Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Aufschrei der Getroffenen

Repräsentativ ist er sicher nicht. Der Lebensbericht von Richard M. Phelan aus Großbritannien der auch in deutscher Übersetzung vorliegt.

Aber eines macht er ohne Zweifel deutlich. Mit der „heilen Welt" bei den Zeugen Jehovas ist es nicht allzu weit her.

Die Geschichte beginnt schon damit, dass die Mutter von Phelan sich zu den „144 000" hinzuzählt, die in der Auslegung der Zeugen Jehovas eine himmlische Berufung hätten. Dazu muss man aber auch wissen, dass sie erst seit 1955 getaufte Zeugin Jehovas ist. Ihr Sohn Richard ist 1951 geboren. Im allgemeinen ist es bei den Zeugen Jehovas nicht üblich, dass so „spät" hinzugekommene sich zu dieser Klasse zählen. Folgerichtig wurde die Mutter diesbezüglich auch verschiedentlich scheel angesehen.

Aber sie hat einen gewichtigen Trumpf, der dieses Misstrauen bei den WTG-Gewaltigen alsbald zur Bedeutungslosigkeit herab sinken lässt. Und das ist ihre aktive Aufopferung für die WTG-Organisation. Das dabei der Ehemann und die Kinder bei diesem permanenten Dauerstress letztendlich zu kurz kommen, steht auf einem anderen Blatt. Phelan formuliert dazu:

„Die Besessenheit meiner Mutter, zu studieren und zu predigen, wurde zum Mittelpunkt ihres Lebens, nichts anderes war mehr von Bedeutung, nicht einmal mein Vater."

Auch Phelan wuchs nun in diesem Zeugen Jehovas-Klima auf. Letztendlich sind die verantwortlichen ZJ-Funktionäre eiskalte Egoisten, die nur eines kennen: die Expansion ihrer Organisation. Damit dies möglich ist, bedarf es naturgemäß eines hohen Zeiteinsatzes. Besonders Jugendliche werden daher animiert, doch möglichst den sogenannten Pionierdienst als Lebensaufgabe anzuvisieren.

Nicht das die ZJ-Funktionäre eine gediegene Berufsausbildung aus Prinzip ablehnen. Aber ihr Egoismus veranlasst sie dazu Jugendliche in die Richtung zu treiben, der Frage Berufsausbildung zugunsten des Pionierdienstes, eine untergeordnete Priorität beizumessen. Das kalte Erwachen folgt dann später!

Auch Phelan, noch dazu bei einer solch vorbeschriebenen Mutter, befand sich in dieser Zwangslage. Seine diesbezügliche Erfahrung kleidet er in die Worte:

„Die reisenden Aufseher oder Sektenvertreter der Wachtturmgesellschaft kamen immer zu Besuch und sagten: 'Was für eine Entschuldigung hast da dafür, dass Du kein Pionier bist?'"

Die Suppe hatte nunmehr auch der junge Phelan auszulöffeln. Er umschreibt dies mit den Worten, dass er in 2 Jahren circa 18 verschiedene Berufsjobs, meist der schlecht bezahlten Art, ausgeübt habe.

Phelan schildert weiter, seine familiären Verhältnisse darlegend, dass es mit „Harmonie" bei den Zeugen Jehovas nicht allzu gut bestellt ist. Verständlich, dass auch er eines Tages den Absprung aus diesem Totalitätssystem wagte. Aber auch er wurde gleichfalls mit deren Schattenseiten konfrontiert. Sie umschreibt er an anderer Stelle mit den Worten:

„Jetzt, im April 1999, hat mein Bruder Paul auch von seinem Sohn gesagt bekommen - so wie es bei mir auch war -, dass er bei ihm zu Haue nicht mehr erwünscht ist und seine Enkel nicht sehen darf; es ist ihm untersagt, seinen Sohn zu sehen. Wieder einmal hat die Wachtturm-Lehre, Leute zu meiden, Familien auseinandergerissen, weil sie in dem einen oder anderen Punkt anderer Meinung sind.

Im Mai 1999 war meine Schwiegertochter in demselben Einkaufszentrum wie ich, meine Frau und meine Tochter Jessica. Meine Schwiegertochter lief meiner Frau mehrmals in die Arme, und doch sprach sie nicht mit meiner Frau oder grüßte sie. Da ich direkt neben dem Kassenbereich saß, kann ich nicht erkennen, wie sie auch mich nicht sah. Und doch sah meine Enkelin mich direkt an ohne zu wissen, wer ich war. Da ich für sie ein vollkommen Fremder bin, hat sie seit ihrer Geburt noch nie einen Fuß in mein Haus gesetzt. Ich kann einfach nicht akzeptieren, dass solch ein Verhalten normal ist und das sie das aus freien Stücken tut.

Aber es sind blinde Kontrolle und Manipulation durch die Wachtturmorganisation, die sagt, man müsse die Angehörigen wie Tote ansehen, wenn sie der Organisation den Rücken kehren. Es ist diese eiskalte und verächtliche Behandlung gegenüber Angehörigen, die mich davon überzeugt, dass bei der Gemeinschaftsentzugspolitik der Zeugen Jehovas etwas sehr im Argen liegt.

Wenn man jünger ist, kann man diesen Stress überleben und weitermachen, aber mit den Jahren fordert das seinen Tribut und man kann die Dinge schwerer ertragen. Das wurde mir mit der Zeit klar, und dass schließlich etwas zerbricht oder auf der Strecke bleibt …

In den meisten Fällen die Gesundheit."

Wie einleitend gesagt, repräsentativ ist der Phelan-Bericht sicher nicht. Aber ohne Zweifel ist er ein bemerkenswertes Dokument einer „Geschichtsschreibung von unten" und nicht nur eine Darstellung aus der Sicht der arrivierten ZJ-Funktionäre und ihrer - neuerdings - auch in anderen Lagern vorhandenen Speichellecker!

 

Ein beachtliches Statement

Im InfoLink-Diskussionsforum konnte man kürzlich folgenden Beitrag lesen, der meines Erachtens eine wichtige, viele Zeugen Jehovas umtreibende Frage anreißt. Der Verfasser, LuckyX meinte:


Ganz grundsätzlich: es ist nicht mein Anliegen, einen jeden unterschiedslos zum Ausstieg zu ermuntern, dazu sind unsere individuellen Wege, Geschichten, Konstellationen und Denkansätze zu unterschiedlich. Für den einen mag es genügen, sich ein wenig zurückzuziehen, der andere mag nur seine Ämter niederlegen, ein anderer hält es für richtig, ganz offiziell auszutreten usw. Der eine liegt im Widerspruch aus faktischen Betrachtungen heraus, ein anderer, weil seine Lebensführung mit den „Anforderungen" der WTG nicht in Einklang zu bringen ist usw. Deshalb will ich auch gar nicht unterschiedslos mit jedem fraternisieren, nur weil er der WTG kritisch gegenüber steht, dazu sind unsere Motive und Ausgangssituationen einfach zu unterschiedlich.

Ich suche keine Gefolgsleute, niemand muss mir zustimmen, um mir eine Unsicherheit zu nehmen, ich stehe vor Gott und Menschen für meine Werte und Einsichten. Für mich persönlich jedenfalls war es die Einsicht, dass die Aussagen der WTG einfach faktisch unhaltbar waren, dass ihre Botschaft aus beliebig zusammengesetzten Bibeltexten aus den unterschiedlichsten Zeitepochen und Zusammenhängen zusammengebastelt, sozusagen aus Einzelschnitzeln zusammengesetzt war, man die Bibelverse kaleidoskopartig zusammenwürfelte, man leichtfertig Erfüllungen in unserem Jahrhundert an der WTG postulierte, die geradezu lächerlich waren und alles dann alle paar Jahre einfach umschrieb.

Wer etwas anmerkte, wurde als schwach oder dann auch als abtrünnig gebrandmarkt. Die Unehrlichkeit dabei machte mir schon Jahre zu schaffen, ohne dass mich ein anderer darauf hinweisen musste. Ich konnte das als Ältester einfach nicht mehr vertreten, nicht zu reden von der Fiktion des Treuen Sklaven, von dem völlig unbiblischen und auf einer bewussten Falschübersetzung beruhenden - Predigtzwang, Druck zum Pionierdienst, Hetze gegen die sogenannte höhere Bildung, Verbot sogenannten eigenmächtigen Denkens, und vieles, vieles mehr. So gesehen, war mein Rücktritt für mich persönlich eine Befreiung, ich konnte wieder durchatmen, und mein bald darauf – in Etappen erfolgender - folgender totaler Rückzug gestattete es mir, den Reichtum des Lebens wieder zu sehen, die unerschöpfliche Vielfalt von Literatur, Musik, Kunst, Philosophie – eigentlich das gesamte wunderbare Erbe unserer Väter wieder dankbar anzunehmen und nicht bilderstürmerich niederzumachen – sowie die Natur in anderem Licht zu sehen.

Aber, wie gesagt, jeder hat seinen eigenen Weg. Es gibt Gemeinsamkeiten und es gibt Unterschiede. Was ich aber, trotz der unterschiedlichen Hintergründe, als allen gemeinsam betrachte und was dann auch die Existenz eines Forums wie dieses hier rechtfertigt, ist, dass der Ausstieg, im Gegensatz zu anderen Vereinen, Organisationen und Kirchen alles andere als leicht ist. Es gibt wohl nur sehr wenige totalitäre Gemeinschaften, die sich da mit den ZJ überhaupt vergleichen lassen.

Ihr unmenschliches System des Gemeinschaftsentzuges und der ebenso brutalen gleichen Behandlung für Aussteigende – auch wenn diese aus den besten Motiven und nach schwerem Gewissenskonflikt diesen Schritt wagen – ist eben der Grund dafür, dass sich viele damit so schwer tun. Und dennoch gehen mehr und mehr, wie Thomas schrieb, eben gerade in den Ländern mit bestem Informationsstrukturen – da funktioniert eben das Verdummungskonzept und subtil verbrämte Denkverbot nicht mehr so einfach, man sollte sich neue Betäubungsstrategien ausdenken – aber jetzt werde ich emotional und das gehört ja nicht zum Thema. Die WTG sollte darüber jedenfalls nachdenken.

Der Ausstieg ist also mit Schmerz, mit Demütigung und Hinnahme von Verächtlichmachung verbunden und das tut weh. Er ist verbunden mit dem Verlust von sogenannten Freunden und sogenannten Verwandten (ich sage ausdrücklich „sogenannten", weil ich für mich zum Schluss gekommen bin, auf die aller meisten davon gut verzichten zu können, stand doch nie eine unkonditionierte Liebe hinter diesen Beziehungen), nicht zu sprechen von der persönlichen Aufarbeitung von eingeimpften, tiefenimprägnierten Inhalten, Werten,. Ängsten, er ist verbunden mit einem hohen unterschiedlich hohen, aber meist doch recht hohen emotionalen Preis, zumal man bei der Deprogrammierung, bislang jedenfalls, ziemlich auf sich alleine gestellt war.

So sollte ein jeder abwägen, worauf sein Glaube beruht, ob er tragfähig ist, einer kritischen Prüfung standhalten würde und ob man bereit ist, bewusst auf faktische Einsichten zu verzichten. Man sollte sich entscheiden, ob man mit geistigem Stillstand und Abgeben der Autonomie glücklich wird oder ob man es wagt, zu wachsen. In mir war der Drang zu Lernen, Verstehen, Wissen übermächtig und ich bin gewachsen – zumindest in eine andere Richtung als in die des geistigen Wiederkäuens. Aber: für mich dauerte diese Entscheidung aus den bekannten sozialen Zwängen heraus lange, viel zu lange und entsprechend hoch zahle ich nun an den Hypotheken ab.

Der Rücktritt war nur ein erster Schritt, es ist schon eine Erleichterung, gewisse Dinge, die man nicht mehr mitvertreten kann oder will oder gar als blühenden Unsinn im Namen Gottes ansieht, nicht von der Bühne vertreten zu müssen. Aber die Probleme bleiben wohl dieselben, so war es jedenfalls bei mir. Ich fand - bei aller Sympathie für und vonseiten vieler lieber Brüder und Schwestern - das Ganze einfach unehrlich und in seinen Grundlagen auch absurd. So gesehen fühlte ich persönlich mich befreit - wie die Menschen bei Anderssen, die feststellten, dass der Kaiser ja nackt sei und das dann auch laut hinausriefen.

Manche, kritisch aber mit residualen Glaubensfragmenten unterschiedlichen Umfanges, meinen dagegen, sie sollten drin bleiben und von innen her an einer Reform arbeiten. Das setzt natürlich voraus, dass sie die WTG noch für die Organisation Gottes halten oder Ansätze dazu sehen und meinen, die Botschaft der WTG stimme im Grunde, abgesehen von reformbedürftigen Ansichten oder Verhaltensweisen. Einer, der das meint, ist z.B. Lars Bibleman, der dazu einen längeren Beitrag am 30.07.1999 im H2O unter dem Titel „No way out - Faking it" gepostet hatte. Der Artikel mag für den einen oder anderen für Euch interessant sein, auch wenn ich persönlich mit ihm in sehr, sehr wenig Dingen übereinstimme, besser gesagt in fast nichts, aber das wäre für den einen oder anderen mit verzweifelt bewahrtem Restglauben vielleicht ein gangbarer Weg.

Für mich nicht. Ich sehe das persönlich ganz anders und deshalb wäre mir ein solcher Weg unmöglich, auch würde ich an der damit verbundenen Heuchelei und immer wieder beschworenen „kognitiven Dissonanz" zerbrechen. Damit urteile ich über niemanden, der diesen Weg vielleicht erst einmal ausprobieren möchte.


Wie gesagt, die Entscheidung ist die jedes Einzelnen. Aber jeder hat auch eine Stimme in sich und auf die sollte er hören. Unsere Instinkte, gerade die zum Wachstum hin, sind meist recht gesund.

Zuguterletzt: Paul lässt noch anklingen, es könne einen Sinn haben, warum er gerade zu einer bestimmten Zeit zu einem bestimmten Buch greife oder eine bestimmte Anregung erhalte. Das mag sein, unser Unterbewusstsein steuert so manches, von dem wir nichts wissen oder ahnen. Unser Bewusstsein ist kleiner als die Spitze des Eisberges, die aus dem Wasser herausschaut. Und unser Skript drängt nach Verwirklichung und nicht immer nur zum Schlechten hin. Man muss Vertrauen haben – aber das ist wieder ein anderes Thema.


Ich wünsche jedem eine gute Entscheidung. Ehrlichkeit sich selber gegenüber ist dabei wichtiger als Angst, vor wem oder welcher Organisation auch immer.

Gruß LuckyX

Kapitel 1
Die frühen Jahre verblassen


Besser vergessen und lächeln, als sich erinnern und traurig sein.
Christina Rossetti
Ich bin Richard M. Phelan und wurde in einem Ort namens Holloway, Nord-London, England, Vereinigtes Königreich, geboren. Die Gegend von Holloway ist berühmt wegen seines Frauengefängnisses, und ich wurde geboren in einer Straße abseits der Hauptstraße, der Archway Road, die als A1 bekannt ist, in der Marlborough Road Nr. 101. Dort stehen vor dem Zweiten Weltkrieg gebaute Häuser; eigentlich stammen einige sogar aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Einige stehen heute immer noch, auch das Haus, in dem ich geboren wurde. Ich wurde am 20. Juni 1951 geboren, ein Jahr und zehn Tage nach meinem Bruder Paul, der am 10. Juni 1950 geboren wurde. Eine meiner frühen Erinnerungen ist immer noch, wie ich an der Tür stand und wartete, daß mein Vater von der Arbeit kam. Ich sehe noch meinen Vater, wie er Modelleisenbahnen baute, da er sich immer für Dampfmaschinen interessierte. Aber . . . ich erinnere mich auch noch daran, wie ich wie ich im Kinderbett angebunden war und versuchte, freizukommen; meine Mutter band uns immer im Kinderbett fest, damit wir uns nicht bewegen konnten. Ich erinnere mich, wie mein Bruder aus dem Bett frei kam und am Boden war, und er dafür eine ordentliche Tracht Prügel bezog. Das ist die früheste Erinnerung daran, daß meine Mutter etwas tat, das mein Großvater Jahre später bestätigte und zu dem er sagte, er sei entsetzt gewesen, zu sehen, wie zwei kleine Kinder in ihren Betten angebunden waren, als er durch das Fenster schaute. Er sagte, er sei entsetzt gewesen, daß meine Mutter solch ein kleines Kind schlagen konnte.
Es war, als wir in dem Haus lebten, daß meine Mutter auf dem Fahrrad von meinem Vater hinausfuhr und von einem Auto umgefahren wurde und sich den Kopf aufschlug. Sie weigerte sich jedoch, sich behandeln zu lassen und machte wie immer weiter und sagte, alles sei in Ordnung. Aber seit jenem Tag hatte sie sich nach meines Vaters eigenen Worten verändert . . . sie war nach dem Unfall irgendwie nicht mehr dieselbe. Meine Mutter war sehr intelligent und eine Beamtin, und sie konnte etwas Russisch sprechen und war äußerst gut in Buchhaltung und hatte eine sehr gute Arbeitsstelle. Sie konnte ausgezeichnet schwimmen, aber später im Leben hatte sie Angst vor Wasser und war in seiner Nähe immer hysterisch. Ich erinnere mich, daß ich das mehr als einmal an einem Bootsteich und an der Küste und am Swimmingpool mitbekam.
Da es Vorkriegshäuser waren, hatten sie immer noch Gasbeleuchtung, und als man wegen der Bombardierungen in dem Krieg an den Neubau von Fabriken, Büros, Geschäften usw. ging, bedeutete dies, daß auch neue Häuser gebaut wurden und die Hoffnung bestand, dorthin umzuziehen. Eine halbe Straßenmeile weiter war eine andere Straße, die ungefähr parallel zu der unseren lief. Sie hieß Sparshalt Road. Dort lief hinter den Häusern eine Bahnlinie entlang. Diese Straße war etwa eine halbe Meile lang, und auf beiden Seiten standen Lagerhäuser. In der Zeit vor dem Krieg konnte man da ganz gut leben. Im Krieg wurde diese Straße ohne Vorwarnung getroffen, als eine Bombe mitten auf sie fiel. Die Explosion war so groß, daß alles ausradiert wurde und ein Krater halb so lang wie die Straße übrigblieb. Das war eine der verheerendsten Bomben, die die Gegend je traf. Die Leute wollten in ihre Häuser zu den Angehörigen zurück, nur um zusehen, daß da bloß noch ein gewaltiges Loch war. Nichts; keine Häuser, Ziegel, nur Staub, Geröll und Dreck. Die Leute wie auch die Kinder waren einfach auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Einer war Ronald Frank Stapley, 15 Jahre alt, Bote (AFS), und er war zur Explosionszeit auf der Straße.
Die Verwüstung, die diese Bombe hinterließ, muß bei vielen Leuten Kummer verursacht haben, weil sie bei der Detonation ihre Häuser und Angehörigen verloren. In der Bücherei von Nord-London gibt es davon immer noch ein Bild. Sie haben nur ein Foto festgehalten. Die Errichtung neuer Wohnungen oder Appartements wurde nun vorangetrieben, und bald schon waren fünf Hauptblocks mit je vier Stockwerken hochgezogen, einer nach dem anderen in einer Reihe, erbaut mitten auf der Straße, die einmal dort war. Das Unheimlichste daran ist, daß auf der Strecke, wo die Straße einmal war, mit den Jahren sehr merkwürdige Dinge passierten.
Aus jedem der fünf Wohnblocks, eben da, wo die alte Straße entlanglief, wurden aus den jeweils obersten Wohnungen übernatürliche Phänomene berichtet, und es geschahen dort schreckliche Dinge. Als wir damals dort lebten, wußte ich das nicht; ich wußte nur von unserer Wohnung. Aber als diese Wohnungen renoviert wurden, berichteten die Mieter und die Arbeiter der Baufirma von diesen Dingen. Einer der Arbeiter war mein Bruder Paul, der damals Stukkateur war. (Als ich 1999 nochmals nachforschte, wurden keine übernatürlichen Dinge mehr berichtet.) Wir lebten einfach viele Jahre lang im mittleren Block im Erdgeschoß, und später zogen wir um . . . in die oberste Etage.
Ich kann nur sagen, daß das, was ich erlebte, nicht den gerade erwähnten Geschichten zugeschrieben werden kann. Aber es begann, als wir im Erdgeschoß in Nr. 76 lebten, bald nachdem wir mit Jehovas Zeugen zu tun bekamen und als keine anderen Berichte vorgelegt wurden oder man davon hörte. Es hielt an, als wir in Nr. 82 nach oben zogen. Nicht nur das, sondern meine Mutter schien trotz der intensiven Beschäftigung mit den Zeugen übernatürliche Störungen direkt anzuziehen, wohin sie auch immer ging. Meine Großmutter und mein Großvater erwähnten das mir gegenüber mehr als einmal, als ich älter war, und sagten, wenn meine Mutter da war, seien seltsame Dinge passiert, und doch war sie draußen und predigte den ganzen Tag, um Anhänger für die Sekte zu werben; sie war jahrelang `allgemeiner PionierA (das sind Vollzeitwerber in der Organisation der Zeugen Jehovas) und brachte viele Bekehrte in die Organisation. Meine Großmutter sagte mir, sie habe schweres Atmen und Schritte gehört, und wie sich Türen von selbst öffneten und schlossen.
Ich erinnere mich, wie ich klein war und mein Vater Weihnachten und Geburtstage feierte und wie mein Onkel Dennis mit Geschenken vorbeikam und wie er meine Großmutter besuchte. Meine Großeltern besuchten auch uns. Ich erinnere mich noch, wie ich ganz aufgeregt war, daß wir eine Elektroheizung an der Wand hatten, in den 1950er Jahren etwas ganz Neues, und wir hatten Innentoiletten und ein Badezimmer, etwas, das wir vorher nie hatten. Mir ist noch im Gedächtnis, wie mein Vater lachte und mit uns spielte. So weit ich mich erinnern kann, führten wir also ein ganz normales Leben. Ich war sehr glücklich und entsinne mich, daß meine beiden Eltern für uns sorgten und wir Zuneigung und Spaß hatten.
Wir zogen bald in die neue Wohnung und lebten uns ein, und es war aufregend und ich lief von einem Raum in den nächsten, um aus den Fenstern zu schauen. Mir war kaum klar, daß ich diesen Blick Tag für Tag haben sollte, jahrelang wie ein Gefangener in der eigenen Wohnung.
Eines Tages, etwa 1956, ich war so um die fünf Jahre alt, schellten zwei Zeugen Jehovas an unserer Tür, ließen mehrere Bücher zurück, wie man damals nicht eines, sondern vielleicht drei oder vier zurückließ. Sehr bald begannen meine Mutter und mein Vater das, was Bibelstudium genannt wird. Im Grunde genommen war es eine Sektenindoktrination mit Hilfe von Büchern, die die Wachtturmsekte lieferte. Man lese eine Seite oder einen Absatz, stelle ein paar Fragen, schaue ein paar Bibeltexte nach, die das Argument stützen, dann gehe man zur nächsten Seite usw. Sie saßen da eine Stunde lang und taten dasselbe auch in der folgenden Woche, bis sie mit dem Buch durch waren, dann nahmen sie sich ein anderes Buch vor. Das ging ein paar Monate so, einige taten das auch jahrelang. Das kennt man als ???am Gängelband halten"
Bald schon wurden sie zu den Zusammenkünften zu weiterer Sektenindoktrination eingeladen. Dann, 1955/56, wurden sie als Zeugen Jehovas getauft. Nur wenige Zeugen hatten damals ihren eigenen Versammlungssaal, ???Königreichssaal" genannt, und so trafen sie sich in einer Kneipe, oder Bar, wie sie in Amerika genannt werden. Die war in der Perth Road in Hornsey, Nord-London. Sie hatten einen Teil davon gemietet und hielten die Versammlungen ab, während alle anderen auf der anderen Seite der Glastrennwand zechten und sangen und den lieben Gott einen guten Mann sein ließen! Die Gäste kamen sogar immer in die Zusammenkünfte; sie gingen an der Seite des Saales entlang und benutzten die Toiletten, die zwei Türen hinter dem Rednerpodium waren. Mehr als einmal fielen einige auf die Zuhörer, als sie vorbeizugehen versuchten; so besoffen waren sie, daß sie kaum stehen konnten, und ich erinnere mich, daß es manchmal wirklich etwas zu lachen gab.
Das letzte Mal war es, als eine Frau über den reisenden Aufseher fiel, der gerade zu Besuch war (die Organisation schickt sie, um die Tätigkeit der Versammlungen zu überprüfen und Rat zu geben; etwa alle sechs Monate besuchen sie die Versammlung). Diese Frau war etwa 300 Pfund schwer, und sie fiel über die ersten zwei Sitzreihen. Die Zusammenkunft wurde sofort geschlossen, und danach gingen wir in eine Schule. Alles was wir wußten, war, daß es eine Zeit war, die anderen Kinder im Saal zu treffen und im wilden Spiel herumzurennen. Ich erinnere mich noch, daß ich mich darauf freute zu gehen, da wir uns mit einer Menge anderer anfreunden konnten, aber leider war das nicht von Dauer. Nach einer Weile gingen wir wieder in den ersten Saal, den wir besucht hatten. Meine Mutter wollte ausgerechnet in diesen Saal, der etwa 5 Meilen entfernt war. Wir mußten zweimal die Woche dorthin und zurück gehen. Das war die schlimmste Erinnerung, wie wir zu den Zusammenkünften gingen, die ich je hatte. Ich werde über all das noch später berichten. Mein Bruder und ich wußten in dem frühen Alter kaum, daß dies unser Leben verändern sollte und daß eine dunkle Wolke über uns hing, als wir heranwuchsen, und daß wir einige schreckliche Dinge durchmachen sollten.
Mein Vater paßte sich wirklich nicht gerne an, und tatsächlich ging er mit einem leuchtend roten Hemd und einer knallgelben Krawatte zu den Versammlungen. Er kam wie eine riesige Furunkel durch die Tür. Er glaubte, man sollte frei sein und offen reden dürfen, offen und ehrlich sein. Er mochte Farben! Er achtete die Bibel, und ohne viel über Religion zu wissen, hatte er ehrliche Grundsätze und fand die Lehren der Zeugen interessant, wie die meisten am Anfang. Lehren wie: ???Sehr bald wird ein neues System die Erde übernehmen, nach der Vernichtung aller Bösen, und man kann für immer im Paradies leben, vollkommen gesund, ohne Geld und Sorgen, frei, alles zu lernen und zu tun, was das Herz begehrt usw., usw." Das hörte sich alles sehr gut an.
So war es im Nu ein ständiges Gängelbandprogramm, das sowohl das Leben meines Vaters wie auch meiner Mutter bestimmte. Es sollte eine solche Macht haben, daß alles, was sie taten, wußten oder sagten, in Richtung Zeugen ging. Und wenn die Zeugen anderer Meinung waren als sie und sie es nicht akzeptieren konnten, dann taten sie es auch nicht. Sie hatten sich anzupassen . . . sonst mißfielen sie Gott! Die Regeln, deren Bruch Gott mißfiel, stammten wohlgemerkt von der Zeugenorganisation; die meisten standen wohl in der Bibel, aber sie waren von der Organisation.
Ich erinnere mich, daß ich seither am Ende des Ganges aufstehen und die Bibel halten und zur Übung laut lesen mußte, so daß alle, falls meine Mutter mich hören konnte, wenn ich bei einer Zusammenkunft auf die Bühne ging, mich lesen hören konnten; nun, das klingt vernünftig . . . Aber dann kam das Einerlei, das mich und meinen Bruder zur Verzweiflung brachte. Doch davon später.


Kapitel 2
Eine Kindheitsdragödie


Wer in dieser Welt keine Probleme haben will, der darf nicht für sie geboren werden.
Autor unbekannt
1957, als ich sechs Jahre alt war, wachte ich nach meiner Erinnerung eines Nachts auf und hatte kein Gefühl in meinem linken Bein. Und als ich mitten in der Nacht nach meiner Mutter rief, kam mein Vater auch herein und fragte sich, was das für ein Aufruhr war. Man sagte mir, ich müsse wohl falsch gelegen und ein taubes Bein haben, oder die Blutzufuhr war abgeschnitten und ich bekäme ein Kribbeln. Mir war sehr heiß und ich hatte Fieber, daher sagte meine Mutter, wenn es am Morgen noch so sei, würde sie den Doktor rufen. Es wurde morgens, und ich wachte zitternd auf, da ich alles Gefühl in meinem linken Bein verloren hatte. Als der Doktor kam, bestätigte er, daß ich Kinderlähmung hatte und ins Krankenhaus und sofort isoliert werden müsse. Dann, am 22. Oktober 1957 kam ich in das St. Anns-Krankenhaus für ansteckende Krankheiten, wo ich drei Wochen lang in Isolation blieb. Das Fieber war sehr schlimm, und sie dachten, ich würde das nicht überleben. Aber ich überlebte es doch und erholte mich wieder. meine erste spinale Lumbalpunktion erhielt; eine Erfahrung, die ich bis heute nicht vergessen habe. Es war zu der Zeit, daß meine Mutter eine eifrige Sektenwerberin wurde, die Besuche von Haus zu Haus machte. Und das stand über allem und war das eine Ziel, für das sie lebte. Es ist für mich nicht überraschend, daß ich nach vierzig Jahren in meiner Krankenakte, an die ich jetzt gekommen bin, lese: `Das Kind wurde am 22.9.57 eingeliefert . . . . es schien magersüchtig zu sein. Wie wird ein Kind magersüchtig, wenn die Mutter für es sorgt? Wie später noch zu sehen sein wird, war es meiner Mutter nicht wichtig, ihre Kinder gesund zu ernähren; es war ihr wichtig, die Sektenindoktrination zu verbreiten und jeden Tag von Tür zu Tür dafür zu werben.
Ich habe die Erinnerung, daß meine Großeltern sich Sorgen über mich und meinen Bruder machten, und daß sie mir sagten, sie könnten nicht erwarten, bis wir erwachsen seien, weil sie großes Mitleid mit uns hatten. Aber sie konnten nur wenig tun, weil meine Mutter sie nicht zur Kenntnis nahm, wenn sie es erwähnten. Immer wenn wir unsere Großeltern besuchten, war das erste, das sie taten, uns etwas zu essen zu geben. Sie werden nie erfahren, wie viel uns das bedeutete, da wir, bis ich schon zwanzig war, immer hungrig und dünn wie Bohnenstangen waren. Meine Mutter sagte meinem Vater immer, wir würden schnell hochschießen, die Fülle käme dann, wenn wir älter wären. Ich liebte meine Großeltern; mein Großvater hatte ein großes Mundwerk und fluchte Zeter und Mordio, wenn etwas nicht getan wurde, aber er war ein ehrlicher Mensch und geradeheraus mit einem großen Sinn für Humor. Und vor allem war er wie meine Großmutter, er liebte uns und sorgte für uns alle.
Ich erinnere mich auch noch, wie die Ärzte Krach mit meiner Mutter hatten wegen der Bluttransfusionslehre der Zeugen, und bei einer Gelegenheit wurde meine Mutter von unserem Hausarzt Mr. Healey, einem sehr wütenden Arzt mit einem roten Gesicht, aus der Praxis geworfen. Tatsächlich bekam sie leicht mit anderen Menschen Krach, und immer gewann sie! Einer der Gründe, warum sie so war, war, daß die Zeugen ihr immer sagten: `Wenn du die Wahrheit hast, dann hast du auf alles eine Antwort. Das machte meinen Vater manchmal ganz wild, weil meine Mutter in fast allem das letzte Wort haben wollte. So war von klein auf der Lebensweg der Zeugen Jehovas voller Auseinandersetzungen für uns, die Familie, und für Außenstehende.
Ein weiterer Grund, warum meine Mutter so dogmatisch war: Sie glaubte, daß sie zu den 144.000 gehörte, die, so lehren es die Zeugen, in den Himmel kommen, um mit Christus in seinem Königreich zu herrschen. Die Zeugen Jehovas lehren diesen Satz, daß nur 144.000 in den Himmel kommen, gestützt auf den Text in Offenbarung Kapitel 14. Das Merkwürdige ist, daß alles, was im Buche Offenbarung steht, symbolisch gemeint ist, doch dieser eine Text wird von den Zeugen wörtlich genommen. Aber als meine Mutter sagte, das sei schon ihre Hoffnung gewesen, ehe sie damals, 1955, in diese Religion hineingetauft wurde, begegneten ihr viele Zeugen Jehovas mit großer Feindseligkeit und machten ihr das Leben zur Hölle! Mein Vater sagte: `Wenn sie das glaubt, dann ist das in Ordnung; was hat das mit den anderen zu tun?A Doch die Führer der Organisation akzeptierten sie nie. Und das wiederum führte zu schwerwiegenden Reaktionen, und es war vielleicht ein Grund dafür, warum sie so besitzergreifend und noch fanatischer in dem wurde, was sie tat, um sich selbst zu beweisen. Seit meiner frühesten Erinnerung kann ich immer noch meine Mutter mit einer Tasche voller Bücher und Zeitschriften sehen, um jeden den sie traf, anzuwerben, und Tag für Tag entkam ihr NIEMAND! Sie bekehrte viele Leute und stand vielen bei, sich dem Organisationskult anzuschließen, und die meisten davon sind noch heute tätig.

Ich möchte hier erwähnen, daß meine früheste Erinnerung bezüglich des Verbotes von Bluttransfusionen, das die Zeugen verhängen und wie es uns betraf, war, als ich so etwa acht Jahre alt war. Ich war in der Zahnklinik in der Grays Inn Road gewesen, um zwei Zähne ziehen zu lassen, und sie hinterließen ein riesiges Loch und stopften es nicht richtig zu. In der Nacht wurde ich aufgeweckt, und das Bett war von der Blutung durchtränkt. Mein Vater, der damals etwa Ende zwanzig war, griff mich und warf mich in einen Kinderwagen und eilte mit mir mitten in der Nacht zwei Meilen durch die Straßen zum örtlichen Krankenhaus. Daß wir nun in der Zeugenorganisation waren, bedeutete, daß wir uns dem Verbot von Bluttransfusionen unterwarfen, und hier konnte es auf Leben und Tod gehen, weil ich so dünn war und mich immer noch von der Kinderlähmung erholte.
Als wir am Krankenhaustor standen, sagte der Pförtner: „Tut mir leid, aber Sie können ihn nicht herbringen. Gehen Sie zurück und holen sich von ihrem Arzt eine Einweisung." Um zwei Uhr in der Nacht? Mein Vater, der jünger war und zu Kurzschlußhandlungen neigte und beim Militär war, gab ihm einen heftigen Schlag auf das Kinn und ließ ihn ohnmächtig auf der Krankenhauseinfahrt liegen. Wie man so sagt: „Eine richtige Faust sagt mehr als tausend Worte!" Ich wurde behandelt, bekam die Wunde zugestopft und wurde nach Hause geschickt, wo ich mich schnell erholte. Eine Bluttransfusion wurde in diesem Fall kein Thema!
Nachdem ich aus dem Krankenhaus kam und mich von der Kinderlähmung erholte, verbrachte ich viele Jahre mit einer Behandlung durch elektrische Pads, die an meinen Beinen befestigt wurden und eine Schocktherapie darstellten -- die Muskeln sollten kontrahieren und darauf reagieren. Ich ging dreimal in der Woche dort hin. Aber wegen der schlechten Ernährung war ich immer krank und verpaßte das meiste in der Schule, weil ich zu Hause oder von der einen oder anderen Sache krank war. In all der Zeit mußte ich stundenlang die Straße entlanggehen, während meine Mutter von Tür zu Tür Sektenwerbung betrieb, selbst bei Frost und Regen. Ich erinnere mich noch sehr genau an den Winter 1961, wie wir im Dunklen auf dem Bürgersteig standen, ich mit leichten Segelschuhen im Schnee wartete und die gegenüberliegenden Häuser mit Schneebällen bewarf, während meine Mutter etwa eine Stunde lang dastand und mit einem Wohnungsinhaber redete. Ich muß nicht noch sagen, daß ich am nächsten Tag Grippe hatte und dann zwei Wochen im Bett lag.

Später änderte sich alles. Als ich über dreißig war, wohnte ich in der Nähe von Romford in Essex, und da war es, daß ich zuerst in ein Bodybuilding-Studio ging und bei Wag Bennets trainierte. Wag war der Trainer, der selbst einmal Mr. Universum gewesen war, und er war es, der in den späten 60er Jahren Arnold Schwarzenegger trainierte, der später den Welttitel Mr. Olympia gewinnen sollte. Als ich in Wags Studio zu trainieren begann, ging ich hinein und sagte zu Wag: „Es geht um meinen Brustkorb." Wag schaute auf und fragte: „Was ist damit?" Ich antwortete: „Nun, ich hätte gerne einen." Er brachte mich durch ein paar Monate Trainingsroutine, damit sollte ich für das EIGENTLICHE TRAINING FIT werden! Das tat ich und ging ein Jahr lang ins Studio. Bald kaufte ich meine ganze eigene Gewichtstrainingsausrüstung; ich hatte drei Tonnen an Ausrüstung in meiner Garage. Bei einer Größe von etwa 1,60 m hatte ich das meiste auf Maß anfertigen lassen. Nach vier Jahren ging ich, der ich anfänglich 90 cm Brustumfang und ein Gewicht von 70 kg hatte, mit 132 cm Brustumfang und 89 kg Gewicht, mit 43 cm Bizeps und einem Halsumfang von 50 cm. Das war ein großer Schritt voran seit der Zeit, als ich vierzehn war und gerade einmal 50 kg wog. Ich war stark wie ein Bulle, und in meinem Beruf als Zimmermann konnte ich einen Dachbalken alleine hochziehen. Ich trainierte sehr hart und aß alles, was mich nicht zuerst fraß oder sich bewegte! Ich gab pro Woche ,30 für Gesundheitskost und Ergänzungsmittel aus. Meine Essenstasche war größer als meine Werkzeugtasche! Jetzt, wo ich so stark war, dachte ich, nun könne die Vergangenheit Vergangenheit bleiben und alles wäre für den Rest meines Lebens anders. Leider sollte das nicht sein. 1986 traf mich eine Tragödie, wie noch zu sehen sein wird.
Selbst das Training, um mir selbst weiterzuhelfen, wurde von den Zeugen mit argwöhnischen Augen betrachtet, und viele sarkastische Bemerkungen wurden gemacht, und ich bekam ständig Seitenhiebe, ob ich jetzt ausgeflippt wäre. Das war ich nicht, ich sorgte nur gut für mich selbst, nachdem ich solch einen schlechten Start ins Leben gehabt hatte. Ich habe so manchen Ältesten (ein Führer bei den Zeugen Jehovas wie ein Priester) gekannt mit fettem Bauch vom Essen und Trinken und Herumsitzen beim Fernsehen, der mir dann sagte, ich solle geistig gesinnt werden und keine Zeit mit dem Training und dem ganzen Sport und Gewichtheben vertrödeln. Der wahre Grund war, daß sie glaubten, jedesmal, wenn ich das tat, hätte ich lieber werbend von Tür zu Tür gehen sollen; und wenn man keine Zeit für das Anwerben hat, dann sollte man auch nichts anderes tun! Die reisenden Aufseher oder Sektenvertreter der Wachtturmgesellschaft kamen immer zu Besuch und sagten: „Was für eine Entschuldigung hast Du dafür, daß Du kein Pionier bist?" Der Begriff Pionierdienst oder Pionier sein trifft auf alle Vollzeitanwerber zu, die zwischen 60 und 150 Stunden pro Monat damit verbringen. Ich habe oft in bezug auf sie gedacht: „Wie entschuldigen sie sich vor Gott dafür, daß sie keine Arbeit haben und statt dessen auf Kosten der Versammlungsmitglieder leben, wenn sie und ihre Frauen mit Spenden unterhalten werden?"

Ich fahre einen Gebrauchtwagen, der so ,600 wert ist, und sie fahren in Autos von ,15.000 herum, die alle zwei oder drei Jahre durch ein neues ersetzt werden, und `ich bezahlte dafürA mit meinen Beiträgen und Spenden! Was ich so all die Jahre gesehen habe, war, daß `PionierA jemanden meint, der die Straßen im Schneckentempo entlanggeht, ewig vor Häusern steht, wenn sie leerstehen oder niemand zu Hause ist, zu einem Ende des Gebietes oder der Stadt geht, um einen Hausbesuch zu machen, und dann den ganzen Weg zurückgeht und jeden Tag alle Stunden, wenn er das tut, zählt und sie auf einen Berichtszettel schreibt und diesen dann man Monatsende der Organisation übergibt und versucht, Eindruck zu machen, wie viel er doch getan hat! Und dann stehen die Ältesten in den Zusammenkünften auf und erzählen, wie wunderbar es doch sei, diese feinen christlichen Vollzeitwerber und Pioniere zu haben! Ich habe so manche Pioniere gekannt, die den ganzen Tag auf der Straße waren, doch kein Geld haben, sich kein ordentliches Essen leisten können und sich einen Spaß daraus machen, was für eine wundervolle Zeit sie doch haben wegen all des Lobes, das sie von oben erhalten, und wegen der Vorrechte, die man ihnen gibt. Ganz ehrlich: Wenn ich das sehen mußte, machte es mich ganz krank.

Die Frage ist, wie bekommt man normal denkende, ausgeglichene Menschen dazu, das zu tun, die dann am Ende völlig unausgeglichen sind und sich damit aufziehen, sie täten den Willen Gottes, während sie gleichzeitig die eigene Familie oder sich selbst vernachlässigen? Wiederum ist es das ständige Gängelband der Gedankenmanipulation, das Schuldgefühle benutzt und mit der Angst spielt, daß sie sich Gott zu verantworten haben werden, wenn sie das nicht tun, und als treulose, ungeistige oder illoyale Personen gegenüber der Mutter Organisation bestraft werden usw. Wirkt das? Ja, Millionen tun es! Wenn ich sage, sie vernachlässigen ihre Familien, dann meine ich all die entfernteren Verwandten wie Onkel, Tanten, Großeltern, Schwägerinnen und Schwäger, Brüder und Schwestern usw. wie auch die eigentliche Familie. Alle von ihnen, die nicht in der Zeugenorganisation sind, sind für sie zweitrangig; man verschwendet keine Zeit an sie, weil die neue, wahre Familie die eigene religiöse Bruderschaft ist, das heißt die Glieder der Zeugen-Jehovas-Organisation. In den Augen der Zeugen gibt es nur zwei Sorten Menschen, „Jehovas Zeugen und alle, die dem Teufel folgen oder unter Satan stehen."

Wie sieht das Leben aus, wenn man unter Kontrolle steht oder ein fanatischer Gläubiger ist? Wie soll man sich fühlen, wenn die Person, die einen auf die Welt brachte, sagt, dies oder jenes sei der Weg, wie Gott möchte, daß man sein soll, und dies sei der Weg, zu einem gläubigen Menschen zu werden, und man könne Gott erfreuen, wenn man aufwächst? Ja, wenn die natürliche Bindung einen der Person vertrauen läßt, zu der man die stärksten gefühlsmäßigen Bindungen hat. Nun, ich möchte sagen, wie das für mich war, und dann kannst du für dich selbst ein Urteil treffen, falls du denkst, es sei gerechtfertigt oder auch nicht, daß ich mich entschieden habe, mit der Wachtturmorganisation zu brechen und vor Gott zu stehen als freier Mensch und als jemand, der sich aus seinem Gewissen heraus von Güte und Liebe zum Mitmenschen leiten läßt, wenn er Entscheidungen in seinem Leben trifft. Oder ob ich ein ausgeglichener und vernünftig denkender Mensch in meinem neuen Leben außerhalb der Sekte geworden bin . . . frei von Manipulation.


Kapitel 3
Die Religion der Sekte führt zur Manipulation der Gedanken


Wenn du jemanden für deine Sache gewinnen willst, überzeuge ihn erst, dass du sein echter Freund bist.
Abraham Lincoln
Das erste, was meinem Vater gesagt wurde, was er tun müsse, wenn er ein Zeuge Jehovas werden wolle, war, daß er das Rauchen aufgeben müsse. Das war etwas, das er wirklich genoß, seinen eigenen Tabak zu rollen; aber er gab es auf, um sich anzupassen. Mein Vater war ein sehr vernünftiger Mensch und arbeitete im Baugeschäft, und die Arbeit war manchmal schwer. Und wenn er lange Stunden arbeitete, war es meine Mutter, die die Führung darin übernahm, uns zu indoktrinieren. Mein Vater wußte nie wirklich, was vor sich ging, weil meine Mutter ein Doppelleben führte: wie sie ihm gegenüber war und was sie meinem Bruder und mir antat. Mein Vater hatte davon keine Kenntnis, und wir wagten nicht, es ihm zu erzählen. Wie die meisten Familienoberhäupter fühlte er sich erleichtert, die Füße hochlegen zu können, wenn die Frau sagt: "Mach dir darüber keine Sorgen, ich hab das schon getan." So sagte meine Mutter immer zu meinem Vater, um die Kontrolle zu behalten, sie würde uns mit hinaus nehmen und für alle unsere Bedürfnisse sorgen. Erst viele Jahre später begann sich mein Vater zu fragen, was da wirklich vor sich ging, und tatsächlich dachte er, er selbst würde den Verstand verlieren! Es sagte nie jemandem, was er fühlte, weil die Zeugen ihm ja doch nicht glauben oder sich auf seine Seite stellen würden; so war er ebenso allein wie wir als Kinder. Meine Mutter übte großen Einfluß aus und hatte die volle Unterstützung der Organisation, da sie ja die Vollzeitanwerberin war. Mit der Zeit entstand daraus sogar innerhalb unserer Familie eine Trennung, und meine Mutter stritt sich ständig mit meinem Vater, aber unter der Furcht, nicht weggehen zu können, war er in der Falle wie wir.
Ich habe erwähnt, daß man mich wie auch meinen Bruder aus der Bibel vorlesen ließ. Nun, ich möchte erzählen, wie unser Tagesablauf war:
Um 7.00 Uhr morgens aufstehen, dann ein schnelles Frühstück mit kalter Milch oder einer Schnitte Brot mit Marmelade. Dann, nachdem wir uns angezogen hatten, mußten wir ein ganzes Kapitel aus der Bibel lesen, und meine Mutter erklärte jeden Vers, als wir durchgingen, gemäß den Vorstellungen der Sekte. Danach mußten wir durch ein Buch mit den „Tagestexten". Das war eine Sammlung von Absätzen aus den „Wachttürmen" der vergangenen Jahre, die die Zeugen zweimal im Monat herausgeben. Da gab es einen Bibeltext und dann einen Absatz, in dem er kommentiert wurde. Dann lasen wir immer aus demselben Buch eine Erfahrung von dem, was so in der Welt vor sich ging. Manchmal waren das bis zu fünf Seiten. Danach mußten wir das Vaterunser wiederholen, und als wir damit fertig waren, sprach sie noch ein weiteres Gebet. Das machte mich immer ganz verrückt, kann ich euch sagen, weil wir jeden Tag zu spät zur Schule kamen. Ich weiß nicht mehr genau, wie oft wir nachsitzen mußten oder den Stock erhielten und mein Name ins Klassenbuch kam, weil ich zu spät war. Ich bekam deswegen wirklich schlechte Zeugnisse, aber alles, was meine Mutter interessierte, war: Dies ist „die Wahrheit", und sie ist weit wichtiger.
Wir feierten keine Geburtstage, und alle Geschenke wurden zurückgegeben und wir bekamen sie nicht. Wenn Karten kamen, wurden auch sie zurückgeschickt. Mein Großvater gab uns an unseren Geburtstagen immer etwas Geld, aber meine Mutter sagte zu uns, wofür wir es ausgeben durften. Bei einer Gelegenheit, so erinnere ich mich, wurde es ihr übergeben. Ich erinnere mich, daß mein Großvater eines Tages vorbeikam und wirklich wütend war, weil meine Mutter meinen Bruder mit dem Geschenk, das er gekauft hatte, zurückgeschickt hatte. Das machte ihn wirklich wütend, und das sagte er ihr auch. Mein Bruder und ich hatten nie irgendwelche Freunde von der Schule oder aus der Nachbarschaft, die wir besuchen konnten, und wir konnten auch nicht zu irgendwelchen nach Hause gehen. So wuchsen wir auf und kannten niemanden außer der eigenen Familie. Schulfreunde waren nur für die Schule, und wenn ich gesehen wurde, wie ich mit einem Schulfreund sprach, wurde ich gefragt: WER IST DAS? Als wollte sie sagen: "Laß dich nicht noch einmal beim Reden erwischen." Jahrelang durfte ich kein Fahrrad fahren oder schwimmen. Ich könnte ja verunglücken und die Bluttransfusionsfrage könnte aufkommen oder irgendein anderes Thema. Wir mußten lesen für das Studium, zur Versammlung gehen, lesen für das Studium, zur Versammlung gehen, lesen für das Studium, zur Versammlung gehen, lesen für das Studium, zur Versammlung gehen, lesen für das Studium, zur Versammlung gehen. Das geht euch auf die Nerven, stimmt's? Aber das war unser Leben. Eine einzige große, monotone, völlige Langeweilerei!
Wenn man dies jemanden eine lange Zeit tun läßt, dann wird er es schon ganz automatisch anfangen, weil das alles ist, was er kennt. Und dies um so mehr, wenn er es seit früher Kindheit kennt. Wer es nicht tut, entwickelt deshalb dann vielleicht Schuldgefühle! Oder wenn er aufhört, meint er, es fehle etwas, weil er nie etwas anderes gehabt hat, sein Leben zu erfüllen. Wir hatten nie ein Fernsehgerät, jedenfalls keines, das funktionierte, und so durften wir nie fernsehen, das war ja das Auge des Teufels, und man will sich ja wohl nicht den ganzen Müll ansehen? Wenn man also überzeugt ist, fernzusehen hieße nur, den Teufel nach Hause einzuladen, dann läßt man seine Finger davon! Du magst darüber lachen, weil sich das so dumm anhört, doch Jehovas Zeugen wird jetzt dieselbe falsche Informationen über das Internet eingetrichtert. Das Internet ist ein wunderbares und mächtiges Werkzeug, nachzuforschen und Informationen zu erhalten, und es ist Millionen eine Hilfe. Aber wenn man sich dazu entschließt, es für Pornographie zu benutzen, dann macht es das doch noch zu keinem schlechten Werkzeug. Tatsächlich habe ich alle meine Informationen, mein Wirbelsäulenproblem zu heilen helfen, aus dem Netz bezogen, damit ist es also ein gutes Werkzeug. Es stellt auch Täuschung bloß und macht Dokumentationen zugänglich, von denen man vielleicht ohne das Netz nie gewußt hätte, daß sie existieren; etwas, das für die Wachtturmorganisation eine wirkliche Bedrohung darstellt.
Wir hatten ein Radio, und wenn ich mir es ansah, dachte ich, es stammte noch aus Noahs und der Arche Zeiten, und ein kleines Transistorradio, etwa 12,5 cm hoch, und wir konnten ihm zuhören . . . nur, wenn wir mit all unserer Arbeit fertig waren!
Wenn man von Kindheit an gesagt bekommt, alles um einen herum stehe unter der Macht des Teufels; daß aller Lesestoff, der nicht von der Wachtturmorganisation stammt, gleichfalls satanisch ist; daß Umgang mit Menschen, auch wenn sie freundlich sind, die Art und Weise Satans ist, einen zu verderben und in die Irre zu führen: dann wirst du, weil du als Kind beeindruckbar bist, wirklich glauben, daß das so ist, und alles und jeden als solches ansehen. Und wenn man wiederum anders denkt, mag das wieder zu Schuldgefühlen führen. Auch nur in Betracht zu ziehen, mit jemandem zu tun oder Umgang zu haben, der nicht zur Organisation der Wachtturmsekte gehört, kann dir das Gefühl geben, als habe man die unvergebbare Sünde begangen. Du magst mit einem wirklich netten und angenehmen Menschen reden, aber im Hinterkopf sagt man sich: "Diese Person ist böse, weil sie nicht Gott oder Jehova dient." Ich weiß nicht mehr, wie oft ich Jehovas Zeugen habe sagen hören: "Was eine Schande, er ist so nett, aber er liebt nicht Jehova und wird in Harmagedon [das ist das Ende der Welt] sterbenA, und dann werden sie mit dieser Person nichts zu tun haben, es sei denn, sie unterzieht sich einem Studium mit ihnen oder geht zu den Zusammenkünften.
Ich habe Mädchen gekannt, die, weil sie einen jungen Mann lieben, verzweifelt versuchen, ihn zu einer Zusammenkunft zu bewegen, um sich von Schuld zu entlasten, so daß sie mit ihm gehen können und er akzeptiert wird. Und auch umgekehrt. Auf fast allen Kongressen sind große Mengen junger Leute zu sehen, die nur so umhergehen und nach dem/der Richtigen Ausschau halten, mit dem/der sie gehen können in der Hoffnung, sie könnten dort den Traumpartner treffen. Es ist traurig, aber viele kommen unglücklich und niedergeschlagen nach Hause, weil der nächste große Kongreß erst im nächsten Jahr stattfindet, und bei den kleineren Kongressen, naja, da kennt jeder jeden! Ich habe viele sich in eine Ehe mit einem Partner stürzen sehen, von dem sie wissen, daß sie nicht viel mit ihm gemeinsam haben. Aber wenn sie nicht irgend jemanden kriegen, dann glauben sie, sie würden sitzenbleiben. Ich habe dieses Problem auch durchgemacht, und es war ein wirklicher Kampf, damit fertigzuwerden.
Man ist völlig alleine; und das ist es, was man meinen Bruder und mich fühlen ließ. Wir waren so isoliert und abgeschnitten, wir wußten nichts. Ich erinnere mich, daß mir mein Bruder vor ein paar Jahren sagte, er wolle einen Arzt um Hilfe bitten, weil er glaubte, er wolle einfach so mit offenem Autofenster die Straße hinunterfahren und in den höchsten Tönen schreien. Nachdem dem Arzt etwas über den Hintergrund gesagt wurde, meinte der Arzt, es sei im Grunde genommen seine extreme seelische Frustration und er benötige eine seelische Stimulation und intelligente Unterhaltung und müsse mit anderen Leuten Kontakt haben. Das tat er, und nun kann er mit jedem über fast alles reden. Sowohl ich als auch mein Bruder waren in der Teenagerzeit, als wir von der Schule abgingen, so sehr seelisch frustriert und reserviert, weil wir nur wenig von der Welt wußten, daß wir nicht mit Menschen reden konnten und es als äußerst schwer empfanden, sich anders zu unterhalten, als gleich eine Predigt von Tür zu Tür zu halten, was uns von klein auf eingetrommelt worden war.
Ich erinnere mich, als ich achtzehn war, daß ich ein wirklich liebes Mädchen, das Susan hieß, in der Organisation der Wachtturmsekte traf; sie war, so dachte ich, wirklich lieb mit einem weichen und freundlichen Wesen und sehr herzlich, und ich war in sie verliebt, als ich sie schon sah. Ich dachte immer an sie, aber ich habe es ihr nie gesagt. Ich wollte es, aber ich hatte keine akademische Ausbildung und zu der Zeit auch keinen Beruf, keine vernünftige Arbeitsstelle und keine Wohnung; nein, ich hatte nichts! Ich wußte einfach nicht, wie ich mich um sie kümmern sollte, da ich mit dem Vollzeitdienst begann; das wurde ja von uns erwartet, und es gab nichts, was ich tun konnte. Ich fühlte mich wirklich innerlich krank, weil ich sie gehen lassen mußte, wie ich auch viel zu verlegen war, die Sache weiter zu verfolgen. Vielleicht hatte sie sich gar nicht so sehr für mich interessiert, ich weiß es wirklich nicht und habe es auch nie herausgefunden, aber der Punkt ist, daß ich nie geglaubt habe, sie in meiner Situation fragen zu können. Ich kenne viele männliche Zeugen Jehovas, die vor diesem Problem stehen, und es kann wirklich schmerzhaft sein, weil uns die Organisation den Rat gab, auf Berufskarrieren zu verzichten und werben und predigen zu gehen; bei allem, was weniger als das war, runzelte man die Stirn. Ich habe nach ihrem Rat geheiratet, und es war eine absolute Katastrophe.
Ich erinnere mich, daß ich so gelangweilt war, als ich jung war, daß ich immer ein Spiel mit meinem Bruder spielte, wer einen Wohnungsinhaber am schnellsten dazu bringen könnte, die Tür zuzumachen. Oder wer am längsten vor einem Wohnungsinhaber stehen konnte, ohne ein Wort zu sagen, und der Wohnungsinhaber sich fragte, was um Himmels Willen wir da taten, so einfach auf der Türstufe zu stehen! Aber das war eben das Leben in der Zeugensekte. Wir hatten immer das Gefühl, daß man uns die grundlegenden Dinge, die ein Kind glücklich machen, vorenthielt. Jetzt schaue ich zurück und erkenne, warum dieser Schmerz und daß es war, weil ich nie eine Kindheit hatte. Oh, ich war ein Kind, aber ich hatte nie eine Kindheit. Sie bestand nur aus Arbeit, Schlägen, Furcht und Religion.

Jetzt fragst du dich vielleicht, warum Schläge. Nun, das kann ich dir sagen: wenn du meine Mutter nicht kennst, bist du nie geschlagen worden. Sie war nur klein, aber sehr boshaft, bösartig und grausam, aber alles um „DER WAHRHEIT" willen, wie meine Mutter es immer nannte, weil wir gezüchtigt werden mußten und zurechtgewiesen wegen unserer Fehler. Das Kapitel 8 beschreibt in allen Einzelheiten die Erfahrungen, die wir durchmachten. Ich habe das sogar den Ältesten in der Versammlung der Zeugen berichtet und wurde deshalb von ihnen zurechtgewiesen und bekam gesagt, ich sei respektlos gegenüber meiner Mutter und ich solle froh sein, daß sie eine solch eifrige Werberin sei, und es hieß, sie vollbringe ein gutes Werk. Naja, das hat sie wohl, sie verkaufte Ladungen an Literatur und lieferte jede Woche eine ganze Menge Spenden ab!
Die meisten Sektenmitglieder gelangen an den Punkt, wo sie glauben, sie müßten Ergebenheitsadressen abliefern, um akzeptiert zu werden, damit man gut von ihnen dachte. Das führt zu verschiedenen Vorteilen für den einzelnen. Jemand hat vielleicht einen starken Willen und ist sehr von sich eingenommen, aber er kommt ungestraft davon, weil die Sekte ihn nach dem Erfolg einschätzen wird, viele neue Mitglieder und Bekehrte anzubringen. Zweitens, wenn jemand anderer ihm seine Abneigung zeigt, dann kann er zur Organisation laufen, sie möge ihm Deckung geben und ihn unterstützen, und wenn es eine große Organisation ist, fühlen sie sich sicher, mit allem möglichen durchzukommen. Meine Mutter pflegte es sich zur Gewohnheit zu machen, große Tafeln Schokolade zu kaufen und sie in die Taschen und Aktentaschen von Ältesten in der Versammlung zu stecken. Ich habe sie das viele Jahre lang tun sehen. Selbst als sie das britische Hauptquartier in Mill Hill in London besuchte, nahm meine Mutter Tafeln Schokolade und ließ sie am Empfang für den Diensthabenden liegen, gewöhnlich immer derselbe, und sie wurde recht bekannt dafür. Ich erinnere mich, wie ich völlig angewidert sah und sich dabei mein Magen umdrehte, wie diese gut genährten Männer das aßen, was wir nie hatten, und dabei dachte: „Warum können wir nicht auch eine solche Tafel Schokolade haben?"
Älteste von unserer Versammlung und reisende Älteste wurden reihum zum Essen eingeladen, und sie erhielten so manches Festessen, wie man es sich nur vorstellen kann, aber am nächsten Tag bekamen wir als Kinder bloß kaltes Essen aus der Konservendose und eine Handvoll Chips. Große Obstkuchen wurden als Geschenke gegeben, aber wir sollten sie außer bei seltenen Gelegenheiten nicht bekommen.
Ich habe viele Frauen gesehen, die hingegangen sind und Gastfreundschaft erwiesen haben und Erfolg damit hatten, die Versammlungsältesten zu beeindrucken, und doch wußte ich, daß sie ihre eigenen Männer zu Hause insgeheim schlecht behandelten. Ich kenne einen Mann, dessen Frau alles für die Ältesten tat und sie in der Runde zum Essen einlud und wie Könige behandelte, und doch weiß ich auch, daß ihr Mann die Hölle erlebte, als SIE beschloß, sie brauchten nicht mehr sexuell zu verkehren, weil das nicht wichtig sei. Er tat mir sehr leid, weil er wirklich ein netter Kerl war. Dasselbe habe ich auch jahrelang bei meiner Exfrau durchgemacht. Ich habe auch mit eigenen Augen gesehen, wie Männer, die Sektenälteste sind, all ihre Zeit damit verbringen, andere zu besuchen und ihnen Hilfe anzubieten, weil sie gut dastanden, wenn sie all das Lob dafür erhielten C aber ich weiß sehr genau, daß ihre Frauen einsam sind, sich verzweifelt nach Zuwendung sehnen und äußern, sie wollten, ihre Männer würden das einfach aufgeben. So manche Frau in der Organisation der Wachtturmsekte erscheint ruhig und demütig und sehr unterwürfig, aber innerlich schreit sie!
Wenn man einem Neubekehrten sagen würde, was von ihm erwartet wird, würde er einem höchstwahrscheinlich die Bücher nachwerfen. Dafür eine Veranschaulichung. Nehmen wir an, du fragst: "Was muß ich tun, um von Gott anerkannt und ein Christ zu werden?A Jehovas Zeugen werden sagen: „Du mußt nur nach biblischen Grundsätzen leben und Gottes Willen tun." Was genau ist damit gemeint?
Hier eine kleine Liste, alles aus erster Hand aus meinen eigenen Erfahrungen mit all den Regeln und Ratschlägen über die Jahre, auf die ich gestoßen bin. Einige Erfordernisse, die mir bekannte Sektenführer oder Älteste gesagt haben; aber Schluck um Schluck eingetrichtert, wie Wein, der dein Haus berankt, bis du von Vorschriften und Schuldgefühlen erstickt bist.

Das ist, was sie sagen:

Du mußt zu allen fünf Zusammenkünften in der Woche kommen. (Insgesamt an drei verschiedenen Tagen)
Du mußt alle deine Freunde aufgeben, auch ungläubige Verwandte.
Du mußt regelmäßig alle unsere Publikationen lesen und studieren und dabei den Zeitplan für jede Woche benutzen.
Wir sagen dir, was du lesen darfst.
Du darfst nichts lesen, das Jehovas Zeugen kritisiert.
Du darfst nichts lesen, was ehemalige Zeugen schreiben.
Du darfst mit niemandem zusammenkommen, der Jehovas Zeugen ablehnt, und das schließt auch Angehörige mit ein.
Du darfst mit jemandem, der von uns ausgeschlossen wurde, nicht einmal reden oder ihn grüßen.
Du darfst keinerlei Gemeinschaft mit Personen haben, die früher Zeugen Jehovas waren und die die Gemeinschaft verlassen haben, egal aus welchen Gründen.
Du darfst keinerlei Gemeinschaft mit deinen eigenen Kindern haben, wenn sie keine Zeugen Jehovas sein möchten
Du darfst gewisse Zeitungen nicht lesen.
Du darfst dir gewisse Fernsehprogramme oder Seifenopern nicht ansehen.
Fernsehen muß auf ein Minimum beschränkt sein.
Du darfst keinen Christen heiraten, der kein Zeuge Jehovas ist. Wenn du also einen Freund oder eine Freundin hast oder verlobt bist usw., darfst du ihn/sie nicht heiraten!
Bei Hochzeiten darfst du keinen Trinkspruch auf die Braut oder den Bräutigam ausbringen.
Du darfst kein Konfetti oder etwas anderes werfen.
Du darfst deinen Fuß nicht in eine Kirche setzen, selbst nicht bei Hochzeiten oder Beerdigungen von Angehörigen.
Du darfst keine Hymnen oder Lieder singen, wenn sie nicht von Zeugen Jehovas geschrieben wurden.
Du kannst nicht wählen gehen oder dich sonstwie in Behördenarbeit einlassen.
Du kannst keine Computerspiele spielen, die irgendwie mit Kampf zu tun haben, zum Beispiel Space Invaders usw.
Du kannst dich an keinem Wettkampfsport beteiligen, weil wir keinen Konkurrenzgeist gutheißen.
Wir lassen keine Poster von Filmstars, Popgruppen oder Sportlern zu, weil das Götzendienst ist.
Du kannst keine Landes- oder Nationalflagge aufziehen, nicht einmal auf einem Boot in einem fremden Hafen, wie vom Gesetz befohlen, weil das Götzendienst ist.
Du kannst deine Nationalflagge nicht benutzen, weder werbend noch feststehend.
Du kannst nicht bei der Polizei oder einer anderen Exekutivbehörde dienen.
Frauen dürfen am Strand keine Bikinis tragen; das ist unanständig.
Wenn du dich taufen läßt, mußt du sicherstellen, daß du bedeckt bist und ein Gewand über den Schwimmsachen trägst.
Du darfst kein Blut oder Blutbestandteile spenden, um anderen zu helfen, aber du darfst Blutbestandteile von anderen annehmen.
Du darfst das Rote Kreuz nicht unterstützen oder dafür tätig sein.
Vom Gebrauch des Internets wird abgeraten; es übt schlechten Einfluß aus von Leuten, die Jehovas Zeugen nicht mögen.
Alle deine Geschäftspartner sollten Zeugen Jehovas sein.
Beteilige dich nicht an gewissen sexuellen Vorspielen, auch nicht innerhalb deiner Ehe, also an oralen Praktiken oder an Masturbbation
Wer dafür bekannt ist, daß er gewohnheitsmäßig Masturbation betreibt oder ein Problem damit hat, kann nicht in der Versammlung dienen.
Du darfst in deinem Garten keine Gartenzwerge oder Kobolde haben.
Du solltest kein Schach spielen; das ist ein Strategiespiel, und du solltest keinen Krieg lernen.
Du solltest dich nicht schwarz kleiden oder Trauerkleidung anlegen, da wir die Auferstehungshoffnung haben.
Du brauchst bei Beerdigungen keine Blumen spenden.
Du kannst deinen Hochzeitstag feiern, aber sonst nichts außer dem Todestag Christi.
Du darfst nicht mit jemandem vom anderen Geschlecht allein sein, insbesondere nicht, wenn du auf Brautschau bist.
Wir geben Frauen Rat, wie lang ihre Röcke sein dürfen, KEINE Schlitze und KEINE Hosen. Keine tiefen Oberteile, keine langen Ohrringe, und jede Haarmode muß gutgeheißen sein, ehe eine Frau irgendwelche Vorrechte in der Versammlung haben kann.
Du darfst deinen Körper nicht tätowieren lassen.
Bei den Zusammenkünften dürfen keine Lederjacken getragen werden.
Männer dürfen keine Bärte tragen, und das Haar hat kurz zu sein. KEINE Ohrringe.
Du darfst keine seichte Musik hören wie Rap, Disco, Heavy Rock.
Tanzen ist in den meisten Fällen unmoralisch, daher raten wir davon ab.
Keinerlei große Versammlungen.
Jede Zusammenkunft sollte allein von den Sektenältesten überwacht werden.
Keine Klubs, Discos, Musikfestivals
Du darfst keinen Mutter- oder Vatertag feiern, auch nicht Allerheiligen, Weihnachten, Neujahrstage, Geburtstage, Ostern, Junggesellenfeiern.
Du mußt während einer Versammlung immer eine Krawatte tragen und nie die Jacke ausziehen.
Du wirst jede Arbeit erledigen, die dir aufgetragen wird, weil sie ein Vorrecht ist, das schließt das Säubern der Toiletten und das Aufwischen der Gänge in einem Versammlungssaal mit ein. Das zeigt, daß du demütig bist.
Du darfst nie Zweifel an Sektenführern oder Ältesten haben, da sich das nicht geziemt!
Du mußt wenigstens 10 Stunden Sektenwerbung im Monat treiben, oder du wirst als schlechtes Beispiel für einen Christen bezeichnet und wir reden nicht mit dir.
Du solltest einmal im Jahr den Pionierdienst durchführen und 60 Stunden im Monat predigen.
Du mußt dich auf alle Zusammenkünfte vorbereiten und deine Hand heben und Kommentare geben, wenn du darum gebeten wirst.
Du mußt alle Kongresse besuchen, egal wo sie stattfinden, und Geld spenden, weil wir es brauchen.
Deine Kinder dürfen nicht mit anderen Kindern von Nichtzeugen spielen.
Deine Kinder dürfen nicht an Sport, an Spielen oder Entspannung nach der Schule teilnehmen.
Deine Kinder dürfen nicht zu irgendwelchen Feierlichkeiten oder Partys mit Nichtzeugen gehen.
Du darfst keine Schulfreunde nach Hause bringen.
Du darfst keine Schulfreunde gewinnen, die keine Zeugen Jehovas sind.
Du kannst keine Arbeitsstelle haben, wo du Tabak verkaufen mußt.
Du darfst keine Arbeit auf Kirchengelände haben, auch wenn du die Arbeitsstelle und das Geld dringend brauchst.
Du darfst keine Arbeit annehmen, aufgrund derer du die Zusammenkünfte versäumst (alle Schichtarbeit KOMMT NICHT IN FRAGE), selbst wenn du die Arbeit dringend brauchst.
Du darfst nirgendwo arbeiten, wo du vom Militär bezahlt wirst. Damit fördert man das Militär. Das beinhaltet auch Militärkrankenhäuser.
Du wirst an jeder geheimen Rechtskomiteesitzung teilnehmen und niemandem das Ergebnis mitteilen, wenn du vor die Sektenältesten gehen mußt.
Du wirst über nichts reden, wenn du die Sitzung verläßt, nicht einmal gegenüber engen Angehörigen..
Du darfst keine Bluttransfusionen annehmen. Lerne also für den Fall, daß du sterben mußt, die Auferstehungshoffnung kennen.
Du kannst deinem Freund, wenn er es braucht, oder deinen Kindern kein Blut geben.
Du darfst nicht rauchen, auch keine Pfeife oder Zigarren.
Weil so viele Menschen Alkoholiker sind, ist es besser, keinen Alkohol zu trinken.
Deine ganze Freizeit muß dem Predigen oder geistigen Zielen gewidmet sein..
Wenn du im Urlaub bist, mußt du dort am Orte alle Zusammenkünfte besuchen.
Du darfst keine Selbstverteidigungstechniken lernen, um dich zu schützen; schreie, so laut du kannst, nach Gott.
Du darfst dir keine nicht jugendfreien Filme ansehen.
Keine religiösen Bilder außer dem Jahreskalender der Zeugen Jehovas, auf denen religiöse Bilder sein KÖNNEN.
Kein Schmuck, der aus Kreuzen, St Christophorus-Anhängern, Amuletten oder Talismanen besteht. Keine Münzen in Ringen. Keine Fußkettchen, das macht dich zu einer Prostituierten.
Du mußt dort deine Besuche von Haus zu Haus machen, wo wir es dir sagen, und mit den Leuten reden, die wir dir auftragen.
Du darfst mit jemandem vom anderen Geschlecht nicht mehr als zweimal hintereinander oder regelmäßig zusammenarbeiten, weil das bedeuten kann, daß du eine Affäre hast. Auch dann nicht, wenn du dich in der Öffentlichkeit bewegst.
Du darfst weder tags noch nachts jemanden vom anderen Geschlecht in deinem Auto mitnehmen, wenn du alleine bist, da das zu einer Affäre führen könnte! Auch nicht, wenn es stark regnet, dunkel ist oder ihr Auto liegengeblieben ist, nicht einmal, wenn es alte Menschen sind..
Du darfst deinem Partner gegenüber deine Liebe nicht äußerlich bekunden, das könnte von Außenstehenden, die dich nicht kennen, als loser Lebenswandel angesehen werden.
Du darfst keine Schokoladenostereier oder Brötchen mit Kreuzeinschnitt kaufen.
Du darfst bei einer Zusammenkunft keine grellfarbige Kleidung tragen.
Du darfst keinen grellfarbigen Regenschirm benutzen.
Es sind keine Wildlederschuhe erlaubt.
Keine Manschettenknöpfe oder glänzende Armbanduhren oder Haarornamente bei den Zusammenkünften.
Wenn du der Wachtturmorganisation Geld leihst, darfst du keine Zinsen verlangen.
Wenn sie dir Geld leiht, mußt du Zinsen bezahlen!
Du solltest es vermeiden, teure Autos zu kaufen, wenn du nicht für einen Materialisten gehalten werden willst; aber im Dienste des Herrn dürfen wir sie benutzen!
Du solltest dir kein Haus kaufen, weil das Ende der Welt nahe ist.
Frauen sollten zu Hause arbeiten und keine Karriere im Sinn haben.
Männer sollten einfache Arbeiten annehmen, die gerade genügen, den Lebensunterhalt zu bestreiten, und nicht auf Beförderung aus sein.
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Neben den hier aufgeführten ungefähr neunzig gibt es etwa 1.400 Vorschriften alleine für das Personal, das in der Weltzentrale in den USA lebt, die sie befolgen müssen. Sie sind niedergelegt in einem Buch mit dem Titel „Branch office procedures". Dieses Regelwerk wird auch in allen Zweigen der Wachtturmgesellschaft in etwa 200 Ländern verwendet.
Gehe durch diese Liste und frage dich: Hättest du dich mit Jehovas Zeugen eingelassen, wenn dir die Liste vorgelegt worden wäre, als du erstmals Interesse an ihnen bekundetest? Ich meine, die meisten würden mir zustimmen: Eindeutig „NEIN". Aber wenn man dir langsam diese Regeln eingibt, wenn das über einige Jahre geht, dann wirst du nicht erkennen, wie viele Vorschriften es gibt, die jeden Aspekt deines Lebens regeln. Und das ist sozusagen nur die Spitze des Eisbergs. Und wenn du, der Leser, in der Wachtturmorganisation gewesen bist oder jemanden kennst, der ein Zeuge Jehovas gewesen ist, dann bist du dir sicher noch anderer Regeln bewußt, die dein Leben betreffen.
Alle diese Vorschriften und Erfordernisse werden Woche für Woche, Jahr für Jahr, in den regelmäßigen Zusammenkünften langsam eingetrichtert . . . und bald schon werden sie dein ganzes Leben bestimmen..


Kapitel 4
Anmaßende religiöse Gesetze übernahmen
die Kontrolle in unserem Leben


Nur wenige lassen sich überzeugen, die Mehrzahl der Menschen läßt sich überreden
J. W v. Goethe
Mit dem täglichen Ritual des Bibellesens, Gebetes, Studiums morgens verging schon der halbe Tag! Und was war abends? Die Abende waren ebenso schlimm. Die Zeugen haben fünf Zusammenkünfte in der Woche, eingeteilt in drei tatsächliche Treffenszeiten..

SONNTAG
Die Zusammenkunft am Sonntag bestand aus einer etwa 45-minütigen Ansprache; als wir Kinder waren, war es noch eine Stunde, später wurde das auf 45 Minuten abgeändert. Das ließ Raum für weitere 15 Minuten für Lieder und Gebete. Die zweite Stunde: Eine Frage-und-Antwort-Diskussion aus Material in der Zeitschrift „Wachtturm", herausgegeben von den Zeugen. Etwa eine Stunde. Diese Zusammenkünfte können morgens, nachmittags oder abends stattfinden.
DIENSTAG
Eine Stunde lang das sogenannte "Buchstudium", eine Frage-und-Antwort-Diskussion aus einer der Publikationen der Zeugen. Ich möchte aber sagen, daß es Unsinn ist, das eine Diskussion zu nennen! Man liest einen Absatz und stellt dann die Frage, und dann gibt man in eigenen Worten die Antwort aus dem Absatz, NICHT MEHR UND NICHT WENIGER. Sagst du mehr, als in dem Absatz steht, dann drängst du voraus, und das ist nicht erlaubt. Sagst du zu wenig, dann setzt du dich nicht genug ein. Du mußt dich auf das Buchstudium vorbereiten, Bruder!, sagen sie dann. Es ist ein langsames Eintrichtern in einem Tempo, das dir erlaubt, gerade genug aufzunehmen, aber nicht zuviel für den Fall, daß du Fragen stellst!
DONNERSTAG
Eine Übungsschule, die sogenannte „Theokratische Schule". Du sollst ein guter Redner in der Öffentlichkeit werden, entweder wenn du die Leute in den Häusern besuchen willst, mit gut einstudierten Darbietungen, oder um Ansprachen oder Darbietungen in den Zusammenkünften geben zu können. Dem folgt eine weitere Zusammenkunft, ehrlich gesagt die langweiligste, die ich je erlebt habe, die sogenannte „Dienstzusammenkunft". Es geht um neue Darbietungen, die man gebrauchen kann, neue Bücher und Literaturvorstellungen, Geschäftsberichte, die Berichte für den vergangenen Monat, was letzten Monat hätte sein sollen, was den letzten Monat hätte sein können und was hoffentlich im kommenden Monat sein wird; alles, um die Zeit auszufüllen, so daß du nach Hause gehst und denkst, wie wunderbar doch alles war.
Diese Zusammenkünfte dauern jetzt zwei Stunden einschließlich aller Lieder und Gebete, aber früher waren es zwei Stunden plus die Lieder und Gebete, und ganz bestimmt wurde jede Woche auch noch die Zeit überzogen. Ich erinnere mich so deutlich, daß es um 19.30 Uhr anfing, und es zog sich bis 22.00 Uhr dahin, ehe Schluß war, und dann mußten wir noch mehrere Meilen nach Hause gehen, selbst bei Frost. Nur um dann am nächsten Morgen wieder früh für die Schule aufzustehen, und dann ging alles wieder von vorne los. Wir lebten in der Gegend von Hornsey, und der Königreichssaal, wie er genannt wurde, war auf der anderen Seite des Dorfes Highgate auf ein Gebiet namens Finchley hin. Das war ein langer Weg, nicht nur, daß du sehen wirst, wenn du dir eine Landkarte ansiehst, daß das Gebiet von Highgate Village weitere 3/4 Meilen von der größten katholischen Kirche auf dem Hügel entfernt ist und einer der höchsten Punkte in London ist und du von dort aus ganz London überblicken kannst. So ging es den ganzen Weg den Hügel hinauf, und ich meine auch Hügel, also wirklich steil. Wir gingen zweimal die Woche diesen Weg. Manchmal nahmen wir den Bus, aber meistenteils gingen wir nach Hause, und für ein Kind ist dieser Weg sehr lang. Wir waren immer so etwa 22.45 Uhr bis 23.00 Uhr zu Hause und fielen ins Bett. Keine Zeit, noch etwas zu trinken, nur ins Bett fallen. Aber wie du später lesen wirst: So müde ich auch war, ich konnte nie einschlafen. Das andere, das mir noch im Sinn geblieben ist, waren die harten Stühle auf dem Holzboden, auf denen man uns sitzen ließ. Die leiseste Bewegung, und sie knarrten. Versuche einmal, ein Kind über zweieinhalb Stunden darauf sitzen zu lassen. Ich muß wohl den Weltrekord haben, gekniffen zu werden und Klapse zu erhalten und hinausgenommen zu werden, um ordentlich Schläge zu erhalten! Ich war nicht gerade jemand, der still saß.
Wenn man diese Zusammenkünfte jeden zweiten Tag hat, dann hat man sicher jeden anderen zweiten Tag frei . . .FALSCH! Wenn du ein guter Christ bist, dann wird von dir erwartet, daß du dich auf alle diese Zusammenkünfte vorbereitest und den ganzen Stoff nachschlägst und durchliest, ehe du gehst. Wenn du das nicht tust, runzelt man die Stirn und sieht dich als jemanden an, der all die geistige Speise nicht wertschätzt, die von Gottes Organisation kommt und die von der leitenden Körperschaft oder den Führern der Organisation geschrieben wird. Es heißt, daß diese Informationen nicht von Gott INSPIRIERT sind, aber sie werden doch so behandelt, weil man sagt, sie kämen von Gott durch seinen Geist.
Interessant ist, daß die Wachtturmorganisation selbst vor Gericht, wie in einem Fall vor dem Supreme Court in Amerika, als der Präsident gemäß der Niederschrift gefragt wurde, aussagt, daß die Zeitschrift „Wachtturm" zweifellos als das „Wort Gottes" angesehen werde. Die Antwort war nämlich „Ja". So steht gedruckt, daß sie nicht von Gott inspiriert ist, aber mündlich heißt es, daß sie als solche angesehen und behandelt wird, und jeder, der daran zweifelt, wird so angesehen, als zweifele er Gott selbst an. Wenn man Fragen stellt, wird einem entgegnet: „Wie kannst du es wagen, uns anzuzweifeln". Es wird deshalb akzeptiert, daß alles, was auch immer von der Bühne herab in Form von Vorträgen oder Ansprachen kommt, tatsächlich von Gott kommt, und das zweifelt man nicht an. Ich habe gehört, wie Zeugen sagten: „Ja, das wurde auf dem Kongreß von der Bühne herab so gesagt . . . bla, bla, bla, usw.", als ob es das unanfechtbar mache.
Jede Information, egal welche, wird als absolute Wahrheit angenommen, wenn sie in der Zeitschrift steht, in den von der Wachtturmorganisation herausgegebenen Publikationen. Selbst die Worte und Äußerungen von Ältesten werden fast so angesehen, als kämen sie von Gott, weil man ihr Urteil nicht anzweifeln oder ihren Rat nicht zurückweisen darf. Ich habe gesehen, wie Älteste versucht haben, ihr Gewicht in die Waagschale zu legen, einen Punkt klarzumachen, wenn einige vor ihrer Ernennung tatsächlich als vollkommen unerfahren und als komplette Idioten angesehen wurden, die nicht einmal mit den Dingen in ihrer eigenen Familie fertig wurden. Wenn sie sich irgendwie bedroht fühlen, dann sagen sie gewöhnlich mit lauter Stimme: „Nun, als Ältester . . . " bla, bla, bla. Dadurch soll man sich gering fühlen und einen Schritt zurückgehen. Viele unterwerfen sich aus Furcht vor Konsequenzen und einer Etikettierung als illoyal und folgen allem, was entschieden wird.
Vom Standpunkt der Zeugen aus wird jeder, der versucht, das, was gelehrt wird, anzuzweifeln, mit Argwohn angesehen und als möglicher Kandidat für Abtrünnigkeit oder als Verräter weit von sich gehalten und gemieden, bis er durch absolute Unterwerfung und eindeutigen Gehorsam gegenüber den Auslegungen und Vorgehensweisen der Führung beweist, daß er wieder in gutem Stand ist.
Es ist leicht zu sehen, wie jede Sekte, auch Jehovas Zeugen, das Leben eines Menschen bestimmen kann, wenn dieser davon überzeugt ist, daß er Gott wohlgefällt und im Austausch für seine Loyalität und Unterwerfung unter sie Vorrechte und Verantwortung erhält.
Kürzlich (1998) brachte eine Frauenzeitschrift in Großbritannien einen Artikel über Sekten, in dem einige Identifikationsmerkmale für Sektenorganisationen aufgelistet waren. Hier ein paar davon, aufgeführt unter der Überschrift „Sekten -- Die Gefahren". Darunter habe ich in gelbem Text Kommentare gesetzt.
Das Zitat lautet:

Sekten bezeichnen sich im allgemeinen nicht als solche, und auf den ersten Blick mögen sie als gewöhnliche religiöse Organisationen oder als solche für eine Persönlichkeitsentwicklung erscheinen. Woher weiß man dann, welche Gruppen gefährlich sind? „Family Action Information and Rescue", die Familien, die von Sekten betroffen sind, mit Rat und Tat beiseite steht, hob die folgenden Faktoren hervor, die einen mißtrauisch machen sollten:
*Ein Führer, der Göttlichkeit oder eine besondere Mission beansprucht, die ihm durch eine höhere Macht persönlich übertragen wurde, und unangefochtenen Gehorsam fordert. Jehovas Zeugen lehren, daß eine zentrale leitende Körperschaft von Gott dazu ernannt wurde, der alleinige Kanal der Anbetung zu sein, durch den Gott seinem Volk Erkenntnis, die sogenannte `WahrheitA mitteilt.
*Ein sinnvoller Austausch mit der Familie oder früheren Freunden wird deutlich beschränkt. Man sagt den Mitgliedern vielleicht, daß alles außerhalb der Sekte böse ist. Alle, die nicht dem Glauben angehören, werden als schlechter Umgang angesehen, und jeder Kontakt muß auf ein Minimum beschränkt werden, auch mit Angehörigen.

* Der Zweck der Sekte hat Vorrang vor den Bedürfnissen, Interessen und Absichten des einzelnen. Bei den Zeugen hat das Predigen von Haus zu Haus des Endes der Welt durch Gottes Königreich Vorrang vor allem anderen. Von beruflicher Selbständigkeit, Karrieren oder akademischer Bildung wird abgeraten.

* Bekehrte zeigen Anzeichen von extremer Spannung, Furcht, Schuld; es fehlt ihnen an Humor. Schuld und die Furcht vor einem Ausschluß sind die treibenden Kräfte, die Mitglieder unterwürfig und tätig im Werk der Organisation zu halten. Obwohl umgänglich, haben die Zeugen den Ruf, kalt und gefühllos gegenüber Außenstehenden zu sein, die in Not sind. Sie werden auch sehr ernst.
* Finanzielle Ausbeutung der Mitglieder, darunter unbezahlte oder sehr schlecht bezahlte Arbeit für die Sekte. Von den Mitgliedern wird erwartet, daß sie sich unentgeltlich und freiwillig an ihren vielen Bauvorhaben beteiligen und keine Ausgaben geltend machen. Die Zentrale verleiht Geld zu Zinsen, leiht sich selbst aber Geld ohne Zinsen.

* Rekrutierung durch Leute, die ausnehmend freundlich erscheinen, vereinfachende Antworten auf komplexe Fragen haben oder kostenlose oder sehr billige Mahlzeiten oder Vorträge anbieten. Mit freundlichem Lächeln und Gastfreundschaft werden alle Neubekehrten in die Wohnungen zum Essen eingeladen; wenn sie einmal getauft und in der Organisation sind, läßt man sie fallen und sie sollen alleine zurechtkommen. Man scheint auf alle Fragen eine Antwort zu haben.

"Das ist keine erschöpfende Aufzählung der Kriterien, doch jede Organisation, bei der mehrere Kriterien zutreffen, sollte mit Vorsicht behandelt werden", sagt „FAIR". Die Sprecherin Ursula McKenzie betont, es sei ein Mythos, daß nur „schwache" und junge Personen empfänglich für Sekten seien: „Unter den richtigen Umständen kann jeder empfänglich sein". Einmal in der Sekte, werden sie vielleicht in einem Status der Beeinflußbarkeit gehalten durch Schlafentzug, schlechtes Essen, intensive geistige Übungen und wiederholte Indoktrination. Wiederholte Indoktrination ist die Grundlage der Zusammenkünfte der Zeugen: Predige mehr, besuche alle Zusammenkünfte, lies die ganze Literatur, meide alles mögliche, das anderen Geistes ist. Zitat Ende.
Die Zeugen lehren und zitieren Jesu Worte aus dem Evangeliumsbericht: „Die Wahrheit wird euch frei machen". Nach allem, was ich gesehen habe und jetzt nach vielen Jahren der Gemeinschaft mit ihnen weiß, wissen die meisten nicht, was Rede- oder Gedankenfreiheit ist und weichen schnell vor jedem zurück, der dieses Recht ausübt und seine eigenen Gedanken äußert.
Viele Bücher sind über Gedankenkontrolle und Gehirnwäsche geschrieben worden. Ich glaube nicht, daß Jehovas Zeugen zu Gehirnwäsche greifen, denn damit gehen gewöhnlich Gewalt und Zwang einher. Gedankenkontrolle ist die Kunst zu manipulieren, und „Gedankenreform" die Manipulation der Gedanken in einer Weise zwingender Überredung, gewöhnlich initiiert von der Person selbst durch ihre Fragen, wodurch der Weg geebnet wird und man selbst für eine solche Manipulation empfänglich wird, wodurch das Opfer sehr leicht hineingesogen werden kann, wenn die Person oder die Personen, der/denen sie vertraut, als wirkliche Freunde angesehen werden, als jemand, der sich um einen bemüht und sagt, er hätte nur die reinsten Beweggründe. Ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen, weil das ein anderes Thema ist, hier einige der Schritte, nach dem Gesagten Ausschau zu halten und Gedankenkontrolle oder -reform, wie sie von Sekten verwendet wird, auszumachen.
1/ MILIEUKONTROLLE.
Kontrolle der Umgebung und der Kommunikation, das heißt, was man sieht, beobachtet, hört, liest, mit wem man Umgang hat, die Interessen: alles muß den Führern berichtet werden. Man muß ihnen Rede und Antwort stehen.
2/ MYSTISCHE MANIPULATION.
Sie sind von einem Mysterium umgeben, sehen sich als alleinige Wächter „der Wahrheit", des Lichtes. Sie greifen zu Taktiken - der Zweck heiligt die Mittel. Die Mitglieder verraten oder melden der Organisation Freunde, die ihnen vertrauten und sich ihnen anvertrauten. Sie haben keine Zeit für ein persönliches Leben oder um über die eigenen Interessen im Leben nachzudenken.
3/ FORDERUNG NACH REINHEIT.
Alles ist schwarz/weiß, nichts ist grau . Nur wer den Ideen und Regeln der Organisation unbedingt folgt, ist gut. Wer Fragen stellt oder nicht übereinstimmt, ist boshaft, böse, er muß gemieden werden. „Sie allein" hat die Macht, zu vergeben. Sie zeigt auf die Schwächen und Fehler anderer und macht den Eindruck, sie allein sei vollkommen, sauber, ein reines erwähltes Volk.
4/ BEKENNTNISKULT.
Mitglieder haben innere Konflikte, welche Gedanken und persönlichen Geheimnisse sie behalten und welche sie offenbaren sollen. Wenn sie von Sünden anderer wissen, müssen sie sie berichten, sonst machen sie sich selbst schuldig und haben teil an den Sünden; Gebrauch eines Informantensystems. Personen fühlen sich sicher, erhalten eine Antwort auf alle Fragen (vereinfachende Antworten auf schwierige Fragen) und Probleme, egal wie kompliziert und schwerwiegend:
5/ GEHEILIGTE WISSENSCHAFT.
Jeder, der nicht übereinstimmt, ist unwissenschaftlich; wiederum haben sie alle Antworten. Es gibt auf alles eine Antwort und wenn nicht, dann muß man auf Gott warten und der Gewalt oder der Organisation die Treue halten. Wer das nicht tut, ist illoyal, untreu, man kann ihm nicht trauen. Wer nach Antworten sucht, wird beschuldigt, er eile Gott oder der Organisation voraus. Die Gewalt, die Organisation wird überleben, nicht der einzelne. Die Mitglieder stehen unter dem Zwang, zu bleiben, auch wenn sie vielleicht krasse Irrtümer sehen oder Zeugen von Heuchelei werden..
6/ TENDENZSPRACHE.
Der Gebrauch von „Wendungen" und „Klischees", das heißt Wortwendungen für gut und böse, Etikette für Gruppen oder einzelne Mitglieder. Beschränkt die Mitglieder auf sich selbst; andere können durch die Art, wie man spricht und welche Worte man gebraucht, sagen, wer man ist. Isoliert von der Realität; Probleme, mit Außenstehenden zu reden, die nicht dieselbe Sprache sprechen. Außerhalb der Gruppe Gefühl des Alleinseins. Man verläßt sich auf die Gruppe, um glücklich, zufrieden und anerkannt zu sein.
7/ LEHRE STEHT ÜBER DEM MENSCHEN.
Man muß Lehren und harten, starren Regeln die Treue halten. Man darf keine eigene Persönlichkeit, keine Fähigkeiten, keinen eigene Charakter entwickeln. Die Lehre hat mehr Gewicht als die eigene Lebenserfahrung. Wenn ein Konflikt entsteht, ist deine Erfahrung verkehrt, sie kann einfach nicht stimmen! Absolute Unterwerfung unter alle Glaubenssätze wird gefordert, die Vorstellungen von Mitgliedern werden beiseite geschoben. Wenn sich Glaubenslehren ändern, müssen sich auch die Mitglieder ändern, um sich anzupassen und frühere Gedanken, so es sie je gab, verleugnen. Wenn man sich schlecht fühlt, kommt das daher, weil man nicht genug glaubt oder weil man sich nicht voll einsetzt. Dann muß man mehr tun.
8/ ERLAUBNISERTEILUNG ZU LEBEN.
Sie entscheiden, wer leben oder sterben sollte. Welche Geschichtsbücher benutzt werden können: gewöhnlich diejenigen, die die eigenen Lehren stützen. Wer in der Organisation ist, ist es wert, zu leben; wer außerhalb ist, ist des Todes würdig. Die Furcht vor einem Ausschluß hält die Leute unter Kontrolle und ist der Beweggrund, alles zu tun, was man ihnen aufträgt, selbst wenn sie es nicht tun möchten.
Aus den genannten Identifikationsmerkmalen ist es für mich offenkundig, daß Jehovas Zeugen gegenüber den Mitgliedern starke Sektentaktiken und Manipulationsprozeduren auffahren. Daran habe ich keinen Zweifel. Sich dessen bewußt zu sein, hilft uns, uns davor zu bewahren, Opfer vieler anderer solcher Organisation und aufkommender Gruppen zu werden. Es wäre eine Katastrophe, einer Sekte zu entrinnen, nur um sich dann als Opfer einer anderen wiederzufinden!
Um zu zeigen, wie Sektendenken ein vernünftiges Urteil verdunkelt, soll die folgende Begebenheit veranschaulichen, wie enge familiäre Bedürfnisse zugunsten der Bedürfnisse derer beiseite geschoben werden können, die in einer Sekte oder Gruppe sind, die nun als die 'wahre Familie' angesehen werden.

In den 1980er Jahren war meine Mutter nach Wales (Großbritannien) gezogen. Nun wollte sie wieder zurück nach London und bat meine Großmutter um einen Brief an die Behörden mit der Bitte, daß sie wieder eine Wohnung in London bekäme, damit sie für ihre Mutter sorgen könne, und schickte diesen an die örtlichen Behörden. Meine Mutter hatte gesagt, sie wolle für meine Großmutter sorgen, und ein Umzug zurück wäre der beste Schritt dazu, weil sie das aus so großer Ferne nicht tun könne. Sie akzeptierten die Bitte, denn es ist ja weniger Arbeit für die örtlichen Sozialdienste, wenn ein Angehöriger in der Nähe lebt. Doch sobald meine Mutter die Wohnung bekommen hatte, begann sie nicht etwa für meine Großmutter zu sorgen, sondern statt dessen ging sie direkt an ihrer Tür auf demselben Gang des Wohnhauses vorbei und besuchte andere alte Leute, die durch sie mit Jehovas Zeugen studierten. Sie erledigte sogar Einkäufe und arbeitete für diese Leute. Meine Großmutter hörte davon und war sehr erregt, wie ihre eigene Tochter dies tun konnte, nachdem sie alles getan hatte, um ihr die Wohnung zu besorgen.
Man muß nicht noch sagen, daß der Rest der Familie sehr wütend war und sie verstieß und sich sogar weigerte, mit ihr zu reden. Während all dies vor sich ging, lobten die Ältesten der Versammlung ihr wunderbares Werk, wie sie 'die einzige Hoffnung für die Menschheit' verbreitete und die ganze Zeit damit verbrachte, all diesen Menschen zu helfen. Für sich selbst fühlte sich meine Mutter völlig gerechtfertigt, für diese nicht mit ihr verwandten Leute zu sorgen, weil diese ihre neue, voraussichtliche Familie 'im Herrn', wie sie sagen, wären. Und die eigene Mutter beiseite zu schieben, war völlig akzeptabel, da meine Großmutter nicht Jehova diente und eh wie tot war. So argumentierte sie, und das lehrt die Wachtturmorganisation. Man kann recht deutlich erkennen, warum so viele Menschen in der Öffentlichkeit denken, Jehovas Zeugen zerbrächen Familien und reißen sie auseinander: wegen ihrer Vorgehensweisen, des unvernünftigen Denkens und des verdrehten Verantwortlichkeitsgefühls, um den Willen Gottes zu tun. Diese Ansicht wird dadurch verfestigt, daß jeder, der gegangen ist oder die Gemeinschaft verlassen hat, als tot angesehen und nicht einmal gegrüßt wird, wenn er auf der Straße gesehen wird.
„Seid reichlich beschäftigt im Werk des Herrn" ist eine weitere biblische Wendung, die die Zeugen benutzen, wenn man völlig mit Arbeit zugeschüttet ist . . . aber welche Auswirkung hat das auf den einzelnen und insbesondere die Kinder?


Kapitel 5
Zuviel Arbeit ist ungesund, auch für mich und meinen Bruder


Der Charakter ist wie ein Baum und der Ruf wie sein Schatten. Wir glauben, den Schatten zu sehen, aber das Reale ist der Baum.
Abraham Lincoln
Wenn sich Menschen ansehen, dann halten sie selten inne und fragen: „Ich möchte doch gerne wissen, was für ein Leben oder was für eine Kindheit er hatte." Sie sehen, wie man etwas tut und reagieren darauf, ohne zu verstehen, wie man so geworden ist, daß man etwas so tut, wie man es tut. Die Leute machen sich selten klar, daß die äußere Hülle nicht immer der eigentliche Mensch ist, aber ohne Fähigkeiten und Erkenntnis sowie Erfahrung weiß man nicht, wie man sonst mit einer Situation fertig werden soll. Ich habe mir selbst und anderen gelegentlich Schmerz und Trauer bereitet; nicht daß ich ein schlechter Mensch bin, aber ich bin einfach manipuliert und vor Schuldgefühlen völlig verwirrt, so daß ich jahrelang nicht wußte, wie man ausgeglichen sein soll, um vernünftige oder ehrliche Entscheidungen zu treffen. Manchmal war ich sehr dogmatisch, anmaßend, fanatisch, rechtfertigend, unvernünftig, ein Perfektionist in allem, was ich tat, und mit hohen Erwartungen an andere. Vieles davon ist auf das zurückzuführen, was ich als Kind war und was von mir als Kind erwartet wurde, und auch auf die Zeugenorganisation.
Seit früher Kindheit wurde ich dazu erzogen, zu arbeiten und alles für mich selbst zu tun. Ich beklage mich nicht darüber, daß es falsch ist, wenn Eltern ihren Kindern beibringen, auf eigenen Füßen stehen zu lernen, aber Eltern müssen im Sinn behalten, daß Kinder NUN EINMAL KINDER SIND, keine Arbeitspferde oder Sklaven. Sie gedeihen auch durch Zuneigung und Liebe. Ich erinnere mich, wie ich vor ein paar Jahren den Musicalfilm 'Oliver' gesehen habe, und wie einsam diese armen Kinder gewesen sein müssen, überarbeitet, hungrig, und am schlimmsten von allem keine Liebe oder Zuneigung. Ich bekomme immer einen Kloß im Hals, wenn ich einige dieser Lieder und Melodien höre, weil mir das Gefühl, wie Oliver es ausdrückt, nahe geht und so sehr wirklich für mich scheint. Oh, auch wenn nicht in der Zeit von Dickens gelebt habe: ein Leben ohne Zuneigung, mit Furcht, Schlägen und Leiden ist zu jeder Zeitperiode dasselbe.
Nach den täglichen Ritualen, religiöse Schriften zu lesen, zu den Zusammenkünften zu gehen und sich vorzubereiten usw, war Arbeiten das Nächstwichtige. Steh auf und mach dein Bett, du bist an der Reihe, das Geschirr zu spülen, nimm den Müll mit. Aber dann kamen die anderen Pflichten. Den Boden aufwischen, die Terrasse saubermachen, die Fenster putzen, den Messingtürknopf und den Briefkasten polieren, die Toilette und das Bad reinigen und auswaschen. Die Fliesen reinigen, Wäsche von Hand waschen, sie ausspülen, sie zum Trocknen nach draußen hängen, sie wieder hereinholen und bügeln, alles wegräumen. Den Herd abwaschen und säubern, alle Metallteile polieren. Den Staubsauger und die Besen reinemachen, die Mops und andere Reinigungsutensilien waschen. Die Möbel polieren. Überall in der Wohnung Staub wischen. Essen bereiten: Kartoffeln schälen und Gemüse putzen, den Backofen und die Regale schrubben und eine ganze Liste anderer täglicher Reinigungsarbeiten. Und über allem noch Einkaufen gehen, bis zu achtmal hin und her, um alles zu bekommen, während meine Mutter uns Anweisung gab, was und wo einzukaufen wäre, und es ZURÜCKBRINGEN, wenn es nicht richtig war. So manches Mal haben wir das Falsche erwischt, dann bekamen wir eine ordentliche Tracht Prügel, aber dann durften wir noch eine halbe Stunde hinaus, um es umzutauschen. Draußen sein war 'die Freiheit', auch wenn ich mit Tränen und Schmerzen die Straße entlangging, während in meinem Kopf die Worte meiner Mutter widerhallten: „Bleib nicht stehen und rede mit niemandem."
Wo war meine Mutter, wenn mein Bruder und ich jeden Tag an die Arbeit gesetzt wurden? Sie war draußen, um von Haus zu Haus zu predigen und den Leuten zu erzählen, was für eine feine christliche Familie sie hatte und wie sie ihnen helfen könnte, eine glücklichere Familie wie wir zu werden! Ich bezweifele, daß wir die ganzen Schulsommerferien über, die zwischen sechs und sieben Wochen dauerten, auch nur einen Tag hatten, an dem wir hinaus zum Spielen gehen konnten. Und wenn, womit? Wir hatten nichts! So bedeutete es die meiste Ferienzeit über, egal welche Jahreszeit, daß wir wählen mußten, ob wir jeden Tag stundenlang zum Predigen von Haus zu Haus mitgeschleppt werden wollten oder zurückblieben, um Arbeiten im Haus zu erledigen. Wenn wir, mein Bruder und ich, zurückblieben, dann schauten wir aus dem obersten Fenster und konnten sehen, wie alle anderen Kinder spielten; ja, sie hatten sogar Fahrräder und Eis vom Eiswagen, der jeden Tag vorbeikam. Hin und wieder bekamen wir eins, aber das war sehr selten; wir waren wie Gefangene im eigenen Haus ans Arbeiten gesetzt und hatten Angst vor Strafe, wenn meine Mutter nach Hause kam und die Arbeit nicht getan war.
Selbst im Sommer, wenn es abends noch lange hell war, mußte ich, bis ich 13 Jahre alt war, um 18.30 Uhr ins Bett, wenn abends keine Versammlung war. Oder wir mußten studieren und uns auf die Zusammenkunft vorbereiten, was losging, sobald wir von der Schule zu Hause waren. Mein Bruder und ich, wir mußten im Bett sein und durften nicht mit offenen Augen liegen oder miteinander reden. Wenn unsere Mutter hereinkam und sah, daß wir die Augen offen hatten, oder uns reden hörte, zog sie die Bettdecken zurück und verabreichte uns mit einem Lederriemen eine ordentliche Tracht Prügel, manchmal auch mit dem Schnallenende oder mit einem Stock. Es war ihr egal, wo uns die Schläge trafen, solange wir nur geschlagen wurden, und wo wir beiden Jungen nun einmal dürr und zerbrechlich waren, hatten wir oft blaue Flecken und waren übel zugerichtet, so daß wir uns kaum bewegen konnten, wo wir fastgelähmt waren von den schmerzenden Schlägen. Ich erinnere mich, wie mein Bruder zusammengerollt auf dem Boden lag, wie meine Mutter auf ihn losging, zu entsetzt, um zu schreien, weil ich dann auch noch verprügelt worden wäre. Ich denke ganz ehrlich, daß mein Bruder mehr geschlagen wurde als ich, da ich wegen meiner Kinderlähmung der Schwächere war, aber ich habe auch meinen Teil Prügel erhalten. Ich erinnere mich, wie meine Mutter so manches Mal in unser Schlafzimmer stürzte, auch wenn wir nur miteinander flüsterten, und schrie: 'ich versuche, zu studieren', womit sie die Vorbereitung auf die Zusammenkunft meinte, und auf uns losging. Es mußte absolut ruhig sein, kein Laut, wenn sie las. Mein Vater verbrachte dann seine Zeit in einem anderen Zimmer und dachte, wir hätten darum gebeten, zu der Zeit schon ins Bett zu gehen, weil sie ihm das gesagt hatte. Selbst meine Verwandten riefen an und fragten, ob sie uns mit hinausnehmen könnten, und sie sagte ihnen dann immer, es gehe uns nicht gut und wir seien im Bett oder wir würden gerne früh ins Bett gehen. Auf diese Weise, wenn wir nicht auf waren, konnten wir nicht mit jemandem verkehren, der kein Zeuge Jehovas war.
Die Besessenheit meiner Mutter, zu studieren und zu predigen, wurde zum Mittelpunkt ihres Lebens; nichts anderes war mehr von Bedeutung, nicht einmal mein Vater. Wenn mein Vater uns hinaus in einen Park oder zu einem Picknick nehmen wollte, ging auch meine Mutter mit . . . aber mit einer großen Tasche voller Bücher und Zeitschriften, und sie las dann die ganze Zeit über und ließ meinen Vater in Ruhe. Er erkannte, daß da ein Problem bestand, denn selbst zu Hause saß sie die halbe Nacht auf und las. Mit der Zeit, als ich ein Teenager war, trennte sich meine Mutter selbst von meinem Vater. Sie sagte mir, da sie glaube, sie komme in den Himmel, sähe Gott sie als vollkommen an, und mit jemandem, der unvollkommen sei, eine Beziehung zu haben, sei eine Sünde. Inzwischen war sie außer Kontrolle geraten. Sie verursachte meinem Vater so viel Schmerz, und folgte ihm Jahre später überallhin, um sein Leben zu ruinieren, weil sie sagte, er sei böse; sie ließ sich von ihm scheiden und hatte ein Verhältnis mit einem anderen Mann. Sie ließ meinen Vater in Frieden, und er war frei zu heiraten, was er Jahre später auch wieder tat.
Meine Mutter machte meinem Vater das Leben so schwer, daß sie ihn zur Verzweiflung brachte, und so sehr an ihm herumnörgelte, daß er fast geisteskrank wurde. Eines Tages hatte mein Vater, der tropische Fische gern mochte, sein großes Aquarium gereinigt, und meine Mutter redete unaufhörlich auf ihn ein. Er hatte gerade alles eingerichtet, da rastete er aus, und um ihren Mund zu stopfen, packte er sie und tauchte ihren Kopf in das Aquarium mit den Tropenfischen. Es gab ein riesiges Aufblinken und einen Knall, und alle Fische begannen auf der Oberfläche zu treiben! Wir verloren alle Fische, aber es kühlte sie für eine Weile ab. Wir Jungen dachten, das sei wirklich spaßig, und lachten uns kaputt!
Ich will auf unser Leben zu Hause zurückkommen. In unserer Küche hatten wir einen hohen Schrank, und dort wurden die Besen und die Mops und auch die anderen Reinigungsutensilien aufbewahrt. Aber dort bewahrte meine Mutter auch einen Bambusfederstaubwedel auf. Dieser Staubwedel mit dem Bambusstiel war die größte Ursache von Schmerz und Kummer, die wir als Kinder kannten, und es versetzte uns schon in Furcht, wenn meine Mutter an den Türknopf des Schrankes reichte, weil sie ohne Vorwarnung mit solcher Schnelligkeit zuschlug, daß es einen schon fast lähmte. Kapitel 8 läßt noch einmal einige dieser Begebenheiten lebendig werden.

Kongreßarbeit
Wenn das noch nicht reichte, da waren auch Kongresse, für die man sich freiwillig melden konnte; nein, freiwillig melden mußte. Meine Mutter meldete sich immer am Freiwilligentisch und sagte: `Wir kommen alle und verrichten eine freiwillige Tätigkeit.A Gott, wie ich das `wirA haßte. Es hört nie auf, mich in Erstaunen zu versetzen, wie Menschen sich ohne Ende über niedrige Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen beklagen und einen doch in einer Organisation, die den Anspruch erhebt, von Gott selbst geleitet zu werden, davon überzeugen, es sei tatsächlich ein `wunderbares VorrechtA, für diese Organisation für absolut nichts zu arbeiten, nicht einmal für ein Essen. Ich vermag nicht zu sehen, wie jemand, der am Tag zuvor zwei Teller mit einem Currygericht gegessen und sie mit ein paar Gläsern Bier heruntergespült hat, zu einem Kongreß spaziert und sich dazu entschließt, auf einer Kongreßtoilette, die ständig von mehreren Hundert Anwesenden gebraucht wird, alles wieder herauszulassen. Und dann soll es ein Vorrecht sein, wenn er sie auf Händen und Knien reinigt und Älteste organisieren und überwachen die Arbeit (und tun es nie selbst) und sagen einem: „Ja, das ist alles für Jehova, mach nur weiter, freust du dich nicht, hier mit allen Brüdern zusammen zu sein?"
Die Arbeit bei Kongressen der vergangenen Jahre war enorm, und ich erinnere mich, wie Jahr für Jahr große Kongresse in Fußball- oder Rugbystadien wie Wembley und Twickenham abgehalten wurden, wo man stundenlang beim Essen anstand. Arbeiten, Tausende von Tabletts abwaschen, wie sie bei der Armee oder in Gefängnissen benutzt werden. Das Essen war einfach widerlich und fast immer kalt . . . aber nicht vergessen: Es ist ein Vorrecht, dort zu sein!
1965 wurde ich mit meinem Bruder von der Victoria Station, London, aus in einem Reisebus nach Schottland zu einem Kongreß mitgenommen. Die Fahrt dauerte 13 Stunden, und zweimal wurde angehalten. Bei dem Kongreß dauerten die Vorlesungen von 9.30 morgens bis 21.00 Uhr abends, und wir hörten Ansprachen, in denen gesagt wurde, daß der Teufel `auf immer und ewigA `in den Feuersee geworfenA werde, und ich erinnere mich, wie ich dachte: Oh Gott, das dauert ja noch länger als dieses hier! Wir wurden zu einem Zeltlager gebracht, wo kein Essen erlaubt war. Wir schliefen in einem Zelt ohne Boden, und mit nur einer Decke pro Person war es eiskalt. Als wir morgens aufstanden, mußten wir quer durch das Zeltlager zu einer Hütte mit Duschen, ewig lange in einer Schlange stehen und uns mit kaltem Wasser waschen. Meine Mutter kaufte mir ein Paar Schuhe in einer komischen Größe. Der linke Schuh war größer als der rechte, und ich rutschte immer heraus, wenn ich ging. Wir trugen kurze Hosen, und der Aufenthalt war die längste Tortur, an die ich mich je erinnern kann. Ich war die ganze Zeit über hungrig, mir war kalt, und ich wurde immer, wenn ich mich beklagte, geschlagen. Mein Vater konnte nicht mitkommen, weil er arbeitete, so zerrte meine Mutter uns Jungen mit zu etwas, von dem wir dachten, es sei Urlaub, aber es waren fünf Tage Elend. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich geschlagen wurde.
Ich erinnere mich, daß mir sogar an einem Nachmittag, als wir im Kino waren, gesagt wurde: „Schau auf den Boden, sieh dir das nicht an", als etwas auf die Leinwand kam, von dem meine Mutter dachte, es sei unchristlich, das zu sehen. Sie kniff mich so hart, daß ich fast aufsprang, meine Beherrschung verlor und vor allen Leuten schrie: „HALT DEINEN MUND UND LASS MICH IN RUHE". Sie war wirklich wild, und ich bekam eine ordentliche Tracht Prügel, als ich draußen war: Schlag auf Schlag. Ich schluchzte auf dem ganzen Nachhauseweg und mußte mit anhören, wie sie meinem Vater sagte, wie ich mich aufgespielt und sie im Kino in eine peinliche Situation gebracht hatte und ohne Essen ins Bett geschickt werden mußte, was im übrigen eine regelmäßige Strafe für jedes kleinere Vergehen war.
Das strenge Vorgehen bei Bestrafung war nun nicht die Strafe selbst, sondern die seelische Grausamkeit. Und die nächste Taktik war, uns soviel Angst vor Gott einzubleuen, daß wir es nicht einmal wagten, `daran zu denken, etwas Verkehrtes zu tunA, geschweige denn, es auch tatsächlich zu tun.
Und hier kommt das Okkulte auf den Plan . . .


Kapitel 6
Das Okkulte, Finsternis und Schlaflosigkeit


Wirkliches und eingebildetes Böses haben dieselbe Wirkung auf den menschlichen Sinn.
Autor unbekannt
Furcht ist eine erstaunliche Waffe. Ich habe einen Freund, der den dritten Dan in Judo hat und zäh wie Leder ist, wie man so sagt, aber wenn er nur eine Injektionsnadel sieht, fällt er schon fast in Ohnmacht. Er würde eher einen wütenden Mob angreifen, als eine Injektion zu haben. Das ist eher eine Phobie. Aber der Punkt ist, daß Furcht einen dazu bringen kann, etwas zu tun oder auch zu lassen. Nichts ist für ein Kind so entsetzlich, als im Dunkeln allein zu sein und gesagt zu bekommen, daß etwas da ist und hervorkommt, wenn man ungehorsam oder ungezogen ist.
Meine Mutter war direkt besessen danach und benutzte es, um meinen Bruder und mich seit frühester Kindheit an zu manipulieren. Sie war bei einer Spiritistin vorbeigegangen und hatte eine Menge Dinge in den Diskussionen mit ihr gelernt. Die Frau war tatsächlich ein Medium. Meine Mutter ließ uns niedersitzen und kramte einige alte Bücher hervor und begann, uns Bilder von Schwarzer Magie und Hexerei und die Masken zu zeigen, die von den hohepriesterlichen Hexern getragen wurden und die mich ganz und gar erschreckten. Ich erinnere mich an jenen Tag, als sei es erst vor wenigen Augenblicken gewesen, daß mir meine Mutter zeigte, wie der Priester den geopferten Menschen das Herz herausschnitt und das Blut trank. Sie ging in alle Einzelheiten über Voodoo und Magie, und wie sie benutzt werden können, um Verwünschungen auszusprechen, und wie man Nadeln in eine Puppe sticht, die jemanden töten konnten; und sie zeigte uns Bilder davon. Ich war so entsetzt, daß ich vor Angst schlotterte und zitterte, und diese Furcht dauerte viele Jahre. Auch als ich schon zur Schuloberstufe ging, ging ich, selbst mit 15 Jahren nicht, alleine eine Treppe hoch. Ich hatte furchtbare Angst, irgendwo um eine Ecke zu gehen, wenn ich nicht wußte, was da war. Es brauchte lange Zeit, bis ich darüber hinweg war, und ich hatte immer noch Alpträume und entsetzliche Träume während meiner ersten Ehe, als ich schon über zwanzig war (Bild oben: Ektoplasma während einer spiritistischen Sitzung; Plasma, das hervorkommt und eine Erscheinung bildet, Das ist die Art von Bildern, die meine Mutter uns zeigte, als wir kleine Kinder waren, 7 Jahre und älter).
Ich sah Bilder, wie Leichen aus dem Grab hervorgeholt wurden und umhergingen, Levitation und Verunstaltungen. Das Bild, das mir den meisten Schrecken einjagte, war dasjenige, wo während einer spiritistischen Sitzung weißes Plasma aus dem Mund einer Frau kommt. Ich war so verängstigt, daß ich schrie und mich in der Ecke eingerollt versteckte, bis es Zeit zum Bettgehen war. Ich war hysterisch. Meine Mutter sagte dann: "Ja, wenn du Jehova dienst . . . dann hast du doch nichts, wovor du dich fürchten mußt."
Ich hatte immer große Angst davor, ins Bett zu gehen, weil alles, was ich sehen konnte, diese Bilder waren. So manches Mal wachte ich auf und schrie wegen einiger der entsetzlichsten Alpträume, die man sich vorstellen kann. Allein gelassen in einer Leichenhalle mit verwesenden Leichen; eingeschnitten oder aufgeschlitzt mit Rasiermessern; rennend, aber nie in der Lage, vom Fleck zu kommen; fallend und entsetzliche Gesichter sehend. Meinem Bruder ging es ebenso wie mir, und für eine lange Zeit hatte er immer wieder denselben Alptraum und sagte, daß eine entsetzlich tiefe Stimme ihn aufweckte und sagte: "Ich bin grausam, nicht wahr?" Das machte meinen Bruder verrückt, und er war so versteinert wie ich, auch nur zur Toilette zu gehen.
Wir hatten einen langen, dunklen Flur, der die Form eines "L" hatte, und man mußte um eine Ecke gehen, um in die Toilette und das Badezimmer zu gelangen. AUF KEINEN FALL konnte man den Flur entlanggehen, nachdem die Sonne untergegangen war, und wenn, dann nur wir beide zusammen. Wir gingen sogar zusammen in die Toilette, und wenn wir drinnen waren, waren wir zu verängstigt, die Tür wieder aufzumachen und hinauszugehen. Erst viele Jahre später bestätigte mein Vater, daß er dasselbe empfand und daß ihn ein eisiges Gefühl überkam, wenn er den Flur entlang und um die Ecke ging.
Später verließen wir die Wohnung; zuerst mein Bruder und dann, einige Wochen später, ich, um bei unseren Großeltern zu leben, da unsere Urgroßeltern gestorben waren und ein hübsches Appartement hinterlassen hatten, das meine Großmutter mieten wollte. Als wir davon hörten, packten wir die Gelegenheit beim Schopf und bettelten sie an, es uns zu überlassen, was sie auch tat. Ich war zum Polizeirevier gegangen, um zu fragen, ob wir unsere Wohnung verlassen könnten und wie die Gesetzeslage hier aussähe. Ich erzählte der Polizei, daß ich ständig geschlagen wurde und alle meine Dinge zerstört wurden, aber sie waren wirklich nicht so interessiert. Der Polizist sagte nur, daß man mich als Minderjährigen nach Hause bringen könne, weil ich gerade einmal 15 Jahre alt war, aber er fügte hinzu, wenn ich bei einem Verwandten wohnen würde, dann könne ich dort bleiben. Das war alles, was ich hören wollte, und ich ging. Was zu diesem Entschluß führte, wird in Kapitel 13 näher ausgeführt. Meine Mutter hatte meinen Vater lange Zeit im Griff, bis er erkannte, was geschah, daß wir ihm nicht erzählen konnten, was wir durchmachten, wenn er nicht da war.
Jetzt fürchte ich mich nicht mehr vor der Dunkelheit und nichts regt mich mehr wirklich auf, außer daß ich mit 47 Jahren nie schlafe. Als ich ein Kind war, lag ich immer im Bett, immer am frieren und mit einem Kopfkissen, das ich um beide Gesichtshälften packte und mit der Decke hoch bis zu den Augen. Selbst das leiseste Geräusch hielt mich wach, und für viele Jahre litt ich unter extremer Schlaflosigkeit, weil ich Angst hatte, einzuschlafen und dann wieder die Alpträume zu durchleben, die so entsetzlich waren, daß sie mich für Wochen krank machten. Ich konnte keinerlei Schularbeiten erledigen, weil ich mir darüber Sorgen machte, was in der kommenden Nacht wieder geschähe; so ruinierte diese Angst meine schulische Laufbahn.
Diese Methoden wären heutzutage Gründe, einer Mutter das Kind wegen seelischer Grausamkeit wegzunehmen, und jede solche Mutter könnte sogar gerichtlich belangt werden. Doch wie beweist man wiederum das, wenn ein Kind solche Angst hat, sich zu äußern, da es vielleicht wieder in dieselbe Situation zurückkehren muß, und alles kann noch schlimmer sein als zuvor. Einem Kind den Kopf mit Gedanken daran vollzustopfen, daß Satan es in der Nacht aufsuchen könnte, oder solche Bilder zu zeigen, daß es selbst einem hartgesottenen Erwachsenen den Magen herumdreht, kann solche seelischen Narben hinterlassen, daß wie bei einer körperlichen Wunde die Schmerzen aufgehört haben mögen; die Narben bleiben aber für immer.
Damals in den 1960er Jahren gab es noch nicht diese Hilfsgruppen, die jetzt bestehen, und auch nicht die Kindernotrufleitungen; so schätze ich, daß ich mich sehr isoliert und allein fühlte, und sehr verletzlich.
Diese Angst brachte mich dazu, solche schrecklichen Probleme zu entwickeln, daß es wie gesagt mein Schulleben ruinierte. Ich fing an zu stottern, und wenn das Klassenbuch hervorgeholt wurde, um die tägliche Anwesenheit festzustellen, sollte ich, wenn mein Name genannt wurde, sagen: "Anwesend, Sir", aber ich brachte nur "anwesend" heraus. Das machte mich so fertig, daß ich monatelang die Schule schwänzte, durch die Parks lief und mich an Orten versteckte, wo es schön war. Ich hatte auch Perioden von Bettnässen, und ich wußte, wenn das geschah, dann war das eine große Last für mich. Jedesmal wenn es passierte, packte meine Mutter mich bei den Haaren, schleppte mich ins Schlafzimmer und rieb mein Gesicht darin. Und dann schlug sie mich mit einem Bambusrohr oder -stock, bis ich nicht mehr stehen konnte. Man gab mir dann nichts zu essen, und ließ mich mit meinen eigenen Händen all mein Spielzeug zertrümmern und zerstören. Mit der Zeit hatten weder ich noch mein Bruder noch etwas. Bei einer Gelegenheit hatte ich einen Klumpen Plastilin, aus dem man etwas formen konnte, weil ich dachte, das könne meine Mutter nicht zerstören, wenn sie mich bestrafte, aber beizeiten wurde auch dieser konfisziert und weggeworfen. Aber es sollte noch schlimmer kommen . . .


Kapitel 7
Poltergeister, Spukgestalten und Erscheinungen


Der Feind, den wir am meisten fürchten, ist der, den wir nicht sehen können.
Autor unbekannt
Wir sehen es in Filmen, auf Zeichnungen, in Büchern, dennoch haben wir keine Furcht; aber wenn es passiert, kann es eine der entsetzlichsten Erfahrungen sein, die einen für den Rest seines Lebens nicht mehr losläßt: der Bereich des Übernatürlichen. Ich habe Männer gekannt, die völlig furchtlos waren und jedem die Stirn boten und doch ganz zermatscht waren und wie ein Wackelpeter zitterten, aus Furcht vor dem Unbekannten, als sie eine unheimliche Erfahrung machten, die sie nicht erklären konnten. Ich habe Riesen von Männern auf Baustellen gekannt, die aus Untergeschossen kletterten, weil sie irgendeine eiskalte Gegenwart fühlten, die sie nicht erklären konnten, und die sich weigerten, zurück in den Bau zu gehen, obwohl es keinen ersichtlichen Grund für den Vorfall oder eine Erklärung gab. Und die sich später fragten, warum all die Aufregung!
In unserem Haus wurde unser Leben, wie ich eingangs gesagt habe, von der Zeugenorganisation reglementiert, und wegen der Dinge, die man mir zeigte und die man mich lehrte, gehörten Alpträume zu meinem Leben als Kind. Doch nichts war so schlimm, als wenn wir in die oberste Etage des Gebäudes gezogen waren. Ich weiß nicht, wohin die vorigen Mieter gingen, nur daß wir keine Postnachsendeadresse hatten, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Was ich weiß: Die Alpträume nahmen mit der Zeit zu, als wir dort lebten.
So manches Mal erwachte ich aus tiefem Schlaf und war aus keinem Grunde hellwach und konnte nicht wieder einschlafen. Wenn ich durch den Raum schaute, dann war die Tür weit offen und die Türöffnung war pechschwarz.. Alles was ich wußte, war: Ich war nicht allein, und was immer anwesend war, versteckte sich im Eingang und beobachtete mich. Oft, wenn ich aufgewacht war, sah ich dunkle Schatten, als ob sie sich quer über die Wand bewegten, obwohl draußen kein Licht war, das sich bewegte. Oder ich fühlte, wie sich plötzlich etwas mit dumpfem Schlag auf das Ende des Bettes setzte, und wie das Gewicht dann wieder abhob. Oder der Schatten einer Figur in einer Ecke. Der Raum war dann eiskalt wie ein Kühlschrank, um nach einer kurzen Zeit wieder zur Normaltemperatur zurückzukehren -- und das sogar im Sommer.
Jahre später, als ich schon erwachsen war, erzählte mir mein Vater, daß unser Bücherschrank immer wackelte und Dinge sich von alleine bewegt hätten und Möbelstücke sich bewegt hätten. Bei einer Gelegenheit kam mein Vater vor meiner Mutter und mir nach Hause; wir waren draußen zum Predigen und fanden dann meinen Bruder, wie er draußen im Gras saß und vor Furcht schlotterte und zitterte, weil etwas in der Wohnung sei und ihn beobachte. Er war so versteinert, daß er wochenlang im Schock war, und er wollte nie mehr alleingelassen werden. Das Argument meiner Mutter war, wir könnten ja wie bei Kindern üblich miteinander raufen; so trennte sie uns und nahm oft einen von uns mit sich. Trotz unser flehentlichen Bitten, uns niemals alleine zu lassen, sagte sie, wenn wir uns fürchteten, sollten wir den Namen Gottes ausrufen. Keine große Hilfe, wenn man so erschreckt vor Furcht ist und nicht einmal den Mund aufmachen kann!
Nachdem ich mit 15 Jahren unsere Wohnung verlassen hatte, lebte ich bei meiner Großmutter, und alles war in Ordnung. Dann bekam ich eine Wohnung zusammen mit dem Bruder meiner Mutter; er war der jüngste und etwa vier Jahre älter als ich selbst, aber er war sehr humorvoll, und wir fanden es immer schön, beieinander zu sein. Wir standen uns nahe und kamen gut miteinander zurecht; daher zogen mein Bruder, ich und mein Onkel Alan in eine neue Wohnung, und wiederum fühlten wir uns wohl. Aber mein Onkel heiratete, mein Bruder zog aus, um mit einem Freund zusammenzuleben, und so ging ich zurück nach Hause, bis ich Ordnung in die Dinge bringen konnte, als ich 18 war.
Das war das Schlimmste, das ich je gemacht habe, und die furchtbarste Alptraumerfahrung, die ich jemals in meinem Leben hatte. Ich bekam wieder mein Zimmer. Diesmal dekorierte ich es und dachte, alles wäre jetzt anders . . . Gott, wie ich mich irrte!
Ich begann, mich ohne ersichtlichen Grund unwohl, bedroht zu fühlen. Ich wußte, daß meine Mutter oft in den Raum kam, als wir noch Kinder waren, und am Bettende stand und nichts sagte. Man erwachte mit einem wirklichen Schock und sprang aus dem Bett vor Panik, jemanden zu sehen, der einen beobachtet. Sie sagte niemals etwas; sie starrte nur und ging dann aus dem Raum. Sie tat das immer nachts; das war wirklich gruselig, und mein Bruder war erschreckt, wenn sie das bei ihm tat. Aber die Atmosphäre war irgendwie anders, wenn das Gefühl, beobachtet zu werden, eiskalt und still war, wenn sie nicht da war. Dies war etwas ganz anderes.
Mit den Wochen begann ich das Gefühl zu haben, daß ich in eine Konfrontation hineingezogen wurde. Ich konnte nicht erklären, was oder wie, aber alles, was ich weiß, war, daß die Erscheinung immer kühner wurde, sich mir zu stellen. Dann eines Nachts erwachte ich und war hellwach und fror und schwitzte zugleich. Als ich in den schwarzen Eingang sah, wußte ich, daß mich etwas beobachtete. Ich wußte es einfach; ich wußte nicht wer oder was es war, alles, was ich wußte, war, es war da. In der folgenden Nacht passierte das wieder, und ich rief nach meinem Vater und meiner Mutter, aber sie antworteten nicht. Sie schliefen tief in den angrenzenden Räumen -- meine Mutter im Wohnzimmer und mein Vater im anderen Schlafzimmer, da sie damals gerade getrennt schliefen. Ich wollte das Licht anknipsen, aber ich konnte nicht an den Schalter reichen; der war rechts neben dem Türrahmen, und ich hatte Angst, jemand würde meine Hand ergreifen, wenn ich mich danach ausstreckte. Ich hatte solche Angst, daß ich die ganze Nacht bei geöffnetem Fenster dasaß, damit ich aus dem Fenster schreien konnte, wenn es wiederkehren sollte.
Am dritten Abend ging ich wie zuvor auch ins Bett, und ich erinnere mich, daß es immer dann, wenn diese Dinge passierten, 2.00 Uhr morgens war. Ich erinnere mich, wie ich plötzlich aufgeweckt wurde und der Raum sich mit einem schrecklich eisigen Gefühl und mit Furcht erfüllte. Ich schaute zur Tür und wußte, ich war sicher im Raum, wenn ich blieb, wo ich war. Aber nein . . . ich begann zu fühlen, wie es auf mich zukam; es kam vom Eingang um die dunkle Ecke und trieb ruhig den Flur entlang auf meine Türöffnung zu. Ich wußte, jetzt war es da, und zitterte am ganzen Körper und war wie versteinert und versuchte, nach meinem Vater zu rufen. Als ich es tat, kam nichts heraus, ich war wie erstickt und schnappte nach Luft. Ich bekam keinen Ton heraus, es war, als ob ich völlig stumm wäre. Dann fühlte ich, wie die Erscheinung plötzlich auf mich zukam, vorsprang und nach meinen Füßen griff. Aaahhhhhhhhhhhh, schrie ich innerlich. Ich schrie und schrie und schrie, aber nichts kam heraus. Die Erscheinung zog mich langsam unter der Bettdecke hervor auf in die Luft; ich wurde aus dem Bett heraus quer durch das Zimmer geworfen.
Ich kämpfte um mein Leben, schlug gegen Möbel, und Dinge flogen herum, aber niemand hörte etwas. Wem konnte ich etwas sagen? Sie halten mich für verrückt. Ich warf mich vor den Lichtschalter, rannte aus dem Zimmer und machte alle Lichter an . . . es war weg! Ich klopfte an die Türen, um Vater und Mutter wachzumachen, aber was ich auch tat, sie wollten nicht aufwachen.
Ich saß auf dem Bett und sah in den Raum. War das real? Ein Alptraum? Warum lag mein Bettzeug herum, warum war da so ein Chaos? Wie konnte das ein Alptraum sein, wenn ich wach war und im Bett saß? Diese Fragen gingen mir durch den Kopf. Eines wußte ich: Ich mußte, so schnell ich konnte, aus diesem Haus raus. Von da ab schlief ich, wenn ich in dem Haus war, jede Nacht mit einer Decken- und einer Nachttischlampe an, bis ich wegzog . . . um niemals zurückzukommen.
Seit damals bis heute hatte ich nur gelegentlich diese Art von Furcht, wenn ich an Orte ging, für die ich empfindlich bin, und dieses beklemmende Gefühl einer unerklärlichen Gegenwart. Gewisse Häuser verursachen dieses Schauder bei mir.
Nach vielen Jahren fand ich heraus, daß mein Bruder Paul dieselbe Erfahrung in dem Zimmer hatte. Er sagte mir, er sei aus dem Bett geworfen und die Matratze und das Bett seien kopfüber gedreht worden. Er sagte mir auch, er habe gefühlt, daß ihn etwas von der Garderobe aus beobachtete und die Türknöpfe quietschten, als öffne jemand sehr langsam die Tür, um einen tiefschwarzen Raum ohne sichtbares Zeichen einer Gegenwart zu hinterlassen. Man konnte aber die Anwesenheit des Bösen in der Türöffnung fühlen. Das erschreckte meinen Bruder Paul ebenso wie mich.
Die Angst vor dem Unsichtbaren ist sehr real und kann außer Kontrolle geraten, wenn man sie läßt. Um sie zu bezwingen, entschloß ich mich, sie zu ignorieren und keine Furcht zu zeigen, wovor es auch sei. Nicht daß ich das Schicksal herausfordern wollte, aber ich beschloß, daß die Angst vor Dunkelheit und Unbekanntem nicht mein Leben beherrschen sollte. Doch wie schwach wir sind, wußte ich erst im Rückblick, wenn andere Ängste das Leben bestimmen, wie es die Wachtturmorganisation getan hat.
Eine der kontrollierenden Kräfte ist Gewalt und Missbrauch


Kapitel 8
Schläge und die stille Stimme der Angst


Grabe nur tief genug: Unter aller Erde fließt Wasser, unter allem Leben fließt Kummer.
Autor unbekannt
Wie bereits zuvor in dieser Site erwähnt, waren Schläge und Züchtigungen alltäglicher Teil des Lebens, und die Angst davor trieb uns zu fast allem, das von uns verlangt wurde. Eine Bestrafung für ein Vergehen muß immer gerecht sein. Das biblische Gesetz im alten Israel zu Bestrafungen lautete: „Auge um Auge, Zahn um Zahn". Was genau war damit gemeint? Es bedeutete ganz einfach, daß eine Bestrafung einem Verbrechen angemessen sein mußte und nicht darüber hinaus gehen durfte. In dieser Hinsicht war meine Mutter völlig außer Kontrolle und lebte gnadenlos nach dem Rat der Organisation und wandte den biblischen Rat über schwer kriminelle Jugendliche völlig verkehrt an. Sie führte ihn ohne Unterlaß als die Norm aus. „Falls du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht sterben", entnommen aus den Sprüchen.
Kinder, die Probleme haben, benötigen Liebe und Hilfe. Sie brauchen keine Schelte und Drohungen oder Schläge, denn dadurch kehren sie sich nach innen und es wird ihr Geist gebrochen. Das Problem wird dadurch noch schlimmer, und manchmal wird soviel Schaden angerichtet, daß man ihnen fast unmöglich helfen kann, oder die Genesung ist sehr langsam und braucht lange Zeit. Auch wenn es so scheint, daß sie sich erholt haben, kann es sie für den Rest des Lebens verstört lassen.
Ich erinnere mich, daß meine Mutter meinem Bruder, als er 11 Jahre alt war, sagte, sie könne seinen Geist brechen und er würde sie nie schlagen, und ich erinnere mich, wie er darauf entgegnete, egal was sie täte, sie würde ihn nicht brechen und er könne sie zuerst brechen. Wir haben mit der Zeit, als wir aufwuchsen, sehr gut gelernt, durch die Leute hindurchzusehen und zu erkennen, was sie wirklich sind, und das ist es, was mich dazu brachte, alles, was ich wußte, anzuzweifeln. Die Zeugen lehrten mich, genau zu beobachten, und ein Jahr lang ging ich in die Lehre, um Privatdetektiv zu werden. Ich ergriff jedoch nie diesen Beruf, und jahrelang war ich immer an Körpersprache interessiert. Wie Leute gehen, sich ausdrücken, wie sie eine Tasse halten, sitzen, sich anlehnen, ja alles, was jemand tut, sagt etwas über ihn aus. Wenn man buchstäblich bei Tausenden von Leuten an ihren Wohnungen vorgesprochen hat, dann erkennt man, sobald man sie sieht, was sie sagen werden. Durch das Beobachten von Leuten kann man sich also fast schon ein Bild davon machen, was sie denken. So manches Mal sehe ich gut angezogene Leute, die im Beruf erfolgreich sind und nach außen eine Erscheinung von sich geben, mit der sie etwas vorschwindeln, denn unterschwellig schmerzt sie etwas, sie erleiden Kummer und seelische Verletzungen.

Es versetzt mich immer wieder in Erstaunen, wie unaufgeschlossen und gefühllos einige Leute sind. Meine Einschätzung ist, daß die Leute nicht etwa rücksichtslos sind oder es ihnen an echter menschlicher Freundlichkeit fehlt, wie sie die meisten haben, es ist vielmehr eine Frage mangelnden Verständnisses, sie haben bestimmte Erfahrungen nicht gemacht usw. Sie verstehen wirklich nicht; im Grunde genommen sind sie unwissend. Ein Beispiel: Einer Nachbarin war die Zeit mit Leuten, die Rückenprobleme hatten, zu schade, bis zu dem Tag, wo sie eine Zerrung im Rücken bekam und wochenlang krank war. Sie sagte, es sei ihr nie klar gewesen, wie schmerzvoll das sei, und von der Zeit fühlte sie mit Leuten mit, die an Rückenproblemen litten. Ich erwähne das nur deshalb, da Leute, die mich sehen, wohl nie wüßten, was ich seit Kindheit an jahrelang durchgemacht habe, bis ich es ihnen sagte. Aber ich habe scharfe Augen und weiß sehr schnell eine Menge über sie.
Ständige Manipulation und Schläge können das Wesen und den Charakter verändern, so daß man auf Dinge reagiert, die andere normalerweise nicht aufregen, mit dem sie gut fertig würden. Ich neige dazu, sehr heftig zu reagieren, wenn etwas, das ich tue, mißbraucht oder übersehen wird oder man sich nicht darum kümmert. Ich rege mich sehr auf, wenn man keine Wertschätzung für etwas hat. Woher kommen diese tiefen Gefühle, zwanghaft nach den kleinsten Dingen zu sehen?
Die Rute.

Die Art meiner Mutter, Strafen zu verabreichen, war es zuerst, einem eine ordentliche Tracht Prügel zu geben, bis man nicht mehr stehen konnte. Dann hieß es: „Keinen Tee oder kein Essen für dich". Das war im Grunde genommen darauf zurückzuführen, daß sie nicht gerne kochte. Die Spitze war es dann, einem etwas zu zerstören. Ich erinnere mich, wie mein Vater einmal zu ihr sagte: „Was ist das: Ich mache etwas, du zerbrichst es?" Sie nahm einem das schönste Spielzeug oder etwas, das man mochte, und ließ es einen zerbrechen, in Stücke schlagen oder reißen. Dann mußte man gehen und es in den Abfalleimer werfen. In all den Jahren, in denen ich aufwuchs, bis ich als Teenager mein Heim verließ, hatte ich außer einer hölzernen Schüssel, die ich auf einer Drehbank in der Schule machte, wirklich nichts. Ich habe sie versteckt, und sie ist das einzige Ding, das mich noch an die Schule und die Tage meiner Kindheit erinnert. Ich hebe in ihr als Luftauffrischer parfümierte Blüten auf. Ich habe mein ganzes Geld, dessen ich habhaft werden konnte, für Malerei und Kunst und den Bau von Schiffsmodellen und anderem, was ich machen konnte, ausgegeben. Ich kam immer an Geld, wenn ich über die Mauer eines Weinladens im Ort kletterte und die Flaschen nahm, auf denen Pfand war, und sie zu einem anderen nahegelegenen Geschäft brachte. Dann kletterte ich dort hinüber und nahm seine Flaschen und brachte sie wieder zu dem ersten Geschäft. Ich habe das jahrelang immer mal wieder gemacht. Das Erstaunliche ist, daß sie das nie bemerkt haben, nicht ein einziges Mal! Aber jedes Modell, Bild- oder Kunstwerk wurde von meinen eigenen Händen wieder zerstört, nachdem ich geschlagen wurde, um es zu tun.
Ich verbrachte mehrere Wochen damit, ein Schiffsmodell der „Endeavour" zu bauen, Kapitän Cooks Schiff, nur um dann von der Schule nach Hause zu kommen und zu sehen, wie es in Stücke zerschlagen neben dem Abfalleimer lag. Meine Mutter war besessen davon, Dinge zu zerstören. Es wurde so schlimm, daß sie Arbeiten meines Vaters völlig zerstörte und ihm sagte, wir seien es gewesen, und wir mußten dazu ja sagen. Wenn wir das nicht taten, wurden wir brutal geschlagen, wenn er nicht da war. Mein Vater konnte nicht verstehen, warum wir unser eigenes Spielzeug, das er uns gekauft hatte, zerstörten. Er konnte nicht verstehen, wie wir sein Zeug zerstörten, wie meine Mutter ihm gegenüber behauptete. Das ging jahrelang so. Ich lebte in einer eingebildeten Welt und dachte nach, wie ich aus fast nichts etwas machen könnte. Als ich erwachsen war, hatte ich die Gabe entwickelt, ETWAS AUS ETWAS AUS FAST NICHTS herzustellen. Ich fand, daß ich nicht nur das tun, sondern auch Stücke für einen recht guten Preis verkaufen konnte.
1975 baute ich ein Modellschiff mit Namen „Marie Sophia" , eine Zweimastbrigg aus dem Jahre 1879, und die wurde bei einer Auktion bei Christies in London zu einem ansehnlichen Preis verkauft. Sie war aus Holz und voll getakelt, ABER sie war vollkommen aus Abfall und Stücken, die ich fand, hergestellt. Sie erwies sich als so gut, daß jedermann dachte, das sei ein neuer, teurer Bausatz. Ich stellte dann andere her, die ich auch verkaufte. Seit meiner Kindheit an baute ich Dutzende Schiffe und andere Modelle und malte eine Menge Ölbilder, die ich alle kaputtmachen mußte, und jedesmal, wenn das geschah, brach es mir das Herz. Meine Vorliebe zu Schöpferischem war eine treibende Kraft, die ich nicht anhalten konnte, aber jedesmal, wenn ich meine Arbeit in Stücke schlug, trieb das einen quälenden seelischen Nagel durch mich hindurch und verursachte großen Streß, Schmerz, Leid und Pein, an denen ich noch heute trage.
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich nach vielen Stunden im Bett lag, zu verängstigt, um einzuschlafen, und die ganze Nacht schluchzte, nachdem meine Arbeit von Wochen durch meine eigenen Hände zerstört war, wenn andere Kinder Zimmer voll der besten Spielzeuge und schöner Arbeiten hatten. Ich lernte, jedes kleine Ding, das ich hatte, wertzuschätzen. Selbst die Plastilinkugel, die ich hatte, hütete ich wie einen Schatz. Später wurde ich sehr besitzergreifend und paßte auf, Dinge zu bewahren. Ich wurde auch ein kleiner Perfektionist. Wenn man mir ein Buch gab, ging ich genau durch jede einzelne Seite, blätterte sie ganz eben um, säuberte den Einband und drückte sie wieder zusammen, daß alles wie neu aussah. Ich habe noch heute einige Werkzeuge, die einmal meinem Großvater gehörten, wie Schraubzwingen usw., die wie neu und poliert und sauber aussehen.

Sexueller Mißbrauch.

Nach dem, was mir mein Bruder neulich sagte, war er sehr ungehalten, als er mir etwas erzählte, was ich vergessen hatte, bis er es wieder erwähnte. In aller Aufrichtigkeit gibt es eine Grenze, bei einem Jugendlichen nachzusehen, ob er sich gesäubert und gewaschen hat. Meine Mutter forderte immer, daß wir beide unsere Genitalien vorzeigten, damit sie nachsehen und daran fummeln konnte, bis wir 14 Jahre alt waren. Ich denke, das wird als sexueller Übergriff angesehen, doch die Wachtturmorganisation würde keinesfalls wollen, daß das bekannt wird, weil es ein schlechtes Licht auf ein Mitglied werfen würde, wenn es wegen eines solchen Vergehens vor Gericht käme. Meine Mutter würde privat ein deutliches Wort hören, es würde ihr gesagt, sie solle nicht darüber reden, und das war es dann auch schon. Ich frage mich, wie viele andere Kinder dies gegenwärtig als Opfer durchmachen . . . selbst in der Wachtturmorganisation.

Mehr Schläge.

Schläge und Züchtigungen mit dem Stock sind ein großes Elend für Kinder. Einmal, wenn man selbst das Opfer ist, und zweitens, wie Bruder oder Schwester sie erhalten und man muß dabeistehen und es mit ansehen. Ich erinnere mich, daß mein Bruder etwas nicht richtig gemacht hatte, und meine Mutter schlug ihm so hart mit einer Kasserolle über den Kopf, daß der Griff abbrach. (Ein hölzerner Kochlöffel war ein weiteres Instrument). Dann begann sie, ihn dafür zu schlagen, daß die Kasserolle zerbrochen war. Sie ging immer wieder mit einem Bambusstaubwedel auf ihn los. Ich erinnere mich bis heute daran, wie ich in der Ecke kreischte, als er auf seine Knie fiel und immer wieder auf ihn eingeschlagen wurde. Er war so dünn, daß ich dachte, sie würde ihn töten. „Hör auf, hör auf, Mama, hör auf, ihn zu schlagen", schrie ich sie an, aber sie schleppte ihn in sein Zimmer und verabreichte ihm wiederum eine Tracht Prügel. Er wurde sehr verletzt und voller blauer Flecken ohne Essen gelassen, und sie sagte allen Ernstes zu ihm: 'Mach dich für die Versammlung fertig.' Ich erinnere mich, als ich so etwa 14 Jahre alt war, da kam meine Mutter herbei und gab mir einen Schlag, der mich fast von den Füßen riß und mich taumelnd durch den Raum warf. Ich erinnere mich, wie ich zurückschrie: „Was ist jetzt schon wieder los; wofür ist das?" Und sie sagte: „Um dich daran zu erinnern, was du kriegst, wenn du dich in der Versammlung nicht benimmst."
Als mein Bruder etwa 15 Jahre alt war, kurz bevor er von zu Hause wegging, schlug ihn meine Mutter so hart und verabreichte ihm eine solche Tracht Prügel mit solch einer Kraft, daß ich dachte, er würde nie wieder aufstehen. Das war das erste Mal, daß er überschnappte und nach dem Brotmesser reichte, ihr damit an die Gurgel ging und, nach Luft schnappend, in einer zitternden, verzweifelten Stimme sagte: „Wenn du mich auch nur noch einmal schlägst . . . nur noch einmal . . . dann bring ich dich um." Danach schlug sie ihn nie wieder. Von der Zeit an hörte sie auch auf, mich zu schlagen.
In dieser ganzen Zeit war meine Mutter draußen, um von Haus zu Haus zu predigen, und setzte vor jedem Zuschauer ein Lächeln auf, als wären wir eine vollkommen glückliche Familie. Jahrelang erfuhr mein Vater, der lange am Tag arbeiten mußte, bis vor einigen Jahren nicht, was da hinter seinem Rücken vorging, wenn er nicht da war. Weil er in einer Religion lebte, in der keine Scheidungen erlaubt waren, war es sehr schwierig für meinen Vater, sein Leben zu ändern oder zu einer Lösung des Problems zu gelangen, weil die Ältesten nie auf ihn hörten, sondern immer Partei für meine Mutter ergriffen, da sie es war, die draußen predigte, große Mengen an Literatur verkaufte, Spenden und Zuwendungen hereinbrachte, auch wenn sie selbst sie nicht mochten oder akzeptierten.
Wenn uns gesagt wurde, wir sollten aus der Bibel vorlesen, und wir ein falsches Wort gebrauchten, rief sie immer aus: „Was hast du gesagt?", und wir mußten die Stelle nochmals lesen. Wir murmelten so dahin in der Hoffnung, es wären die richtigen Worte. „Richtig", sagte sie dann, „das ist es"; Schlag, Klaps, Klaps, Klaps, Schlag. „Jetzt lies es noch einmal richtig", schrie sie uns dann an. Sowohl mein Bruder als auch ich mußten jeden Morgen in eine besondere Leseschule, bis wir 11 waren. Wenn man Angst hat, dann kann man einfach nichts richtig machen, man kann sich nicht konzentrieren, geschweige denn, sich an etwas erinnern. Es wirkt sich in schwerwiegender Weise auf die Erziehung und das Erlernen von Fähigkeiten aus.
Wie ich bereits erwähnt habe, war es ein Martyrium, im Bett zu liegen, und wenn man dann raus zur Toilette mußte, paßte sie einen ab. Und wenn man nicht wieder rechtzeitig im Bett war, zählte sie und der Bambusstaubwedel kam wieder heraus, und Gott, tat das weh. Ich erinnere mich, daß ich mich beklagte, daß ich zu spät in die Schule kam, als ich 13 war, und sagte, ich wolle diese ganze Bibelleserei am Morgen nicht mehr haben. Meine Mutter sprang zu dem Bambusrohrstock hin und schlug mich über das Ohr, und mein Ohrläppchen fühlte sich an, als ob es brannte, als es anschwoll. Dann nahm sie meine Hand und hielt sie auf dem Tisch fest und schlug mir quer über Hand und Daumen. Ich fiel vor Schmerzen auf den Boden und schrie, als sie nochmal schlug. Ich krabbelte auf, um meinen Mantel zu nehmen, als ich aus der Tür geschoben wurde und mir das Herz aus dem Leib schluchzte und meine Hand hielt, die vor Schmerz pochte. Ich schaute sie mir an und konnte zwei lange weiße Beulen sehen, die bis zu den Knöcheln gingen. Es tat so weh, daß ich nicht die Finger biegen oder etwas halten konnte. Es machte mich ganz krank, sie anzusehen, so ging ich und versteckte mich im Park und ging nicht zur Schule.

Sauberkeit.

Eine weitere Besessenheit meiner Mutter war es, die Finger- und Zehennägel so kurz zu schneiden, daß sie tagelang wund waren und man nicht einmal etwas berühren konnte. Das war eine wöchentliche Prozedur, ob die Nägel geschnitten werden mußten oder nicht. Wir trugen Schuhe, die uns nicht richtig paßten, und so wurden unsere Zehen eingezwängt. Das ruinierte meine Füße und drehte meine großen Zehen nach innen in Richtung auf die kleineren Zehen. Es hieß: „Du wirst sie schon ausleiern." Richtig passende Schuhe standen außer Diskussion, aber der Preis war es, wenn sie billig waren. All das verursachte unnötigen Streß und Beschwerden, die das, was eine glückliche Kindheit hätte sein sollen, zu einer Zeit ständiger Schmerzen und dauernden Unwohlseins machten. Meine Mutter hielt immer den Kopf meines Bruders Paul in einen Spülstein mit heißem Wasser und wusch seine Haare, wobei sie mit Gewalt den Kopf in den Spülstein drückte. Er hatte Angst vor dem Wasser, weil er nicht atmen konnte. Dann schlug sie ihn wieder, bis er fertig war. Er stand nicht etwa in der Gefahr, zu ertrinken, aber die Art und Weise war es, wie sie diese Routinehandlung ausführte, mit heftiger Gewalt und ohne Rücksicht auf die Ängste, die ein Kind vielleicht hat, wenn es sich solchen Routinen unterziehen mußte. Es war diese Art von Härte, die es einem schwer machte, schwimmen zu lernen, weil mein Bruder wasserscheu wurde; eine Angst, die er mit der Zeit überwand, als er dann doch schwimmen lernte.

Schultage.

Einen ganzen Teil meiner Schultage verbrachte ich in den Parks im Norden Londons und in Hampstead Heath, wenn ich verschwand und niemand mich finden konnte. Ich konnte die Arbeit nicht machen und schämte mich dessen; so haute ich an jedem Tag, an dem ich es konnte, ab. Ich kannte jeden Park und jedes Versteck in allen Parks im Norden Londons, sogar die Friedhöfe, weil der Schulinspektor sicher nicht daran dachte, auf den Friedhöfen nachzusehen. Tagsüber hatte ich keine Angst, dort durchzulaufen, das Gras und die Blumen waren hübsch; aber niemand wußte, daß ich dort war. Auch wenn ich Schmerzen hatte und hungrig war. Ich hatte einen ganzen Platz für mich allein, und der war sehr ruhig.
Als mein Bruder die Schule verließ, hatte er gar nichts, und sein erster Wochenlohn, den er bekam, ging für Kleidung und Schuhe drauf, weil meine Mutter als Strafe für irgend etwas Beliebiges alles von ihm wegwarf. Als ich mit 15 Jahren von zu Hause wegging, hatte ich eine kleine Plastiktasche und ein paar Teile in einem Pappkarton. Bis heute achte ich alles hoch, das ich habe, und ich kann es nicht sehen, wenn etwas zerstört oder demoliert oder schlecht behandelt wird. Ich verschwende niemals Geld, und das meiste von meiner Zeit widme ich dem Ausbau meiner Wohnung und dem Herstellen einer Umgebung, in der es Freude macht, zu leben.
Ich ging aufs College, um ein Zeugnis als Zimmermann zu bekommen, und studierte Innenarchitektur an der „Regent Academy of Fine Art" in London. Das war aber ein rechter Fluch für mich, da ich alles sehr genau regele und die Dinge sehr ordentlich und herausgestellt mag. Ich habe gerne eine hübsche Umgebung und kümmere mich um die Dinge. Wie ihr in Kapitel 15 sehen werdet, ist das in Ordnung, wenn man allein lebt, aber wenn man die Wohnung mit anderen teilt, die sich keine Gedanken darüber machen, ob es ordentlich ist, dann kann das für beide, für einen selbst und die anderen, wirklich Probleme schaffen.
In die Freiheit zu fliehen, um der Angst, Schlägen oder der Arbeit zu entgehen, auch nur um etwas Abwechslung zu haben, kann große Probleme schaffen und viel kosten. Ich mochte Feuerwahrautos und hatte eine Sammlung von etwas 25 Stück, bis meine Mutter mir sagte, ich müsse sie kaputtmachen, und auch meinen Macarno-Bausatz, Farben und alles andere, aber das Geräusch von Feuerwehrautos war Musik in meinen Ohren, und ich wollte lange Zeit Feuerwehrmann werden. Das ist sicher die richtige Erklärung dafür, warum ich dies getan habe . . .


Kapitel 9
Brandstiftung - Flucht in die Freiheit


Der Mensch war frei geboren, aber überall ist er in Ketten.
Jean-Jacques Rousseau
Brandstiftung ist etwas sehr Gefährliches und Törichtes, aber wenn sie in einem umgrenzten Behältnis oder in einem leeren Raum stattfand, war es für mich ein Werkzeug, etwas Freiheit zu erlangen. Wir lebten in einem vierstöckigen Gebäudeblock, und das Treppenhaus hatte einen Betonschacht, in den man Abfall oder Müll hinunterwerfen konnte. Man mußte nur eine Luke öffnen, und man konnte den Abfallbeutel hineinwerfen und er fiel in einen großen Stahlcontainer, der einmal pro Woche vom Müllwagen mitgenommen wurde. Das war für das, was ich wollte, ideal. Nichts konnte wirklich Feuer fangen, da der große Behälter aus dickwandigem Stahl bestand und der Betonschacht etwa 12 Meter hoch war. Aber was den Rauch angeht, das ist eine andere Geschichte. Ich bemerkte, daß immer dann, wenn jemand Asche aus dem Ofen im Wohnzimmer hinunterwarf - die Wohnungen hatten immer noch Kohleheizung -, wenn es dann noch schwelte, der Block ganz verräuchert war und der Hausmeister der einzige war, der Schlüssel hatte, um den Schacht aufzuschließen und den Container herauszuziehen . . . wenn man ihn finden konnte. Überdies bedeutete es, daß Leute herauskämen und miteinander redeten: 'Welcher dämliche Idiot hat schon wieder seine Asche in den Schacht geworfen?' usw., und wir würden herausgebeten werden. So nahm ich mir regelmäßig Streichhölzer und setzte es in Flammen, wann immer es schlimm wurde, und brachte die Leute öfter aus dem Haus, als ich mich erinnern kann.
Ich setzte die Abfallbeutel in Flammen, fast alles, das uns ausräuchern würde, und es wirkte! Jedesmal, wenn wir eine Menge Rauch hatten, bat ich darum, hinunter auf die Wiese gehen zu können, bis sich der Rauch klärte. Ich setzte Wiesenböschungen in Flammen und beobachtete dann, wie die Feuerwehr zum Löschen kam. Dann rief ich die Feuerwehr einmal zu oft und wurde geschnappt, als ich 11 Jahre alt war, und zur Polizeiwache gebracht, nur damit die Polizei meine Mutter holte und zur Wache brachte, damit sie mich und meinen Bruder mit nach Hause nahm.
Man gab mir dafür zwei Jahre Bewährung; fast schon lächerlich angesichts dessen, was Kinder heutzutage anstellen. Aber damals in den 60er Jahren hat man es schon als schweres Verbrechen angesehen, in einer Telefonzelle herumzugammeln. Mein Bruder war bei mir, und wir mußten einmal pro Woche nach der Schule zum Bewährungshelfer gehen, bis sie überzeugt waren, daß ich ein guter Junge war! Meine Mutter spielte verrückt und fuhr ständig fort, was uns denn überhaupt eingefallen sei, uns als Kriminelle zu entpuppen. Sie sagte: „Alles habe ich für euch getan, und ihr geht hin und tut so etwas." Sie erzählte es meinem Vater, der sich etwas ärgerte und uns ausschimpfte. Aber es war immer meine Mutter, die uns den Rohrstock gab, und das immer, wenn mein Vater nicht da war.
Wir hatten einen Schuttplatz in der Nähe unserer Wohnung, und das war ein großer, offener Platz. Ich nahm mir immer alte Autoreifen und machte ein Lagerfeuer, von dem der Rauch wie bei einem Vulkan aufstieg; dicker, schwarzer Rauch! Ich eilte dann nach Hause und sagte: „Unten an der Straße ist ein richtig großes Feuer, kann ich raus und es sehen?" Meine Mutter sagte dann vielleicht: „Ja, aber sei bald wieder da", und . . . RAUS WAR ICH! Auf diesem Grundstück standen ein paar alte Häuser, die schon halb abgebrochen waren; vier standen noch. So leerte ich einige Gallonen Petroleum auf den Holzfußboden, warf ein Streichholz hinein, und hoch ging es mit einem mächtigen Zischen. Die Feuerwehr eilte dafür anscheinend nicht herbei, da es auf freiem Grund stand, aber sie versuchte mehrere Stunden lang, das Feuer zu löschen, zur großen Begeisterung von uns allen, die wir dem zusahen; und schließlich war es aus.
Wenn ich daran zurückdenke, schaudere ich vor Entsetzen, was ich da getan habe. Es wurde zwar niemand verletzt und es wurde kein Schaden angerichtet, weil die Häuser ja doch abgerissen wurden. Aber ich hätte selbst einen Unfall erleiden und verbrannt werden können, oder jemand anders hätte die Feuerwehr bei einem Notfall gebrauchen können. Ich glaube, ich habe nie erkannt, wie ernst das war, nur, daß es das Mittel war, von zu Hause wegzukommen und ein paar schöne Stunden in Freiheit zu haben, die wir unter der Tyrannei, unter der wir lebten, so selten hatten.
Die einzige Zeit, wo wir frei und draußen waren, war, als wir zur Schule gingen, aber auch das war ein großer Alptraum . .


Kapitel 10

Die Schule - ein Alptraum

Ein Gelehrter hat nicht alles gelernt; aber ein Könner kann alles, auch was er nicht kennt.
Montaigne
Was die seelische Entwicklung eines Kindes wirklich beeinflußt, ist, ob es sich anderen unterlegen fühlt, ob es ihm an Fähigkeiten mangelt, ob es mit anderen mithalten kann, ob es für das Kind extrem schwierig ist, etwas zu erledigen, was andere mit der linken Hand tun.
So fühlte ich mich in der Schule. Im ersten Jahr der Schulaufbaustufe erhielt ich eine Schuluniform. In den weiteren Jahren aber keine mehr. Meine Mutter meinte: `Sag ihnen, wir können uns das nicht leistenA. Das war mir so unangenehm, und ich wollte auch nicht mehr zur Schule. Ich schwänzte einfach und ging woanders hin. Als meine Kleidung schleißig wurde, nähte meine Mutter Flicken auf die Hosenbeine, und das war mit das Unangenehmste, was ich je durchmachen mußte. Alle anderen Kinder lachten mich aus. So waren die letzten drei Jahre Schule, von 13 bis 15, die absolute Hölle, das kann ich euch sagen. Nicht nur die Schläge und die schlechte Behandlung zu Hause, JETZT BEKAM ICH ES AUCH IN DER SCHULE.
Ich bekam den Stock oder Nachsitzen für . . . . Zuspätkommen. Ich bekam den Stock oder Nachsitzen, weil ich nicht die Schuluniform trug. Ich bekam den Stock oder Nachsitzen, weil ich nicht meine Hausaufgaben gemacht hatte. Ich bekam den Stock oder Nachsitzen, weil ich keine Schultasche, Federhalter, Bleistifte, Bücher und Sportausrüstung und eine ganze Liste anderer Dinge hatte. Ich bekam den Stock oder Nachsitzen, weil ich mit meiner ganzen Arbeit hinterherhinkte. Kurz gesagt war meine Zeit in der Schule ein einziges Elend. Die Ursache war, daß ich hinaus zum Predigen genommen wurde, statt daß ich meine Arbeit tat, und daß ich zu den Zusammenkünften ging und einfach zu müde war, weil ich aus Angst vor der Dunkelheit des Nachts nicht schlafen konnte. Ich hatte keine Materialien für meine Arbeit, nichts. Mein Bruder war in derselben Situation, und mit jeder höheren Stufe oder höherem Schuljahr traf ich auf dieselben Bemerkungen des Schulleiters und der Lehrer: „Ich sehe, du bist Paul Phelans Bruder; vermutlich werden wir mit dir die gleichen Probleme haben." Man ließ mich morgens außerhalb der Schülerschaft stehen, weil meine Mutter das so forderte. Ich stand viele Stunden lang vor dem Büro des Rektors und vor den Klassenräumen; ich habe wirklich nicht verstanden, warum. Alles, was ich wußte, war, daß ich ein öffentliches Spektakel war, über das man lachte, und daß mir das alles sehr unangenehm war.
Ich erinnere mich, als ich erst 11 Jahre alt war, daß der Lehrer vor der gesamten Klasse sagte: „Wir wollen doch einmal Phelan fragen, er ist ein Zeuge Jehovas", oder: „Du hättest das besser machen sollen als Phelan, der ein Zeuge Jehovas ist." Das war mir wirklich unangenehm; es war etwas Schreckliches. Auch wenn meine Schulfreunde mich sahen, wie ich mitten in den Sommerferien mit einer Aktentasche die Straße entlangging, eine Krawatte umgebunden, hätte ich es am liebsten gehabt, wenn sich die Erde aufgetan und mich verschluckt hätte. An einem heißen Sommertag würden alle meine Freunde aus der Schule radfahren oder Fußball spielen, ins Kino gehen oder in die Parks, und hier wurden mein Bruder und ich durch die Straßen geschleppt, mit Taschen voller „Wachttürme", um sie von Haus zu Haus zu verteilen. Heute, wenn ich sehe, wie junge Kinder von ihren Zeugeneltern mit hinausgenommen werden, tun sie mir leid, denn ich weiß, was ich Jahr für Jahr zu erdulden hatte. Das ist sicher kein normales Leben für ein Kind.
Ich sehe, daß Jehovas Zeugen lehren, daß das Ende der Welt unmittelbar bevorsteht oder jederzeit kommen könnte. (Das haben sie nach ihrer Lehre seit nunmehr über 80 Jahre lang erwartet, und sie lassen eine Spur von 30 fehlgeschlagenen Daten und Vorhersagen hinter sich) Eine Ausbildung wurde als unnötig und unwichtig angesehen.
Selbst auf einem Kongreß im Jahre 1995, also noch nicht lange her - ich bin dorthin gegangen, um zu sehen, was los ist und was es an Neuigkeiten gibt usw. -, ließ das britische Hauptquartier in Mill Hill den Zweigaufseher, wie er genannt wird, einen Herrn Andrews, der gesamten Versammlung in der Surrey Godstone-Kongreßhalle sagen: „Die Erziehung, die wir von der Organisation und in den Publikationen der Organisation erhalten, übertrifft bei weitem die eines Universitäts- oder Collegeabschlusses." Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Aber das möchte ich schon sagen: Ich habe in den vergangenen 40 Jahren von keinem gehört oder ich kenne niemanden, keinen einzigen, der allein dadurch Arzt, Baumeister, Mechaniker, Metallarbeiter, Autolackierer oder Schneider, tatsächlich gilt das für alle Berufe, geworden ist, daß er die Zeitschriften und Bücher der Wachtturm-Gesellschaft gelesen hat. Das war also absoluter Unsinn. Aber alle Anwesenden nahmen das als `die WahrheitA an und folgten ihm blindlings, denn das anzuzweifeln hieße, gegenüber der Organisation illoyal zu sein. Ich hörte dann Kommentare wie: „Oh, es ist ein solches Vorrecht für uns, in Jehovas Organisation zu sein, die sich um uns kümmert!" und: „Ist das nicht wunderbar, daß wir uns keine Sorgen um Berufsabschlüsse wie der Rest der Welt machen müssen? Wir haben die Wahrheit."
Ich saß in der Cafeteria neben einer Familie, als eine Frau auf die junge Familie zuging und fragte, wie es so gehe. Der junge Mann, in den Zwanzigern und sehr gepflegt, hatte zwei Kinder; er sagte zu der Frau; „Ich kann keine Arbeit finden, da tut sich im Augenblick nichts." Mit anderen Worten: er hatte keinerlei Berufsausbildung, wie seine nächsten Worte bestätigten: „Ich möchte den Pionierdienst (Vollzeitprediger) und die Arbeit in Jehovas Dienst nicht aufgeben, so gehe ich weiter in den Dienst (Dienst bedeutet das Predigen von Haus zu Haus) und warte darauf, daß Jehova dafür sorgt." Das ist typisch für viele Zeugen Jehovas; sie denken und sind indoktriniert zu denken, daß Gott, solange sie predigen, ihnen alles in den Schoß fallen läßt: Arbeitsstellen, Wohnungen, Autos. Und wenn sie etwas bekommen, dann sagen sie: „Oh, Jehova hat dich wirklich gesegnet", und wenn die Dinge nicht so gut laufen, dann sagen sie vielleicht: „Nun, wenn du wirklich das ‚Königreich' (das meint das Predigen) an die erste Stelle setzt, dann wird alles klappen." Was das in der Realität bedeutet, ist, daß der einzelne, der das Überleben schon als schwer empfindet, mehr für die Organisation tun muß, um überhaupt Hilfe zu bekommen, und wenn man nicht vermehrte Predigttätigkeit durchführt, dann bekommt man eben nichts.
Ich kannte eine Frau, die eine Vollzeitpredigerin war, aber ihre Enkelin adoptieren ließ, als die Tochter einen Unfall hatte und starb und die Großeltern mit dem Kind alleine dastanden. Der Ehemann wollte es nicht, so ließen sie das Kind von einer anderen Zeugenfamilie adoptieren. Diese Frau ging vollzeitpredigen, und alle fielen mit Unterstützung für sie über sie her. Als sie sich bei einer Gelegenheit den Rücken verletzte, stellten die Mitverkündiger ein Team zusammen, das einer nach dem anderen bei ihr reinemachte, die Einkäufe und die Hausarbeit erledigte und ihr jeden Tag beistand, bis sie wieder genas. Ich war viele Male zu einer Operation nach der anderen im Krankenhaus und über die Jahre oft monatelang an einem Stück weg, und doch erhielt ich nie einen Anruf, wo ich denn die ganze Zeit über war. Das Kind ist sehr glücklich, aber der Punkt, auf den es mir ankommt ist, daß es jede Entscheidung, die du triffst, rechtfertigen kann, wenn du in der Zeugenorganisation predigst, selbst wenn Außenstehende über das, was du tust, entsetzt sind. Man sieht es an als: „Nun, du wolltest einfach mehr für Jehova tun." Viele Zeugen, die das sahen, waren angewidert und erkannten die Heuchelei darin. Das trifft auch auf die Berufstätigkeit zu; viele gehen vollzeitpredigen und sehen sich nicht einmal nach einer Arbeitsstelle um, denn das würde ihrem sogenannten Dienst ins Gehege kommen. Und doch erwarten auch sie Unterstützung von anderen Mitgliedern, wenn es ihnen schlecht geht, und man wird ermahnt: „Unterstützt eure Pioniere ganzherzig."
Obwohl die Organisation in gedruckter Form sagt, man solle arbeiten und weltliche Qualifikationen anstreben, möchte die Organisation mündlich, daß sie vollzeitpredigen. Denn dort werden große Mengen an Literatur in den Häusern einzelner hinterlassen und Spenden entgegengenommen; und alles geht zurück an die Organisation. Doch viele leben von äußerst geringen Mitteln und haben Schwierigkeiten, die Grundbedürfnisse des Lebens zu befriedigen. Das ist eine Sache, die mich wirklich verärgerte, und ich begann zu erkennen, daß mit der ganzen Struktur der Organisation etwas überhaupt nicht stimmte. Es war vollkommen außerhalb der Linie dessen, was die Bibel darüber lehrte, wie ein Mann für seine eigene Familie sorgen müsse, und sie mußten nicht in der Warteschlange für die Wohlfahrtsunterstützung stehen, um von Gott angenommen zu werden! Ein Mann muß auch nicht viele Stunden mit dem Predigen verbringen, um für Hilfe in Frage zu kommen, wenn er oder seine Familie sie braucht. Aber genau das, so fand ich, war der Fall in der Zeugenorganisation.
Ich habe Männer gesehen, die ungeschickte Handwerker waren, aber als Älteste die Verantwortung für Bauprojekte übertragen bekamen, die sie dann in den Sand setzten, was die Mitglieder einer Versammlung Tausende von Pfund oder Dollars kostete. Sie waren einfach „Älteste" und bekamen deshalb die Verantwortung übertragen, auch wenn sie keine Ahnung von dem Gewerbe hatten. Jehovas Zeugen lehren, wenn man eine Arbeit erledigt, dann muß dem um jeden Preis ein Ältester vorstehen. Selbst wenn du in dem Gewerbe Fachmann bist, lassen sie dich zugunsten eines Ältesten unbeachtet, da sie keine Berufsabschlüsse anerkennen, sondern nur die Qualifikation des Ranges eines Mitgliedes in ihrer eigenen Organisation. Allein aus diesem Gebiet, dem völligen Durcheinander, dem Schlamassel, den Fehlschlägen und Schnitzern aufgrund dieser Argumentation, könnte ich einen zehnbändigen Bericht über das schreiben, was ich die Jahre hindurch erlebt habe! Frauen haben überhaupt keinen Platz; jede Frau, die einen Berufsabschluß oder ein Diplom hat, hat einen Mann über sich, der ihr sagt, was sie zu tun hat. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen und beobachtet, wie ein vollkommener Idiot eine sehr geschickte Frau gelenkt und viel Streß und Frustration verursacht hat, als sie versuchte, in ihrem Beruf tätig zu werden. Was schließlich dazu geführt hat, daß sie ihm sagte, er solle verschwinden und sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
Der Punkt, auf den es mir hier ankommt, ist, daß Bildung in der Vergangenheit immer unterdrückt und niedergemacht worden ist und dies zu allen möglichen Problemen geführt hat. Auch wenn jetzt aufgrund der heutigen Forderung nach einem Berufsabschluß zu Bildung angeregt wird. Jedoch dann in die Schule oder aufs College zu gehen, wenn das auf einen Abend fällt, an dem Zusammenkünfte stattfinden, ist inakzeptabel. Selbst wenn man diesen Berufsabschluß bekommt: Wer kein Ältester ist, wird nie die Leitung in irgendeinem Job haben; selbst wenn er der herausragende Fachmann eines Landes oder in einem Beruf ist; es ist immer noch ein Ältester da, der dich anleitet!
Welchen Einfluß das auf mich hatte, kann man daran sehen, daß ich einfach keine Arbeit finden konnte, die gut bezahlt wurde, als ich von der Schule ging. Ich trieb durch 18 Jobs innerhalb von zwei Jahren, von einem zum anderen auf der Suche nach einem mit guter Bezahlung. Keinen Abschluß zu haben, war wirklich ein Handicap. Alles, was ich tun wollte, wurde mit Schuldgefühlen unterdrückt, wenn man mir sagte: „Das kannst du im neuen System lernen.". (Ein Begriff, mit dem die Zeugen die neue Welt meinen, die nach der Vernichtung der jetzigen kommt.) Dann erwartete man von einem, daß man Pionier wurde. Es wurde einem sogar davon abgeraten, zu heiraten; man sollte ledig bleiben und hinausgehen und vollzeitpredigen.
Ich erinnere mich, wie nach dem Ende einer Zusammenkunft ein sehr wütender Ältester die Treppe herunter auf mich zugestürmt kam. Es hatte die Versammlung angesprochen und gesagt, man sollte doch direkt nach der Schule vollzeitpredigen und das zu einem „Lebensweg" machen. Er redete und redete. Ich hatte gerade meine Hand erhoben und sagte: „Ist das eigentlich praktikabel? Die Tatsachen zeigen doch, daß dies das Schlechteste ist, was ein junger Mensch machen kann, so wie ich es getan habe." Ich fuhr dann fort: „Viele junge Menschen finden, daß sie heiraten, Kinder bekommen, und dann stehen sie vor wirklich großen Problemen, weil sie keine Wohnung kriegen. Und der Grund dafür, daß sie keine kriegen, ist, daß sie sich keine leisten können. Der Grund dafür, warum sie sich keine leisten können, ist, daß sie keine gutbezahlte Arbeit finden. Und der Grund, warum sie keine gutbezahlte Arbeit finden . . . ist, daß sie Predigen gegangen sind, statt einen Beruf zu erlernen . . . so funktioniert das nicht; es ist ein schlechter Rat. Ich weiß es, denn ich war einer von denen, die auf den Rat gehört haben, und das war katastrophal. Man soll also zuerst einen Beruf erlernen, dann kann man für Frau und Kinder sorgen. Das Predigen kann dann später kommen." Der Älteste war wirklich wütend, aber ich weiß, daß das die Wahrheit war, weil ich das dutzendmal gesehen habe. Ich wünsche mir wirklich, ich hätte eine Ausbildung und einen guten Schulabschluß erhalten, weil die Ansicht der Zeugen-Jehovas-Organisation in jeder Hinsicht völlig unvernünftig und unpraktikabel ist.
Mit den Jahren habe ich mir vieles selbst beigebracht und jährliche Kurse belegt, um einen Berufsabschluß zu bekommen. Ich fand das extrem schwer, aber ich habe es getan. Mein Vater und meine Mutter haben das getan, was nach ihrer Ansicht richtig war, kontrolliert und beherrscht von der Organisation. Die Organisation trägt viel Schuld und muß sich wegen einer Menge von Dingen verantworten, denn viele kämpfen ums Überleben, weil sie schlecht bezahlte Jobs haben und nicht in der Lage sind, eine richtige Arbeitsstelle zu finden; sie haben jahrelang auf schlechten Rat bezüglich einer Ausbildung gehört. Man rät: „Tu mehr für Jehova, und er wird für dich sorgen", und: „Er wird dich nicht verhungern lassen." Doch in aller Aufrichtigkeit: Es ist wirklich kein Vergnügen, jahraus, jahrein am Rande der Wohlfahrtsunterstützung zu leben. Und ohne sie, wenn man eine bessere Lebensqualität haben könnte, ist es wirklich sehr demoralisierend und äußerst frustrierend und schafft viele Sorgen und Depressionen.
Meine Haltung ist: Wenn du eine Arbeitsstelle haben möchtest und sie erfordert Qualifikationen . . . erlange sie . . . mach dir keine Gedanken, was andere denken . . . sie bezahlen die Rechnung nicht, sondern du.
Ich konnte nicht jahrelang einen Bootsbauerkursus belegen, denn das hätte geheißen, die Zusammenkünfte zu verpassen. Ich konnte keine Wochenendkurse belegen, denn das hätte wiederum bedeutet, daß ich die Zusammenkünfte und das Predigen verpaßt hätte. Am Ende machte es mich ganz verrückt; ich konnte mich einfach nicht bewegen. Ich wurde immer erregter; man erwartete von mir, für eine Familie zu sorgen, bestritt mir aber die Freiheit, dazu einen Beruf zu erlernen. Schließlich erlernte ich aber einen Beruf; ich ging zurück aufs College und wurde Zimmermann und bekam mein Abschlußzeugnis, auch für Raumausstattung.
Was eine ständige Weiterbildung, die Freude machte, und ein Fortschreiten hätte sein sollen, war tatsächlich schwere Arbeit und manchmal mehr, als ich tragen konnte, da ich es wegen meiner schlechten Schulbildung und ohne richtige Zeugnisse, auf die ich zurückgreifen konnte, als ich mit 15 die Schule verließ, als schwierig empfand.
Ich hatte eine Gabe: meine Hände und eine große Vorstellungskraft. Und damit konnte ich das wettmachen, was ich in Mathematik, Englisch und vielen anderen Fächern nicht konnte. Ich hatte immer etwas zu tun, als ich meinen Beruf hatte - bis zu jenem Unfall im Jahre 1986 -, und ich verdiente gutes Geld. Ich habe in keinem Fach in der Schule gute Noten gehabt, aber in Kunst und bei Holz- und Metallarbeiten und anderen Kunstfertigkeiten trat ich hervor; ich bekam dreimal den ersten Preis, weil ich darin der Klassenbeste war. Es war daher immer mein Ziel, gewissenhaft und verläßlich und stolz auf das zu sein, was ich unternahm, weil ich mir damit den Ruf eines Qualitätsarbeiters erwarb, und ich schätzte meine Fähigkeit, Kunstfertigkeiten zu beherrschen, und meine Vorstellungskraft, um kreativ zu sein; etwas, das mir zugute kam, bis ich 1986 meinen Unfall hatte. Das war etwas, das meine Mutter mir nicht nehmen und zerstören konnte; diese Gabe war in mir, und ich habe sie immer noch. Meine Collegeausbildung war ein Alptraum an sich . . .
aber es gab da etwas anderes, das es mir wirklich schwer machte


Kapitel 11
Einschüchterung, Spott und Hunger


Du kannst die Vögel nicht davon abhalten, über deinen Kopf zu fliegen, aber du kannst sie daran hindern, Nester in deinen Haaren zu bauen..
Chinesisches Sprichwort
Eine Redensart besagt, daß man den Regen nicht aufhalten, aber sich unterstellen kann, um nicht naß zu werden. In der Schule gibt es immer welche, die andere verspotten und tyrannisieren möchten. Als Teenager war ich sehr dünn. Ich war über 1,80 Meter hoch, wog aber nur so um die 50 kg und war nicht stark; so dachte ich jedenfalls. Man hat sich immer mich als Ziel ausgesucht, weil es andere in der Schule groß aussehen ließ, wenn sie auf jemandem herumhackten, der so groß war wie ich. Dann, eines Tages, hatte ich wirklich genug und lief hinaus und ging zu meinen Großeltern und sah meinen Großvater in seinem Sessel sitzen. Er konnte sehen, daß ich völlig fertig war. Ich erinnere mich, wie er sich vorlehnte und zu mir sagte: „Jetzt hör zu, Sohn, hör mir zu. Laß dich nie mehr von jemandem tyrannisieren, denn wenn du das tust, werden sie es weiter tun und dein Leben wird ein einziges Elend sein. Du mußt ihnen die Stirn bieten." Ich sagte, es wären so viele und ich sei ganz allein. Er sagte: „Das ist leicht. Such dir die Rädelsführer heraus, wenn sie alleine sind, wenn keiner sonst da ist; such sie dir heraus." Ich dachte darüber nach, und als ich zur Schule zurückging, sah ich die Bande, die mir das Leben so schwer machte. Ich war etwa 13, und diese Jungen waren 16 und 17 und in der Oberstufe.
Ich konnte schon fast die Schläge spüren, ehe ich ihnen nahekam, weil ich jahrelang so oft verprügelt und geschlagen wurde. Plötzlich rastete ich aus: Ich will nicht mehr geschlagen werden, nein, ich werde nie mehr geschlagen. Ich hatte wirklich genug. Die ganze Bande kam herüber, und einer trat vor und sagte: „He, du da, komm her, ich will was von dir." Ich blickte auf und, innerlich zitternd, merkte mir, wo jeder von ihnen stand und wer es als erster kriegen sollte. Dieses Bandenmitglied fing an zu reden und sagte: „Jetzt hör zu, Junge . . ." So weit kam er, als ich losschlug, so fest ich konnte, ihn genau zwischen den Augen traf und ihn torkelnd über den ganzen Bürgersteig schickte. Der war außer Gefecht, und ehe sie sich versahen, verprügelte ich den Kerl neben ihm und den nächsten, und dann jagte ich die anderen die Straße hinunter und rief, ich würde sie alle umbringen! Sie dachten, ich sei verrückt geworden . . . und ich war es auch! Andere aus der Schule warteten auf mich, als es Zeit zum Nachhausegehen war. Ich habe nicht einmal etwas gefragt, ich ging direkt auf den kräftigen Jungen mit dem großen Mundwerk zu und schlug den Anführer so fest, daß er von dem Drahtzaun zurückgeworfen wurde, nur um dann einen weiteren kräftigen Schlag zu erhalten, als er aufstand, und dann schlug ich zum dritten Mal zu, wo er sich dann auf dem Boden krümmte. Da merkte ich, wie äußerst schnell ich war
Ein Grund dafür waren die Jahre des Reagierens und Flüchtens vor dem Rohrstock meiner Mutter. Ich hatte Auseinandersetzungen mit Rowdys aus dem Haus, mit Rowdys von der Schule und von überall da, wo ich wohnte, und so schaltete ich diese einmal aus. Jetzt wendete sich das Blatt zu unseren Gunsten und wir, mein Bruder und ich, gaben ihnen das, was sie so lange an uns ausgeteilt hatten.
Als der Ruf „Nehmt euch vor den Phelan-Brüdern in acht" die Runde machte, ließ unsere Furcht nach und wir konnten in die Schule und die Straßen entlanggehen. Vier Jugendliche fielen über meinen Bruder her, und mein Bruder verabreichte diesen Kerlen eine ordentliche Tracht Prügel. Sie sagten: „Jetzt werden wir auf deinen Bruder losgehen", womit sie mich meinten. Ich wußte dies nicht und ging eine Woche später die Straße entlang, um dann diese vier wiederzusehen, mit einer Stange und Knüppeln bewaffnet. Ich schlug sofort auf sie ein, und sie bekamen von mir noch mehr Senge als von meinem Bruder. Meine Angst, verletzt zu werden, machte mich ziemlich gnadenlos, wenn ich in eine Auseinandersetzung geriet. Ich war gerade ein paar Minuten zu Hause, als ich meinem Bruder erzählte, was geschehen war, und er sagte mir, was er die Woche zuvor getan hatte. Eine halbe Stunde später schlugen die Eltern dieser Jugendlichen an unsere Haustür und beklagten sich gegenüber meinem Vater darüber, was wir getan hatten. „Diesen armen Jungen." Mein Vater, der erkannte, daß die anderen vier zu eins in der Überzahl waren, sagte ihnen nur, sie sollten verduften. Wir wurden zu Hause verprügelt und konnten daran nichts ändern, aber draußen hatten wir nun keine Angst mehr vor anderen, und sie gingen uns aus dem Weg, wenn sie meinen Bruder und mich zusammen gehen sahen. Ich hasse Gewalt und gehe, wenn möglich, jeder Auseinandersetzung aus dem Weg, aber ich befolgte den Rat meines Großvaters und er war richtig, wie so die Redensart ist: „Wer sich beleidigen läßt, verdient es nicht anders."
Mit 16 ging ich in eine Kampfsportschule und lernte Karate, Judo und Kung-fu und alles mögliche andere zur Selbstverteidigung. Ich wurde mehrmals wegen unorthodoxer Techniken, die nicht in den Handbüchern standen, von Clubs ausgeschlossen, aber ich wirkte Wunder an einem Gegner und streckte sie zu Boden! Ich muß ehrlich sagen, daß es ein bißchen Zeitverschwendung war, denn ich habe das bis heute nicht gebraucht. Aber ich denke, damals gab es mir ein Gefühl von Sicherheit, wenn ich meinen Tagesgeschäften nachging, weil ich mich von da ab durch nichts mehr eingeschüchtert fühlte. Ich lernte, besonnen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. NICHT am falschen Ort zur verkehrten Zeit! Das ist ein großer Unterschied!
Der Rat der Wachtturmorganisation der Zeugen ist es, die Bibel zu zitieren und „die andere Wange hinzuhalten". Eine Frau bei den Zeugen sagte: „Der Herr hat schon genug Märtyrer, er braucht keine weiteren!" Es gibt eine Zeit, wegzugehen, und eine, das eigene Recht durchzusetzen, um ohne tyrannisiert zu werden leben zu können. Tyrannisieren ist etwas, das ich nie tolerieren werde. Aber man kann in vielerlei Weise tyrannisiert werden, und seelische Verfolgung kann ihre Opfer für lange Zeit verstört lassen. Die Gängelei und Manipulation einzelner, voller Schuldgefühle und Angst, ausgeschlossen zu werden, kann mindestens zu Schikaniererei und seelischer Tyrannei führen. Ich habe das jahrelang in der Wachtturmorganisation gesehen und war eine lange Zeit selbst Opfer - bis ich das erkannte, kündigte und aus der Zeugenorganisation wegging, weil ich das nicht mehr hinnehmen wollte.
Hier etwas Humor und Kriegskunst! . . . Ich mußte lachen, wie ein guter Freund von mir, den ich schon erwähnt habe und der den dritten Dan im Judo hat, mit den Zeugen studiert hatte und bei einer Autoverwertung arbeitete. Ein Kerl machte sich lustig über ihn und wollte wirklich nicht hören, sondern war beleidigend ihm gegenüber. Kunden, die bei der Gelegenheit auf den Hof gingen, sahen, wie er den Kerl in festem Judogriff hielt, gegen eine Kühlerhaube gedrückt, und wie er die Seiten seiner Bibel umschlug und sagte: „Jetzt zu dem Text, den ich dir zeigen will", und den Kerl ihn dann lesen ließ, bevor dieser freikam. Eigentlich nicht gerade die Methode der Zeugen, aber der Kerl hatte die Botshaft erhalten, ob er wollte oder nicht! Derselbe Freund schlief in einer Zusammenkunft ein, schlug irgendwie den Feuerlöscher neben ihm aus der Halterung, streckte seine Hand in Panik aus, und halb im Schlaf schossen die Düse und der Schlauch direkt den Ärmel seiner Jacke hoch und er löste den Feuerlöscher aus. Der Redner blickte auf, nur um meinen Freund zu sehen, wie er aus allen Ärmeln und dem Kragen schäumte und aussah wie ein besessener Wahnsinniger aus einem Horrorfilm. Die meisten Zeugen haben nur wenig Humor, und lachend vom Stuhl zu fallen, macht sich in einer Zusammenkunft nicht so gut. Es freut mich, zu sagen, daß dieser Freund sehr intensiv auch die Lehre über das Jahr 1914 nachgeprüft und keine biblische Grundlage für diese Lehre gefunden hat und jetzt aus der Zeugenorganisation herauswill
Zurück zu dem, was ich noch über die Schule sagen wollte. Und zwar zu dem Punkt, daß ich immer Hunger hatte. Ich war immer hungrig, und das Essen in der Schule war ganz schön widerwärtig. Wir wurden mit Geld in die Schule geschickt, um uns dort Essen zu holen, aber das Essen, was das Mittagessen angeht, war so schlecht, daß niemand es essen wollte. Gelegentlich war es in Ordnung, aber das meiste war fürchterlich. Ich habe mir immer eine Tüte mit Pommes frites geholt, und das war es dann auch, aber wenn wir dann nach Hause kamen, sagte meine Mutter vielleicht: `Ihr habt heute schon zu Mittag gegessen, ihr braucht nicht noch etwas.' Wir bekamen dann ein Sandwich oder etwas Leichtes, und das hatte bis zum nächsten Tag zu reichen.
Ich erinnere mich, daß ich ein paar leere Flaschen sah und sie auf meinem Schulweg mitnahm, weil Pfand auf ihnen war, und während der Vormittagspause kletterte ich über das Schultor und ging zum Bäcker und kaufte ein paar Rosinenbrötchen. Als ich eben über das zwei Meter siebzig hohe Tor, das während der Schulzeit geschlossen war, kletterte, wartete der Schulleiter auf uns, weil er vom Fenster aus gesehen hatte, wie mehrere von uns über das Tor gingen. „PHELAN", brüllte er, „was machst du da, Phelan?" Ich sagte, daß ich hungrig sei und ein paar Semmeln aus der Bäckerei holen ginge. Mehrere von uns gingen über das Tor. Er sagte: „Nun, Jungens, ihr wißt doch wohl, was mit denen passiert, die sich während der Schulstunden aus der Schule schleichen?" Wir alle sagten: „Ja, Sir." „Was wird dann?" sagte er, „drei Schläge auf jede Hand und die Semmeln dafür behalten." Wir sagten: „Den Rohrstock, Sir." Er gab uns drei Schläge auf jede Hand, über die Handflächen; Gott, was tat das weh! Aber ich konnte meine Semmeln behalten und essen, während ich zwei sehr rote Hände versorgte, während ich jede Minute genoß, die Semmeln zu essen.
Über eine lange Zeit hungrig zu sein, ist die eine Sache, aber geistig oder seelisch mißbraucht zu werden, ist weitaus schwerer zu ertragen und hinterläßt mehr Narben. Wenn man etwas zu essen hat, ist der Hunger und die Erinnerung daran schnell verflogen . . . 
aber die Erinnerungen an seelischen und körperlichen Schmerz können ein Leben lang vorhalten


Kapitel 12
Seelische Grausamkeit und Beherrschung


Niemand kann dir ohne deine Zustimmung das Gefühl geben, du seiest unterlegen.
Eleanor Roosevelt
Wenn ich über meine Vergangenheit und die Dinge nachdenke, die mein Bruder und ich als Kinder auszuhalten hatten, dann war das zweifellos eine extreme seelische Grausamkeit und völlige Unterdrückung. Wir hatten nie Feiertage oder Freunde. Das Spielzeug wurde von uns selbst kaputtgeworfen oder wir wurden geschlagen, bis wir es taten, ständig gab es den Stock und Prügel, wir hatten wenig zu essen, wir wurden mit entsetzlichem okkultem Material gefüttert, uns wurden okkulte und schwarzmagische Bilder gezeigt, ständig hatten wir Arbeit, kaum konnten wir spielen, wir kannten niemanden außerhalb der Familie oder außerhalb der Zeugen-Jehovas-Organisation, und auch in ihr hatten wir wenig Gemeinschaft. Lange Stunden des Bibelforschens, Lesens und Studierens, endlose Meilen Weg im Predigtdienst von Haus zu Haus bei jedem Wetter. Keine Unterstützung für eine weltliche Ausbildung, keine Feiern jedweder Art, gezwungen, so früh ins Bett zu gehen wie kleine Kinder, niemals hinausgelassen und die Teilnahme an normalen Ereignissen verboten. Das ist einfach nicht der normale Lebensweg für ein Kind.
Als ich 11 war, wurde ich, wie bereits gesagt, dabei erwischt, wie ich mit der Telefonzelle herumspielte. Es war auch um diese Zeit herum, daß mein Bruder und ich dabei geschnappt wurden, als wir aus der Schule abhauten, und meine Mutter ging zur Schule, um mit dem Direktor zu reden. Mein Bruder war ein paar Monate lang weggeblieben und erhielt mit mir zusammen einen strengen Verweis von der Schule. Ich blieb in der Schule, weil ich nicht noch mehr Ärger haben wollte, was immer eine ordentliche Tracht Prügel bedeutete, und das wollte ich wirklich nicht noch länger durchmachen. Nun warnte man meinen Bruder, wenn er weiterhin fehle, werde man ihn in ein Untersuchungsgefängnis für unter 17-jährige Straftäter schicken. Wir hatten von diesen Häusern gehört und von allem, was sie das machten. Mein Bruder versäumte wieder die Schule, und so sicher wie das Amen in der Kirche stellte man ihn vor Gericht, und der Zivilrichter schickte ihn für drei Wochen weg in ein solches Haus.
Nur etwas früher, aber in dieser Zeit, hatte meine Mutter es viele Male als Drohung gebraucht und gesagt, sie werde ihn einsperren. Sie bat tatsächlich das Gericht, ihn einzusperren, damit er eine Lektion erhielte, und es war ihr ganz recht, als sie sah, wie er mitgenommen wurde. Sie zeigte keinerlei Zeichen von Beunruhigung. So kam sie zurück und ging wieder hinaus zum Predigen. In den drei Wochen nun, in denen mein Bruder Paul in diesem Haus war, entschlossen sich meine Mutter und mein Vater, ihn zu besuchen und mich dabei mitzunehmen, als ob sie mir auch eine Narbe verpassen wollten, um ihn den Irrtum seiner Wege erklären lassen . . . das zumindest hatte sie gedacht! Ich erinnere mich, wie ich ihn sehen wollte, und da liefen lauter Jugendliche über den Platz. „Wo ist er?" fragte meine Mutter. „Wo ist er?" Dieses Haus hatte alles, was wir nicht hatten! Fernsehen, einen Spielraum, einen Rauchertisch, ein Fußballfeld, einen Swimmingpool, genug zu essen, schöne aufgemotzte Schlafräume . . . Mein Bruder erlebte d i e Zeit seines Lebens! „Er ist oben und spielt", sagte der Aufseher. „Wie bitte?" sagte meine Mutter, „ich möchte ihn sofort hier unten haben." Nach einer Weile kam er heruntergelaufen und hört nicht auf, über all die Dinge zu reden, die er in den etwa 10 vergangenen Tagen getan hatte. Eine komplette Fehlzündung für die Pläne meiner Mutter, und sie sagte: „Ich möchte, daß er sofort hier herauskommt." Aber er mußte drei Wochen dortbleiben, so blieb er auch drei Wochen dort.
Am ersten Tag drinnen war er in einem Kampf und machte den Haustyrannen nieder, sagte mein Bruder mit breitem Grinsen, „Ich führe die Sache jetzt", sagte er. Er lebte sich am ersten Tag, an dem er da war, ein, und niemand hackte die ganze Zeit über, die er da war, auf ihm herum. Er genoß es so sehr, daß er nicht nach Hause kommen wollte. Es war ein großer Feiertag.
Meine Mutter nahm ihn nach den drei Wochen wieder nach Hause, wagte es aber nicht, ihm noch einmal damit zu drohen, ihn in das Haus zurückzustecken, weil sie wußte, daß es ihm dort wirklich gefallen hatte im Vergleich zu dem Leben, das wir kannten. So machte sie weiter wie zuvor, setzte uns einfach an die Arbeit und indoktrinierte uns mit den religiösen Routinen von Bibellesen und Predigen. Dann sieht das Leben so aus, daß man am Ende nichts anderes mehr kennt, und mein Bruder war bald mit mir wieder dabei, so weiterzumachen wie zuvor.
Die Kontrolle und die Beherrschung, die eine Sekte haben können, wird erst auffällig, wenn man versucht, zu gehen. Selbst jetzt, wo ich selbst die Zeugenorganisation vor ein paar Jahren verlassen habe, ging mein Bruder hin und dann wieder nicht, und schließlich hat er den Bruch vollzogen, aber aufgrund des Druckes seitens der Führer und seiner Schuldgefühle und seiner Frau, die sich in den 1980er Jahren bekehrt hatte, ist er völlig unvernünftig und ungenießbar; ein paarmal ist er zurück in die Zusammenkünfte gegangen, um ihr zu gefallen. Er hat einen sehr starken Willen, aber die Umklammerung, die diese Männer um einen haben, ist recht bemerkenswert. Man muß wirklich einen festen Stand haben und sich dem voll entgegenstellen und das bis zum Erfolg durchziehen. Mein Vater hat das getan und die Gemeinschaft der Wachtturmorganisation vollkommen verlassen, und er hat nicht mehr das Geringste mit ihr zu tun wie ich auch. Mein Vater drückte seine Bestürzung mir gegenüber aus: „Ich kann nicht verstehen, warum ich das nicht all die Jahre erkennen konnte; erst wenn man geht, sieht man, welche Kontrolle sie über die Leute haben." Meine Mutter ließ meinen Vater in Frieden und geht nun schon seit über 20 Jahren ihre eigenen Wege. Die Kontrolle, die die Zeugen hatten, und das Leben voller Schuldgefühle ließen meinen Vater bis Mitte der 1990er Jahre noch mit den Zeugen zusammenkommen, obwohl er schon seit vielen Jahren eine ganze Reihe von Dingen angezweifelt hatte und nicht glücklich mit ihnen war. Aber ohne Unterstützung, mit dem Gefühl des Isoliertseins und einfach so Weitermachens hat er jetzt losgelassen und führt ein Leben wie ich auch: sein eigenes Leben und dabei ist er glücklich.
Angst zu gebrauchen, wie es meine Mutter bei uns tat, wie im Fall meines Bruders, als sie ihm mit jedem Aufkommen eines Streitpunktes damit drohte, ihn einzusperren, ist nichts anderes, als den Leuten zu erzählen, sie würden in Harmagedon (ein Wort, das die Zeugen gebrauchen, um das Ende der Welt zu beschreiben) sterben, wenn sie nicht dies oder jenes täten, wie es die Zeugen tun. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß der Beweggrund der Mehrzahl der Zeugen Jehovas nicht ist, daß sie das, was sie tun, auch wollen oder lieben, weil vieles, woran sie teilnehmen, äußerst langweilig ist, sondern die Angst, entweder ein Vorrecht, das man ihnen verliehen hat, zu verlieren oder ausgeschlossen und gemieden zu werden, wenn sie sich nicht unterordnen und mitarbeiten.
Bis zu dem Tag, als ich meinen Austritt erklärte, hielten einige Zeugen, die ich kannte, an und schwatzten mit mir, aber schon am nächsten Tag gingen diese Mitglieder, die sich noch gestern freimütig mit mir über meinen Groll unterhalten hatten, nur ein, zwei Meter an mir vorbei in den Supermarkt, sahen mich an und drehten sich schnell um. Das tun sie nicht etwa, weil sie dächten, ich sei böse; sie wissen ja, daß ich sehr aufrichtig bin und Ungereimtheiten, die ich in den Publikationen fand, auch beweisen kann. Sie tun es, weil sie Angst haben, selbst ausgeschlossen zu werden, wenn man sie mit mir sprechen sieht und jemand sie bei den Ältesten ihrer Versammlung meldet. Es ist ganz einfach: Sie möchten nicht die Härte ertragen, selbst gemieden zu werden, weil das ein extrem schwer zu ertragendes Verdikt ist. Bei dem aber auch wirklich niemand mit einem reden darf, nicht einmal die Angehörigen außerhalb der eigentlichen Familie. Und wie ich sagte: Wer es doch tut, wird selbst auch ausgeschlossen.
Wenn ich jetzt zurückblicke, dann glaube ich, daß es noch ein langer Weg war, bis ich Licht sah, als ich gerade 15 Jahre alt war. Aber der erste Schritt, den ich tun mußte, war, der Beherrschung durch meine Mutter zu entkommen; als nächstes wäre in kommenden Jahren die Wachtturmorganisation dran.
Der erst Schritt hieß: von zu Hause weg. Das war ein großer Schritt, aber einer, zu dem ich genötigt war . . .


Kapitel 13
Der letzte Strohhalm auf dem Weg in die Freiheit


Ich kann so viel verkraften, aber ich kann es nicht länger ertragen.
Popeye
Wie mein Bruder sah ich mich an dem Tag, als ich die Schule verließ, nach einer Arbeitsstelle um. Mir gelang es, einen Job in einer Seidenschirmdruckerei zu bekommen. Ich nahm ihn, weil es ein Anfang war, und so ging ich hin und sie stellten mich in einem Untergeschoß an die Arbeit. Bedruckte Poster aus einer Presse abheben und sie auf ein Gestell zum Trocknen legen. Es war vor einer Wand, keine Fenster, keine Uhr und die langweiligsten Tage, die ich je hatte. Ich blieb viereinhalb Tage, und am Freitagmittag ging ich und bekam einen anderen Job. Nachdem ich als Kind jahrelang zu Hause eingesperrt war, war das letzte, was ich wollte, in einem kleinen Raum ohne Fenster eingesperrt zu sein. Als ich zurückkam, fragte der Manager: „Wo waren Sie?" So erzählte ich ihm, ich sei draußen gewesen, um einen anderen Job zu suchen, Er fragte: „Warum?" Ich sagte: „Ich möchte nicht so enden wie der Typ, mit dem ich zusammenarbeite. Er ist schon seit etwa 30 Jahren im Keller, völlig depressiv, ohne Sinn für Humor, und nie sagt er einen Ton." Ich erzählte dem Manager: „Wenn ich wie er sein wollte, hätte ich vor allem einen Job als Leichenbestatter angenommen." Ich bekam mein Geld und ging, um am folgenden Montag mit einem neuen Job zu beginnen.
Damals in den 1960er Jahren bekam ich 4.10 Pfund für meinen ersten Job. Wie mein Bruder Paul gab ich meinen ersten Wochenlohn für neue Kleidung aus. Von meinem Geld forderte meine Mutter 3.50 Pfund für Haushalt und Logis. Damit wären für mich nur 20 Shillings oder 1 Pfund zum Leben geblieben. Das ist jetzt schwer zu glauben, aber ich argumentierte und sagte, ich wolle die Hälfte abgeben. Ich hatte zwei wunderschöne Hemden aus einem Geschäft namens Harry Fenton gekauft, das sehr schöne Qualitätssachen herstellte. Ich sagte mir immer, ich würde lieber Sachen in Topqualität kaufen, die lange hielten. So kaufte ich zwei Hemden, die damals hochaktuell waren; mit schönen weißen Kragen und Manschetten und das Hauptteil in hellblau und lila. Recht auffallend! Aber in den 1960er Jahren sehr elegant.
Ich nahm sie mit nach Hause und zeigte sie meinem Vater und steckte sie in den Kleiderschrank. Meine Mutter bat mich, aus einem nahen Geschäft ein paar Lebensmittel zu holen, und als ich zurückkam, badete ich, nur um zu sehen, als ich mich anziehen wollte, daß die Hemden weg waren. Ich fragte meinen Vater. Er sagte: „Oh nein. Sag nicht, jetzt geht es wieder bei ihr los." Ja, sie hatte meine neue Kleidung zerstört, die ich von meinem ersten Wochenlohn gekauft hatte. Ich hatte kein Geld und keine Hemden für den neuen Job. Ich war so wütend und erregt und konnte das nicht mehr aushalten, so schrie ich sie an: „Du **!!***** bist verrückt, wahnsinnig!" Sie sagte: „Du kannst solche Hemden in keiner Zeugen-Jehovas-Versammlung tragen," Bald darauf schauten mein Bruder und ich, wie wir von zu Hause wegkommen könnten. Das war sehr schwierig, ich war unter 16 Jahre, und hatte keinen richtigen Job, von dem ich leben konnte, aber ich entschied, daß ich das nicht mehr länger mitmachen wollte. Mein Vater war mit seiner Weisheit am Ende, was man mit ihr tun sollte, da sie Hilfe oder eine Behandlung verweigerte und es mit jedem Jahr schlimmer wurde.
Meine Urgroßeltern waren gestorben und hatten das Dachgeschoß des Hauses meiner Großmutter väterlicherseits unbewohnt gelassen, und dorthin gingen wir und lebten dort. Wir waren eben eingezogen, als meine Mutter hereinplatzte und die Treppen hochkam, um sich sehen zu lassen, als meine Großmutter meiner Mutter zurief: „Was glaubst du eigentlich, wohin du gehst?" „RAUS", sagte sie, „RAUS . . . Diese Jungen zahlen Miete hier, so gehst du nirgendwo hin, wenn du nicht eingeladen bist." Nun, das paßte uns, und von da an lebten wir für uns. Meine Großmutter kochte uns jeden Abend das Essen, machte die Wäsche, wir hatten warme Betten, und sie sorgte für uns.
Der erste Schritt war für mich als auch für meinen Bruder Paul sehr schwer. Wir begannen mit nichts, hatten keine Berufsabschlüsse, wenig theoretische Fähigkeiten, waren jahrelang isoliert gewesen und hatten sehr wenig Selbstvertrauen, und wir hatten kaum Freunde. Aber bald lernten wir, auf eigenen Füßen zu stehen, und ich wurde nie mehr von meiner Mutter geschlagen. Ich hatte im Hause meiner Großmutter keine Angst vor der Dunkelheit; ein wahrer Segen.
Auch wenn wir außerhalb der Kontrolle meiner Mutter waren: Da war anscheinend diese Kontrolle von Seiten der Zeugen:

Das Schuldgefühl, das mir eingeflößt war, begann, mir schaffen zu machen, und ich stand vor einigen wirklich komplexen und verwirrenden Entscheidungen

Kapitel 14
Schuld und Verwirrung lassen mich wieder in die Falle geraten.


Niemand ist ständig ein Narr, aber jeder ist es manchmal.
Autor unbekannt
Ich habe immer geglaubt, es müsse einen Gott geben, und selbst in der Schule wurde dies gelehrt und war die Norm, da es ein paar Grundsätze geben muß, unser Gewissen anzuleiten. So glaubte ich damals nicht, daß Jehovas Zeugen unrecht hätten; soweit es ihre Lehren angeht, glaubte ich einfach, daß die Mitglieder etwas merkwürdig wären und es einige wirklich verrückte Individuen in ihren Reihen gäbe. Ich denke wohl, daß Jehovas Zeugen dazu neigen, zwei Typen anzuziehen. Da sind einmal die Einzelgänger, seelisch kranke Menschen mit psychischen Problemen, Schwache, die Hilfe benötigen, verletzliche Menschen, die Antworten auf Probleme suchen - und natürlich waren Zeugen da, um zu helfen und um „GESUNDEN RAT" zu geben. Dann gab es Personen am anderen Ende der Skala, solche, die es gerne haben, wenn man zu ihnen aufblickt, wenn sie Führer sind und Anordnungen erteilen und Verantwortung tragen, bekannt als Hardliner. Im Grunde genommen Geführte und Führer, wobei aber beide Typen sehr unausgeglichen in ihrer Argumentation werden.

Bei all den Problemen, die ich durchmachte, denke ich, daß der Fehler einfach der war, daß meine Mutter seelisch gestört war, und zwar schwerwiegend, da andere Kinder anscheinend nicht das durchmachten wie wir. Doch wenn ich zurückblicke, erkenne ich heute, daß man beiden die Schuld geben muß. Da waren das grausam gehässige und sadistische Wesen meiner Mutter und das Versäumnis der Zeugen, sie zurechtzubringen, weil sie mit ihrem Vollzeitpredigen Bekehrte und Spenden in die Organisation brachte, Was zu ihrem Vorteil war. Sie haben nie auf meinen Vater gehört, wenn er sich über ihr unvernünftiges Verhalten beklagte. Mehrmals ging mein Vater hin und erzählte den Ältesten und der Weltzentrale, daß meine Mutter seelisch sehr krank sei, und bat sie, ihr taktvoll vorzuschlagen, sie brauche doch Hilfe, aber sie nahmen keine Notiz davon und gingen direkt hinter dem Rücken meines Vaters zu ihr und erzählten ihr, was er gesagt hatte. Meine Mutter wurde hysterisch und machte sein Leben danach vollkommen zur Hölle, bis sie einen eigenen Bericht darüber abgab, in dem sie ihn für alles verantwortlich machte. Mehrmals zertrümmerte sie die gesamte Wohnung, um dann später abzustreiten, daß sie etwas darüber wisse.

Mein Vater gebot ihr keinen Einhalt; er ging hinaus und ließ sie wirken. So bekam er schließlich Frieden. Der entscheidende Punkt bei alledem ist, daß jeder Zeuge Jehovas, der sehr aktiv beim Predigen ist, die Stärkung des Herrn haben soll, aber jede Klage eines Mitgliedes, das einen wirklichen Grund dafür hat, ein Thema zur Sprache zu bringen, völlig als belanglos beiseite gewischt wird, wenn es kein aktiver Prediger ist. Man trifft auf die Einstellung und Begründung: „Du hast diese Probleme, weil du in deinem Leben nicht das Werk des Herrn an die erste Stelle setzt. TU MEHR, UND DIE DINGE WERDEN VON SELBST ZURECHTKOMMEN." Das ist die Antwort der Zeugen auf alles. Mit diese Begründung wischen sie jeden Streitpunkt, jedes Problem, jeden Umstand beiseite. Ja, ich möchte hier nicht einmal das Wort „Begründung" verwenden, ich sollte eher „verbogene Mentalität" sagen. 
Ich begann, die Zusammenkünfte zu besuchen und las die Bücher, die sie verwenden, in etwa drei Wochen durch. Und damals konnte ich keine wirklichen Fehler darin entdecken, soweit es die Lehre betrifft. Aber ich war sehr unwissend und sehr beeindruckbar. Ein Grund dafür war, daß ich überhaupt nichts wußte, wie konnte ich es dann wohl mit anderem vergleichen? Ich nahm einfach an, das sei alles, was es gibt. Etwa so um das Jahr 1969 wurde ich auf die Zeugen getauft, und die ganze Struktur der Organisation bewegte sich auf 1975 zu. Und bereits im Jahre 1967 hatten die Zeugen sich in gedruckter Form geäußert, es sei passend, daß dann diese Welt enden würde.

Leute verkauften all ihre Habe und gingen vollzeitpredigen; es sind ja nur noch ein paar Jahre und dann wird man eh alles verlieren! Andere kündigten ihre Lebensversicherungen und Krankenkassen und taten alles mögliche. Einige gingen daran, ihre Häuser, Grundstücke und Firmen zu verkaufen und machten massenweise Schulden, weil sie dachten, wenn die Welt ende, brauchten sie sie nicht mehr zurückzuzahlen. Krieg, was du kriegen kannst, und mach dir keine Sorgen. Diese Leute wußten kaum, wie sehr sie sich irrten, und viele bildeten für sich selbst und ihre Angehörigen Grund für viel Schmerz und Kopfschmerzen, jetzt, wo sie vor jahrelangen Rückzahlungen standen, um ihre Schulden zu begleichen. Aber in den von den Zeugen gedruckten Publikationen erschien keinerlei Entschuldigung, nur ein Dementi, daß das, was gesagt worden war, nur eine Möglichkeit darstellte. Und: „DIE MITGLIEDER HABEN SELBST ETWAS HINEINGELESEN".
Ich hörte, wie dies bei einem Kongreß von etwa 1.000 Leuten in Surrey der Zuhörerschaft gesagt wurde, und auch das Leugnen der Lehre über das Jahr 1914. Man lehrte bis dahin, „daß die Menschen, die das Jahr 1914 erlebten, noch immer leben und Augenzeugen der Vernichtung am Ende der Welt sein werden." Das gab ihrer Botschaft ein besonderes Gewicht und zog Leute an, weil diese Personen inzwischen sehr alt waren und so wenig Zeit übrigblieb. Ich war so angewidert, daß ich hinausging. Ich weiß aus meiner großen Sammlung von Büchern der „Wachtturmgesellschaft", die sich mit den Jahren ansammelten, sehr wohl, daß das unwahr war und die Zeugen logen, um Lehren der Vergangenheit zu vertuschen. Da es Tausende von Belegen dafür gab, war es direkt unehrlich und heuchlerisch, sich gegenüber den Mitgliedern davon frei zu machen und zu sagen, sie seien selbst schuld an der Enttäuschung.
Doch damals in den 1960er Jahren war ich mir dieser Dinge nicht bewußt, sog wie so viele die Dinge in mich auf und ging mit der Masse. Ich ging mehrere Jahre lang predigen und knauserte mit gerade einmal ein paar Pfund die Woche. Ich hatte nicht einmal einen Mantel, und ein Freund gab mir einen. Ich war so arm, ich hatte nichts. Ich erinnere mich an einen Ältesten aus dem Zweigbüro in „Mill Hill", der bei einer Zusammenkunft auf die Bühne ging und uns unverblümt fragte, als er die Hände auf die Gebäude draußen richtete: „Seid ihr euch im klaren darüber, daß im nächsten Jahr um diese Zeit all dies verschwunden sein wird?" „Ja", sagte er, „nächstes Jahr um diese Zeit wird das da draußen alles verschwunden sein". Das bezog sich natürlich auf die Umgebung in der Welt, in jener Welt, von der wird wußten, daß sie verschwinden werde, von Gott vernichtet, um für ein neues paradiesisches System, eine neue Erde, Platz zu machen. Im nächsten Jahr, und seither in jedem Jahr, mußte er klein beigeben, weil er sich selbst zu solch einem kompletten Toren, Idioten, Narren gemacht hatte - wie so viele vom Wachtturmpersonal, die dasselbe predigten. Und sie sollen uns nicht erzählen, das hätten sie nie gesagt . . . ICH WAR DA UND HABE ES MIT EIGENEN OHREN GEHÖRT!
Warum blieben aber dann so viele Leute in der Organisation? AUS FURCHT! Ja, Furcht, daß sie, wenn sie gingen, überrascht würden, wenn das Ende der Welt spät käme! Da die Wachtturmorganisation den Anspruch erhebt, Gottes ALLEINIGER wahrer Kanal zu sein, hieße gehen, sich von Gott abzuwenden. Viele waren verwirrt. Aber es gab einen Massenexodus. Wer blieb, wurde wegen seiner Loyalität gerühmt, und wer ging, war böse und vor allem kein echter Christ.
Mit den Jahren erlangte ich mehr Wissen über das, was da vor sich ging, und wurde freimütiger und schrieb Dutzende von Briefen an die Weltzentrale - inzwischen müssen sie eine sehr große Akte über mich angelegt haben. Ich stellte viele Fragen und forderte Antworten, aber jedesmal behandelte man das auf die übliche Art: „Es tut uns leid, daß wir dem im Augenblick nichts hinzufügen können", und dann: „Vielen Dank für Dein freundliches Interesse" usw. Das war eine Art, einen abzubürsten, einem zu sagen, man solle weiterhin predigen gehen und ruhig bleiben oder nicht über Ungereimtheiten Buch führen. Dieser Unsinn ging mir wirklich auf die Nerven, ich kam mir wie ein Idiot behandelt vor. Wenn du jemals die Weltzentrale anrufst, wirst du keinen Namen bekommen, das ist absolut erstaunlich! In jedem Geschäft, in jeder Firma kann man einen Namen oder eine Kontaktperson erfahren, aber nicht in der Wachtturmweltzentrale. Man bekommt nie einen Namen, nur eine Abteilung. ABER KEINEN NAMEN. Auf diese Weise kann niemand zitiert oder für etwas verantwortlich gemacht werden, das er vielleicht gesagt hat. Probier es selbst mal aus: Zweigbüro Selters 06483 / 41, frage beispielsweise nach der Dienst- oder auch der Versandabteilung oder nach der Rezeption. Man redet wie mit einer Maschine!
Abgesehen von alledem war ich jetzt in der Tretmühle der Wachtturmorganisation und mit hineingezogen unter alle Gesetze und Vorschriften, die sie initiierten. Das wirkte sich auch auf meine Heirat und die Probleme aus, die sich schließlich für mich daraus ergaben . . .


Kapitel 15
Ein Ehealptraum führt zum Bruch


Der eine war nie verheiratet, und das ist die Hölle; der andere ist es, und das ist wie die Pest.
Burton
Eines der schlimmsten Probleme, eine der größten Ängste in der Religion der Zeugen Jehovas ist der Druck auf Jugendliche und Alleinstehende, einen Partner zu finden zu versuchen, mit dem man seßhaft wird, den man heiraten kann. Die herrschende Vorschrift, nur einen Mitgläubigen zu heiraten, ist sehr bedrückend und beschwerlich. Und wenn man niemanden finden kann, dann fühlt man sich wirklich abgeschnitten und einsam. In Wahrheit sollte man gemäß der Bibel in der Lage sein, einen Mitchristen zu heiraten, und das ist es, was der Satz: 'Heirate im Herrn' eigentlich bedeutet. Jehovas Zeugen lehren, dies bedeute, nur jemanden in ihrem Glauben zu heiraten, das heißt, einen Zeugen Jehovas. Es ist auch richtig, daß viele Religionen dasselbe lehren, Katholiken müssen Katholiken heiraten, Mormonen müssen Mormonen heiraten usw. Wer diese Vorschrift übergeht, wird mit äußerster Abneigung behandelt und von allen gemieden.
Als ich ein Teenager war, empfand ich das als sehr lästig und heiratete schließlich eine junge Frau, die etwa 3 Jahre älter und auch eine Zeugin Jehovas war. Sie ging sehr in der Religion auf und nahm sie sehr ernst. Man sagte mir, solange alle jungen Zeugen Jehovas dasselbe glauben, sei man vollkommen glücklich! Das war der schlechteste Rat, den ich, glaube ich, je gehört hatte, und so viele aufrichtige Menschen folgen diesem Rat und heiraten, nur um dann eine Kette von Problemen zu finden, weil sie nicht zueinander paßten oder vom eifrigeren Partner Druck ausgeübt wurde.
Wenn man ein Mann ist, wird von einem erwartet, daß man nach Verantwortung in der Organisation strebt, und wenn nicht, dann hat das Einfluß auf die Frau, die ein erbärmliches Vorbild an Ehemann hat. Wenn die Frau sehr aktiv ist, mag sie ihren Ehemann dazu drängen, immer mehr in der Religion zu tun, auch wenn der Mann sich schon mit der Verantwortung für sie überfordert fühlt, damit, eine Arbeitsstelle zu haben und die Wohnungsmiete und alle Rechnungen zu bezahlen. Wenn die Angehörigen der Frau aktiv in der Religion sind, werden sie gleichfalls Druck ausüben, immer mehr zu tun, und wenn man dem nicht nachgibt, wird man vielleicht von ihnen gemieden, und wenn man tatsächlich nicht annehmbar ist, ist man ein erbärmliches Beispiel für einen Christen. Viele werden nur deshalb Jehovas Zeugen, um den, den sie lieben, zu heiraten. Und nach der Hochzeit treiben sie wieder zurück in ihren alten Lebensstil, sehr zur Entrüstung aller anderen Angehörigen, wenn diese Zeugen sind, und sie werden keine Gemeinschaft mehr mit ihnen haben oder ihnen Gastfreundschaft erweisen.
Ich heiratete und hatte bald von einem Tag auf den anderen große Probleme. Meine Frau war damals, man würde sagen: sehr prüde; sie war sehr genau darin, keine Sünde zu begehen. Physischer Kontakt wurde auf das äußerste Minimum beschränkt, wenn ich mit ihr ausging. Sie verführte mich zu dem Glauben, sie sei vom Wesen her sehr heiß und würde sich exzessiver Leidenschaft hingeben, daß ich ihre Körperchemie auslösen und sie zu einer unkontrollierten sexuellen Raserei bringen würde! Ja, ihr habt es erraten: Ich fiel darauf herein und heiratete mit 19 Jahren. Nach zweieinhalb Monaten Ehe hatten wir die Ehe immer noch nicht vollzogen, die Flitterwochen waren ein Alptraum, und jeder fragte, wie wir zurechtkämen, und sagte, wie glücklich wir aussähen. Das war sehr unangenehm. Ich ging zum Arzt und erzählte ihm, ich sei so gestreßt deswegen und könne wirklich nicht damit zurechtkommen, mit 19 Jahren in einem Bett mit einer Frau zu schlafen, die nicht einmal berührt werden wolle - wenn ich nach ihrer kühlen Erwiderung gehe.
Mein Hausarzt am Orte sagte: „Bringen Sie sie sofort her, ich möchte mit ihr reden." Er fügte hinzu: „Kein Problem, ich werde sie auf Vordermann bringen. Das ist nichts Ungewöhnliches, lassen Sie mich mit ihr reden, sie wird schon zurechtkommen." Wir wohnten so 5 oder 6 Haustüren vom Arzt entfernt. Deshalb lief ich zurück nach Hause und sagte zu meiner Frau: „Komm, der Arzt möchte mit dir reden." Sie weigerte sich einfach und sagte: „Ich bin glücklich, so wie ich bin, ich werde mit niemandem reden." Ich wußte allerdings, daß sie nicht glücklich war und daß sie auch Heimweh hatte, was ich verstehen kann, aber von jenem Tag an wußte ich, daß ich wirklich große Probleme hatte. Das Problem bestand nicht darin, daß sie ein Problem hatte, sondern darin, daß sie sich weigerte, etwas dafür zu tun, oder nicht den Wunsch hatte, etwas dafür zu tun, und für mich war das ein Rätsel. Mit der Zeit fühlte ich mich in meiner Rolle als Ehemann wie ein Vergewaltiger, und meine Frau war so kalt und distanziert. Ich fragte mich, warum im Himmel ich geheiratet hatte, da sie mir nie sagte, daß sie mich liebe; nur wenn ich fragte, aber niemals von selbst. Trotz dieser Dinge war sie sehr liebevoll und bemühte sich um andere Menschen; und selbst heute noch tut sie alles mögliche für alle Leute. Meine Exfrau hat seither wieder geheiratet: einen Mann, der ein eifriger Zeuge Jehovas ist. So ist sie immer noch unter der Kontrolle der Zeugenorganisation - eigentlich mehr als je zuvor.
In meiner Situation, wo ich verheiratet war, konnte ich keine andere kennenlernen, und so fragte ich mich, ob das nun 50 Jahre lang so gehen solle. Mit der Zeit hatte ich drei Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen; Gott weiß wie. Ich mußte darum kämpfen, daß sie auf die Welt kamen. Es überrascht nicht, wenn ich sage, daß es bei jeder Schwangerschaft Monate vor und Monate nach der Geburt immer einen Grund gab, warum wir keine normale Beziehung haben konnten.
Die große Frage war: Warum war sie so? Vom Wesen her war meine Frau damals sehr mitfühlend und freundlich und rücksichtsvoll gegenüber anderen; sie würde für jeden alles tun und wurde von allen geliebt, aber die Art, wie sie mich behandelte, stand im Gegensatz zu dem, was andere erfuhren, die mit ihr arbeiteten oder die sie kannten. Das Problem waren wieder die tiefen Wurzeln in der Indoktrination der Wachtturmorganisation, der sie jahrelang unterworfen war und die ihr Denken völlig kontrollierten. Etwas anderes, das mir aufgefallen ist: daß sich einige Frauen wohlüberlegt gehen lassen, um unattraktiv zu sein, so daß ihre Ehemänner keine sexuelle Beziehung mit ihnen haben wollen - wieder, um dem Risiko zu entgehen, Kinder zu bekommen. Ich habe sogar Männer gekannt, die mir erzählten, ihre Frauen täten dies vorsätzlich, so wie meine Frau dies damals auch tat und es Jahre später zugab, weil sie Angst hatte, sie werde von der Wachtturmorganisation getadelt. Hier liegt das Problem:

Es gibt Menschen, Frauen wie Männer, die versuchen, so geistig zu sein, daß sie darüber das Menschliche vergessen. Sich an physischen Empfindungen und Erfahrungen zu erfreuen, vermittelt ihnen ein Schuldgefühl, so daß sie glauben, sie sollten diese Dinge nicht so empfinden. Um also das, wovon sie glauben, daß es geistig sei, zu behalten, unterdrücken und töten sie die eigenen physischen Empfindungen und Gefühle ab. Jedesmal, wenn diese physischen oder emotionellen Bedürfnisse hochkommen, empfinden sie Schuld, als ob sie ihr Geistiggesinntsein verlören, und unterdrücken sie wieder. Dann werden sie gegenüber allen herzlich, die ihnen nicht emotional gefährlich werden können, da diese keine Bedrohung darstellen, und sie reden sich selbst ein, diese seien wunderbare geistiggesinnte Freunde, aber jenen gegenüber, die ihnen emotional gefährlich werden könnten, werden sie kühl, abweisend und gleichgültig bis zu dem Punkt, wo sie sie zurückweisen. Das einzige Heilmittel ist, zu erkennen, daß man geistiggesinnt sein und eine physische Beziehung genießen kann, wenn man zölibatär leben will. Traurigerweise muß ich sagen, daß ich Dutzende unglücklich verheirateter Leute gekannt habe, Männer wie auch Frauen, die einen Partner mit dem gerade beschriebenen Denken geheiratet haben. Andere sehen zu und sagen, was für einen wunderbaren Partner man doch habe; sie erkennen nicht, daß man zu Hause hinter geschlossenen Türen vielleicht die Hölle durchmacht. Ich gebe diesen Personen gewiß nicht die Schuld dafür, aber eine große Verantwortung liegt auf der Wachtturmorganisation, weil sie diese Schuldgefühle Mitgliedern einimpft und weil das viele Ehen ernstlich beschädigt hat.
Ferner ist der Druck auf Zeugen, keine Kinder zu haben, sehr groß, und die Angst vor einer Schwangerschaft kann ein Ehepaar wirklich belasten, denn wenn die Frau sieht, daß sie schwanger ist, könnten beide so angesehen werden, als wollten sie den Rat der Mutter Organisation nicht beherzigen und das Sektenwerben und das Predigen nicht an die erste Stelle ihres Lebens setzen. Wenn ein Paar Kinder erwartet, fällt schlechtes Licht auf sie und sie werden als nicht besonders geistiggesinnt angesehen. Und es ist dieses Schuldgefühl, diese Manipulation, was in das Privatleben der Zeugen Jehovas hineinreicht, das schon viel Kummer unter Ehepaaren geschaffen und sie belastet hat. Damals, als ich jung war, sah ich das nicht, aber wenn ich jetzt zurückschaue, dann ist sehr klar, warum so viele Menschen schwere Eheprobleme haben. Die Furcht, unter den Zorn der Mutter Organisation zu fallen, hält viele davon ab, sich an dem zu erfreuen, was andere ein normales, gesundes Sexleben und Ehe und Familie nennen.
Ein sehr guter Freund von mir war jahrelang Vollzeitprediger, dann bekam seine Frau Kinder. Ich erinnere mich noch, wie er mir erzählte, daß er jemanden vom Personal des Zweigbüros in London getroffen habe. Obwohl er ihn schon so lange kannte, habe dieser ihn nur angesehen und sei direkt an ihm vorbeigegangen. Er habe ihm nicht einmal wegen der Kinder und seiner schwangeren Frau gratuliert, was meinen Freund tief getroffen hatte. Er war sehr verärgert wegen dieses unverfrorenen Aktes, ihn nach all den Jahren des Dienstes, den er für die Organisation geleistet hatte, so zu mißbilligen.
Ich erinnere mich auch, wie die Ältesten nach all der Arbeit von einigen Jahren, als ich wieder vollzeitig arbeiten und das Vollzeitpredigen Anfang der 1970er Jahre aufgeben mußte, die gesamte Versammlung informierten, ich sei aus dem Amt ENTFERNT worden usw. Keine Erklärung wurde gegeben, daß wir Nachwuchs erwarteten und ich deshalb vollzeitig arbeiten gehen mußte. Nicht der geringste Dank für meine harte Arbeit, nur einfach: ich sei entfernt worden. Was alle dem Gedanken überließ, ich hätte eine schwerwiegende Sünde begangen. Das war äußerst verletzend. Danach ging ich nie mehr in dieses Vollzeitpredigtwerk zurück.
Ich erinnere mich auch noch an das, was ich den Ältesten (Sektenführern) einer Versammlung (Kirche) sagte, die mich um 23.00 Uhr in der Nacht noch anriefen, weil Vandalen die Glastüren unseres örtlichen Versammlungssaals eingeworfen hatten. Ich verbrachte drei Tage damit, neue Türen und Zubehörteile sowie Sicherheitsschlösser anzubringen. Ich erhielt keinerlei Dank. Ich war sehr verärgert und wütend und sagte, ich erwarte nicht, daß man mich für meine Arbeit bezahle, ich bat auch nicht um Reisekosten oder Benzingeld, und ich forderte auch keine Essenspauschale oder etwas für die Abnutzung meiner Werkzeuge, ABER ICH HÄTTE EIN DANKESCHÖN ERWARTET. Selbst nachdem ich mich beklagt hatte, bekam ich kein einziges Wort des Dankes. Ich habe danach nie mehr etwas für sie getan und weigerte mich ab dem Tage, irgendwelche Hilfe anzubieten. Der Punkt ist, daß andere, die sehr wenig taten, immer gelobt wurden. Warum? Weil sie draußen waren und ANDERE FÜR DIE SEKTE WARBEN. Über die Jahre hinweg muß ich wohl Tausende von Stunden meiner Zeit beigetragen haben, kostenlos auf Dutzenden von Kongressen und bei Bauprojekten. Doch habe Zweifel an der Organisation und das alles ist völlig vergessen, und man ist nur ein weiteres Rädchen in der Wachtturmmaschine.
Warum ich das gerade erwähnt habe? Weil alle diese Erfahrungen das Ergebnis sind, wenn man nicht alles der Wachtturmorganisation gibt. Gib alles, und es ist in Ordnung; hör damit auf, und du wirst schnell eine sehr unfreundliche Behandlung erfahren. Es ist diese Furcht, daß man schlecht behandelt wird, die die Mitglieder das tun läßt, was sie tun. Loyalität gegenüber der Organisation steht an erster Stelle, dann erst kommt der Partner. Wenn es einen Konflikt gibt, leiden immer die Partnerinteressen. Wenn eine Frau weiß, daß man sie schief ansehen wird, wenn sie Kinder hat, dann werden in der Ehe bestimmt Probleme an die Oberfläche kommen. Wenn man einen Mann schlecht ansieht, weil er eine Berufskarriere verfolgt, werden das Ergebnis sehr traumatische Probleme zusammen mit Verwirrung sein, Schuldgefühle und Verlegenheit.
Eine Freundin meiner ersten Frau, die Frau eines Ältesten in der Religion, gab ihr alle möglichen unausgegorenen Ratschläge, wie zum Beispiel den, einmal pro Woche Sex zu haben, damit der Mann zufrieden bleibt, oder daß es nicht gut sei, wenn man Sex hat, nachdem man von der Zusammenkunft nach Hause gekommen ist, und sich somit physische Freuden gönnt, nachdem man geistige Dinge betrachtet hat! Meine Frau war nach einer Zusammenkunft immer sehr kühl. Ich konnte mir das nie erklären; ich argumentierte, ich sei in die Versammlung gegangen, um zu lernen, wie ich ein guter Ehemann sein könnte und meine Frau liebte. Wenn wir daher nach Hause kamen, sei es die beste Zeit, das zu praktizieren, aber meine Frau sah das nicht so!
Nachdem eine endlose Zahl von Kindern durch meine Wohnung gelaufen waren, die meine Frau hineingelassen hatte, da sie trotz dessen, was ich sagte, jedermanns Kinder zu sich nahm und sie durch die ganze Wohnung liefen und sprangen, über Möbel und durch den Garten, legte ich die Arbeit nieder und sagte, ich würde aufhören. Einmal war ich nach Hause gekommen und fand wie üblich Ladungen von Kindern, die durch meine ganze Wohnung sprangen, und neun von ihnen schrieen und liefen so laut sie konnten, da verlor ich die Beherrschung und griff mir die Kinder und warf sie über den Gartenzaun dahin, wo sie hingehörten. Der Vater drohte, er würde vorbeikommen und mich vermöbeln. Ich sagte ihm, er solle doch vorbeikommen, und ich würde ihn auch über den Zaun werfen, der etwa 1,80 Meter hoch war. Da einige Menschen weicher sind als andere und viele meine erste Frau ausnutzten und sie einfach nicht nein sagen konnte, ist es einfach so, daß sie sich verpflichtet fühlte, ja zu sagen, wenn jemand um Hilfe bat, weil sie das so als Christin in der Zeugenorganisation dachte. Ich glaube, es war deshalb, daß sie die ganzen Kinder hereinnahm, wo sie doch schon mit genug Verantwortung fertigwerden mußte. Ich kann sie nicht dafür verurteilen, daß sie so gastfreundlich war und anderen gegenüber Güte übte, da das eine ihrer ausgezeichneten Eigenschaften war, aber die Indoktrination durch die Wachtturmorganisation tat nur wenig, um ein ausgeglichenes Denken zu fördern.
So ging ich nach sechs Jahren und sagte meiner Frau, ich könne nichts mit ihr tun. Es war die Religion, die alles bestimmte; ich war das Mädchen für alles, der Ernährer, der, der die Rechnungen bezahlt. Wir führten kein richtiges Leben, wir hatten keine enge Beziehung, und zu viele andere Leuten, das heißt Älteste der Kirche, hatten das Sagen zu Hause und in der Ehe. Mich berücksichtigte man nicht einmal; was zählte, war immer das, was die Ältesten der Religion oder ihre Frauen dachten und sagten.
Selbst der Sex war durch die Organisation geregelt, und Frauen sollten es den Ältesten melden, wenn sie glaubten, daß ihr Mann etwas Unpassendes getan habe. Zu erwarten, daß die Frau sexy oder bezaubernd aussah, war einfach nicht drin! Man mußte Selbstbeherrschung haben und zufrieden sein.
Meine beiden Söhne wuchsen auf und verachteten mich völlig und behandelten mich sehr respektlos. Nachdem mein ältester Sohn sich mit seiner heutigen Frau verlobt hatte und einen großen silbernen Kerzenleuchter, den ich ihnen gekauft hatte, als Geschenk annahmen, sagte er mir, daß er mich nicht als seinen Vater ansehe. Das hat sehr wehgetan und war unverschämt; mir wäre niemals im Traum eingefallen, das zu meinem Vater zu sagen. Der Punkt ist, nachdem ich in einer Atmosphäre ständigen Streits und der Auseinandersetzung aufgewachsen war, wollte ich, daß meine Kinder ein friedliches Zuhause hatten und nicht Zeugen böser Gefühle zwischen mir und meiner Frau würden. Vielleicht werden sie das eines Tages verstehen.
Ich kann verstehen, wie meine Kinder empfunden haben mögen, und sie nahmen es mir übel, daß ich gegangen bin. Ich kam regelmäßig vorbei, manchmal mehrmals in der Woche, um zu sehen, wie es ihnen ginge, und reiste auch am Wochenende an, um sie zu sehen, aber es war offensichtlich, daß ich nicht willkommen und erwünscht war. Ständig beleidigten mich die Ältesten der Kirche oder örtlichen Versammlung oder sie machten sich über mich lächerlich. Sie versuchten, meine Exfrau zu beeinflussen und hatten Erfolg darin, das Leben meiner Kinder mit so vielen Beschäftigungen zu erfüllen, daß sie nie Zeit für mich hatten. Meine Exfrau traf Vorkehrungen, damit jeder andere außer mir sie haben könnte.
Das ist nicht das, was sie vielleicht getan hätte, wenn sie keine Zeugin Jehovas gewesen wäre. Wenn man bei den Zeugen ausgetreten ist oder einen Gemeinschaftsentzug hat, wird man schlimmer als der Teufel behandelt, und jeglicher Umgang muß abgebrochen werden, selbst der Familienkontakt wird auf ein Minimum beschränkt. Die Wachtturmpolitik zwang dies den Mitgliedern auf, und ich bekam jahrelang etwas ab, weil ich eine unglückliche Ehe beendet hatte, auch wenn ich eine Zeitlang keine andere hatte oder jemand heiratete. Zu der Zeit, als ich Schluß machte, als wir uns fast mehrmals trennten, hatte ich gerade etwas zu erledigen, und die Frau, die allein war, wußte, daß ich sehr unglücklich war. Sie kam einfach herbei und legte ihre Arme um mich. Und da ich das seit Jahren nicht erlebt hatte, hatte ich nicht den Willen, dem zu widerstehen. Ich hatte nichts, auf das ich zurückgehen konnte, nichts, auf das ich bauen konnte. So war dieser Akt von Hurerei also das Ende meiner Ehe, und ich war erleichtert darüber.
Den Zeugen geht es immer darum, daß man keinen Ehebruch begehen dürfe, nicht einmal jemanden vom anderen Geschlecht mit Begierde ansehen dürfe; damit begehe man schon eine Sünde. Doch was sie nicht in den Köpfen der Leute verankern, ist, daß man alles, was man kann, tun sollte, daß der Partner nie Ehebruch begehen WILL, wenn er versucht wird. In den meisten Fällen von Ehebruch sind Schwäche und Probleme zu Hause die Ursache; jemand glaubt, er habe nichts Wertvolles an sich, um NEIN zu sagen, wenn eine solche Situation entsteht oder er versucht wird. Die meisten Leute, die ihre Partner betrügen, sind gewöhnlich unglücklich.
Später, als ich noch einmal heiratete, lebte ich in Essex, etwa 60 Meilen entfernt, und meine Frau (wir heirateten 1982) wollte nicht wegziehen. Es gelang mir jedoch, ein Haus im Tausch aufzutreiben, und ich zog einige Meilen von meinen Kindern weg. Am Wochenende reiste ich 240 Meilen, um alle drei, zwei Jungen und meine Tochter, mitzunehmen, und das machte mich fertig: dazu auch noch in der Woche voll arbeiten. Ich dachte daher, wenn ich näher zu ihnen hin zöge, dann würde eine Menge Streß entfallen, sie zu sehen. Meine ältere Tochter Helen ist sehr hübsch geworden und hat ein sehr freundliches Wesen und liebt Zuwendung und ist sehr liebevoll. Sie ging von den Zeugen weg, weil sie bei ihnen sehr unglücklich war. Sie lebt bei mir in der Nähe, und ich sehe sie regelmäßig. Helen ist jetzt 21 Jahre alt und arbeitet gegenwärtig für das Verkaufsbüro der örtlichen Rundfunkstation. Anscheinend hat sie den Job sofort bekommen, weil sie so gut aussieht! Meiner jüngere Tochter Jessica, die jetzt 13 Jahre alt ist, hat die Natur sehr langes blondes Haar und wunderschöne blaue Augen geschenkt, und sie ist sehr hübsch; sie ist ebenso liebevoll. So habe ich zwei wunderbare Töchter!
Damals wollte meine heutige Frau nicht umziehen, auch wenn das für mich eine erhebliche Erleichterung bedeutet hätte, so verbrachte ich fast sechs Monate damit, von der Kleidung bis zum letzten Löffel alles alleine vorzubereiten und es dann in einen großen Lastwagen zu laden. Ich hatte Gartenmöbel und Pflastersteine und alles mögliche Zeug. Glücklicherweise waren da ein paar Freunde von mir, die herkamen und mir aufladen halfen, einer von ihnen mietete für mich den Lastwagen und fuhr ihn, und dann luden wir alles ab und stellten jedes Ding in den entsprechenden Raum, so wie ich alles ordentlich verpackt und mit Etiketten versehen hatte, damit wir wußten, wo jedes Ding war. An dem Wochenende holten wir meine Söhne, die damals, 1987, noch mit mir redeten; sie halfen, die Löcher für den Gartenzaun zu graben. Das war schwere Arbeit, und wir wurden in ein paar Tagen fertig, da wir Privatsphäre haben wollten, aber es war schwere Arbeit!
Nach alledem verstehe ich, wie meine Frau sich gefühlt haben muß; aber ich konnte sehen, daß es weniger Arbeit, weniger Kochen, weniger Zeit, weniger Kosten bedeutete, jedes Wochenende fünf Kinder da zu haben; denn in die Nähe zu ziehen, bedeutete, daß wir meinen Stiefsohn und die Tochter da hatten, und eins meiner Kinder hätte eben schnell vorbeikommen können, wann immer es wollte. Leider machte sich von dem Tag an, als wir umzogen, keines meiner Kinder die Mühe, vorbeizuschauen; niemand war interessiert und hatte Wertschätzung für alles, was ich für sie zu tun versucht hatte. Es ist jetzt viele Jahre her, daß ich meine Kinder gesehen habe, die inzwischen erwachsen und verheiratet sind. Ich ging zur Hochzeit meines ältesten Sohnes, aber nicht einer redete mit mir, nicht einmal meine Schwiegertochter. Man ignorierte uns völlig, und wir saßen an einem Tisch mehrere Reihen nach hinten, mit dem Rücken zum Brautpaar. Es war die schlimmste Hochzeit, auf der ich je war, und meine jüngste Tochter Jessica war sehr verärgert, weil auch sie von allen wie eine Ausgestoßene behandelt wurde. Alle Kinder erhielten Geschenke, doch Jessica bekam nichts. Wir wurden nicht gebeten, dabei zu sein, wenn jemand ein Foto machte, wir bekamen kein Stück von der Hochzeitstorte; es war schrecklich. Ich wurde nicht zur Hochzeit von meinem anderen Sohn eingeladen, und bis nach dem Ereignis wußte ich nicht einmal, daß er geheiratet hatte, obwohl er es mir acht Monate zuvor gesagt hatte. Aber da ich wußte, wie manche Leute Dinge abbrechen, wußte ich es nicht sicher. Meine Enkel haben mich nie zu Hause besucht, und sie sind inzwischen sechs Jahre alt. Ich habe nie meinen Enkel gesehen, von dem ich nicht einmal wußte, daß er geboren worden war. Jemand anderer, der meine Familie kannte, hatte es mir gesagt. Und doch leben alle nur 15 Minuten entfernt.
Meine Frau sah die Dinge so: Sie hatte keine Angehörigen in Berkshire, wohin wir, näher zu meinen Kindern, zogen, und keine Freunde. Ich dachte, ihre Reaktion war unvernünftig, aber tatsächlich war sie in einer Weise gerechtfertigt. Ich glaube, eine Frau sollte ihren Mann unterstützen, aber was die Sache schlimmer machte, war die Tatsache, daß ich es tat, weil ich Druck seitens der Zeugen empfand, die von mir erwarteten, daß ich vollzeitig beschäftig wäre und am Wochenende predigen ginge, und es gab keinen Weg, das damit in Einklang zu bringen, meine Kinder zu sehen. Wenn man nicht predigte, wurde das auf einer Karte vermerkt und einem zur Last gelegt. Weil ich das nicht wollte, beschloß ich, umzuziehen. Das brachte meiner Frau viel Kummer und mir selbst noch mehr, und es war ein Umzug, der wie gesagt bis heute von meinen Kindern nicht wertgeschätzt wird . . . da ich sie nie sehe. Hätte ich Stellung bezogen und frei von allen Verpflichtungen der Wachtturmorganisation gelebt, hätte ich bleiben können, wo ich wohnte, und alle wären glücklicher gewesen.
Ich kann nicht erkennen und akzeptieren, daß Leute Dinge wie diese von Natur aus tun, die meisten tun es, weil sie Rat oder Druck von anderen erhalten. Ich weiß, daß meine Kinder etwas empfinden müssen und ein Gewissen haben, weil ich immer für sie dagewesen bin, aber ich denke, die Wachtturmorganisation hat sie zu dem geformt, was sie heute sind, wie sie es auch mit mir taten, als ich noch jünger und beeindruckbar war. Ich hoffe nur, daß sie eines Tages die überwältigende Kontrolle erkennen, unter der sie stehen, und sich davon frei machen, wie ich es getan habe.
Jetzt, im April 1999, hat mein Bruder Paul auch von seinem Sohn gesagt bekommen - so wie es bei mir auch war -, daß er bei ihm zu Hause nicht mehr erwünscht ist und seine Enkel nicht sehen darf; es ist ihm untersagt, seinen Sohn zu sehen. Wieder einmal hat die Wachtturm-Lehre, Leute zu meiden, Familien auseinandergerissen, weil sie in dem einen oder anderen Punkt anderer Meinung sind.
Im Mai 1999 war meine Schwiegertochter in demselben Einkaufszentrum wie ich, meine Frau und meine Tochter Jessica. Meine Schwiegertochter lief meiner Frau mehrmals in die Arme, auch meiner Tochter, und doch sprach sie nicht mit meiner Frau oder grüßte sie. Da ich direkt neben dem Kassenbereich saß, kann ich nicht erkennen, wie sie auch mich nicht sah. Und doch sah meine Enkelin mich direkt an, ohne zu wissen, wer ich war. Da ich für sie ein vollkommen Fremder bin, hat sie seit ihrer Geburt noch nie einen Fuß in mein Haus gesetzt. Ich kann einfach nicht akzeptieren, daß solch ein Verhalten normal ist und sie das aus freien Stücken tun. Aber es sind blinde Kontrolle und Manipulation durch die Wachtturmorganisation, die sagt, man müsse die Angehörigen wie Tote ansehen, wenn sie der Organisation den Rücken kehren. Es ist diese eiskalte und verächtliche Behandlung gegenüber Angehörigen, die mich davon überzeugt, daß bei der Gemeinschaftsentzugspolitik der Zeugen etwas sehr im argen liegt.
Wenn man jünger ist, kann man diesen Streß überleben und weitermachen, aber mit den Jahren fordert das seinen Tribut und man kann die Dinge schwerer ertragen. Das wurde mir mit der Zeit klar, und daß schließlich etwas zerbricht oder auf der Strecke bleibt . . .
in den meisten Fällen die Gesundheit.


Kapitel 16
Innerlich sterben, heißt äußerlich sterben

Wie viele Armeen haben den Kampf schon vorher verloren, weil sie demoralisiert waren.
Autor unbekannt
Es gilt als anerkannt, daß Streß einer der größten Sterbefaktoren in unserer Zeit ist, der Herzanfälle und -krankheiten verursacht, weil sowohl die seelische, geistige als auch die physische Person zusammenbricht. Man weiß jetzt auch, daß Krebspatienten mindestens vor Ausbruch ihres Leidens eine Menge Streß hatten, der zum Krebs beitragen oder ihn auslösen kann. Leute, die unter Streß stehen, haben fast immer eine schlechte Gesundheit, nur wenige können für lange Zeit unter Streß leben und dabei gesund bleiben; das ist ein Faktum im Leben. Wenn ich über Streß spreche, dann meine ich negativen Streß.
Es heißt, wenn man innerlich stirbt, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann man auch äußerlich stirbt. Dieser Typus von Schicksal ist ebenfalls bekannt: man kann nach einem Todesfall an gebrochenem Herzen sterben, und auch eine klinische Depression kann Krankheit verursachen. Was heißt das? Es heißt, wenn man innerlich so demoralisiert ist und keine Kraft mehr hat, dann gibt der Körper einfach auf und negative Schwingungen bombardieren den Körper und das Nervensystem; das wird sich in schwerwiegender Weise auf die Hormone auswirken und Stoffe in den Körper entsenden, viel Säure und andere chemische Stoffe, die alle einer positiven Genesung entgegenwirken.
Mit der Zeit kann es immer schlimmer mit uns werden, bis wir nur noch eine Hülle unseres früheren Selbst sind, ein völliges seelisches, geistiges und physisches Wrack, das von Medikamenten lebt, von Pillen gegen die Depression, die unseren Körper noch mehr vergiften. Wir nehmen noch mehr Pillen, um gesund zu werden, das wiederum richtet unseren ganzen Vitamin- und Mineralstoffhaushalt im Körper zugrunde, und das setzt unseren Körper unter noch mehr Streß, weil Toxine ungehemmt unser ganzes System überschwemmen. Wir laufen dann herum und fühlen uns, als sähen wir wie völlige Zombies aus.
Unser Lebenswunsch ist fast auf Null, wir haben keinen Ansporn, uns wird schon der nächste Tag zu viel, und jeder Tag ist ein Alptraum für sich, weil wir immer noch die normalen Verrichtungen vor uns haben, die sich uns nun wie Berge in den Weg stellen. Wir wenden uns nach innen und geben alles auf, was wir tun möchten, weil uns alles wie Zeitverschwendung vorkommt. Wir schauen uns im Spiegel an und erkennen eines Tages, in welches Durcheinander wir geraten sind, aber wir machen uns vor, dies alles gehöre zur Welt des Teufels, wir litten um der Gerechtigkeit willen, wie die Zeugen sagen, so heißt es, und dies gehöre zur normalen Welt. Dann sagt man dir, wie alle Zeugen indoktriniert werden, man sei so, weil man den Herrn nicht an die erste Stelle im Leben setzt (das heißt, von Haus zu Haus predigen), so ist man nun wieder auf dem Schuldtrip, und der Teufelskreis geht immer weiter.
Man sagt dir auch, wenn du zuerst Gott suchst, das heißt mehr predigst, wird Gott für dich sorgen. So gehen viele hinaus predigen, und es kommt immer noch kein Geld herein, weil man dafür nicht bezahlt wird, und die Rechnungen türmen sich noch mehr auf, große Schulden beginnen, sich aufzuhäufen, aber wenn du dann Überstunden machst, dann bist du wieder untreu und illoyal gegenüber der Mutter Organisation, und wiederum kennzeichnet man dich als unerwünschte Person. Im Grunde genommen kann man, wie man erfahren hat, nur gewinnen, wenn man hinausgeht.
Wenn man eine berufliche Karriere anstrebt, macht man sich gemäß den Zeugen dessen schuldig, daß man Gott nicht an die erste Stelle im Leben setzt, und wenn man auf ein College oder eine Abendschule gehen will, fällt das mit einer der abendlichen Versammlungen zusammen; es ist also außer Frage. Auch dies verursacht viel Frustrationen. So ist man voller Frustrationen und hat keine erfüllte Arbeit; man rät einem, keine Kinder zu bekommen, was viele Frauen sehr mitnimmt und seelisch beeinflußt, weil das der natürliche Wunsch vieler ist; es wachsen also die Schuldgefühle. Wenn man sich ein Haus kauft, wird mit der Stirn gerunzelt, es heißt, man sei materialistisch eingestellt, weltlich und ungeistig; und wenn man sich neue Kleidung kauft, kann das auch als unnötig angesehen werden, da man das Geld viel besser der Wachtturmorganisation spenden kann. Man muß mit Nahrung und Bedeckung zufrieden sein, den Grundbedürfnissen des Lebens, wie aus der Bibel zitiert wird. Stell eine neue Einbauküche oder ein Schlafzimmer hin, und wieder sind alle Augen auf dir, weil du gutes Geld verschwendest, wenn du eigentlich predigen solltest.
Denke am Ende des Tages einmal daran, was mit dir geschieht, daß du wie gesagt keine Erfüllung im Beruf findest, daß du außer dem, was die Wachtturmorganisation für dich festgesetzt hat und was „TU MEHR" heißt, keine Ziele im Leben hast, du kannst denjenigen oder diejenige nicht heiraten, den/die du liebst, weil man ja im selben Glauben heiraten soll, auch wenn er/sie ein Christ ist. Alles, was du tust, ist für die Vernichtung bestimmt, die am Ende der Welt stattfindet; ja, du wirst alles verlieren, außer vielleicht die Kleidung an deinem Leib. Das wird in vielen Zeugenpublikationen so beschrieben.
Es fällt mir einfach auf, daß es die Ansicht der Wachtturmorganisation ist, daß alles, was sie hat, verschont wird, aber alles, was du hast, geht dir verloren. Daher fordert sie deine ganze Zeit und deine Vermögenswerte, die du ihnen spenden kannst . . . sie sind sicherlich keine Narren, sondern tatsächlich sehr clevere Geschäftsleute.
Viele Illustrationen in ihrer Literatur zeigen ein Paar und manchmal auch Familien, die einer Katastrophe entrinnen und laufen und die Hände halten, als wollten sie sagen: Gott sei Dank, unser Leben ist dank der Wachtturmorganisation verschont geblieben. Während all das geschieht, lehnt sich die Wachtturmorganisation zurück und schlägt mit einer Hand einen Multimilliardenbesitz und ein Druckimperium um: ein Bauprojekt nach dem anderen in vielen Ländern, Riesenkonstruktionen im Bau, Büros, Hotels, Wohnheime, Gaststätten, Farmen und andere Einrichtungen, alles natürlich für den Herrn. Und gleichzeitig sagt sie dir, du solltest dich nicht am Kommerz dieser Welt beteiligen und die Geschäfte auf ein Minimum beschränken; ja, nimm nicht einmal eine Beförderung an, weil sie dich aus dem Dienste Gottes wegführt und du in Harmagedon sterben wirst, ist die Bestimmung des Tages
Ich fahre in einem alten Auto umher, das noch 800 Pfund wert ist, und sie fahren herum in Autos, die 15,0000 bis 20,000 Pfund wert sind. Wenn man sich den Wagenpark in der Weltzentrale und in verschiedenen Zweigbüros auf der ganzen Welt ansieht: Sie mögen die besten Autos, wie es auch Rutherford, ihr zweiter Präsident tat, was gut belegt ist..
Es ist nicht schwer zu verstehen, wie oder warum Forschungen gezeigt haben, daß Jehovas Zeugen die höchste Rate an seelisch oder geistig Kranken unter den Religionen haben. Die Weltzentrale hat dies öffentlich in Abrede gestellt und auf ihren Kongressen sogar festgestellt, Statistiken würden von denen verbreitet, die ihnen Schwierigkeiten machen wollten. Das stimmt nicht, denn ich habe die Daten und Berichte, die dies bestätigen, und sie selbst gelesen. Ich habe auch Erfahrung aus erster Hand im Umgang mit den Zeugen über viele Jahre. Ich habe viele persönlich gekannt, die inzwischen die Zeugen verlassen und jetzt einen völlig anderen Charakter haben, wo sie sich frei und in der Lage fühlen, für sich selbst zu denken. Sie haben nicht mehr dieses ständige Schuldgefühl, wenn alles, was sie tun, ist, zu versuchen, ein normales Leben zu führen und ihre Verantwortung zu tragen.
Nimm jemandem sein Selbstwertgefühl; demoralisiere ihn ständig, indem du ihn immer wieder abqualifizierst; sag ihm, er sein nicht einmal dazu in der Lage, die banalste Verantwortung zu tragen; oder sag ihm, er könne nichts schaffen oder er werde nie bei einem Projekt gebraucht; sag ihm, ob er geschieden ist, usw.: dann wirst du einen entschlossenen, positiven, gesunden Menschen in einen kranken, negativen, demoralisierten Depressiven verwandeln, der zu nichts fähig ist. Das ist genau das, was die Wachtturmorganisation mit zahllosen Tausenden von Menschen angestellt hat. Es ist bekannt, daß Mitglieder, die in die Weltzentrale oder in eines der Zweigbüros rund um die Welt gehen, niemals gemäß ihrem Beruf oder ihren Fähigkeiten eingesetzt werden; man läßt sie beim Reinigen oder in einer anderen banalen Routinetätigkeit arbeiten. Damit sollen sie Demut gelehrt werden, damit sie nicht vor Stolz aufgebläht werden!
Was mich verwundert, ist, daß die Zeugen im Wortlaut lehren, das Gehirn sei wie ein Muskel; wenn man es nicht gebrauche, werde es verkümmern und abnehmen. Das ist eine Weise, auf die sie einen indoktrinieren, weiterhin viel in ihrer Literatur zu lesen und sie zu studieren. Und doch nehmen sie viele hochqualifizierte Frauen und Männer an und verweigern ihnen für vielleicht zwei oder drei Jahre die Arbeit in ihrem Beruf oder gemäß ihrer Qualifikation und setzen sie statt dessen an jede Gelegenheitsarbeit, die sie für einen passend finden. Bis dahin wird man sozusagen einrosten; man kann alles vergessen, was man einmal gelernt hat, und kommt nicht mit neuen Informationen über seinen Beruf in Berührung. Wenn man nicht irgend etwas hat, das die Wachtturmorganisation wirklich benötigt, wird man Opfer eines solchen Schicksals sein, wie viele bezeugen können, die in irgendeine Wachtturmeinrichtung arbeiten gegangen sind. Das kann sehr frustrierend und demoralisierend sein, und in diesen Einrichtungen ist es schon zu Suiziden gekommen, weil die Leute so unglücklich waren. Die Wachtturmorganisation benutzt diese Methode, um Personen dorthin zu bekommen, wo sie sie haben will, um sie zu gebrauchen, wo „SIE" es als passend ansieht. Auf diese Weise erlangen sie die Kontrolle, und es wirkt.
Die Anschuldigung, daß die Zeugen Familien zerbrechen, hat vielen viel Streß und Kummer eingetragen, und sie stimmt. Denke nur einmal einen Augenblick nach. Ein Mann entscheidet aus seinem Gewissen heraus, daß er nicht länger zu einer Organisation gehören kann, die hinterhältig, trügerisch oder vielleicht unehrlich ist. Daher geht er. Vielleicht hat er nun drei Kinder, denen die Wachtturmgesellschaft sagt, sie dürften nichts mehr mit ihrem Vater zu tun haben und müßten ihn meiden, außer bei einem Notfall dürften sie nicht einmal mit ihm reden. Das ist das, was die Kinder dann sagen. Eines Tages heiraten auch sie und haben zwei oder drei Kinder; sagen wir, jedes Paar zwei. Da sind nun drei Kinder und sechs Enkelkinder, das heißt, neun Personen sind in einer Familie betroffen, nicht zu reden von den Schwiegertöchtern oder -söhnen, das sind noch einmal drei, also sind es zusammen zwölf. Das multipliziere man mit Zehntausend, und man bekommt eine Vorstellung des seelischen Kummers, den die Wachtturmorganisation über Familien gebracht hat. Sie haben mit ihrer Politik des Aus-dem-Weg-Gehens so viele Familien entzweigerissen, daß es schrecklich ist. Welch schwere Schuld tragen sie, aber alles wird im Namen des Geistiggesinntseins und der Liebe getan, um einen vor dem Bösen und Gottlosen zu schützen.
Für die Zeugen gibt es nur zwei Arten von Menschen: sie selbst als DIE wahren Christen, und die Teufel. Wer ihnen also nicht angehört, muß darauf vorbereitet sein, wie ein Teufel behandelt zu werden, als böse und gottlos.
Nach vielen Jahren Anschauung aus erster Hand und Beobachtens Dutzender Familien, die viel Unglück tragen mußten, kann ich ehrlich sagen, daß die Wachtturmlehre, gewisse Personen zu meiden, eine der übelsten Familienzerstörungskräfte ist, die mir je untergekommen ist.
Ich heiratete im Jahre 1982 und nahm zwei Stiefkinder an - eine schwere Verantwortung. Zu versuchen, eine Familie großzuziehen, auch mit den Kindern aus meiner ersten Ehe in Kontakt bleiben, auch berufstätig zu sein und dann noch ständig an alle Wachtturmverpflichtungen erinnert zu werden, nahm mir allmählich die ganze Kraft. Ich war als Kind Opfer der Kinderlähmung gewesen, so war es offensichtlich, daß mit der Zeit meine Gesundheit leiden würde. Unglücklicherweise kam das auch so, aber ich dachte nicht, daß es so schmerzhaft und von so langer Dauer war . . . wie ihr im nächsten Kapitel sehen werdet.


Kapitel 17
Eine alte Wunde wird aufgerissen


Ich leide nicht, meine Freunde, aber es ist in gewisser Weise schwierig, zu leben.
Fontenelle
Ich war von Beruf Zimmermann, und jetzt bin ich aufgrund einer Rückenverletzung seit 1986, soweit es den Bauberuf betrifft, berufsunfähig. Da ich schon als Kind Kinderlähmung hatte, als ich sechs Jahre alt war, und eine leichte Schwäche in der unteren Rückenpartie hatte, setzte sich das in späteren Jahren nur noch fest. Ich fand, daß ich aufgrund meines Berufes vorsichtig sein mußte, meinen Rücken nicht zu überanstrengen oder unangemessene Risiken auf mich zu nehmen. Ich paßte gut auf mich auf und fuhr fort und war in der Lage, mich auf meinen Beruf zu stützen und gutes Geld damit zu verdienen, mit Einbauküchen, Hausrenovierungen usw. Ich trieb schon seit Jahren Bodybuilding, aber ich wärmte mich immer auf und streckte mich, und in der richtigen Turnhalle konnte ich das ohne Probleme tun. Doch wenn das das Erste am Morgen ist, auf einem Baugrundstück und in der Kälte, dann kann man sich sehr leicht einen Muskel zerren und einen Unfall haben; und genau das passierte. Nach all den Tonnen an Gewichten, die ich gehoben hatte, konnte ich nicht glauben, daß dieser Unfall passieren konnte.
Während ich im März 1986 auf einem Grundstück in Eaton Square, London, nebenan von Franky Howards (eine TV-Persönlichkeit) Haus arbeitete, hob ich gerade einen Fenstersturz heraus, als ich das Gewicht nicht mehr halten konnte, aber es auch nicht fallen lassen konnte, weil Leute darunter arbeiteten. So hielt ich aus, was bei mir zwei Bandscheibenvorfälle und starke Schmerzen verursachte. (Einer der Hauptgründe dafür, warum ich so schwach war: Ich war sehr krank durch den Streß in meiner Ehe, und ich war mit den Gedanken nicht bei der Arbeit). Ich mußte ins Krankenhaus, und auch mein Hausarzt kam, der mich später, im September 1986, an einen Facharzt im Hackney-Hospital in London weiterleitete, der mich davon in Kenntnis setzte, er wolle bei mir eine Lumbalpunktion vornehmen und eine `MyelographieA mit einem eingespritzten Kontrastmittel machen. Ich fand später heraus, daß das Medikament den Namen „Omnipaque" trug und einige sehr unangenehme Nebenwirkungen hat. Und es kann schwere Schäden verursachen.
Es ist bekannt, daß Lumbalpunktionen mit Kontrastmitteln zu den invasiven Methoden gehören und einige sehr schwere Folgen haben können, und viele Tausende von Patienten waren nach der Anwendung dieser Kontrastmittel verkrüppelt. Scanmethoden wie MRI, die jetzt gebräuchlich sind, waren bereits 1986 in Gebrauch, wenn auch neu, wurden aber wenig verwendet zugunsten der billigeren Methode der Lumbalinjektion von Kontrastmittel. Wenn man heute sieht, daß ein Scan 1.000 Pfund für die ganze Wirbelsäule kosten kann, und bis zu 300 Pfund nur für einen Teil der Wirbelsäule, dann war es damals, 1986, einfacher, eine Nadel hineinzustechen, anstatt für MRI zu optieren.
Aufgrund dieser auf Wasser und Öl basierenden Kontrastmittel leiden viele Tausende unter einer „Arachnoiditis", einer Entzündung der sich über das Rückenmark hinziehenden Spinnenhaut. In Liverpool ist eine Stiftung namens „Arachnoiditis-Stiftung" gegründet worden, jetzt wohletabliert als eine der führenden Autoritäten für diese Krankheit. Obwohl sie viele Mitglieder hat, erhalten nur wenige, wenn überhaupt, eine Entschädigung für die durch diese Kontrastmittel verursachten Schäden. Eine weitere karitative Organisation ist AVMA, „Actions for Victims of medical Accidents" [Aktion für die Opfer medizinischer Unfälle], die hilft, Fälle dieser Betroffenen durchzufechten. Es war durch diese Stiftung, daß ich entdeckte, daß das Krankenhaus mir eine „chemische Hirnhautentzündung" verpaßt hatte, die tödlich verlaufen kann. Ich trat beiden karitativen Organisationen bei, damit sie mir halfen, die Ursache für meine Krankheit zu finden und meinen Fall durchzufechten, was ebenso frustrierend für sie war, wie auch für mich.
Als ich diese Kontrastmittelinjektion bekam, sagte die Krankenschwester zu mir: „Sie mögen jetzt ein bißchen Unbehagen empfinden" . . . Ich muß verrückt gewesen sein, ihnen zu erlauben, mir die Spritze zu geben, da sie mich fast umbrachte, nach der heftigen Reaktion zu schließen, als ich sie bekam (das Kontrastmittel Omnipaque auf Wasserbasis). Ich übergab mich so schlimm, daß ich dachte, ich müsse sterben, als ich aus dem Krankenhaus kam und mich auf dem Nachhauseweg so schlecht fühlte. Ich dachte, mein Kopf würde vor Schmerz zerspringen. Das führte dazu, daß ich zwei Tage später wieder in das Krankenhaus eingeliefert wurde - zu einer weiteren Lumbalpunktion (meine dritte Lumbalpunktion innerhalb von drei Tagen), nach der ich mit Verdacht auf Hirnhautentzündung für zehn Tage in Isolation gehalten wurde. Im weiteren Verlauf punktierte man im Krankenhaus meine Wirbelsäule und ließ so Blut in die Lumbalflüssigkeit eindringen, was 20 Minuten dauerte, wo die Prozedur höchstens zwei oder drei Minuten gedauert haben dürfte. Meine Frau hörte mich den ganzen Flur entlang schreien. Im Krankenhausbericht hieß es, es sei eine „traumatische Anzapfung der Wirbelsäule". Gott, wie hatten sie doch recht, ich leide jetzt schon seit 13 Jahren an den schlimmsten Kopfschmerzen und Rückenschmerzen, die man sich vorstellen kann und die mich fast wahnsinnig gemacht haben.
Jahre später traf Dr. Stevens, einer der besten englischen Neuroradiologen vom Queens Square Imaging Centre, London, in einem Brief an mich die folgende Bemerkung. Zitat:
Meine Beurteilung in Ihrem Fall ist, daß Ihre Berufsunfähigkeit eindeutig aus einem Myelogramm herrührt, und dies stellt einen zwingenden Beweis dar, daß es dadurch irgendwie verursacht wurde. Wie, wissen wir einfach nicht; wir können darüber nur Spekulationen anstellen, wie es bereits andere getan haben. Zitatende
Der National Health Service [NHS; Nationaler Gesundheitsdienst] bestreitet völlig jede Verantwortung dafür und sagt; Zitat: „Vergessen Sie, was passiert ist, und führen Sie Ihr normales Leben weiter." Mir gegenüber gesagt von anderen Fachärzten im Queens Square Hospital.

Irgendwie begannen aufgrund dieses schwerwiegenden medizinischen Zwischenfalls - und ich habe keine Zweifel, daß es einer war, wie aus den folgenden Jahren Krankheit und aus Facharztberichten zu ersehen ist - 13 Jahre unerträglichen Leidens. Seit 1986 habe ich alle Hoffnung verloren, das Haus, in dem wir leben, zu kaufen; ich habe meine gutbezahlte Arbeitsstelle verloren; es gibt kein berufliches Fortkommen mehr; ich habe mein hübsches Auto und ein Yamaha-Motorrad verloren; ich mußte mein ganzes Werkzeug und Haushaltsgegenstände verkaufen, um die Behandlung und die Rechnungen bezahlen zu können; ich bekomme keine Kredite mehr bei Banken und keine Kreditkarten, um die Grundbedürfnisse des Lebens zu bezahlen. Ich habe mein Selbstwertgefühl, meine Würde, meine Moral und den Lebenswillen verloren, und meine Ehe stand schon mehrfach kurz vor der Scheidung. Wir machen nie Urlaub, und ich kann meiner Familie viele Grundbedürfnisse des Lebens nicht erfüllen. Ich bin völlig am Boden, weil ich jede Hoffnung verloren habe, jemals eine Entschädigung zu erhalten, da der NHS jede Verantwortung für die Ursache meiner Krankheit abstreitet. Meine Tochter ist jetzt 13 Jahre alt; sie hat mich während ihrer ganzen Kindheit nie gesund erlebt. Ich habe hart daran gearbeitet, wieder zu genesen, und die meisten Leute sehen mich an und wissen nicht, welche Schmerzen ich durchmache; sie schauen sogar sehr überrascht drein, nachdem sie mir gesagt haben, wie gut ich doch aussehe!

Wie gesagt fand ich später heraus, daß das Kontrastmittel eine Vergiftung (toxische Meningitis) verursachen konnte, und das war bei mir der Fall. Ich wurde aus meinem Beruf und aus meiner Bodybuildingkarriere gerissen; einstmals war ich sehr stark und fit und gesund, jetzt bin ich vor lauter Schmerzen an meinem ganzen Körper lahmgelegt und wurde bald als berufsunfähig eingestuft. Und dann sagen die besten Fachärzte des NHS auch noch: „Dieses Kontrastmittel kann ihre Krankheit nicht verursacht haben, sie leiden ganz einfach unter einer klinischen Depression!" Nun, zum Teil stimmte das, ich hatte einen schrecklichen Unfall erlitten, aber Streß und Bedrückung seitens der Wachtturmorganisation taten noch ein übriges. Ich erhielt keinerlei Hilfe, und meine häusliche Situation forderte über die Jahre einen hohen Preis von mir. Ich hatte zwei Stiefkinder, die ich annahm, als ich wieder heiratete, und die mich nicht als Vater akzeptierten, und das war weiterer Streß. Ich war zwischen meiner Familie und der Wachtturmorganisation hin- und hergerissen. Die Familie wollte sich nicht mehr an die Routine des Studiums halten, die von den Zeugen gefordert wird. Und da waren die anmaßenden Forderungen, wenn ich dies nicht erzwingen und sie das tun lassen könne, was die Wachtturmorganisation erwartete, würde ich als schlechter Vater und erbärmliches Familienoberhaupt angesehen. Das bereitete uns allen großen Streß, und je mehr ich forderte, daß man die Wachtturmvorschriften befolge, um so mehr rebellierte meine Frau usw. Wenn wir zurückschauen: Das alles hätte vermieden werden können, hätten wir einfach nur gelebt und uns um die Bedürfnisse der Familie gekümmert.
Was meine Krankheit und die Schmerzen betrifft, so schrieb ich Dutzende von Briefen, machte Hunderte von Telefonanrufen bei zahllosen medizinischen Fachleuten, um eine Antwort zu fordern, was mit mir los sei. Doch keinerlei Antwort kam jemals. Schweigen war alles, was ich bekam; verschlossene Türen waren alles, was ich erhielt, und den Rat: „Wir wissen nicht, was mit ihnen nicht stimmt. Wir haben keine Antworten; machen Sie ganz normal weiter mit Ihrem Leben." Ärzte waren teilnahmslos, unhöflich, irgendwie einschüchternd, und es fielen Bemerkungen, nach denen ich glauben sollte, ich benutzte meine Krankheit, um nicht arbeiten gehen zu müssen und herumfaulenzen zu können.
Nachdem ich, wie man so sagt, die Fachärzte bis aufs Hemd ausgezogen hatte, machte ich mich daran, ihnen wirklich Schwierigkeiten zu bereiten. Ich berichtete den Behörden, wie sie sich aufgeführt hatten, worauf ich innerhalb weniger Tage ein Entschuldigungsschreiben erhielt! Man bat mich dann, zurück ins Krankenhaus zu gehen, und ich wurde tatsächlich für meinen Scan empfohlen, da ich diesen Scan forderte, um zu sehen, ob ich eine Arachnoiditis hatte. Ich hatte aber keine, und da mein Kontrastmittel auf Wasserbasis war und nicht auf Ölbasis, war es schwierig, irgendeinen Schaden nachzuweisen. Aber ich war krank und litt an den Folgen dessen, was mir das Krankenhaus angetan hatte. Das war wirklich ein Kampf, sich die ganze Wirbelsäule scannen zu lassen, weil man die Zustimmung des Facharztes braucht, der einen überweisen muß, auch wenn man das Geld hat. Ohne eine Überweisung des Facharztes ist man aufgeschmissen!
Ich hatte meine Hausaufgaben gemacht, und mit Hilfe der „Arachnoiditis-Stiftung" zeigte man mir Berichte eines Dr. Stevens vom Queens Square in London (das auf Rückenleiden spezialisiert ist), und so bat ich um einen Scan der ganzen Wirbelsäule, genannt „T2 Spin Echo - mit Gadolinium-Injektion". O ja, jetzt wußte ich Bescheid und hatte meine Hausaufgaben gemacht. Als ich also zum Facharzt ging, meinte ich es ernst. Dieser Arzt war zuerst unhöflich und unkooperativ gewesen; nun hatte ich die Rückenstärkung der NHS-Beamten und der Beschwerdestelle usw. Ihr seht, ein Scan ist nicht bloß ein Scan; man muß den richtigen erhalten und wissen, wonach man fragt, oder was man wie in meinem Fall fordert!
Ich ging sogar in die Krankenhausbibliothek, um Informationen und medizinische Artikel darüber zu erhalten, verfaßt von Dr Stevens über den T2 Scan. Als ich hineinkam, war sogar die Sekretärin des Arztes erstaunt, wie viel ich darüber wußte, und der Arzt war sehr überrascht, einen Patienten danach fragen und dann Informationen hervorholen zu sehen, warum er etwas wollte. Nachdem ich das ausgeführt hatte, hatte ich wieder das Problem, daß ich nur ein paar Zeilen über den Scan erhielt, und es gab da eine Menge Kommentare, die überhaupt nichts besagten, zum Beispiel 30% der Patienten bla bla bla . . . Ich fragte daraufhin: 30% von was; von 10 oder von 100? Oder von 1.000? Was bedeutet das? Ich stellte so viele Fragen und verlangte einen vollen Bericht in allen Einzelheiten. Ich bekam ihn danach, und im Grunde genommen besagte er das, was ich eben schon gesagt habe . . . „Wir wissen, daß Sie sehr starke Schmerzen haben, und das ist sehr real. Es hat den Anschein, als begannen sie mit der Verabreichung der Kontrastmittelinjektion, aber der NHS hat sie nicht verursacht; wir wissen nicht, warum sie krank sind, wir können nichts tun, es gibt keine Antwort."
Ich hatte kein Geld für den Scan, aber ein Brief kam durch die Tür, in dem ich gefragt wurde, ob ich gerne eine Kreditkarte hätte. So stellte ich einen Antrag, dann bekam ich einen weiteren; so hatte ich jetzt eine Barclay-, eine Visa- und eine Mastercard. Als ich den Arzt fragte, wann ich meinen Scan haben könnte, sagte er: „Nun, es gibt eine lange Warteliste, von 18 Monaten bis vielleicht 2 Jahren." „ABER was, wenn ich ihn bezahle? Bekomme ich ihn dann?" fragte ich . . . . „Sie können ihn . . . . innerhalb von 3 Tagen haben . . . . für eine kleine Gebühr von 1.000 Pfund."
Jetzt stand ich vor der Wahl: Sollte ich mich auf den DHSS (Krankenunterstützung) verlassen und von dem Krankengeld leben, das der Staat für zwei Jahre zahlte, und leiden? Oder sollte ich den Scan innerhalb weniger Tage durchführen lassen - in der Hoffnung, daß die Ursache meiner Krankheit gefunden werden kann und ich wieder arbeiten gehen kann? So sagte ich, ich wolle es innerhalb der drei Tage machen lassen. Dann sagte ich der Barclaycard-Bank, ich hätte kein Geld und könne das ausgegebene Geld nicht zurückzahlen. Sie waren nicht sehr glücklich, und ich fragte sie, was sie in meiner Situation getan hätten. Sie meinten, ich hätte völlig unverantwortlich gehandelt. Ich sagte: „Nein, das Krankenhaus und der NHS handelten unverantwortlich, weil sie mir den Schaden zugefügt hätten und mich nicht entschädigen wollten." Ich übernahm die Verantwortung und versuchte verzweifelt, einen Weg aus diesem Alptraum zu finden und wieder ans Arbeiten zu kommen.

Diesen Scan bekam ich übrigens erst nach einem mehrjährigen Kampf mit der für Prozeßkostenhilfe zuständigen Stelle und der Forderung, daß der Scan gemacht werde, für den ich ja Geld bezahlt hatte, aber die Anwälte vergeudeten es für Bürokratenzeug und verschwendeten die Zeit, so daß kein Geld mehr übrig war und ich wieder verzweifelt versuchte, welches aufzutreiben, um meinen Scan zu bekommen, und auch um Entschädigung gegen die Krankenhäuser kämpfte, was ich einfach nicht gewinnen konnte.
Ich wußte, daß ich nicht einfach immer labiler werden und nichts tun konnte. So versuchte ich, auch wenn ich nicht mehr in meinem Bauberuf arbeiten konnte, etwas anderes zu finden, womit ich etwas verdienen konnte. Die nächsten Kapitel berichten von dieser Alptraumsituation.
Dann befand ich mich in einem Teufelskreis, und die Bürokratie machte es mir fast unmöglich, wieder an Arbeit zu kommen.


Kapitel 18
Ein Alptraum: Ich versuche wieder zu arbeiten


Es ist schon gut, daß die Justiz blind ist; sie könnte sonst einige Dinge, die in ihrem Namen getan werden, nicht mögen.
Autor unbekannt
Als ich das erstemal wegen der Rücken- und Wirbelsäulenverletzung mit der Arbeit aufhören mußte, bekam ich im März 1986 mein erstes Buch für die Eintragungen des Krankengeldes; ich bekam es vom DHSS (Gesundheits- und Sozialdienst)-Büro in Ilford in Essex, das für mich, als ich in Barkingside wohnte, zuständig war. Ich mußte sechs Monate lang von 45 Pfund pro Woche leben - mit einer Familie von drei Kindern und meiner Frau. Später ging der Betrag auf 90 Pfund pro Woche hoch.
Aber . . . ich mußte immer an das denken, was in diesem DHSS-Krankengeldbuch stand:
???Sie müssen alles unterlassen, was verhindern könnte, daß Sie wieder arbeiten und gesund werden."
Wie auch immer, ich beschloß, mir nach all der Zeit, wenn ich konnte, Arbeit zu suchen, weil das Krankengeld mich finanziell langsam abwürgte und ich immer ärmer wurde. Ich hatte viele Male versucht, mir Arbeit zu suchen, aber jedesmal traf ich auf so viele Hindernisse, daß ich gezwungen war, aufzugeben.
Mittlerweile war ich wie eine wandelnde Apotheke, vollgepumpt mit Schmerzmitteln und Drogen, die ich die Jahre über eingenommen hatte. Ich wußte, daß sie mich sehr krank machten, aber die Krankenversicherung sagt, wenn man nicht dem Rat des Arztes folgt, gibt es kein Geld mehr!
Völlig frustriert ging ich, mir einen Computer zu holen; von ???TINY", wie im Fernsehen beworben und ohne Anzahlung und für ein Jahr nichts zu bezahlen. Ich sagte mir, das ist es. Ich werde ins Internet gehen und dort nach einer Antwort suchen. Ich begann, Abend für Abend, Monat für Monat das Netzt zu durchsuchen. Ich schickte Hunderte von E-mails an Krankenhäuser, Rechtsanwälte, Pharmaunternehmen, Lehrkrankenhäuser in der ganzen Welt, aber niemand konnte mir etwas sagen; ich stand wie vor einem verschlossenen Laden. Meine Telefonrechnung wurde immer höher und hätte zwei Postboten gebraucht, sie jeden Monat bei mir abzugeben. (Ich konnte es mir im Laufe der Zeit nicht leisten, den Computer zu kaufen. Als ich ihn also nach zwölf Monaten bezahlen sollte, kamen sie und nahmen ihn mir wieder ab. Das war ein weiterer Rückschlag.)
Dann gab mir ein Freund aus heiterem Himmel heraus ein Band über Mineralien, und wie ein Mineralmangel schwere Krankheiten verursachen kann. Ich wandte mich an die Firma, und sie schickte mir einige Audiobänder und eine Produktenliste. Damit in Beziehung stand ein gewisser Dr. Richard Shultze, ein Naturheilkundler, der schon vielen tausend Menschen geholfen hatte. Er sagte mir, das erste, was ich tun müsse, um meine Krankheit zu überwinden, sei, mein Körpersystem zu reinigen und die ganzen Gifte loszuwerden. Ich kauft ein Darmreinigungsmittel, das mehr als 3.000 Chemikalien ausschwemmen konnte, und das man auch Chonobal-Opfern gab, da es sogar radioaktive Partikel entfernen kann. Es schmeckte ekelhaft und es war, als ob ich Asche aus einem Aschenbecher trinken würde. Aber es wirkte! Nach Jahren mit Medikamenten, die mir mein Arzt verschrieben hatte, fühlte ich das erstemal seit Jahren wieder Leben in mir. Ich wußte, daß es mir schlecht ging, da ich 1993 privat für 70 Pfund einen BANCA-Test hatte machen lassen. Da muß man 24 Stunden lang seinen Urin aufheben und dann eine Chemikalie dazugeben. Das kommt dann ins Labor, und aus dem Ergebnis läßt sich sagen, ob etwas im Körper fehlt oder im Überfluß vorhanden ist. Sie schrieben in ROTER Schrift zurück: SETZTEN SIE AB, WAS IMMER SIE NEHMEN; SIE BRINGEN SICH SONST UM. Nehmen Sie Vitamine, sagten sie mir. Ich fing auch an, mich unter eine heiße Dusche zu stellen, danach für 2 oder 3 Minuten unter Kaltwasser, und das etwa 20 Minuten lang im Wechsel. Ich konnte wieder gehen und herumkommen, etwas, das ich wegen meiner Schmerzen jahrelang nicht tun konnte. Ich habe immer noch eine ganze Menge Schmerzen, aber ich kann mich jetzt wieder etwas bewegen.
Ich kaufte auch Mineralstoffe aus den USA, aber es war eine dicke Rechnung vom Zoll dabei. Bei meiner Bestellung aus den USA kostete die Versendung mehr als der Inhalt, insgesamt so etwa 600 Pfund. Es wirkte und war äußerst gut, aber um wieder von vorne anzufangen: Ich konnte es mir nicht leisten. Also KEINE Mineralstoffe, KEINE Gesundheit, gute Gesundheit gab es nur für reiche Leute! Ich fand zwei Firmen, die aus den USA jetzt hierher gekommen sind; großartiges Zeug haben die, aber wieder zu teuer. So geriet ich wieder dorthin, wo ich zuvor war.
Total frustriert machte ich mich daran, zu sehen, was für Chancen bestanden, jemals wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren; aber normal ist nicht das richtige Wort. Ich sollte eher sagen, das Stück Leben, das mir verbleiben war, aufzunehmen und bis zum Rentenalter mit einem Einkommen, mit dem man überleben kann, bei der Stange zu bleiben C wenn möglich, oberhalb des Sozialhilfesatzes! Ich machte mich in dem vollen Wissen daran, daß ich keine Hoffnung erkennen kann, irgendeine Unterstützung vom NHS (Nationaler Gesundheitsdienst) oder dem DHSS zu erhalten, und ohne Hilfe von einer medizinischen Autorität oder einem Rechtssystem, mit Bergen von `BürokratieA und 'Teufelskreisen' genug, um jeden zur Verzweiflung zu bringen.
Nach 13 sehr langen Jahren des Leidens und der Schmerzen machte ich mich daran, den langen Weg bergauf zur Genesung von allem, was ich verloren hatte, zu gehen und den Kummer und das Elend hinter mich zu schieben und zu versuchen, die letzten 13 Jahre der Hölle zu vergessen, die ich durchgemacht hatte . . . Aber leider . . . jetzt sollte wieder alles von vorne anfangen.
Ich hatte schon vorher versucht, mich nach Arbeit umzusehen, aber jedesmal waren die Hindernisse so groß, daß ich gezwungen war, immer wieder aufzugeben. So beschloß ich, dies sei das Jahr, in dem es drauf ankam. Ja, 1998, am 30. März, stand ich gut ausgeschlafen auf und beschloß: Ja, sei positiv, bemüh dich.
Ja, ich stand früh auf und trank mein Glas mit frischem Wasser, wie ich es jeden Morgen tue, um mein System auszuspülen, dann folgte, was von meinem Vorrat an Vitaminen und Mineralstoffen übrig war, dann kam das Frühstück, und dann wusch ich mich und war bald bereit, es mit der Welt und allem, womit sie mich bewerfen konnte, aufzunehmen . . . Naja, das dachte ich jedenfalls. Ich rief bei der Arbeitsvermittlungsstelle an und fragte, da das Internet das am schnellsten in der Welt wachsende Geschäft sei, ob ich einen Kurs in `Website-Design und Website-LösungenA machen und mit einem wirklich guten Job wieder zurück in das Arbeitsleben gehen könnte, weil es doch auf diesem Gebiet eine Riesenarbeit gäbe.
???Tut uns leid, aber das tun wir nicht", sagte die Frau am anderen Ende der Leitung.
???Warum nicht?" fragte ich.
???Nun, wir tun überhaupt nichts in dieser Richtung", sagte sie. Dann fügte sie hinzu: ???Wir können Ihnen ein paar Nummern geben, die Ihnen vielleicht weiterhelfen."
Dann fragte sie: ???Wie alt sind Sie?".
???Ich bin 46" (inzwischen 47), sagte ich.
???Oh", sagte sie. Dann fügt sie hinzu: ???Das könnte ein Problem sein.".
Da wußte ich gleich, daß wieder vor dieser Mauer der Diskriminierung stand, vor der ich mich zuvor schon befunden hatte, bloß daß diesmal auch keine Schulung angeboten wurde. Ich schrieb mir die Telefonnummern auf und dankte ihr.
Dann fragte sie: ???Haben Sie schon einmal über Textverarbeitung nachgedacht?"
???Ja", sagte ich, ???aber damit läßt sich heute nichts mehr verdienen. Das kann jeder, und das große Geld steckt im Internet und in Websitelösungen und -design."
???Nun, in dem Fall kann ich Ihnen wirklich nicht helfen", sagte sie . . .
. . . und damit endete der Anruf.
Ich hatte bereits einen Computerkurs bezahlt, das heißt über ???DOS", und gefordert, daß ich das Geld zurückbekäme, weil der Lehrer so schlecht war und die Klassenstärke von etwa 30 bis auf 8 in vier Wochen abnahm, da wir nie etwas lernten. So ging ich woandershin und lernte noch einmal, aber diese Lehrer brachten einem DOS 3.1 bei, wo schon DOS 4.0 gebräuchlich war; so hinkten wir der Entwicklung hinterher. Ich belegte auch Kurse in ???Amstrad 9512 Textverarbeitung", die mich fast 100 Pfund kosteten. Pro Tag; und alles, was ich lernte, war, eine Seite abzutippen und auf eine Diskette zu bringen. Ich ging noch zu anderen Kursen, und der Lehrer war so schlecht, daß er den Hilfeteil las, als er das Programm durchging. Er hatte nie zuvor mit dem Paket gearbeitet. Ich verbrachte mehrere Stunden damit, das Programm hochzuladen; dann bekam ich wieder mein Geld zurück und ging woandershin und lernte ???Microsoft Works".
Ich mußte dies lernen, weil meine Schrift nicht sehr gut war und dies ein Weg war, daß ich in der Lage sein würde, Briefe zu verschicken und alle meine Aufzeichnungen zu speichern. Obwohl ich ein ausgezeichneter Handwerker war, lernte ich aufgrund meiner Kinderlähmung als Kind nie, zusammenhängend zu schreiben, und das war ein Problem für mich. So retten einem Computer den Tag! Ich war für ein Jahr ins Internet gegangen und hatte mir selbst einiges beigebracht, aber um einen Preis . . . obwohl mir das System ein paarmal abstürzte, ich alles zweimal löschte, die Festplatte neuformatierte und alles, was ich hatte, löschte und die Konfiguration löschte und durcheinanderbrachte. Aber was soll=s, keiner wollte mir helfen. So mußte ich irgendwo anfangen. Nachdem ich etwa sechs Computer zum Arbeiten aufgetrieben hatte - von Flohmärkten, Freunden und einige von ansässigen Firmen gespendet, die sie nicht mehr haben wollten, weil sie nicht mehr auf dem neuesten Stand waren -, war ich bald bereit, loszulegen und mich an ernsthaften Computerangelegenheiten zu versuchen und zurück ans Arbeiten kommen.
Dreizehn Jahre lang Krankengeld zu beziehen, war an sich schon Alptraum genug; das Geld sollte nicht Arbeitsunfähigkeitsgeld heißen, sondern ???Geld zum Überleben", der Weg gebahnt vom Special Air Service. Die Schulden türmen sich auf, und der tägliche Streß daraus treibt mich zur Verzweiflung, da ich keinen Ausweg sehe, die Schulden zu begleichen.
Dann rief ich die ???Slough-Thames Valley Universität" an.
Ich fragte: ???Führen Sie Kurse über Website-Design und Websitelösungen durch?"
???Ja", sagten sie, ???wir haben einen zehnwöchigen Kurs in HTML".
???Großartig", erwiderte ich.
Dann sagten sie weiter: ???Er kostet 70 Pfund für die zehn Wochen im voraus", und fügten noch hinzu, ???und weitere 170 Pfund für den zweiten Teil des Kurses in JAVA".
Na, das ist doch was . . . WENN man das Geld hat und bereits arbeitet! Wenn nicht, dann sind schon 10 Pfund eine Menge Geld, und das ist das nächste Problem! Ich fragte: ???Gibt es einen Weg, wie ich das finanziert bekomme und Hilfe bei den Kosten kriege?"
???Oh ja, kein Problem", sagten sie, ???wenn Sie berufsunfähig oder arbeitslos sind."
???Und wenn ich Erwerbsunfähigkeitsunterstützung beziehe?" fragte ich.
???Oh, tut uns leid; nein, tut uns wirklich leid, aber das geht dann nicht", sagten sie.
???Gibt es keine Ausnahmen, ich bin schon ein paar Jahre als behindert registriert?" fragte ich.
???Nein, leider nicht, wir machen die Regeln nicht, da läßt sich nichts machen", sagten sie mir.
???Aber vielleicht können Sie einen Zuschuß bekommen", fügten sie hinzu.
Man riet mir, das Gesundheits- und Sozialamt anzurufen und nach Zuschüssen zu fragen. Ich rief dann die Behörde an und fragte nach dem Unterschied zwischen den beiden Unterstützungen.
1/ Berufsunfähigkeitsunterstützung.
2/ Erwerbsunfähigkeitsunterstützung.
???Richtig", sagten sie.
???Berufsunfähig heißt, man kann eine Arbeit nicht tun, weil man zu 80% behindert ist, man kann aber arbeiten, wenn man eine Arbeit bekommen kann."
???Sie meinen, man kann eine Arbeit bekommen und zu 20 % erledigen?" fragte ich.
???Nein, nicht genau; es bedeutet nur, man kann eine Arbeit zu 100 % erledigen, aber man ist zu 80 % behindert dabei", sagten sie.
???Oh, wirklich", sagte ich, ???und was ist mit der Erwerbsunfähigkeitsunterstützung?"
???Erwerbsunfähigkeit bedeutet, daß man vielleicht in einigen Fällen arbeiten könnte, aber generell können Sie es nicht, weil sie erwerbsunfähig sind."

Wenn ich vorher noch nicht verwirrt war, dann war ich es sicher jetzt! Wir wurden dann unterbrochen, und ich rief nochmals das Gesundheits- und Sozialamt an. Mein dritter Anruf an diesem Morgen.
Ich rief das Gesundheits- und Sozialamt und fragte nach der Bewilligungsstelle.
Die Telefonistin sagte: ???Ich stelle durch" . . .warten . . . warten . . .warten . . . unterbrochen!
Ich rief wieder an und hörte wie zuvor: ???Tut uns leid, wir stellen Sie durch."
Es wurde abgenommen, und ein Mann antwortete: ???Abteilung für Einkommensunterstützung."
???Ich wollte eigentlich mit der Stelle für Erwerbsunfähigkeit verbunden werden", sagte ich.
???Oh, man hat Sie zur falschen Abteilung durchgestellt, ich gebe Sie wieder zur Zentrale zurück", . . .warten . . . warten . . .
Zum dritten Mal LEITUNG UNTERBROCHEN. ???ICH MÖCHTE DIE ABTEILUNG FÜR ERWERBSUNFÄHIGE" . . . BITTE . . . BITTE . . .
???Oh, tut mir leid. Ich weiß nicht, was da passiert ist", sagte die Frau.
Ich wurde dann zur Bewilligungsabteilung durchgestellt, wo ein Mann, nachdem ich ihm dieselben Fragen gestellt hatte, antwortete.
???Oh ja, blablabla, Amtsschimmel, Amtsschimmel, blablabla, noch mehr Amtsschimmel, blablabla", und erzählte mir genau denselben verwirrenden Unsinn.
So hatte man mir bei diesen Anrufen praktisch gesagt, wenn man eine Erwerbsunfähigkeitsunterstützung bekomme, könne man KEINERLEI BEIHILFE von der Gesundheits- und Sozialbehörde zu FORTBILDUNGEN bekommen.
Dann beschloß ich, es nochmal mit einem Anruf bei dem College zu versuchen und zu sehen, ob man mir dort etwas Vernünftigeres sagen konnte. Ich fragte sie
???Warum kann jemand, der als schwerbehindert registriert ist, eine finanzielle Beihilfe zu einem Kurs erhalten, wenn er wegen 80% Behinderung den Job gar nicht ausführen kann, und derjenige, der Erwerbsunfähigkeitsunterstützung bekommt, könnte vielleicht doch etwas tun, erhält aber keine Hilfe bei dem Kurs?"
Die Frau sagte zu mir: ???Wer schwerbehindert ist, kann nicht arbeiten, und der Kurs über HTML und den Aufbau einer Website für das Internet ist kein beruflicher Kurs."
Verwirrt fragte ich: ???Was sagen Sie da? Warum kommen dann Leute ins College in den Kurs, da doch heute Berufe in diese Richtung gehen?"
Sie sagte: ???Nun, einige lernen gerne in ihrer Freizeit und für sich selbst."
Ich sagte: ???Das ist verrückt; das ist, als mache man ein Geschäft auf, ohne vorzuhaben, etwas zu tun."
Ich fragte dann zur Bestätigung: ???Ist das richtig: Wenn ich den Kurs mache, dann ist das Abschlußzeugnis nicht als berufliche Qualifikation anerkannt?"
???Nun, äh, ja . . . ja, so könnte man das sagen", meinte sie.
Ich stand nun vor folgender Situation: den Kurs mitmachen und ein Abschlußzeugnis bekommen, das nicht als berufsbildend anerkannt würde, oder überhaupt nicht am Kurs teilnehmen oder ihn überdies noch selbst bezahlen müssen, wenn ich an ihm teilnahm. Ich fragte die Frau: ???Gibt es noch andere Möglichkeiten?"
Sie sagte mir: ???Warum nicht den Sozialdienst oder den Gemeinderat um einen Zuschuß angehen?"
Ich sagte: ???O.K., ich werde sie anrufen und sehen, was sie sagen."
Ich rief den Sozialdienst an, und man sagte mir, daß es für keinerlei Fortbildungen Zuschüsse gäbe, und riet mir, den Gemeinderat wegen eines Stipendiums anzugehen.
Dann rief ich den Gemeinderat um 10 Uhr morgens an und fragte nach der zuständigen Abteilung. Der Anrufbeantworter riet mir, um 16.00 Uhr nachmittags anzurufen.
Ich rief noch einmal um 16.00 Uhr an.
Zuerst verband man mich mit der falschen Abteilung . . .
Dann, als ich zurückrief, hängte man mich ab.
Mein dritter Anruf erreichte die gewünschte Abteilung: ???Oh, Sie müssen morgen gegen 13.00 Uhr zurückrufen. Derjenige, mit dem Sie sprechen wollen ist nicht da."
Am nächsten Tag rief ich an und man sagte mir: ???Tut uns leid, sie sind zur Mittagspause . . . rufen Sie noch einmal an."
Ich rief zurück und wurde aufgefordert, zu warten . . . und dann war die Leitung wieder UNTERBROCHEN!
Ich rief nochmals an und sollte warten . . . dann hatte ich wieder die falsche Abteilung erwischt.
Ich rief wieder an und hatte dann die richtige Abteilung am Hörer und sprach mit dem Zuständigen . . . ENDLICH!
Ich sprach mit einem Mann, der mich fragte, was er für mich tun könne.
Ich fragte ihn: ???Geben Sie Zuschüsse für Kurse an der Slough University oder dem College?"
Er sagte: ???Kein Problem, an welchem Kurs wollen Sie denn teilnehmen?"
Ich sagte: ???Ich möchte an einem Kurs über Website-Aufbau und Website-Lösungen und das Internet teilnehmen."
???Fein", sagte er, ???kein Problem, das machen wir."
ENDLICH, dachte ich . . . jetzt läuft es . . . ABER NEIN!
Er fragte nämlich weiter: ???Wie lang dauert der Kurs?"
Ich sagte ihm: ???Zehn Wochen."
Er unterbrach mich und sagte: ???Tut uns leid, tut uns sehr leid, aber das geht nicht."
???Warum nicht?" fragte ich
Da sagte er: ???Um ein Stipendium zu erhalten, müssen Sie Vollzeitstudent sein, für ein, zwei oder drei Jahre, usw."
???Wenn ich Sie richtig verstehe", sagte ich, ???dann meinen Sie, jeder Kurs unter einem Jahr wird nicht mit einem Stipendium gefördert?"
???Das ist richtig," sagte er.
???Wenn ich also einen Kurs mitmachen möchte, muß ich mindestens ein Jahr lang gehen?" bestätigte ich.
Er sagte: ???Ja, das ist es; es tut mir so leid, daß ich nichts daran ändern kann."
Ich stand nun vor folgendem Hindernis: Ich mußte bis zum nächsten September 1998 oder 1999 mit dem Kurs warten, und das galt auch nur, wenn ich das Stipendium erhielt, weil man erst das Stipendium erhalten mußte, ehe man zum Kurs zugelassen wurde. Und das kann einige Zeit dauern, da der Mann mir sagte, die meisten Gelder seien bereits vergeben worden und ich müßte bis nächstes Jahr (1999) warten, nach allem, was er sah und wußte. Wenn es ein zweijähriger Kurs sei, müßte ich daran denken, noch weitere drei Jahre zu warten, bis ich ein Abschlußzeugnis in der Tasche hätte, und dann wäre ich etwa 50 Jahre alt. Und bei der Diskriminierung älterer Leute glaubte ich, die ganze Sache sei völlig sinnlos.
Ich rief noch einmal den Gesundheits- und Sozialdienst an und fragte, ob es einen Weg gebe, daß ich an einem Kurs teilnehmen könne und Übung und ein Abschlußzeugnis in der Hoffnung erhielte, daß ich noch einmal arbeiten gehen könne, ohne daß es mich eine Stange Geld kostete.
???Nun, nein, aber haben Sie es schon einmal bei der Arbeitsvermittlung versucht und mit dem Beamten gesprochen, der für die Wiedereingliederung Behinderter zuständig ist?"
Ich rief die Arbeitsvermittlung an und wurde gleich mit der falschen Abteilung verbunden . . .
Ich rief wieder an und wurde ABGEHÄNGT.
Ich versuchte es nochmal und . . . schon wieder die falsche Abteilung . . .
Ich rief wieder an, nur um dann einen Anrufbeantworter zu hören, der mich aufforderte, meinen Namen und meine Nummer zu hinterlassen; man würde mich dann zur passenden Zeit zurückrufen.
Ich wartete und wartete . . Einen Tag . . . zwei Tage . . . drei Tage.
Ich rief wieder an und kam in die gleiche Routine.
Diesmal gab es eine neue Auskunft, niemand wäre bis zum 6. April 1998 zu erreichen.
Als der 6. April 1998 da war, rief ich das Büro an, und kam endlich durch . . . Jippee!!
Man sagte mir: ???Es gibt keine Stelle für die Wiedereingliederung von Behinderten mehr, das war vor acht Jahren."
???Wer sind Sie dann," fragte ich, ???sind Sie nicht Frau Soundso?"
???Ja, aber hier ist nicht das Büro für die Wiedereingliederung Behinderter", sagte sie.
???Was machen Sie dann?" fragte ich. ???Hier ist der Beratungsdienst für Behinderte", sagte sie, und dann sagte sie mir, sie sei die ratgebende Beamtin.
???Nun, wie immer Sie sich auch schimpfen und wie Sie Ihre Abteilung nennen: Sie sind doch diejenige, die Behinderten hilft, wieder Arbeit zu bekommen?" fragte ich.
???Nun, NEIN, wir finden keine Arbeit für Sie, wir zeigen Ihnen nur, wie Sie viellicht in der Lage sind, Arbeit zu finden, und bieten Ihnen Hilfe an", fügte sie hinzu.
Nach all dem Bürokratismus beschloß ich, diese Frau sei eine echte Zeitverschwendung, und hatte kein Interesse mehr, statt daß sie mir wirklich Hilfe anbot, über ihre Berufsbezeichnung zu diskutieren.
So sagte ich ihr, ich würde zurückrufen und nach ein paar weiteren Anrufen einen Besuchstermin mit ihr vereinbaren, da ich aufgrund ihrer Haltung mir gegenüber nicht sehr optimistisch war.
Ich dachte, wenn ich wieder zum Arbeiten zurückkäme, müßte ich ein Bankkonto haben. So stellte ich klar, daß ich weder Geld noch eine Kreditkarte haben wollte, aber NIRGENDS konnte ich ein Bankkonto eröffnen. Ich war schon so lange, 13 Jahre, ohne Arbeit gewesen, und hatte Schulden und KEINE Arbeit, damit Geld auf ein Konto käme. So hieß es bei jeder Bank nur: ???Tut uns leid, Herr Phelan, wir können Ihnen nicht helfen." Weil ich keine Arbeit hatte, konnte ich kein Bankkonto bekommen, und wenn ich Arbeit gehabt hätte, hätte ich auch nicht bezahlt werden und meinen Scheck einreichen können, weil ja jeder heutzutage mit einem Scheck bezahlt wird. Ich hätte kein Konto gehabt, um den Scheck einzureichen.
Ich verbrachte den ganzen Tag damit, 27 Telefonanrufe zu tätigen und von einer zur anderen Bank zu laufen. Ich war auch nicht näher daran, eine Arbeit zu bekommen, und tatsächlich sah ich, daß ich nun vor größeren Problemen stand als je zuvor.
Bis zum 31. März mußte ich den HTML-Kurs buchen oder ihn verlieren. So gab ich alles Haushaltsgeld aus und verkaufte ein paar weitere Haushaltswaren und eine Nähmaschine, um ihn zu bezahlen. Ich stand nun vor der Entscheidung, aufzugeben und nichts zu tun, oder mit der Aussicht auf Arbeit weitere Schulden zu machen. So gibt es für meine Gesundheit die Kuren und auch die Antworten auf meine Probleme, ABER sie sind sehr teuer, und ohne Geld ist es wie im Alptraum.
Ich ging auch in London zu einigen Ärzten in die kostenlose Sprechstunde, und wieder sagten sie mir: ???Ja, wie können Ihnen helfen." Einer wollte 800 Pfund, ein anderer 1.350. Und noch ein anderer fragte, ob ich schon die `AlexandraA-Behandlung für Rückenleiden versucht hätte. ???Ich will mir das mal ansehen", sagte ich und tat es . . . es kostet 25 Pfund pro Stunde! Nach meinem recht einfachen Äußeren und der Tatsache zu urteilen, daß ich keinen Schmuck trug, nicht einmal eine Uhr oder einen Ring, und daß meine Kleidung seit der Zeit, als ich nicht mehr arbeitete, schon zweimal wieder modern war, muß er wohl angenommen haben, daß ich ein exzentrischer Millionär war, der sich nur einmal einen Tag den kostenlosen staatlichen Gesundheitsdienst ansehen wollte, um in Kontakt mit der Öffentlichkeit und der Realität zu bleiben und zu sehen, wie die einfachen Leute leben!
Einige Besserwisser von Inkassobüros haben mir gesagt: ???Wir halten Sie für verantwortungslos, und wenn Sie einen Job haben möchten, dann nehmen Sie an einem Kurs teil. Wenn Sie nicht ins Baugewerbe zurückgehen können, tun es andere." Ich habe in der Zeitung so vieles annonciert und verkauft, daß ich das meiste, was mir lieb und teuer war, verkauft und nur noch wenig übrig habe, was ich jetzt noch verkaufen könnte, was mir helfen könnte.
Nach 13 Jahren langen Kampfes gegen das of Rechtssystem, die medizinischen Autoritäten, den Gesundheits- und Sozialdienst und andere bürokratische Einrichtungen und die harte, kalte Haltung und gefühllosen Reaktionen derer, die behaupten, sie seien da, um einem zu helfen, nahm ich es sogar mit der Rechtshilfe auf, um eine Entschädigung zu erhalten und meinen Fall aufgrund eines ärztlichen Mißgeschicks durchzufechten. Ich legte mich mit den Anwälten an, die einem das Gefühl geben, man müsse ihnen Feuer unter dem Hintern machen. Ich legte mich mit jedem an, der sich gegen mein Recht stellte, wieder in Arbeit zu kommen, und nach allem, was ich gesagt und getan habe, bin ich völlig überrascht, wie ich es überlebt habe und noch Willenskraft übrig habe, da weiterzumachen, wo viele aufgegeben haben, manche in völliger Verzweiflung, mit Nervenzusammenbrüchen oder wo viele sich sogar das Leben genommen haben.
Nun, ich beschloß, die Arbeitsvermittler in der Arbeitsbehörde aufzusuchen, die sich mit Behinderten befassen, die wieder arbeiten wollen. Ich machte also einen Termin aus und ging Mitte August 1998 dort hin. Ich wurde von einer gepflegten Farbigen, die etwa Ende 30 war, empfangen, die kalt und völlig desinteressiert an meiner Situation und irgendwie abrupt war, weil sie mich jedesmal, wenn ich etwas sagen wollte, unterbrach und sagte: ???Aber Herr Phelan, was ich sagen kann . . . bla bla bla", ???Aber Herr Phelan, meine Arbeit ist es . . . bla bla bla", und ???Nun, Herr Phelan, es interessiert mich wirklich nicht . . . bla bla bla", und ???Sehen Sie, Herr Phelan, das ist wirklich nicht unser Problem . . . bla bla bla . . ." Sie war so hilfswillig und nützlich wie ein Einkaufswagen auf hoher See!
Diese Frau hatte keinerlei Vorstellung von einem ???Teufelskreis", und nach ihrem Äußeren zu urteilen, wußte sie auch nicht, was es heißt, auf Sozialhilfeniveau zu leben und knapp bei Kasse zu sein. Sie stand völlig außerhalb der Realität dessen, was Behinderte durchmachen müssen, um nach Arbeit zu suchen, auch wenn sie es war, die Behinderten Rat geben sollte. Sie fragte mich: ???Haben Sie dies versucht . . . blabla, haben Sie das gemacht . . . blabla", als ob ich ein vollkommener Idiot sei. Ich mußte nur erwidern: ??? Nun . . . ich weiß . . . ich hätte nie daran gedacht". Solche Leute neigen dazu, mit einem zu reden und dabei den Kopf zu einer Seite zu neigen, so daß man eingeschüchtert wird, und in einem leisen Ton mit einem zu reden, als sei man geistig zurückgeblieben, wie ein Kind, und mit affektiertem Lachen zu sagen: ???Nun, wir werden alles für Sie tun, was wir können. Herr Phelan, wir verstehen Ihre Situation völlig und tun tatsächlich alles, was wir können. Sie hören wieder von uns . . . blablabla."
Verstehen sie wirklich? . . . Sie leben in einer unproblematischen Umgebung, sie haben hübsche Schreibtische, Computer, Tee- und Mittagspausen, ein schönes kleines Büro und eine Tür, um einem hinauszuweisen, wenn sie sich nicht mit einem abgeben können oder wollen, was sie bei der ersten Gelegenheit auch tun und einem den Ausgang weisen . . . Nach meinen Erfahrungen in den letzten 13 Jahren haben diese Leute KEINERLEI Vorstellungen!
Man geht immer wieder hinaus, wenn sie aufstehen und zur Tür gehen, einen Arm ausgestreckt. Dann soll man sofort folgen und lächelnd sagen: ???Danke, Sie haben mir sehr geholfen." Ich ging daran, noch eine weitere Frage zu stellen, und sie sagte: ??? Nun, vielen Dank, Herr Phelan, aber ich muß wirklich weitermachen, doch wir tun alles , was wir können". Was hat es mit diesem blablabla auf sich, fragte ich darauf. ???Nun, wie ich sagte, es war nett, Sie zu sehen. Ich bin sicher, daß sich die Probleme lösen werden, und nochmals vielen Dank für Ihren Besuch". Aber . . . sage ich, und wieder ist man konfrontiert mit: ???Nein, danke, Herr Phelan, das ist alles". Dann steht man wieder draußen.
Während des Gesprächs hatte ich gefragt, wie die Aussichten auf eine Arbeit wären. Sie fragte: ???Was können Sie tun?" Ich schrieb einen Lebenslauf mit allem, was ich kann - über etwa 30 Jahre Berufserfahrung -, aber sie wollte ihn nicht einmal sehen. Nein, sie wollte nicht einmal einen Blick darauf werfen. ???Dafür müssen Sie in die andere Abteilung gehen", sagte sie. Ich fragte: ???Was tue ich dann eigentlich hier?" ???Nun, ich bin dazu da, sie bestmöglich zu beraten, wie Sie wieder an die Arbeit zurückkommen", sagte sie. Dann fragte sie wieder: ???Was kann ich für Sie tun?" Ich versuchte, noch einmal zu erklären, wie ich jahrelang im Baugewerbe tätig war und seit 13 Jahren wegen einer Wirbelsäulenverletzung nicht mehr arbeiten konnte und nichts anderes gekannt hatte. Ich erzählte ihr, daß ich ein paar Computerkurse mitgemacht hatte und daß in der ???Internetindustrie" das große Geld zu verdienen sei. ???Nun", sagte sie, ???so etwas tun wir hier nicht". Ich fragte: ???Was tun Sie dann?" Sie sagte, sie könne mich zu einem Kurs in Newbury in Berkshire, zu einem Computertraining, schicken, aber ich rief selbst dort an und es war tatsächlich nur ein Grundtraining, keine wirkliche Hilfe, und würde mich etwa 40 Pfund für das Benzin pro Woche kosten! Man sagte mir auch, ich könne damit erst anfangen, wenn ich Arbeit suchte und Arbeitslosengeld bekäme oder wenn ich Geld wegen Arbeitsunfähigkeit bekäme. Das hieß, daß ich meine Erwerbsunfähigkeitsunterstützung aufgeben und Arbeit suchen und eine Minderung meiner Einkünfte auf . . . einen Augenblick . . . 34 Pfund 40 Pence hinnehmen mußte.
Zuallererst ist eine Verminderung der Einkünfte hinzunehmen, und da man jetzt als Arbeitssuchender Arbeitslosengeld bekommt, gilt das Kindererziehungsgeld als Einkommen; so fällt das weg. Nun, es fällt eigentlich nicht weg, es wird nur mit dem Arbeitslosengeld verrechnet. Das Arbeitslosengeld wird also wieder beschnitten. Wer daher bereits wegen seiner Behinderung kämpft, muß noch eine Minderung der Zahlungen in Kauf nehmen, um als Arbeitssuchender registriert zu sein. Die Spitze ist dann, weil man nicht für einen anderen Beruf qualifiziert ist, braucht man - auf eigene Kosten - ein Training! Weitere 40 Pfund. Pro Woche in meinem Fall. Das bedeutet: Um überhaupt damit anzufangen, wieder in Lohn und Brot zu kommen, muß ich weitere 69,40 Pfund pro Woche ausgeben. Und das von etwas mehr als 130 Pfund pro Woche zum Leben! Am Ende der Trainingszeit wird KEINE Arbeit garantiert, und wenn doch, dann muß man ein geringeres Einkommen als früher in Kauf nehmen . . . und . . . das macht die Situation JETZT noch unerträglicher als zuvor. Wenn man beschließt, auf den früheren Status zurückzugehen und zum Beispiel 'Erwerbsunfähigkeitsgeld' zu beantragen, damit man wieder das höhere Einkommen hat, wie in meinem Fall, dann darf man sich nicht mehr als arbeitssuchend melden und hat keine Aussicht auf eine Arbeitsstelle und . . . alles fängt wieder von vorne an! Gott, ich wollte, daß sie nur für ein Jahr meine Schmerzen haben!
Zu versuchen, sich in einem Marketingberuf selbständig zu machen, bedeutet, ein Team oder ein Netzwerk aufzubauen, was drei oder vier Jahre dauern kann, bis man wirkliches Einkommen und Ergebnisse zu sehen beginnt. Oh ja, auch das habe ich geprüft. Über allem sind die Rechnungen, Telefon, Fax, Büromaterial, Benzin, Seminare, die bezahlt sein wollen, Muster, die auch bezahlt werden müssen . . . alles von seiner Unterstützung. Und wenn es nicht anläuft, hat man alles, was man investiert hat, verloren, und muß etwas anderes versuchen. Dann muß man wieder von vorne anfangen, auch mit der Zeit . . .
Fortbildung kostet Geld, das man sich nicht leisten kann. Vielleicht bekommt man einen Zuschuß für ein College, aber das muß man dann ganztägig besuchen, und das bedeutet wiederum 2 bis 3 Jahre, um eine Berufsqualifikation zu erlangen, und wenn man die bekommt, dann steht man vor dem Faktor ALTERSDISKRIMINIERUNG; man ist einfach zu alt, wenn man, wie zuvor gesagt, über 35 ist. Und wenn man keine Berufserfahrung hat, gibt es noch Probleme.

Ich schrieb mich an der ???Regent Academy of Fine Art" in London für einen Fernstudienkurs in ???Raumausstattung" ein, aber auf halbem Wege nach einem Jahr fand ich heraus, daß ich trotz Einser und Zweier für meine Arbeit nicht einmal in dem Gewerbe anerkannt bin, wenn ich nicht drei Jahre bei einer Firma war. Niemand möchte einen annehmen, wieder ist man ZU ALT, und nachdem ich wegen der Verletzung so lange aus der Arbeit bin, kann ich mich nicht selbständig machen, weil ich keinen Kredit von der Bank bekomme, den ich für ein eigenes Geschäft brauche. Ich kann nicht einmal eine Kreditkarte bekommen: ???Es tut uns sehr leid, aber wir können nicht ihrem Wunsch entsprechen, jetzt ein Konto für Sie einzurichten", sagt man mir zu allem Überfluß. Ich hätte in dem Beruf ja auch keine Kontakte . . . zzzaaaAAAPPPP! Und wieder von vorne anfangen!
Selbst meine Frau versuchte, Arbeit zu bekommen, da der Gesundheits- und Sozialdienst sagte, wir könnten bis zu 50 Pfund pro Woche hinzuverdienen, ohne daß das etwas an der Unterstützung ändere. Stimmt wohl, es ändert nichts an der Unterstützung . . . ABER an der Mietminderung, und wenn man jetzt 50 Pfund pro Woche verdient, verliert man das Wohngeld! Statt deine 10 Pfund oder so zu bezahlen, weil man Mietrabatt hat, ist die Miete nun voll zu bezahlen oder sie ist gestiegen. Wenn man also die Miete abzieht, ist man wieder genau dort, wo man angefangen hat; und nicht nur das: Man mußte auch Stunden mit Fahrten zur Arbeit verbringen, zu Messen, und den Verschleiß der Kleidung in Betracht ziehen, und so ist man wieder genau dort, wo man angefangen hat! Das ist überhaupt kein Anreiz, Menschen zu helfen, wieder in Arbeit zu gelangen.
Ich sehe mich selbst nicht als verantwortungslos an, sondern als echtes Opfer eines ärztlichen Unfalls beim Nationalen Gesundheitsdienst, der leichtfertig über mich hinweggeht, als ob meine 13 Jahre Martyrium und quälende Schmerzen, wo ich verzweifelt einen Weg hinaus aus diesem seelenzerstörenden, demoralisierenden bürokratischen Treibsand suche, wo mir das Leben langsam aus den Händen gerissen und vor meinen Augen zerfetzt wird - als ob all das nicht zählt. Dabei versuche ich noch, meine Ehe zusammenzuhalten und meiner Familie und mir etwas Lebensqualität zu geben, die der Nationale Gesundheitsdienst uns entrissen hat, was nicht wieder gutzumachen ist.
Ja, jede einzelne Projektidee und Arbeit, die ich verfolgt habe, ist an einer Mauer aus ???Teufelskreisen" und einem Berg an Bürokratie und mangelnder Rücksicht für Behinderte, Uneinsichtigkeit, Vorurteilen und Diskriminierung wegen meines Alters zerschellt . . . mit dem gesunden Rat des Nationalen Gesundheitsdienstes, der besagt: ???Stellen Sie all dieses hinter sich und beginnen Sie, ein normales Leben zu führen" . . . auf meine Kosten.
Mr. Tony Blair . . . hat folgendes festgestellt: ???Wir hätten es gerne, wenn so viele wie möglich in die Arbeit zurückkehren . . . für die, die suchen, gibt es genug Möglichkeiten." Ich habe ihn gefragt: Würden Sie mir bitte sagen, wie?

Alles, was ich als jemand, der seit über 13 Jahren das Opfer eines medizinischen Unfalls ist, gefunden habe, ist: ???Ein einziger Alptraum!"

???Mit fast 11.000 Pfund Schulden am Hals und dem Versuch, Behandlung und Präparate zu bekommen, um zu überleben, wüßte ich gerne, welchen Vorschlag Sie haben, aus diesem Schlamassel herauszukommen, in den mich der Nationale Gesundheitsdienst, die Rechtskörperschaft der Regierung, gezwungen hat, und mir sagen, welch wunderbare Aussichten für britische Untertanen wie mich bestehen?"
Schließlich schrieb ich dem Premierminister: ???Ich würde gerne von irgendeinem Beamten oder Politiker hören, der bereit wäre, für mich vor Gericht zu gehen, wenn ich vorgeladen werde, und meinen Fall zu meinen Gunsten vertritt und mir diese Bürde abnimmt und mir den Weg heraus zeigt und auch alle meine Schuldner informiert, da sie sehr gerne den Weg aus diesem Schlamassel heraus wüßten. Ich kenne die Antwort nicht und auch sie nicht. Aber sie sind für jeden Vorschlag offen!
Ich habe auch versucht, in einem Netzwerk mit einigen Produkten tätig zu sein, in denen meiner Meinung nach ein großes Potential steckt und die äußerst gut sind, die meiner Gesundheit geholfen haben, aber es dauert wiederum 3 bis 5 Jahre, ein Geschäft aufzubauen. Die Kreditgeber warten nicht so lange, und wenn ich verklagt werde, komme ich auf eine schwarze Liste und verliere wiederum meinen Kredit! Wenn ich also Erfolg beim Aufbau habe, werde ich keinen Kredit nutzen können. Also . . . wieder von vorne anfangen!
Ich bin jetzt bei völliger Verzweiflung und Frustration angelangt und bitte um Ihre fachmännische Meinung, da ich keinerlei Entschädigung für das bekomme, was der National Gesundheitsdienst mir angetan hat, Keinen vernünftigen Rat, keine Hilfe, keinerlei Kooperation von den oben genannten."
Ich sagte dann noch, ich würde mich auf die Antwort des Premierministers und seine Kommentare zur gegebenen Zeit freuen.
Mr. Tony Blair schrieb mir und bat die Arbeitsvermittlung, sich meinen Fall anzusehen.

Dies sind die Ereignisse, seit ich meinen Brief am Sonntag, dem 18. Oktober 1998, zur Downing Street mitnahm. Ich ging zur Downing Street, um meinen Brief zur Kenntnisnahme von Mr. Tony Blair, dem Premierminister, abzugeben. Ich ließ auch ein Foto machen, das zeigte, wie ich meinen Fall in No.10 vortrug. Am 27. Oktober 1998 erhielt ich einen Brief von einem Mr. S. Qasim, der mich davon in Kenntnis setzte, daß Mr. Blair darum bat, daß der Brief dem Gesundheits- und Sozialdienst und den zuständigen Büros der Arbeitsvermittlung vorgelegt werde, damit man sich dort um die aufgeworfenen Fragen kümmerte.
Mr. Blair machte keinerlei Bemerkungen, er schob den Schwarzen Peter anderen Abteilungen zu. Am 9. November 1998 erhielt ich eine Karte der Arbeitsvermittlung, Caxton House, in London, die besagte, daß ich innerhalb von 15 Tagen eine Antwort erhielte. Am 27. November 1998 waren 19 Tage vergangen, so rief ich dort im Büro an, um zu sehen, was mit meiner Bitte geschehen war. Man sagte mir, man habe sich nicht etwa verspätet, da erst 15 Arbeitstage vergangen seien und man das Wochenende nicht hinzuzählen könne! Der letzte Termin sei der 30. November 1998. Am Freitag, dem 4. Dezember 1998, rief ich wieder in dem Büro an und sprach mit Herrn Qasim. Ich gab ihm meine Nummer und bat ihn, er möge bei mir zurückrufen, wenn er Neuigkeiten habe. Er rief vormittags um 10.45 Uhr zurück und sagte, er versuche immer noch, sich Informationen zu beschaffen; er werde mit mir Verbindung aufnehmen, sobald er etwas gefunden habe, da er immer noch versuche, meinen Brief ausfindig zu machen. 5 Tage später . . . der 9. Dezember 1998.
Ich erhielt einen Brief von Claire McGuckin, der Abteilungsleiterin für Behindertendienste: Level 1, 236 Grays Inn Road London WC1X 8HL. Vereinigtes Königreich, und nur die halbe Telefonnummer war auf dem Brief, so rief ich den Dienst in Caxton House, Tothill Street, London SW1H 9NA an und fragte, wie ich Verbindung mit dieser Frau aufnehmen könne? Ich wartete sechs Minuten, und dann sage man mir, man wisse nicht, um wen es sich handle! Herr Qasim sagte mir, er wolle mich nach Sheffield durchstellen! ???Warum nach Sheffield?" fragte ich . . . wo doch der Brief von einem Londoner Büro kam. Und so gab er mir eine Nummer, die ich in London anrufen könne. Die Nummer war abgestellt, dann zurück zur Fernsprechauskunft, der Vermittlung . . . zu einem weiteren Versuch. Dann sagte man mir, die Anschrift sei nicht gelistet. Ich rief nochmals die Fernsprechauskunft an und sagte, ich wolle die Arbeitsvermittlung haben. Da bekam ich eine Nummer 0171 211 3000, von einem Büro, wo man mir sagte, man wolle mich zu Claire McGuckins Büro durchstellen, Durchwahl 0171 211 4716. Da sagte man mir, sie sei heute nicht da.
Wieder von vorne anfangen. Ich hinterließ eine Nachricht und sagte, sie könne mich später anrufen, wenn sie wieder zurück sei, wann immer das auch sei! Das war um 9.30 Uhr am 9. Dezember. Um 10.00 Uhr bekam ich einen Anruf von Mary Calderon aus dem Grays Inn Road Office und sprach mit ihr über einige der Probleme. Sie sagte, sie würde Frau Pat Bowery in der Slough- Behindertenberatung anrufen und sie bitten, mich anzurufen, damit ich sie wieder aufsuchen könne. Sie machte auch den Vorschlag, daß ich mich mit dem ???TEC" Training and Enterprise Council in Verbindung setzte. Abgesehen davon sagte sie, sie könne nichts weiter tun, um mir zu helfen, aber sie würde mir Literatur zum Thema Diskriminierung zuschicken. Ich fragte sie, da sie sagte, das ließe sich nun durch neue Gesetze erzwingen, ob sie je versucht habe, eine Firma vor Gericht zu bringen? Und wenn es ein Jahr dauerte und man den Fall gewinne, würde man für diese Firma danach noch arbeiten? Und wie wird man behandelt, wenn man weiß, sie hat den Fall verloren? Was ist mit dem Streß und der Zeit, wenn man schon Streß hat, weil man verletzt oder arbeitsunfähig ist?
Die Arbeitsvermittlung schickte mir wirklich ein Paket mit Informationen. Ich ging auch zu einem Kurs in der Bank, wie man sich selbständig macht. Ich folgte allen Hinweisen, die man mir gab, und ihr erratet es schon . . . wieder befand ich mich in ein paar Teufelskreisen.
Ich versuche immer noch von zu Hause aus, mich selbständig zu machen, und ich habe alle Befunde an das Gericht gesandt, damit man sich mit meinem Fall befaßt, weil Finanzierungfirmen Geld von mir verlangen, was mich als Opfer eines medizinischen Unfalls in eine sehr schwierige Lage gebracht hat, und die Rechnungen warten immer noch, und . . . der Fall geht weiter . . .


Kapitel 19
Der Bruch: Von allen gemieden, weil ich ehrlich war


Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut. 
Aus Historischen Essays und Studien
Man sagt, wo die Macht groß ist, da ist auch der Irrtum groß. Wie oft hat sich das doch in der Geschichte als wahr herausgestellt. Menschen mit guten Grundsätzen sind geliebt und geehrt worden, nur um dann zu finden, daß, als ihre Macht wuchs, auch ihre Mißachtung für andere und die Verachtung der Mitmenschen wuchs. Jehovas Zeugen sind ein hervorragendes Beispiel dafür, diesem zum Opfer zu fallen. Ich habe immer wieder gute Männer gesehen und gekannt, die Freunde waren und die mich bei sich zu Hause willkommen hießen und die sich dann als einige der schlimmsten Beispiele für Christsein herausgestellt haben, die sich finden lassen. Nicht nur diese Männer, sondern auch ihre Frauen und sogar die Kinder haben ihre Haltung gegenüber anderen geändert, als die Autorität des Vaters wuchs. Die Kinder werden zu boshaften Flegeln, die Frauen werden gehässig, bilden Cliquen aus kleinen Freundesgruppen und weigern sich, mit einem zu reden, gehen sogar auf der Straße an einem vorbei oder sausen mit einem süßem, aufgesetzten Lächeln an einem vorbei, das angeklebt aussieht wie bei dem Witzbold aus Batman, und sie sagen: „Ich rede gerne mit dir, aber ich habe keine Zeit", und eilen an einem vorbei. Das ist nicht mehr als eine Fassade, um sich zu schützen und später, wenn man sich über die kalte Haltung beklagt, zu anderen sagen zu können: `Nun, ich sage immer Hallo und grüße ihn. Was habe ich getan; es ist nicht zu fassen, daß er das sagt. Ich kann es nicht glauben, ich bin immer so höflich.A Sie sind zwar nett und freundlich, aber: „Laß dich nicht auf ihn ein; gib ihm keinen Grund, mit dir zu reden;, halte dich auf Abstand."
Die Menschheit ist eine Bruderschaft, lehren Jehovas Zeugen, alle Menschen sind gleich, und schon wenn diese Leute diese Worte mündlich wiederholen, sehen ihre Taten doch anders aus. Einige dieser Männer, egal aus welchem Milieu, versuchen mit allen Mitteln, andere zu kontrollieren und zu manipulieren, um sie dazu zu bringen, sie zu fürchten und sich ihnen unterzuordnen, auch wenn deren eigenes Leben ein kompletter Fehlschlag ist; sie halten vielleicht immer noch an ihrer Stellung fest, in die sie ernannt wurden, um Ehre zu verlangen. Ich habe Männer gesehen, die keinerlei Geschick haben, keine Individualität, und doch hängen sie an ihren kleinen Positionen als dem Einzigen in ihrem Leben, als ob sie ohne diese Autorität nichts wären. Sie denken, daß sie sich keinen Respekt zu verdienen brauchen; sie können ihn aufgrund der Tatsache fordern, daß sie eine Stellung oder einen Titel wie „Ältester" haben. Ich habe auch gefunden, daß je kleiner der Mann, um so mehr strebt er nach einer Machtposition, als ob er etwas beweisen müßte, als ob er einen Komplex hätte.
Meine über 30jährige Verbundenheit mit Jehovas Zeugen hat für mich über allen Zweifel bewiesen, daß die hierarchische Struktur, die sie fördern und benutzen, eines der bedrückendsten, dominierendsten, charakterverderbendsten Herrschaftssysteme ist, die mir je untergekommen sind. Es ist ein langsames Eintrichtern, das das Gewissen und den Charakter einer Person zerfrißt, das ihn davon überzeugt, er sei das vollkommene Beispiel an Geistigkeit und menschlichem Wesen, wenn sie tatsächlich ein anmaßender, selbstgerechter, abwertender kleiner Hitler wird. Und ich kann euch sagen, ich kenne viele von ihnen, und sie können dein Leben zur absoluten Hölle machen. Ich habe glückliche Ehepaare gekannt, die gehen und umziehen mußten, um von solchen Männern wegzukommen, da diese aus ihrem Leben ein einziges Elend machten, wenn diese „Ältesten", wie sie genannt werden, versuchen, sich in ihr Leben einzumischen, weil sie Forderungen in bezug auf den Glauben stellen und ihnen Verpflichtungen auferlegen oder fordern, denen keiner nachkommen kann. Wenn alles fehlschlägt und die Versammlungsältesten einen nicht dazu bringen können, sich ihrer Denkart zu unterwerfen, dann werden sie dich verleumden und bis zur Verzweiflung in eine Opferrolle drängen, sie werden dich raustreiben und mit einem Etikett versehen, das alle sehen können: streitsüchtig, illoyal, störend, unkooperativ, jemand, dem man besser aus dem Weg geht.

Es hat schon erwachsene Frauen und reife, verantwortungsvolle Ehefrauen und Mütter gegeben, die völlig in Tränen aufgelöst waren und schluchzten, sie könnten das alles nicht mehr aushalten, und das alles im Namen der „Theokratie" (Gottesherrschaft) und des „Geistiggesinntseins". Ihre Männer haben sich mit ihnen bereden und umziehen müssen, um eine andere Wohnung weit weg von den Freunden zu finden, um Frieden zu finden. Ich habe auch gesehen, wie furchtlose Frauen gegenüber diesen Männern aufstanden und sagten: „Entschuldigung, aber ich regle immer noch mein eigenes Leben, kümmert euch um eure eigenen Sachen", nur um dann von ihren Ehemännern getadelt und gescholten zu werden, weil sie so respektlos waren, und doch haben sie wirklich die Wahrheit gesagt, und es hätten ihre Ehemänner sein sollen, die ihre Meinung sagten, die es aber nicht getan haben, weil sie Angst hatten, sie würden Ansehen und Vorrechte in der Versammlung verlieren. Es erstaunt mich immer wieder, wie viel sich Leute gefallen lassen, weil sie Angst haben, ein Etikett aufgeklebt zu bekommen oder gemieden zu werden, wenn sie gegen falsche Behandlung oder grobes Unrecht die Stimme erheben.
Viele haben nur wenig Geld, sie haben keine Freunde außerhalb der Zeugenorganisation, vielleicht wenig oder gar keine Qualifikationen für eine Arbeit. Auf weltliche Bildung wurde immer herabgeblickt; man hat mißbilligend die Stirn gerunzelt, man sei weltlich oder materialistisch eingestellt, und es konnte sein, daß man gemieden wurde, weil man einen solchen Weg einschlug, um seine Lebensweise oder die Karriere zu verbessern. Dem allen setzt die Ansicht die Spitze auf, der Platz einer Frau sei im Haus, und eine Frau, die eine Berufskarriere verfolgt, wird nicht als gutes Vorbild angesehen. Wenn sie den ganzen Tag predigend die Straße entlangzieht, „dann ist sie eine wirklich gute christliche Frau, die eine gute Ehefrau abgeben wird". Tatsache ist, das tun sie nicht; die meisten sind sehr unausgeglichen! Ein sauberer Bruch ist sehr schwer zu vollziehen. Einige tun diesen Bruch, aber die meisten bleiben und leiden an der Haltung, die ihnen die Zeugenführer selbst einimpfen: „Gott wird zu seiner Zeit die Dinge richtigstellen, wir müssen uns auf ihn verlassen." Oder: „Auf diese Weise sichtet Gott seine Organisation und wird die Rebellen los." Das ist eine andere Art, zu sagen, man sei „rebellisch"; das ist ein weiteres Lieblingsklischee. So viele Leben wurden ruiniert, einige begingen sogar Suizid, weil sie mit dieser Gedankenmanipulation durch die Sekte einverstanden waren, nur um dann Jahre später zu sehen, daß dieselben Leute immer noch eine Situation ertragen, die sehr schnell richtiggestellt werden könnte, wenn sie eigene Entscheidungen träfen und sie in die Tat umsetzten, anstatt auf Älteste zu hören, die die eigenen Angelegenheiten nicht einmal richtig beurteilen können und vielleicht nicht einmal kennen wollen; die nur gerne die wichtigen Entscheidungen für einen treffen mögen.

Was das Eintrichtern angeht, so verwenden Jehovas Zeugen den Titel „Ältester" in einer Weise, daß alle, die diesen Titel nicht tragen oder ernannt worden sind, das Gefühl haben müssen, sei seien „minderwertig". Ein Beispiel dafür: Ich war in einer Zusammenkunft, wo man gerade darüber sprach, daß eine Frau ihren Mann verloren hatte. Sie betete lange Zeit und fand zu gegebener Zeit einen Mann, den sie heiratete, der . . . richtig geraten . . . Ältester war! Das nächste, was der Redner einbleute, war, daß jede Frau, die einen Mann suchte, Gott um einen bitten sollte . . . und dann fügte er hinzu: „Mit ein bißchen Glück heiratest du sogar einen Ältesten."
Ich war so wütend darüber, daß ich ihm am liebsten ein Buch an den Kopf geworfen hätte. Ich fragte mich immer wieder, wo ist der Beweis, daß „Älteste" bessere Hausmänner, bessere Ernährer, bessere Liebhaber oder Geschlechtspartner sind? Im Gegenteil, nach meiner Erfahrung sind die meisten Frauen, die sich am meisten über ihre Männer beklagen, Frauen von Ältesten, weil sie nie Zeit für sie haben! In der Zusammenkunft saß so mancher gute Mann, wohl KEINER, der ein Ältester war, aber der entscheidende Punkt ist, Frauen werden zu dem Denken indoktriniert, daß die einzigen guten Männer die „Ältesten" der Religion sind, und dasselbe gilt für den bereits erwähnten Gedanken, daß Frauen, die eine berufliche Karriere einschlagen, nicht als gute Ehefrauen angesehen werden könnten. Oh, so etwas wird natürlich mit keinerlei Worten gedruckt, aber die Zeugen haben zwei Maßstäbe, einen schriftlichen und einen mündlichen. Das Geschriebene klingt sehr gut und scheint vernünftig zu sein, aber es ist das MÜNDLICHE, das die größte Macht hat.
Wenn Frauen gesagt wird, nach einem Ehemann aus den Reihen der Ältesten Ausschau zu halten, ist es nach dem oben gesagten nicht schwer zu verstehen, warum so viele Männer den Druck fühlen, Älteste zu werden. Ein Mann kann ein vollkommener Langeweiler sein, keinen Charakter haben, schrecklich aussehen und sich ebenso schrecklich kleiden, er kann einen schlechten Geschmack haben - aber weil er zum Ältesten ernannt wurde, glaubt man, er sei ein wundervoller Mensch mit großen Möglichkeiten, für jede Frau einen perfekten Ehemann abzugeben. Und das Ergebnis? Viele enttäuschte Frauen in den Reihen der Zeugenorganisation.
Das trifft auch für Rechtsfälle zu; alles geschieht mündlich, nichts wird niedergeschrieben, aber das ist es, was zählt, wenn eine Entscheidung getroffen wird. Wenn jemand sie anzweifelt, kann er auf den geschriebenen Text zurückgreifen; und was kann man sagen? Tatsache ist, sie leben nach einem mündlichen Gesetz, nicht nach einem geschriebenen. Das geschriebene Gesetz, das vernünftig und ansprechend erscheint, bringt die Leute in die Organisation, das mündliche Gesetz und Furcht halten sie in der Organisation.

Nachdem mir jahrelang Beschimpfung und Schmähung, schlechte Behandlung und eine Opferrolle zugedacht waren, weil ich bei zweierlei Maßstäben und Heuchelei, von denen ich ständig Zeuge war, die Stimme erhob, fing ich an, Untersuchungen anzustellen und Fragen zu stellen, weil so viele andere dieselben Erfahrungen machten wie ich. Während dieser Zeit habe ich alle Publikationen der Zeugen Jehovas gesammelt und hatte fast alles, was die Zeugen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute je gedruckt haben. So hatte ich ganz schön starken Stoff bei der Hand, obwohl mir das damals nicht klar war. Ich war gut dafür bekannt, belesen zu sein und alles zu überprüfen, und Älteste riefen mich an und stellten mir Fragen, um zu sehen, welche Informationen ich zu einem Thema hatte, oder einfach, wo Antworten zu finden waren. Es war also wohlbekannt, daß ich alles genau untersuchte. Mein großer Fehler war, daß ich nicht weit genug in die Vergangenheit forschte und wie viele Zeugen heute auch annahm, die Lehren seien bei den Zeugen im Verlauf des letzten Jahrhunderts, abgesehen von ein paar Änderungen, dieselben geblieben. Damit lag ich tatsächlich völlig daneben!
Wie ich auf den Weg geriet, die Dinge zu untersuchen und zu hinterfragen? Man hatte mich fälschlich beschuldigt, und man machte sich keinerlei Mühe, die Sache richtigzustellen, und die Ältesten verleumdeten mich weiterhin - weil ich wegen meiner Rückenverletzung im Jahre 1986 nicht mehr arbeitete und versuchte, mich zu erholen, kamen ständig Rechnungen bei mir an und zu versuchen, diese zu bezahlen, war schon an sich ein Alptraum. Wie jedermann weiß, ist alles in Ordnung, wenn die Dinge gut laufen, aber sobald etwas schiefläuft oder nachgebessert werden muß, wo kriegt man das Geld her? Ich mußte das Auto unterhalten, meine Tochter brauchte Schuluniformen, Krankenbehandlung usw. Nun, ich entschloß mich dazu, einige meiner Bücher zu verkaufen und eine Anzeige in eine der kostenlosen Werbezeitungen zu setzen, und schon bald hatte ich ein paar Reaktionen.
Ein Typ mit Namen Alan rief mich an und bat, ob er vorbeikommen könne, da er an der Universität war und einige meiner Bücher als Quellenangabe brauchte. Er sagte mir, er sei vor ein paar Jahren in der Zeugenorganisation gewesen, und er habe ein paar wirklich schlimme Erfahrungen dort gehabt und sei dann gegangen. Er sagte mir, seine Tochter sei vergewaltigt worden, und daß die Ältesten der Zeugen keinerlei Interesse zeigten. Alles, woran ihnen lag, war, daß die Sache nicht in die Zeitung kam. Er sagte, die Ältesten sagten immer: „Was immer du tust, laß es nicht in die Zeitungen gelangen." Ihre Sorge war, daß sie in schlechtem Licht erscheinen könnten, wenn der Name „Jehovas Zeugen" in den Zeitungen erschiene. Die kalte, gefühllose Haltung, daß man für diesen armen Teenager keinerlei Mitgefühl empfand, sondern nur für den Ruf der Zeugenorganisation, bereitete der Familie großen Kummer und brachte ihn zum Nachdenken. Aus dem, was Alan wußte und was ich mit eigenen Augen gesehen hatte, war ich so froh, daß ich nicht alleine war mit Erfahrungen einer solchen Behandlung aus erster Hand.
Alan fragte mich dann: „Hast du alle diese Bücher gelesen?" Ich sagte, doch einige, bis in die 1930er Jahre und ein paar alte. (Ich hatte eine Bücherwand etwas 2,50 Meter hoch und 5 Meter lang voller Bücher und Literatur, alle von der Watchtower Bible and Tract Society, der Weltzentrale der Zeugen Jehovas in den USA). Er sagte, nun, hast du dies gelesen? Und das? Und jenes? Ich schaute ihn an und erkannte, daß dieser Typ eine Menge mehr wußte über die Geschichte der Zeugen als andere, von denen ich dachte, sie würden sich gut auskennen. Er sagte: „Ich will dir etwas zeigen", dann ging er und holte ein paar Dinge heraus, die ich mir erstaunt ansah. Ich konnte meinen Augen nicht trauen.
„Was siehst du hier?" fragte Alan. Ich sah, und plötzlich traf es mich wie ein Schlag: Ich sehe ein Gesicht in der Handfläche in einer der Illustrationen. „Was im Himmel soll das da?" fragte ich. „Was soll das da?" Dann zeigte er mir ein anderes Bild. „Sieh dir das an. Was meinst du, was das ist?" Ich schaute hin und sah, daß es ein Gesicht war, das scheinbar dem griechischen Gott Zeus gehörte. „Ja", sagte er, „das stimmt." „Wie viele davon gibt es?" fragte ich. „Nun, in den vergangenen 16 Jahren über einhundert", sagte er. Er erzählte mir von einem Mann namens Derek Barefoot, der das herausgefunden hatte, und daß er ein Buch darüber schrieb: „Jehovas Zeugen und die Stunde der Finsternis", das von seinen Funden okkulter unterschwelliger Bilder in den Publikationen der Zeugen Jehovas handelte, die dort im Laufe vieler Jahre eingefügt worden waren, von unbekannten Personen aus unbekannten Gründen. Das Thema wurde so bedeutend, daß die Weltzentrale in den USA zwei öffentliche Dementis in ihren Zeitschriften abdruckte, um Geschwätz und Gerüchte abzustellen. Es wurde also vollkommen von der Zeugenzentrale abgestritten, um das Gesicht zu wahren, da man behauptet, der reine Kanal Gottes zu sein, und da der Neudruck von Publikationen aus 16 Jahren Millionen kosten würde. Es war weit einfacher, es abzustreiten und jeden auszuschließen, der sagt, er sehe sie, als eine Rechnung von vielen Millionen für den Neudruck zu bezahlen, und immer noch als die eine reine Religion auf Erden zu erscheinen. Gäbe man zu, unter okkultem Einfluß zu stehen, könnte das großen Schaden verursachen und äußerst demütigend für die Zeugen sein.
Ich kaufte mir das Buch und las es gleich ganz durch und prüfte alle Quellenverweise, die Derek Barefoot aufzählt, nach. Nicht nur das, ich fand auch selbst andere, zu meinem Entsetzen fand ich inzwischen auch weitere Verweise auf okkulte bildliche Darstellungen in den Publikationen bis zu 19 Jahren zurück. Eine davon war in der Schul-Broschüre, die für Lehrer und Schulen geschrieben wurde, wie man Kinder von Zeugen Jehovas behandeln sollte. Die Neuauflage von 1995, die Schulbildungs-Broschüre, zeigt auf der Seite 21 ein Bild, wie Jesus im Tempel eine Münze hochhält, doch hinter einer Säule versteckt sich ein Mann, der anders als die anderen ist, da er nicht denselben Kopfschmuck wie die anderen Figuren auf dem Bild hat.
Ich schaute mir die Sache genauer an und konnte sehen, daß auf dem Kopfband Inschriften waren. Für diejenigen, die es nicht wissen: Bei unterschwelligen bildlichen Darstellungen findet man ein Bild in einem anderen oder eine Botschaft im Bild versteckt; das wird seit vielen Jahren in der Werbung so benutzt. Aber hier war die Sache schlimmer. Es handelte sich um Okkultes, und diese bildlichen Einschübe waren okkulten Ursprungs. Ich erkannte bald, daß die Buchstaben „JEST" (Scherz) recht eindeutig waren, und daß sich daneben ein weiteres Symbol befand. Es sah aus wie ein „S", aber mit dem Buchstaben „U" am Ende. Ich fand schnell heraus, daß dies ein gehörntes „S"-Symbol war, wie es im Okkulten verwendet wird. Die Hörner, die das Horn der Opferziege über dem Buchstaben „S" darstellten, standen für Satan.
Wenn jemand für sich selbst die Enthüllung unterschwelliger bildlicher Darstellungen in den Publikationen der Zeugen Jehovas sehen will, sollte er Derek Barefoots Buch lesen. Wahrscheinlich würde das die meisten Zeugen Jehovas entsetzen, aber die Beweise lassen sich nun einmal nicht abstreiten; nur ein Trottel würde sie unter den Teppich kehren und sagen, sie würden nicht existieren.
Als ich einen Punkt und eine Lehre nach der anderen untersuchte und dabei bis in die frühen 1870er Jahre zurückging, traf ich auf so viele Ungereimtheiten und zweierlei Maßstäbe, daß ich erkannte, daß ich vor einer Entscheidung stand: entweder in der Organisation der Zeugen Jehovas zu bleiben und Anerkennung zu erhalten, weil ich der Mutter Organisation gegenüber loyal geblieben war, oder den Weg zu gehen, das ganze Gebäude als eine Täuschung zu entlarven und als in die Irre führendes Gedankenkontrollsystem, das für zahllose Todesfälle verantwortlich ist und auch dafür, daß so viele Leben ruiniert wurden. Wäre das nur vom Hörensagen, wäre ich vielleicht im Zweifel geblieben, was ich tun sollte, aber ich hatte Erfahrungen aus erster Hand und war Opfer so vieler Beschimpfungen und von so vielem Unrecht seitens der Wachtturmorganisation, daß ich beschloß, mich zu widersetzen und es als das zu entlarven, was es wirklich ist. Versteht mich nicht falsch: Ich lehne nicht die Bibel ab - vor ihr habe ich Achtung -, ich lebe nach ihren Grundsätzen wie so viele andere. Aber ich kann einfach keine Heuchelei ertragen, und daß mir verweigert wird, für mich selbst zu denken und zu lesen, was ich will, wenn die Angehörigen der Weltzentrale lesen können, was sie wollen, und diskutieren können, wie es ihnen beliebt.
Ich schickte einen Brief an die Ortsversammlung der Zeugen Jehovas und stellte etwa 20 wichtige Punkte in Umrissen dar. Ich bat darum, daß den Mitgliedern der Slough Upton Lea- Versammlung hier in Berkshire öffentlich eine Bekanntmachung verlesen werde. Ich bat darum, daß folgendes vorgelesen werde, auch im Namen meiner Frau, die den Brief mit mir unterschrieb:
 
„Richard und Julie Phelan haben nach ihrem Gewissen beschlossen, als Mitglieder der Rechtskörperschaft Watchtower Bible and Tract Society zurückzutreten. Sie möchten keine Zeugen Jehovas mehr sein."

Man muß nicht extra sagen, daß das nicht vorgelesen wurde. Es wurde einfach gesagt, wir wollten keine Zeugen Jehovas mehr sein. Das wurde routinemäßig gesagt . . . um andere davon abzuhalten, Fragen zu stellen.
Ich schrieb auch einen ganzen Brief, der mit „Liebe . . ." begann
Ich setzte die Namen der Empfänger ein und erklärte, warum ich in den letzten zwei Jahren keine Zusammenkunft mehr besucht hatte, und informierte sie über das, was ich in dieser Zeit entdeckt hatte. Ich stellte fest, das, was jeder tue, unterliege ihm selbst und seinem Gewissen, Ich erwähnte, daß die Beweise da seien, wenn sie sich die Mühe machen wollten, sie nachzuprüfen. Ich ging dann hinaus und schlug sie im ganzen Gebiet der drei Versammlungen an und gab sie allen, die mich kannten. Am folgenden Tag schellten überall die Telefone, und hysterische Zeugen liefen von einem zum anderen.
Einige waren wütend, daß ich mich widersetzt und die Wachtturmgesellschaft entlarvt hatte, andere sahen verzweifelt die Belege und stellten Fragen. Eine sehr freundliche Zeugin Jehovas sagte meiner Frau und mir, daß sie es an eben dem Tag, „als unser Brief ankam, mit der Angst zu tun bekam." Dann sagt sie weiter: „Ich weiß, daß es viel Verkehrtes gibt, aber ich weiß einfach nicht, was ich tun soll." So viele Zeugen äußern sich in dieser Weise, aber die Angst, einen Gemeinschaftsentzug zu bekommen, hält sie davon ab, weiter zu gehen. Sie sagte, sie hätte die unterschwelligen Bilder nachgeprüft und konnte sie erkennen. „Ganz eindeutig", sagte sie..
Um zu zeigen, wie Angst diese Leute so sehr unter Kontrolle hält, sagte diese Frau: „Wenn ihr einen Gemeinschaftsentzug bekommt, kann ich die nächste Woche nicht mehr mit euch reden." Ich fragte: „Nun, was habe ich getan? Das einzige, was ich getan habe, war, in euren eigenen Büchern nachzusehen und eine Menge Ungereimtheiten zu finden." Sie sagte: „Ja, aber sie (das ist die Weltzentrale der Zeugen) sagten, wir dürften nicht mehr miteinander reden." Da ist also eine verantwortungsbewußte Frau in den Vierzigern, sehr intelligent, die die Entscheidung trifft, sie könne von diesem Tag ab nicht mehr mit uns reden, obwohl sie weiß, daß wie nichts Verkehrtes getan haben, außer in ihrer eigenen Literatur nachzusehen. Und doch ist sie bereit, mir und meiner Frau für immer aus dem Weg zu gehen, weil das die Politik der Zeugenführer so besagt - und weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben. Es ist aus Gründen wie diesem, daß die Zeugen Jehovas in dem schlechten Ruf stehen, Familien zu zerbrechen, und ehrlich gesagt, genau das tun sie auch. Jedes Familienmitglied, das mit dem nicht übereinstimmt, was sie glauben, oder es bezweifelt, wird gemieden und als Ausgestoßener behandelt, und das bringt viel Herzeleid und Kummer über die Betroffenen. Es tut mir aufrichtig leid, sagen zu müssen, daß auch ich mich einer solchen unausgeglichenen Ansicht schuldig gemacht habe, weil ich überzeugt war, damit das Richtige zu tun. Nach meinem Bruch habe ich mich gefühlt, als sei mir ein Mühlstein um den Hals genommen worden. Jetzt kann ich die Freiheit haben, zu lesen und nachzuprüfen, was immer ich will. Ich kann mit jedem diskutieren, mit dem ich mag, und das ganz offen. Ich kann jetzt Freunde gewinnen, die mich so, wie ich bin, akzeptieren, nicht für das Etikett, das uns eine Sekte oder Organisation aufklebt. Ich kann mit jedem reden, so wie ich es mag. Ich muß sie nicht wegen ihrer äußerlichen Erscheinung beurteilen. Ich kann aufrichtig sagen, daß ich mich zum erstenmal im Leben wie ein normaler Mensch fühle. Es stimmt wohl, keiner meiner ehemaligen Freunde, die mich kannten, will mit mir reden, weil er Angst hat, einen Gemeinschaftsentzug zu bekommen, aber waren das denn in aller Aufrichtigkeit überhaupt Freunde? Ich muß sagen, nein.
 
Hier ist mein Brief, den ich an alle schickte, die mich kannten, in dem ich sie bat, selbst nachzuforschen, weil die Beweise da sind, wenn sie sie sehen wollen. Anscheinend verursachte er einen Sturm!

Liebe . . .
Um Geschwätz zu vermeiden . . .. Ihr habt Julie, Jessica oder mich selbst schon eine Zeitlang nicht mehr gesehen. Nach vier Jahren des Nachforschens stehen wir an einem Wendepunkt in unserem Leben und müssen nach unserem Gewissen entscheiden, ob wir die „Rechtskörperschaft" der Watchtower Bible & Tract Society trotz der Tatsachen unterstützen, oder ob wir für die rechten Grundsätze und das, was Wahrheit ist, Partei ergreifen und weder Täuschung noch Lügen vertuschen.

Die folgenden Ausführungen werden alle aufrechten Menschen schockieren, und wir empfanden es als äußerst beunruhigend. Aber im Lichte dessen, was wir jetzt wissen und ausgegraben haben, erkennen wir nach unserem Gewissen wohl die Bibel ohne zu zweifeln an, doch wir erkennen aus folgenden Gründen nicht die RECHTSKÖRPERSCHAFT der Watchtower Bible and Tract Society (WBTS) als wahren Kanal Gottes an.

Die WBTS lügt und täuscht schon seit vielen Jahren in einigen sehr schwerwiegenden Fragen, und viele treue Mitglieder haben eine Menge Beweise ausgegraben - die auch ausgetreten sind und die Gesellschaft nicht mehr unterstützen werden, und die aus dem Bethel (der Weltzentrale) gegangen sind. Diese Männer haben durch ihre Gewissensentscheidung bewiesen, daß die Gesellschaft durch ihr Verhalten wie Jerusalem (wo die jüdischen Könige in biblischer Zeit auf Thronen saßen und Israel richteten) vielleicht Opfer des Gerichtes Gottes wird, was durch ihre Taten gerechtfertigt wird. Wir warnen Euch, daß einige dieser Dinge ganz schön schockierend sind. Tausende untersuchen dies und verlassen die Gesellschaft jede Woche. Die WBTS möchte diese Fundstellen verzweifelt verdecken und die Leute durch die Angst vor einem Gemeinschaftsentzug bedrücken und sich Schuldgefühle bei jedem zunutze machen, der etwas wissen will, und den Mitgliedern die Forderung der Loyalität gegenüber der Rechtskörperschaft der Gesellschaft auferlegen. Sie versuchen verzweifelt, diese zum Schweigen zu bringen, um ihr Gesicht zu wahren, aber es ist zu spät. Es ist schon vieles entlarvt worden, und viele haben es schon gesehen!

Die geänderten Fragen, der geänderte Wortlaut der Fragen für Taufkandidaten bedeuten, daß die Menschen jetzt in eine Rechtskörperschaft getauft werden! Aus dem, was wir wissen, würden wir den Mitgliedern das folgende empfehlen: Spendet der WBTS kein Geld mehr . . . FANGT AN, FRAGEN ZU STELLEN!
Haltet aus rechtlichen Gründen keine kleinen Gruppen in Euren Häusern ab, vielleicht ist Euer Besitz gefährdet. Es ist schon Besitz abgenommen worden! Okkultes, Schwarzmagie und Satansanbetung! Verwendet keine Publikationen ab 1980 einschließlich der neuen Literatur! Viele Mitglieder sind wegen der Funde entsetzt, und Ihr werdet es nicht wissen, wenn es Euch nicht gezeigt wird. Aber die Beweise werden Euch anwidern Beispiel: Okkulte, unterschwellige bildliche Darstellungen - Offenbarungs-Buch, Seite 159. Die Handfläche eines Engels zeigt den Kopf des Gottes „Pan" beim Daumen. Es gibt in den vergangenen 16 Jahren gut über hundert dieser okkulten Symbole. Das Ewiges-Leben-Buch zeigt auf der Seite 93 einen Wasserfall, der tatsächlich ein Schädel ist mit fehlendem Oberkiefer und zwei weiteren, im Wasser versteckten Gesichtern. Die Wachtturm-Ausgabe vom 15. Februar 1990, Seite 25, zeigt einen Mann, der aus einer Flasche trinkt, zur Seite gedreht, Ellbogen nach unten und Hand zur Rechten; er schaut auf etwas, das anscheinend ein zerknitterter Ärmel seines Gewandes ist. Man kann den Kopf eines Monsters mit riesigem Maul sehen, in dem die Buchstaben „Jah" stehen, ein lästerlicher Gebrauch des Namens Gottes, wie er zusammen mit Schädeln im Okkulten und in der Magie Verwendung findet. Es wurden so viele okkulten Symbole gefunden, daß es schwierig ist, sie alle aufzuzählen. Das Logo auf den Publikationen war jahrelang von den Templern oder den Freimaurern. Ein anderes war die geflügelte Sonnenscheibe des ägyptischen Gottes „Ra". Und das noch bis in die 1940er Jahre.

Die Gesellschaft hat Dutzende von Brüdern ausgeschlossen (exkommuniziert), die sagen, daß sie diese Bilder sehen . . . wo die WBTS sagt, es gebe keine! Sehr viele Mitglieder werden in eine Opferrolle gedrängt, weil sie aufrichtig sind und für die Wahrheit und das Gewissen Partei ergreifen C wir selbst eingeschlossen. Seid bitte dessen versichert, daß dies keine launenhafte oder übereilte Entscheidung ist. Ich, Richard, war seit 1956 mit den Zeugen Jehovas verbunden, aber nach vielem Nachforschen und Untersuchen bin ich gezwungen, aus Gewissensgründen die Stimme zu erheben.. Lügen, Schmähungen, Täuschung und das Vertuschen grober Sünden durch vom Bethel (Weltzentrale) ernannte Älteste brachten mich dazu, die Dinge genau zu untersuchen.

Die Beweise sind da, wenn Ihr das nachprüfen wollt, und Ihr habt ein Recht darauf, sie zu sehen. Wie jeder von Euch sich entscheidet, ist eine Sache zwischen ihm selbst, Gott und seinem Gewissen.. Ein zehnseitiger Brief, der viele Themen umreißt, liegt den Ältesten vor. Einige weigern sich aus purem Stolz, aus Ignoranz oder Arroganz, ihn auch nur zu betrachten oder zu lesen, da sie „die Wahrheit NICHT lieben", sondern wie die Pharisäer (religiöse Führer zur Zeit Christi) ihre Stellungen!

Händel mit den Regierungen? JA, ich bekam den gerichtlichen Beweis aus erster Hand! Wir sind keine Abtrünnigen (damit ist jeder gemeint, der sich gegen Gott kehrt), weil wir zweierlei Maßstäbe, grobe Ungereimtheiten oder Täuschung und Lügen in der Handlungsweise der WBTS offenlegen. Wir heißen jeden bei uns zu Hause herzlich willkommen und reden mit jedem, der uns Fragen stellen will, und zeigen Euch offen, was wir gefunden haben. Wir schämen uns dessen nicht, daß wir aufrichtig sind. Wir lieben unsere Freunde, aber wir wollen keinerlei Anteil daran haben, sie zu täuschen; wir werden die Täuschung der WBTS und ihre Praktiken offenlegen, die völlig unchristlich sind und keinerlei Grundlage in der Schrift finden, egal mit welcher Entschuldigung man versucht, sie zu rechtfertigen! Die Astrologie bestätigt das Jahr 1914? JA! ... es steht alles in den Wachtturm-Zeitschriften, wenn es auch jetzt versteckt wird!

Die Gesellschaft konsultiert spiritistische Einrichtung und bittet um Bücher, wie man die Geisterwelt befragt, die in die Bethel (Weltzentrale)-Bibliothek gestellt werden, damit die Schreibabteilung darin nachschlagen kann?..JA, die eigenen Briefe der Gesellschaft liefern dafür den Beweis! Unser Rat? Beginnt, eine MENGE Fragen zu stellen, geht ZURÜCK und prüft alles, JA, WIRKLICH ALLES! Wie wir sind viele von den Funden angewidert. Wir leben weiterhin nach der Bibel und sind einfach Christen wie die Gläubigen des 1. Jahrhunderts, ein Name, der, wie die Bibel sagt, durch „göttliche Vorsehung" gegeben wurde. Und wenn wir gerichtet werden sollten, dann dafür, daß wir für die Wahrheit Partei ergriffen haben, für Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit, dafür, daß wir nicht mit der Masse gehen, die die SÜNDE GUTHEISST, die in der WBTS geübt wird.

Unsere besten Wünsche und herzliche Grüße an alle, die uns kennen.
 
Richard und Julie Phelan
 


Nach der Reaktion zu urteilen, die ich hatte, und nach den Erwiderungen anderer Zeugen sind einige sicher ans Nachdenken gekommen. Nach 43 Jahren in der Zeugenorganisation widersetzte sich mein Vater, kündigte und ging aus der Organisation hinaus, und zwar in derselben Woche, in der auch mein Bruder Paul sagte, er habe genug. Das, was er an zweierlei Maßstäben und an Heuchelei viele Jahre lang sah, genügte, um mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben zu wollen. Die Frau meines Bruders machte ihm wirklich die Hölle heiß, und er verließ sie für zwei Wochen, um etwas Frieden zu haben, aber er ging um seiner Kinder im Teenageralter willen wieder zurück. Doch weil er seine Meinung gesagt hatte, bekam er haßerfüllte Post von anderen Zeugen. Er zog in der Wohnung darüber ein. Seit er dort eingezogen ist, ist seine Frau nach wie vor eine schrecklich harte Zeugin, und sie herrscht unter dem Dach und möchte nur ihre Freunde, die Zeugen sind, in seinem Haus haben. Was mich als seinem Bruder und die Familie und auch unseren Vater angeht, so dürfen wir ihn nicht besuchen, Wenn wir es doch tun, verursacht seine Frau großen Aufruhr, für den dann ich verantwortlich gemacht werde.
Die Frau meines Bruders ist wirklich eine fürchterlich harte Zeugin, eine völlig uneinsichtige, anmaßende Fanatikerin. Es war schon schwer, mit ihr zu leben, als sie noch nicht bei den Zeugen war, jetzt ist sie unmöglich, wenn mein Bruder sein eigenes Leben leben will. Es ist schwer zu verstehen, wie einige Frauen bei den Zeugen so fanatisch sein können und völlige Mißachtung zeigen und sich dabei auch noch im Recht fühlen. In Großbritannien ist es ein Gesetzesbruch, die Post anderer Leute zu öffnen, selbst wenn es Angehörige im selben Haus sind, wie Mann und Frau. Und doch hat meine Schwägerin das jahrelang getan, und mein Bruder hatte keinerlei Privatsphäre. Ich saß da und habe so manchen heißen Streit darüber in seinem Haus erlebt. Ich habe ihm sogar Briefe mit der Aufschrift „Persönlich" geschickt, aber seine Frau ignoriert die Aufschrift „Persönlich und vertraulich" und öffnet die Briefe. Und gleichzeitig geht sie hinaus und klopft an die Türen und erzählt allen Frauen, die sie antrifft: „Man ist nur dann eine Christin, wenn man den Ehemann respektiert."
Nachdem ich die Bücher Der Gewissenskonflikt und Auf der Suche nach christlicher Freiheit von Ray Franz gelesen hatte, einem ehemaligen, langjährigen Glied der leitenden Körperschaft der Zeugen, der die Organisation verließ, weil er ihre Politik nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, gab ich die Bücher zahlreichen anderen Personen. Ich fand in fast allen Fällen, daß die Leser die Zeugen-Jehovas-Organisation innerhalb von Wochen verließen. Aus dem Stand weiß ich von etwa zwanzig. Tatsächlich weiß ich von einem Mann, einem Friedensrichter und sehr ausgeglichen denkenden Mann, daß er, wie man mir erzählte, das Buch in einer Woche auslas und dann ging.
Nachdem ich klargestellt hatte, daß ich die Lehren und Richtlinien der Zeugen Jehovas nicht mehr teilen kann, und den Bruch vollzog, beschloß ich, an die Öffentlichkeit zu gehen und an Zeitungen zu schreiben. Ich tat dies, weil 99% aller Zeugen aus Angst vor einem Ausschluß nur die erste Zeile lesen würden, wenn man ihnen Informationen zusenden würde; sie würden das Papier zerreißen und in den Papierkorb werfen. ABER . . . sie lesen die Zeitung! Und wenn das so ist, so argumentierte ich, muß ich eben zu den Zeitungen gehen . . . was ich dann auch tat.


Kapitel 20
An die Öffentlichkeit, um die Bande der Sektenangst zu brechen

Es gibt nichts, das verborgen ist, das nicht aufgedeckt wird
Die Bibel
Nachdem ich den Brief von meiner Frau und mir abgegeben und darum gebeten hatte, daß in der Versammlung der Zeugen Jehovas, zu der wir gehörten, eine Bekanntmachung erfolgen möge, nahm ich mir Zeit und schrieb einen Brief an die örtlichen Zeitungen und an andere Zeitschriften; über meine Situation und darüber, wie man uns behandelt hatte und wie die Grundrechte beschimpft werden, indem man die Mitglieder kein Material lesen läßt, das nicht von Zeugen Jehovas geschrieben wurde. Es folgt das, was ich schrieb, damit in die örtlichen Zeitungen und Zeitschriften ein Artikel gesetzt würde.

Gemieden, weil er aufrichtig war
Ein Mann aus Slough, Richard Phelan und seine Familie, ehemalige Zeugen Jehovas, unternahm, nachdem er lange unter Beschimpfungen, Schmähungen, schlechter Behandlung, Unehrlichkeit zu leiden hatte, weil er seine Meinung über das zweierlei Maß und die Heuchelei der Kirchenführer gesagt hatte, eine vier Jahre dauernde Untersuchung der Geschichte der Zeugen Jehovas. Er fand, daß das, was gegenwärtig über ihre Geschichte gelehrt werde, nicht das ist, was in den eigenen Publikationen steht, und daß diese Geschichte umgeschrieben wurde, indem aus neuen Büchern das HERAUSGENOMMEN wurde, was für die Bewegung peinlich werden könnte. So werden zum Beispiel 30 fehlgeschlagene, vorhergesagte Jahreszahlen aus über 120 Jahren, die sich auf das Ende der Welt und Christi zweite Wiederkunft beziehen, stillschweigend unter den Tisch fallen gelassen; bei einigen wird ABGESTRITTEN, daß man sie je angegeben habe! Dann gibt es medizinische Aussagen, die nicht nur falsch, sondern auch lächerlich und absurd sind, z. B.: „Bazillen verursachen keine Krankheiten".
Er fand Beweise dafür, daß alle Zeugen Jehovas durch ihre Weltzentrale in den USA in bezug auf Geld, Spenden, Steuern und aufgedeckte juristisch dokumentierte Händel mit Regierungen getäuscht werden. Offengelegte täuschende Taufgelöbnisse gegenüber einer Rechtskörperschaft beinhalten die Gefahr, den Besitz, für den man bezahlt hat, zu verlieren; die Weltzentrale hat bereits Erfolge darin, Mitgliedern rechtmäßig ihren Besitz abzunehmen. Mißbrauch und Verdecken von Beweisen über Bluttransfusionen. Über 100 Beispiele für okkulte bildliche Darstellungen, die seit etwa 19 Jahren in den Publikationen erscheinen und immer noch eingefügt sind, durch Kunstexperten belegt. Auch CIA-Methoden — Telefonüberprüfungen, illegales Ausspionieren mit Video, Einbrüche, Diebstahl und Vernichten von Beweisen, die die Führer der Bewegung entlarven könnten.
1.000 Personen sterben pro Jahr wegen des „Verbotes von Bluttransfusionen". Ein großes Thema, vor dem Jehovas Zeugen heute stehen, ist ihre gegenwärtige Argumentation, daß einige Blutbestandteile während einer Schwangerschaft „NATÜRLICHERWEISE" zwischen Mutter und Kind fließen und dies die Annahme von Blutbestandteilen wie Faktor VIII rechtfertigt. Dann sehen sich Jehovas Zeugen allerdings dem schwerwiegenden Punkt gegenüber, daß auch rote und weiße Blutkörperchen, wie Beweise über allen Zweifel zeigen, während der Schwangerschaft hin und her fließen. Das bedeutet, Gott selbst macht sich wegen dieses natürlichen Prozesses einer Sünde schuldig — jedenfalls nach der heutigen Lehre der Zeugen! Das Schlimme ist, einige Beweise lassen sich bis 1969 rückverfolgen. Die Lehre zu ändern, könnte Schadensersatzprozesse gegen sie in Millionenhöhe bedeuten, und ihr Gesicht als Gottes wahre Vertreter auf Erden verlieren sie auch.

Den Feind anzulügen, ist kein eigentliches Lügen, sondern Kriegslist, heißt es in einem Zeugenbuch. Wer kein Recht hat, etwas zu wissen, dem kann man etwas anderes erzählen, Das trifft auf Bücher und Besitz zu; wenn man kein Recht darauf hat, können sie es einem abknöpfen! Gemäß den Zeugen ist das kein Diebstahl! Ein Ältester der Versammlung Manor Park der Zeugen Jehovas in Slough wurde von der Thames Valley Police aufgesucht, weil er in das Haus einer Frau (keiner Zeugin) ohne ihre Zustimmung eingedrungen war, als sie weg war, und Bücher mitnahm, die Herrn Phelan gehörten, da Verwandte sie nicht lesen wollten. Die Polizei hat den Ältesten sehr deutlich gewarnt, wenn so etwas wieder vorkomme, werde er wegen „Diebstahl und Einbruch" verhaftet. Er wurde auch gewarnt, wenn Herrn Phelans Bücher im Safe der Kirche sichergestellt würden, so daß Herr Phelan sich vor einem Rechtskomitee aus Ältesten verantworten müßte, um zu entscheiden, was er lesen darf, dann würde die Polizei eingreifen und alle darin verwickelten Ältesten wegen Diebstahls verhaften. Herr Phelan sagte, das ständige Eintrichtern, die Manipulation durch die Sekte durch das Spielen mit Schuldgefühlen spiele eine große Rolle im Leben eines Zeugen Jehovas. Fang an, Fragen zu stellen, und du wirst als abtrünnig und ketzerisch bezeichnet und exkommuniziert. Das bedeutet, daß du tot bist und nicht einmal existierst. Selbst wenn du Berge von Beweisen hast, kann es nicht stimmen; dies ist Gottes Organisation, argumentieren sie.

Wenn man die Zeugen Jehovas genauer untersucht, wird man feststellen, daß sie den höchsten Prozentsatz an seelischen oder Geisteskranken unter den Religionen haben. (Das wurde auf einem ihrer Kongresse im Jahre 1999 in aller Öffentlichkeit abgestritten — aber ich habe alle Beweise, also stimmt es.) Das ständige Spiel mit Schuldgefühlen und wiederholte Enttäuschungen über unrealisierte Hoffnungen tragen viel dazu bei, sagen die Untersuchungen.

Herr Phelan sagte: „Wenn jemand Korruption bei einer Regierung findet, macht ihn das noch lange nicht zu einem schlechten Bürger, oder wenn jemand Betrug in einer Firma entdeckt, rechtfertigt das noch keinen Hinauswurf", aber die Zeugen sagen: „Wir brauchen nur Gott Rechenschaft ablegen, ihr habt kein Recht, uns in Frage zu stellen, egal was man finden mag." Und wenn man es doch tut, eilt man Gott voraus und versucht, Gottes Hand zu drängen, die Dinge vor Seiner Zeit zu berichtigen. Dann wird man als böse etikettiert und hinausgeworfen, und sie kommen ungestraft mit Mord davon, wie jemand, den man nicht antasten darf. Sie haben das Leben vieler Menschen ruiniert!
Eine Zeugin Jehovas, Kundin von Avon Cosmetics, annullierte ihre Bestellung bei Herrn Phelans Frau; Zeugenkinder weigerten sich, mit seiner Tochter zu spielen; Älteste machen sich vor Angst vor den Wahrheiten, die Herr Phelan ausgegraben hat, aus dem Staub — und er hat eine Menge ausgegraben. Mitglieder nehmen ihn auf der Straße nicht zur Kenntnis. Um die Mitglieder davon abzuhalten, die Dinge zu sehen, meiden sie Herrn Phelan als jemand Bösem und unter Satans Einfluß stehend, so daß niemand mit ihm reden will. Herr Phelan sagte: „Ich bin ein sehr aufrichtiger, vernünftiger Mensch, mir tun diese Leute leid. Ich untersuche alles in Einzelheiten, und sie wissen es und sind entsetzt vor dem, was ich ihnen aus ihren EIGENEN BÜCHERN zeigen kann. Aber es gibt die Beweise, und ich habe juristische Dokumente, es zu belegen."
Als Gewissensentscheidung ist Herr Phelans Familie bei den Zeugen Jehovas ausgetreten; sie sind einfach Christen. Er sagte: „Wir unterstützen keine Organisation, die heimtückisch ist, lügt und in vielen Dingen unehrlich ist, während sie behauptet, sie sei der reine Kanal Gottes. Jeder, der ein Zeuge Jehovas werden möchte, sollte zweimal bedenken, wem er sich hingibt; es ist eine rechtliche Verpflichtung, erreicht durch Täuschung als Sektentaktik. Spenden? . . . Vergiß es, trenne dich nicht von deinem Geld, überdenke zum mindesten die Beweise, bevor du Entscheidungen triffst, es ist recht schockierend. Das Leben der meisten ehrlichen Zeugen Jehovas wäre erschüttert, wenn sie sie kennen würden. Wir verteidigen Aufrichtigkeit und Recht; wir können das, was sie tun, einfach nicht mehr unter den Teppich kehren, wir wollten hinaus . . .aber der Preis für aufrechten Gang . . . jeder, der uns kannte, geht uns aus dem Weg, sogar Verwandte und ehemalige Freunde!"
Wer sich Herrn Phelans Beweise ansehen möchte, kann an diese Zeitung schreiben; die Post wird an Herrn Phelan weitergeleitet.

Ich schickte diesen Brief an eine Reihe von Zeitungen und Zeitschriften und warte bis heute, daß sie das Material veröffentlichen. Ich schrieb auch vier Artikel, in denen die Unehrlichkeit der Zeugenweltzentrale aufgedeckt wird. Das Problem ist, daß so viele an die Zeitungen und verschiedene Zeitschriften geschrieben haben und eine Reihe von Artikeln auch veröffentlicht wurden. So wird es gegenwärtig aufbewahrt, damit es zur rechten Zeit veröffentlicht werden kann.
Neben meinem Gang an die Öffentlichkeit, um die Menge an Ungereimtheiten und Täuschungen seitens der Wachtturmgesellschaft zu entlarven, führe ich ein Leben, das frei von Streß und Bedrückung ist. Dann beschloß ich, daß die andere Alternative die ist, das Internet zu verwenden und diese Website in der Hoffnung zusammenzustellen, daß viele meine Geschichte lesen und sich selbst daranmachen, die Dinge zu untersuchen. Wiederum sprechen vielleicht einige nicht mit mir, sondern schauen insgeheim ins Internet. Es ist mir egal, wie sie an die Informationen gelangen, so lange sie darauf aufmerksam werden und sie lesen und vielleicht etwas unternehmen, wie es viele von uns getan haben, und für gerechte Grundsätze eintreten.


Kapitel 21
Sich in einem Alptraum an der Hoffnung festklammern


Es gibt keine hoffnungslosen Situationen, nur Menschen, die die Hoffnung verloren haben.
Autor unbekannt
Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß es besser ist, durchs Leben zu gehen und etwas zu wollen, das man nicht hat, als etwas zu haben, das man nicht will, denn wenn man es nicht hat, besteht immer noch Hoffnung. Und ich habe auch erkannt, daß man nie auf morgen verschieben soll, was man heute erledigen kann, denn wenn man es heute tut und gern tut, kann man es morgen wieder tun. Der Punkt ist: Das Leben ist zu kurz, und je älter wir werden, um so schneller vergeht die Zeit und wir blicken bald mit Bedauern zurück und wünschen uns, wir hätten dies oder jenes getan. Doch nun ist die Zeit vorbei, und manchmal ist es zu spät, die Grundlage zu ändern, die wir für uns geschaffen haben, die sich sehr auf unsere Zukunft auswirkt. Andererseits ist es nie zu spät dafür, mit etwas Neuem zu beginnen, eine neue Aussicht im Leben zu haben. Vielleicht können wir keine Berufskarriere mehr einschlagen, wenn das Alter gegen uns steht, aber wir können unsere Lebensqualität verbessern, wenn wir mit dem, was wir jetzt tun, zufrieden sind.
Ich habe, wie aus diesen Ausführungen hervorgeht, viele Jahre verloren, in denen ich bedrückt und getäuscht worden bin, aber ich bin erst Mitte vierzig und habe noch einen Teil des Lebens vor mir, um mich selbständig zu machen und Freunde zu gewinnen, meine Töchter aufwachsen und heiraten zu sehen usw., und auch Enkel zu bekommen. Das ist es, was zählt. Mit alledem, was ich mit den Jahren in der Wachtturmorganisation gesehen und wie ich andere beobachtet habe, habe ich genug Erfahrungen gesammelt. Ich kann jetzt sehr genau Einzelpersonen und auch Organisationen und sogar Gewerbe ausmachen, die diese Gedankenkontrolltaktiken benutzen, um Anhänger zu werben und Leute zu manipulieren. Ich habe die Fähigkeit entwickelt, sehr wachsam zu sein und mit Tausenden von Menschen zu reden; ich bin jahrelang von Haus zu Haus gegangen und habe ein Jahr lang eine Schulung als Detektiv gehabt und so viele Jahre Gelegenheit gehabt, die Körpersprache zu studieren. So kann ich jetzt in kürzester Zeit Leute einschätzen. Das, so glaube ich, ist eine gute Gabe.
Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß wir heute zwischen zwei Lebensauffassungen wählen können, und das sind 1.) Evolution und 2.) Gott. Warum sage ich dies? Nun, wenn wir an die Evolution glauben, dann wird sich das Leben selbst formen und die Dinge werden so sein, wie sie eben sein werden, und wir sind niemandem gegenüber verantwortlich. Andererseits: Wenn wir an eine höhere Macht wie Gott glauben, dann sind wir verpflichtet, nach bestimmten Grundsätzen zu leben. Ich persönlich ziehe es vor, daran zu glauben, daß es einen Gott gibt und daß die Bibel zum Guten des Menschen geschrieben wurde, damit er danach lebt. Den Grundsatz der Goldenen Regel anzuwenden — „Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu" — ist ein positiver Schritt im Leben, und wenn jeder dies täte, sähen das Leben und die Welt besser aus.
Wir alle haben ein Gewissen, doch nur wenige wollen danach leben. Viele entscheiden sich für die Evolution; nicht daß sie wirklich daran glauben, aber es ist akzeptabler, zu sagen, man glaube daran, wenn man sich selbst und vielleicht den eigenen Lebensstil entschuldigen und nicht gegenüber einer höheren Macht verantwortlich sein will. Wenn jemand sagt, er glaube nicht an Gott, muß er nicht nach Grundsätzen leben, von denen es heißt, Gott habe sie gegeben, entweder in schriftlicher Form, d.h. durch die Bibel, oder durch das Gewissen. Wenn Leute sagen, sie stammten von den Tieren ab, ist es keine Überraschung zu sehen, daß sie auch wie Tiere leben.
Ich bin nicht ein wirklich religiöser Mensch, aber ich versuche, ein beispielhaftes Leben zu führen, und jetzt mit guten Grundsätzen als ehrlicher Mensch. Ich bin glücklich zu sagen, daß mein Vater nun im Ruhestand lebt, daß es ihm gutgeht und daß er zusammen mit meinem Bruder Paul, der auch aus der Wachtturmsekte herausgegangen ist, ebenso den Weg in die Freiheit gegangen ist. Der Geburtsname meiner Mutter war „Bustin", aber das änderte sich in „Phelan", als sie meinen Vater heiratete. Aber als sie von einem Ort zum anderen umzog, änderte sie ihren Namen wieder, damit man sie nicht aufspüren könne, und sie nannte sich Kathy oder Cathy, Catherine O'Sullivan. Ich habe keine Vorstellung, wo sie augenblicklich lebt. Ich habe gehört, sie wohnt im Gebiet von London, aber das hat sich bis jetzt noch nicht bestätigt. Mein Bruder Paul lebt auch in London, und ihm geht es gut, obwohl seine Frau immer noch eine Zeugin Jehovas ist. Seine älteren Kinder haben die Zeugen ebenfalls verlassen, außer dem Erstgeborenen, der in der Wachtturmorganisation bleibt und der meinem Bruder verboten hat, seine Enkel zu sehen.
Meine beiden älteren Söhne Jude und Philip, die inzwischen verheiratet sind, weigern sich, mit mir zu reden. Philip hat, wie man mir sagte, keine Kinder, Jude hat zwei, aber man verweigert mir jeden Zugang zu meinen Enkeln, und das schon seit Jahren. Meine Stieftochter Claire hat ein Kind und erwartet Zwillinge und ist glücklich, seit sie die Zeugen verlassen hat, und mein Stiefsohn Karl arbeitet jetzt bei einer großen Computerfirma in London, er ist immer noch nicht verheiratet. Meine Tochter Helen, 21 Jahre alt, arbeitet für die Rundfunkgesellschaft am Ort; sie ist für den Verkauf und die Werbung tätig und macht sich gut und will nie mehr zu den Zeugen zurück, wie ich glücklicherwiese sagen kann. Jessica, meine jüngste Tochter, wächst heran und ist sehr talentiert, und ich hoffe, ich kann sie unterstützen, welchen Weg auch immer sie einschlägt. Meine Frau und ich hatten viele häusliche Hindernisse zu überwinden, und die Zeit wird erweisen, welchen Weg wir beschreiten.
Meine Freunde? Nun, das waren überhaupt keine Freunde; die meisten haben mich verlassen und konnten der Wahrheit und harten Tatsachen nicht ins Auge sehen. Ich habe eine kleine Handvoll von Freunden, und es erstaunt mich nach 30 Jahren noch, daß ich meine Freunde an einer Hand abzählen könnte, selbst wenn zwei Finger fehlten. Ich schließe nun neue Freundschaften, mit Leuten, die keine Angst davor haben, für Grundsätze einzutreten. Wie traurig ist es doch, wenn Leute, von denen man dachte, sie seien deine Freunde, dich beiseite werfen, weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen einer anmaßenden Autorität haben, die behauptet, sie sei Gottes Hand. Ich grüße jeden, rede mit jedem, heiße jeden willkommen, der wissen möchte, warum ich mich Jehovas Zeugen und ihrer Organisation widersetzt habe. Ich bin zu allen freundlich, achte alle und habe eine neue Lebenssicht. Ich wünschte mir nur, ich hätte das alles schon vor vielen Jahren getan.
Ich arbeite jetzt daran, ein kleines Geschäft aufzumachen, aber ich finde es finanziell extrem schwierig. Doch langsam überwinde ich ein Hindernis nach dem anderen. Ich versuche, mir ein Geschäft und das Leben aufzubauen, um das wettzumachen, was ich bis heute verloren habe. Ich habe die Bücher von Ray Franz mehr als einmal gelesen, ich habe alles geprüft, und ich würde jedem raten, dasselbe zu tun, ohne Schuldgefühle die Heuchelei der Wachtturmorganisation zu sehen. Die Bibel berichtet von einem Mann namens Hiob, und wie er geprüft wurde und seine Loyalität gegenüber Gott bewies. Er lebte als aufrichtiger Mensch, hieß alle willkommen, die zu ihm kamen, war gegenüber allen großzügig und trieb mit allen Geschäfte, die um ihn herum lebten. Jeder kannte seinen Ruf als aufrechten Menschen, und doch führte er — man kann sagen — ein einfaches Leben. Wenn das also so ist und er Gott annehmbar war, können wir dann nicht auch so ein Leben führen? Selbst Christus führte ein einfaches Leben, was sollen dann all diese Schuldgefühle, wenn wir nicht einer mächtigen Religionsorganisation angehören? Ich achte andere Ansichten, und jeder hat das Recht, sein eigenes Leben zu führen. Jetzt kontrolliere ich mein Leben, nicht die Wachtturmorganisation.
Ich hoffe, diese Ausführungen werden all denen weiterhelfen, die der Wachtturmorganisation vielleicht viele Jahre gegeben haben und die jetzt versuchen, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Sie wissen, daß sie nicht alleine sind. Ja, viele Tausende tun genau dasselbe. Die Bibel lehrt, daß das Gute zu seiner Zeit über das Böse siegen wird, daß ein Gerechter zu seiner Zeit ernten wird. Selbst wenn das schwer zu ertragen ist und zu Dingen seine Meinung zu sagen, wo es die meisten anderen nicht tun, weil man sie bedrängt, wenn sie für Grundsätze eintreten, selbst wenn die eigene Familie uns verachtet, können wir doch zumindest sagen . . . wir wissen . . . was wir wissen . . . . wir sind für etwas eingetreten, und wenn jemand mich fragen sollte, warum ich mit allem, was ich weiß, so unverblümt war, ist die Antwort einfach . . . wie sonst sollen andere es hören . . . die Toten haben keine Stimme!
Jetzt bin ich selbst für mein Leben verantwortlich und habe nun schließlich Freiheit

ENDE

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