Der vorrangegangene Jahrgung 1962

Vor (mehr) als 50 Jahren 
Was 1963 Wahrheit war

Obrigkeit

Wie man es den mit dem Verhältnis zur weltlichen Obrigkeit halten solle, dieser Frage geht die deutsche „Wachtturm"-Ausgabe in zwei Ausgaben 1 und 15. Januar 1963 nach (im Englischsprachigen Watchtower zeitlich schon etwas früher abgedruckt). Äußerer Anlass auch für die WTG war die von dem evangelischen Bischof Otto Dibelius heraufbeschworene Kontroverse, welcher letzterer mit dem sinnigen Vergleich schmückte.

In westlichen Staaten müsse er wohl oder übel die Verkehrsvorschriften - etwa die zulässige Höchstgeschwindigkeit betreffend beachten. In den östlichen Staaten hingegen, fühle er sich moralisch dazu nicht zwingend genötigt, da letztere keine Obrigkeiten gemäß Römer Kapitel 13 seien.

Als in Folge des östlichen Mauerbaus in Deutschland, dann gar ein anderer evangelischer Bischof (Lillje) in einem Fernseh-Interview mit zu Protokoll gab, auf die Frage, was denn seine Meinung dazu sei. Und er dann sinngemäß dozierte, er wolle zwar nicht dazu aufrufen, die Flinten zu ergreifen, denken tue er aber schon, dies wäre angemessen.

Da wurde selbst die WTG aus ihrer Lethargie hochgeschreckt.

Noch im Jahre 1952 hatte der „Wachtturm" in Kontinuität zu Rutherford seit 1929, die Obrigkeits-Aussagen aus Römer 13 auf "höhere Obrigkeiten" umgedeutet  die in der WTG-Lesart nur die eigene Funktionärsschicht in erster Linie repräsentieren würde.

Aufgeschreckt durch vorgenannte kirchliche Voten, deuchte dann der WTG, so krass wie es ein Dibelius formulierte, könne man es wohl nicht stehen lassen. Ergo wurde nunmehr der Rutherford'schen Obrigkeitslehre von 1929 der Laufpass gegeben, ohne indes einen thematischen Bezug zu jenem Rutherford'schen Erguss herbeizuführen. Der blieb in den 1963er Ausführungen völlig unerwähnt. Statt dessen berief man sich wieder auf das Obrigkeitsverständnis, welches Russell einst gelehrt hatte. Russell hatte auf der Basis jenes Obrigkeitsverständnis, auch keine ernsthaften „Bauchschmerzen", etwa staatliche Forderungen nach Absolvierung des Wehrdienstes, wenn sie gar zu drängend wurden, als zulässig einzustufen. Das wiederum lassen auch die 1963er Artikel unerwähnt.

Die tatsächliche aktive Wehrdienstverweigerung von Teilen der Zeugen Jehovas (die Schweiz vielleicht ausgenommen) zu Zeiten des zweiten Weltkrieges, basierte dann hochgradig auf dem Rutherford'schen Obrigkeitsverständnis von 1929.

Noch etwas fällt bei den 1963er WT-Ausführungen auf. Der hochgradige Konservatismus, der mit ihm gekoppelt ist. Das zeigt sich dann auch besonders daran, dass die WTG in ihrer Argumentation ausdrücklich auch die Sklavenfrage innerhalb der Christentumsgeschichte, mit einbezieht.

So belehrt der WT etwa:

„Anstatt vor dem Herrn wegzulaufen, wie Elisa in dem Buch 'Onkel Toms Hütte' (1851-1852), sollte er jetzt, da er ein Christ war, ein besserer Sklave werden."

Ein solche Aussage lässt sich dann wohl schwerlich etwa mit dem Flinten-Interview des Herrn Lillje in Einklang bringen.

Weiter die Belehrung des WT:

„In der damaligen Christenversammlung gab es sogar Sklavenbesitzer. Paulus war kein Vorbild für den russischen Zar Alexander II., der im Jahre 1861 rund 23.000.000 Leibeigene freiließ; noch für den amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln, der im Jahre 1863 eine Erklärung herausgab, die allen Sklaven in den Gebieten der Südstaaten, die nicht von den Unionsheeren besetzt waren, die Freiheit verlieh. Nein, Paulus erklärte nicht alle christlichen Sklavenbesitzer ihrer Sklaven verlustig, ihrer Sklaven beraubt ... Nein, sondern Paulus schrieb sogar an einen christlichen Sklavenhalter namens Philemon einen Brief, der in der Bibel aufbewahrt ist."

Der Gesellschaftspolitische Konservatismus, als Wesensgehalt jener WTG-Auslegungen setzt sich auch in der „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 2. 1963 fort. Dort meint der WT als weitere Beispiele tönen zu sollen:

„Mit den Worten des Apostels Paulus verglichen, war die Amerikanische Revolution (von 1775 - 1783) keine christliche Handlung ... Wenn die dreizehn amerikanischen Kolonien (von Großbritannien) christlich gehandelt und sich an Römer 13, gehalten hätten ... Hätte es keine amerikanische Revolution gegeben.

Natürlich gäbe es dann heute auch keine Vereinigten Staaten von Amerika."

Als weiteres Beispiel dieser Argumentationslinie bemüht der WT dann noch:

„Hätte das russische Volk, das den Zaren Nikolaus II. Als Schutzherrn der russisch-orthodoxen Kirche betrachtete, christlich gehandelt und den apostolischen Anweisungen in Römer Kapitel 13 gehorcht, so hätte es im Jahre 1917 keine russische Revolution gegeben ..."

Und nachdem die WTG auch mit diesen Beispielen ihren Konservatismus zu Protokoll gegeben hat, meint man abschließend - unter indirekter Bezugnahme auf die kirchlichen Voten, angesichts des östlichen Mauerbaus im Jahre 1961, sich selbst mit den Sätzen auf „die Schulter klopfen zu können:

„Wir befinden uns daher nicht in einer Zwickmühle wie die Protestanten im kommunistischen Ostdeutschland."

Dieser prinzipielle Konservatismus der Religion, besonders stark ausgeprägt, in der von der WTG kreierten Form, ist dann schon so manchem politischen Machthaber einem Korrumpierungspreis wert gewesen. Namentlich etwa in Steuervorteilen für die Religionsindustrie und ähnlichem mehr. Wenn es um das kassieren solcher ausgelobten Korrumpierungspreise geht, dann versäumt auch die WTG nicht, bei dargebotenen „kleinen Fingern, möglichst gleich dem ganzen Arm zu ergreifen."

Einerseits muss die WTG einräumen, das Steuerzahlen (egal wie deren jeweilige Höhe individuell bewertet werden mag) stehe in keiner Weise zur Disposition. Andererseits möchte man Vergünstigungen für die Religionsindustrie sehr wohl auch für sich einkrallen.

Dafür steht dann auch der WT-Satz:

„Natürlich gibt es weltliche Gruppen, die die Steuerfreiheit, die die Kirchen genießen, als eine Verbindung von Kirche und Staat betrachten." Das indes stört den WT nicht im geringsten. Auch seine Doktrin dabei lautet, „vom Stamme Nimm zu sein."

China und Estland

Zwei geographisch verschiedene Länder, auch zudem von unterschiedlicher Größenordnung. Was sie beide jedoch eint, wenn auch in unterschiedlicher Länge, mal mit einer kommunistischen Herrschaftsform Bekanntschaft gemacht zu haben.

Herr Wallace Baxter stellt sich in einem „Wachtturm"-Artikel vom 15. 8. 1963 als derjenige vor, welcher im WTG-Auftrag deren Tätigkeit in dem baltischen Lande Estland ankurbeln sollte. Es gelang - zeitweilig - dort sogar Radiosendungen zu organisieren, welche bis in die Sowjetunion hinein ausstrahlten.

Laut dem Jahrbuch 1933 (S. 106) ist in jenem Jahre insgesamt 178 von Estland aus gesendeten Radiosendungen die Rede. Als übermäßig erfolgreich indes, darf man diese damaligen WTG-Aktivitäten wohl nicht einstufen.

„In diesem Jahre sind 178 Rundfunkansprachen gehalten worden. Es sind Anzeichen dafür vorhanden, daß die Rundfunkvorträge auch in Rußland zu hören sind; denn ein Bruder aus Lettland berichtete, daß kürzlich von dem starken Stalinsender aus vor gewissen Leuten gewarnt worden ist, die über Finanzleute Politiker und Geistliche sprächen, aber Gegenrevolutionäre seien. Diese Erklärung bezog sich zweifellos auf Jehovas Zeugen."

Als nach dem Zerfall der Sowjetunion, erstmals auch Detailzahlen für Estland genannt wurden, wurde die Verkündigerzahl in Estland des Jahres 1993 auf 1418 beziffert. Bis zum Jahre 2011 dann auf rund 4300 angestiegen.

Einerseits hatte die WTG damit einen Einstand auch in Estland gefunden. Indes der Ertrag ihrer Radiopropaganda war zu damaliger Zeit eher bescheiden.

Eine Ursache jenes eher mäßigen Erfolges begegnet man im 33er Jahrbuch (S. 107) auch in einer eher beiläufigen Bemerkung, Litauen betreffend. (Estland, Lettland, Litauen als sogenannt baltische Länder weisen etliche geschichtliche Gemeinsamkeiten auf).

Jene Notiz vermeldet:

„Wilde Spekulationen hinsichtlich bestimmter Zeitpunkte, die von denen angestellt worden sind, die nicht mehr mit uns gehen, haben im Memelgebiet viel Vorurteil verursacht".

Und unter diesem Vorurteil hatte auch die WTG zu leiden.

In der Substanz reduziert sich das auf den Streit 586 v. u. Z. oder 607 v. u. Z. als einem für die WTG relevanten Ausgangsdatum.

Nach dem die eigentlichen WTG-Erwartungen - „vor Tisch" - für 1914 in die Binsen gegangen waren, war dieses Narrenthema ja noch nicht beendet. Auch die dann von der WTG abgesplitterten, hatten in gleicher Narrenweise dem Jahre 1914 zugefiebert. Ihre grundsätzliche Narreneigenschaft indes, haben sie durch die Nichterfüllung ihrer Erwartungen, keinesfalls verloren. Einige aus diesem Milieu befanden daher, man tausche 607 v. u. Z. in 586 v. u. Z. um, und behalte die sonstigen Erwartungsthesen weitgehend unversehrt bei. Die das dann so taten hatten dann alsbald eine neue Fieber-Fata Morgana vor Augen namens „1933".

Nun erwies sich jenes Jahr 1933, als es dann tatsächlich da war, als ein Jahr welches sicherlich auch Geschichtsmerkmale aufwies, die noch heute - namentlich die Historiker - beschäftigen. Nur eben ein Merkmal zeitigte jenes Jahr erneut nicht. Die „Narrenerfüllung", wie man sie sich in den WTG-Splitter-Narrenvereinen besonders vorgestellt hatte.

Es ist richtig, die WTG ihrerseits hatte jenes Datum 1933 nicht so verkündet. Aber auch für die WTG rächte sich, dass sie und ihre Splittergruppen, vielfach „in einen Topf geworfen" wurden, ohne Detaildifferenzierungen.

Auch das 1935er Jahrbuch (S. 121) beklagt:

„Außer den Geschwistern im Memelgebiet scheinen nur sehr wenige von denen, die in Litauen zur Erkenntnis der Wahrheit gekommen sind, den Zweck der Wahrheit zu erkennen. Einige unter diesen sind nach Amerika zurückgekehrt und wenn man mit ihnen spricht, findet man bald, daß sie von 'Wahlältesten' 'ernährt' wurden und die Tatsachen verkennen, daß Jehovas Zeugen 'ein Volk für einen Zweck' sind."

Das 1936er Jahrbuch berichtet über die Beschlagnahme von WTG-Schriften in Estland. Danach geht es weiter mit der Angabe (S. 105):

„Einige Tage nach diesen Ereignissen wurde die Gesellschaft, die vor ungefähr zwei Jahren eingetragen worden war, durch Verfügung des Innennministers aufgelöst. Die Anklage enthält unter anderem, daß die genannte Gesellschaft 'politische Propaganda betrieben habe, die im Gegensatz zu den Bestrebungen der Republik Estland stehe ..."

Irgendwie aber gelang es den WTG-Hörigen aber, sich einstweilen weiter durchzumogeln. Besonders Rabiat wurde jenes estnische Verbot sicherlich nicht durchgesetzt. Dafür steht auch der Umstand, dass im 1938er Jahrbuch berichtet wird, von einem Depot in Estland werde zunehmend an Zahl, weiter WTG-Literatur verbreitet.

Allerdings klagt ein Jahr zuvor das 1937er Jahrbuch (S. 151):

„Es ist jetzt in Estland fast ebenso schlimm wie in Deutschland."

Bis zum zweiten Weltkrieg war ja Estland autonom. Als es dann von der Sowjetunion „kassiert" wurde, herrschte auch dort ein „anderer Wind".

Nach der sowjetischen Besetzung wurde vom britischen Konsul geraten, alle die im Besitz englischer Passdokumente seien, sollen nunmehr umgehend die baltischen Länder verlassen. Herr Baxter, der auch diese Empfehlung bekam, meint hingegen trotzig, er bleibe auf seinem Platz. Zehn Tage vor Beginn der organisierten Ausreise des genannten Personenkreises erhielt Herr Baxter, ein Schreiben seines Häuptlings Rutherford, dass es nunmehr wohl angesagt sei, jenes Land zu verlassen, aufgrund der eingetretenen politischen Veränderungen. Und siehe da, erst jenes Schreiben bewirkte eine Sinnesänderung, und Herr Baxter teilte dem britischen Konsul nunmehr mit, er wiederrufe seine vordem erfolgte Ablehnung des Ausreiseangebotes.

Und nun China

Das kommunistisch beherrschte, volkreiche China, ist noch heute, nebst islamisch beherrschten Staaten, das relevante Land (von seiner Größe her), wo die WTG trotz all ihrer Versuche, eben bis heute nicht zum Zuge gekommen ist (den Sonderstatus von Hongkong außer Betracht lassend).

Schon Herr Russell beliebte im Jahre 1912, auch eine Stippvisite in Schanghai vorzunehmen. Damals aber ohne sonderlichen Erfolg. In den Jahren 1938 bis 1941, war Schanghai dann weiter einer der sehr raren Zufluchtsorte, als Folgewirkung des faschistischen Holocaust.

"Trost" vom 1. 9. 1940 vermeldet, etwa ein Jahr lang seien nun in Schanghai schon WTG-Missionare tätig. Es soll sogar - zumindest zeitweilig - gar mal eine Chinesischsprachige Ausgabe der WTG-Zeitschrift "Consolation" gegeben haben. Nähere Details wie lange dann, sind allerdings nicht bekannt.

Nun mag man werten, sowohl islamische Diktaturen als auch kommunistische Diktaturen, lieben halt keine Konkurrenz-Diktaturen. Sie wollen das Diktatur-Geschäft in ihrem Bereich, alleine beherrschen. Daher müsse Konkurrenz-Dikaturen, die da unter dem Firmenschild „Religion" versuchen, auch einen Fuß in die Türe zu bekommen, das leben so schwer wie möglich gemacht werden. Sicherlich trifft solche Einschätzung dann auch für das kommunistische China zu.

Immerhin besteht die kommunistische Herrschaftsform in China erst seit 1949. Bereits zu Nazizeiten gab es Meldungen über WTG-Aktivitäten in China, dann namentlich wohl auf den dortigen Schmelztigel Schanghai beschränkt.

19382 Auslandspropaganda

Insoweit verwundert es nicht, dass auch nach 1945, WTG-seitig Missionare nach China entsandt wurde. Nach einiger Zeit allerdings, pflegte dann der kommunistische Staat mit denen „Tabula rasa" zu veranstalten. Einer dieser Herren, Harold King, wurde dann nach einigen Jahren chinesischen Gefängnisaufenthaltes dann wieder in den Westen abgeschoben. Seine Biografie ist es der WTG dann wert, ihn als „Märtyrer" zu verkaufen.

In der „Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 9. 1963 wird Herr King dann auch noch mit einem reißerischen Artikel „Meine Gefängnisnahme im kommunistischen China", den WTG-Betörten vorgestellt.,

Und dieses Kalkül dürfte ohne Frage bei den „Bild-Zeitungs-Gebildeten" (oder vergleichbarer Gazetten in den USA) wirksam gewesen sein.

Auch im „Wachtturm" vom 15. 9. 1963, bekam nun jener Herr Harold King, einen eigenen Artikel zugebilligt. Also gleich zwei Artikel zu seiner Person. Danach sei er 27. 5. 1963 nach Hongkong abgeschoben worden. Seit Juni 1947 sei King schon seit 1947 in China gewesen. Also noch vor der kommunistischen Machtübernahme. Auch solche Details vernimmt man. Die chinesischen Behörden hätten ihm gegenüber unter anderem erklärt:

„Dort sagte man uns (ihm und seinem Missionar-Kollegen Stanley Jones), daß wir aufhören müßten, von Haus zu Haus zu predigen. Wenn wir predigen wollten, müßten wir dies in unserer 'Kirche' tun, nicht außerhalb."

Ergo war man seitens der chinesischen Behörden durchaus bereit, eine eingeschränkte Form der Religionsfreiheit zu gewähren, Da aber spielte die WTG nicht mit. Deren Motto.

Der hingereichte „kleine Finger" reiche nicht, man wolle gleich den „ganzen Arm".

Nun sah sich aber das chinesische Regime selbst als „Heilsverkünder". Ergo war es nicht bereit, auch Konkurrenz-"Heils"verkündern, den von ihnen gewünschten vollen Spielraum zu bewilligen.

Immerhin habe es zeitweilig, eine Höchstzahl von 58 WTG-Verkündigern in Schanghai gegeben und die maximale Besucherzahl bei Zusammenkünften am Sonntag habe 120 betragen. Beim Gedächtnismahl mit seinen traditionell höheren Zahlen, gar 250 Anwesende.

Das beobachteten auch die chinesischen Behörden, und zogen in der Folge, ihre Daumenschrauben immer enger an.

Am 14. 10. 1958 bekam das WTG-Missionarheim in Schanghai dann Polizeibesuch, und die Herren Jones und King fanden sich alsbald als Verhaftete wieder.

King räumt ein, Gewalttätigkeiten habe es im Gefängnis dann nicht gegeben, wohl aber „endlose Verhöre". Und in denen seien ganz besonders die Harmagedon-Theorien der WTG thematisiert worden.

Bemerkenswert auch seine Aussage in diesem Bericht:

„Sie blieben hartnäckig bei ihrer Anklage, wir seien imperialistische Agenten. ... Wir stellten aber fest, daß die Kommunisten einen jeden als 'Imperialisten' bezeichnen, der kein Kommunist ist und den sie für einen Kämpfer gegen den Kommunismus halten. Unsere Weigerung, die Anklage anzuerkennen, wurde als eine Weigerung, unsere 'Verbrechen' einzugestehen, gewertet. Die Polizei schien jedoch zufrieden zu sein, als ich dann sagte, das Ergebnis, das sie sich vorgestellt haben, könnte vielleicht erwartet werden, wenn die gesamte Bevölkerung die Botschaft, die wir predigen, annehmen, das jedoch offensichtlich nicht vorkommen könne."

Namentlich diese Einlassung des King, ist durchaus bemerkenswert.

Einerseits nahmen die chinesischen Behörden auch an den Harmagedon-Theorien Anstoß. Sie registrierten, einfach „gestrickte" Menschen werden durch denen ins Boxhorn gejagt. Weitaus empfindlicher indes bewerteten die Chinesen die Folgewirkungen davon. Die seien dann ja nicht mehr „empfänglich" für die eigenen chinesischen Heilsthesen. Und wenn in einer Diktatur wie China das Wahlthema auch vordergründig keine besondere Rolle spielen mag (weil es ohnehin nichts zu wählen gibt), so sind zumindest die Folgewirkungen davon auch für die Chinesen relevant. Das unterlassen des vom Staate eingeforderten zujubeln für jenen Staat.

Siehe auch

19592 Rotchina

Kommentarserie 1949 23. Oktober 2009 06:17

Mysnip.89990

Machtprobe

Über eine Machtprobe der besonderen Art, berichtet „Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 10. 1963. Ort der Handlung der Westafrikanische Staat Liberia, über den man in neueren lexikalischen Einträgen etwa vernimmt, heute sei Liberia eines der ärmsten Länder der Erde.

Es gibt noch einige weitere Besonderheiten in Liberia, die so für andere afrikanische Staaten, keineswegs, generalisierend zutreffend sind.

Das fängt schon mit den geschichtlichen Aspekten an. Seit 1847 bestehe die Republik Liberia und sei damit der zweitälteste unabhängige Staat Afrikas (nach Äthiopien).

Nicht genug damit, lohnt desweiteren ein Blick auf die Oberschicht, die sich in Liberia herausgebildet hat. Das seien vielfach Nachfahren freigelassener und repatriierter US-Sklaven.

Noch heute wird in Liberia der 7. Januar 1820, als Ankunftstag der ersten Übersiedler der 'American Colonization Society', als Feiertag begangen.

Über einen der Präsidenten von Liberia, die hier besonders interessieren soll, William S. Tubman, vernimmt man weiter:

Sein Vater, Reverend Alexander Tubman, war General der liberianischen Armee, ehemaliger Vorsitzender des Repräsentantenhauses und Methodistenprediger. Seine Mutter Elizabeth stammte aus Atlanta (Georgia). Wie bereits vernommen brachte der Junior es bis zum Präsidenten von Liberia. Sogar 27 Jahre lang, hatte er dieses Amt inne. Angeblich erzielte er bei den Präsidentschaftswahlen der Jahre 1955, 1963 und 1971 Rekordergebnisse um 100 %.

Besagte „100 % Ergebnisse" sind wohl ansonsten eher aus vormaligen Ostblockstaaten geläufig. Jene „100 % Ergebnisse" wurden indes vom Westen vielfach mit einem Wort kommentiert:

Diktatur.

Inwieweit das nicht auch für Liberia gelten soll, ist keineswegs schlüssig erwiesen.

Immerhin, das vermerken die lexikalischen Angaben auch noch, unter Wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten, war die Ära Tubman in Liberia, noch die erfolgreichste. Danach ging es eher bergab, und das Land blieb auch nicht vor Bürgerkriegen verschont.

Noch etwas vernimmt man über Mister Tubman. Das er zur Oberschicht des Landes gehörte, wurde bereits gesagt. Das er nicht gleich vom ersten Tage seiner Geburt „Präsident" sein konnte, dürfte ebenso zutage liegen. Und so übte er denn in seiner Vor-Präsidentzeit auch mal das Amt eines Staatsanwaltes aus. Noch etwas vernimmt man, seit 1928 sei er zugleich Laienprediger der Bischöflichen Methodistenkirche.

Über vielerlei gesetzliche Feiertage verfügt Liberia heutzutage auch. Zwei fallen da besonders ins Auge. Einmal der 29. November (1895) der noch heute als Tubmans Geburtstag gefeiert wird. Möglicherweise auch deshalb, dieweil in der Ära seiner Präsidentschaft, die liberianische Wirtschaft, einigermaßen florierte, und man demzufolge noch heute einen Grund hat, von der „guten alten Zeit" zu träumen.

Noch weitaus makabrer dürfte indes ein anderer liberianischer Feiertag sein, der 24. August Flag day, Tag der Liberianischen Fahne.

Namentlich auch der letztere liberianische Feiertag sagt dann wohl so einiges über das dortige innenpolitische Klima aus. Sicherlich „passend" für einen Präsidenten, der da angeblich 100prozentige Wahlergebnisse aufzuweisen hat.

Nun mag es angebracht sein, auch mal einen Blick auf die Zeugen Jehovas bezüglichen Zahlen in Liberia zu werfen. Die wurden (als Höchstzahl) für das Jahr 1949 auf 28 beziffert. Wohl kaum eine Zahl, welche in den Brooklyner Chefetagen, „Jubelstürme" auszulösen vermochte. Immerhin (soweit diesbezügliche Zahlen erreichbar sind) brachte man es dort, bis zum Jahre 1965 auf eine Höchstzahl von 350. Dieser kleine Haufen der 350 verlor sich aber dergestalt, setzt man ihn ins Verhältnis zur damaligen Gesamtbevölkerungszahl in Liberia. Und die war etwa 1 zu 4000.

Damit war man in den Chefetagen der WTG durchaus nicht sonderlich zufrieden, und strebte eine Aktivierung an. Unter anderem auch durch für Liberia organisierte WTG-Kongresse.

Nun befand der „100 % Präsident und Laienprediger der Methodisten", auch die Zeugen Jehovas hätten vor seinen „100 %" die gebührende Hochachtung zu zeigen. Und er befand weiter, das das Land ja bereits über einen Flag day, Tag der Liberianischen Fahne verfüge, auch der Fahnengruß der Zeugen Jehovas, müsse ein geeignetes Zeichen dafür sein. Da hatte der 100% Präsident dann wohl die „Rechnung ohne den Wirt gemacht". Und so entwickelte sich dieses Ansinnen, zu einem der gravierendsten Konflikte der WTG-Geschichte des Jahres 1963.

„Erwachet!" zitiert nun in bestreitender Form, einen mit ausländischem Pass in Liberia tätigen Zeugen Jehovas, der da gesagt haben soll, die Fahne sei blos ein Fetzen Stoff. Das indes wird von der WTG bestritten. Nun mag es in der Tat so sein, dass in offiziellen WTG-Verlautbarungen zur Fahnengruß-Problematiken, eine Vokabel wie ein „Fetzen Stoff", keine Verwendung findet. Das würden schon mal die gewiewten Advokaten der WTG, keinesfalls gutheißen.

Indes offizielle WTG-Verlautbarungen, und des „WTG-Volkes Sprache", mögen da durchaus zwei verschiedene „linke Schuh" sein. Auch wenn die WTG solcherlei Vokabel bestreitet, spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie in der Praxis dennoch gefallen sind. Und da erinnerte sich der 100% Präsident, auch an seine Phase als vormaliger Staatsanwalt. Und seine zwar nicht wörtlich überlieferte, aber nachvollziehbare Reaktion war dann, denen werde er mal zeigen, „was eine Harke" ist.

Geschichte pflegt veränderlich zu sein, was denn auch für den Fall Liberia gilt. Erreichte jener Konflikt auch im Jahre 1963 einen erschreckenden Höhepunkt, so war damit allerdings noch nicht das letzte Wort gesprochen. Die nachfolgende Entwicklung wurde schon mal wie folgt zusammengefaßt:

Nach einigen Jahren der Spannung, lenkte Liberias Präsident Tubmann in der Fahnengrussfrage gegenüber den Zeugen Jehovas ein. Grundlage für dieses "Gentleman-Agreement" war auf Seiten der Wachtturmgesellschaft auch der Hinweis:

"Das die biblische Bildung", so wie sie von den Zeugen Jehovas verkündet wird, "die beste Verteidigung gegen den atheistischen Kommunismus sei." Es heißt zu diesen Ausführungen weiter:

"Mr. Tubmann hörte (dem) eine halbe Stunde lang interessiert zu."

Evolution

Wieder mal stimmt der „Wachtturm" vom 15. 3. 1962 sein Klagelied in Sachen Evolutionslehre an. Das liest sich dann so:

„Die Evolutionslehre hat den Glauben von Millionen Menschen zerstört. Darwin selbst gab zu, dadurch zum ausgesprochenen Agnostiker geworden zu sein.

Berauben die Geistlichen der Christenheit, die sagen, unser wunderbares Gehirn und unser Organismus seien das Ergebnis einer Entwicklung, nicht Gott der Ehre, die ihm gebührt, und machen sie sich dadurch nicht des Götzendienstes schuldig? Ganz gewiss!

Die Christenheit besteht vornehmlich aus zwei Parteien: den Modernen und den Fundamentalisten.

Die Modernisten ziehen die Weisheit dieser Welt der Weisheit Gottes, die in der Bibel zu finden ist, vor, sie predigen Politik und Sozialreform, verfechten die höhere Kritik, die die Inspiration der Bibel leugnet, und befürworten die Evolutionslehre. Die Fundamentalisten geben vor, an die Inspiration der Bibel zu glauben, macht man sie aber auf einen Widerspruch zwischen ihren Glaubenslehren und der Bibel aufmerksam, so ziehen sie ihre Lehren der Bibel vor. Sie sind keineswegs über die in der Christenheit zu beobachtende Tendenz zum Modernismus und zur Weltlichkeit erfreut. Sie beklagen besonders die immer schlimmer werdende Lage ihrer Einrichtungen, die sich nicht nur in einem ständigen Rückgang ihrer Mitgliederzahlen zeigt, sondern auch darin, daß ihre Leistungsfähigkeit und ihr Einfluss immer geringer werden."

Zu diesem Zitat dann man ein Veranschaulichungsbeispiel. Es trifft zwar nicht den Kern des Disputes in Sachen Evolutionslehre, eher eine Randerscheinung dabei. Durchaus aber eine lehrreiche „Randerscheinung".

Im Jahre 1961 erschien auch ein zweibändiges "Lexikon der christlichen Kirchen und Sekten", hrsg. von Johannes Gründler. Und auf seiner Basis sei insbesondere auf den dort referierten Fall der von F. L. A. Freytag begründeten "Kirche des Reiches Gottes" verwiesen.

Freytag besitzt insoweit Relevanz, als seine Wurzeln der Bibelforscherbewegung zu Zeiten Russells entstammten, bis ihn dann Rutherford "achtkantig" herausschmiss, als er selbst am Ruder saß. Wähnte auch Freytag, etwa mit Hilfe Gesundheitsreformerischer Aspekte, gar den Tod überwinden zu können, so wurde er dann im Jahre 1947 von letzterem noch belehrt, das klappt wohl nicht.

Der Tod des Freytag schuf für seine Bewegung durchaus eine Krisensituation. Zwar konnte die Stammgruppe, namentlich in der Schweiz, sich weiter behaupten. Andernorts etwa in Frankreich, kam es durchaus zu relevanten Spaltungen.

Dazu Gründler:

"Unter Freytags Anhängern waren solche, die verlangten, daß seine Empfehlungen für eine bestimmte Ernährungsweise zu bindenden Vorschriften erhoben würden. Da sie sich nicht durchsetzen konnten, trennten sie sich von der Stammsekte. Ihr Führer war Bernard Sayerce, dem sich der Großteil auch der finanzkräftigere Teil der Mitglieder anschloss."

Das alles spielte sich wie gesagt, bereits Ende der 1940er Jahre ab. Hat man die konfessionskundliche Literatur (namentlich die Deutschsprachige) im Gesamtblick, kann man allerdings auch feststellen.

Kaum einer der neueren Konfessionskundler "kräht" heute noch über jene von Sayerce begründete Splittergruppe. Ergo ist letzterer inzwischen der Status der Bedeutungslosigkeit zu attestieren.

Wie bereits vernommen, waren es aber in Sonderheit auch die Gesundheitsreformerischen Anliegen, die wesentlich zur Spaltung mit beitrugen.

In diesem Kontext zitiert Gründler dann aus dem Kreis um Sayerce, ein bemerkenswertes Votum. Und zwar dieses:

"Aus mehreren Gründen salzen wir die Nahrungsmittel nicht. Zuerst aus Ehrerbietung für den Allerhöchsten, der in die Gemüse alle Salze gelegt hat, die für unseren Organismus notwendig sind, und zweitens in den zuträglichen Verhältnissen. Also Salz beizugeben würde heißen, dem Allerhöchsten eine Lektion erteilen zu wollen, und dieses wäre ein Mangel an Ehrfurcht u. Dankbarkeit ihm gegenüber ..."

Wie es dieser Kreis mit seinem salzlosen Essen so hält, mag dann ja seine Angelegenheit sein, die nicht vordergründig bewertet sein soll. Bezeichnend indes ist schon die angeführte Motivation. Salz zu verwenden würde in deren Sicht bedeuten "dem Allerhöchsten eine Lektion" erteilen zu wollen.

Da wird man doch als Kommentar zu dieser Befindlichkeit, unwillkürlich an den Roman von Voltaire "Candide" erinnert. Letzterer thematisiert die "beste aller Welten". Als Veranschaulichungsbeispiel nennt Voltaire dann (und das ist dann noch das harmloseste seiner Beispiele die er bemüht). Die Nase im Gesicht habe sicherlich auch die Funktion als "Halterung für Brillen" zu dienen. Dieweil in der "besten aller Welten", ja sicherlich alles seinen Sinn haben müsse.

http://books.google.de/books?ei=6D_TT6f7HMjLswaj7rzZDw&hl=de&id=XxpdAAAAMAAJ&dq=candide+beste+aller+welten&q=Brille

Exkurs: J. B. Sayerce

Bei Kurt Hutten („Seher Grübler Enthusiasten") konnte man über den 1912 geborenen Joseph Bernard Sayerce lesen, 1933 habe er den F. L. A. Freytag und dessen Bewegung kennengelernt. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs im Jahre 1940, hatte dies für die Anhänger des Freytags auch ein dortiges Verbot zur Folge.

Namentlich Sayerce lies sich davon nicht einschüchtern, und war unermüdlich bemüht, diese Gruppierung weiter am leben zu erhalten.

Hutten meint weiter werten zu können:

Seine tapfere Entschiedenheit imponierte auch der Gestapo, so daß sie ihn gewähren ließ. Fortan wurde er die Seele des Werks in Frankreich und brachte es zu hoher Blüte: die Zahl der »Versammlungen« stieg von 100 im Jahr 1939 auf 900 im Jahr 1945.

Freytag bezeichnete ihn als seinen »geistlichen Sohn« und schrieb in einem Brief vom 2. Mai 1945: »Ihn habe ich eingesetzt, mich zu vertreten."

Ein Kongreß dieser Gruppierung im August 1946 in Paris soll bis zu 14.000 Besucher angezogen haben.

Dies aber war dann schon ein relativer Höhepunkt.

Zwar gab es Planungen, solcherlei „Events" zu wiederholen. Nur kam der Umstand dazwischen, dass Freytag im Januar 1947 verstorben war.

Sayerce, in seinem ungebremsten Tatendrang, lies sich durch diesen Umstand nicht sonderlich an seinen Aktivitäten hindern.

Andere Freytagrianer die auch wähnten, was zu sagen zu haben, sahen das anders.

Ihr „König" war nun verstorben, ergo meinten sie eine entsprechende Trauenphase einlegen zu sollen, wovon Sayerce, wiederum nicht viel hielt. Diese offenbar in der Praxis nicht ausräumbaren Differenzen führten dazu, dass Sayerce letztendlich sinngemäß sagte. Wenn die zum Trauerverein verkommen wollen, dann aber ohne mich, und seinen ungebrochenen Tatendrang fortsetzte. Damit war dann allerdings, das „Tischtuch" zu dem „Trauerverein" endgültig zerschnitten, und die Gruppierung um Sayerce nahm je länger je mehr, eigenständige Konturen an.

Hutten meint weiter werten zu können, dass die überwiegende Mehrzahl der französischen Freytag-Anhänger, letztendlich zu Sayerce hielt. Damit hatten die paar höhergestellten „Trauerköpfe" dieser Bewegung, in Frankreich letztendlich das Spiel verloren.

Alsbald legte sich Sayerce, in der Form der 1898 geborenen Lydia Sartre, die ähnlichen Tatendrang bewiesen hatte, eine „chere Maman" zu. Diese „göttlichen Eltern" wurden zunehmend die neuen Autoritätspersonen, für diese französischen Kreise, und der alte „Trauerverein" geriet für sie noch mehr in Vergessenheit.

Am 23. 7. 1963 verstarb dann Herr Sayerce, und die ihn überlebende „chere Maman" wurde die neue alleinige Kultfigur.

Am 23. 2. 1969 legte sie sich dann einen „geistlichen Sohn" namens Joseph Neyrand (1927 geb.) zu, der zunehmend mit den Leitungsaufgaben jener Gruppe betraut wurde.

Die „chere Maman" alias Lydia Sartre verstarb dann am 11. 3. 1972, und damit war dann Neyrand faktisch der dritte Leiter dieser Gruppe geworden. Der allerdings verstarb dann auch am 10. 8. 1981.

Eggenberger redet davon, nach Neyrand habe sich dann eine „kollektive Leitung" in jener Gruppe gebildet.

Thematisch beachtlich ist dann wohl auch die Angabe im Jahrgang 1990 der Schweiter (krchlichen) Zeitschrift "Informationsblatt" letztere redete über die neuere Entwicklung jene Gruppierung betreffend, "unter dem neuen Namen „Amis Sans Frontiers" mehr und mehr in eine soziale und humanistische Organisation mit Zentrum auf verschiedenen biologisch bebauten Höfen im Departement Lot-et-Garonne France gewandelt. Sie sind zu Hilfeleistungen bereit und beliefern auch die „Restos du Coeur" in Frankreich sowie weitere Betriebe." Unabhängig davon, dürfte die nur regionale Bedeutung, als eine französische Gruppierung fortbestehen. Offen bleibt auch die Frage nach dem Grad ihrer noch vorhandenen Religiosität. Auch der scheint im laufe der Entwicklung, im Abnehmen sich zu befinden.

Nun ist es, wenn man von Zeit zu Zeit, erscheinende, deutschsprachige konfessionskundliche Literatur neueren Datums zu Grund legt, mittlerweile sehr still um diese Gruppierung (auch andere historische Splittergruppen aus dem WTG-Umfeld geworden). Ihre „Hoch"zeit gehört, generell der Vergangenheit an.

siehe auch Parsimony.4376

Rütimann

Zusammen mit Franz Zürcher, veranstaltete die Schweizer Justiz zu Zeiten des zweiten Weltkrieges, auch gegen den WTG-Funktionär Alfred Rütimann (1902-1959) ein Exempel in Sachen Wehrdienst. Rütimann wurde zu drei Monaten Gefängnis und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für drei Jahre verurteilt. Nach 1945 oblag besagtem Herrn Rütimann, dann besonders die Anleitung der Zeugen Jehovas in Osteuropa, einschließlich Rumänien und der Sowjetunion (mit Ausnahme von Ostdeutschland).

Rumänien wird deshalb besonders herausgehoben erwähnt, als in ihm besondere WTG-schismatische Bestrebungen zu konstatieren waren. Das ZJ-Jahrbuch 2006 kommt auf Rumänien in Sonderheit zu sprechen. Und dabei erfährt man so „nebenbei", dass Rütimann während eines Rumanienaufenthaltes im Jahre 1947 sich auch nach dem Verbleib von Jacob B. Sima erkundigt habe. Zu letzteren gibt es auch den lapidaren Satz:

„Durch sein Verhalten verlor die Gesellschaft im Jahr 1928 den ganzen Grundbesitz samt Ausrüstung."

Nun weis man ja bereits seit der Aussage von Karl Marx beispielhaft, dass die Kirche von England eher auf 38 ihrer 39 Glaubensartikel verzichtet, als denn auf ein 39ten Teil ihrer finanziellen Einkünfte.

Selbst der kirchlichen Zeitschrift „Das evangelische Deutschland" war in ihrer Ausgabe vom 17. 3. 1929 der Fall Sima eine Notiz wert.

Letztere schrieb also zeitgenössisch:

„In Abwesenheit verurteilt

In einem soeben Beendeten Massenprozeß gegen rumänische und deutsche Bibelforscher, die in Rumänien (und übrigens auch in Ungarn) verboten und kommunistischer Tendenzen verdächtigt sind, hat das Kriegsgericht des 6. rumänischen Armeekorps in Klausenburg ein hartes Urteil gefällt; neben einer Reihe von Gefängnisstrafen gegen rumänische Staatsbürger, wurden die zwei Deutschen, Balzereit und Dollinger, der Vorsitzende und der Geschäftsführer der deutschen Sektion der "Bibelforscher wegen Propaganda für diese Organisation zu nicht weniger als zehn Jahren Zuchthaus in contumaciam verurteilt.

Die beiden Deutschen waren vor einen Jahr nach Klausenburg gekommen, um den dortigen Führer der Bibelforscher, Sima, einen Druckereibesitzer, zur Verantwortung wegen seiner auffälligen Geschäftsgebarung zu ziehen, die unter anderem dafür verantwortlich war, daß die Organisation in Ungarn und Rumänien verboten war, Sima, der überdies einen großen Betrag von über sieben Millionen Lei der Organisation schuldete, denunzierte die beiden Deutschen wegen "kommunistischer" Umtriebe; sie und 14 rumänische Bibelforscher wurden verhaftet und die Deutschen erst gegen Zahlung einer Kaution von 200.000 Lei und nach zehntägigem Hungerstreik nach Deutschland entlassen.

In ihrer Abwesenheit wurde nun vom Kriegsgericht der Prozeß gegen sie durchgeführt,"

Siehe auch 19292 Rumaenische

Sima hatte nun besagte WTG auf drastische Weise darüber belehrt. So etwas trifft fallweise nicht nur die „Kirche von England". Ergo saß dieser Schlag für die WTG tief. Von ihm konnte sie sich allenfalls nach 1945 wieder etwas erholen, aber kaum die Zeit davor.

Aber für die übrigen Osteuropäischen Länder, war in der WTG-Hierarchie besonders Rütimann zuständig. Wie bereits vernommen dann 1959 verstorben, gemessen an der Lebenserwartung anderer, nicht unbedingt ein hohes Lebensalter erreicht habend.

In der „Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 3. 1962 kommt nun in einem Beitrag der Serie „Mein Lebensziel verfolgend" auch seine ihn überlebende Frau Lilian Rütimann zu Wort. Dieser Beitrag enthält durchaus einige bemerkenswerte Sätze, die im nachfolgenden einmal vorgestellt seien. Da schreibt sie unter anderem:

Man denke aber nicht, daß wir ... nur auf Rosen gebettet gewesen seien. Mein Mann wurde von seiner Arbeit vollständig in Anspruch genommen, es war, als ob - wie man in England sagt - beide Enden der Kerze gebrannt hätten, während ich nicht nur meine Arbeit im Bethel verrichten, sondern noch ein kleines Mädchen aufziehen musste. Oft widerstrebte mir das geregelte Bethelleben mit seinen strengen Richtlinien, die so sehr im Gegensatz zu meiner sorgenfreien Mädchenzeit standen. Oft war ich verzweifelt und fühlte mich eingeengt wie ein Vogel in seinem Käfig. Manchmal war ich entmutigt, und die Wellen drohten über mir zusammenzuschlagen. ...

Im Jahre 1956 erfuhr mein Leben eine wichtige Änderung, als die Übersetzungsabteilung für die deutsche Sprache ... Nach Wiesbaden verlegt wurde. Sozusagen über Nacht waren meine lieben Mitarbeiter weg und damit auch meine kostbare Arbeit."

Franke

Ein weiterer Artikel der WTG-Serie „Mein Lebensziel verfolgend", in der „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 6. 1963 wird von dem nach 1945 nicht unbekannten Herrn, Konrad Franke bestritten. „Mir wird nichts mangeln" da Jehova sein Hirte sei, beliebt Herr Franke zu titeln. Das mag dann zwar für seine Zeit als WTG-Fürst zutreffend gewesen sein, wohl etwas weniger dann für die eigentliche Nazizeit, wenn er denn auch mitteilen muss, von den Nazis fünf Mal (in unterschiedlicher Länge) verhaftet gewesen zu sein. Das fünfte mal (im Jahre 1936) dann aber für einen Zeitraum von neun Jahren. Da verstanden die Nazis keinen Spaß.

Nun pflegen Biografien sehr unterschiedlich zu sein. Das Franke dann den Managertyp repräsentiert, kann wohl weniger strittig sein. Einen solchen „Vogel" gewährten die Nazis, einmal in ihren Klauen befindlich kaum ein Pardon, wovon dann auch seine die Zeitläufe überdauert habenden Vernehmungsprotokolle künden. Weitaus aufschlussreicher dann die Zeit, als aus dem einst Geknechteten der selber andere Knechtende wurde. Der Bericht des Gerhard Peters gibt da durchaus ein Schlaglicht ab.

„Ich demütigte mich auch unter diese Überheblichkeit. Schließlich erhielt ich Bescheid, ich sollte sofort zu Bruder Franke kommen, er habe sich bereit erklärt, mein Anliegen anzuhören. … In einem Vorzimmer mußte ich warten. Welche Distanz. Nach einer halben Stunde öffnete sich die Tür, ein Bruder kam heraus und sagte, bitte schön. Ich folgte ihm ins "Allerheiligste."

... Ich erklärte ihm nun kurz, daß ich möchte, daß meine Angelegenheit nochmals überprüft wird, weil ich der festen Überzeugung sei, mir ist Unrecht widerfahren. Ich sei extra deswegen aus der DDR auch zu diesem Kongress hergekommen, um ihn sprechen zu können. Ich hatte tatsächlich DDR gesagt, und er hatte das deutlich registriert. Damit hatte ich schon politisch alles verdorben und verloren. Für die Organisation gab es nur eine "Ostzone". Dann sagte Franke: Ich habe Ihren Fall genauestens überprüft, und wenn ich sehe, wie Sie hier sprechen, so erkenne ich, daß Sie nicht die geringste Demut zeigen und noch nicht das mindeste bereut haben. Es ist unmöglich, Sie jemals wieder in die Gemeinschaft Gottes aufzunehmen. Bitte verlassen Sie sofort das Zimmer. Ich wollte noch etwas sagen, aber er schnitt mir jedes weitere Wort ab mit der nochmaligen Aufforderung: Bitte verlassen Sie sofort das Zimmer. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich umzudrehen und zu gehen."

Peters

 

Mag man zu der östlichen Komponente dieses Berichtes auch so seine Vorbehalte haben, verdeutlicht sein agieren doch das eines herzlosen Managers. Genau solche Typen waren dann von seinem Obermanager Knorr gefragt. Gegenüber dem eher etwas leutseligeren Erich Frost, war dieser Franke in der Tat aus anderem Holze geschnitzt.

Auch sein berühmt-berüchtigter 1975-Vortrag, 1968 in Hamburg absolviert, gibt allein von der Stimmmodulation, unabhängig von Inhalten, einen Eindruck davon.

Persönlich empfinde ich bei jenem Hamburger Vortrag des Franke neben den viel kommentierten 1975-Aspekten, insbesondere seine in diesem Vortrag mit eingebauten Bettelaspekte um Geld weitaus aufschlussreicher.

Franke's Kunst um Geld zu betteln .mp3

Auch Franke erwähnt in seinem Bericht, dass die massenhafte organisierte Verbreitung der WTG-Broschüre „Die Krise" in der Zeit vom 8. - 16. 4. 1933 die Situation WTG-seitig bewusst anheizte. Solche Heißsporne wie Franke waren da WTG-seitig gefragt.

Was sagte Konrad Franke aus?

Die WTG-Broschüre "Die Krise" heizt die Situation an

Herrn Franke's 1975 Vortrag

Parsimony.15632

William J. Whalen

Von dem US-amerikanischen und katholischen Autor William J. Wahlen, kann man als Volltext im Internet, heutzutage auch sein 1963 erschienenes Buch „Faiths for the FEW. A Study of Minorty Religions" vorfinden.

http://archive.org/details/faithsforfew00whal

Sieht man sich selbiges näher an, findet man in ihm als Kapitel 11, eingebettet zwischen Altkatholizismus und Heilsarmee, auch einige eher knappe Ausführungen zu den Zeugen Jehovas. Von der Konzeption her, erinnert jenes Buch an das in Deutschland zeitgleich angebotene Konfessionskundliche Buch des Kurt Hutten: „Seher, Grübler Enthusiasten"; wobei aus meiner Sicht, zumindest bezogen auf Deutschland, das genannte Buch von Hutten informativer ist.

Im Jahre 1962 gab es von demgleichen Autor Whalen auch ein Buch mit dem Titel:

„Armageddon Around the Corner. A Report on Jehovah's Witnesses".

Letzteres ist im Internet allenfalls als Snippets (Kurzauszüge, sofern man die geeigneten Stichworte in ihm findet und abfragt) erreichbar.

http://books.google.de/books?id=01_UAAAAMAAJ&q=William+Whalen&dq=William+Whalen&hl=de&sa=X&ei=4SDYT--FAc_5sgbTm4yIDw&ved=0CFoQ6AEwBg

Einige andere Autoren, nahmen in ihren eigenen Ausführungen auch auf Whalen mit Bezug. James Penton etwa notierte:

„Wie William Whalen bemerkt hat, war Richter Joseph F. Rutherford für Pastor Charles T. Russell das, was Brigham Young für den Mormonenpropheten Joseph Smith war. Obwohl sowohl Smith als auch Russell fähige Religionsführer waren, waren beide doch ziemlich naive Visionäre, die -- unter Verwendung fruchtbarer Vorstellungen -- sich selbst wie auch andere irreführen konnten. Sowohl Young als auch Rutherford waren jedoch hartgesottene Pragmatiker, die der Bewegung, die sie beherrschten, ein Stück Dauer gaben. Während der Richter nur wenig Zeit oder Interesse für eine Frau, geschweige denn einen ganzen Harem, hatte, ähnelte er dennoch dem unerbittlichen Mormonenlöwen des Herrn in vielerlei Hinsicht -- obwohl weder Jehovas Zeugen noch die Mormonen an diesem Vergleich Gefallen finden dürften."

Walter Struve, welcher Whalen auch zitiert, hat es besonders die Wertung von Whalen angetan, die Zeugen Jehovas die Whalen bewertete, gehörten überwiegend zur „ersten Generation", also zu den Neukonvertierten. Das ist insoweit richtig, als das Zuwachs der Zeugen Jehovas in den USA, im wesentlichen erst ab den 1940er Jahren einsetzte. Die Jahre davor gab es dort zwar auch schon welche. Nur war der Umstand zu verzeichnen. Das Religionsangebot in den USA ist ziemlich breit gestaffelt. Breiter vielleicht als andernorts. Bis die WTG sich in diesem Konkurrenzkampf durchsetzen konnte, vergingen Jahre. Dagegen bestand für die WTG im von der Inflation gebeutelten Deutschland der Nach-Weltkriegszeit, schon mal eine günstigere Ausgangslage, als hier die nach Strohhalmen suchenden und greifenden, unfraglich in größerer Anzahl anzutreffen waren, als zeitgleich in den USA.

Das lässt sich analog auch mit dem Vergleichsfall Deutschland - Schweiz belegen. War die WTG im Deutschland der Weimarer Republik schon wer, so dumpelte sie zeitgleich in der Schweiz, eher so vor sich hin.

Der im „Wachtturm" vom 1. 12. 1925 veröffentlichte, Schweiz bezügliche Bericht eines Herrn Julius Feller notierte unter anderem.

„Natürlich war mein (Jules Feller) ... Dienst im Bethel nicht nur lauter Sonnenschein. Wir mußten verschiedene Stürme überstehen, die viel Kummer verursachten. Ich denke besonders an das Jahr 1925, das für viele zu einer harten Glaubensprüfung wurde. Es gab Versammlungen, deren Besucherzahl bis zur Hälfte und sogar noch mehr zurückging ..."

Zu dieser Aussage wäre noch anzumerken. Rückgänge in Folge der 1925-Krise gab es auch andernorts. Aber auch dabei Differenzierungen. Etwa zwischen „Leichtgläubigen" und „Strohhalmklammerern", wenn man es mal salopp so formulieren kann. Die nach jeden Strohhalm greifenden, waren in von der Inflation geschüttelten Deutschland, sicherlich numerisch in größerer Zahl vorhanden, als vergleichsweise in der Schweiz.

Wenn die Leichtgläubigen, vielleicht aus einer Ernüchterung gewisse Konsequenzen ableiteten, so galt das im gleichen Umfange, durchaus nicht für die sich an jeden Strohhalm klammernden. Die marschierten einstweilen - auf Gedeih und Verderb - gemäß dem Motto „Führer befiehl - wir folgen dir" weiter mit ihrem Führer, der WTG.

Beispielhaft auch an jenem genannten Herrn Feller belegbar. Auch das „Verkündiger"-Buch der WTG erwähnt ihn namentlich (S. 634), und fügt hinzu, als junger Mann habe er bereits schwere Glaubensprüfungen erlitten (namentlich die 1925-Krise). Aber triumphierend wird weiter vermerkt, er stehe im Jahre 1992 bereits 68 Jahre lang im Betheldienst. Interessiert man sich für seinen Fall weiter, kann man auch registrieren. Auch auf dem „Hamburger Matschkongress" der WTG, im Jahre 1961, wurde er dort als Redner eingesetzt.

Bei solcherlei Biographie stellt sich schon die Frage. Wäre denn jener Herr außerhalb der WTG-Mauern, überhaupt noch lebensfähig? Der würde doch höchstwahrscheinlich in der freien Wirtschaft, mit „Pauken und Trompeten untergehen", wenn nicht gar elendiglich verrecken. Da hat sich die WTG die Kreaturen herangezogen (von denen es noch einige mehr gibt) für die das „Führer wir folgen dir" im buchstäblichem Sinne, zum blutigen Ernst wurde.

Auch in der Schweiz gelang der WTG der „Durchbruch" erst in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg, als der die Managermethoden weiter ausbauende N. H. Knorr am WTG-Ruder saß.

Auch Lucia Gross zitierte in ihrer Abschlussarbeit aus dem Jahre 1991 „Die 'Zeugen Jehovas': Religionsethnologische Darstellung einer Sekte." (Frankfurt/M. Fachbereich Kulturanthropologie) ebenfalls William J. Whalen.

Sie stellt dabei namentlich sein agieren in Sachen der Beth Sarim-Villa heraus. Und wie Rutherford sich in einem Interview mit einem US-Journalisten da wand. Angeblich sei diese Villa nur zu dem hehren Zweck errichtet worden, den erwarteten aufzuerstehenden „alttestamentlichen Heiligen", eine würdige Wohnstätte bieten zu können. Wobei für diese Ausführungen wiederum auf Whalen als Quelle verwiesen wurde.

Nun ist der Umstand zu beobachten, dass auch die WTG sich in ihrer „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 8. 1962 genötigt sah, ihrerseits auf Whalen zu sprechen zu kommen. Das dies kein WTG-seitiger „Lobgesang" werden würde, konnte man sicherlich zu Recht erahnen.

Was kritisiert die WTG nun an Wahlen?

Sie meint ihm in Sonderheit vorhalten zu sollen:

„Man kann eine Wahrheit auch so darstellen, daß der andere zu einem falschen Schluss kommen muß. Wer das tut, nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau."

Nicht die genannten Whalen-Bücher, nutzt nun die WTG als Grundlage ihrer Kritik, sondern einen Zeitungsartikel selbigen. Und in diesem soll er auch den Satz über J. F. Rutherford geschrieben haben:

„Obwohl er die Parole prägte: 'Millionen jetzt lebender werden nie sterben' starb der Richter im Jahre 1942."

Beide Thesen seien zwar richtig räumt der WT ein, nimmt aber Anstoß an der Mitverwendung der Vokabel „Obwohl".

Dann wird weiter belehrt. Rutherford rechnete sich ja zu den 144000 im ZJ-Jargon, welche dereinst vom Himmel aus regieren sollen. Und damit sie diesen Status erreichen können, müssten sie halt vorher auch sterben.

Mit solcherlei Sophistik, wähnt der WT in diesem Falle den Whalen „schachmatt" gesetzt zu haben.

Weiter kritisiert der WT die Formulierung, die Whalen für das Staatsverständnis der Zeugen Jehovas verwandte. Auch die sind ihm zu „flapsig" formuliert.

„Flapsig" hin und „flapsig" her. Fakt ist doch wohl, das die WTG-Religion sehr wohl in Konfliktlagen mit weltlichen Herrschern geraten ist. Ob diese Konfliktlagen auf den Faktor „Verteufelung" letzterer WTG-seitig reduziert werden können, mag in einer differenzierten Detailbewertung auch anders formulierbar sein.

Ebenso kann man den Aspekt Endzeitlehren sicherlich auch anders formulieren, als es Whalen in seinem Kurzzitat da wohl getan hat.

Dennoch erweckt diese WTG-Polemik in Gesamtheit doch den Eindruck:

„Gewogen und für zu leicht befunden."

Selbst wenn man die WTG-Argumentation in Sachen Whalen gelten lassen will, und ihre eigenen Bewertungmaßstäbe  überträgt, ist festzuhalten.

Auch die WTG entspricht nicht ihren eigenen Bewertungskriterien.

Ein Beispiel dafür wurde auch genannt in

Parsimony.22761

 Und sein Verfasser schließt seine Ausführungen mit dem Schlusssatz ab:

„Dies nenne ich ein Musterexemplar der Kultur der Lüge."

Namentlich wird in ihm eine weitere oberflächliche Aussage des Whalen aufgespießt.

Die WTG ist sich nicht zu schade ihrerseits auch den oberflächlichen Satz des Whalen zu vermarkten:

„Daß unter ihnen schon IMMER Rassengleichheit praktiziert" worden sei.

Genau dieses IMMER entspricht dann der „Kultur der Lüge"!

Man vergleiche auch die Notiz im "Magdeburger" ""Informator" (Vorläufer des heutigen "Königreichsdienst") in der Ausgabe vom Oktober 1948.

Diese Notiz kündet vom organisierten Rassismus der WTG zu jener Zeit in den USA!

Bettelheim

In seiner Ausgabe vom 1. 10. 1963 stellt der „Wachtturm" seinen Lesern den Psychoanalytiker Bruno Bettelheim, mit einigen ausgewählten Zitaten vor. Bettelheim musste in den Jahren 1938/1939 auch die Hitler'sche KZ-Haft erdulden, hatte aber immerhin die relativ seltene Chance, aus dieser Haft wieder freigekauft werden zu können. Auch spätere WTG-Apologeten berufen sich dann nicht selten auf Bettelheim, so unter anderem auch der Filmemacher Poppenberg. An seinem Beispiel sei nochmals die schon früher kritisierte Vermarktungs-Strategie in Sachen Bettelheim erläutert.

Die Tendenz, die Poppenberg immer auf seine zahlende Kundschaft schielend, verfolgt ist klar. Seiner Klientel nach dem Munde reden. Dies wird auch mittels eines Zitates deutlich, dass Poppenberg für so bedeutsam hält, um es auf dem Kassetten-Hüllentext ausdrücklich zu zitieren:

"Die Zeugen Jehovas bewahrten sich ihre Integrität, weil sie starke religiöse Überzeugungen besaßen. Sie waren beispielhafte Kameraden, hilfsbereit, korrekt, verlässlich.

Bruno Bettelheim, Psychologe und ehemaliger Häftling des KZ Dachau"

Indes hat Bettelheim noch mehr ausgesagt, was Poppenberg allerdings nicht zitiert:

So äußert er etwa als Gesamteinschätzung (wobei sein Urteil über die Zeugen Jehovas nur ein Detailurteil ist):

"Unpolitische, dem Mittelstand angehörende Häftlinge (eine kleine Gruppe in den Konzentrationslagern) waren am wenigsten imstande, den ersten Schock auszuhalten. Sie konnten gar nicht begreifen, was ihnen zugestoßen war und warum es geschehen war. … Höflichkeit und Freundlichkeit, die außerhalb des Lagers auch negative Haltungen erträglich machen, gab es (im KZ) fast überhaupt nicht. … Am wenigsten wirkte sich der Schock der Inhaftierung auf die kriminellen Häftlinge aus. Sie hassten es, im Konzentrationslager sein zu müssen, zeigten aber andererseits offene Genugtuung darüber, daß sie nun auf gleicher Stufe standen mit führenden Männern aus Politik und Wirtschaft, mit Anwälten und Richtern, von denen sie früher verurteilt worden waren. Ihr Haß auf jene, die früher 'etwas Besseres' gewesen waren als sie, erklärt teilweise, warum so viele von ihnen zu willigen Werkzeugen der SS im Lager wurden. Wenn ihnen dazu noch die Gelegenheit geboten wurde, andere Häftlinge wirtschaftlich auszunutzen, war es für sie eine unwiderstehliche Versuchung, auf Seiten der SS gegen die Häftlinge zu arbeiten."

Nun muss man auch die Zeugen Jehovas den "Unpolitischen" zuordnen. Keine Frage. Sie unterschieden sich allerdings von den klassischen Unpolitischen im Sinne Bettelheims dadurch, das sie hochgradig ideologisiert waren (Endzeit-ideologisiert). In ihrer Vorstellung waren die Widerwärtigkeiten die sie zu erleiden hatten, auch nur ein Symptom der "Endzeit". Ob diese Ideologie jedoch stichhaltig ist, darüber verliert indes auch ein Herr Liebediener Poppenberg kein Wort.

Bettelheim bescheinigt den Zeugen Jehovas weiter, auch das zitiert Poppenberg nicht:

"Die Angehörigen dieser Gruppe hatten in der Regel einen begrenzten Horizont … Zu Auseinandersetzungen und Streitereien ließen sie sich nur dann hinreißen, wenn jemand ihre Glaubenswahrheiten anzweifelte. Weil sie gewissenhafte Arbeiter waren, wurden sie oft als Kapos ausgewählt. Wenn sie das geworden waren, und die SS-Leute ihnen einen Befehl gaben, bestanden sie darauf, daß die Häftlinge die Arbeit gut und in der dafür vorgesehenen Zeit verrichteten."

Leider haben diejenigen, die tatsächlich umgekommen sind, keine Chance heutzutage ihr Schicksal darzustellen. Diejenigen, deren Schicksalsweg indes etwas glimpflicher verlief (immer relativ gesehen) haben diese Chance. Und man kann sagen; auch im Falle Hermine Schmidt. Sie nutzen diese Chance. Das ist verständlich und soll auch nicht als Kritikpunkt verstanden werden. Der Kritikpunkt liegt auf einer anderen Ebene.

Ein Filmemacher, wie Herr Poppenberg entscheidet. Er entscheidet; was wird mitgeteilt und was nicht. Er hat sich entschieden nur einen Detailausschnitt aus der Biographie der Hermine Schmidt darzustellen. ... Er versäumt es auch nicht, seine Heldin kunstgerecht zu vermarkten. Nicht vermarkten hingegen tut er den ideologischen Hintergrund auf Seiten der Zeugen Jehovas. Auch das ist verständlich; jedoch letztendlich unbefriedigend.

1963er Kommentarserie1963

1964er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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