Das vollendete Geheimnis
Während das reuige Beichtkind seine Vergehungen mit der ganzen Narrheit eines
Einfaltspinsels aufzählt, was tut der Beichtvater dabei? Im stillen lacht er über die
Einfalt des Beichtkindes, und hinterher bei den priesterlichen Zusammenkünften, die auf
den Morgen großer Beichten folgen, bei der durch reichlichen Weingenuß erzeugten
Heiterkeit, gebenl die Priester unter rohem Gelachter und Gewieher die törichte Einfalt
ihrer Beichtkinder zum Besten, und dabei wetteifert jeder Priester mit seinen
Amtsbrüdern, seine eigenen Beichtkinder noch lächerlicher hinzustellen als die übrigen.
Dieser Vertrauensbruch erstreckt sich bis in die höchsten Kreise dieses entarteten
Kirchentums," Die Geschichte berichtet, daß der heilige" Papst
Pius V. (15041572) sich den Beichtstuhl zur Bestrafung gewisser Ärgernisse
zunutze machte, während die Beichte doch ein unverletzliches Heiligtum sein sollte."
Papst Sixtus V. (15211590) ließ der niederen Geistlichkeit sagen, daß sie
über die ihnen anvertrauten Beichten Bericht an den Pontifex (den Papst) erstatten
könnten, ohne wegen der Preisgabe des Beichtgeheimnisses Gefahr zu laufen, da er ihnen
allgemeine Absolution erteile." Elliott, ein früherer Priester, sagt in
seinem Werk Skizzen aus dem, römischen Katholizismus": Unsere ganze
Unterhaltung drehte sich um die Bekenntnisse, die er (ein anderer Priester) im Beichtstuhl
gehört hatte. Es ist das alltägliche Gesprächsthema bei ihren Zusammenkünften, sich
gegenseitig das mitzuteilen, was sie im Beichtstuhl gehört haben. Ich war oft bei solchen
Zusammenkünften zugegen, bei denen die Unterhaltung so unanständig war, daß selbst
einem ehrbaren Heiden die Schamröte ins Gesicht gestiegen wäre." - Sciptone Ricca,
Bischof von Pisioria und italienischer Reformator, 17411810, schreibt: Tag
für Tag kamen sie (die Dominikanermönche) zusammen und erzählten sich in der
schamlosesten Weise Dinge, die sich in dem heiligen Amtssitz zu Perugia zutruge, über
Beichten, die sie gehört hatten usw."
Bischof Hugh Latimer von England (14851555), den das Papsttum aus dem Scheiterhaufen
verbrennen lieh, sagte: Und so kamen die Priester dazu, alle Geheimnisse zu
erfahren, die in den Menschenherzen verborgen waren, sodaß, was Kaiser oder König sagen
oder tun oder im Herzen denken konnte, alles gleich die Priester wußten, und so nutzte
die Geistlichkeit alle Pläne und Absichten von Fürsten und Machthabern für ihre eigenen
Zwecke aus. Und dies war die Frucht ihrer Ohrenbeichte." Weiler heißt es m
dem (zuvor angeführten) Werke De Sanctis, Seite 133 usw.: Die Beichte in ihrer
Beziehung zur menschlichen Gesellschaft kann als ein allumfassendes organisiertes und
vollendetes Spionagesystem