaschen sah und sie auf meinem Schulweg
mitnahm, weil Pfand auf ihnen war, und während der Vormittagspause kletterte ich über
das Schultor und ging zum Bäcker und kaufte ein paar Rosinenbrötchen. Als ich eben über
das zwei Meter siebzig hohe Tor, das während der Schulzeit geschlossen war, kletterte,
wartete der Schulleiter auf uns, weil er vom Fenster aus gesehen hatte, wie mehrere von
uns über das Tor gingen. PHELAN", brüllte er, was machst du da,
Phelan?" Ich sagte, daß ich hungrig sei und ein paar Semmeln aus der Bäckerei holen
ginge. Mehrere von uns gingen über das Tor. Er sagte: Nun, Jungens, ihr wißt doch
wohl, was mit denen passiert, die sich während der Schulstunden aus der Schule
schleichen?" Wir alle sagten: Ja, Sir." Was wird dann?" sagte
er, drei Schläge auf jede Hand und die Semmeln dafür behalten." Wir sagten:
Den Rohrstock, Sir." Er gab uns drei Schläge auf jede Hand, über die
Handflächen; Gott, was tat das weh! Aber ich konnte meine Semmeln behalten und essen,
während ich zwei sehr rote Hände versorgte, während ich jede Minute genoß, die Semmeln
zu essen.
Über eine lange Zeit hungrig zu sein, ist die eine Sache, aber geistig oder seelisch
mißbraucht zu werden, ist weitaus schwerer zu ertragen und hinterläßt mehr Narben. Wenn
man etwas zu essen hat, ist der Hunger und die Erinnerung daran schnell verflogen . .
.
aber die Erinnerungen an seelischen und körperlichen Schmerz können ein Leben lang
vorhalten
Kapitel 12
Seelische Grausamkeit und Beherrschung
Niemand kann dir ohne deine Zustimmung das Gefühl geben, du seiest unterlegen.
Eleanor Roosevelt
Wenn ich über meine Vergangenheit und die Dinge nachdenke, die mein Bruder und ich als
Kinder auszuhalten hatten, dann war das zweifellos eine extreme seelische Grausamkeit und
völlige Unterdrückung. Wir hatten nie Feiertage oder Freunde. Das Spielzeug wurde von
uns selbst kaputtgeworfen oder wir wurden geschlagen, bis wir es taten, ständig gab es
den Stock und Prügel, wir hatten wenig zu essen, wir wurden mit entsetzlichem okkultem
Material gefüttert, uns wurden okkulte und schwarzmagische Bilder gezeigt, ständig
hatten wir Arbeit, kaum konnten wir spielen, wir kannten niemanden außerhalb der Familie
oder außerhalb der Zeugen-Jehovas-Organisation, und auch in ihr hatten wir wenig
Gemeinschaft. Lange Stunden des Bibelforschens, Lesens und Studierens, endlose Meilen Weg
im Predigtdienst von Haus zu Haus bei jedem Wetter. Keine Unterstützung für eine
weltliche Ausbildung, keine Feiern jedweder Art, gezwungen, so früh ins Bett zu gehen wie
kleine Kinder, niemals hinausgelassen und die Teilnahme an normalen Ereignissen verboten.
Das ist einfach nicht der normale Lebensweg für ein Kind.
Als ich 11 war, wurde ich, wie bereits gesagt, dabei erwischt, wie ich mit der
Telefonzelle herumspielte. Es war auch um diese Zeit herum, daß mein Bruder und ich dabei
geschnappt wurden, als wir aus der Schule abhauten, und meine Mutter ging zur Schule, um
mit dem Direktor zu reden. Mein Bruder war ein paar Monate lang weggeblieben und erhielt
mit mir zusammen einen strengen Verweis von der Schule. Ich blieb in der Schule, weil ich
nicht noch mehr Ärger haben wollte, was immer eine ordentliche Tracht Prügel bedeutete,
und das wollte ich wirklich nicht noch länger durchmachen. Nun warnte man meinen Bruder,
wenn er weiterhin fehle, werde man ihn in ein Untersuchungsgefängnis für unter
17-jährige Straftäter schicken. Wir hatten von diesen Häusern gehört und von allem,
was sie das machten. Mein Bruder versäumte wieder die Schule, und so sicher wie das Amen
in der Kirche stellte man ihn vor Gericht, und der Zivilrichter schickte ihn für drei
Wochen weg in ein solches Haus.
Nur etwas früher, aber in dieser Zeit, hatte meine Mutter es viele Male als Drohung
gebraucht und gesagt, sie werde ihn einsperren. Sie bat tatsächlich das Gericht, ihn
einzusperren, damit er eine Lektion erhielte, und es war ihr ganz recht, als sie sah, wie
er mitgenommen wurde. Sie zeigte keinerlei Zeichen von Beunruhigung. So kam sie zurück
und ging wieder hinaus zum Predigen. In den drei Wochen nun, in denen mein Bruder Paul in
diesem Haus war, entschlossen sich meine Mutter und mein Vater, ihn zu besuchen und mich
dabei mitzunehmen, als ob sie mir auch eine Narbe verpassen wollten, um ihn den Irrtum
seiner Wege erklären lassen . . . das zumindest hatte sie gedacht! Ich erinnere mich, wie
ich ihn sehen wollte, und da liefen lauter Jugendliche über den Platz. Wo ist
er?" fragte meine Mutter. Wo ist er?" Dieses Haus hatte alles, was wir
nicht hatten! Fernsehen, einen Spielraum, einen Rauchertisch, ein Fußballfeld, einen
Swimmingpool, genug zu essen, schöne aufgemotzte Schlafräume . . . Mein Bruder erlebte d
i e Zeit seines Lebens! Er ist oben und spielt", sagte der Aufseher. Wie
bitte?" sagte meine Mutter, ich möchte ihn sofort hier unten haben." Nach
einer Weile kam er heruntergelaufen und hört nicht auf, über all die Dinge zu reden, die
er in den etwa 10 vergangenen Tagen getan hatte. Eine komplette Fehlzündung für die
Pläne meiner Mutter, und sie sagte: Ich möchte, daß er sofort hier
herauskommt." Aber er mußte drei Wochen dortbleiben, so blieb er auch drei Wochen
dort.
Am ersten Tag drinnen war er in einem Kampf und machte den Haustyrannen nieder, sagte mein
Bruder mit breitem Grinsen, Ich führe die Sache jetzt", sagte er. Er lebte
sich am ersten Tag, an dem er da war, ein, und niemand hackte die ganze Zeit über, die er
da war, auf ihm herum. Er genoß es so sehr, daß er nicht nach Hause kommen wollte. Es
war ein großer Feiertag.
Meine Mutter nahm ihn nach den drei Wochen wieder nach Hause, wagte es aber nicht, ihm
noch einmal damit zu drohen, ihn in das Haus zurückzustecken, weil sie wußte, daß es
ihm dort wirklich gefallen hatte im Vergleich zu dem Leben, das wir kannten. So machte sie
weiter wie zuvor, setzte uns einfach an die Arbeit und indoktrinierte uns mit den
religiösen Routinen von Bibellesen und Predigen. Dann sieht das Leben so aus, daß man am
Ende nichts anderes mehr kennt, und mein Bruder war bald mit mir wieder dabei, so
weiterzumachen wie zuvor.
Die Kontrolle und die Beherrschung, die eine Sekte haben können, wird erst auffällig,
wenn man versucht, zu gehen. Selbst jetzt, wo ich selbst die Zeugenorganisation vor ein
paar Jahren verlassen habe, ging mein Bruder hin und dann wieder nicht, und schließlich
hat er den Bruch vollzogen, aber aufgrund des Druckes seitens der Führer und seiner
Schuldgefühle und seiner Frau, die sich in den 1980er Jahren bekehrt hatte, ist er
völlig unvernünftig und ungenießbar; ein paarmal ist er zurück in die Zusammenkünfte
gegangen, um ihr zu gefallen. Er hat einen sehr starken Willen, aber die Umklammerung, die
diese Männer um einen haben, ist recht bemerkenswert. Man muß wirklich einen festen
Stand haben und sich dem voll entgegenstellen und das bis zum Erfolg durchziehen. Mein
Vater hat das getan und die Gemeinschaft der Wachtturmorganisation vollkommen verlassen,
und er hat nicht mehr das Geringste mit ihr zu tun wie ich auch. Mein Vater drückte seine
Bestürzung mir gegenüber aus: Ich kann nicht verstehen, warum ich das nicht all
die Jahre erkennen konnte; erst wenn man geht, sieht man, welche Kontrolle sie über die
Leute haben." Meine Mutter ließ meinen Vater in Frieden und geht nun schon seit
über 20 Jahren ihre eigenen Wege. Die Kontrolle, die die Zeugen hatten, und das Leben
voller Schuldgefühle ließen meinen Vater bis Mitte der 1990er Jahre noch mit den Zeugen
zusammenkommen, obwohl er schon seit vielen Jahren eine ganze Reihe von Dingen
angezweifelt hatte und nicht glücklich mit ihnen war. Aber ohne Unterstützung, mit dem
Gefühl des Isoliertseins und einfach so Weitermachens hat er jetzt losgelassen und führt
ein Leben wie ich auch: sein eigenes Leben und dabei ist er glücklich.
Angst zu gebrauchen, wie es meine Mutter bei uns tat, wie im Fall meines Bruders, als sie
ihm mit jedem Aufkommen eines Streitpunktes damit drohte, ihn einzusperren, ist nichts
anderes, als den Leuten zu erzählen, sie würden in Harmagedon (ein Wort, das die Zeugen
gebrauchen, um das Ende der Welt zu beschreiben) sterben, wenn sie nicht dies oder jenes
täten, wie es die Zeugen tun. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß der Beweggrund der
Mehrzahl der Zeugen Jehovas nicht ist, daß sie das, was sie tun, auch wollen oder lieben,
weil vieles, woran sie teilnehmen, äußerst langweilig ist, sondern die Angst, entweder
ein Vorrecht, das man ihnen verliehen hat, zu verlieren oder ausgeschlossen und gemieden
zu werden, wenn sie sich nicht unterordnen und mitarbeiten.
Bis zu dem Tag, als ich meinen Austritt erklärte, hielten einige Zeugen, die ich kannte,
an und schwatzten mit mir, aber schon am nächsten Tag gingen diese Mitglieder, die sich
noch gestern freimütig mit mir über meinen Groll unterhalten hatten, nur ein, zwei Meter
an mir vorbei in den Supermarkt, sahen mich an und drehten sich schnell um. Das tun sie
nicht etwa, weil sie dächten, ich sei böse; sie wissen ja, daß ich sehr aufrichtig bin
und Ungereimtheiten, die ich in den Publikationen fand, auch beweisen kann. Sie tun es,
weil sie Angst haben, selbst ausgeschlossen zu werden, wenn man sie mit mir sprechen sieht
und jemand sie bei den Ältesten ihrer Versammlung meldet. Es ist ganz einfach: Sie
möchten nicht die Härte ertragen, selbst gemieden zu werden, weil das ein extrem schwer
zu ertragendes Verdikt ist. Bei dem aber auch wirklich niemand mit einem reden darf, nicht
einmal die Angehörigen außerhalb der eigentlichen Familie. Und wie ich sagte: Wer es
doch tut, wird selbst auch ausgeschlossen.
Wenn ich jetzt zurückblicke, dann glaube ich, daß es noch ein langer Weg war, bis ich
Licht sah, als ich gerade 15 Jahre alt war. Aber der erste Schritt, den ich tun mußte,
war, der Beherrschung durch meine Mutter zu entkommen; als nächstes wäre in kommenden
Jahren die Wachtturmorganisation dran.
Der erst Schritt hieß: von zu Hause weg. Das war ein großer Schritt, aber einer, zu dem
ich genötigt war . . .
Kapitel 13
Der letzte Strohhalm auf dem Weg in die Freiheit
Ich kann so viel verkraften, aber ich kann es nicht länger ertragen.
Popeye
Wie mein Bruder sah ich mich an dem Tag, als ich die Schule verließ, nach einer
Arbeitsstelle um. Mir gelang es, einen Job in einer Seidenschirmdruckerei zu bekommen. Ich
nahm ihn, weil es ein Anfang war, und so ging ich hin und sie stellten mich in einem
Untergeschoß an die Arbeit. Bedruckte Poster aus einer Presse abheben und sie auf ein
Gestell zum Trocknen legen. Es war vor einer Wand, keine Fenster, keine Uhr und die
langweiligsten Tage, die ich je hatte. Ich blieb viereinhalb Tage, und am Freitagmittag
ging ich und bekam einen anderen Job. Nachdem ich als Kind jahrelang zu Hause eingesperrt
war, war das letzte, was ich wollte, in einem kleinen Raum ohne Fenster eingesperrt zu
sein. Als ich zurückkam, fragte der Manager: Wo waren Sie?" So erzählte ich
ihm, ich sei draußen gewesen, um einen anderen Job zu suchen, Er fragte:
Warum?" Ich sagte: Ich möchte nicht so enden wie der Typ, mit dem ich
zusammenarbeite. Er ist schon seit etwa 30 Jahren im Keller, völlig depressiv, ohne Sinn
für Humor, und nie sagt er einen Ton." Ich erzählte dem Manager: Wenn ich wie
er sein wollte, hätte ich vor allem einen Job als Leichenbestatter angenommen." Ich
bekam mein Geld und ging, um am folgenden Montag mit einem neuen Job zu beginnen.
Damals in den 1960er Jahren bekam ich 4.10 Pfund für meinen ersten Job. Wie mein Bruder
Paul gab ich meinen ersten Wochenlohn für neue Kleidung aus. Von meinem Geld forderte
meine Mutter 3.50 Pfund für Haushalt und Logis. Damit wären für mich nur 20 Shillings
oder 1 Pfund zum Leben geblieben. Das ist jetzt schwer zu glauben, aber ich argumentierte
und sagte, ich wolle die Hälfte abgeben. Ich hatte zwei wunderschöne Hemden aus einem
Geschäft namens Harry Fenton gekauft, das sehr schöne Qualitätssachen herstellte. Ich
sagte mir immer, ich würde lieber Sachen in Topqualität kaufen, die lange hielten. So
kaufte ich zwei Hemden, die damals hochaktuell waren; mit schönen weißen Kragen und
Manschetten und das Hauptteil in hellblau und lila. Recht auffallend! Aber in den 1960er
Jahren sehr elegant.
Ich nahm sie mit nach Hause und zeigte sie meinem Vater und steckte sie in den
Kleiderschrank. Meine Mutter bat mich, aus einem nahen Geschäft ein paar Lebensmittel zu
holen, und als ich zurückkam, badete ich, nur um zu sehen, als ich mich anziehen wollte,
daß die Hemden weg waren. Ich fragte meinen Vater. Er sagte: Oh nein. Sag nicht,
jetzt geht es wieder bei ihr los." Ja, sie hatte meine neue Kleidung zerstört, die
ich von meinem ersten Wochenlohn gekauft hatte. Ich hatte kein Geld und keine Hemden für
den neuen Job. Ich war so wütend und erregt und konnte das nicht mehr aushalten, so
schrie ich sie an: Du **!!***** bist verrückt, wahnsinnig!" Sie sagte:
Du kannst solche Hemden in keiner Zeugen-Jehovas-Versammlung tragen," Bald
darauf schauten mein Bruder und ich, wie wir von zu Hause wegkommen könnten. Das war sehr
schwierig, ich war unter 16 Jahre, und hatte keinen richtigen Job, von dem ich leben
konnte, aber ich entschied, daß ich das nicht mehr länger mitmachen wollte. Mein Vater
war mit seiner Weisheit am Ende, was man mit ihr tun sollte, da sie Hilfe oder eine
Behandlung verweigerte und es mit jedem Jahr schlimmer wurde.
Meine Urgroßeltern waren gestorben und hatten das Dachgeschoß des Hauses meiner
Großmutter väterlicherseits unbewohnt gelassen, und dorthin gingen wir und lebten dort.
Wir waren eben eingezogen, als meine Mutter hereinplatzte und die Treppen hochkam, um sich
sehen zu lassen, als meine Großmutter meiner Mutter zurief: Was glaubst du
eigentlich, wohin du gehst?" RAUS", sagte sie, RAUS . . . Diese
Jungen zahlen Miete hier, so gehst du nirgendwo hin, wenn du nicht eingeladen bist."
Nun, das paßte uns, und von da an lebten wir für uns. Meine Großmutter kochte uns jeden
Abend das Essen, machte die Wäsche, wir hatten warme Betten, und sie sorgte für uns.
Der erste Schritt war für mich als auch für meinen Bruder Paul sehr schwer. Wir begannen
mit nichts, hatten keine Berufsabschlüsse, wenig theoretische Fähigkeiten, waren
jahrelang isoliert gewesen und hatten sehr wenig Selbstvertrauen, und wir hatten kaum
Freunde. Aber bald lernten wir, auf eigenen Füßen zu stehen, und ich wurde nie mehr von
meiner Mutter geschlagen. Ich hatte im Hause meiner Großmutter keine Angst vor der
Dunkelheit; ein wahrer Segen.
Auch wenn wir außerhalb der Kontrolle meiner Mutter waren: Da war anscheinend diese
Kontrolle von Seiten der Zeugen:
Das Schuldgefühl, das mir eingeflößt war, begann, mir schaffen zu machen, und ich stand
vor einigen wirklich komplexen und verwirrenden Entscheidungen
Kapitel 14
Schuld und Verwirrung lassen mich wieder in die Falle geraten.
Niemand ist ständig ein Narr, aber jeder ist es manchmal.
Autor unbekannt
Ich habe immer geglaubt, es müsse einen Gott geben, und selbst in der Schule wurde dies
gelehrt und war die Norm, da es ein paar Grundsätze geben muß, unser Gewissen
anzuleiten. So glaubte ich damals nicht, daß Jehovas Zeugen unrecht hätten; soweit es
ihre Lehren angeht, glaubte ich einfach, daß die Mitglieder etwas merkwürdig wären und
es einige wirklich verrückte Individuen in ihren Reihen gäbe. Ich denke wohl, daß
Jehovas Zeugen dazu neigen, zwei Typen anzuziehen. Da sind einmal die Einzelgänger,
seelisch kranke Menschen mit psychischen Problemen, Schwache, die Hilfe benötigen,
verletzliche Menschen, die Antworten auf Probleme suchen - und natürlich waren Zeugen da,
um zu helfen und um GESUNDEN RAT" zu geben. Dann gab es Personen am anderen
Ende der Skala, solche, die es gerne haben, wenn man zu ihnen aufblickt, wenn sie Führer
sind und Anordnungen erteilen und Verantwortung tragen, bekannt als Hardliner. Im Grunde
genommen Geführte und Führer, wobei aber beide Typen sehr unausgeglichen in ihrer
Argumentation werden.
Bei all den Problemen, die ich durchmachte, denke ich, daß der Fehler einfach der war,
daß meine Mutter seelisch gestört war, und zwar schwerwiegend, da andere Kinder
anscheinend nicht das durchmachten wie wir. Doch wenn ich zurückblicke, erkenne ich
heute, daß man beiden die Schuld geben muß. Da waren das grausam gehässige und
sadistische Wesen meiner Mutter und das Versäumnis der Zeugen, sie zurechtzubringen, weil
sie mit ihrem Vollzeitpredigen Bekehrte und Spenden in die Organisation brachte, Was zu
ihrem Vorteil war. Sie haben nie auf meinen Vater gehört, wenn er sich über ihr
unvernünftiges Verhalten beklagte. Mehrmals ging mein Vater hin und erzählte den
Ältesten und der Weltzentrale, daß meine Mutter seelisch sehr krank sei, und bat sie,
ihr taktvoll vorzuschlagen, sie brauche doch Hilfe, aber sie nahmen keine Notiz davon und
gingen direkt hinter dem Rücken meines Vaters zu ihr und erzählten ihr, was er gesagt
hatte. Meine Mutter wurde hysterisch und machte sein Leben danach vollkommen zur Hölle,
bis sie einen eigenen Bericht darüber abgab, in dem sie ihn für alles verantwortlich
machte. Mehrmals zertrümmerte sie die gesamte Wohnung, um dann später abzustreiten, daß
sie etwas darüber wisse.
Mein Vater gebot ihr keinen Einhalt; er ging hinaus und ließ sie wirken. So bekam er
schließlich Frieden. Der entscheidende Punkt bei alledem ist, daß jeder Zeuge Jehovas,
der sehr aktiv beim Predigen ist, die Stärkung des Herrn haben soll, aber jede Klage
eines Mitgliedes, das einen wirklichen Grund dafür hat, ein Thema zur Sprache zu bringen,
völlig als belanglos beiseite gewischt wird, wenn es kein aktiver Prediger ist. Man
trifft auf die Einstellung und Begründung: Du hast diese Probleme, weil du in
deinem Leben nicht das Werk des Herrn an die erste Stelle setzt. TU MEHR, UND DIE DINGE
WERDEN VON SELBST ZURECHTKOMMEN." Das ist die Antwort der Zeugen auf alles. Mit diese
Begründung wischen sie jeden Streitpunkt, jedes Problem, jeden Umstand beiseite. Ja, ich
möchte hier nicht einmal das Wort Begründung" verwenden, ich sollte eher
verbogene Mentalität" sagen.
Ich begann, die Zusammenkünfte zu besuchen und las die Bücher, die sie verwenden, in
etwa drei Wochen durch. Und damals konnte ich keine wirklichen Fehler darin entdecken,
soweit es die Lehre betrifft. Aber ich war sehr unwissend und sehr beeindruckbar. Ein
Grund dafür war, daß ich überhaupt nichts wußte, wie konnte ich es dann wohl mit
anderem vergleichen? Ich nahm einfach an, das sei alles, was es gibt. Etwa so um das Jahr
1969 wurde ich auf die Zeugen getauft, und die ganze Struktur der Organisation bewegte
sich auf 1975 zu. Und bereits im Jahre 1967 hatten die Zeugen sich in gedruckter Form
geäußert, es sei passend, daß dann diese Welt enden würde.
Leute verkauften all ihre Habe und gingen vollzeitpredigen; es sind ja nur noch ein paar
Jahre und dann wird man eh alles verlieren! Andere kündigten ihre Lebensversicherungen
und Krankenkassen und taten alles mögliche. Einige gingen daran, ihre Häuser,
Grundstücke und Firmen zu verkaufen und machten massenweise Schulden, weil sie dachten,
wenn die Welt ende, brauchten sie sie nicht mehr zurückzuzahlen. Krieg, was du kriegen
kannst, und mach dir keine Sorgen. Diese Leute wußten kaum, wie sehr sie sich irrten, und
viele bildeten für sich selbst und ihre Angehörigen Grund für viel Schmerz und
Kopfschmerzen, jetzt, wo sie vor jahrelangen Rückzahlungen standen, um ihre Schulden zu
begleichen. Aber in den von den Zeugen gedruckten Publikationen erschien keinerlei
Entschuldigung, nur ein Dementi, daß das, was gesagt worden war, nur eine Möglichkeit
darstellte. Und: DIE MITGLIEDER HABEN SELBST ETWAS HINEINGELESEN".
Ich hörte, wie dies bei einem Kongreß von etwa 1.000 Leuten in Surrey der Zuhörerschaft
gesagt wurde, und auch das Leugnen der Lehre über das Jahr 1914. Man lehrte bis dahin,
daß die Menschen, die das Jahr 1914 erlebten, noch immer leben und Augenzeugen der
Vernichtung am Ende der Welt sein werden." Das gab ihrer Botschaft ein besonderes
Gewicht und zog Leute an, weil diese Personen inzwischen sehr alt waren und so wenig Zeit
übrigblieb. Ich war so angewidert, daß ich hinausging. Ich weiß aus meiner großen
Sammlung von Büchern der Wachtturmgesellschaft", die sich mit den Jahren
ansammelten, sehr wohl, daß das unwahr war und die Zeugen logen, um Lehren der
Vergangenheit zu vertuschen. Da es Tausende von Belegen dafür gab, war es direkt
unehrlich und heuchlerisch, sich gegenüber den Mitgliedern davon frei zu machen und zu
sagen, sie seien selbst schuld an der Enttäuschung.
Doch damals in den 1960er Jahren war ich mir dieser Dinge nicht bewußt, sog wie so viele
die Dinge in mich auf und ging mit der Masse. Ich ging mehrere Jahre lang predigen und
knauserte mit gerade einmal ein paar Pfund die Woche. Ich hatte nicht einmal einen Mantel,
und ein Freund gab mir einen. Ich war so arm, ich hatte nichts. Ich erinnere mich an einen
Ältesten aus dem Zweigbüro in Mill Hill", der bei einer Zusammenkunft auf die
Bühne ging und uns unverblümt fragte, als er die Hände auf die Gebäude draußen
richtete: Seid ihr euch im klaren darüber, daß im nächsten Jahr um diese Zeit all
dies verschwunden sein wird?" Ja", sagte er, nächstes Jahr um diese
Zeit wird das da draußen alles verschwunden sein". Das bezog sich natürlich auf die
Umgebung in der Welt, in jener Welt, von der wird wußten, daß sie verschwinden werde,
von Gott vernichtet, um für ein neues paradiesisches System, eine neue Erde, Platz zu
machen. Im nächsten Jahr, und seither in jedem Jahr, mußte er klein beigeben, weil er
sich selbst zu solch einem kompletten Toren, Idioten, Narren gemacht hatte - wie so viele
vom Wachtturmpersonal, die dasselbe predigten. Und sie sollen uns nicht erzählen, das
hätten sie nie gesagt . . . ICH WAR DA UND HABE ES MIT EIGENEN OHREN GEHÖRT!
Warum blieben aber dann so viele Leute in der Organisation? AUS FURCHT! Ja, Furcht, daß
sie, wenn sie gingen, überrascht würden, wenn das Ende der Welt spät käme! Da die
Wachtturmorganisation den Anspruch erhebt, Gottes ALLEINIGER wahrer Kanal zu sein, hieße
gehen, sich von Gott abzuwenden. Viele waren verwirrt. Aber es gab einen Massenexodus. Wer
blieb, wurde wegen seiner Loyalität gerühmt, und wer ging, war böse und vor allem kein
echter Christ.
Mit den Jahren erlangte ich mehr Wissen über das, was da vor sich ging, und wurde
freimütiger und schrieb Dutzende von Briefen an die Weltzentrale - inzwischen müssen sie
eine sehr große Akte über mich angelegt haben. Ich stellte viele Fragen und forderte
Antworten, aber jedesmal behandelte man das auf die übliche Art: Es tut uns leid,
daß wir dem im Augenblick nichts hinzufügen können", und dann: Vielen Dank
für Dein freundliches Interesse" usw. Das war eine Art, einen abzubürsten, einem zu
sagen, man solle weiterhin predigen gehen und ruhig bleiben oder nicht über
Ungereimtheiten Buch führen. Dieser Unsinn ging mir wirklich auf die Nerven, ich kam mir
wie ein Idiot behandelt vor. Wenn du jemals die Weltzentrale anrufst, wirst du keinen
Namen bekommen, das ist absolut erstaunlich! In jedem Geschäft, in jeder Firma kann man
einen Namen oder eine Kontaktperson erfahren, aber nicht in der Wachtturmweltzentrale. Man
bekommt nie einen Namen, nur eine Abteilung. ABER KEINEN NAMEN. Auf diese Weise kann
niemand zitiert oder für etwas verantwortlich gemacht werden, das er vielleicht gesagt
hat. Probier es selbst mal aus: Zweigbüro Selters 06483 / 41, frage beispielsweise nach
der Dienst- oder auch der Versandabteilung oder nach der Rezeption. Man redet wie mit
einer Maschine!
Abgesehen von alledem war ich jetzt in der Tretmühle der Wachtturmorganisation und mit
hineingezogen unter alle Gesetze und Vorschriften, die sie initiierten. Das wirkte sich
auch auf meine Heirat und die Probleme aus, die sich schließlich für mich daraus ergaben
. . .
Kapitel 15
Ein Ehealptraum führt zum Bruch
Der eine war nie verheiratet, und das ist die Hölle; der andere ist es, und das ist wie
die Pest.
Burton
Eines der schlimmsten Probleme, eine der größten Ängste in der Religion der Zeugen
Jehovas ist der Druck auf Jugendliche und Alleinstehende, einen Partner zu finden zu
versuchen, mit dem man seßhaft wird, den man heiraten kann. Die herrschende Vorschrift,
nur einen Mitgläubigen zu heiraten, ist sehr bedrückend und beschwerlich. Und wenn man
niemanden finden kann, dann fühlt man sich wirklich abgeschnitten und einsam. In Wahrheit
sollte man gemäß der Bibel in der Lage sein, einen Mitchristen zu heiraten, und das ist
es, was der Satz: 'Heirate im Herrn' eigentlich bedeutet. Jehovas Zeugen lehren, dies
bedeute, nur jemanden in ihrem Glauben zu heiraten, das heißt, einen Zeugen Jehovas. Es
ist auch richtig, daß viele Religionen dasselbe lehren, Katholiken müssen Katholiken
heiraten, Mormonen müssen Mormonen heiraten usw. Wer diese Vorschrift übergeht, wird mit
äußerster Abneigung behandelt und von allen gemieden.
Als ich ein Teenager war, empfand ich das als sehr lästig und heiratete schließlich eine
junge Frau, die etwa 3 Jahre älter und auch eine Zeugin Jehovas war. Sie ging sehr in der
Religion auf und nahm sie sehr ernst. Man sagte mir, solange alle jungen Zeugen Jehovas
dasselbe glauben, sei man vollkommen glücklich! Das war der schlechteste Rat, den ich,
glaube ich, je gehört hatte, und so viele aufrichtige Menschen folgen diesem Rat und
heiraten, nur um dann eine Kette von Problemen zu finden, weil sie nicht zueinander
paßten oder vom eifrigeren Partner Druck ausgeübt wurde.
Wenn man ein Mann ist, wird von einem erwartet, daß man nach Verantwortung in der
Organisation strebt, und wenn nicht, dann hat das Einfluß auf die Frau, die ein
erbärmliches Vorbild an Ehemann hat. Wenn die Frau sehr aktiv ist, mag sie ihren Ehemann
dazu drängen, immer mehr in der Religion zu tun, auch wenn der Mann sich schon mit der
Verantwortung für sie überfordert fühlt, damit, eine Arbeitsstelle zu haben und die
Wohnungsmiete und alle Rechnungen zu bezahlen. Wenn die Angehörigen der Frau aktiv in der
Religion sind, werden sie gleichfalls Druck ausüben, immer mehr zu tun, und wenn man dem
nicht nachgibt, wird man vielleicht von ihnen gemieden, und wenn man tatsächlich nicht
annehmbar ist, ist man ein erbärmliches Beispiel für einen Christen. Viele werden nur
deshalb Jehovas Zeugen, um den, den sie lieben, zu heiraten. Und nach der Hochzeit treiben
sie wieder zurück in ihren alten Lebensstil, sehr zur Entrüstung aller anderen
Angehörigen, wenn diese Zeugen sind, und sie werden keine Gemeinschaft mehr mit ihnen
haben oder ihnen Gastfreundschaft erweisen.
Ich heiratete und hatte bald von einem Tag auf den anderen große Probleme. Meine Frau war
damals, man würde sagen: sehr prüde; sie war sehr genau darin, keine Sünde zu begehen.
Physischer Kontakt wurde auf das äußerste Minimum beschränkt, wenn ich mit ihr ausging.
Sie verführte mich zu dem Glauben, sie sei vom Wesen her sehr heiß und würde sich
exzessiver Leidenschaft hingeben, daß ich ihre Körperchemie auslösen und sie zu einer
unkontrollierten sexuellen Raserei bringen würde! Ja, ihr habt es erraten: Ich fiel
darauf herein und heiratete mit 19 Jahren. Nach zweieinhalb Monaten Ehe hatten wir die Ehe
immer noch nicht vollzogen, die Flitterwochen waren ein Alptraum, und jeder fragte, wie
wir zurechtkämen, und sagte, wie glücklich wir aussähen. Das war sehr unangenehm. Ich
ging zum Arzt und erzählte ihm, ich sei so gestreßt deswegen und könne wirklich nicht
damit zurechtkommen, mit 19 Jahren in einem Bett mit einer Frau zu schlafen, die nicht
einmal berührt werden wolle - wenn ich nach ihrer kühlen Erwiderung gehe.
Mein Hausarzt am Orte sagte: Bringen Sie sie sofort her, ich möchte mit ihr
reden." Er fügte hinzu: Kein Problem, ich werde sie auf Vordermann bringen.
Das ist nichts Ungewöhnliches, lassen Sie mich mit ihr reden, sie wird schon
zurechtkommen." Wir wohnten so 5 oder 6 Haustüren vom Arzt entfernt. Deshalb lief
ich zurück nach Hause und sagte zu meiner Frau: Komm, der Arzt möchte mit dir
reden." Sie weigerte sich einfach und sagte: Ich bin glücklich, so wie ich
bin, ich werde mit niemandem reden." Ich wußte allerdings, daß sie nicht glücklich
war und daß sie auch Heimweh hatte, was ich verstehen kann, aber von jenem Tag an wußte
ich, daß ich wirklich große Probleme hatte. Das Problem bestand nicht darin, daß sie
ein Problem hatte, sondern darin, daß sie sich weigerte, etwas dafür zu tun, oder nicht
den Wunsch hatte, etwas dafür zu tun, und für mich war das ein Rätsel. Mit der Zeit
fühlte ich mich in meiner Rolle als Ehemann wie ein Vergewaltiger, und meine Frau war so
kalt und distanziert. Ich fragte mich, warum im Himmel ich geheiratet hatte, da sie mir
nie sagte, daß sie mich liebe; nur wenn ich fragte, aber niemals von selbst. Trotz dieser
Dinge war sie sehr liebevoll und bemühte sich um andere Menschen; und selbst heute noch
tut sie alles mögliche für alle Leute. Meine Exfrau hat seither wieder geheiratet: einen
Mann, der ein eifriger Zeuge Jehovas ist. So ist sie immer noch unter der Kontrolle der
Zeugenorganisation - eigentlich mehr als je zuvor.
In meiner Situation, wo ich verheiratet war, konnte ich keine andere kennenlernen, und so
fragte ich mich, ob das nun 50 Jahre lang so gehen solle. Mit der Zeit hatte ich drei
Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen; Gott weiß wie. Ich mußte darum kämpfen, daß sie
auf die Welt kamen. Es überrascht nicht, wenn ich sage, daß es bei jeder Schwangerschaft
Monate vor und Monate nach der Geburt immer einen Grund gab, warum wir keine normale
Beziehung haben konnten.
Die große Frage war: Warum war sie so? Vom Wesen her war meine Frau damals sehr
mitfühlend und freundlich und rücksichtsvoll gegenüber anderen; sie würde für jeden
alles tun und wurde von allen geliebt, aber die Art, wie sie mich behandelte, stand im
Gegensatz zu dem, was andere erfuhren, die mit ihr arbeiteten oder die sie kannten. Das
Problem waren wieder die tiefen Wurzeln in der Indoktrination der Wachtturmorganisation,
der sie jahrelang unterworfen war und die ihr Denken völlig kontrollierten. Etwas
anderes, das mir aufgefallen ist: daß sich einige Frauen wohlüberlegt gehen lassen, um
unattraktiv zu sein, so daß ihre Ehemänner keine sexuelle Beziehung mit ihnen haben
wollen - wieder, um dem Risiko zu entgehen, Kinder zu bekommen. Ich habe sogar Männer
gekannt, die mir erzählten, ihre Frauen täten dies vorsätzlich, so wie meine Frau dies
damals auch tat und es Jahre später zugab, weil sie Angst hatte, sie werde von der
Wachtturmorganisation getadelt. Hier liegt das Problem:
Es gibt Menschen, Frauen wie Männer, die versuchen, so geistig zu sein, daß sie darüber
das Menschliche vergessen. Sich an physischen Empfindungen und Erfahrungen zu erfreuen,
vermittelt ihnen ein Schuldgefühl, so daß sie glauben, sie sollten diese Dinge nicht so
empfinden. Um also das, wovon sie glauben, daß es geistig sei, zu behalten, unterdrücken
und töten sie die eigenen physischen Empfindungen und Gefühle ab. Jedesmal, wenn diese
physischen oder emotionellen Bedürfnisse hochkommen, empfinden sie Schuld, als ob sie ihr
Geistiggesinntsein verlören, und unterdrücken sie wieder. Dann werden sie gegenüber
allen herzlich, die ihnen nicht emotional gefährlich werden können, da diese keine
Bedrohung darstellen, und sie reden sich selbst ein, diese seien wunderbare
geistiggesinnte Freunde, aber jenen gegenüber, die ihnen emotional gefährlich werden
könnten, werden sie kühl, abweisend und gleichgültig bis zu dem Punkt, wo sie sie
zurückweisen. Das einzige Heilmittel ist, zu erkennen, daß man geistiggesinnt sein und
eine physische Beziehung genießen kann, wenn man zölibatär leben will. Traurigerweise
muß ich sagen, daß ich Dutzende unglücklich verheirateter Leute gekannt habe, Männer
wie auch Frauen, die einen Partner mit dem gerade beschriebenen Denken geheiratet haben.
Andere sehen zu und sagen, was für einen wunderbaren Partner man doch habe; sie erkennen
nicht, daß man zu Hause hinter geschlossenen Türen vielleicht die Hölle durchmacht. Ich
gebe diesen Personen gewiß nicht die Schuld dafür, aber eine große Verantwortung liegt
auf der Wachtturmorganisation, weil sie diese Schuldgefühle Mitgliedern einimpft und weil
das viele Ehen ernstlich beschädigt hat.
Ferner ist der Druck auf Zeugen, keine Kinder zu haben, sehr groß, und die Angst vor
einer Schwangerschaft kann ein Ehepaar wirklich belasten, denn wenn die Frau sieht, daß
sie schwanger ist, könnten beide so angesehen werden, als wollten sie den Rat der Mutter
Organisation nicht beherzigen und das Sektenwerben und das Predigen nicht an die erste
Stelle ihres Lebens setzen. Wenn ein Paar Kinder erwartet, fällt schlechtes Licht auf sie
und sie werden als nicht besonders geistiggesinnt angesehen. Und es ist dieses
Schuldgefühl, diese Manipulation, was in das Privatleben der Zeugen Jehovas hineinreicht,
das schon viel Kummer unter Ehepaaren geschaffen und sie belastet hat. Damals, als ich
jung war, sah ich das nicht, aber wenn ich jetzt zurückschaue, dann ist sehr klar, warum
so viele Menschen schwere Eheprobleme haben. Die Furcht, unter den Zorn der Mutter
Organisation zu fallen, hält viele davon ab, sich an dem zu erfreuen, was andere ein
normales, gesundes Sexleben und Ehe und Familie nennen.
Ein sehr guter Freund von mir war jahrelang Vollzeitprediger, dann bekam seine Frau
Kinder. Ich erinnere mich noch, wie er mir erzählte, daß er jemanden vom Personal des
Zweigbüros in London getroffen habe. Obwohl er ihn schon so lange kannte, habe dieser ihn
nur angesehen und sei direkt an ihm vorbeigegangen. Er habe ihm nicht einmal wegen der
Kinder und seiner schwangeren Frau gratuliert, was meinen Freund tief getroffen hatte. Er
war sehr verärgert wegen dieses unverfrorenen Aktes, ihn nach all den Jahren des
Dienstes, den er für die Organisation geleistet hatte, so zu mißbilligen.
Ich erinnere mich auch, wie die Ältesten nach all der Arbeit von einigen Jahren, als ich
wieder vollzeitig arbeiten und das Vollzeitpredigen Anfang der 1970er Jahre aufgeben
mußte, die gesamte Versammlung informierten, ich sei aus dem Amt ENTFERNT worden usw.
Keine Erklärung wurde gegeben, daß wir Nachwuchs erwarteten und ich deshalb vollzeitig
arbeiten gehen mußte. Nicht der geringste Dank für meine harte Arbeit, nur einfach: ich
sei entfernt worden. Was alle dem Gedanken überließ, ich hätte eine schwerwiegende
Sünde begangen. Das war äußerst verletzend. Danach ging ich nie mehr in dieses
Vollzeitpredigtwerk zurück.
Ich erinnere mich auch noch an das, was ich den Ältesten (Sektenführern) einer
Versammlung (Kirche) sagte, die mich um 23.00 Uhr in der Nacht noch anriefen, weil
Vandalen die Glastüren unseres örtlichen Versammlungssaals eingeworfen hatten. Ich
verbrachte drei Tage damit, neue Türen und Zubehörteile sowie Sicherheitsschlösser
anzubringen. Ich erhielt keinerlei Dank. Ich war sehr verärgert und wütend und sagte,
ich erwarte nicht, daß man mich für meine Arbeit bezahle, ich bat auch nicht um
Reisekosten oder Benzingeld, und ich forderte auch keine Essenspauschale oder etwas für
die Abnutzung meiner Werkzeuge, ABER ICH HÄTTE EIN DANKESCHÖN ERWARTET. Selbst nachdem
ich mich beklagt hatte, bekam ich kein einziges Wort des Dankes. Ich habe danach nie mehr
etwas für sie getan und weigerte mich ab dem Tage, irgendwelche Hilfe anzubieten. Der
Punkt ist, daß andere, die sehr wenig taten, immer gelobt wurden. Warum? Weil sie
draußen waren und ANDERE FÜR DIE SEKTE WARBEN. Über die Jahre hinweg muß ich wohl
Tausende von Stunden meiner Zeit beigetragen haben, kostenlos auf Dutzenden von Kongressen
und bei Bauprojekten. Doch habe Zweifel an der Organisation und das alles ist völlig
vergessen, und man ist nur ein weiteres Rädchen in der Wachtturmmaschine.
Warum ich das gerade erwähnt habe? Weil alle diese Erfahrungen das Ergebnis sind, wenn
man nicht alles der Wachtturmorganisation gibt. Gib alles, und es ist in Ordnung; hör
damit auf, und du wirst schnell eine sehr unfreundliche Behandlung erfahren. Es ist diese
Furcht, daß man schlecht behandelt wird, die die Mitglieder das tun läßt, was sie tun.
Loyalität gegenüber der Organisation steht an erster Stelle, dann erst kommt der
Partner. Wenn es einen Konflikt gibt, leiden immer die Partnerinteressen. Wenn eine Frau
weiß, daß man sie schief ansehen wird, wenn sie Kinder hat, dann werden in der Ehe
bestimmt Probleme an die Oberfläche kommen. Wenn man einen Mann schlecht ansieht, weil er
eine Berufskarriere verfolgt, werden das Ergebnis sehr traumatische Probleme zusammen mit
Verwirrung sein, Schuldgefühle und Verlegenheit.
Eine Freundin meiner ersten Frau, die Frau eines Ältesten in der Religion, gab ihr alle
möglichen unausgegorenen Ratschläge, wie zum Beispiel den, einmal pro Woche Sex zu
haben, damit der Mann zufrieden bleibt, oder daß es nicht gut sei, wenn man Sex hat,
nachdem man von der Zusammenkunft nach Hause gekommen ist, und sich somit physische
Freuden gönnt, nachdem man geistige Dinge betrachtet hat! Meine Frau war nach einer
Zusammenkunft immer sehr kühl. Ich konnte mir das nie erklären; ich argumentierte, ich
sei in die Versammlung gegangen, um zu lernen, wie ich ein guter Ehemann sein könnte und
meine Frau liebte. Wenn wir daher nach Hause kamen, sei es die beste Zeit, das zu
praktizieren, aber meine Frau sah das nicht so!
Nachdem eine endlose Zahl von Kindern durch meine Wohnung gelaufen waren, die meine Frau
hineingelassen hatte, da sie trotz dessen, was ich sagte, jedermanns Kinder zu sich nahm
und sie durch die ganze Wohnung liefen und sprangen, über Möbel und durch den Garten,
legte ich die Arbeit nieder und sagte, ich würde aufhören. Einmal war ich nach Hause
gekommen und fand wie üblich Ladungen von Kindern, die durch meine ganze Wohnung
sprangen, und neun von ihnen schrieen und liefen so laut sie konnten, da verlor ich die
Beherrschung und griff mir die Kinder und warf sie über den Gartenzaun dahin, wo sie
hingehörten. Der Vater drohte, er würde vorbeikommen und mich vermöbeln. Ich sagte ihm,
er solle doch vorbeikommen, und ich würde ihn auch über den Zaun werfen, der etwa 1,80
Meter hoch war. Da einige Menschen weicher sind als andere und viele meine erste Frau
ausnutzten und sie einfach nicht nein sagen konnte, ist es einfach so, daß sie sich
verpflichtet fühlte, ja zu sagen, wenn jemand um Hilfe bat, weil sie das so als Christin
in der Zeugenorganisation dachte. Ich glaube, es war deshalb, daß sie die ganzen Kinder
hereinnahm, wo sie doch schon mit genug Verantwortung fertigwerden mußte. Ich kann sie
nicht dafür verurteilen, daß sie so gastfreundlich war und anderen gegenüber Güte
übte, da das eine ihrer ausgezeichneten Eigenschaften war, aber die Indoktrination durch
die Wachtturmorganisation tat nur wenig, um ein ausgeglichenes Denken zu fördern.
So ging ich nach sechs Jahren und sagte meiner Frau, ich könne nichts mit ihr tun. Es war
die Religion, die alles bestimmte; ich war das Mädchen für alles, der Ernährer, der,
der die Rechnungen bezahlt. Wir führten kein richtiges Leben, wir hatten keine enge
Beziehung, und zu viele andere Leuten, das heißt Älteste der Kirche, hatten das Sagen zu
Hause und in der Ehe. Mich berücksichtigte man nicht einmal; was zählte, war immer das,
was die Ältesten der Religion oder ihre Frauen dachten und sagten.
Selbst der Sex war durch die Organisation geregelt, und Frauen sollten es den Ältesten
melden, wenn sie glaubten, daß ihr Mann etwas Unpassendes getan habe. Zu erwarten, daß
die Frau sexy oder bezaubernd aussah, war einfach nicht drin! Man mußte
Selbstbeherrschung haben und zufrieden sein.
Meine beiden Söhne wuchsen auf und verachteten mich völlig und behandelten mich sehr
respektlos. Nachdem mein ältester Sohn sich mit seiner heutigen Frau verlobt hatte und
einen großen silbernen Kerzenleuchter, den ich ihnen gekauft hatte, als Geschenk
annahmen, sagte er mir, daß er mich nicht als seinen Vater ansehe. Das hat sehr wehgetan
und war unverschämt; mir wäre niemals im Traum eingefallen, das zu meinem Vater zu
sagen. Der Punkt ist, nachdem ich in einer Atmosphäre ständigen Streits und der
Auseinandersetzung aufgewachsen war, wollte ich, daß meine Kinder ein friedliches Zuhause
hatten und nicht Zeugen böser Gefühle zwischen mir und meiner Frau würden. Vielleicht
werden sie das eines Tages verstehen.
Ich kann verstehen, wie meine Kinder empfunden haben mögen, und sie nahmen es mir übel,
daß ich gegangen bin. Ich kam regelmäßig vorbei, manchmal mehrmals in der Woche, um zu
sehen, wie es ihnen ginge, und reiste auch am Wochenende an, um sie zu sehen, aber es war
offensichtlich, daß ich nicht willkommen und erwünscht war. Ständig beleidigten mich
die Ältesten der Kirche oder örtlichen Versammlung oder sie machten sich über mich
lächerlich. Sie versuchten, meine Exfrau zu beeinflussen und hatten Erfolg darin, das
Leben meiner Kinder mit so vielen Beschäftigungen zu erfüllen, daß sie nie Zeit für
mich hatten. Meine Exfrau traf Vorkehrungen, damit jeder andere außer mir sie haben
könnte.
Das ist nicht das, was sie vielleicht getan hätte, wenn sie keine Zeugin Jehovas gewesen
wäre. Wenn man bei den Zeugen ausgetreten ist oder einen Gemeinschaftsentzug hat, wird
man schlimmer als der Teufel behandelt, und jeglicher Umgang muß abgebrochen werden,
selbst der Familienkontakt wird auf ein Minimum beschränkt. Die Wachtturmpolitik zwang
dies den Mitgliedern auf, und ich bekam jahrelang etwas ab, weil ich eine unglückliche
Ehe beendet hatte, auch wenn ich eine Zeitlang keine andere hatte oder jemand heiratete.
Zu der Zeit, als ich Schluß machte, als wir uns fast mehrmals trennten, hatte ich gerade
etwas zu erledigen, und die Frau, die allein war, wußte, daß ich sehr unglücklich war.
Sie kam einfach herbei und legte ihre Arme um mich. Und da ich das seit Jahren nicht
erlebt hatte, hatte ich nicht den Willen, dem zu widerstehen. Ich hatte nichts, auf das
ich zurückgehen konnte, nichts, auf das ich bauen konnte. So war dieser Akt von Hurerei
also das Ende meiner Ehe, und ich war erleichtert darüber.
Den Zeugen geht es immer darum, daß man keinen Ehebruch begehen dürfe, nicht einmal
jemanden vom anderen Geschlecht mit Begierde ansehen dürfe; damit begehe man schon eine
Sünde. Doch was sie nicht in den Köpfen der Leute verankern, ist, daß man alles, was
man kann, tun sollte, daß der Partner nie Ehebruch begehen WILL, wenn er versucht wird.
In den meisten Fällen von Ehebruch sind Schwäche und Probleme zu Hause die Ursache;
jemand glaubt, er habe nichts Wertvolles an sich, um NEIN zu sagen, wenn eine solche
Situation entsteht oder er versucht wird. Die meisten Leute, die ihre Partner betrügen,
sind gewöhnlich unglücklich.
Später, als ich noch einmal heiratete, lebte ich in Essex, etwa 60 Meilen entfernt, und
meine Frau (wir heirateten 1982) wollte nicht wegziehen. Es gelang mir jedoch, ein Haus im
Tausch aufzutreiben, und ich zog einige Meilen von meinen Kindern weg. Am Wochenende
reiste ich 240 Meilen, um alle drei, zwei Jungen und meine Tochter, mitzunehmen, und das
machte mich fertig: dazu auch noch in der Woche voll arbeiten. Ich dachte daher, wenn ich
näher zu ihnen hin zöge, dann würde eine Menge Streß entfallen, sie zu sehen. Meine
ältere Tochter Helen ist sehr hübsch geworden und hat ein sehr freundliches Wesen und
liebt Zuwendung und ist sehr liebevoll. Sie ging von den Zeugen weg, weil sie bei ihnen
sehr unglücklich war. Sie lebt bei mir in der Nähe, und ich sehe sie regelmäßig. Helen
ist jetzt 21 Jahre alt und arbeitet gegenwärtig für das Verkaufsbüro der örtlichen
Rundfunkstation. Anscheinend hat sie den Job sofort bekommen, weil sie so gut aussieht!
Meiner jüngere Tochter Jessica, die jetzt 13 Jahre alt ist, hat die Natur sehr langes
blondes Haar und wunderschöne blaue Augen geschenkt, und sie ist sehr hübsch; sie ist
ebenso liebevoll. So habe ich zwei wunderbare Töchter!
Damals wollte meine heutige Frau nicht umziehen, auch wenn das für mich eine erhebliche
Erleichterung bedeutet hätte, so verbrachte ich fast sechs Monate damit, von der Kleidung
bis zum letzten Löffel alles alleine vorzubereiten und es dann in einen großen Lastwagen
zu laden. Ich hatte Gartenmöbel und Pflastersteine und alles mögliche Zeug.
Glücklicherweise waren da ein paar Freunde von mir, die herkamen und mir aufladen halfen,
einer von ihnen mietete für mich den Lastwagen und fuhr ihn, und dann luden wir alles ab
und stellten jedes Ding in den entsprechenden Raum, so wie ich alles ordentlich verpackt
und mit Etiketten versehen hatte, damit wir wußten, wo jedes Ding war. An dem Wochenende
holten wir meine Söhne, die damals, 1987, noch mit mir redeten; sie halfen, die Löcher
für den Gartenzaun zu graben. Das war schwere Arbeit, und wir wurden in ein paar Tagen
fertig, da wir Privatsphäre haben wollten, aber es war schwere Arbeit!
Nach alledem verstehe ich, wie meine Frau sich gefühlt haben muß; aber ich konnte sehen,
daß es weniger Arbeit, weniger Kochen, weniger Zeit, weniger Kosten bedeutete, jedes
Wochenende fünf Kinder da zu haben; denn in die Nähe zu ziehen, bedeutete, daß wir
meinen Stiefsohn und die Tochter da hatten, und eins meiner Kinder hätte eben schnell
vorbeikommen können, wann immer es wollte. Leider machte sich von dem Tag an, als wir
umzogen, keines meiner Kinder die Mühe, vorbeizuschauen; niemand war interessiert und
hatte Wertschätzung für alles, was ich für sie zu tun versucht hatte. Es ist jetzt
viele Jahre her, daß ich meine Kinder gesehen habe, die inzwischen erwachsen und
verheiratet sind. Ich ging zur Hochzeit meines ältesten Sohnes, aber nicht einer redete
mit mir, nicht einmal meine Schwiegertochter. Man ignorierte uns völlig, und wir saßen
an einem Tisch mehrere Reihen nach hinten, mit dem Rücken zum Brautpaar. Es war die
schlimmste Hochzeit, auf der ich je war, und meine jüngste Tochter Jessica war sehr
verärgert, weil auch sie von allen wie eine Ausgestoßene behandelt wurde. Alle Kinder
erhielten Geschenke, doch Jessica bekam nichts. Wir wurden nicht gebeten, dabei zu sein,
wenn jemand ein Foto machte, wir bekamen kein Stück von der Hochzeitstorte; es war
schrecklich. Ich wurde nicht zur Hochzeit von meinem anderen Sohn eingeladen, und bis nach
dem Ereignis wußte ich nicht einmal, daß er geheiratet hatte, obwohl er es mir acht
Monate zuvor gesagt hatte. Aber da ich wußte, wie manche Leute Dinge abbrechen, wußte
ich es nicht sicher. Meine Enkel haben mich nie zu Hause besucht, und sie sind inzwischen
sechs Jahre alt. Ich habe nie meinen Enkel gesehen, von dem ich nicht einmal wußte, daß
er geboren worden war. Jemand anderer, der meine Familie kannte, hatte es mir gesagt. Und
doch leben alle nur 15 Minuten entfernt.
Meine Frau sah die Dinge so: Sie hatte keine Angehörigen in Berkshire, wohin wir, näher
zu meinen Kindern, zogen, und keine Freunde. Ich dachte, ihre Reaktion war unvernünftig,
aber tatsächlich war sie in einer Weise gerechtfertigt. Ich glaube, eine Frau sollte
ihren Mann unterstützen, aber was die Sache schlimmer machte, war die Tatsache, daß ich
es tat, weil ich Druck seitens der Zeugen empfand, die von mir erwarteten, daß ich
vollzeitig beschäftig wäre und am Wochenende predigen ginge, und es gab keinen Weg, das
damit in Einklang zu bringen, meine Kinder zu sehen. Wenn man nicht predigte, wurde das
auf einer Karte vermerkt und einem zur Last gelegt. Weil ich das nicht wollte, beschloß
ich, umzuziehen. Das brachte meiner Frau viel Kummer und mir selbst noch mehr, und es war
ein Umzug, der wie gesagt bis heute von meinen Kindern nicht wertgeschätzt wird . . . da
ich sie nie sehe. Hätte ich Stellung bezogen und frei von allen Verpflichtungen der
Wachtturmorganisation gelebt, hätte ich bleiben können, wo ich wohnte, und alle wären
glücklicher gewesen.
Ich kann nicht erkennen und akzeptieren, daß Leute Dinge wie diese von Natur aus tun, die
meisten tun es, weil sie Rat oder Druck von anderen erhalten. Ich weiß, daß meine Kinder
etwas empfinden müssen und ein Gewissen haben, weil ich immer für sie dagewesen bin,
aber ich denke, die Wachtturmorganisation hat sie zu dem geformt, was sie heute sind, wie
sie es auch mit mir taten, als ich noch jünger und beeindruckbar war. Ich hoffe nur, daß
sie eines Tages die überwältigende Kontrolle erkennen, unter der sie stehen, und sich
davon frei machen, wie ich es getan habe.
Jetzt, im April 1999, hat mein Bruder Paul auch von seinem Sohn gesagt bekommen - so wie
es bei mir auch war -, daß er bei ihm zu Hause nicht mehr erwünscht ist und seine Enkel
nicht sehen darf; es ist ihm untersagt, seinen Sohn zu sehen. Wieder einmal hat die
Wachtturm-Lehre, Leute zu meiden, Familien auseinandergerissen, weil sie in dem einen oder
anderen Punkt anderer Meinung sind.
Im Mai 1999 war meine Schwiegertochter in demselben Einkaufszentrum wie ich, meine Frau
und meine Tochter Jessica. Meine Schwiegertochter lief meiner Frau mehrmals in die Arme,
auch meiner Tochter, und doch sprach sie nicht mit meiner Frau oder grüßte sie. Da ich
direkt neben dem Kassenbereich saß, kann ich nicht erkennen, wie sie auch mich nicht sah.
Und doch sah meine Enkelin mich direkt an, ohne zu wissen, wer ich war. Da ich für sie
ein vollkommen Fremder bin, hat sie seit ihrer Geburt noch nie einen Fuß in mein Haus
gesetzt. Ich kann einfach nicht akzeptieren, daß solch ein Verhalten normal ist und sie
das aus freien Stücken tun. Aber es sind blinde Kontrolle und Manipulation durch die
Wachtturmorganisation, die sagt, man müsse die Angehörigen wie Tote ansehen, wenn sie
der Organisation den Rücken kehren. Es ist diese eiskalte und verächtliche Behandlung
gegenüber Angehörigen, die mich davon überzeugt, daß bei der
Gemeinschaftsentzugspolitik der Zeugen etwas sehr im argen liegt.
Wenn man jünger ist, kann man diesen Streß überleben und weitermachen, aber mit den
Jahren fordert das seinen Tribut und man kann die Dinge schwerer ertragen. Das wurde mir
mit der Zeit klar, und daß schließlich etwas zerbricht oder auf der Strecke bleibt . . .
in den meisten Fällen die Gesundheit.
Kapitel 16
Innerlich sterben, heißt äußerlich sterben
Wie viele Armeen haben den Kampf schon vorher verloren, weil sie demoralisiert waren.
Autor unbekannt
Es gilt als anerkannt, daß Streß einer der größten Sterbefaktoren in unserer Zeit ist,
der Herzanfälle und -krankheiten verursacht, weil sowohl die seelische, geistige als auch
die physische Person zusammenbricht. Man weiß jetzt auch, daß Krebspatienten mindestens
vor Ausbruch ihres Leidens eine Menge Streß hatten, der zum Krebs beitragen oder ihn
auslösen kann. Leute, die unter Streß stehen, haben fast immer eine schlechte
Gesundheit, nur wenige können für lange Zeit unter Streß leben und dabei gesund
bleiben; das ist ein Faktum im Leben. Wenn ich über Streß spreche, dann meine ich
negativen Streß.
Es heißt, wenn man innerlich stirbt, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann man
auch äußerlich stirbt. Dieser Typus von Schicksal ist ebenfalls bekannt: man kann nach
einem Todesfall an gebrochenem Herzen sterben, und auch eine klinische Depression kann
Krankheit verursachen. Was heißt das? Es heißt, wenn man innerlich so demoralisiert ist
und keine Kraft mehr hat, dann gibt der Körper einfach auf und negative Schwingungen
bombardieren den Körper und das Nervensystem; das wird sich in schwerwiegender Weise auf
die Hormone auswirken und Stoffe in den Körper entsenden, viel Säure und andere
chemische Stoffe, die alle einer positiven Genesung entgegenwirken.
Mit der Zeit kann es immer schlimmer mit uns werden, bis wir nur noch eine Hülle unseres
früheren Selbst sind, ein völliges seelisches, geistiges und physisches Wrack, das von
Medikamenten lebt, von Pillen gegen die Depression, die unseren Körper noch mehr
vergiften. Wir nehmen noch mehr Pillen, um gesund zu werden, das wiederum richtet unseren
ganzen Vitamin- und Mineralstoffhaushalt im Körper zugrunde, und das setzt unseren
Körper unter noch mehr Streß, weil Toxine ungehemmt unser ganzes System überschwemmen.
Wir laufen dann herum und fühlen uns, als sähen wir wie völlige Zombies aus.
Unser Lebenswunsch ist fast auf Null, wir haben keinen Ansporn, uns wird schon der
nächste Tag zu viel, und jeder Tag ist ein Alptraum für sich, weil wir immer noch die
normalen Verrichtungen vor uns haben, die sich uns nun wie Berge in den Weg stellen. Wir
wenden uns nach innen und geben alles auf, was wir tun möchten, weil uns alles wie
Zeitverschwendung vorkommt. Wir schauen uns im Spiegel an und erkennen eines Tages, in
welches Durcheinander wir geraten sind, aber wir machen uns vor, dies alles gehöre zur
Welt des Teufels, wir litten um der Gerechtigkeit willen, wie die Zeugen sagen, so heißt
es, und dies gehöre zur normalen Welt. Dann sagt man dir, wie alle Zeugen indoktriniert
werden, man sei so, weil man den Herrn nicht an die erste Stelle im Leben setzt (das
heißt, von Haus zu Haus predigen), so ist man nun wieder auf dem Schuldtrip, und der
Teufelskreis geht immer weiter.
Man sagt dir auch, wenn du zuerst Gott suchst, das heißt mehr predigst, wird Gott für
dich sorgen. So gehen viele hinaus predigen, und es kommt immer noch kein Geld herein,
weil man dafür nicht bezahlt wird, und die Rechnungen türmen sich noch mehr auf, große
Schulden beginnen, sich aufzuhäufen, aber wenn du dann Überstunden machst, dann bist du
wieder untreu und illoyal gegenüber der Mutter Organisation, und wiederum kennzeichnet
man dich als unerwünschte Person. Im Grunde genommen kann man, wie man erfahren hat, nur
gewinnen, wenn man hinausgeht.
Wenn man eine berufliche Karriere anstrebt, macht man sich gemäß den Zeugen dessen
schuldig, daß man Gott nicht an die erste Stelle im Leben setzt, und wenn man auf ein
College oder eine Abendschule gehen will, fällt das mit einer der abendlichen
Versammlungen zusammen; es ist also außer Frage. Auch dies verursacht viel Frustrationen.
So ist man voller Frustrationen und hat keine erfüllte Arbeit; man rät einem, keine
Kinder zu bekommen, was viele Frauen sehr mitnimmt und seelisch beeinflußt, weil das der
natürliche Wunsch vieler ist; es wachsen also die Schuldgefühle. Wenn man sich ein Haus
kauft, wird mit der Stirn gerunzelt, es heißt, man sei materialistisch eingestellt,
weltlich und ungeistig; und wenn man sich neue Kleidung kauft, kann das auch als unnötig
angesehen werden, da man das Geld viel besser der Wachtturmorganisation spenden kann. Man
muß mit Nahrung und Bedeckung zufrieden sein, den Grundbedürfnissen des Lebens, wie aus
der Bibel zitiert wird. Stell eine neue Einbauküche oder ein Schlafzimmer hin, und wieder
sind alle Augen auf dir, weil du gutes Geld verschwendest, wenn du eigentlich predigen
solltest.
Denke am Ende des Tages einmal daran, was mit dir geschieht, daß du wie gesagt keine
Erfüllung im Beruf findest, daß du außer dem, was die Wachtturmorganisation für dich
festgesetzt hat und was TU MEHR" heißt, keine Ziele im Leben hast, du kannst
denjenigen oder diejenige nicht heiraten, den/die du liebst, weil man ja im selben Glauben
heiraten soll, auch wenn er/sie ein Christ ist. Alles, was du tust, ist für die
Vernichtung bestimmt, die am Ende der Welt stattfindet; ja, du wirst alles verlieren,
außer vielleicht die Kleidung an deinem Leib. Das wird in vielen Zeugenpublikationen so
beschrieben.
Es fällt mir einfach auf, daß es die Ansicht der Wachtturmorganisation ist, daß alles,
was sie hat, verschont wird, aber alles, was du hast, geht dir verloren. Daher fordert sie
deine ganze Zeit und deine Vermögenswerte, die du ihnen spenden kannst . . . sie sind
sicherlich keine Narren, sondern tatsächlich sehr clevere Geschäftsleute.
Viele Illustrationen in ihrer Literatur zeigen ein Paar und manchmal auch Familien, die
einer Katastrophe entrinnen und laufen und die Hände halten, als wollten sie sagen: Gott
sei Dank, unser Leben ist dank der Wachtturmorganisation verschont geblieben. Während all
das geschieht, lehnt sich die Wachtturmorganisation zurück und schlägt mit einer Hand
einen Multimilliardenbesitz und ein Druckimperium um: ein Bauprojekt nach dem anderen in
vielen Ländern, Riesenkonstruktionen im Bau, Büros, Hotels, Wohnheime, Gaststätten,
Farmen und andere Einrichtungen, alles natürlich für den Herrn. Und gleichzeitig sagt
sie dir, du solltest dich nicht am Kommerz dieser Welt beteiligen und die Geschäfte auf
ein Minimum beschränken; ja, nimm nicht einmal eine Beförderung an, weil sie dich aus
dem Dienste Gottes wegführt und du in Harmagedon sterben wirst, ist die Bestimmung des
Tages
Ich fahre in einem alten Auto umher, das noch 800 Pfund wert ist, und sie fahren herum in
Autos, die 15,0000 bis 20,000 Pfund wert sind. Wenn man sich den Wagenpark in der
Weltzentrale und in verschiedenen Zweigbüros auf der ganzen Welt ansieht: Sie mögen die
besten Autos, wie es auch Rutherford, ihr zweiter Präsident tat, was gut belegt ist..
Es ist nicht schwer zu verstehen, wie oder warum Forschungen gezeigt haben, daß Jehovas
Zeugen die höchste Rate an seelisch oder geistig Kranken unter den Religionen haben. Die
Weltzentrale hat dies öffentlich in Abrede gestellt und auf ihren Kongressen sogar
festgestellt, Statistiken würden von denen verbreitet, die ihnen Schwierigkeiten machen
wollten. Das stimmt nicht, denn ich habe die Daten und Berichte, die dies bestätigen, und
sie selbst gelesen. Ich habe auch Erfahrung aus erster Hand im Umgang mit den Zeugen über
viele Jahre. Ich habe viele persönlich gekannt, die inzwischen die Zeugen verlassen und
jetzt einen völlig anderen Charakter haben, wo sie sich frei und in der Lage fühlen,
für sich selbst zu denken. Sie haben nicht mehr dieses ständige Schuldgefühl, wenn
alles, was sie tun, ist, zu versuchen, ein normales Leben zu führen und ihre
Verantwortung zu tragen.
Nimm jemandem sein Selbstwertgefühl; demoralisiere ihn ständig, indem du ihn immer
wieder abqualifizierst; sag ihm, er sein nicht einmal dazu in der Lage, die banalste
Verantwortung zu tragen; oder sag ihm, er könne nichts schaffen oder er werde nie bei
einem Projekt gebraucht; sag ihm, ob er geschieden ist, usw.: dann wirst du einen
entschlossenen, positiven, gesunden Menschen in einen kranken, negativen, demoralisierten
Depressiven verwandeln, der zu nichts fähig ist. Das ist genau das, was die
Wachtturmorganisation mit zahllosen Tausenden von Menschen angestellt hat. Es ist bekannt,
daß Mitglieder, die in die Weltzentrale oder in eines der Zweigbüros rund um die Welt
gehen, niemals gemäß ihrem Beruf oder ihren Fähigkeiten eingesetzt werden; man läßt
sie beim Reinigen oder in einer anderen banalen Routinetätigkeit arbeiten. Damit sollen
sie Demut gelehrt werden, damit sie nicht vor Stolz aufgebläht werden!
Was mich verwundert, ist, daß die Zeugen im Wortlaut lehren, das Gehirn sei wie ein
Muskel; wenn man es nicht gebrauche, werde es verkümmern und abnehmen. Das ist eine
Weise, auf die sie einen indoktrinieren, weiterhin viel in ihrer Literatur zu lesen und
sie zu studieren. Und doch nehmen sie viele hochqualifizierte Frauen und Männer an und
verweigern ihnen für vielleicht zwei oder drei Jahre die Arbeit in ihrem Beruf oder
gemäß ihrer Qualifikation und setzen sie statt dessen an jede Gelegenheitsarbeit, die
sie für einen passend finden. Bis dahin wird man sozusagen einrosten; man kann alles
vergessen, was man einmal gelernt hat, und kommt nicht mit neuen Informationen über
seinen Beruf in Berührung. Wenn man nicht irgend etwas hat, das die Wachtturmorganisation
wirklich benötigt, wird man Opfer eines solchen Schicksals sein, wie viele bezeugen
können, die in irgendeine Wachtturmeinrichtung arbeiten gegangen sind. Das kann sehr
frustrierend und demoralisierend sein, und in diesen Einrichtungen ist es schon zu
Suiziden gekommen, weil die Leute so unglücklich waren. Die Wachtturmorganisation benutzt
diese Methode, um Personen dorthin zu bekommen, wo sie sie haben will, um sie zu
gebrauchen, wo SIE" es als passend ansieht. Auf diese Weise erlangen sie die
Kontrolle, und es wirkt.
Die Anschuldigung, daß die Zeugen Familien zerbrechen, hat vielen viel Streß und Kummer
eingetragen, und sie stimmt. Denke nur einmal einen Augenblick nach. Ein Mann entscheidet
aus seinem Gewissen heraus, daß er nicht länger zu einer Organisation gehören kann, die
hinterhältig, trügerisch oder vielleicht unehrlich ist. Daher geht er. Vielleicht hat er
nun drei Kinder, denen die Wachtturmgesellschaft sagt, sie dürften nichts mehr mit ihrem
Vater zu tun haben und müßten ihn meiden, außer bei einem Notfall dürften sie nicht
einmal mit ihm reden. Das ist das, was die Kinder dann sagen. Eines Tages heiraten auch
sie und haben zwei oder drei Kinder; sagen wir, jedes Paar zwei. Da sind nun drei Kinder
und sechs Enkelkinder, das heißt, neun Personen sind in einer Familie betroffen, nicht zu
reden von den Schwiegertöchtern oder -söhnen, das sind noch einmal drei, also sind es
zusammen zwölf. Das multipliziere man mit Zehntausend, und man bekommt eine Vorstellung
des seelischen Kummers, den die Wachtturmorganisation über Familien gebracht hat. Sie
haben mit ihrer Politik des Aus-dem-Weg-Gehens so viele Familien entzweigerissen, daß es
schrecklich ist. Welch schwere Schuld tragen sie, aber alles wird im Namen des
Geistiggesinntseins und der Liebe getan, um einen vor dem Bösen und Gottlosen zu
schützen.
Für die Zeugen gibt es nur zwei Arten von Menschen: sie selbst als DIE wahren Christen,
und die Teufel. Wer ihnen also nicht angehört, muß darauf vorbereitet sein, wie ein
Teufel behandelt zu werden, als böse und gottlos.
Nach vielen Jahren Anschauung aus erster Hand und Beobachtens Dutzender Familien, die viel
Unglück tragen mußten, kann ich ehrlich sagen, daß die Wachtturmlehre, gewisse Personen
zu meiden, eine der übelsten Familienzerstörungskräfte ist, die mir je untergekommen
ist.
Ich heiratete im Jahre 1982 und nahm zwei Stiefkinder an - eine schwere Verantwortung. Zu
versuchen, eine Familie großzuziehen, auch mit den Kindern aus meiner ersten Ehe in
Kontakt bleiben, auch berufstätig zu sein und dann noch ständig an alle
Wachtturmverpflichtungen erinnert zu werden, nahm mir allmählich die ganze Kraft. Ich war
als Kind Opfer der Kinderlähmung gewesen, so war es offensichtlich, daß mit der Zeit
meine Gesundheit leiden würde. Unglücklicherweise kam das auch so, aber ich dachte
nicht, daß es so schmerzhaft und von so langer Dauer war . . . wie ihr im nächsten
Kapitel sehen werdet.
Kapitel 17
Eine alte Wunde wird aufgerissen
Ich leide nicht, meine Freunde, aber es ist in gewisser Weise schwierig, zu leben.
Fontenelle
Ich war von Beruf Zimmermann, und jetzt bin ich aufgrund einer Rückenverletzung seit
1986, soweit es den Bauberuf betrifft, berufsunfähig. Da ich schon als Kind
Kinderlähmung hatte, als ich sechs Jahre alt war, und eine leichte Schwäche in der
unteren Rückenpartie hatte, setzte sich das in späteren Jahren nur noch fest. Ich fand,
daß ich aufgrund meines Berufes vorsichtig sein mußte, meinen Rücken nicht zu
überanstrengen oder unangemessene Risiken auf mich zu nehmen. Ich paßte gut auf mich auf
und fuhr fort und war in der Lage, mich auf meinen Beruf zu stützen und gutes Geld damit
zu verdienen, mit Einbauküchen, Hausrenovierungen usw. Ich trieb schon seit Jahren
Bodybuilding, aber ich wärmte mich immer auf und streckte mich, und in der richtigen
Turnhalle konnte ich das ohne Probleme tun. Doch wenn das das Erste am Morgen ist, auf
einem Baugrundstück und in der Kälte, dann kann man sich sehr leicht einen Muskel zerren
und einen Unfall haben; und genau das passierte. Nach all den Tonnen an Gewichten, die ich
gehoben hatte, konnte ich nicht glauben, daß dieser Unfall passieren konnte.
Während ich im März 1986 auf einem Grundstück in Eaton Square, London, nebenan von
Franky Howards (eine TV-Persönlichkeit) Haus arbeitete, hob ich gerade einen Fenstersturz
heraus, als ich das Gewicht nicht mehr halten konnte, aber es auch nicht fallen lassen
konnte, weil Leute darunter arbeiteten. So hielt ich aus, was bei mir zwei
Bandscheibenvorfälle und starke Schmerzen verursachte. (Einer der Hauptgründe dafür,
warum ich so schwach war: Ich war sehr krank durch den Streß in meiner Ehe, und ich war
mit den Gedanken nicht bei der Arbeit). Ich mußte ins Krankenhaus, und auch mein Hausarzt
kam, der mich später, im September 1986, an einen Facharzt im Hackney-Hospital in London
weiterleitete, der mich davon in Kenntnis setzte, er wolle bei mir eine Lumbalpunktion
vornehmen und eine `MyelographieA mit einem eingespritzten Kontrastmittel machen. Ich fand
später heraus, daß das Medikament den Namen Omnipaque" trug und einige sehr
unangenehme Nebenwirkungen hat. Und es kann schwere Schäden verursachen.
Es ist bekannt, daß Lumbalpunktionen mit Kontrastmitteln zu den invasiven Methoden
gehören und einige sehr schwere Folgen haben können, und viele Tausende von Patienten
waren nach der Anwendung dieser Kontrastmittel verkrüppelt. Scanmethoden wie MRI, die
jetzt gebräuchlich sind, waren bereits 1986 in Gebrauch, wenn auch neu, wurden aber wenig
verwendet zugunsten der billigeren Methode der Lumbalinjektion von Kontrastmittel. Wenn
man heute sieht, daß ein Scan 1.000 Pfund für die ganze Wirbelsäule kosten kann, und
bis zu 300 Pfund nur für einen Teil der Wirbelsäule, dann war es damals, 1986,
einfacher, eine Nadel hineinzustechen, anstatt für MRI zu optieren.
Aufgrund dieser auf Wasser und Öl basierenden Kontrastmittel leiden viele Tausende unter
einer Arachnoiditis", einer Entzündung der sich über das Rückenmark
hinziehenden Spinnenhaut. In Liverpool ist eine Stiftung namens
Arachnoiditis-Stiftung" gegründet worden, jetzt wohletabliert als eine der
führenden Autoritäten für diese Krankheit. Obwohl sie viele Mitglieder hat, erhalten
nur wenige, wenn überhaupt, eine Entschädigung für die durch diese Kontrastmittel
verursachten Schäden. Eine weitere karitative Organisation ist AVMA, Actions for
Victims of medical Accidents" [Aktion für die Opfer medizinischer Unfälle], die
hilft, Fälle dieser Betroffenen durchzufechten. Es war durch diese Stiftung, daß ich
entdeckte, daß das Krankenhaus mir eine chemische Hirnhautentzündung"
verpaßt hatte, die tödlich verlaufen kann. Ich trat beiden karitativen Organisationen
bei, damit sie mir halfen, die Ursache für meine Krankheit zu finden und meinen Fall
durchzufechten, was ebenso frustrierend für sie war, wie auch für mich.
Als ich diese Kontrastmittelinjektion bekam, sagte die Krankenschwester zu mir: Sie
mögen jetzt ein bißchen Unbehagen empfinden" . . . Ich muß verrückt gewesen sein,
ihnen zu erlauben, mir die Spritze zu geben, da sie mich fast umbrachte, nach der heftigen
Reaktion zu schließen, als ich sie bekam (das Kontrastmittel Omnipaque auf Wasserbasis).
Ich übergab mich so schlimm, daß ich dachte, ich müsse sterben, als ich aus dem
Krankenhaus kam und mich auf dem Nachhauseweg so schlecht fühlte. Ich dachte, mein Kopf
würde vor Schmerz zerspringen. Das führte dazu, daß ich zwei Tage später wieder in das
Krankenhaus eingeliefert wurde - zu einer weiteren Lumbalpunktion (meine dritte
Lumbalpunktion innerhalb von drei Tagen), nach der ich mit Verdacht auf
Hirnhautentzündung für zehn Tage in Isolation gehalten wurde. Im weiteren Verlauf
punktierte man im Krankenhaus meine Wirbelsäule und ließ so Blut in die
Lumbalflüssigkeit eindringen, was 20 Minuten dauerte, wo die Prozedur höchstens zwei
oder drei Minuten gedauert haben dürfte. Meine Frau hörte mich den ganzen Flur entlang
schreien. Im Krankenhausbericht hieß es, es sei eine traumatische Anzapfung der
Wirbelsäule". Gott, wie hatten sie doch recht, ich leide jetzt schon seit 13 Jahren
an den schlimmsten Kopfschmerzen und Rückenschmerzen, die man sich vorstellen kann und
die mich fast wahnsinnig gemacht haben.
Jahre später traf Dr. Stevens, einer der besten englischen Neuroradiologen vom Queens
Square Imaging Centre, London, in einem Brief an mich die folgende Bemerkung. Zitat:
Meine Beurteilung in Ihrem Fall ist, daß Ihre Berufsunfähigkeit eindeutig aus einem
Myelogramm herrührt, und dies stellt einen zwingenden Beweis dar, daß es dadurch
irgendwie verursacht wurde. Wie, wissen wir einfach nicht; wir können darüber nur
Spekulationen anstellen, wie es bereits andere getan haben. Zitatende
Der National Health Service [NHS; Nationaler Gesundheitsdienst] bestreitet völlig jede
Verantwortung dafür und sagt; Zitat: Vergessen Sie, was passiert ist, und führen
Sie Ihr normales Leben weiter." Mir gegenüber gesagt von anderen Fachärzten im
Queens Square Hospital.
Irgendwie begannen aufgrund dieses schwerwiegenden medizinischen Zwischenfalls - und ich
habe keine Zweifel, daß es einer war, wie aus den folgenden Jahren Krankheit und aus
Facharztberichten zu ersehen ist - 13 Jahre unerträglichen Leidens. Seit 1986 habe ich
alle Hoffnung verloren, das Haus, in dem wir leben, zu kaufen; ich habe meine gutbezahlte
Arbeitsstelle verloren; es gibt kein berufliches Fortkommen mehr; ich habe mein hübsches
Auto und ein Yamaha-Motorrad verloren; ich mußte mein ganzes Werkzeug und
Haushaltsgegenstände verkaufen, um die Behandlung und die Rechnungen bezahlen zu können;
ich bekomme keine Kredite mehr bei Banken und keine Kreditkarten, um die Grundbedürfnisse
des Lebens zu bezahlen. Ich habe mein Selbstwertgefühl, meine Würde, meine Moral und den
Lebenswillen verloren, und meine Ehe stand schon mehrfach kurz vor der Scheidung. Wir
machen nie Urlaub, und ich kann meiner Familie viele Grundbedürfnisse des Lebens nicht
erfüllen. Ich bin völlig am Boden, weil ich jede Hoffnung verloren habe, jemals eine
Entschädigung zu erhalten, da der NHS jede Verantwortung für die Ursache meiner
Krankheit abstreitet. Meine Tochter ist jetzt 13 Jahre alt; sie hat mich während ihrer
ganzen Kindheit nie gesund erlebt. Ich habe hart daran gearbeitet, wieder zu genesen, und
die meisten Leute sehen mich an und wissen nicht, welche Schmerzen ich durchmache; sie
schauen sogar sehr überrascht drein, nachdem sie mir gesagt haben, wie gut ich doch
aussehe!
Wie gesagt fand ich später heraus, daß das Kontrastmittel eine Vergiftung (toxische
Meningitis) verursachen konnte, und das war bei mir der Fall. Ich wurde aus meinem Beruf
und aus meiner Bodybuildingkarriere gerissen; einstmals war ich sehr stark und fit und
gesund, jetzt bin ich vor lauter Schmerzen an meinem ganzen Körper lahmgelegt und wurde
bald als berufsunfähig eingestuft. Und dann sagen die besten Fachärzte des NHS auch
noch: Dieses Kontrastmittel kann ihre Krankheit nicht verursacht haben, sie leiden
ganz einfach unter einer klinischen Depression!" Nun, zum Teil stimmte das, ich hatte
einen schrecklichen Unfall erlitten, aber Streß und Bedrückung seitens der
Wachtturmorganisation taten noch ein übriges. Ich erhielt keinerlei Hilfe, und meine
häusliche Situation forderte über die Jahre einen hohen Preis von mir. Ich hatte zwei
Stiefkinder, die ich annahm, als ich wieder heiratete, und die mich nicht als Vater
akzeptierten, und das war weiterer Streß. Ich war zwischen meiner Familie und der
Wachtturmorganisation hin- und hergerissen. Die Familie wollte sich nicht mehr an die
Routine des Studiums halten, die von den Zeugen gefordert wird. Und da waren die
anmaßenden Forderungen, wenn ich dies nicht erzwingen und sie das tun lassen könne, was
die Wachtturmorganisation erwartete, würde ich als schlechter Vater und erbärmliches
Familienoberhaupt angesehen. Das bereitete uns allen großen Streß, und je mehr ich
forderte, daß man die Wachtturmvorschriften befolge, um so mehr rebellierte meine Frau
usw. Wenn wir zurückschauen: Das alles hätte vermieden werden können, hätten wir
einfach nur gelebt und uns um die Bedürfnisse der Familie gekümmert.
Was meine Krankheit und die Schmerzen betrifft, so schrieb ich Dutzende von Briefen,
machte Hunderte von Telefonanrufen bei zahllosen medizinischen Fachleuten, um eine Antwort
zu fordern, was mit mir los sei. Doch keinerlei Antwort kam jemals. Schweigen war alles,
was ich bekam; verschlossene Türen waren alles, was ich erhielt, und den Rat: Wir
wissen nicht, was mit ihnen nicht stimmt. Wir haben keine Antworten; machen Sie ganz
normal weiter mit Ihrem Leben." Ärzte waren teilnahmslos, unhöflich, irgendwie
einschüchternd, und es fielen Bemerkungen, nach denen ich glauben sollte, ich benutzte
meine Krankheit, um nicht arbeiten gehen zu müssen und herumfaulenzen zu können.
Nachdem ich, wie man so sagt, die Fachärzte bis aufs Hemd ausgezogen hatte, machte ich
mich daran, ihnen wirklich Schwierigkeiten zu bereiten. Ich berichtete den Behörden, wie
sie sich aufgeführt hatten, worauf ich innerhalb weniger Tage ein
Entschuldigungsschreiben erhielt! Man bat mich dann, zurück ins Krankenhaus zu gehen, und
ich wurde tatsächlich für meinen Scan empfohlen, da ich diesen Scan forderte, um zu
sehen, ob ich eine Arachnoiditis hatte. Ich hatte aber keine, und da mein Kontrastmittel
auf Wasserbasis war und nicht auf Ölbasis, war es schwierig, irgendeinen Schaden
nachzuweisen. Aber ich war krank und litt an den Folgen dessen, was mir das Krankenhaus
angetan hatte. Das war wirklich ein Kampf, sich die ganze Wirbelsäule scannen zu lassen,
weil man die Zustimmung des Facharztes braucht, der einen überweisen muß, auch wenn man
das Geld hat. Ohne eine Überweisung des Facharztes ist man aufgeschmissen!
Ich hatte meine Hausaufgaben gemacht, und mit Hilfe der Arachnoiditis-Stiftung"
zeigte man mir Berichte eines Dr. Stevens vom Queens Square in London (das auf
Rückenleiden spezialisiert ist), und so bat ich um einen Scan der ganzen Wirbelsäule,
genannt T2 Spin Echo - mit Gadolinium-Injektion". O ja, jetzt wußte ich
Bescheid und hatte meine Hausaufgaben gemacht. Als ich also zum Facharzt ging, meinte ich
es ernst. Dieser Arzt war zuerst unhöflich und unkooperativ gewesen; nun hatte ich die
Rückenstärkung der NHS-Beamten und der Beschwerdestelle usw. Ihr seht, ein Scan ist
nicht bloß ein Scan; man muß den richtigen erhalten und wissen, wonach man fragt, oder
was man wie in meinem Fall fordert!
Ich ging sogar in die Krankenhausbibliothek, um Informationen und medizinische Artikel
darüber zu erhalten, verfaßt von Dr Stevens über den T2 Scan. Als ich hineinkam, war
sogar die Sekretärin des Arztes erstaunt, wie viel ich darüber wußte, und der Arzt war
sehr überrascht, einen Patienten danach fragen und dann Informationen hervorholen zu
sehen, warum er etwas wollte. Nachdem ich das ausgeführt hatte, hatte ich wieder das
Problem, daß ich nur ein paar Zeilen über den Scan erhielt, und es gab da eine Menge
Kommentare, die überhaupt nichts besagten, zum Beispiel 30% der Patienten bla bla bla . .
. Ich fragte daraufhin: 30% von was; von 10 oder von 100? Oder von 1.000? Was bedeutet
das? Ich stellte so viele Fragen und verlangte einen vollen Bericht in allen Einzelheiten.
Ich bekam ihn danach, und im Grunde genommen besagte er das, was ich eben schon gesagt
habe . . . Wir wissen, daß Sie sehr starke Schmerzen haben, und das ist sehr real.
Es hat den Anschein, als begannen sie mit der Verabreichung der Kontrastmittelinjektion,
aber der NHS hat sie nicht verursacht; wir wissen nicht, warum sie krank sind, wir können
nichts tun, es gibt keine Antwort."
Ich hatte kein Geld für den Scan, aber ein Brief kam durch die Tür, in dem ich gefragt
wurde, ob ich gerne eine Kreditkarte hätte. So stellte ich einen Antrag, dann bekam ich
einen weiteren; so hatte ich jetzt eine Barclay-, eine Visa- und eine Mastercard. Als ich
den Arzt fragte, wann ich meinen Scan haben könnte, sagte er: Nun, es gibt eine
lange Warteliste, von 18 Monaten bis vielleicht 2 Jahren." ABER was, wenn ich
ihn bezahle? Bekomme ich ihn dann?" fragte ich . . . . Sie können ihn . . . .
innerhalb von 3 Tagen haben . . . . für eine kleine Gebühr von 1.000 Pfund."
Jetzt stand ich vor der Wahl: Sollte ich mich auf den DHSS (Krankenunterstützung)
verlassen und von dem Krankengeld leben, das der Staat für zwei Jahre zahlte, und leiden?
Oder sollte ich den Scan innerhalb weniger Tage durchführen lassen - in der Hoffnung,
daß die Ursache meiner Krankheit gefunden werden kann und ich wieder arbeiten gehen kann?
So sagte ich, ich wolle es innerhalb der drei Tage machen lassen. Dann sagte ich der
Barclaycard-Bank, ich hätte kein Geld und könne das ausgegebene Geld nicht
zurückzahlen. Sie waren nicht sehr glücklich, und ich fragte sie, was sie in meiner
Situation getan hätten. Sie meinten, ich hätte völlig unverantwortlich gehandelt. Ich
sagte: Nein, das Krankenhaus und der NHS handelten unverantwortlich, weil sie mir
den Schaden zugefügt hätten und mich nicht entschädigen wollten." Ich übernahm
die Verantwortung und versuchte verzweifelt, einen Weg aus diesem Alptraum zu finden und
wieder ans Arbeiten zu kommen.
Diesen Scan bekam ich übrigens erst nach einem mehrjährigen Kampf mit der für
Prozeßkostenhilfe zuständigen Stelle und der Forderung, daß der Scan gemacht werde,
für den ich ja Geld bezahlt hatte, aber die Anwälte vergeudeten es für Bürokratenzeug
und verschwendeten die Zeit, so daß kein Geld mehr übrig war und ich wieder verzweifelt
versuchte, welches aufzutreiben, um meinen Scan zu bekommen, und auch um Entschädigung
gegen die Krankenhäuser kämpfte, was ich einfach nicht gewinnen konnte.
Ich wußte, daß ich nicht einfach immer labiler werden und nichts tun konnte. So
versuchte ich, auch wenn ich nicht mehr in meinem Bauberuf arbeiten konnte, etwas anderes
zu finden, womit ich etwas verdienen konnte. Die nächsten Kapitel berichten von dieser
Alptraumsituation.
Dann befand ich mich in einem Teufelskreis, und die Bürokratie machte es mir fast
unmöglich, wieder an Arbeit zu kommen.
Kapitel 18
Ein Alptraum: Ich versuche wieder zu arbeiten
Es ist schon gut, daß die Justiz blind ist; sie könnte sonst einige Dinge, die in ihrem
Namen getan werden, nicht mögen.
Autor unbekannt
Als ich das erstemal wegen der Rücken- und Wirbelsäulenverletzung mit der Arbeit
aufhören mußte, bekam ich im März 1986 mein erstes Buch für die Eintragungen des
Krankengeldes; ich bekam es vom DHSS (Gesundheits- und Sozialdienst)-Büro in Ilford in
Essex, das für mich, als ich in Barkingside wohnte, zuständig war. Ich mußte sechs
Monate lang von 45 Pfund pro Woche leben - mit einer Familie von drei Kindern und meiner
Frau. Später ging der Betrag auf 90 Pfund pro Woche hoch.
Aber . . . ich mußte immer an das denken, was in diesem DHSS-Krankengeldbuch stand:
???Sie müssen alles unterlassen, was verhindern könnte, daß Sie wieder arbeiten und
gesund werden."
Wie auch immer, ich beschloß, mir nach all der Zeit, wenn ich konnte, Arbeit zu suchen,
weil das Krankengeld mich finanziell langsam abwürgte und ich immer ärmer wurde. Ich
hatte viele Male versucht, mir Arbeit zu suchen, aber jedesmal traf ich auf so viele
Hindernisse, daß ich gezwungen war, aufzugeben.
Mittlerweile war ich wie eine wandelnde Apotheke, vollgepumpt mit Schmerzmitteln und
Drogen, die ich die Jahre über eingenommen hatte. Ich wußte, daß sie mich sehr krank
machten, aber die Krankenversicherung sagt, wenn man nicht dem Rat des Arztes folgt, gibt
es kein Geld mehr!
Völlig frustriert ging ich, mir einen Computer zu holen; von ???TINY", wie im
Fernsehen beworben und ohne Anzahlung und für ein Jahr nichts zu bezahlen. Ich sagte mir,
das ist es. Ich werde ins Internet gehen und dort nach einer Antwort suchen. Ich begann,
Abend für Abend, Monat für Monat das Netzt zu durchsuchen. Ich schickte Hunderte von
E-mails an Krankenhäuser, Rechtsanwälte, Pharmaunternehmen, Lehrkrankenhäuser in der
ganzen Welt, aber niemand konnte mir etwas sagen; ich stand wie vor einem verschlossenen
Laden. Meine Telefonrechnung wurde immer höher und hätte zwei Postboten gebraucht, sie
jeden Monat bei mir abzugeben. (Ich konnte es mir im Laufe der Zeit nicht leisten, den
Computer zu kaufen. Als ich ihn also nach zwölf Monaten bezahlen sollte, kamen sie und
nahmen ihn mir wieder ab. Das war ein weiterer Rückschlag.)
Dann gab mir ein Freund aus heiterem Himmel heraus ein Band über Mineralien, und wie ein
Mineralmangel schwere Krankheiten verursachen kann. Ich wandte mich an die Firma, und sie
schickte mir einige Audiobänder und eine Produktenliste. Damit in Beziehung stand ein
gewisser Dr. Richard Shultze, ein Naturheilkundler, der schon vielen tausend Menschen
geholfen hatte. Er sagte mir, das erste, was ich tun müsse, um meine Krankheit zu
überwinden, sei, mein Körpersystem zu reinigen und die ganzen Gifte loszuwerden. Ich
kauft ein Darmreinigungsmittel, das mehr als 3.000 Chemikalien ausschwemmen konnte, und
das man auch Chonobal-Opfern gab, da es sogar radioaktive Partikel entfernen kann. Es
schmeckte ekelhaft und es war, als ob ich Asche aus einem Aschenbecher trinken würde.
Aber es wirkte! Nach Jahren mit Medikamenten, die mir mein Arzt verschrieben hatte,
fühlte ich das erstemal seit Jahren wieder Leben in mir. Ich wußte, daß es mir schlecht
ging, da ich 1993 privat für 70 Pfund einen BANCA-Test hatte machen lassen. Da muß man
24 Stunden lang seinen Urin aufheben und dann eine Chemikalie dazugeben. Das kommt dann
ins Labor, und aus dem Ergebnis läßt sich sagen, ob etwas im Körper fehlt oder im
Überfluß vorhanden ist. Sie schrieben in ROTER Schrift zurück: SETZTEN SIE AB, WAS
IMMER SIE NEHMEN; SIE BRINGEN SICH SONST UM. Nehmen Sie Vitamine, sagten sie mir. Ich fing
auch an, mich unter eine heiße Dusche zu stellen, danach für 2 oder 3 Minuten unter
Kaltwasser, und das etwa 20 Minuten lang im Wechsel. Ich konnte wieder gehen und
herumkommen, etwas, das ich wegen meiner Schmerzen jahrelang nicht tun konnte. Ich habe
immer noch eine ganze Menge Schmerzen, aber ich kann mich jetzt wieder etwas bewegen.
Ich kaufte auch Mineralstoffe aus den USA, aber es war eine dicke Rechnung vom Zoll dabei.
Bei meiner Bestellung aus den USA kostete die Versendung mehr als der Inhalt, insgesamt so
etwa 600 Pfund. Es wirkte und war äußerst gut, aber um wieder von vorne anzufangen: Ich
konnte es mir nicht leisten. Also KEINE Mineralstoffe, KEINE Gesundheit, gute Gesundheit
gab es nur für reiche Leute! Ich fand zwei Firmen, die aus den USA jetzt hierher gekommen
sind; großartiges Zeug haben die, aber wieder zu teuer. So geriet ich wieder dorthin, wo
ich zuvor war.
Total frustriert machte ich mich daran, zu sehen, was für Chancen bestanden, jemals
wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren; aber normal ist nicht das richtige Wort.
Ich sollte eher sagen, das Stück Leben, das mir verbleiben war, aufzunehmen und bis zum
Rentenalter mit einem Einkommen, mit dem man überleben kann, bei der Stange zu bleiben C
wenn möglich, oberhalb des Sozialhilfesatzes! Ich machte mich in dem vollen Wissen daran,
daß ich keine Hoffnung erkennen kann, irgendeine Unterstützung vom NHS (Nationaler
Gesundheitsdienst) oder dem DHSS zu erhalten, und ohne Hilfe von einer medizinischen
Autorität oder einem Rechtssystem, mit Bergen von `BürokratieA und 'Teufelskreisen'
genug, um jeden zur Verzweiflung zu bringen.
Nach 13 sehr langen Jahren des Leidens und der Schmerzen machte ich mich daran, den langen
Weg bergauf zur Genesung von allem, was ich verloren hatte, zu gehen und den Kummer und
das Elend hinter mich zu schieben und zu versuchen, die letzten 13 Jahre der Hölle zu
vergessen, die ich durchgemacht hatte . . . Aber leider . . . jetzt sollte wieder alles
von vorne anfangen.
Ich hatte schon vorher versucht, mich nach Arbeit umzusehen, aber jedesmal waren die
Hindernisse so groß, daß ich gezwungen war, immer wieder aufzugeben. So beschloß ich,
dies sei das Jahr, in dem es drauf ankam. Ja, 1998, am 30. März, stand ich gut
ausgeschlafen auf und beschloß: Ja, sei positiv, bemüh dich.
Ja, ich stand früh auf und trank mein Glas mit frischem Wasser, wie ich es jeden Morgen
tue, um mein System auszuspülen, dann folgte, was von meinem Vorrat an Vitaminen und
Mineralstoffen übrig war, dann kam das Frühstück, und dann wusch ich mich und war bald
bereit, es mit der Welt und allem, womit sie mich bewerfen konnte, aufzunehmen . . . Naja,
das dachte ich jedenfalls. Ich rief bei der Arbeitsvermittlungsstelle an und fragte, da
das Internet das am schnellsten in der Welt wachsende Geschäft sei, ob ich einen Kurs in
`Website-Design und Website-LösungenA machen und mit einem wirklich guten Job wieder
zurück in das Arbeitsleben gehen könnte, weil es doch auf diesem Gebiet eine
Riesenarbeit gäbe.
???Tut uns leid, aber das tun wir nicht", sagte die Frau am anderen Ende der Leitung.
???Warum nicht?" fragte ich.
???Nun, wir tun überhaupt nichts in dieser Richtung", sagte sie. Dann fügte sie
hinzu: ???Wir können Ihnen ein paar Nummern geben, die Ihnen vielleicht
weiterhelfen."
Dann fragte sie: ???Wie alt sind Sie?".
???Ich bin 46" (inzwischen 47), sagte ich.
???Oh", sagte sie. Dann fügt sie hinzu: ???Das könnte ein Problem sein.".
Da wußte ich gleich, daß wieder vor dieser Mauer der Diskriminierung stand, vor der ich
mich zuvor schon befunden hatte, bloß daß diesmal auch keine Schulung angeboten wurde.
Ich schrieb mir die Telefonnummern auf und dankte ihr.
Dann fragte sie: ???Haben Sie schon einmal über Textverarbeitung nachgedacht?"
???Ja", sagte ich, ???aber damit läßt sich heute nichts mehr verdienen. Das kann
jeder, und das große Geld steckt im Internet und in Websitelösungen und -design."
???Nun, in dem Fall kann ich Ihnen wirklich nicht helfen", sagte sie . . .
. . . und damit endete der Anruf.
Ich hatte bereits einen Computerkurs bezahlt, das heißt über ???DOS", und
gefordert, daß ich das Geld zurückbekäme, weil der Lehrer so schlecht war und die
Klassenstärke von etwa 30 bis auf 8 in vier Wochen abnahm, da wir nie etwas lernten. So
ging ich woandershin und lernte noch einmal, aber diese Lehrer brachten einem DOS 3.1 bei,
wo schon DOS 4.0 gebräuchlich war; so hinkten wir der Entwicklung hinterher. Ich belegte
auch Kurse in ???Amstrad 9512 Textverarbeitung", die mich fast 100 Pfund kosteten.
Pro Tag; und alles, was ich lernte, war, eine Seite abzutippen und auf eine Diskette zu
bringen. Ich ging noch zu anderen Kursen, und der Lehrer war so schlecht, daß er den
Hilfeteil las, als er das Programm durchging. Er hatte nie zuvor mit dem Paket gearbeitet.
Ich verbrachte mehrere Stunden damit, das Programm hochzuladen; dann bekam ich wieder mein
Geld zurück und ging woandershin und lernte ???Microsoft Works".
Ich mußte dies lernen, weil meine Schrift nicht sehr gut war und dies ein Weg war, daß
ich in der Lage sein würde, Briefe zu verschicken und alle meine Aufzeichnungen zu
speichern. Obwohl ich ein ausgezeichneter Handwerker war, lernte ich aufgrund meiner
Kinderlähmung als Kind nie, zusammenhängend zu schreiben, und das war ein Problem für
mich. So retten einem Computer den Tag! Ich war für ein Jahr ins Internet gegangen und
hatte mir selbst einiges beigebracht, aber um einen Preis . . . obwohl mir das System ein
paarmal abstürzte, ich alles zweimal löschte, die Festplatte neuformatierte und alles,
was ich hatte, löschte und die Konfiguration löschte und durcheinanderbrachte. Aber was
soll=s, keiner wollte mir helfen. So mußte ich irgendwo anfangen. Nachdem ich etwa sechs
Computer zum Arbeiten aufgetrieben hatte - von Flohmärkten, Freunden und einige von
ansässigen Firmen gespendet, die sie nicht mehr haben wollten, weil sie nicht mehr auf
dem neuesten Stand waren -, war ich bald bereit, loszulegen und mich an ernsthaften
Computerangelegenheiten zu versuchen und zurück ans Arbeiten kommen.
Dreizehn Jahre lang Krankengeld zu beziehen, war an sich schon Alptraum genug; das Geld
sollte nicht Arbeitsunfähigkeitsgeld heißen, sondern ???Geld zum Überleben", der
Weg gebahnt vom Special Air Service. Die Schulden türmen sich auf, und der tägliche
Streß daraus treibt mich zur Verzweiflung, da ich keinen Ausweg sehe, die Schulden zu
begleichen.
Dann rief ich die ???Slough-Thames Valley Universität" an.
Ich fragte: ???Führen Sie Kurse über Website-Design und Websitelösungen durch?"
???Ja", sagten sie, ???wir haben einen zehnwöchigen Kurs in HTML".
???Großartig", erwiderte ich.
Dann sagten sie weiter: ???Er kostet 70 Pfund für die zehn Wochen im voraus", und
fügten noch hinzu, ???und weitere 170 Pfund für den zweiten Teil des Kurses in
JAVA".
Na, das ist doch was . . . WENN man das Geld hat und bereits arbeitet! Wenn nicht, dann
sind schon 10 Pfund eine Menge Geld, und das ist das nächste Problem! Ich fragte: ???Gibt
es einen Weg, wie ich das finanziert bekomme und Hilfe bei den Kosten kriege?"
???Oh ja, kein Problem", sagten sie, ???wenn Sie berufsunfähig oder arbeitslos
sind."
???Und wenn ich Erwerbsunfähigkeitsunterstützung beziehe?" fragte ich.
???Oh, tut uns leid; nein, tut uns wirklich leid, aber das geht dann nicht", sagten
sie.
???Gibt es keine Ausnahmen, ich bin schon ein paar Jahre als behindert registriert?"
fragte ich.
???Nein, leider nicht, wir machen die Regeln nicht, da läßt sich nichts machen",
sagten sie mir.
???Aber vielleicht können Sie einen Zuschuß bekommen", fügten sie hinzu.
Man riet mir, das Gesundheits- und Sozialamt anzurufen und nach Zuschüssen zu fragen. Ich
rief dann die Behörde an und fragte nach dem Unterschied zwischen den beiden
Unterstützungen.
1/ Berufsunfähigkeitsunterstützung.
2/ Erwerbsunfähigkeitsunterstützung.
???Richtig", sagten sie.
???Berufsunfähig heißt, man kann eine Arbeit nicht tun, weil man zu 80% behindert ist,
man kann aber arbeiten, wenn man eine Arbeit bekommen kann."
???Sie meinen, man kann eine Arbeit bekommen und zu 20 % erledigen?" fragte ich.
???Nein, nicht genau; es bedeutet nur, man kann eine Arbeit zu 100 % erledigen, aber man
ist zu 80 % behindert dabei", sagten sie.
???Oh, wirklich", sagte ich, ???und was ist mit der
Erwerbsunfähigkeitsunterstützung?"
???Erwerbsunfähigkeit bedeutet, daß man vielleicht in einigen Fällen arbeiten könnte,
aber generell können Sie es nicht, weil sie erwerbsunfähig sind."
Wenn ich vorher noch nicht verwirrt war, dann war ich es sicher jetzt! Wir wurden dann
unterbrochen, und ich rief nochmals das Gesundheits- und Sozialamt an. Mein dritter Anruf
an diesem Morgen.
Ich rief das Gesundheits- und Sozialamt und fragte nach der Bewilligungsstelle.
Die Telefonistin sagte: ???Ich stelle durch" . . .warten . . . warten . . .warten . .
. unterbrochen!
Ich rief wieder an und hörte wie zuvor: ???Tut uns leid, wir stellen Sie durch."
Es wurde abgenommen, und ein Mann antwortete: ???Abteilung für
Einkommensunterstützung."
???Ich wollte eigentlich mit der Stelle für Erwerbsunfähigkeit verbunden werden",
sagte ich.
???Oh, man hat Sie zur falschen Abteilung durchgestellt, ich gebe Sie wieder zur Zentrale
zurück", . . .warten . . . warten . . .
Zum dritten Mal LEITUNG UNTERBROCHEN. ???ICH MÖCHTE DIE ABTEILUNG FÜR
ERWERBSUNFÄHIGE" . . . BITTE . . . BITTE . . .
???Oh, tut mir leid. Ich weiß nicht, was da passiert ist", sagte die Frau.
Ich wurde dann zur Bewilligungsabteilung durchgestellt, wo ein Mann, nachdem ich ihm
dieselben Fragen gestellt hatte, antwortete.
???Oh ja, blablabla, Amtsschimmel, Amtsschimmel, blablabla, noch mehr Amtsschimmel,
blablabla", und erzählte mir genau denselben verwirrenden Unsinn.
So hatte man mir bei diesen Anrufen praktisch gesagt, wenn man eine
Erwerbsunfähigkeitsunterstützung bekomme, könne man KEINERLEI BEIHILFE von der
Gesundheits- und Sozialbehörde zu FORTBILDUNGEN bekommen.
Dann beschloß ich, es nochmal mit einem Anruf bei dem College zu versuchen und zu sehen,
ob man mir dort etwas Vernünftigeres sagen konnte. Ich fragte sie
???Warum kann jemand, der als schwerbehindert registriert ist, eine finanzielle Beihilfe
zu einem Kurs erhalten, wenn er wegen 80% Behinderung den Job gar nicht ausführen kann,
und derjenige, der Erwerbsunfähigkeitsunterstützung bekommt, könnte vielleicht doch
etwas tun, erhält aber keine Hilfe bei dem Kurs?"
Die Frau sagte zu mir: ???Wer schwerbehindert ist, kann nicht arbeiten, und der Kurs über
HTML und den Aufbau einer Website für das Internet ist kein beruflicher Kurs."
Verwirrt fragte ich: ???Was sagen Sie da? Warum kommen dann Leute ins College in den Kurs,
da doch heute Berufe in diese Richtung gehen?"
Sie sagte: ???Nun, einige lernen gerne in ihrer Freizeit und für sich selbst."
Ich sagte: ???Das ist verrückt; das ist, als mache man ein Geschäft auf, ohne
vorzuhaben, etwas zu tun."
Ich fragte dann zur Bestätigung: ???Ist das richtig: Wenn ich den Kurs mache, dann ist
das Abschlußzeugnis nicht als berufliche Qualifikation anerkannt?"
???Nun, äh, ja . . . ja, so könnte man das sagen", meinte sie.
Ich stand nun vor folgender Situation: den Kurs mitmachen und ein Abschlußzeugnis
bekommen, das nicht als berufsbildend anerkannt würde, oder überhaupt nicht am Kurs
teilnehmen oder ihn überdies noch selbst bezahlen müssen, wenn ich an ihm teilnahm. Ich
fragte die Frau: ???Gibt es noch andere Möglichkeiten?"
Sie sagte mir: ???Warum nicht den Sozialdienst oder den Gemeinderat um einen Zuschuß
angehen?"
Ich sagte: ???O.K., ich werde sie anrufen und sehen, was sie sagen."
Ich rief den Sozialdienst an, und man sagte mir, daß es für keinerlei Fortbildungen
Zuschüsse gäbe, und riet mir, den Gemeinderat wegen eines Stipendiums anzugehen.
Dann rief ich den Gemeinderat um 10 Uhr morgens an und fragte nach der zuständigen
Abteilung. Der Anrufbeantworter riet mir, um 16.00 Uhr nachmittags anzurufen.
Ich rief noch einmal um 16.00 Uhr an.
Zuerst verband man mich mit der falschen Abteilung . . .
Dann, als ich zurückrief, hängte man mich ab.
Mein dritter Anruf erreichte die gewünschte Abteilung: ???Oh, Sie müssen morgen gegen
13.00 Uhr zurückrufen. Derjenige, mit dem Sie sprechen wollen ist nicht da."
Am nächsten Tag rief ich an und man sagte mir: ???Tut uns leid, sie sind zur Mittagspause
. . . rufen Sie noch einmal an."
Ich rief zurück und wurde aufgefordert, zu warten . . . und dann war die Leitung wieder
UNTERBROCHEN!
Ich rief nochmals an und sollte warten . . . dann hatte ich wieder die falsche Abteilung
erwischt.
Ich rief wieder an und hatte dann die richtige Abteilung am Hörer und sprach mit dem
Zuständigen . . . ENDLICH!
Ich sprach mit einem Mann, der mich fragte, was er für mich tun könne.
Ich fragte ihn: ???Geben Sie Zuschüsse für Kurse an der Slough University oder dem
College?"
Er sagte: ???Kein Problem, an welchem Kurs wollen Sie denn teilnehmen?"
Ich sagte: ???Ich möchte an einem Kurs über Website-Aufbau und Website-Lösungen und das
Internet teilnehmen."
???Fein", sagte er, ???kein Problem, das machen wir."
ENDLICH, dachte ich . . . jetzt läuft es . . . ABER NEIN!
Er fragte nämlich weiter: ???Wie lang dauert der Kurs?"
Ich sagte ihm: ???Zehn Wochen."
Er unterbrach mich und sagte: ???Tut uns leid, tut uns sehr leid, aber das geht
nicht."
???Warum nicht?" fragte ich
Da sagte er: ???Um ein Stipendium zu erhalten, müssen Sie Vollzeitstudent sein, für ein,
zwei oder drei Jahre, usw."
???Wenn ich Sie richtig verstehe", sagte ich, ???dann meinen Sie, jeder Kurs unter
einem Jahr wird nicht mit einem Stipendium gefördert?"
???Das ist richtig," sagte er.
???Wenn ich also einen Kurs mitmachen möchte, muß ich mindestens ein Jahr lang
gehen?" bestätigte ich.
Er sagte: ???Ja, das ist es; es tut mir so leid, daß ich nichts daran ändern kann."
Ich stand nun vor folgendem Hindernis: Ich mußte bis zum nächsten September 1998 oder
1999 mit dem Kurs warten, und das galt auch nur, wenn ich das Stipendium erhielt, weil man
erst das Stipendium erhalten mußte, ehe man zum Kurs zugelassen wurde. Und das kann
einige Zeit dauern, da der Mann mir sagte, die meisten Gelder seien bereits vergeben
worden und ich müßte bis nächstes Jahr (1999) warten, nach allem, was er sah und
wußte. Wenn es ein zweijähriger Kurs sei, müßte ich daran denken, noch weitere drei
Jahre zu warten, bis ich ein Abschlußzeugnis in der Tasche hätte, und dann wäre ich
etwa 50 Jahre alt. Und bei der Diskriminierung älterer Leute glaubte ich, die ganze Sache
sei völlig sinnlos.
Ich rief noch einmal den Gesundheits- und Sozialdienst an und fragte, ob es einen Weg
gebe, daß ich an einem Kurs teilnehmen könne und Übung und ein Abschlußzeugnis in der
Hoffnung erhielte, daß ich noch einmal arbeiten gehen könne, ohne daß es mich eine
Stange Geld kostete.
???Nun, nein, aber haben Sie es schon einmal bei der Arbeitsvermittlung versucht und mit
dem Beamten gesprochen, der für die Wiedereingliederung Behinderter zuständig ist?"
Ich rief die Arbeitsvermittlung an und wurde gleich mit der falschen Abteilung verbunden .
. .
Ich rief wieder an und wurde ABGEHÄNGT.
Ich versuchte es nochmal und . . . schon wieder die falsche Abteilung . . .
Ich rief wieder an, nur um dann einen Anrufbeantworter zu hören, der mich aufforderte,
meinen Namen und meine Nummer zu hinterlassen; man würde mich dann zur passenden Zeit
zurückrufen.
Ich wartete und wartete . . Einen Tag . . . zwei Tage . . . drei Tage.
Ich rief wieder an und kam in die gleiche Routine.
Diesmal gab es eine neue Auskunft, niemand wäre bis zum 6. April 1998 zu erreichen.
Als der 6. April 1998 da war, rief ich das Büro an, und kam endlich durch . . . Jippee!!
Man sagte mir: ???Es gibt keine Stelle für die Wiedereingliederung von Behinderten mehr,
das war vor acht Jahren."
???Wer sind Sie dann," fragte ich, ???sind Sie nicht Frau Soundso?"
???Ja, aber hier ist nicht das Büro für die Wiedereingliederung Behinderter", sagte
sie.
???Was machen Sie dann?" fragte ich. ???Hier ist der Beratungsdienst für
Behinderte", sagte sie, und dann sagte sie mir, sie sei die ratgebende Beamtin.
???Nun, wie immer Sie sich auch schimpfen und wie Sie Ihre Abteilung nennen: Sie sind doch
diejenige, die Behinderten hilft, wieder Arbeit zu bekommen?" fragte ich.
???Nun, NEIN, wir finden keine Arbeit für Sie, wir zeigen Ihnen nur, wie Sie viellicht in
der Lage sind, Arbeit zu finden, und bieten Ihnen Hilfe an", fügte sie hinzu.
Nach all dem Bürokratismus beschloß ich, diese Frau sei eine echte Zeitverschwendung,
und hatte kein Interesse mehr, statt daß sie mir wirklich Hilfe anbot, über ihre
Berufsbezeichnung zu diskutieren.
So sagte ich ihr, ich würde zurückrufen und nach ein paar weiteren Anrufen einen
Besuchstermin mit ihr vereinbaren, da ich aufgrund ihrer Haltung mir gegenüber nicht sehr
optimistisch war.
Ich dachte, wenn ich wieder zum Arbeiten zurückkäme, müßte ich ein Bankkonto haben. So
stellte ich klar, daß ich weder Geld noch eine Kreditkarte haben wollte, aber NIRGENDS
konnte ich ein Bankkonto eröffnen. Ich war schon so lange, 13 Jahre, ohne Arbeit gewesen,
und hatte Schulden und KEINE Arbeit, damit Geld auf ein Konto käme. So hieß es bei jeder
Bank nur: ???Tut uns leid, Herr Phelan, wir können Ihnen nicht helfen." Weil ich
keine Arbeit hatte, konnte ich kein Bankkonto bekommen, und wenn ich Arbeit gehabt hätte,
hätte ich auch nicht bezahlt werden und meinen Scheck einreichen können, weil ja jeder
heutzutage mit einem Scheck bezahlt wird. Ich hätte kein Konto gehabt, um den Scheck
einzureichen.
Ich verbrachte den ganzen Tag damit, 27 Telefonanrufe zu tätigen und von einer zur
anderen Bank zu laufen. Ich war auch nicht näher daran, eine Arbeit zu bekommen, und
tatsächlich sah ich, daß ich nun vor größeren Problemen stand als je zuvor.
Bis zum 31. März mußte ich den HTML-Kurs buchen oder ihn verlieren. So gab ich alles
Haushaltsgeld aus und verkaufte ein paar weitere Haushaltswaren und eine Nähmaschine, um
ihn zu bezahlen. Ich stand nun vor der Entscheidung, aufzugeben und nichts zu tun, oder
mit der Aussicht auf Arbeit weitere Schulden zu machen. So gibt es für meine Gesundheit
die Kuren und auch die Antworten auf meine Probleme, ABER sie sind sehr teuer, und ohne
Geld ist es wie im Alptraum.
Ich ging auch in London zu einigen Ärzten in die kostenlose Sprechstunde, und wieder
sagten sie mir: ???Ja, wie können Ihnen helfen." Einer wollte 800 Pfund, ein anderer
1.350. Und noch ein anderer fragte, ob ich schon die `AlexandraA-Behandlung für
Rückenleiden versucht hätte. ???Ich will mir das mal ansehen", sagte ich und tat es
. . . es kostet 25 Pfund pro Stunde! Nach meinem recht einfachen Äußeren und der
Tatsache zu urteilen, daß ich keinen Schmuck trug, nicht einmal eine Uhr oder einen Ring,
und daß meine Kleidung seit der Zeit, als ich nicht mehr arbeitete, schon zweimal wieder
modern war, muß er wohl angenommen haben, daß ich ein exzentrischer Millionär war, der
sich nur einmal einen Tag den kostenlosen staatlichen Gesundheitsdienst ansehen wollte, um
in Kontakt mit der Öffentlichkeit und der Realität zu bleiben und zu sehen, wie die
einfachen Leute leben!
Einige Besserwisser von Inkassobüros haben mir gesagt: ???Wir halten Sie für
verantwortungslos, und wenn Sie einen Job haben möchten, dann nehmen Sie an einem Kurs
teil. Wenn Sie nicht ins Baugewerbe zurückgehen können, tun es andere." Ich habe in
der Zeitung so vieles annonciert und verkauft, daß ich das meiste, was mir lieb und teuer
war, verkauft und nur noch wenig übrig habe, was ich jetzt noch verkaufen könnte, was
mir helfen könnte.
Nach 13 Jahren langen Kampfes gegen das of Rechtssystem, die medizinischen Autoritäten,
den Gesundheits- und Sozialdienst und andere bürokratische Einrichtungen und die harte,
kalte Haltung und gefühllosen Reaktionen derer, die behaupten, sie seien da, um einem zu
helfen, nahm ich es sogar mit der Rechtshilfe auf, um eine Entschädigung zu erhalten und
meinen Fall aufgrund eines ärztlichen Mißgeschicks durchzufechten. Ich legte mich mit
den Anwälten an, die einem das Gefühl geben, man müsse ihnen Feuer unter dem Hintern
machen. Ich legte mich mit jedem an, der sich gegen mein Recht stellte, wieder in Arbeit
zu kommen, und nach allem, was ich gesagt und getan habe, bin ich völlig überrascht, wie
ich es überlebt habe und noch Willenskraft übrig habe, da weiterzumachen, wo viele
aufgegeben haben, manche in völliger Verzweiflung, mit Nervenzusammenbrüchen oder wo
viele sich sogar das Leben genommen haben.
Nun, ich beschloß, die Arbeitsvermittler in der Arbeitsbehörde aufzusuchen, die sich mit
Behinderten befassen, die wieder arbeiten wollen. Ich machte also einen Termin aus und
ging Mitte August 1998 dort hin. Ich wurde von einer gepflegten Farbigen, die etwa Ende 30
war, empfangen, die kalt und völlig desinteressiert an meiner Situation und irgendwie
abrupt war, weil sie mich jedesmal, wenn ich etwas sagen wollte, unterbrach und sagte:
???Aber Herr Phelan, was ich sagen kann . . . bla bla bla", ???Aber Herr Phelan,
meine Arbeit ist es . . . bla bla bla", und ???Nun, Herr Phelan, es interessiert mich
wirklich nicht . . . bla bla bla", und ???Sehen Sie, Herr Phelan, das ist wirklich
nicht unser Problem . . . bla bla bla . . ." Sie war so hilfswillig und nützlich wie
ein Einkaufswagen auf hoher See!
Diese Frau hatte keinerlei Vorstellung von einem ???Teufelskreis", und nach ihrem
Äußeren zu urteilen, wußte sie auch nicht, was es heißt, auf Sozialhilfeniveau zu
leben und knapp bei Kasse zu sein. Sie stand völlig außerhalb der Realität dessen, was
Behinderte durchmachen müssen, um nach Arbeit zu suchen, auch wenn sie es war, die
Behinderten Rat geben sollte. Sie fragte mich: ???Haben Sie dies versucht . . . blabla,
haben Sie das gemacht . . . blabla", als ob ich ein vollkommener Idiot sei. Ich
mußte nur erwidern: ??? Nun . . . ich weiß . . . ich hätte nie daran gedacht".
Solche Leute neigen dazu, mit einem zu reden und dabei den Kopf zu einer Seite zu neigen,
so daß man eingeschüchtert wird, und in einem leisen Ton mit einem zu reden, als sei man
geistig zurückgeblieben, wie ein Kind, und mit affektiertem Lachen zu sagen: ???Nun, wir
werden alles für Sie tun, was wir können. Herr Phelan, wir verstehen Ihre Situation
völlig und tun tatsächlich alles, was wir können. Sie hören wieder von uns . . .
blablabla."
Verstehen sie wirklich? . . . Sie leben in einer unproblematischen Umgebung, sie haben
hübsche Schreibtische, Computer, Tee- und Mittagspausen, ein schönes kleines Büro und
eine Tür, um einem hinauszuweisen, wenn sie sich nicht mit einem abgeben können oder
wollen, was sie bei der ersten Gelegenheit auch tun und einem den Ausgang weisen . . .
Nach meinen Erfahrungen in den letzten 13 Jahren haben diese Leute KEINERLEI
Vorstellungen!
Man geht immer wieder hinaus, wenn sie aufstehen und zur Tür gehen, einen Arm
ausgestreckt. Dann soll man sofort folgen und lächelnd sagen: ???Danke, Sie haben mir
sehr geholfen." Ich ging daran, noch eine weitere Frage zu stellen, und sie sagte:
??? Nun, vielen Dank, Herr Phelan, aber ich muß wirklich weitermachen, doch wir tun alles
, was wir können". Was hat es mit diesem blablabla auf sich, fragte ich darauf.
???Nun, wie ich sagte, es war nett, Sie zu sehen. Ich bin sicher, daß sich die Probleme
lösen werden, und nochmals vielen Dank für Ihren Besuch". Aber . . . sage ich, und
wieder ist man konfrontiert mit: ???Nein, danke, Herr Phelan, das ist alles". Dann
steht man wieder draußen.
Während des Gesprächs hatte ich gefragt, wie die Aussichten auf eine Arbeit wären. Sie
fragte: ???Was können Sie tun?" Ich schrieb einen Lebenslauf mit allem, was ich kann
- über etwa 30 Jahre Berufserfahrung -, aber sie wollte ihn nicht einmal sehen. Nein, sie
wollte nicht einmal einen Blick darauf werfen. ???Dafür müssen Sie in die andere
Abteilung gehen", sagte sie. Ich fragte: ???Was tue ich dann eigentlich hier?"
???Nun, ich bin dazu da, sie bestmöglich zu beraten, wie Sie wieder an die Arbeit
zurückkommen", sagte sie. Dann fragte sie wieder: ???Was kann ich für Sie
tun?" Ich versuchte, noch einmal zu erklären, wie ich jahrelang im Baugewerbe tätig
war und seit 13 Jahren wegen einer Wirbelsäulenverletzung nicht mehr arbeiten konnte und
nichts anderes gekannt hatte. Ich erzählte ihr, daß ich ein paar Computerkurse
mitgemacht hatte und daß in der ???Internetindustrie" das große Geld zu verdienen
sei. ???Nun", sagte sie, ???so etwas tun wir hier nicht". Ich fragte: ???Was tun
Sie dann?" Sie sagte, sie könne mich zu einem Kurs in Newbury in Berkshire, zu einem
Computertraining, schicken, aber ich rief selbst dort an und es war tatsächlich nur ein
Grundtraining, keine wirkliche Hilfe, und würde mich etwa 40 Pfund für das Benzin pro
Woche kosten! Man sagte mir auch, ich könne damit erst anfangen, wenn ich Arbeit suchte
und Arbeitslosengeld bekäme oder wenn ich Geld wegen Arbeitsunfähigkeit bekäme. Das
hieß, daß ich meine Erwerbsunfähigkeitsunterstützung aufgeben und Arbeit suchen und
eine Minderung meiner Einkünfte auf . . . einen Augenblick . . . 34 Pfund 40 Pence
hinnehmen mußte.
Zuallererst ist eine Verminderung der Einkünfte hinzunehmen, und da man jetzt als
Arbeitssuchender Arbeitslosengeld bekommt, gilt das Kindererziehungsgeld als Einkommen; so
fällt das weg. Nun, es fällt eigentlich nicht weg, es wird nur mit dem Arbeitslosengeld
verrechnet. Das Arbeitslosengeld wird also wieder beschnitten. Wer daher bereits wegen
seiner Behinderung kämpft, muß noch eine Minderung der Zahlungen in Kauf nehmen, um als
Arbeitssuchender registriert zu sein. Die Spitze ist dann, weil man nicht für einen
anderen Beruf qualifiziert ist, braucht man - auf eigene Kosten - ein Training! Weitere 40
Pfund. Pro Woche in meinem Fall. Das bedeutet: Um überhaupt damit anzufangen, wieder in
Lohn und Brot zu kommen, muß ich weitere 69,40 Pfund pro Woche ausgeben. Und das von
etwas mehr als 130 Pfund pro Woche zum Leben! Am Ende der Trainingszeit wird KEINE Arbeit
garantiert, und wenn doch, dann muß man ein geringeres Einkommen als früher in Kauf
nehmen . . . und . . . das macht die Situation JETZT noch unerträglicher als zuvor. Wenn
man beschließt, auf den früheren Status zurückzugehen und zum Beispiel
'Erwerbsunfähigkeitsgeld' zu beantragen, damit man wieder das höhere Einkommen hat, wie
in meinem Fall, dann darf man sich nicht mehr als arbeitssuchend melden und hat keine
Aussicht auf eine Arbeitsstelle und . . . alles fängt wieder von vorne an! Gott, ich
wollte, daß sie nur für ein Jahr meine Schmerzen haben!
Zu versuchen, sich in einem Marketingberuf selbständig zu machen, bedeutet, ein Team oder
ein Netzwerk aufzubauen, was drei oder vier Jahre dauern kann, bis man wirkliches
Einkommen und Ergebnisse zu sehen beginnt. Oh ja, auch das habe ich geprüft. Über allem
sind die Rechnungen, Telefon, Fax, Büromaterial, Benzin, Seminare, die bezahlt sein
wollen, Muster, die auch bezahlt werden müssen . . . alles von seiner Unterstützung. Und
wenn es nicht anläuft, hat man alles, was man investiert hat, verloren, und muß etwas
anderes versuchen. Dann muß man wieder von vorne anfangen, auch mit der Zeit . . .
Fortbildung kostet Geld, das man sich nicht leisten kann. Vielleicht bekommt man einen
Zuschuß für ein College, aber das muß man dann ganztägig besuchen, und das bedeutet
wiederum 2 bis 3 Jahre, um eine Berufsqualifikation zu erlangen, und wenn man die bekommt,
dann steht man vor dem Faktor ALTERSDISKRIMINIERUNG; man ist einfach zu alt, wenn man, wie
zuvor gesagt, über 35 ist. Und wenn man keine Berufserfahrung hat, gibt es noch Probleme.
Ich schrieb mich an der ???Regent Academy of Fine Art" in London für einen
Fernstudienkurs in ???Raumausstattung" ein, aber auf halbem Wege nach einem Jahr fand
ich heraus, daß ich trotz Einser und Zweier für meine Arbeit nicht einmal in dem Gewerbe
anerkannt bin, wenn ich nicht drei Jahre bei einer Firma war. Niemand möchte einen
annehmen, wieder ist man ZU ALT, und nachdem ich wegen der Verletzung so lange aus der
Arbeit bin, kann ich mich nicht selbständig machen, weil ich keinen Kredit von der Bank
bekomme, den ich für ein eigenes Geschäft brauche. Ich kann nicht einmal eine
Kreditkarte bekommen: ???Es tut uns sehr leid, aber wir können nicht ihrem Wunsch
entsprechen, jetzt ein Konto für Sie einzurichten", sagt man mir zu allem
Überfluß. Ich hätte in dem Beruf ja auch keine Kontakte . . . zzzaaaAAAPPPP! Und wieder
von vorne anfangen!
Selbst meine Frau versuchte, Arbeit zu bekommen, da der Gesundheits- und Sozialdienst
sagte, wir könnten bis zu 50 Pfund pro Woche hinzuverdienen, ohne daß das etwas an der
Unterstützung ändere. Stimmt wohl, es ändert nichts an der Unterstützung . . . ABER an
der Mietminderung, und wenn man jetzt 50 Pfund pro Woche verdient, verliert man das
Wohngeld! Statt deine 10 Pfund oder so zu bezahlen, weil man Mietrabatt hat, ist die Miete
nun voll zu bezahlen oder sie ist gestiegen. Wenn man also die Miete abzieht, ist man
wieder genau dort, wo man angefangen hat; und nicht nur das: Man mußte auch Stunden mit
Fahrten zur Arbeit verbringen, zu Messen, und den Verschleiß der Kleidung in Betracht
ziehen, und so ist man wieder genau dort, wo man angefangen hat! Das ist überhaupt kein
Anreiz, Menschen zu helfen, wieder in Arbeit zu gelangen.
Ich sehe mich selbst nicht als verantwortungslos an, sondern als echtes Opfer eines
ärztlichen Unfalls beim Nationalen Gesundheitsdienst, der leichtfertig über mich
hinweggeht, als ob meine 13 Jahre Martyrium und quälende Schmerzen, wo ich verzweifelt
einen Weg hinaus aus diesem seelenzerstörenden, demoralisierenden bürokratischen
Treibsand suche, wo mir das Leben langsam aus den Händen gerissen und vor meinen Augen
zerfetzt wird - als ob all das nicht zählt. Dabei versuche ich noch, meine Ehe
zusammenzuhalten und meiner Familie und mir etwas Lebensqualität zu geben, die der
Nationale Gesundheitsdienst uns entrissen hat, was nicht wieder gutzumachen ist.
Ja, jede einzelne Projektidee und Arbeit, die ich verfolgt habe, ist an einer Mauer aus
???Teufelskreisen" und einem Berg an Bürokratie und mangelnder Rücksicht für
Behinderte, Uneinsichtigkeit, Vorurteilen und Diskriminierung wegen meines Alters
zerschellt . . . mit dem gesunden Rat des Nationalen Gesundheitsdienstes, der besagt:
???Stellen Sie all dieses hinter sich und beginnen Sie, ein normales Leben zu
führen" . . . auf meine Kosten.
Mr. Tony Blair . . . hat folgendes festgestellt: ???Wir hätten es gerne, wenn so viele
wie möglich in die Arbeit zurückkehren . . . für die, die suchen, gibt es genug
Möglichkeiten." Ich habe ihn gefragt: Würden Sie mir bitte sagen, wie?
Alles, was ich als jemand, der seit über 13 Jahren das Opfer eines medizinischen Unfalls
ist, gefunden habe, ist: ???Ein einziger Alptraum!"
???Mit fast 11.000 Pfund Schulden am Hals und dem Versuch, Behandlung und Präparate zu
bekommen, um zu überleben, wüßte ich gerne, welchen Vorschlag Sie haben, aus diesem
Schlamassel herauszukommen, in den mich der Nationale Gesundheitsdienst, die
Rechtskörperschaft der Regierung, gezwungen hat, und mir sagen, welch wunderbare
Aussichten für britische Untertanen wie mich bestehen?"
Schließlich schrieb ich dem Premierminister: ???Ich würde gerne von irgendeinem Beamten
oder Politiker hören, der bereit wäre, für mich vor Gericht zu gehen, wenn ich
vorgeladen werde, und meinen Fall zu meinen Gunsten vertritt und mir diese Bürde abnimmt
und mir den Weg heraus zeigt und auch alle meine Schuldner informiert, da sie sehr gerne
den Weg aus diesem Schlamassel heraus wüßten. Ich kenne die Antwort nicht und auch sie
nicht. Aber sie sind für jeden Vorschlag offen!
Ich habe auch versucht, in einem Netzwerk mit einigen Produkten tätig zu sein, in denen
meiner Meinung nach ein großes Potential steckt und die äußerst gut sind, die meiner
Gesundheit geholfen haben, aber es dauert wiederum 3 bis 5 Jahre, ein Geschäft
aufzubauen. Die Kreditgeber warten nicht so lange, und wenn ich verklagt werde, komme ich
auf eine schwarze Liste und verliere wiederum meinen Kredit! Wenn ich also Erfolg beim
Aufbau habe, werde ich keinen Kredit nutzen können. Also . . . wieder von vorne anfangen!
Ich bin jetzt bei völliger Verzweiflung und Frustration angelangt und bitte um Ihre
fachmännische Meinung, da ich keinerlei Entschädigung für das bekomme, was der National
Gesundheitsdienst mir angetan hat, Keinen vernünftigen Rat, keine Hilfe, keinerlei
Kooperation von den oben genannten."
Ich sagte dann noch, ich würde mich auf die Antwort des Premierministers und seine
Kommentare zur gegebenen Zeit freuen.
Mr. Tony Blair schrieb mir und bat die Arbeitsvermittlung, sich meinen Fall anzusehen.
Dies sind die Ereignisse, seit ich meinen Brief am Sonntag, dem 18. Oktober 1998, zur
Downing Street mitnahm. Ich ging zur Downing Street, um meinen Brief zur Kenntnisnahme von
Mr. Tony Blair, dem Premierminister, abzugeben. Ich ließ auch ein Foto machen, das
zeigte, wie ich meinen Fall in No.10 vortrug. Am 27. Oktober 1998 erhielt ich einen Brief
von einem Mr. S. Qasim, der mich davon in Kenntnis setzte, daß Mr. Blair darum bat, daß
der Brief dem Gesundheits- und Sozialdienst und den zuständigen Büros der
Arbeitsvermittlung vorgelegt werde, damit man sich dort um die aufgeworfenen Fragen
kümmerte.
Mr. Blair machte keinerlei Bemerkungen, er schob den Schwarzen Peter anderen Abteilungen
zu. Am 9. November 1998 erhielt ich eine Karte der Arbeitsvermittlung, Caxton House, in
London, die besagte, daß ich innerhalb von 15 Tagen eine Antwort erhielte. Am 27.
November 1998 waren 19 Tage vergangen, so rief ich dort im Büro an, um zu sehen, was mit
meiner Bitte geschehen war. Man sagte mir, man habe sich nicht etwa verspätet, da erst 15
Arbeitstage vergangen seien und man das Wochenende nicht hinzuzählen könne! Der letzte
Termin sei der 30. November 1998. Am Freitag, dem 4. Dezember 1998, rief ich wieder in dem
Büro an und sprach mit Herrn Qasim. Ich gab ihm meine Nummer und bat ihn, er möge bei
mir zurückrufen, wenn er Neuigkeiten habe. Er rief vormittags um 10.45 Uhr zurück und
sagte, er versuche immer noch, sich Informationen zu beschaffen; er werde mit mir
Verbindung aufnehmen, sobald er etwas gefunden habe, da er immer noch versuche, meinen
Brief ausfindig zu machen. 5 Tage später . . . der 9. Dezember 1998.
Ich erhielt einen Brief von Claire McGuckin, der Abteilungsleiterin für
Behindertendienste: Level 1, 236 Grays Inn Road London WC1X 8HL. Vereinigtes Königreich,
und nur die halbe Telefonnummer war auf dem Brief, so rief ich den Dienst in Caxton House,
Tothill Street, London SW1H 9NA an und fragte, wie ich Verbindung mit dieser Frau
aufnehmen könne? Ich wartete sechs Minuten, und dann sage man mir, man wisse nicht, um
wen es sich handle! Herr Qasim sagte mir, er wolle mich nach Sheffield durchstellen!
???Warum nach Sheffield?" fragte ich . . . wo doch der Brief von einem Londoner Büro
kam. Und so gab er mir eine Nummer, die ich in London anrufen könne. Die Nummer war
abgestellt, dann zurück zur Fernsprechauskunft, der Vermittlung . . . zu einem weiteren
Versuch. Dann sagte man mir, die Anschrift sei nicht gelistet. Ich rief nochmals die
Fernsprechauskunft an und sagte, ich wolle die Arbeitsvermittlung haben. Da bekam ich eine
Nummer 0171 211 3000, von einem Büro, wo man mir sagte, man wolle mich zu Claire
McGuckins Büro durchstellen, Durchwahl 0171 211 4716. Da sagte man mir, sie sei heute
nicht da.
Wieder von vorne anfangen. Ich hinterließ eine Nachricht und sagte, sie könne mich
später anrufen, wenn sie wieder zurück sei, wann immer das auch sei! Das war um 9.30 Uhr
am 9. Dezember. Um 10.00 Uhr bekam ich einen Anruf von Mary Calderon aus dem Grays Inn
Road Office und sprach mit ihr über einige der Probleme. Sie sagte, sie würde Frau Pat
Bowery in der Slough- Behindertenberatung anrufen und sie bitten, mich anzurufen, damit
ich sie wieder aufsuchen könne. Sie machte auch den Vorschlag, daß ich mich mit dem
???TEC" Training and Enterprise Council in Verbindung setzte. Abgesehen davon sagte
sie, sie könne nichts weiter tun, um mir zu helfen, aber sie würde mir Literatur zum
Thema Diskriminierung zuschicken. Ich fragte sie, da sie sagte, das ließe sich nun durch
neue Gesetze erzwingen, ob sie je versucht habe, eine Firma vor Gericht zu bringen? Und
wenn es ein Jahr dauerte und man den Fall gewinne, würde man für diese Firma danach noch
arbeiten? Und wie wird man behandelt, wenn man weiß, sie hat den Fall verloren? Was ist
mit dem Streß und der Zeit, wenn man schon Streß hat, weil man verletzt oder
arbeitsunfähig ist?
Die Arbeitsvermittlung schickte mir wirklich ein Paket mit Informationen. Ich ging auch zu
einem Kurs in der Bank, wie man sich selbständig macht. Ich folgte allen Hinweisen, die
man mir gab, und ihr erratet es schon . . . wieder befand ich mich in ein paar
Teufelskreisen.
Ich versuche immer noch von zu Hause aus, mich selbständig zu machen, und ich habe alle
Befunde an das Gericht gesandt, damit man sich mit meinem Fall befaßt, weil
Finanzierungfirmen Geld von mir verlangen, was mich als Opfer eines medizinischen Unfalls
in eine sehr schwierige Lage gebracht hat, und die Rechnungen warten immer noch, und . . .
der Fall geht weiter . . .
Kapitel 19
Der Bruch: Von allen gemieden, weil ich ehrlich war
Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut.
Aus Historischen Essays und Studien
Man sagt, wo die Macht groß ist, da ist auch der Irrtum groß. Wie oft hat sich das doch
in der Geschichte als wahr herausgestellt. Menschen mit guten Grundsätzen sind geliebt
und geehrt worden, nur um dann zu finden, daß, als ihre Macht wuchs, auch ihre
Mißachtung für andere und die Verachtung der Mitmenschen wuchs. Jehovas Zeugen sind ein
hervorragendes Beispiel dafür, diesem zum Opfer zu fallen. Ich habe immer wieder gute
Männer gesehen und gekannt, die Freunde waren und die mich bei sich zu Hause willkommen
hießen und die sich dann als einige der schlimmsten Beispiele für Christsein
herausgestellt haben, die sich finden lassen. Nicht nur diese Männer, sondern auch ihre
Frauen und sogar die Kinder haben ihre Haltung gegenüber anderen geändert, als die
Autorität des Vaters wuchs. Die Kinder werden zu boshaften Flegeln, die Frauen werden
gehässig, bilden Cliquen aus kleinen Freundesgruppen und weigern sich, mit einem zu
reden, gehen sogar auf der Straße an einem vorbei oder sausen mit einem süßem,
aufgesetzten Lächeln an einem vorbei, das angeklebt aussieht wie bei dem Witzbold aus
Batman, und sie sagen: Ich rede gerne mit dir, aber ich habe keine Zeit", und
eilen an einem vorbei. Das ist nicht mehr als eine Fassade, um sich zu schützen und
später, wenn man sich über die kalte Haltung beklagt, zu anderen sagen zu können: `Nun,
ich sage immer Hallo und grüße ihn. Was habe ich getan; es ist nicht zu fassen, daß er
das sagt. Ich kann es nicht glauben, ich bin immer so höflich.A Sie sind zwar nett und
freundlich, aber: Laß dich nicht auf ihn ein; gib ihm keinen Grund, mit dir zu
reden;, halte dich auf Abstand."
Die Menschheit ist eine Bruderschaft, lehren Jehovas Zeugen, alle Menschen sind gleich,
und schon wenn diese Leute diese Worte mündlich wiederholen, sehen ihre Taten doch anders
aus. Einige dieser Männer, egal aus welchem Milieu, versuchen mit allen Mitteln, andere
zu kontrollieren und zu manipulieren, um sie dazu zu bringen, sie zu fürchten und sich
ihnen unterzuordnen, auch wenn deren eigenes Leben ein kompletter Fehlschlag ist; sie
halten vielleicht immer noch an ihrer Stellung fest, in die sie ernannt wurden, um Ehre zu
verlangen. Ich habe Männer gesehen, die keinerlei Geschick haben, keine Individualität,
und doch hängen sie an ihren kleinen Positionen als dem Einzigen in ihrem Leben, als ob
sie ohne diese Autorität nichts wären. Sie denken, daß sie sich keinen Respekt zu
verdienen brauchen; sie können ihn aufgrund der Tatsache fordern, daß sie eine Stellung
oder einen Titel wie Ältester" haben. Ich habe auch gefunden, daß je kleiner
der Mann, um so mehr strebt er nach einer Machtposition, als ob er etwas beweisen müßte,
als ob er einen Komplex hätte.
Meine über 30jährige Verbundenheit mit Jehovas Zeugen hat für mich über allen Zweifel
bewiesen, daß die hierarchische Struktur, die sie fördern und benutzen, eines der
bedrückendsten, dominierendsten, charakterverderbendsten Herrschaftssysteme ist, die mir
je untergekommen sind. Es ist ein langsames Eintrichtern, das das Gewissen und den
Charakter einer Person zerfrißt, das ihn davon überzeugt, er sei das vollkommene
Beispiel an Geistigkeit und menschlichem Wesen, wenn sie tatsächlich ein anmaßender,
selbstgerechter, abwertender kleiner Hitler wird. Und ich kann euch sagen, ich kenne viele
von ihnen, und sie können dein Leben zur absoluten Hölle machen. Ich habe glückliche
Ehepaare gekannt, die gehen und umziehen mußten, um von solchen Männern wegzukommen, da
diese aus ihrem Leben ein einziges Elend machten, wenn diese Ältesten", wie
sie genannt werden, versuchen, sich in ihr Leben einzumischen, weil sie Forderungen in
bezug auf den Glauben stellen und ihnen Verpflichtungen auferlegen oder fordern, denen
keiner nachkommen kann. Wenn alles fehlschlägt und die Versammlungsältesten einen nicht
dazu bringen können, sich ihrer Denkart zu unterwerfen, dann werden sie dich verleumden
und bis zur Verzweiflung in eine Opferrolle drängen, sie werden dich raustreiben und mit
einem Etikett versehen, das alle sehen können: streitsüchtig, illoyal, störend,
unkooperativ, jemand, dem man besser aus dem Weg geht.
Es hat schon erwachsene Frauen und reife, verantwortungsvolle Ehefrauen und Mütter
gegeben, die völlig in Tränen aufgelöst waren und schluchzten, sie könnten das alles
nicht mehr aushalten, und das alles im Namen der Theokratie" (Gottesherrschaft)
und des Geistiggesinntseins". Ihre Männer haben sich mit ihnen bereden und
umziehen müssen, um eine andere Wohnung weit weg von den Freunden zu finden, um Frieden
zu finden. Ich habe auch gesehen, wie furchtlose Frauen gegenüber diesen Männern
aufstanden und sagten: Entschuldigung, aber ich regle immer noch mein eigenes Leben,
kümmert euch um eure eigenen Sachen", nur um dann von ihren Ehemännern getadelt und
gescholten zu werden, weil sie so respektlos waren, und doch haben sie wirklich die
Wahrheit gesagt, und es hätten ihre Ehemänner sein sollen, die ihre Meinung sagten, die
es aber nicht getan haben, weil sie Angst hatten, sie würden Ansehen und Vorrechte in der
Versammlung verlieren. Es erstaunt mich immer wieder, wie viel sich Leute gefallen lassen,
weil sie Angst haben, ein Etikett aufgeklebt zu bekommen oder gemieden zu werden, wenn sie
gegen falsche Behandlung oder grobes Unrecht die Stimme erheben.
Viele haben nur wenig Geld, sie haben keine Freunde außerhalb der Zeugenorganisation,
vielleicht wenig oder gar keine Qualifikationen für eine Arbeit. Auf weltliche Bildung
wurde immer herabgeblickt; man hat mißbilligend die Stirn gerunzelt, man sei weltlich
oder materialistisch eingestellt, und es konnte sein, daß man gemieden wurde, weil man
einen solchen Weg einschlug, um seine Lebensweise oder die Karriere zu verbessern. Dem
allen setzt die Ansicht die Spitze auf, der Platz einer Frau sei im Haus, und eine Frau,
die eine Berufskarriere verfolgt, wird nicht als gutes Vorbild angesehen. Wenn sie den
ganzen Tag predigend die Straße entlangzieht, dann ist sie eine wirklich gute
christliche Frau, die eine gute Ehefrau abgeben wird". Tatsache ist, das tun sie
nicht; die meisten sind sehr unausgeglichen! Ein sauberer Bruch ist sehr schwer zu
vollziehen. Einige tun diesen Bruch, aber die meisten bleiben und leiden an der Haltung,
die ihnen die Zeugenführer selbst einimpfen: Gott wird zu seiner Zeit die Dinge
richtigstellen, wir müssen uns auf ihn verlassen." Oder: Auf diese Weise
sichtet Gott seine Organisation und wird die Rebellen los." Das ist eine andere Art,
zu sagen, man sei rebellisch"; das ist ein weiteres Lieblingsklischee. So viele
Leben wurden ruiniert, einige begingen sogar Suizid, weil sie mit dieser
Gedankenmanipulation durch die Sekte einverstanden waren, nur um dann Jahre später zu
sehen, daß dieselben Leute immer noch eine Situation ertragen, die sehr schnell
richtiggestellt werden könnte, wenn sie eigene Entscheidungen träfen und sie in die Tat
umsetzten, anstatt auf Älteste zu hören, die die eigenen Angelegenheiten nicht einmal
richtig beurteilen können und vielleicht nicht einmal kennen wollen; die nur gerne die
wichtigen Entscheidungen für einen treffen mögen.
Was das Eintrichtern angeht, so verwenden Jehovas Zeugen den Titel Ältester"
in einer Weise, daß alle, die diesen Titel nicht tragen oder ernannt worden sind, das
Gefühl haben müssen, sei seien minderwertig". Ein Beispiel dafür: Ich war in
einer Zusammenkunft, wo man gerade darüber sprach, daß eine Frau ihren Mann verloren
hatte. Sie betete lange Zeit und fand zu gegebener Zeit einen Mann, den sie heiratete, der
. . . richtig geraten . . . Ältester war! Das nächste, was der Redner einbleute, war,
daß jede Frau, die einen Mann suchte, Gott um einen bitten sollte . . . und dann fügte
er hinzu: Mit ein bißchen Glück heiratest du sogar einen Ältesten."
Ich war so wütend darüber, daß ich ihm am liebsten ein Buch an den Kopf geworfen
hätte. Ich fragte mich immer wieder, wo ist der Beweis, daß Älteste" bessere
Hausmänner, bessere Ernährer, bessere Liebhaber oder Geschlechtspartner sind? Im
Gegenteil, nach meiner Erfahrung sind die meisten Frauen, die sich am meisten über ihre
Männer beklagen, Frauen von Ältesten, weil sie nie Zeit für sie haben! In der
Zusammenkunft saß so mancher gute Mann, wohl KEINER, der ein Ältester war, aber der
entscheidende Punkt ist, Frauen werden zu dem Denken indoktriniert, daß die einzigen
guten Männer die Ältesten" der Religion sind, und dasselbe gilt für den
bereits erwähnten Gedanken, daß Frauen, die eine berufliche Karriere einschlagen, nicht
als gute Ehefrauen angesehen werden könnten. Oh, so etwas wird natürlich mit keinerlei
Worten gedruckt, aber die Zeugen haben zwei Maßstäbe, einen schriftlichen und einen
mündlichen. Das Geschriebene klingt sehr gut und scheint vernünftig zu sein, aber es ist
das MÜNDLICHE, das die größte Macht hat.
Wenn Frauen gesagt wird, nach einem Ehemann aus den Reihen der Ältesten Ausschau zu
halten, ist es nach dem oben gesagten nicht schwer zu verstehen, warum so viele Männer
den Druck fühlen, Älteste zu werden. Ein Mann kann ein vollkommener Langeweiler sein,
keinen Charakter haben, schrecklich aussehen und sich ebenso schrecklich kleiden, er kann
einen schlechten Geschmack haben - aber weil er zum Ältesten ernannt wurde, glaubt man,
er sei ein wundervoller Mensch mit großen Möglichkeiten, für jede Frau einen perfekten
Ehemann abzugeben. Und das Ergebnis? Viele enttäuschte Frauen in den Reihen der
Zeugenorganisation.
Das trifft auch für Rechtsfälle zu; alles geschieht mündlich, nichts wird
niedergeschrieben, aber das ist es, was zählt, wenn eine Entscheidung getroffen wird.
Wenn jemand sie anzweifelt, kann er auf den geschriebenen Text zurückgreifen; und was
kann man sagen? Tatsache ist, sie leben nach einem mündlichen Gesetz, nicht nach einem
geschriebenen. Das geschriebene Gesetz, das vernünftig und ansprechend erscheint, bringt
die Leute in die Organisation, das mündliche Gesetz und Furcht halten sie in der
Organisation.
Nachdem mir jahrelang Beschimpfung und Schmähung, schlechte Behandlung und eine
Opferrolle zugedacht waren, weil ich bei zweierlei Maßstäben und Heuchelei, von denen
ich ständig Zeuge war, die Stimme erhob, fing ich an, Untersuchungen anzustellen und
Fragen zu stellen, weil so viele andere dieselben Erfahrungen machten wie ich. Während
dieser Zeit habe ich alle Publikationen der Zeugen Jehovas gesammelt und hatte fast alles,
was die Zeugen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute je gedruckt haben. So hatte ich
ganz schön starken Stoff bei der Hand, obwohl mir das damals nicht klar war. Ich war gut
dafür bekannt, belesen zu sein und alles zu überprüfen, und Älteste riefen mich an und
stellten mir Fragen, um zu sehen, welche Informationen ich zu einem Thema hatte, oder
einfach, wo Antworten zu finden waren. Es war also wohlbekannt, daß ich alles genau
untersuchte. Mein großer Fehler war, daß ich nicht weit genug in die Vergangenheit
forschte und wie viele Zeugen heute auch annahm, die Lehren seien bei den Zeugen im
Verlauf des letzten Jahrhunderts, abgesehen von ein paar Änderungen, dieselben geblieben.
Damit lag ich tatsächlich völlig daneben!
Wie ich auf den Weg geriet, die Dinge zu untersuchen und zu hinterfragen? Man hatte mich
fälschlich beschuldigt, und man machte sich keinerlei Mühe, die Sache richtigzustellen,
und die Ältesten verleumdeten mich weiterhin - weil ich wegen meiner Rückenverletzung im
Jahre 1986 nicht mehr arbeitete und versuchte, mich zu erholen, kamen ständig Rechnungen
bei mir an und zu versuchen, diese zu bezahlen, war schon an sich ein Alptraum. Wie
jedermann weiß, ist alles in Ordnung, wenn die Dinge gut laufen, aber sobald etwas
schiefläuft oder nachgebessert werden muß, wo kriegt man das Geld her? Ich mußte das
Auto unterhalten, meine Tochter brauchte Schuluniformen, Krankenbehandlung usw. Nun, ich
entschloß mich dazu, einige meiner Bücher zu verkaufen und eine Anzeige in eine der
kostenlosen Werbezeitungen zu setzen, und schon bald hatte ich ein paar Reaktionen.
Ein Typ mit Namen Alan rief mich an und bat, ob er vorbeikommen könne, da er an der
Universität war und einige meiner Bücher als Quellenangabe brauchte. Er sagte mir, er
sei vor ein paar Jahren in der Zeugenorganisation gewesen, und er habe ein paar wirklich
schlimme Erfahrungen dort gehabt und sei dann gegangen. Er sagte mir, seine Tochter sei
vergewaltigt worden, und daß die Ältesten der Zeugen keinerlei Interesse zeigten. Alles,
woran ihnen lag, war, daß die Sache nicht in die Zeitung kam. Er sagte, die Ältesten
sagten immer: Was immer du tust, laß es nicht in die Zeitungen gelangen." Ihre
Sorge war, daß sie in schlechtem Licht erscheinen könnten, wenn der Name Jehovas
Zeugen" in den Zeitungen erschiene. Die kalte, gefühllose Haltung, daß man für
diesen armen Teenager keinerlei Mitgefühl empfand, sondern nur für den Ruf der
Zeugenorganisation, bereitete der Familie großen Kummer und brachte ihn zum Nachdenken.
Aus dem, was Alan wußte und was ich mit eigenen Augen gesehen hatte, war ich so froh,
daß ich nicht alleine war mit Erfahrungen einer solchen Behandlung aus erster Hand.
Alan fragte mich dann: Hast du alle diese Bücher gelesen?" Ich sagte, doch
einige, bis in die 1930er Jahre und ein paar alte. (Ich hatte eine Bücherwand etwas 2,50
Meter hoch und 5 Meter lang voller Bücher und Literatur, alle von der Watchtower Bible
and Tract Society, der Weltzentrale der Zeugen Jehovas in den USA). Er sagte, nun, hast du
dies gelesen? Und das? Und jenes? Ich schaute ihn an und erkannte, daß dieser Typ eine
Menge mehr wußte über die Geschichte der Zeugen als andere, von denen ich dachte, sie
würden sich gut auskennen. Er sagte: Ich will dir etwas zeigen", dann ging er
und holte ein paar Dinge heraus, die ich mir erstaunt ansah. Ich konnte meinen Augen nicht
trauen.
Was siehst du hier?" fragte Alan. Ich sah, und plötzlich traf es mich wie ein
Schlag: Ich sehe ein Gesicht in der Handfläche in einer der Illustrationen. Was im
Himmel soll das da?" fragte ich. Was soll das da?" Dann zeigte er mir ein
anderes Bild. Sieh dir das an. Was meinst du, was das ist?" Ich schaute hin und
sah, daß es ein Gesicht war, das scheinbar dem griechischen Gott Zeus gehörte.
Ja", sagte er, das stimmt." Wie viele davon gibt es?"
fragte ich. Nun, in den vergangenen 16 Jahren über einhundert", sagte er. Er
erzählte mir von einem Mann namens Derek Barefoot, der das herausgefunden hatte, und daß
er ein Buch darüber schrieb: Jehovas Zeugen und die Stunde der Finsternis",
das von seinen Funden okkulter unterschwelliger Bilder in den Publikationen der Zeugen
Jehovas handelte, die dort im Laufe vieler Jahre eingefügt worden waren, von unbekannten
Personen aus unbekannten Gründen. Das Thema wurde so bedeutend, daß die Weltzentrale in
den USA zwei öffentliche Dementis in ihren Zeitschriften abdruckte, um Geschwätz und
Gerüchte abzustellen. Es wurde also vollkommen von der Zeugenzentrale abgestritten, um
das Gesicht zu wahren, da man behauptet, der reine Kanal Gottes zu sein, und da der
Neudruck von Publikationen aus 16 Jahren Millionen kosten würde. Es war weit einfacher,
es abzustreiten und jeden auszuschließen, der sagt, er sehe sie, als eine Rechnung von
vielen Millionen für den Neudruck zu bezahlen, und immer noch als die eine reine Religion
auf Erden zu erscheinen. Gäbe man zu, unter okkultem Einfluß zu stehen, könnte das
großen Schaden verursachen und äußerst demütigend für die Zeugen sein.
Ich kaufte mir das Buch und las es gleich ganz durch und prüfte alle Quellenverweise, die
Derek Barefoot aufzählt, nach. Nicht nur das, ich fand auch selbst andere, zu meinem
Entsetzen fand ich inzwischen auch weitere Verweise auf okkulte bildliche Darstellungen in
den Publikationen bis zu 19 Jahren zurück. Eine davon war in der Schul-Broschüre, die
für Lehrer und Schulen geschrieben wurde, wie man Kinder von Zeugen Jehovas behandeln
sollte. Die Neuauflage von 1995, die Schulbildungs-Broschüre, zeigt auf der Seite 21 ein
Bild, wie Jesus im Tempel eine Münze hochhält, doch hinter einer Säule versteckt sich
ein Mann, der anders als die anderen ist, da er nicht denselben Kopfschmuck wie die
anderen Figuren auf dem Bild hat.
Ich schaute mir die Sache genauer an und konnte sehen, daß auf dem Kopfband Inschriften
waren. Für diejenigen, die es nicht wissen: Bei unterschwelligen bildlichen Darstellungen
findet man ein Bild in einem anderen oder eine Botschaft im Bild versteckt; das wird seit
vielen Jahren in der Werbung so benutzt. Aber hier war die Sache schlimmer. Es handelte
sich um Okkultes, und diese bildlichen Einschübe waren okkulten Ursprungs. Ich erkannte
bald, daß die Buchstaben JEST" (Scherz) recht eindeutig waren, und daß sich
daneben ein weiteres Symbol befand. Es sah aus wie ein S", aber mit dem
Buchstaben U" am Ende. Ich fand schnell heraus, daß dies ein gehörntes
S"-Symbol war, wie es im Okkulten verwendet wird. Die Hörner, die das Horn der
Opferziege über dem Buchstaben S" darstellten, standen für Satan.
Wenn jemand für sich selbst die Enthüllung unterschwelliger bildlicher Darstellungen in
den Publikationen der Zeugen Jehovas sehen will, sollte er Derek Barefoots Buch lesen.
Wahrscheinlich würde das die meisten Zeugen Jehovas entsetzen, aber die Beweise lassen
sich nun einmal nicht abstreiten; nur ein Trottel würde sie unter den Teppich kehren und
sagen, sie würden nicht existieren.
Als ich einen Punkt und eine Lehre nach der anderen untersuchte und dabei bis in die
frühen 1870er Jahre zurückging, traf ich auf so viele Ungereimtheiten und zweierlei
Maßstäbe, daß ich erkannte, daß ich vor einer Entscheidung stand: entweder in der
Organisation der Zeugen Jehovas zu bleiben und Anerkennung zu erhalten, weil ich der
Mutter Organisation gegenüber loyal geblieben war, oder den Weg zu gehen, das ganze
Gebäude als eine Täuschung zu entlarven und als in die Irre führendes
Gedankenkontrollsystem, das für zahllose Todesfälle verantwortlich ist und auch dafür,
daß so viele Leben ruiniert wurden. Wäre das nur vom Hörensagen, wäre ich vielleicht
im Zweifel geblieben, was ich tun sollte, aber ich hatte Erfahrungen aus erster Hand und
war Opfer so vieler Beschimpfungen und von so vielem Unrecht seitens der
Wachtturmorganisation, daß ich beschloß, mich zu widersetzen und es als das zu
entlarven, was es wirklich ist. Versteht mich nicht falsch: Ich lehne nicht die Bibel ab -
vor ihr habe ich Achtung -, ich lebe nach ihren Grundsätzen wie so viele andere. Aber ich
kann einfach keine Heuchelei ertragen, und daß mir verweigert wird, für mich selbst zu
denken und zu lesen, was ich will, wenn die Angehörigen der Weltzentrale lesen können,
was sie wollen, und diskutieren können, wie es ihnen beliebt.
Ich schickte einen Brief an die Ortsversammlung der Zeugen Jehovas und stellte etwa 20
wichtige Punkte in Umrissen dar. Ich bat darum, daß den Mitgliedern der Slough Upton Lea-
Versammlung hier in Berkshire öffentlich eine Bekanntmachung verlesen werde. Ich bat
darum, daß folgendes vorgelesen werde, auch im Namen meiner Frau, die den Brief mit mir
unterschrieb:
Richard und Julie Phelan haben nach ihrem Gewissen beschlossen, als Mitglieder der
Rechtskörperschaft Watchtower Bible and Tract Society zurückzutreten. Sie möchten keine
Zeugen Jehovas mehr sein."
Man muß nicht extra sagen, daß das nicht vorgelesen wurde. Es wurde einfach gesagt, wir
wollten keine Zeugen Jehovas mehr sein. Das wurde routinemäßig gesagt . . . um andere
davon abzuhalten, Fragen zu stellen.
Ich schrieb auch einen ganzen Brief, der mit Liebe . . ." begann
Ich setzte die Namen der Empfänger ein und erklärte, warum ich in den letzten zwei
Jahren keine Zusammenkunft mehr besucht hatte, und informierte sie über das, was ich in
dieser Zeit entdeckt hatte. Ich stellte fest, das, was jeder tue, unterliege ihm selbst
und seinem Gewissen, Ich erwähnte, daß die Beweise da seien, wenn sie sich die Mühe
machen wollten, sie nachzuprüfen. Ich ging dann hinaus und schlug sie im ganzen Gebiet
der drei Versammlungen an und gab sie allen, die mich kannten. Am folgenden Tag schellten
überall die Telefone, und hysterische Zeugen liefen von einem zum anderen.
Einige waren wütend, daß ich mich widersetzt und die Wachtturmgesellschaft entlarvt
hatte, andere sahen verzweifelt die Belege und stellten Fragen. Eine sehr freundliche
Zeugin Jehovas sagte meiner Frau und mir, daß sie es an eben dem Tag, als unser
Brief ankam, mit der Angst zu tun bekam." Dann sagt sie weiter: Ich weiß, daß
es viel Verkehrtes gibt, aber ich weiß einfach nicht, was ich tun soll." So viele
Zeugen äußern sich in dieser Weise, aber die Angst, einen Gemeinschaftsentzug zu
bekommen, hält sie davon ab, weiter zu gehen. Sie sagte, sie hätte die unterschwelligen
Bilder nachgeprüft und konnte sie erkennen. Ganz eindeutig", sagte sie..
Um zu zeigen, wie Angst diese Leute so sehr unter Kontrolle hält, sagte diese Frau:
Wenn ihr einen Gemeinschaftsentzug bekommt, kann ich die nächste Woche nicht mehr
mit euch reden." Ich fragte: Nun, was habe ich getan? Das einzige, was ich
getan habe, war, in euren eigenen Büchern nachzusehen und eine Menge Ungereimtheiten zu
finden." Sie sagte: Ja, aber sie (das ist die Weltzentrale der Zeugen) sagten,
wir dürften nicht mehr miteinander reden." Da ist also eine verantwortungsbewußte
Frau in den Vierzigern, sehr intelligent, die die Entscheidung trifft, sie könne von
diesem Tag ab nicht mehr mit uns reden, obwohl sie weiß, daß wie nichts Verkehrtes getan
haben, außer in ihrer eigenen Literatur nachzusehen. Und doch ist sie bereit, mir und
meiner Frau für immer aus dem Weg zu gehen, weil das die Politik der Zeugenführer so
besagt - und weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben. Es ist aus Gründen wie
diesem, daß die Zeugen Jehovas in dem schlechten Ruf stehen, Familien zu zerbrechen, und
ehrlich gesagt, genau das tun sie auch. Jedes Familienmitglied, das mit dem nicht
übereinstimmt, was sie glauben, oder es bezweifelt, wird gemieden und als Ausgestoßener
behandelt, und das bringt viel Herzeleid und Kummer über die Betroffenen. Es tut mir
aufrichtig leid, sagen zu müssen, daß auch ich mich einer solchen unausgeglichenen
Ansicht schuldig gemacht habe, weil ich überzeugt war, damit das Richtige zu tun. Nach
meinem Bruch habe ich mich gefühlt, als sei mir ein Mühlstein um den Hals genommen
worden. Jetzt kann ich die Freiheit haben, zu lesen und nachzuprüfen, was immer ich will.
Ich kann mit jedem diskutieren, mit dem ich mag, und das ganz offen. Ich kann jetzt
Freunde gewinnen, die mich so, wie ich bin, akzeptieren, nicht für das Etikett, das uns
eine Sekte oder Organisation aufklebt. Ich kann mit jedem reden, so wie ich es mag. Ich
muß sie nicht wegen ihrer äußerlichen Erscheinung beurteilen. Ich kann aufrichtig
sagen, daß ich mich zum erstenmal im Leben wie ein normaler Mensch fühle. Es stimmt
wohl, keiner meiner ehemaligen Freunde, die mich kannten, will mit mir reden, weil er
Angst hat, einen Gemeinschaftsentzug zu bekommen, aber waren das denn in aller
Aufrichtigkeit überhaupt Freunde? Ich muß sagen, nein.
Hier ist mein Brief, den ich an alle schickte, die mich kannten, in dem ich sie bat,
selbst nachzuforschen, weil die Beweise da sind, wenn sie sie sehen wollen. Anscheinend
verursachte er einen Sturm!
Liebe . . .
Um Geschwätz zu vermeiden . . .. Ihr habt Julie, Jessica oder mich selbst schon eine
Zeitlang nicht mehr gesehen. Nach vier Jahren des Nachforschens stehen wir an einem
Wendepunkt in unserem Leben und müssen nach unserem Gewissen entscheiden, ob wir die
Rechtskörperschaft" der Watchtower Bible & Tract Society trotz der
Tatsachen unterstützen, oder ob wir für die rechten Grundsätze und das, was Wahrheit
ist, Partei ergreifen und weder Täuschung noch Lügen vertuschen.
Die folgenden Ausführungen werden alle aufrechten Menschen schockieren, und wir empfanden
es als äußerst beunruhigend. Aber im Lichte dessen, was wir jetzt wissen und ausgegraben
haben, erkennen wir nach unserem Gewissen wohl die Bibel ohne zu zweifeln an, doch wir
erkennen aus folgenden Gründen nicht die RECHTSKÖRPERSCHAFT der Watchtower Bible and
Tract Society (WBTS) als wahren Kanal Gottes an.
Die WBTS lügt und täuscht schon seit vielen Jahren in einigen sehr schwerwiegenden
Fragen, und viele treue Mitglieder haben eine Menge Beweise ausgegraben - die auch
ausgetreten sind und die Gesellschaft nicht mehr unterstützen werden, und die aus dem
Bethel (der Weltzentrale) gegangen sind. Diese Männer haben durch ihre
Gewissensentscheidung bewiesen, daß die Gesellschaft durch ihr Verhalten wie Jerusalem
(wo die jüdischen Könige in biblischer Zeit auf Thronen saßen und Israel richteten)
vielleicht Opfer des Gerichtes Gottes wird, was durch ihre Taten gerechtfertigt wird. Wir
warnen Euch, daß einige dieser Dinge ganz schön schockierend sind. Tausende untersuchen
dies und verlassen die Gesellschaft jede Woche. Die WBTS möchte diese Fundstellen
verzweifelt verdecken und die Leute durch die Angst vor einem Gemeinschaftsentzug
bedrücken und sich Schuldgefühle bei jedem zunutze machen, der etwas wissen will, und
den Mitgliedern die Forderung der Loyalität gegenüber der Rechtskörperschaft der
Gesellschaft auferlegen. Sie versuchen verzweifelt, diese zum Schweigen zu bringen, um ihr
Gesicht zu wahren, aber es ist zu spät. Es ist schon vieles entlarvt worden, und viele
haben es schon gesehen!
Die geänderten Fragen, der geänderte Wortlaut der Fragen für Taufkandidaten bedeuten,
daß die Menschen jetzt in eine Rechtskörperschaft getauft werden! Aus dem, was wir
wissen, würden wir den Mitgliedern das folgende empfehlen: Spendet der WBTS kein Geld
mehr . . . FANGT AN, FRAGEN ZU STELLEN!
Haltet aus rechtlichen Gründen keine kleinen Gruppen in Euren Häusern ab, vielleicht ist
Euer Besitz gefährdet. Es ist schon Besitz abgenommen worden! Okkultes, Schwarzmagie und
Satansanbetung! Verwendet keine Publikationen ab 1980 einschließlich der neuen Literatur!
Viele Mitglieder sind wegen der Funde entsetzt, und Ihr werdet es nicht wissen, wenn es
Euch nicht gezeigt wird. Aber die Beweise werden Euch anwidern Beispiel: Okkulte,
unterschwellige bildliche Darstellungen - Offenbarungs-Buch, Seite 159. Die Handfläche
eines Engels zeigt den Kopf des Gottes Pan" beim Daumen. Es gibt in den
vergangenen 16 Jahren gut über hundert dieser okkulten Symbole. Das Ewiges-Leben-Buch
zeigt auf der Seite 93 einen Wasserfall, der tatsächlich ein Schädel ist mit fehlendem
Oberkiefer und zwei weiteren, im Wasser versteckten Gesichtern. Die Wachtturm-Ausgabe vom
15. Februar 1990, Seite 25, zeigt einen Mann, der aus einer Flasche trinkt, zur Seite
gedreht, Ellbogen nach unten und Hand zur Rechten; er schaut auf etwas, das anscheinend
ein zerknitterter Ärmel seines Gewandes ist. Man kann den Kopf eines Monsters mit
riesigem Maul sehen, in dem die Buchstaben Jah" stehen, ein lästerlicher
Gebrauch des Namens Gottes, wie er zusammen mit Schädeln im Okkulten und in der Magie
Verwendung findet. Es wurden so viele okkulten Symbole gefunden, daß es schwierig ist,
sie alle aufzuzählen. Das Logo auf den Publikationen war jahrelang von den Templern oder
den Freimaurern. Ein anderes war die geflügelte Sonnenscheibe des ägyptischen Gottes
Ra". Und das noch bis in die 1940er Jahre.
Die Gesellschaft hat Dutzende von Brüdern ausgeschlossen (exkommuniziert), die sagen,
daß sie diese Bilder sehen . . . wo die WBTS sagt, es gebe keine! Sehr viele Mitglieder
werden in eine Opferrolle gedrängt, weil sie aufrichtig sind und für die Wahrheit und
das Gewissen Partei ergreifen C wir selbst eingeschlossen. Seid bitte dessen versichert,
daß dies keine launenhafte oder übereilte Entscheidung ist. Ich, Richard, war seit 1956
mit den Zeugen Jehovas verbunden, aber nach vielem Nachforschen und Untersuchen bin ich
gezwungen, aus Gewissensgründen die Stimme zu erheben.. Lügen, Schmähungen, Täuschung
und das Vertuschen grober Sünden durch vom Bethel (Weltzentrale) ernannte Älteste
brachten mich dazu, die Dinge genau zu untersuchen.
Die Beweise sind da, wenn Ihr das nachprüfen wollt, und Ihr habt ein Recht darauf, sie zu
sehen. Wie jeder von Euch sich entscheidet, ist eine Sache zwischen ihm selbst, Gott und
seinem Gewissen.. Ein zehnseitiger Brief, der viele Themen umreißt, liegt den Ältesten
vor. Einige weigern sich aus purem Stolz, aus Ignoranz oder Arroganz, ihn auch nur zu
betrachten oder zu lesen, da sie die Wahrheit NICHT lieben", sondern wie die
Pharisäer (religiöse Führer zur Zeit Christi) ihre Stellungen!
Händel mit den Regierungen? JA, ich bekam den gerichtlichen Beweis aus erster Hand! Wir
sind keine Abtrünnigen (damit ist jeder gemeint, der sich gegen Gott kehrt), weil wir
zweierlei Maßstäbe, grobe Ungereimtheiten oder Täuschung und Lügen in der
Handlungsweise der WBTS offenlegen. Wir heißen jeden bei uns zu Hause herzlich willkommen
und reden mit jedem, der uns Fragen stellen will, und zeigen Euch offen, was wir gefunden
haben. Wir schämen uns dessen nicht, daß wir aufrichtig sind. Wir lieben unsere Freunde,
aber wir wollen keinerlei Anteil daran haben, sie zu täuschen; wir werden die Täuschung
der WBTS und ihre Praktiken offenlegen, die völlig unchristlich sind und keinerlei
Grundlage in der Schrift finden, egal mit welcher Entschuldigung man versucht, sie zu
rechtfertigen! Die Astrologie bestätigt das Jahr 1914? JA! ... es steht alles in den
Wachtturm-Zeitschriften, wenn es auch jetzt versteckt wird!
Die Gesellschaft konsultiert spiritistische Einrichtung und bittet um Bücher, wie man die
Geisterwelt befragt, die in die Bethel (Weltzentrale)-Bibliothek gestellt werden, damit
die Schreibabteilung darin nachschlagen kann?..JA, die eigenen Briefe der Gesellschaft
liefern dafür den Beweis! Unser Rat? Beginnt, eine MENGE Fragen zu stellen, geht ZURÜCK
und prüft alles, JA, WIRKLICH ALLES! Wie wir sind viele von den Funden angewidert. Wir
leben weiterhin nach der Bibel und sind einfach Christen wie die Gläubigen des 1.
Jahrhunderts, ein Name, der, wie die Bibel sagt, durch göttliche Vorsehung"
gegeben wurde. Und wenn wir gerichtet werden sollten, dann dafür, daß wir für die
Wahrheit Partei ergriffen haben, für Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit, dafür, daß wir
nicht mit der Masse gehen, die die SÜNDE GUTHEISST, die in der WBTS geübt wird.
Unsere besten Wünsche und herzliche Grüße an alle, die uns kennen.
Richard und Julie Phelan
Nach der Reaktion zu urteilen, die ich hatte, und nach den Erwiderungen anderer Zeugen
sind einige sicher ans Nachdenken gekommen. Nach 43 Jahren in der Zeugenorganisation
widersetzte sich mein Vater, kündigte und ging aus der Organisation hinaus, und zwar in
derselben Woche, in der auch mein Bruder Paul sagte, er habe genug. Das, was er an
zweierlei Maßstäben und an Heuchelei viele Jahre lang sah, genügte, um mit der ganzen
Sache nichts mehr zu tun haben zu wollen. Die Frau meines Bruders machte ihm wirklich die
Hölle heiß, und er verließ sie für zwei Wochen, um etwas Frieden zu haben, aber er
ging um seiner Kinder im Teenageralter willen wieder zurück. Doch weil er seine Meinung
gesagt hatte, bekam er haßerfüllte Post von anderen Zeugen. Er zog in der Wohnung
darüber ein. Seit er dort eingezogen ist, ist seine Frau nach wie vor eine schrecklich
harte Zeugin, und sie herrscht unter dem Dach und möchte nur ihre Freunde, die Zeugen
sind, in seinem Haus haben. Was mich als seinem Bruder und die Familie und auch unseren
Vater angeht, so dürfen wir ihn nicht besuchen, Wenn wir es doch tun, verursacht seine
Frau großen Aufruhr, für den dann ich verantwortlich gemacht werde.
Die Frau meines Bruders ist wirklich eine fürchterlich harte Zeugin, eine völlig
uneinsichtige, anmaßende Fanatikerin. Es war schon schwer, mit ihr zu leben, als sie noch
nicht bei den Zeugen war, jetzt ist sie unmöglich, wenn mein Bruder sein eigenes Leben
leben will. Es ist schwer zu verstehen, wie einige Frauen bei den Zeugen so fanatisch sein
können und völlige Mißachtung zeigen und sich dabei auch noch im Recht fühlen. In
Großbritannien ist es ein Gesetzesbruch, die Post anderer Leute zu öffnen, selbst wenn
es Angehörige im selben Haus sind, wie Mann und Frau. Und doch hat meine Schwägerin das
jahrelang getan, und mein Bruder hatte keinerlei Privatsphäre. Ich saß da und habe so
manchen heißen Streit darüber in seinem Haus erlebt. Ich habe ihm sogar Briefe mit der
Aufschrift Persönlich" geschickt, aber seine Frau ignoriert die Aufschrift
Persönlich und vertraulich" und öffnet die Briefe. Und gleichzeitig geht sie
hinaus und klopft an die Türen und erzählt allen Frauen, die sie antrifft: Man ist
nur dann eine Christin, wenn man den Ehemann respektiert."
Nachdem ich die Bücher Der Gewissenskonflikt und Auf der Suche nach christlicher Freiheit
von Ray Franz gelesen hatte, einem ehemaligen, langjährigen Glied der leitenden
Körperschaft der Zeugen, der die Organisation verließ, weil er ihre Politik nicht mehr
mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, gab ich die Bücher zahlreichen anderen Personen.
Ich fand in fast allen Fällen, daß die Leser die Zeugen-Jehovas-Organisation innerhalb
von Wochen verließen. Aus dem Stand weiß ich von etwa zwanzig. Tatsächlich weiß ich
von einem Mann, einem Friedensrichter und sehr ausgeglichen denkenden Mann, daß er, wie
man mir erzählte, das Buch in einer Woche auslas und dann ging.
Nachdem ich klargestellt hatte, daß ich die Lehren und Richtlinien der Zeugen Jehovas
nicht mehr teilen kann, und den Bruch vollzog, beschloß ich, an die Öffentlichkeit zu
gehen und an Zeitungen zu schreiben. Ich tat dies, weil 99% aller Zeugen aus Angst vor
einem Ausschluß nur die erste Zeile lesen würden, wenn man ihnen Informationen zusenden
würde; sie würden das Papier zerreißen und in den Papierkorb werfen. ABER . . . sie
lesen die Zeitung! Und wenn das so ist, so argumentierte ich, muß ich eben zu den
Zeitungen gehen . . . was ich dann auch tat.
Kapitel 20
An die Öffentlichkeit, um die Bande der Sektenangst zu brechen
Es gibt nichts, das verborgen ist, das nicht aufgedeckt wird
Die Bibel
Nachdem ich den Brief von meiner Frau und mir abgegeben und darum gebeten hatte, daß in
der Versammlung der Zeugen Jehovas, zu der wir gehörten, eine Bekanntmachung erfolgen
möge, nahm ich mir Zeit und schrieb einen Brief an die örtlichen Zeitungen und an andere
Zeitschriften; über meine Situation und darüber, wie man uns behandelt hatte und wie die
Grundrechte beschimpft werden, indem man die Mitglieder kein Material lesen läßt, das
nicht von Zeugen Jehovas geschrieben wurde. Es folgt das, was ich schrieb, damit in die
örtlichen Zeitungen und Zeitschriften ein Artikel gesetzt würde.
Gemieden, weil er aufrichtig war
Ein Mann aus Slough, Richard Phelan und seine Familie, ehemalige Zeugen Jehovas,
unternahm, nachdem er lange unter Beschimpfungen, Schmähungen, schlechter Behandlung,
Unehrlichkeit zu leiden hatte, weil er seine Meinung über das zweierlei Maß und die
Heuchelei der Kirchenführer gesagt hatte, eine vier Jahre dauernde Untersuchung der
Geschichte der Zeugen Jehovas. Er fand, daß das, was gegenwärtig über ihre Geschichte
gelehrt werde, nicht das ist, was in den eigenen Publikationen steht, und daß diese
Geschichte umgeschrieben wurde, indem aus neuen Büchern das HERAUSGENOMMEN wurde, was
für die Bewegung peinlich werden könnte. So werden zum Beispiel 30 fehlgeschlagene,
vorhergesagte Jahreszahlen aus über 120 Jahren, die sich auf das Ende der Welt und
Christi zweite Wiederkunft beziehen, stillschweigend unter den Tisch fallen gelassen; bei
einigen wird ABGESTRITTEN, daß man sie je angegeben habe! Dann gibt es medizinische
Aussagen, die nicht nur falsch, sondern auch lächerlich und absurd sind, z. B.:
Bazillen verursachen keine Krankheiten".
Er fand Beweise dafür, daß alle Zeugen Jehovas durch ihre Weltzentrale in den USA in
bezug auf Geld, Spenden, Steuern und aufgedeckte juristisch dokumentierte Händel mit
Regierungen getäuscht werden. Offengelegte täuschende Taufgelöbnisse gegenüber einer
Rechtskörperschaft beinhalten die Gefahr, den Besitz, für den man bezahlt hat, zu
verlieren; die Weltzentrale hat bereits Erfolge darin, Mitgliedern rechtmäßig ihren
Besitz abzunehmen. Mißbrauch und Verdecken von Beweisen über Bluttransfusionen. Über
100 Beispiele für okkulte bildliche Darstellungen, die seit etwa 19 Jahren in den
Publikationen erscheinen und immer noch eingefügt sind, durch Kunstexperten belegt. Auch
CIA-Methoden Telefonüberprüfungen, illegales Ausspionieren mit Video, Einbrüche,
Diebstahl und Vernichten von Beweisen, die die Führer der Bewegung entlarven könnten.
1.000 Personen sterben pro Jahr wegen des Verbotes von Bluttransfusionen". Ein
großes Thema, vor dem Jehovas Zeugen heute stehen, ist ihre gegenwärtige Argumentation,
daß einige Blutbestandteile während einer Schwangerschaft NATÜRLICHERWEISE"
zwischen Mutter und Kind fließen und dies die Annahme von Blutbestandteilen wie Faktor
VIII rechtfertigt. Dann sehen sich Jehovas Zeugen allerdings dem schwerwiegenden Punkt
gegenüber, daß auch rote und weiße Blutkörperchen, wie Beweise über allen Zweifel
zeigen, während der Schwangerschaft hin und her fließen. Das bedeutet, Gott selbst macht
sich wegen dieses natürlichen Prozesses einer Sünde schuldig jedenfalls nach der
heutigen Lehre der Zeugen! Das Schlimme ist, einige Beweise lassen sich bis 1969
rückverfolgen. Die Lehre zu ändern, könnte Schadensersatzprozesse gegen sie in
Millionenhöhe bedeuten, und ihr Gesicht als Gottes wahre Vertreter auf Erden verlieren
sie auch.
Den Feind anzulügen, ist kein eigentliches Lügen, sondern Kriegslist, heißt es in einem
Zeugenbuch. Wer kein Recht hat, etwas zu wissen, dem kann man etwas anderes erzählen, Das
trifft auf Bücher und Besitz zu; wenn man kein Recht darauf hat, können sie es einem
abknöpfen! Gemäß den Zeugen ist das kein Diebstahl! Ein Ältester der Versammlung Manor
Park der Zeugen Jehovas in Slough wurde von der Thames Valley Police aufgesucht, weil er
in das Haus einer Frau (keiner Zeugin) ohne ihre Zustimmung eingedrungen war, als sie weg
war, und Bücher mitnahm, die Herrn Phelan gehörten, da Verwandte sie nicht lesen
wollten. Die Polizei hat den Ältesten sehr deutlich gewarnt, wenn so etwas wieder
vorkomme, werde er wegen Diebstahl und Einbruch" verhaftet. Er wurde auch
gewarnt, wenn Herrn Phelans Bücher im Safe der Kirche sichergestellt würden, so daß
Herr Phelan sich vor einem Rechtskomitee aus Ältesten verantworten müßte, um zu
entscheiden, was er lesen darf, dann würde die Polizei eingreifen und alle darin
verwickelten Ältesten wegen Diebstahls verhaften. Herr Phelan sagte, das ständige
Eintrichtern, die Manipulation durch die Sekte durch das Spielen mit Schuldgefühlen
spiele eine große Rolle im Leben eines Zeugen Jehovas. Fang an, Fragen zu stellen, und du
wirst als abtrünnig und ketzerisch bezeichnet und exkommuniziert. Das bedeutet, daß du
tot bist und nicht einmal existierst. Selbst wenn du Berge von Beweisen hast, kann es
nicht stimmen; dies ist Gottes Organisation, argumentieren sie.
Wenn man die Zeugen Jehovas genauer untersucht, wird man feststellen, daß sie den
höchsten Prozentsatz an seelischen oder Geisteskranken unter den Religionen haben. (Das
wurde auf einem ihrer Kongresse im Jahre 1999 in aller Öffentlichkeit abgestritten
aber ich habe alle Beweise, also stimmt es.) Das ständige Spiel mit Schuldgefühlen und
wiederholte Enttäuschungen über unrealisierte Hoffnungen tragen viel dazu bei, sagen die
Untersuchungen.
Herr Phelan sagte: Wenn jemand Korruption bei einer Regierung findet, macht ihn das
noch lange nicht zu einem schlechten Bürger, oder wenn jemand Betrug in einer Firma
entdeckt, rechtfertigt das noch keinen Hinauswurf", aber die Zeugen sagen: Wir
brauchen nur Gott Rechenschaft ablegen, ihr habt kein Recht, uns in Frage zu stellen, egal
was man finden mag." Und wenn man es doch tut, eilt man Gott voraus und versucht,
Gottes Hand zu drängen, die Dinge vor Seiner Zeit zu berichtigen. Dann wird man als böse
etikettiert und hinausgeworfen, und sie kommen ungestraft mit Mord davon, wie jemand, den
man nicht antasten darf. Sie haben das Leben vieler Menschen ruiniert!
Eine Zeugin Jehovas, Kundin von Avon Cosmetics, annullierte ihre Bestellung bei Herrn
Phelans Frau; Zeugenkinder weigerten sich, mit seiner Tochter zu spielen; Älteste machen
sich vor Angst vor den Wahrheiten, die Herr Phelan ausgegraben hat, aus dem Staub
und er hat eine Menge ausgegraben. Mitglieder nehmen ihn auf der Straße nicht zur
Kenntnis. Um die Mitglieder davon abzuhalten, die Dinge zu sehen, meiden sie Herrn Phelan
als jemand Bösem und unter Satans Einfluß stehend, so daß niemand mit ihm reden will.
Herr Phelan sagte: Ich bin ein sehr aufrichtiger, vernünftiger Mensch, mir tun
diese Leute leid. Ich untersuche alles in Einzelheiten, und sie wissen es und sind
entsetzt vor dem, was ich ihnen aus ihren EIGENEN BÜCHERN zeigen kann. Aber es gibt die
Beweise, und ich habe juristische Dokumente, es zu belegen."
Als Gewissensentscheidung ist Herr Phelans Familie bei den Zeugen Jehovas ausgetreten; sie
sind einfach Christen. Er sagte: Wir unterstützen keine Organisation, die
heimtückisch ist, lügt und in vielen Dingen unehrlich ist, während sie behauptet, sie
sei der reine Kanal Gottes. Jeder, der ein Zeuge Jehovas werden möchte, sollte zweimal
bedenken, wem er sich hingibt; es ist eine rechtliche Verpflichtung, erreicht durch
Täuschung als Sektentaktik. Spenden? . . . Vergiß es, trenne dich nicht von deinem Geld,
überdenke zum mindesten die Beweise, bevor du Entscheidungen triffst, es ist recht
schockierend. Das Leben der meisten ehrlichen Zeugen Jehovas wäre erschüttert, wenn sie
sie kennen würden. Wir verteidigen Aufrichtigkeit und Recht; wir können das, was sie
tun, einfach nicht mehr unter den Teppich kehren, wir wollten hinaus . . .aber der Preis
für aufrechten Gang . . . jeder, der uns kannte, geht uns aus dem Weg, sogar Verwandte
und ehemalige Freunde!"
Wer sich Herrn Phelans Beweise ansehen möchte, kann an diese Zeitung schreiben; die Post
wird an Herrn Phelan weitergeleitet.
Ich schickte diesen Brief an eine Reihe von Zeitungen und Zeitschriften und warte bis
heute, daß sie das Material veröffentlichen. Ich schrieb auch vier Artikel, in denen die
Unehrlichkeit der Zeugenweltzentrale aufgedeckt wird. Das Problem ist, daß so viele an
die Zeitungen und verschiedene Zeitschriften geschrieben haben und eine Reihe von Artikeln
auch veröffentlicht wurden. So wird es gegenwärtig aufbewahrt, damit es zur rechten Zeit
veröffentlicht werden kann.
Neben meinem Gang an die Öffentlichkeit, um die Menge an Ungereimtheiten und Täuschungen
seitens der Wachtturmgesellschaft zu entlarven, führe ich ein Leben, das frei von Streß
und Bedrückung ist. Dann beschloß ich, daß die andere Alternative die ist, das Internet
zu verwenden und diese Website in der Hoffnung zusammenzustellen, daß viele meine
Geschichte lesen und sich selbst daranmachen, die Dinge zu untersuchen. Wiederum sprechen
vielleicht einige nicht mit mir, sondern schauen insgeheim ins Internet. Es ist mir egal,
wie sie an die Informationen gelangen, so lange sie darauf aufmerksam werden und sie lesen
und vielleicht etwas unternehmen, wie es viele von uns getan haben, und für gerechte
Grundsätze eintreten.
Kapitel 21
Sich in einem Alptraum an der Hoffnung festklammern
Es gibt keine hoffnungslosen Situationen, nur Menschen, die die Hoffnung verloren haben.
Autor unbekannt
Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß es besser ist, durchs Leben zu gehen und etwas zu
wollen, das man nicht hat, als etwas zu haben, das man nicht will, denn wenn man es nicht
hat, besteht immer noch Hoffnung. Und ich habe auch erkannt, daß man nie auf morgen
verschieben soll, was man heute erledigen kann, denn wenn man es heute tut und gern tut,
kann man es morgen wieder tun. Der Punkt ist: Das Leben ist zu kurz, und je älter wir
werden, um so schneller vergeht die Zeit und wir blicken bald mit Bedauern zurück und
wünschen uns, wir hätten dies oder jenes getan. Doch nun ist die Zeit vorbei, und
manchmal ist es zu spät, die Grundlage zu ändern, die wir für uns geschaffen haben, die
sich sehr auf unsere Zukunft auswirkt. Andererseits ist es nie zu spät dafür, mit etwas
Neuem zu beginnen, eine neue Aussicht im Leben zu haben. Vielleicht können wir keine
Berufskarriere mehr einschlagen, wenn das Alter gegen uns steht, aber wir können unsere
Lebensqualität verbessern, wenn wir mit dem, was wir jetzt tun, zufrieden sind.
Ich habe, wie aus diesen Ausführungen hervorgeht, viele Jahre verloren, in denen ich
bedrückt und getäuscht worden bin, aber ich bin erst Mitte vierzig und habe noch einen
Teil des Lebens vor mir, um mich selbständig zu machen und Freunde zu gewinnen, meine
Töchter aufwachsen und heiraten zu sehen usw., und auch Enkel zu bekommen. Das ist es,
was zählt. Mit alledem, was ich mit den Jahren in der Wachtturmorganisation gesehen und
wie ich andere beobachtet habe, habe ich genug Erfahrungen gesammelt. Ich kann jetzt sehr
genau Einzelpersonen und auch Organisationen und sogar Gewerbe ausmachen, die diese
Gedankenkontrolltaktiken benutzen, um Anhänger zu werben und Leute zu manipulieren. Ich
habe die Fähigkeit entwickelt, sehr wachsam zu sein und mit Tausenden von Menschen zu
reden; ich bin jahrelang von Haus zu Haus gegangen und habe ein Jahr lang eine Schulung
als Detektiv gehabt und so viele Jahre Gelegenheit gehabt, die Körpersprache zu
studieren. So kann ich jetzt in kürzester Zeit Leute einschätzen. Das, so glaube ich,
ist eine gute Gabe.
Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß wir heute zwischen zwei Lebensauffassungen wählen
können, und das sind 1.) Evolution und 2.) Gott. Warum sage ich dies? Nun, wenn wir an
die Evolution glauben, dann wird sich das Leben selbst formen und die Dinge werden so
sein, wie sie eben sein werden, und wir sind niemandem gegenüber verantwortlich.
Andererseits: Wenn wir an eine höhere Macht wie Gott glauben, dann sind wir verpflichtet,
nach bestimmten Grundsätzen zu leben. Ich persönlich ziehe es vor, daran zu glauben,
daß es einen Gott gibt und daß die Bibel zum Guten des Menschen geschrieben wurde, damit
er danach lebt. Den Grundsatz der Goldenen Regel anzuwenden Was du nicht
willst, das man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu" ist ein positiver
Schritt im Leben, und wenn jeder dies täte, sähen das Leben und die Welt besser aus.
Wir alle haben ein Gewissen, doch nur wenige wollen danach leben. Viele entscheiden sich
für die Evolution; nicht daß sie wirklich daran glauben, aber es ist akzeptabler, zu
sagen, man glaube daran, wenn man sich selbst und vielleicht den eigenen Lebensstil
entschuldigen und nicht gegenüber einer höheren Macht verantwortlich sein will. Wenn
jemand sagt, er glaube nicht an Gott, muß er nicht nach Grundsätzen leben, von denen es
heißt, Gott habe sie gegeben, entweder in schriftlicher Form, d.h. durch die Bibel, oder
durch das Gewissen. Wenn Leute sagen, sie stammten von den Tieren ab, ist es keine
Überraschung zu sehen, daß sie auch wie Tiere leben.
Ich bin nicht ein wirklich religiöser Mensch, aber ich versuche, ein beispielhaftes Leben
zu führen, und jetzt mit guten Grundsätzen als ehrlicher Mensch. Ich bin glücklich zu
sagen, daß mein Vater nun im Ruhestand lebt, daß es ihm gutgeht und daß er zusammen mit
meinem Bruder Paul, der auch aus der Wachtturmsekte herausgegangen ist, ebenso den Weg in
die Freiheit gegangen ist. Der Geburtsname meiner Mutter war Bustin", aber das
änderte sich in Phelan", als sie meinen Vater heiratete. Aber als sie von
einem Ort zum anderen umzog, änderte sie ihren Namen wieder, damit man sie nicht
aufspüren könne, und sie nannte sich Kathy oder Cathy, Catherine O'Sullivan. Ich habe
keine Vorstellung, wo sie augenblicklich lebt. Ich habe gehört, sie wohnt im Gebiet von
London, aber das hat sich bis jetzt noch nicht bestätigt. Mein Bruder Paul lebt auch in
London, und ihm geht es gut, obwohl seine Frau immer noch eine Zeugin Jehovas ist. Seine
älteren Kinder haben die Zeugen ebenfalls verlassen, außer dem Erstgeborenen, der in der
Wachtturmorganisation bleibt und der meinem Bruder verboten hat, seine Enkel zu sehen.
Meine beiden älteren Söhne Jude und Philip, die inzwischen verheiratet sind, weigern
sich, mit mir zu reden. Philip hat, wie man mir sagte, keine Kinder, Jude hat zwei, aber
man verweigert mir jeden Zugang zu meinen Enkeln, und das schon seit Jahren. Meine
Stieftochter Claire hat ein Kind und erwartet Zwillinge und ist glücklich, seit sie die
Zeugen verlassen hat, und mein Stiefsohn Karl arbeitet jetzt bei einer großen
Computerfirma in London, er ist immer noch nicht verheiratet. Meine Tochter Helen, 21
Jahre alt, arbeitet für die Rundfunkgesellschaft am Ort; sie ist für den Verkauf und die
Werbung tätig und macht sich gut und will nie mehr zu den Zeugen zurück, wie ich
glücklicherwiese sagen kann. Jessica, meine jüngste Tochter, wächst heran und ist sehr
talentiert, und ich hoffe, ich kann sie unterstützen, welchen Weg auch immer sie
einschlägt. Meine Frau und ich hatten viele häusliche Hindernisse zu überwinden, und
die Zeit wird erweisen, welchen Weg wir beschreiten.
Meine Freunde? Nun, das waren überhaupt keine Freunde; die meisten haben mich verlassen
und konnten der Wahrheit und harten Tatsachen nicht ins Auge sehen. Ich habe eine kleine
Handvoll von Freunden, und es erstaunt mich nach 30 Jahren noch, daß ich meine Freunde an
einer Hand abzählen könnte, selbst wenn zwei Finger fehlten. Ich schließe nun neue
Freundschaften, mit Leuten, die keine Angst davor haben, für Grundsätze einzutreten. Wie
traurig ist es doch, wenn Leute, von denen man dachte, sie seien deine Freunde, dich
beiseite werfen, weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen einer anmaßenden Autorität
haben, die behauptet, sie sei Gottes Hand. Ich grüße jeden, rede mit jedem, heiße jeden
willkommen, der wissen möchte, warum ich mich Jehovas Zeugen und ihrer Organisation
widersetzt habe. Ich bin zu allen freundlich, achte alle und habe eine neue Lebenssicht.
Ich wünschte mir nur, ich hätte das alles schon vor vielen Jahren getan.
Ich arbeite jetzt daran, ein kleines Geschäft aufzumachen, aber ich finde es finanziell
extrem schwierig. Doch langsam überwinde ich ein Hindernis nach dem anderen. Ich
versuche, mir ein Geschäft und das Leben aufzubauen, um das wettzumachen, was ich bis
heute verloren habe. Ich habe die Bücher von Ray Franz mehr als einmal gelesen, ich habe
alles geprüft, und ich würde jedem raten, dasselbe zu tun, ohne Schuldgefühle die
Heuchelei der Wachtturmorganisation zu sehen. Die Bibel berichtet von einem Mann namens
Hiob, und wie er geprüft wurde und seine Loyalität gegenüber Gott bewies. Er lebte als
aufrichtiger Mensch, hieß alle willkommen, die zu ihm kamen, war gegenüber allen
großzügig und trieb mit allen Geschäfte, die um ihn herum lebten. Jeder kannte seinen
Ruf als aufrechten Menschen, und doch führte er man kann sagen ein
einfaches Leben. Wenn das also so ist und er Gott annehmbar war, können wir dann nicht
auch so ein Leben führen? Selbst Christus führte ein einfaches Leben, was sollen dann
all diese Schuldgefühle, wenn wir nicht einer mächtigen Religionsorganisation
angehören? Ich achte andere Ansichten, und jeder hat das Recht, sein eigenes Leben zu
führen. Jetzt kontrolliere ich mein Leben, nicht die Wachtturmorganisation.
Ich hoffe, diese Ausführungen werden all denen weiterhelfen, die der
Wachtturmorganisation vielleicht viele Jahre gegeben haben und die jetzt versuchen, sich
ein eigenes Leben aufzubauen. Sie wissen, daß sie nicht alleine sind. Ja, viele Tausende
tun genau dasselbe. Die Bibel lehrt, daß das Gute zu seiner Zeit über das Böse siegen
wird, daß ein Gerechter zu seiner Zeit ernten wird. Selbst wenn das schwer zu ertragen
ist und zu Dingen seine Meinung zu sagen, wo es die meisten anderen nicht tun, weil man
sie bedrängt, wenn sie für Grundsätze eintreten, selbst wenn die eigene Familie uns
verachtet, können wir doch zumindest sagen . . . wir wissen . . . was wir wissen . . . .
wir sind für etwas eingetreten, und wenn jemand mich fragen sollte, warum ich mit allem,
was ich weiß, so unverblümt war, ist die Antwort einfach . . . wie sonst sollen andere
es hören . . . die Toten haben keine Stimme!
Jetzt bin ich selbst für mein Leben verantwortlich und habe nun schließlich Freiheit
ENDE